Spiegelwelt von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 4: ----------- ~*~*~ Erster Verdacht ~*~*~ ~ Izzy ~ „Ich danke dir, Izzy!“ Lukes Hand auf meiner Schulter fühlt sich warm an. Ich lege meine auf seine, drehe meinen Kopf zu ihm und schenke ihn dann ein ehrliches Lächeln. Es tut mir gut anderen zu helfen, denn irgendwie hilft auch mir mit meiner Trauer umzugehen. Immerhin weiß ich sehr gut wie man sich fühlt, wenn man sich alleingelassen fühlt. „Ich freue mich wenn ich ihr etwas helfen konnte“, erwidere ich und blicke auf die schlafende Person vor mir. „Auch wenn das den Verlust der Tochter nicht ausgleicht.“ „Sei nicht so bescheiden, Izzy. Du hast ihr wirklich sehr geholfen. Na komm. Lassen wir sie schlafen und gehen nach oben in mein Geschäft.“ Luke setzt sich in Bewegung und ich folge ihm wortlos. Hoffentlich hat Magnus keine Kunden von Luke vergrault, falls welche in dessen Abwesenheit im Laden waren. Sein Auftreten kann für manche immerhin… sehr exotisch sein – sagen wir es mal so. Ich kann mich noch sehr gut an unser erstes Aufeinandertreffen erinnern. Jace, Alec und ich betraten seine Wohnung, in der er eine seiner Weltbekannten Feiern abhielt – Offiziell natürlich. Wir waren nicht zum Spaß dort, was ich äußerst schade fand, denn ich hatte schon zuvor, viel von den Exklusivpartys des Hexenmeisters gehört. Aber naja. Nephilim wie wir, hätten niemals eine Einladung erhalten, zumindest nicht als Gäste. Wir betraten die Wohnung von Magnus, Obersten Hexenmeister von Brooklyn, in der sich Werwölfe, Vampire und Hexenmeister mit Trinks, Snacks und lauter Musik versammelt haben, um miteinander Spaß zu haben. Am verblüffendsten war, dass es keinen Streit zwischen Vampiren und Werwölfen gab, die sich ja eigentlich aufs Blut nicht ausstehen können. Doch trotz des recht gesitteten Miteinander, sollten wir für Ordnung sorgen, nicht zuletzt, weil unter den Vampiren, ein paar Anführer anderer Clans waren und der Gastgeber sowie der Rat so zu verhindern versuchten, dann ein Blutbad veranstaltet wird. Denn der Hass auf andere Vampirclans ist fast größer, als der gegen Werwölfe – wie Paradox. Wir verschafften uns einen ersten Überblick und dann kam er – Magnus Bane. Jace und mir fiel die Kinnlade nach unten. Wir hatten zwar schon viel über ihn gehört – wer hat das auch nicht – aber mit einem, von oben bis unten mit Glitter übersäten Hexenmeister, hatten wir dennoch nicht gerechnet. Und dann sah der Kerl auch noch so unverschämt heiß aus. Schwarzer Anzug mit weißem Hemd drunter, dessen obere vier Knöpfe offen standen, sodass man einen wunderbaren Blick auf seinen Brustkorb werfen konnte. Er sah einfach zum Anbeißen aus. Und hätte ich die Blicke nicht gesehen, mit denen er Alec den ganzen Abend versehen hatte, dann hätte ich ihn definitiv angegraben. Ach was soll ich sagen – ich habe einfach was übrig, für die Bösen Jungs. Und dazu zählt Magnus auf alle Fälle. „Du hast merkwürdige Kunden“, plappert Magnus fröhlich. Er hält ein Buch in der Hand, auf dem ein Känguru, ein Pinguin und ein junger Mann abgebildet sind. „Ich kann nicht verstehen wie man sowas lesen kann.“ Luke reißt Magnus das Buch aus der Hand und stellt es zurück ins Schaufenster. „Ich mag es. Irgendwie erinnert mich das Känguru an dich. Vorlaut, muss immer das letzte Wort haben und ist für jede Schandtat zu haben. Außerdem bezahlt es nicht gerne, und schnurrt sich lieber überall durch. Ich glaube ich brauche nicht weiter zu reden, oder?“ „Nein!“ „Gut! Und jetzt lasst uns bitte zum Grund unseres Treffens kommen“, fährt Luke fort, schließt seinen Laden ab und dreht das Geschlossen Schild nach außen. Dann führt er uns zu einer kleinen Leseecke, wo wir uns auf die dortigen Stühle setzen. „Das ist jetzt das fünfte Paar, welches so ermordet wurde. Nachdem das mit Maryse und Robert war, hatte ich eine gemeinsame Verbindung feststellen können und...“ Luke sieht mich an. Und irgendwas an seinem Blick lässt mich innerlich zittern. „Was ist los?“, will ich von ihm wissen. „Du musst wirklich keine Rücksicht auf mich nehmen, Luke. Mom und Dad sind tot, ja, aber ich komme damit klar.“ Lüge. „Wirklich!“, sage ich mit Nachdruck. Ich sehe Magnus und Luke mit erhobenen Hauptes an. Und das, obwohl mir innerlich zum Heulen zu Mute ist. Doch ist kann es mir nicht erlauben jedes Mal einen Zusammenbruch zu erleiden, wenn meine Eltern erwähnt werden. Wie soll ich so denn ihren Mörder aufspüren? Eben – Gar nicht und genau deswegen, darf ich mir meine Trauer nicht ansehen lassen. Ich bin immerhin eine Schattenjägerin und da ist nun mal der Tod ein ständiger Begleiter. „Diese Verbindung gefällt mir gar nicht“, fährt er Luke ohne Umschweife fort. Dankend lächle ich und höre ihm zusammen mit Magnus interessiert weiter zu. „Wisst ihr…“ Er macht eine kurze Pause um sich zu sammeln, „wir waren früher alle Freunde, sozusagen – abgesehen von Brian und Silvana, wie die ins Bild passen sollen weiß ich noch nicht –, aber die ersten beiden Opfer Tristan und Oriana, dann Hanna und Erika, deine Eltern, Maryse und Robert und zu guter Letzt…“ „Warte mal kurz“, unterbricht Magnus, Luke. „Das dritte Opfer war doch aber ein Hexenmeister und dessen Mundie-Freundin, oder?“ Luke und ich nicken. „Komm schon Luke, willst du wirklich behaupten, dass Valentin sich mit einem Schattenweltler angefreundet hat? Das ist unmöglich. Du weißt selber wie sehr er uns hasst. Und dann ausgerechnet so jemand wie Quentin. Der hat schon immer Null Respekt vor den Schattenjägern gehabt, was seinem jungen Alter zu verschulden war. Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.“ „Aber genau deswegen ja, Magnus“, sagt Luke mit fester Stimme. „Du weißt dass Valentin sich immer unsichere und missverstandene Schattenjäger, sowie Außenseiter gesucht hat, die sich für ihn später als sehr hilfreich herausstellen würden. Er brauchte niemanden der ihn und seine Bitten – Befehle – in Frage stellt. Nur Marionetten, die er nach seinen Vorgaben formen konnte. Demnach waren sowohl wir, als auch Quentin, perfekt. Wir taten einfach alles für ihn.“ „Moment mal. Warte mal kurz“, stammle ich. „Valentin und meine Eltern waren… Freunde?“ „Das dachten sie zumindest. Genauso wie der Rest… und ich. Genaugenommen dachte ich immer, dass Valentin mein bester Freund sei. Aber das stimmte nicht und das sollte ich Jahre später, schmerzhaft erfahren.“ „Was ist passiert?“ frage ich mitfühlend. So habe ich Luke ja noch nie gesehen. So zerbrechlich und… verletzlich. „Ich habe mich in Jocelyn verliebt, doch die… die war mit Valentin zusammen. Und das ich was mit seiner Freundin hatte, passte ihm gar nicht. Er…“ Luke macht eine Pause. Er steht auf und keine Sekunde später, ist in der Wand neben ihm, eine kleine Kuhle. Er hat mit seiner Faust ein Loch in die Wand geschlagen. Verunsichert sehen Magnus und ich uns an. Und gerade als Magnus Luke fragen will was mit ihm los ist – was für ein Gedanke ihm gerade kam – klingelt mein Handy. Es ist Jace. Ich gehe ran. „Was gibt es?“, frage ich, lasse Luke dabei aber nicht aus den Augen. Der läuft wie ein wilder Tiger – pardon Werwolf – auf und ab. Ich frage mich echt was jetzt noch erschreckendes kommen soll, nach der Information, dass meine Eltern mit Valentin Morgenstern befreundet waren. „Du musst sofort ins Institut zurückkommen, Izzy. Und bringe Magnus mit. Es geht um Alec.“ Ich fühle mich, als wenn mein Herz stehenbleibt. Dieser eine Satz: Es geht um Alec, der löst etwas in mir aus, was mich paralysiert. Ich bin unfähig mich zu bewegen. Unfähig einen klaren Gedanken zu fassen und unfähig zum Atmen. Alec ist verletzt! Alec ist tot! Ich habe jetzt auch noch meinen großen Bruder verloren! Nein! Das kann nicht sein! Jace hätte doch gesagt wenn… wenn es so wäre. Oder? Sanft wird mir das Handy aus der Hand genommen. Wie aus weiter Ferne vernehme ich Stimmen – Luke und Magnus. Dann wird alles um mich herum dunkel und ich sacke zusammen. ~*~*~*~ „Izzy!“ „Izzy!“ Immer und immer wieder höre ich jemanden nach mir schreien. Ist es Magnus? Jace? Alec? Ich kenne die Stimme, dennoch weiß ich nicht wer mich bei meinem Spitznamen ruft. „Izzy!“ Da… Da ist sie wieder. Diese sanfte, besorgt klingende Stimme. „Izzy!“ „Warum wacht sie nicht auf?“ „Sie ist total übermüdet, Jace. Wer weiß wann Isabelle das letzte Mal, ca. acht Stunden am Stück durchgeschlafen hat.“ „Also ist es nur Übermüdung, ja?“ „Das, und die Sorge um Alec. Wir müssen unbedingt mit ihm reden, so kann das jedenfalls nicht mehr weitergehen.“ Magnus und Jace also. Ihre Stimmen sind es, die ich abwechselnd höre. Sie machen sich sorgen um mich. Ich muss aufwachen. Ich muss ihnen zeigen dass es mir gut geht. Dass sie sich um mich nicht sorgen müssen. Krampfhaft versuche ich meine Augen zu öffnen. Erst das rechte, dann das linke. Sie sind schwer, doch nach mehrmaligem versuchen schaffe ich es. Sie sind offen und ich blicke in zwei erleichterte Gesichter. „Es-ist-alles-ok!“ „Nein! Aber das ist ok!“ Magnus. „Ruh dich noch etwas aus, Izzy!“ Jace. Er streichelt meine Wange. „Ich werde bei ihr bleiben und auf sie aufpassen!“ Doch wer ist das? Ich drehe meinen Kopf etwas nach links. Dort steht ein rothaariges Mädchen, schätzungsweise in meinem Alter und lächelt mich sanft an. Ihre grünen Augen strahlen Güte aus und so schließe ich beruhigend wieder meine Augen. Schlafen! Ja. Das hört sich gut an. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ ~ Clary ~ Mit wachem Auge wache ich über Isabelle Lightwood. Diese kleine Pause hier, kann sie wirklich sehr gut gebrauchen, vor allem wenn es stimmt, das sie pro Nacht, weniger als drei Stunden schläft und das seit dem Tod ihrer Eltern. Ich kann nur sagen, dass mir die ganze Familie Lightwood unendlich leidtun. Ich will mir gar nicht ausmalen jemanden aus meiner Familie zu verlieren – nicht mal Jonathan. Ich frage mich echt was in letzter Zeit mit ihm los ist. Dass er so auf Alexander losgegangen ist, ist mir einfach unbegreiflich, genauso wie Dad nur daneben stehen und zusehen konnte. Dabei hat Jace ihn extra noch darum gebeten nicht zu Hard zu seinem Bruder zu sein. Und Dad… der hat ihn glatt angelogen. Eigentlich hätte mir das sofort klar sein müssen. Immerhin ist er Niemand, der andere mit Samthandschuhe anfasst, egal was sie gerade durchmachen. Die Tür zur Krankenstation geht lautstark auf. Ich brauche nicht hochzuschauen um zu wissen, dass es Jonathan ist, der mit schweren Schritten an das Krankenbett tritt, vor dem ich sitze. Herablassend blickt er auf die blasse, schwarzhaarige Gestalt. „Noch ein schwacher Lightwood!“, sagt er gehässig und legt mir eine seiner großen, schweren Hände auf die Schulter. „Ernsthaft, besteht die ganze Familie nur aus Schwächlingen?“ „Hör auf!“, fahre ich meinen Bruder an. Wie kann er nur so über sie reden, wo er sie doch gar nicht kennt? So kenne ich ihn nicht. Zu mir ist er stets hilfsbereit, zuvorkommend und charmant. Er trainiert sogar mit mir und macht mich stärker, hat zusätzlich stets ein Auge auf mich und passt auf mich auf. Sicher, zu den Kids in der Akademie war er immer streng, vor allem beim Training, aber dennoch… er war stets gerecht. Wieso also ist er jetzt so zu den Lightwoods? Gibt es irgendetwas, was man mir nicht erzählt hat? Eine Verbindung? Doch selbst wenn… das ist noch lange kein Grund so herablassend auf jemanden zu schauen, der verletzt ist und vor gerade mal einem Monat, seine Eltern verlor. „Dabei hörte ich in Idris, dass Isabelle eine der besten jungen Schattenjägerinnen ist“, fährt er gefühllos fort. „Man sollte alle drei verb…“ Ich schlage Jonathans Hand von meiner Schulter und stehe ruckartig auf. Mit zornigem Gesicht – das kommt nicht sehr häufig vor – verpasse ich ihm eine saftige Ohrfeige. Sofort reißt er seine Augen auf und macht sich bereit zurückzuschlagen, als ein dunkles Räuspern ihn davon abhält. „Ich hoffe du wolltest nicht gerade deine Schwester schlagen, mein Sohn“, Dads Stimme hört sich gefährlich an. Gemeinsam drehen wir uns ihm zu. „Was machst du überhaupt hier? Sagte ich dir nicht, dass du weiter trainieren sollst, Jonathan?“ „Ich wollte nur nach Clary sehen, Vater“, begründet er sein hier bei mir sein. „Es interessiert mich nicht was du wolltest, Jonathan. Tue einfach was ich von dir verlange und was dich betrifft, Clarissa…“ Augenblicklich trifft sein eindringlicher Blick mich. „Hilf deiner Mutter bei der Untersuchung der Leichen. Die ersten beiden Opfer sind eben reingekommen.“ Mit diesen Worten dreht er sich um und verlässt auch schon wieder die Krankenstation. Und ich dachte, er will nach Isabelle schauen. Das wäre ja eigentlich seine Aufgabe, so als Leiter dieses Instituts. Aber vermutlich lässt er solche Sachen Mom erledigen. Typisch Dad. „Na dann gehe ich mal“, sagt Jonathan, vergräbt seine Hände in seinen Hosentaschen und verlässt, nicht ohne Isabelle einen letzten missbilligen Blick zuzuwerfen, ebenfalls die Krankenstation. Ich seufze erleichtert auf. Seit wir hier sind, verhalten die beiden sich so komisch. Ich kann mir einfach nicht helfen, aber ich glaube, dass das an den Lightwoods liegt, auch wenn ich ihnen nicht die Schuld geben will. Ich schiebe den Stuhl, auf dem ich bis eben saß, zurück an seinen Platz. Mit dem Vorsatz herauszufinden was zwischen meinem Vater und Robert und Maryse Lightwood vorgefallen ist, verlasse auch ich die Krankenstation. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ ~ Jace ~ „Was mag das wohl bedeuten?“ „Ich habe keine Ahnung, Jace, aber wir werden Luke bei Gelegenheit noch einmal drauf ansprechen. Am besten gleich heute Abend. Er weiß definitiv wieso eure Eltern ermordet wurden.“ Magnus erhebt sich und streift seinen Mantel glatt. „Und die anderen“, fügt er rasch hinzu. „Alles hängt mit Valentin zusammen“, widerhole ich Magnus Worte vom Beginn unserer Unterhaltung. Wir sind in mein Zimmer gegangen, nachdem Alec uns nicht in seines gelassen hat. „Und ausgerechnet den setzt man uns vor“, knirsche ich mit den Zähnen. „Tust du mir einen Gefallen, Jace.“ „Klar. Ich tue alles… Nun ja, fast alles zumindest.“ Es gibt gewisse Dinge, die ich niemals machen würde. „Gib bitte weder Valentin noch Jonathan, einen Grund, Alec noch einmal so zu verletzen“, die letzten Worte hat er kaum herausbekommen und das macht mir Angst. So kenn ich Magnus nicht. Seit ich ihn kenne, hat er stets die Haltung bewahrt und war so etwas wie unser Fels in der Brandung, vor allem für Alec. Ihn jetzt so zu sehen, so flehend, tut mir in der Seele weh. Ich überbrücke die wenigen Meter die uns voneinander trennen, und umarme unseren Glitter-Hexenmeister. Unter normalen Umständen würde ein Jace Herondale, Jace Lightwood, das niemals tun, doch das hier ist kein normaler Umstand. Das hier ist ein Gottverdammter Notfall. „Darauf kannst du dich verlassen“, sage ich und drücke ihn noch ein wenig fester an mich. Ich höre Magnus Stark Luft holen, dann trennt er meine Hände von seinem Rücken. „Ich werde dich dran erinnern“, sagt Magnus und fängt sich dann auch sofort wieder. Selbstbewusst steht er somit vor mir. Und genau so will ich ihn haben. „Mach das. Und ähm… noch etwas Magnus. Sollte es dieser miese, schleimige und hinterhältige Mistkerl erneut wagen, Alec zu verletzen, bringe ich ihn eigenhändig um.“ Und das ist ein Versprechen! ~*~*~*~ „Sie wollten mich sprechen?“ Wie ein gehorsamer Krieger, stehe ich in unserer hauseigenen Pathologie und beobachte Jocelyn Morgenstern dabei, wie sie die Leiche es Hexenmeisters Quentin sowieso untersucht. Seinen Nachnamen weiß ich nicht, bin mir aber auch nicht sicher, ob er überhaupt einen hat. Jeder ihrer Handgriffe sitzt, mit der sie das Gehirn des jungen Mannes in eine Schale legt und sie dann ihrer Tochter reicht, die sie beiseite packt. „Ja danke.“ Sie sieht sich kurz um. „Wo ist Magnus Bane?“ „Bei Alec“, sage ich kurz und knapp. Und mit dieser Antwort scheint sie zufrieden zu sein. „Nun. Ich habe ein interessantes Detail herausgefunden, was uns aber leider Gottes weitere Rätsel aufgibt“, sagt Jocelyn und sieht mich dabei an. Mit demselben Blick, mit dem mich Clarissa vor wenigen Stunden angesehen hat, als wir gemeinsam Alec auf die Krankenstation gebracht haben. Das bedeutet also, das Jocelyn irgendwas herausgefunden hat, was uns, also Izzy, Alec, Max, Magnus und mich, schockieren wird. Na super! „Sagen sie mir einfach was es ist“, seufze ich und fahre mir einmal durch die blonden Haare. „Egal was es ist.“ Jocelyn wäscht sich die Hände und gemeinsam begeben wir uns an den großen runden Tisch, der inmitten der Pathologie steht und auf dem etliches ekelerregendes Material der Obduktion rumliegt. Mein Magen knurrt laut. „Ups!“, entfährt es mir. Wie peinlich. Kopfschüttelnd und leicht amüsiert über mich, kramt Jocelyn die Bilder, von den beiden letzten Opfern, die Clarissa wohl gemacht haben muss, während ihre Mutter die Leichen aufgeschnitten und untersucht hat, hervor. Silvana Johnson und Brian Clambert. Hoffentlich knurrt mein Magen nicht wieder – bei dem Anblick der sich uns dreien bietet, wäre das alles andere als nur Peinlich… es wäre gestört. Ich meine wer bitte schön bekommt bei offenen Gedärmen und so, Appetit? Nur Menschen die nicht ganz normal sind – Psychopathen, wie zum Beispiel Jonathan. Mit wieder ernster Miene, schiebt sie mir die Bilder mit der wohl tödlichen Wunde zu. Ich sehe sie mir ganz genau an. „Seit ihr euch sicher“, frage ich erschrocken, wegen dem, was mir gerade klar geworden ist. Jocelyn und Clarissa nicken synchron. „Und bei den anderen?“ ich lasse mir selber eine kleine Pause. „Bei Robert und Maryse?“ Sofort holt Clarissa die dazugehörigen Bilder hervor und reicht sie mir. „Es tut mir leid“, sagt sie dabei und sieht mich mitleidig an. Ich reiße ihr die Bilder regelrecht aus der Hand und sehe sie mir an. Ich lasse kein einziges Detail weg, auch wenn mich die Bilder alles andere als kalt lassen. Ich muss es einfach wissen. „Sieh dir die Wunden in aller Ruhe an, Jace, auch wenn es schmerzt. Und egal wie unwirklich dir das vorkommen mag. Sieh sie dir genau an. Dann die der anderen, und du wirst es erkennen. Es ist kein Einzelfall. Jeder der Toten… die Frauen, die Männer, alles sind sie auf die gleiche Art und Weise ermordet wurden.“ Ruckartig hebe ich meinen Kopf. Sehe Clarissa und ihre Mutter mit offen stehendem Mund an. Das kann doch alles nicht wahr sein. Dann lasse ich die Bilder fallen und renne. Renne die Stufen nach oben. Renne an der Krankenstation vorbei. Renne dabei Izzy beinahe um den Haufe, die sich beschwert. Doch ich bleibe nicht stehen um mich zu entschuldigen und zu erklären. Das muss ich auch nicht, denn ich weiß, dass sie mir folgen wird. Ich renne immer weiter, bis ich vor Alecs Tür ankomme. Sofort reiße ich die Tür auf. Ich höre Geräusche aus dem Bad und stürme ohne nachzudenken rein. Im Türrahmen bleibe ich einen Moment stehen und beobachte. Alec sitzt in ungemütlicher Haltung in seiner Dusche. Er liegt in Magnus Armen und weint, fest an dessen Brust gedrückt. Ich sollte jetzt gehen. Ich sollte die beiden alleine lassen. Ich sollte… Hinter mir höre ich Izzy stark die Luft anhalten. Sie ist wohl geschockt von dem Bild vor uns. Sie drängt sich an mir vorbei und endlich kommt wieder Leben in meine Glieder. Ich stoße sie unsanft zur Seite – erneut – und hocke mich statt ihrer vor Alec und Magnus. Dann reiße ich ihn, meinen besten Freund, meinen Parabatai, meinen Bruder, grob an mich, sodass sich unsere Nasenspitze beinahe berühren. Geschockt von meinem Verhalten, blicken Magnus und Izzy einfach nur auf uns. Auf mich und Alec. „Bitte sag mir dass das nicht wahr ist, Alec“, schreie ich ihn an. „Sag mir, dass das verdammt noch einmal nicht wahr ist.“ Meine Stimme wird immer brüchiger, je öfter ich meine Worte wiederhole. Keiner sagt ein Wort, nachdem nun auch ich, auf dem Boden kalten Duschboden sitze, von oben bis unten nass vom Wasser, das auf uns drei niederprasselt. Nach Minutenlangem schweigen, höre ich plötzlich Alecs Stimme. Ich habe schon gar nicht mehr damit gerechnet. „Du… du weißt… du weißt es“, stammelt er hilflos und sieht mich aus seinen blauen und traurigen Augen an. Wann habe ich ihn wohl das letzte Mal glücklich gesehen? Es ist schon so lange her, ich weiß es nicht mehr. „Also ist es wirklich wahr“, hauche ich und sacke in mich zusammen. Izzy, die mittlerweile neben mir hockt, hält die Luft an. „Es… es tut mir leid“, schnieft Alec. Ich hebe meinen Kopf, sehe ihm tief in die Augen und schlinge dann, auch wenn ich weiß dass er das nicht mehr mag, meine Arme um ihn. Halte ihn ganz dolle fest. „Nein mir tut es leid“, hauche ich und verstärke meinen Druck um seinen schmalen, zitternden und eiskalten Körper – Magnus hätte das Wasser ruhig warm zaubern können, wenn die beiden hier schon unter der laufenden Dusche sitzen mussten. „Mir tut es leid, dass ich nicht bei dir war.“ Das du mit ansehen musstest wie… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)