Feindbild von lunalinn (Hashirama/Madara) ================================================================================ Kapitel 1: Eins --------------- Es war noch früh, als die ersten Sonnenstrahlen auf das Gesicht des neben ihm Liegenden fielen, die gebräunte Haut bronzefarben schimmern ließ. Nicht selten fragte er sich, wie man so schlafen konnte…auf dem Rücken liegend, Arme und Beine von sich gestreckt. Schutzlos war wohl das richtige Wort dafür. Leise und unbeschwert schnarchte der Hokage von Konoha-Gakure vor sich hin, wobei sein Mund ein wenig offen stand – wenigstens sabberte er nicht. Er verlagerte seine Position ein bisschen, legte sich seitlich hin, wobei er den Kopf auf den Handrücken stützte, um ihn besser beobachten zu können. Eigentlich, durchfuhr es seine Gedanken, wäre es viel zu einfach, ein Kunai zu zücken und es dem anderen Mann durch die Kehle zu ziehen. Wie schnell würde er bei solch einer Wunde heilen? Seine Selbstheilungskräfte waren zwar erstaunlich, doch vermutlich würde nicht einmal er rechtzeitig die Blutung stoppen können. Seine dunklen Iriden glitten musternd über den unbekleideten Körper, dessen Wärme er Nacht für Nacht spürte. Öfter als damals, als sie sich seltener gesehen hatten…doch zu dieser Zeit hatte Konoha-Gakure auch noch nicht existiert. Senju und Uchiha waren noch verfeindet, Hashirama kein Hokage gewesen…und Izuna hatte noch gelebt. Ein dunkler Schatten huschte über Uchiha Madaras Gesicht und er versuchte sich daran zu erinnern, ob er sich damals ebenfalls vorgestellt hatte, wie leicht er Hashiramas Leben beenden konnte. Sanft legte er die Handfläche auf den Bauch des anderen Mannes, fühlte die Muskeln darunter, ehe er sich weiter nach oben streichelte. Über die Brust hinweg zur Kehle Hashiramas…und er schloss ganz langsam die Finger darum, spürte das Pochen. So verdammt einfach… Madara schloss kurz die Augen, atmete hörbar aus, ehe er die Finger löste und sich hinabbeugte, um ihm die Lippen auf den Adamsapfel zu drücken. Er saugte sich an der weichen Haut fest, schabte mit den Zähnen darüber, während er eine Hand in den langen, braunen Haaren vergrub. Seins. Er spürte, wie Bewegung in Hashirama kam, dieser erschrocken keuchte. Allein diese Reaktion brachte Madara zum Schmunzeln, sorgte dafür, dass sich die finsteren Gedanken fürs erste legten. „Madara…was…“, hörte er ihn verschlafen murmeln. „Hast du…mir grade einen Knutschfleck verpasst?!“ Anstatt einer Antwort neigte der Uchiha den Kopf zur Seite und küsste seinen Freund kurz auf die Lippen. Das süffisante Lächeln sagte wohl genug aus, sodass er sich die Worte sparte. Summend beobachtete er den Senju, wie dieser sich aufsetzte und über die nun gerötete Stelle rieb. Madara hoffte, dass Tobirama sein kleines Souvenir bei Gelegenheit zu Gesicht bekam, um ihm einen unangenehmen Denkanstoß zu geben. Hashirama mochte ja so naiv sein, zu glauben, dass sein Bruder keine Ahnung von ihrer Beziehung hatte – aber Madara wusste es besser. Tobiramas Blicke waren eindeutig zu wissend, wenn er sie zusammen antraf – was ja trotz Hashiramas Pflichten als Hokage keine Seltenheit war. Während sich sein Freund erhob, blieb er wie eine faule Hauskatze auf dem Futon liegen und sah ihm dabei zu, wie er sich seine Kleidung überstreifte. „Nimm lieber die Robe“, brummte er deutlich amüsiert. „Nicht auszudenken, wenn dein Bruder das sieht…“ Hashirama warf ihm einen leidenden Blick zu. „Manchmal bist du unmöglich…“ „Und wenn schon.“ Als würde es ihn kümmern, was der Rest der Welt von ihm dachte, allen voran Tobirama. Seinetwegen konnte der verdammte Albino zur Hölle fahren… „Wir haben nachher noch diese Versammlung“, wechselte Hashirama plötzlich das Thema, was Madara erstarren ließ. „Ich nehme an, wir treffen uns dort?“ Die Worte ließen den Groll in ihm hochkochen, seine Nägel gruben sich in seine Handflächen, während er die Fäuste ballte. Es war keine Frage, dass es ihm zustand, bei Ratsversammlungen anwesend zu sein. Immerhin war er einer der Mitgründer dieses Dorfes, das mehr und mehr Clans für sich gewann und zunehmend wuchs. Die Uchiha waren ein wichtiger Teil und als ihr Anführer sprach er in ihrem Namen. „Ich habe keine Einladung erhalten“, erwiderte er scharf, denn er wusste, dass es sich hierbei nicht um ein Versehen handelte. Einige der Ratsmitglieder schienen ihn lieber außen vor zu lassen, wenn es um politische Entscheidungen ging. Daher war es nicht das erste Mal, dass er in letzter Minute durch Hashirama von solchen Treffen erfuhr. Hashirama hielt in seinen Bewegungen inne, warf ihm einen langen Blick über die Schulter zu, wohl nicht wissend, was er dazu sagen sollte. Wenigstens versuchte er nicht, irgendjemanden in Schutz zu nehmen oder es als Fehler abzutun. In dem Fall wäre Madara ihm möglicherweise an den Hals gesprungen…zumindest hätte er ihn angebrüllt und eine der Vasen im Raum zertrümmert. Wahrscheinlich hatte sogar Hashiramas hinterlistiger Bruder dafür gesorgt, dass ihn die Mitteilung nicht erreichte. „Ich rede mit ihnen“, versicherte sein Freund behutsam und setzte sich wieder zu ihm auf den Futon. Es war zu wenig, als dass es seinen Zorn besänftigen konnte, so dass er nur ein abfälliges Schnauben von sich gab. Hashirama seufzte leise, streckte die Hand nach ihm aus, doch Madara schlug diese weg und erhob sich. Wortlos suchte er seine Kleidung zusammen – was nicht so einfach war, da er sie im Eifer des Gefechts im ganzen Zimmer verteilt hatte. Er spürte Hashiramas Blick in seinem Nacken und obwohl er tief in seinem Inneren wusste, dass dieser hinter ihm stand, reichte es nicht aus, um ihn milde zu stimmen. Niemand konnte ihn gerade beruhigen und schon deswegen wollte er so schnell wie möglich hier raus. Wenn die Versammlung begann, musste er einen klaren Kopf haben, damit ihm nicht ein paar unüberlegte Beleidigungen rausrutschten. Oh, wie er sie allesamt verabscheute… „…du weißt, dass ich deine Meinung schätze, Madara.“ Kurz hielt der Uchiha inne, blieb mit dem Rücken zu seinem Partner stehen. Es war nicht fair, seine Wut an dem Mann auszulassen, der ihm so oft zeigte, wie viel er diesem bedeutete…und dennoch…waren da diese widerlichen Zweifel. „Weiß ich das?“, fragte er unterkühlt. Er verspürte absolut keine Lust, heile Welt zu spielen – nicht mal für Hashirama. Es fiel ihm schwer, nicht einzuknicken, als der andere hinter ihn trat und die Arme um ihn legte. Ein weiches Lippenpaar drückte sich in seinen Nacken, ließ ihn unweigerlich erschaudern. „Ja“, hörte er ihn leise sagen. „Das weißt du.“ Madara biss die Zähne zusammen und für einen Moment war er hin und her gerissen. Er konnte Hashirama vertrauen…nicht wahr? Dieser hielt nichts vor ihm geheim, besprach sich mit ihm…behandelte ihn gleichwertig. Ihre Beziehung war so tief verwurzelt, dass er keine Zweifel haben sollte…und trotzdem fühlte er sich in der Umarmung gefangen. Hashiramas Berührungen brannten auf seiner Haut, seine sanfte Stimme war schier unerträglich für seine Ohren. Er konnte nicht in seiner Nähe sein. Nicht jetzt. Schließlich löste er sich ruppig aus der Umarmung und rauschte aus dem Raum. „Madara!“, hörte er ihn noch hinter sich her rufen, doch er ignorierte es. Gerade eben brodelte der Zorn so heiß in ihm, dass er alles in seinem Umfeld zu verbrennen drohte…selbst Hashirama. Kapitel 2: Zwei --------------- Still beobachtete Hashirama den Regen, der auf das Dorf hinter den Blättern niederprasselte. Nach so einer langen Trockenzeit waren die dunklen Wolken ein wahrer Segen und er selbst genoss das leise Rauschen, während er an seinem Schreibtisch saß, den Pinsel noch in der Hand. Nun, den Stapel Dokumente zu prüfen und zu unterzeichnen, gehörte zu den weniger angenehmen Aufgaben eines Hokage, doch er konnte schlecht immer alles auf Tobirama abwälzen. Sein Bruder konnte, wenn er so weitermachte, bald mit Madara konkurrieren, so strafend, wie er ihn stets aus seinen roten Augen anfunkelte. Natürlich hätte Hashirama niemals den Uchiha um Hilfe gebeten, denn er wollte sein Büro ungern in Flammen aufgehen sehen. So sehr er Madara schätzte und liebte, sein Temperament war nicht immer einfach zu händeln. Ein Seufzen entwich seinen Lippen, während er unglücklich auf den stattlichen Papierstapel vor sich blickte. Nachdem sie Konoha gegründet hatten, waren immer mehr Clans aus der Umgebung auf sie zugekommen, um sich ihnen anzuschließen. Die Anfragen durchzuarbeiten und die Oberhäupter vorzuladen, war leider keine Kleinigkeit. Zumal er auch noch interne Aufgaben zu verwalten hatte…Ratssitzungen abhalten, Missionen einstufen, so wie vergeben. Dadurch, dass Konoha stetig wuchs, mussten Häuser gebaut und Arbeitsplätze geschaffen werden, denn nicht jeder Bewohner war ein Shinobi…oder wollte dies sein. Es war ein großer Fortschritt, dass es in ihrem Dorf möglich war, sich die Zukunft selbst auszuwählen. Zu gut erinnerte er sich an seine Kindheit, die von Krieg, Blut und Tod geprägt worden war. Zwar wusste er, dass es auch weiterhin Krieg geben würde, zumal es schien, als würden sich die anderen Nationen ihnen anpassen und ebenfalls Gemeinschaften gründen, doch wenigstens erhielten die Kinder nun eine Ausbildung. Die Geschichte von Itama und so vieler anderer durfte sich nicht wiederholen. Dieses Dorf stellte den Grundstein einer besseren Welt dar…und er glaubte an ihren Erfolg. Abermals seufzend lehnte sich Hashirama zurück, sah frustriert vor sich hin. Obwohl er wusste, wie wichtig die Dokumente waren, konnte er sich kaum konzentrieren. Zum Teil lag das auch an der letzten Versammlung, welche nicht besonders gut gelaufen war, was nicht bloß an der Thematik lag. Tobirama hatte vorgeschlagen, den Clans geordnete Aufgaben zu übertragen, die ihren Fähigkeiten entsprachen. Eigentlich eine Idee, die Hashirama befürwortete, gerade wenn er an spezielle Techniken wie die des Yamanaka-Clans dachte, die bei einem Verhör nützlich waren. Tobirama hatte natürlich auch die Uchiha angesprochen, doch diesmal im positiven Sinne – jedenfalls dachte Hashirama so darüber. Ihnen den Posten der Polizei anvertrauen zu wollen, war eine verantwortungsvolle Aufgabe, die von Vertrauen zeugte – umso überraschender, dass sie von seinem Bruder kam. Das hatte sich wohl auch Madara gedacht und hatte prompt dagegengehalten, dass er sich seinen Posten sonst wohin stecken konnte. Das war das Problem bei Tobirama und Madara – sie kamen nie auf einen gemeinsamen Nenner. Nach Madaras Ansicht ging es Tobirama darum, ihnen mit dieser Aufgabe ihr politisches Mitspracherecht zu entziehen, indem man sie zu einfachen Ordnungshütern ernannte. Als zweiter Gründerclan eine Zumutung…sie seien nicht die Wachhunde der Senju und sollten nicht in deren Schatten stehen. Zugegeben, Hashirama verstand Madaras Gedankengänge, auch wenn er sie für übertrieben und von Vorurteilen behaftet hielt. Jedoch kannte er seinen Bruder gut genug, um zu ahnen, dass da tatsächlich mehr hinter stecken könnte. Auf das Wortgefecht der beiden war eine hitzige Debatte darüber ausgebrochen, die sich bis zum Ende nicht gelegt hatte. Hashirama musste leider einsehen, dass Madara nicht unschuldig daran war…sein hitziges Temperament war schwer zu zügeln. Die Versammlung war daraufhin vertagt worden…er freute sich schon darauf… "Anija!" Hashirama war so in seinen Gedanken versunken, dass er harsch zusammenfuhr, kaum dass die Tür aufgerissen wurde. Verdutzt sah er seinen Bruder an, der ihn mit seinem typisch grimmigen Gesichtsausdruck bedachte und sich vor seinem Schreibtisch aufbaute. "...ist etwas passiert?", wagte er zu fragen. Anstatt einer Antwort wurde ihm eine Schriftrolle hingehalten. Er nahm sie wortlos an sich und rollte sie auseinander – das Siegel war ihm bekannt. Uzushio-Gakure also... Er las sich den Inhalt durch und je weiter er kam, desto mehr erhellte sich seine Miene und er wandte sich wieder seinem Bruder zu, der ihn ungeduldig anblickte. „Sie wollen sich Konoha anschließen!“, klärte er ihn auf. „Nun, sie wären töricht, täten sie es nicht“, lautete Tobiramas trockener Kommentar dazu. „Unser Dorf wächst mit jedem Tag, während es in Uzushio immer weiter bergab geht. Sie haben anscheinend eingesehen, dass es ein Vorteil für sie ist, sich mit uns zu verbünden.“ Hashiramas freudiges Lächeln wankte bei dieser doch sehr rationalen Beurteilung ein wenig. „So kann man es natürlich auch sehen“, brummte er und rollte das Schriftstück zusammen. „Die Uzumaki sind ein sehr alter, aber auch sehr stolzer Clan und sie sind bekannt für ihre außergewöhnlichen Jutsu.“ „Außergewöhnlich, das mag sein…aber es gibt stärkere Shinobi. Die Uzumaki sind spezialisiert auf lebenserhaltende und heilende Jutsu. Das allein reicht nicht, um für den Fortbestand ihres Clans zu sorgen.“ Hashirama seufzte leise. „Wie auch immer, freuen wir uns einfach, dass sie endlich dazu bereit sind, uns die Hand zu reichen.“ Tobirama nickte knapp, wobei er ihn weiterhin mit seinen roten Augen fixierte. Es war nicht so, dass sein Bruder ein geselliger Mensch war, der gern Smalltalk hielt. Da er sein Büro noch nicht verlassen hatte, schloss Hashirama daraus, dass ihm etwas auf der Seele lag. „Ich muss dich noch in einer anderen Angelegenheit sprechen.“ Wie erwartet und Hashirama ahnte fast, welches Thema er anschneiden würde. Abwartend faltete er die Hände ineinander und blickte den Jüngeren offen an, zum Zeichen, dass er reden sollte. „Es gibt gewisse Unruhen im Uchiha-Clan“, begann er. „Und diese Unruhe färbt auf die Bewohner des Dorfes ab. Du weißt, wovon ich spreche.“ „Madara.“ Der Hokage atmete tief durch, ließ sich aber ansonsten nicht anmerken, dass er nicht darüber diskutieren wollte. Es war seine Pflicht, jedermanns Meinung anzuhören – und dies war noch dazu sein Bruder, den er nicht einfach ignorieren konnte. „Ja…wobei die Uchiha im Allgemeinen ein Problem werden könnten. Izuna war beliebt, das ist kein Geheimnis. Die ältere Generation ist nachtragend und sie werden seinen Tod ebenso wenig vergessen, wie es Madara tut.“ Hashirama erwiderte seinen Blick ernst, sagte aber noch nichts dazu. „Sie werden dich nie als ihren Hokage akzeptieren, dich möglicherweise sogar umzubringen versuchen, damit Madara an deine Stelle treten kann. Außerdem vergiften sie mit ihrem Hass und Neid die Jüngeren, die sich anpassen wollen. Madara fördert diese negative Entwicklung.“ „Das sind Spekulationen“, erwiderte Hashirama leise, seinen Bruder nicht aus den Augen lassend. „Spekulationen? Du warst bei der letzten Versammlung dabei! Du hast ihn doch gehört…er ist zu keiner Kooperation bereit und rebelliert gegen alles und jeden!“ „Die Uchiha waren einst unsere Feinde, Tobirama…so wie viele andere Clans, die nun mit uns zusammen hier leben. Wir wussten immer, dass es schwierig werden würde…und Madara ist ihr Anführer. Er hat das Recht, seine Bedenken frei auszusprechen. Den Uchiha deswegen einen Putschversuch zu unterstellen, geht zu weit. Du hast keine Beweise dafür…und wäre Madara Hokage geworden, hätte er nun mit denselb-“ Er zuckte nicht mal mit der Wimper, als sich sein Bruder abrupt vorbeugte und die Handflächen lautstark auf den Schreibtisch knallte. Ein paar Dokumente wurden durch die Wucht von der Tischfläche gefegt, doch keiner von ihnen achtete wirklich darauf. „Aber Madara ist nicht Hokage, sondern du!“, zischte Tobirama scharf. „Das ist mir bewusst.“ „Ist es das?“ Hashirama verengte die braunen Augen, wich dem anderen nicht aus. „Ja“, meinte er weiterhin ruhig. „Ich bin mir dessen bewusst…und ich vertraue Madara. Wir hatten dieses Gespräch bereits, du erinnerst dich?“ Ein verächtlicher Laut entwich seinem Bruder. „Madara ist ein Saboteur!“, knurrte er. „Er verbreitet sogar unter seinen eigenen Leuten Unruhe, kennt keinen Respekt…du bist geblendet, Anija!“ Etwas Lauerndes lag in seiner Stimme. Etwas, das Hashirama ganz und gar nicht gefiel und am liebsten hätte er das Gespräch direkt für beendet erklärt. Andererseits wollte er kein Feigling sein, also stellte er sich dem, auch wenn er eines wiederholt klarstellte. „Madara ist mein Freund und ich-“ „Freund…“, kam es abgeneigt von Tobirama. „Denkst du, ich bekomme nicht mit, dass er die Nächte bei dir verbringt?“ Hashiramas Mimik blieb beherrscht, auch wenn er innerlich zu Eis gefror; er hatte nicht erwartet, dass Tobirama ihn damit konfrontieren würde. Dass er es geahnt hatte, nun gut, sein Bruder war ein kluger Mann und kein Kind mehr, es war nicht unwahrscheinlich. Hashirama fand es nicht einmal schlimm, denn er schämte sich seiner Gefühle nicht, auch wenn es sich nicht gehörte, einen anderen Mann zu lieben. „Ich glaube nicht, dass dich das etwas angeht“, warnte er ihn und hoffte, dass Tobirama verstand, dass er hiermit eine Grenze überschritt. „Du bist Hokage, Anija!“, fuhr der Jüngere fort. „Wenn das jemand mitbekommt-“ „Dann gebe ich diesem Jemand dieselbe Antwort wie dir“, fuhr er ihm über den Mund. „Das reicht jetzt!“ Zwar erhob er seine Stimme nicht, doch sein Chakra stieg zeitgleich an, ließ Tobirama zusammenzucken. Ein paar Sekunden starrten sie einander nur an, unnachgiebig…bis sein Bruder einen Schritt zurücktrat. Sofort löste sich der Druck seines Chakras, Hashiramas Haltung entspannte sich. Eigentlich hasste er es, solche Mittel anzuwenden, doch auch, wenn er zumeist ein weiches Herz besaß, ließ er nicht zu, dass man seine Autorität untergrub. Nicht einmal, wenn es sich dabei um Tobirama handelte. „Ich verstehe deinen Standpunkt“, hörte er den Jüngeren schließlich sagen. „Doch ich hoffe, du weißt, dass das nicht ewig gutgehen kann. Du hast Pflichten.“ Hashirama verschränkte die Arme. „Madara steht meinen Pflichten nicht im Wege…und zudem ist das nicht deine Sorge.“ „Du bist mein Bruder!“ „Ein Grund mehr, dich damit zu arrangieren. Bitte“, fügte er mit Nachdruck an. Es war Tobirama anzusehen, dass er am liebsten widersprochen hätte, doch sah er wohl ein, dass Hashirama nicht weiter darüber reden wollte. Glücklicherweise, denn der Ältere hatte genügend richtige Probleme, als dass er seine Beziehung zu Madara mit seinem Bruder ausdiskutieren wollte. Es war auch ohne seine Einmischung schwierig und er wollte nicht streiten. „In ein paar Tagen ist wieder eine Ratssitzung.“ Hashirama empfand Erleichterung, als sein Bruder das Thema so salopp wechselte. Es war ihm lieber so, denn mit Toleranz hatte er ohnehin nicht gerechnet. Wenn Tobirama akzeptierte, dass die Dinge waren, wie sie nun einmal waren, reichte ihm das fürs Erste. „Du solltest mit Madara reden, bevor sich die Dispute verstärken.“ Tobiramas Blick wirkte bei seinen Worten wie pures Eis, aber das konnte Hashirama verschmerzen. „Das werde ich.“ „Gut.“ Abermals bohrten sich die roten Iriden in seine braunen, doch es schien, als gäbe es nicht mehr dazu zu sagen. Hashirama für seinen Teil hatte nicht vor, noch etwas hinzuzufügen, und sein Bruder schien einzusehen, dass er alles, was mit Madara zu tun hatte, nicht weiter ausführen würde. „Anija.“ Tobirama stand schon vor der Tür, mit dem Rücken zu ihm, als er doch noch mal die Stimme erhob. „Du weißt, dass Madara deinen Pflichten sehr wohl im Wege steht.“ Es war nicht nötig, nachzufragen, was der Jüngere damit meinte. Ein ungutes Gefühl breitete sich in seiner Magengegend aus, denn so sehr er an seinen Empfindungen für Madara festhielt, löste es das Problem an der Sache nicht. Der Druck auf ihn würde nicht abnehmen und er würde diesem ewig standhalten müssen. „Und solange er dir nicht plötzlich Kinder gebären kann, wird sich daran nichts ändern.“ Hashirama atmete beherrscht durch, versucht, seine Fassung nicht zu verlieren. Was Tobirama sagte, entsprach der Wahrheit, das konnte er nicht leugnen. Dennoch…war es anmaßend. „Geh jetzt. Ich habe zu arbeiten“, war alles, was er erwiderte. „…wie du wünschst.“ Als Tobirama endlich sein Büro verließ, lehnte sich der Hokage in seinem Stuhl zurück. Unzufrieden richtete sich sein Blick wieder auf den Stapel Papiere – ungeachtet dessen, dass sie diesmal nicht der Grund seines Unmuts waren. Sein Bruder gehörte zu denen, die nicht vergessen konnten, was zwischen Uchiha und Senju geschehen war. Es war nicht das erste Mal, dass Tobirama die Uchiha als Problem bezeichnete – und das war die vorsichtige Formulierung. Vielleicht lag es daran, dass sie so viele Brüder verloren hatten, so viele Freunde und Kameraden. Auch Hashirama dachte oft an die sinnlosen Kriege zurück, doch den Uchiha ging es da nicht anders. Man konnte keiner Seite Vorwürfe machen, denn niemand war unschuldig und sie hatten alle mit demselben Preis bezahlt. Es wurde Zeit zu verzeihen und einander zu vertrauen, anstatt sich ständig gegenseitig zu beschuldigen. Hashirama hatte genauso viel durch die Kriege verloren, aber er hatte verziehen – warum konnten es so viele andere nicht? Warum konnte es Tobirama nicht? Und warum musste sich sein Bruder in Dinge einmischen, von denen er nicht einmal wissen sollte. Er musste dringend mit Madara reden. Madara…den er seit der Versammlung nicht mehr gesehen hatte. Abermals drehte er den Kopf in Richtung Fenster, wo es immer noch gewitterte…dann erhob er sich, ohne den Papierstapel auf seinem Schreibtisch noch eines Blickes zu würdigen. Kapitel 3: Drei --------------- Obwohl kaum ein Lichtstrahl durch die graue Wolkendecke fiel und die dunkle Gestalt dadurch fast mit der düsteren Umgebung verschmolz, fand er seinen Freund schließlich. Einzig das unregelmäßige Prasseln des Regens durchbrach die Stille, die sich über diesen Ort gelegt hatte. Obwohl sie in dem vergangenen Krieg kaum Zeit für Beerdigungen - geschweige denn angemessener Trauer - gehabt hatten, hatten die Uchiha einen kleinen Schrein für Izuna und seine Brüder errichtet. Zwar war das Grab schlicht gehalten, doch dass in diesen Zeiten überhaupt ein Begräbnis stattgefunden hatte, war keine Selbstverständlichkeit. Hashiramas kalte Finger krampfen sich um den Griff des Schirms, als er seinen Freund vor dem Schrein sitzen sah. Der matschige Erdboden schien ihm nichts auszumachen, ebenso wenig wie die Tatsache, dass er klitschnass war. Die sonst so zerzauste Mähne klebte an seinem Rücken, die Kleidung an seinem Körper. Für einen Moment zögerte Hashirama, den anderen beim Trauern zu stören. Sie alle hatten viel verloren und Madara jeden einzelnen seiner vier Brüder, während Hashirama wenigstens noch der eine geblieben war. Es war nicht gerecht und er wünschte, er könnte Madara seinen Schmerz nehmen, doch letztendlich konnte er ihn bloß lindern. Wenn Madara ihn lassen würde... Es wäre nicht das erste Mal, dass ihm der Uchiha ein Kunai entgegen schleuderte, weil dieser ihn nicht sehen wollte. Hashirama näherte sich ihm mit bedächtigen Schritten, wissend, dass dies Madaras heiliger Zufluchtsort war. Vielleicht machte er hiermit einen Fehler und es war besser, wenn er umkehrte. Madara in seiner Einsamkeit allein zu lassen, erschien Hashirama jedoch auch nicht richtig. Also trat er wortlos neben seinen Freund, der ihn ohne Zweifel längst bemerkt haben musste, und hielt den Schirm über sie beide. Seine braunen Augen ruhten auf den Schriftzeichen, die in das Holz geritzt worden waren. Namen von Menschen, die zu jung und aus den falschen Gründen gestorben waren. „Ich beneide dich.“ Hashiramas Blick blieb an den Kanji haften, während Madara unerwartet und mit heiserer Stimme das Wort ergriff. „…ich beneide dich so sehr“, hörte er ihn wispern. „Darum, dass einer deiner Brüder noch am Leben ist, während ich alle vier verloren habe. Mir…ist keiner geblieben…nicht mal einer. Kein einziger…“ Madaras Stimme brach und es schien ihm innere Qualen zu bereiten, weiterzusprechen. Er krümmte sich ein wenig zusammen, während er die Nägel in seine Arme krallte, die er um seine angezogenen Knie geschlungen hatte. „Warum…darf der Mörder meines Bruders leben…? Warum darf dein Bruder leben, während meiner tot ist. Es ist nicht fair…nicht fair…nicht fair…“ Es glich einem Mantra und Hashirama sah, wie sich die Nägel immer tiefer in die Haut gruben. „Madara…“ Er beugte sich ein Stück herunter, faste nach der Schulter seines Freundes – und musste im nächsten Moment einen Faustschlag abfangen. Die zusammengesunkene Haltung war verschwunden, stattdessen drückte sie nun Aggression aus, vergleichbar mit einem wilden Tier, das bald wieder zuschnappen würde. Unberechenbar. Madaras Sharingan starrten ihm weit aufgerissen entgegen, glühten regelrecht…einem loderndem Feuer gleich. Hass sprühte daraus hervor, fokussierte sich auf ihn, doch Hashirama fürchtete sich nicht. Er hatte keine Angst vor Madara, dazu verstand er dessen Gefühle zu gut. Seine innere Zerrissenheit, die von all den furchtbaren Erlebnissen herrührte. „Tobirama sollte es sein, dessen verfluchter Körper unter der Erde verrottet!“, spie er ihm giftig entgegen. „Ihn sollten die Maden zerfressen, diesen widerlichen-“ „Madara“, schnitt er dem Uchiha ruhig, aber bestimmt das Wort ab. „Es ist genug.“ Er wusste um Madaras Hass, der sich vor allem gegen seinen Bruder richtete, hatte dieser Izuna doch die tödliche Wunde beigebracht. Allerdings wussten sie beide, dass es umgekehrt genauso hätte ablaufen können. Es war ein Kampf gewesen, wie auch sie beide ihn oft ausgefochten hatten. Tobirama mochte manchmal Ansichten haben, die er nicht teilte, doch er war sein Bruder und er liebte ihn. Er würde ebenso wenig zulassen, dass dieser Madara anging, wie andersherum. Wenn sie doch nur Frieden schließen würden…diese beiden Männer, die seine engsten Vertrauten und liebsten Menschen waren. Madaras hasserfüllte Mimik glättete sich langsam und seine Augen färbten sich wieder schwarz. „Es wird nie genug sein…“ Obwohl er ihm widersprach, klang er erschöpft, seine kalte, nasse Faust verlor an Kraft, glitt aus seiner Hand. Erneut wandte sich der Uchiha ab, schlang die Arme wieder um seine Knie und blickte mit gesenktem Blick vor sich hin. "Manchmal…weiß ich nicht, was richtig ist...was vernünftig ist und ob ich langsam wahnsinnig werde. Es ist schwer, Hashirama...so unglaublich schwer. Jeder Tag…ist so schwer…wie sie mich ansehen. Ich weiß, was sie denken…ich erkenne es in ihren Augen. Ich weiß es…" Bei den letzten Worten wurde Madaras Stimme immer leiser, beinahe verzweifelt und er wusste nicht, was er sagen sollte. Um ihn vorerst nicht zu bedrängen, blieb er einfach bei ihm stehen, hielt weiterhin den Schirm über ihn. Madara konnte ein gnadenloser Krieger sein, er war ein Mann mit scharfem Verstand…aber er war auch emotional und voller Liebe für die, die ihm am Herzen lagen. War es ein Wunder, dass ihn die Ereignisse zerrüttet hatten? Tobirama mochte nur seine schlechten Seiten sehen…aber Hashirama sah so viel mehr. „Manchmal…kann ich nicht mal deine Nähe ertragen…“ Der Hokage blickte auf, nicht überrascht von diesen Worten. Er wusste um Madaras innere Zerrissenheit, die auch ihn betraf, denn er war nach wie vor ein Senju. Das würde er immer sein. „…manchmal würde ich am liebsten…ich würde…ich…“ „Ja. Ich weiß“, murmelte Hashirama und lächelte bitter. „Und…es ist in Ordnung.“ Ein freudloses, kaltes Lachen entfloh Madaras Kehle, eines, das mehr an ein Röcheln erinnerte. Es hielt nicht lange an, formte sich zu einer Art trockenem Schluchzen, das jedoch gleich darauf erstarb. Madara weinte in der Regel nicht vor anderen Menschen...und Hashirama hatte den Anstand, nicht darauf einzugehen. Still blieb er bei ihm stehen, ließ den Blick in die Ferne schweifen, ohne das Zittern des anderen zu beachten. Er wusste, dass es Madara so lieber war. „…du Narr“, hörte er diesen wispern. „Du bist so ein…Idiot…“ Hashirama neigte den Kopf zur Seite, lächelte warm. Besser, er sagte nicht, dass Tobirama und er sich zumindest in diesem Punkt einig waren. Das würde es nur verschlimmern und anscheinend war sein Freund gerade dabei, sich zu beruhigen. Der Senju zögerte, ehe er ihm die Hand auf die Schulter legte und diesmal kam keine Gegenwehr. Sanft drückte er diese und fühlte dabei den klitschnassen Stoff unter seinen Fingern. „Du bist eiskalt“, murmelte er und streifte seinen dunkelblauen Haori ab. Madara ließ zu, dass er ihm diesen um die Schultern legte, blickte nur weiter vor sich hin. Eine Hand krallte er in den trockenen Stoff und er hörte ihn einen tiefen Atemzug ausstoßen. „Lass uns nach Hause gehen.“ Ihm entging das bittere Lächeln auf Madaras Lippen nicht, als sich dieser langsam erhob. Hashirama konnte die bissige Bemerkung, die ihm auf der Zunge liegen musste, erahnen, doch Madara blieb stumm. Er zog lediglich den Haori enger um seine Schultern, ehe er sich abwandte und ging. Hashirama nahm es ihm nicht übel. Kommentarlos schloss er zu ihm auf, bevor der Stoff ebenfalls komplett durchnässt war, und hielt den Schirm erneut über sie beide. Auch wenn Madara ihn gerade nicht ertragen konnte, würde er bleiben und für ihn da sein. So wie immer. Kapitel 4: Vier --------------- Etwa zwei Stunden später lag das Oberhaupt der Uchiha auf dem Futon seines Freundes, die wilde Mähne noch nass vom heißen Bad, das er zuvor genommen hatte. Er hatte sich in die Decke gewickelt, dabei auf Kleidung verzichtet, was Hashirama diesmal nicht halb so gut wie sonst gefunden hatte. Der Senju hatte die Zeit genutzt, um Tee zuzubereiten. Er stellte den Becher neben ihm auf dem Boden ab, musterte ihn kritisch – er konnte es fühlen. Madaras Augen brannten unter den halb gesenkten Lidern und die Müdigkeit schwäche seinen Körper, nun, da er zur Ruhe kam. Er hätte nicht so lange im Regen sitzen sollen, doch glücklicherweise sah Hashirama davon ab, ihm eine Predigt darüber zu halten. Davon abgesehen, dass Madaras Zustand ganz sicher nicht allein dem Unwetter geschuldet war. Die letzten Tage, nein, eigentlich konnte man schon von Wochen sprechen, waren hart gewesen. Obwohl Madara alles dafür tat, dass es seinen Leuten gut ging, musste er seine Position innerhalb seines eigenen Clans ständig gegen Anfeindungen verteidigen. Als würde es nicht schon reichen, dass er sich gegen die Senju aus dem Rat zur Wehr setzen musste. Izunas Verlust setzte Madara in dieser Zeit noch mehr als sowieso schon zu, denn sein kleiner Bruder hatte ihm immer den Rücken gestärkt – so wie es Tobirama auch jetzt noch bei Hashirama tat. Die beiden hatten nicht weniger Meinungsverschiedenheiten als Izuna und er damals, dennoch hielten sie zusammen, wenn es darauf ankam. Madara hasste diesen verfluchten Albino wie die Pest, doch er konnte nicht verhehlen, dass dieser Hashirama gegenüber loyal war – Tobiramas einzige gute Eigenschaft, wenn man ihn fragte. Doch ihn trieb nicht nur sein Hass auf Tobirama, sondern auch der Neid auf Hashirama. Eine sachte Berührung streifte seine Stirn, schob die zausen Strähnen beiseite; vermutlich um nach seiner Temperatur zu fühlen. Madara ließ ihn, schloss die müden Augen nun gänzlich. Er nahm wahr, wie sich Hashirama vorbeugte und die eigene Stirn an die seine lehnte. Er konnte seinen Atem in seinem Gesicht spüren, blinzelte leicht. „Du glühst…“ Die leise gesprochenen Worte hätten ihn normalerweise dazu herausgefordert, etwas Entsprechendes zu erwidern, doch sein Kopf fühlte sich wie in Watte gepackt an. Bevor er irgendwas nuscheln konnte, war Hashirama schon aufgestanden und seine Schritte entfernten sich. Madara widerstand dem Impuls, ihn aufzuhalten, nur schwer, doch das bisschen Stolz wollte er sich noch bewahren. Bei niemand anderem hätte er sich solch eine Schwäche erlaubt, doch Hashirama war nicht irgendjemand. Dieser Mann kannte ihn besser als jeder andere…zumindest besser als jeder andere, der noch lebte. Abermals vernahm er Schritte, ehe etwas Nasses auf seine Stirn gelegt wurde. Madara blickte nicht auf, blieb in die Decken gewickelt liegen und ließ Hashiramas Behandlung zu. „Ich könnte es mit Chakra-“ „Nein“, unterbrach er ihn murmelnd. „Halt einfach die Klappe…und leg dich hin.“ So schlimm stand es nicht um ihn, dass Hashirama seine heilenden Jutsu anwenden musste. Normalerweise war das Oberhaupt der Uchiha überhaupt nicht anfällig für Krankheiten, so dass er es abermals dem Stress und Ärger der letzten Wochen zuschob. Und der Trauer um Izuna, die ihn sich krank und ausgezerrt fühlen ließ. So etwas konnte nicht einmal Hashirama heilen. „Sicher.“ Aber er konnte es durchaus ein bisschen lindern, so wie jetzt, als er die Decke anhob und sich neben ihn legte. Madara wehrte sich nicht, als ihn der Senju näher zog, sodass er an dessen Brust lehnen konnte. Hashiramas Körper strahlte immer eine angenehme Wärme aus, die ihn gerade jetzt noch müder machte, als er es sowieso schon war. Die vom Kämpfen schwieligen Finger durchkämmten sachte seine Mähne, ehe sie sich in seinen Nacken schoben und diesen massierten. Hashiramas vertrauter, erdiger Geruch umgab ihn…erinnerte ihn an die Wälder, das Harz und Laub der Bäume… Als Madara das nächste Mal blinzelnd die Augen öffnete, hatte er jegliches Zeitgefühl verloren. Er lag auf der Seite, das Kissen, an dem Hashiramas unverwechselbarer Geruch haftete, fest umklammernd. Für einen Moment schoss Madara der Gedanke durch den Kopf, was Izuna hierzu gesagt hätte, könnte er ihn jetzt sehen. Es wäre nichts sonderlich Positives gewesen, davon konnte er ausgehen. Nun, zumindest fühlte er sich nicht mehr so ausgelaugt wie noch zuvor, denn der Schlaf hatte ihm gut getan. Ausnahmsweise hatten ihn keine Albträume gequält, sodass er sich ausgeruhter fühlte. Sein Hals fühlte sich rau und ein bisschen wund an, aber es war auszuhalten. Er setzte sich langsam auf, strich sich die störenden Haare aus dem Gesicht und blickte sich suchend nach dem Senju um. Lange konnte seine Wärmequelle noch nicht verschwunden sein, denn Hashirama war stets überbesorgt um seine Mitmenschen. Er würde ihn nicht einfach allein lassen, wenn er nicht hundertprozentig davon überzeugt war, dass es ihm besser ging. In diesem Moment fiel Madara auf, dass die Schiebetür ein Stück offenstand, und er erhob sich wankend, wickelte die warme Decke um sich. Vermutlich sah er aus wie eine zu groß geratene Raupe…gut, dass ihn außer Hashirama niemand sehen würde. Er fand diesen auf der Veranda sitzend vor, einen Becher Tee in den Händen haltend und mit abwesendem Blick zum Garten schauend. Vermutlich hatte Hashiramas grüner Daumen etwas mit seinem Jutsu zu tun oder aber es lag daran, dass er den Pflanzen dieselbe Liebe zukommen ließ, wie den Menschen in seiner Umgebung. Der Gedanke war ungewohnt sentimental und Madara verzog angewidert von sich selbst das Gesicht. Es war allein Hashiramas Schuld, dass ihm solche Dinge in den Sinn kamen. Hashirama mit seinem warmherzigen Gutmenschen-Getue, das auch ihn eingelullt hatte. Dabei sagte man ihm nach, er hätte ein Herz aus Stahl…tse, die sollten mal den Senju fragen. Hashirama hatte ihn natürlich direkt bemerkt und Madara beobachtete, wie er den Becher beiseite stellte, ehe er ihm ein sanftes Lächeln zukommen ließ. „Geht es dir besser?“ Madara schnaubte leise, während er sich neben seinem Freund auf der Veranda niederließ. Kühler Wind fuhr ihm durch die zause Mähne, doch die Decke wärmte ihn genügend, zumal er es sich nicht nehmen ließ, sich direkt an Hashiramas Schulter zu lehnen. Vielleicht war er ja doch krank, anders konnte er sich sein zahmes Verhalten nicht erklären. „Annehmbar“, antwortete er verspätet auf die Frage. Hashirama legte den Arm um ihn und Madara fragte sich, was er tun würde, sollte man sie beide wider Erwarten doch zusammen erwischen. Würde sich der Hokage herausrausreden? Möglicherweise…und Madara hätte Verständnis dafür, betreffend seiner Position. Aber was war mit Madara selbst? Kümmerte es ihn noch wirklich, wenn jemand von Hashirama und ihm erfahren würde? Oder achtete er nur aus Gewohnheit auf die Geheimhaltung ihrer Beziehung? Es würde seine Stellung im Uchiha-Clan noch mehr ins Wanken bringen können, aber das war sowieso der Fall. Resignierte er allmählich oder handelte es sich um blanken Trotz? Er konnte es nicht genau sagen, aber es fühlte sich alles nur noch ermüdend an. „Tobirama weiß von uns.“ Vermutlich hätte Madara zutiefst schockiert sein sollen, doch die Worte lösten bloß eine Art grimmige Befriedigung in ihm aus. „Das überrascht mich nicht“, gab er zurück, ein Gähnen unterdrückend. Hashirama drehte sich ihm zu, sah ihn verwirrt an. „Du hast doch nicht mit ihm darüber gesprochen?“, fragte er ungläubig, was Madara ein freudloses Lachen entlockte. „Ich bitte dich“, brummte er dann. „Der einzige Grund, aus dem ich überhaupt mit deinem Bruder rede, ist der, dass er eben dein Bruder ist, und ich ihm deswegen leider oft genug begegnen muss.“ Er zog die Decke etwas enger um sich, ließ den Kopf auf Hashiramas Schulter ruhen. Solche anschmiegsamen Momente hatte er nicht jeden Tag, doch gerade verlangte es ihn nach so viel Nähe wie möglich. Das war meistens so, wenn er bei der Gedenkstätte seiner Brüder gewesen war. Hashirama stellte seinen Anker, der ihn davon abhielt, einfach alles in seinem Hass und seiner Trauer niederzubrennen, dar. Oh, wie gern hätte er das manchmal getan…doch das hier war nicht nur Hashiramas Traum, sondern auch sein eigener. Konoha war ihre gemeinsame Zukunft. „Du bist naiv, Hashirama“, fuhr er fort, als sein Freund nichts mehr sagte. „Und Tobirama ist nicht so dumm, wie er aussieht. Er kann eins und eins zusammenzählen.“ Er musste nicht aufsehen, um zu wissen, dass der Senju soeben sehr unglücklich dreinschaute. Das tat er in solchen Situationen immer – deprimiert vor sich hin schmollen. „Nur weil-“ „Wie hat er reagiert?“, unterbrach er ihn unwirsch und kurz hielt der andere inne. „Was denkst du?“, gab er schließlich mit leichter Verärgerung zurück. „Er war ziemlich wütend deswegen. Er hat mein Urteilsvermögen angezweifelt, gemeint, dass du meine Pflichten behinderst…“ Madara konnte nicht anders, als ein bitteres Lachen von sich zu geben. Es brannte in seinem Hals, ähnelte mehr dem Krächzen einer Krähe. „Oh, ich hoffe doch, dass ich dazu in der Lage bin“, meinte er amüsiert und seine dunklen Augen blitzten auf. „Madara…“ „Du kannst es leugnen, so viel du willst, Hashirama. Natürlich bist du nicht so rational wie sonst, wenn es um mich geht. Das ist vollkommen normal oder denkst du, dass es mir anders geht? Und was deine Pflichten angeht, die Tobirama erwähnt hat…selbstverständlich erwartet man von dir, dass du eine Frau heiratest und Nachwuchs bekommst. So sollte es sein, nicht wahr?“ Abermals stieg dieses boshafte Lachen in ihm auf, er konnte es nicht zurückhalten. Sein Blick bohrte sich in Hashiramas, als er den Kopf hob, und er bemerkte die Bitterkeit in den braunen Augen. Zweifellos wusste sein Freund, dass seine Worte der Wahrheit entsprachen. „Mein Clan erwartet nichts anderes, Hashirama. Wir wussten immer, wer wir sind, und was unsere Pflichten sind. Im Endeffekt hat sich nichts geändert, Konoha und Frieden hin oder her, wir sind immer noch wir. Wir sind-“ „Ich liebe dich, Madara.“ Und diese vier kleinen Worte nahmen ihm den Wind aus den Segeln, so wie es immer schon gewesen war. In seinen jungen Jahren hatte Madara sich über alberne Liebesschwüre lustig gemacht. Es war nicht so, dass er niemals versucht hätte, eine Frau zu finden. Er hatte ein paar Frauen gehabt, sich ausprobiert und seine Erfahrungen gesammelt, doch dieses intensive, überwältigende Gefühl konnte ihm nur Hashirama geben. Ebenso wie nur Hashirama solche Liebesgeständnisse, die Madara nicht zum Lachen brachten, hervorbringen konnte. Wenn Hashirama solche Dinge sagte und ihn dabei so ernst aus seinen warmen, braunen Augen ansah, hatte er jedes Mal das Gefühl, sein Herz wolle seinen Brustkorb sprengen. Furchtbar kitschig und trotzdem konnte er sich nicht dagegen wehren. Er blieb ganz still, als der Senju den Kopf drehte und sich zu ihm herunterbeugte, um seine Lippen mit den seinen zu berühren. Als wollte Hashirama seinen Worten noch mehr Ausdruck verleihen, küsste er ihn mit einer Sanftheit, die Madaras Kopf leerfegte. In solchen Momenten war ihm die ganze Welt egal, denn das hier konnte ihm nur Hashirama geben. Nur Hashirama konnte ihm den Schmerz, den Hass und die Trauer erträglicher machen und ihn an seine guten Seiten erinnern. Einzig und allein Hashirama war dazu fähig, ihn mitsamt all seiner vielen negativen Eigenschaften zu lieben. Kapitel 5: Fünf --------------- Madara konnte nicht sagen, wie lange sie schon auf Hashiramas Veranda saßen und sich küssten wie die Teenager. Noch etwas, wofür der Uchiha bislang niemals Geduld hatte aufbringen können. Normalerweise verschwendete er für diesen Teil so wenig Zeit wie möglich, hier ein Biss, da ein Kuss…und dann ging es ans Eingemachte. Was sollte er sagen? Er war ihm Krieg großgeworden, da hatte man wenig Zeit für Liebeleien und war froh, einfach mal etwas Dampf ablassen zu können. War ja nicht so, als seien die Frauen, die sein Lager besucht hatten, viel anders drauf gewesen. Wenn Madara so darüber nachdachte, unterschied sich sein Typ Frau ziemlich von Hashirama, der durch Sanftheit und Geduld glänzte. Sollte ihm das zu denken geben? Selbst wenn…spielte das wohl keine große Rolle mehr. Hashirama musste wohl bemerkt haben, dass er in Gedanken war, denn schon legte sich eine Hand an seine Wange, streichelte diese. Hatte ihn jemals jemand so angesehen, wie es der Senju gerade tat? Mit diesem warmen Blick, der sogar ihm Motten durch den Magen jagte… „Du bist ein widerlicher Romantiker“, brummte er, um diese kitschige Stimmung wenigstens ein bisschen zu sabotieren. Nun war es an Hashirama, ein Lachen von sich zu geben, doch im Gegensatz zu seinem eigenen klang es wie die pure Lebensfreude. Niemand konnte so sympathisch lachen wie sein Freund und er spürte, wie die Bitterkeit in ihm ein wenig wich. Auch, wenn Madara es herunterspielte, so würde er niemals leugnen können, dass er Hashirama ebenfalls liebte. Er würde nie damit aufhören können, selbst, wenn er ihn hasste. Ergab das Sinn? Vermutlich nicht, doch damit hatte er sich längst abgefunden. „Wir können ja nicht alle so schrecklich unromantisch sein, wie du es bist“, entgegnete Hashirama und stupste seine Nase mit der eigenen an. „Und im Übrigen…ich habe Tobirama gesagt, dass er kein Recht hat, sich einzumischen.“ Madara schmunzelte, als er das hörte; solche Neuigkeiten, bei denen Tobirama in seine Schranken gewiesen wurde, gefielen ihm am besten. „Ich bin sicher, er war begeistert.“ „Nein…aber ich denke, ich habe meinen Standpunkt deutlich gemacht.“ Madara bezweifelte, dass Tobirama brav genickt und versprochen hatte, sich von nun an um seinen eigenen Mist zu kümmern. Oh nein, eher gefror die Hölle, als dass der jüngere Senju ihre Beziehung akzeptierte. Wobei Madara ihm diesen einen Standpunkt nicht einmal übelnehmen konnte, denn er war sicher nicht der Einzige, der ein Problem damit hatte. Nicht einmal zu Unrecht, wenn Madara ehrlich zu sich selbst war, denn Hashirama war nicht nur Hokage, sondern auch das Oberhaupt seines Clans. Er würde ebenso die Ehe mit einer Frau eingehen müssen wie Madara selbst. Es war ihre Pflicht, als stärkste Shinobi Nachwuchs zu zeugen. Davon abgesehen, dass gleichgeschlechtliche Beziehungen noch immer verpönt waren. Jeder wusste, dass sie existierten, doch wenn man klug war, beschränkte man sich darauf, sie heimlich auszuleben. Madara war sich dessen immer bewusst gewesen, dennoch wünschte er sich manches Mal, es wäre anders. „Madara?“ Der Uchiha zog die Decke enger um seinen Körper, sich plötzlich wieder bewusst werdend, dass er darunter immer noch nackt war. Nicht, dass dies ein Umstand wäre, der ihn stören würde. Bestimmt nicht. „Ich habe gerade nur daran gedacht, wie ungern ich an deinen Bruder oder unsere Pflichten denke“, erwiderte er langsam und die funkelnden Augen erfassten Hashirama. „Vor allem jetzt…“ Manchmal war es traurig, wie oft der Senju auf dem Schlauch stand, wenn es darum ging, gewisse Blicke und Worte richtig zu deuten. Anstatt nämlich darauf einzugehen, legte Hashirama den Kopf schief – das imaginäre Fragezeichen schwebte über seinem Kopf. „Das verstehe ich, aber wir sollten dennoch-“ „Ich meine nur, dass ich mir gerade Besseres vorstellen könnte.“ „Sobald du wieder gesund b-“ „Ich bin gesund!“, raunzte Madara seinen Freund an. „Hier, überzeug dich!“ Ja, den Ton schien Hashirama schon eher zu verstehen, auch wenn er ihn erstmal perplex anstarrte. Dann wurde seine Gesichtsfarbe um ein paar Nuancen dunkler – was daran liegen konnte, dass Madara zeitgleich mit seinen Worten die Decke hatte fallen lassen. So oft, wie sie schon miteinander geschlafen hatten, war es Madara ein Rätsel, dass sein Freund immer noch rot werden konnte. „Bist du fit dafür?“, fragte dieser skeptisch und löste den Blick langsam von seinem Schritt. „Ich habe bloß eine Erkältung. Mach nicht so eine große Sache draus und komm mit rein“, brummte der Uchiha genervt. „Ausschwitzen soll doch helfen?“ „…“ Der Senju tat es ihm gleich und erhob sich, nicht jedoch, ohne ihm einen Blick zuzuwerfen, der Madara stutzen ließ. „Was?“ Hashirama gab ein Seufzen von sich, das an eine Mutter erinnerte, die nicht mit ihrem Problemkind fertig wurde. „Manchmal könnte dir etwas Romantik nicht schaden…“ Möglicherweise, doch Madara war der festen Überzeugung, dass einer von Hashiramas Sorte wirklich genug war. Allein der Gedanke, er würde solche Dinge wie Hashirama von sich geben…nein, das passte definitiv nicht zu ihm. Außerdem hieß es doch, dass sich Gegensätze anzogen? Anstatt einer Antwort griff er nach der Hand des Senjus und zog ihn bestimmend hinter sich her – er würde einen Weg finden, Hashirama seine Art der Romantik näher zu bringen. Als sie später verschwitzt und erschöpft beieinander lagen, fühlte sich Madara so entspannt wie seit Tagen nicht mehr. Da war eine Wärme in ihm, die ihm all diese negativen Gedanken raubte…und er wollte sich so sehr der Illusion hingeben, dass ihr gemeinsames Glück möglich war. Schließlich gab es doch Mittel und Wege. Keine Frau würde sich zwischen Hashirama und ihn stellen, dafür würde er sorgen…und wenn sie eines tragischen, mysteriösen Todes starb, war dies nun einmal so. Natürlich, nachdem sie ihm Kinder geboren hatte. Er lauschte Hashiramas ruhigen Atemzügen, während sein Kopf auf dessen Brust ruhte und den Herzschlag spürte. Gleichmäßig…lebendig…und so leicht zum Stillstand zu bringen. Es würde schnell gehen. Würde Hashirama die Zeit haben, zu realisieren, dass er starb? Wie würde er ihn ansehen? Würde er immer noch Verständnis aufbringen? In seinen letzten Atemzügen…würde er ihn immer noch lieben? Madara rieb die Wange an der warmen Haut, genoss, wie der andere die Arme um ihn geschlungen hielt. Wie er ihm das Gefühl von Geborgenheit gab, das ihn jedes Mal wieder einlullte. Das war doch der Grund, warum er hier blieb und hoffte. Hashirama war der Anker, der ihn von einem Massaker abhielt und seinen Wahnsinn in Schach hielt. Ohne ihn hätte er Konoha und allen widerlichen Senju zugleich den Rücken gekehrt…nicht für immer, denn seine Rache würde furchtbar sein. Er würde seinem Clan beweisen, dass sie einen Fehler machten, indem sie ihn anzweifelten. Dabei wollte er sie bloß schützen…vor Leuten wie Tobirama, die in ihnen eine Bedrohung sahen. Ja, wäre Hashirama nicht mehr, würde es keinen Grund geben, länger hier zu verweilen… Madara lächelte in sich hinein, während er spürte, wie Hashirama eine Hand löste und ihre Finger miteinander verschränkte. Der raue Daumen streichelte seinen Handrücken, ein Kuss wurde ihm ins Haar gedrückt und der Uchiha seufzte leise. Es wäre so verdammt einfach in einem solchen Moment…er könnte eine dicke, spitze Haarnadel in seiner Mähne verstecken. Sie müsste lang und stark genug sein, um Haut und Fleisch durchdringen zu können. Es würde keinen zweiten Versuch geben. Madara schloss die Augen, während Hashiramas große Hände Kreise auf seinem Rücken zeichneten. So angenehm…so warm…er erwiderte den Druck ihrer ineinander verschränkten Finger. Wie sehr er diesen Mann doch liebte… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)