The Golden Road von Writing_League ================================================================================ Prolog: Black Cat, Cross My Path Today -------------------------------------- „Akaashiiiiiiiiii! Jetzt, wo ich meinen Führerschein habe, können wir endlich unseren richtigen Roadtrip machen!“     Ein Jahr war es nun her, dass diese Worte gefallen waren. Ein Jahr, das gleichzeitig viel zu lang und viel zu kurz gewesen war. Zu lang, weil Bokuto jeden Tag wieder aufs Neue quengelte, wieso sie nicht endlich auf ihren Roadtrip fuhren, und zu kurz, weil Keiji auch nach diesem Jahr immer noch das nagende Gefühl hatte, dass er viel zu viele Eventualitäten nicht in seine Reiseroute eingeplant hatte.     Sich überhaupt auf eine Reiseroute zu einigen war schon fast ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Für Bokuto war sofort klar gewesen, dass er nicht wieder durch Japan wollte, denn „Ich habe keine Lust, schon wieder den Erdbeeren beim Wachsen zuzusehen!“ Keiji sparte es sich, Bokuto darüber aufzuklären, dass die Obstgärten in Koufu keine Erdbeeren beherbergt hatten, und dass Erdbeeren immer noch nicht auf Bäumen wuchsen, sondern konzentrierte sich lieber darauf, Schadensbegrenzung zu leisten. Bokutos Vorstellung vom perfekten Roadtrip war natürlich von seinem Fernsehkonsum geprägt. Also hatte er schnell entschieden – er wollte in die USA. Keiji musste ihm hoch und heilig versprechen, dass er keine Obstgärten einplanen würde, aber mit diesem Versprechen schaffte er es immerhin, sich die alleinige Herrschaft über die Reiseplanung auszuhandeln.   (Dass die Wahrscheinlichkeit dessen, an groß angelegten Touristen-Attraktions-Obstgärten vorbeizukommen, ohnehin verschwindend gering war, musste Bokuto nicht wissen.)   Also hatte er geplant. Zuerst hatte er mit einer Route geliebäugelt, die durch die Anonymität abseits aller großen Touristenattraktionen führte, von Süden nach Norden oder umgekehrt, doch in Erinnerung der Jammereien, die Bokuto von sich gegeben hatte, als ihr damaliger Fahrradtrip schon nicht in bahnbrechender Spannung geendet war, entschloss er sich dazu, die Idee über den Haufen zu werfen. Schlussendlich entschied er sich für wohl die Roadtrip-Route, einmal von Osten nach Westen die Route 66 entlang. Es gab genug Streckenabschnitte, die Keijis Bedürfnis nach Ruhe und Anonymität erfüllten, und genug Sehenswürdigkeiten, die so bekannt waren, dass Bokuto sicherlich schon von ihnen gehört hatte. Kurzum: Es war wohl der perfekte Kompromiss. Und die Strecke hatte noch eine fast humane Länge.     Jetzt, wo sie vor dem Flughafen aus dem Auto stiegen – Keiji war gefahren –, hatte Keiji trotz aller Planung ein ungutes Gefühl bei der ganzen Sache. Er hatte ihr Gepäck gepackt, das hieß, es war ausgeschlossen, dass Bokuto einen Überschuss an sauberer Unterwäsche gegen so wichtige Dinge wie nächtliche Knabbervorräte ausgetauscht hatte, oder dass er seine Zahnbürste vergessen hatte. Oder irgendetwas anderes, noch wichtigeres, das darin enden würde, dass sie bei nächster Gelegenheit panisch einen Supermarkt suchen mussten, weil sie das fehlende Teil jetzt und sofort und mitten in der Nacht ersetzen mussten, sobald sein Fehlen auffiel. Er hatte den Flug gebucht, der sie nach Chicago bringen sollte, und dort bereits für die ersten drei Nächte ein Zimmer gebucht. Er hatte den Mietwagen schon bestellt. Er hatte dafür gesorgt, dass sie amerikanische Sim-Karten bekommen hatten, um im Ausland auch halbwegs effizient kommunizieren zu können, falls das nötig werden sollte (er war sich noch nicht sicher über ein mögliches Handyverbot), und er hatte persönlich fünfmal überprüft, dass ihr Urlaub angemeldet und genehmigt war. Er hatte dafür gesorgt, dass er und er allein für ihre Finanzen zuständig sein würde, und er hatte mehrfach überprüft, dass sie auch genug Geld eingeplant hatten, um diesen Roadtrip ohne großes Gejammer von Bokuto zu überleben. Er hatte ihre Einreisepapiere erledigt. Und mehrfach gecheckt.   Eigentlich sollte also alles perfekt sein.   Keiji verstand einfach nur nicht, wieso Kuroo Tetsurou von allen Menschen hier vor dem Flughafeneingang stand, grinsend, bepackt mit einem großen Reisekoffer, und offensichtlich auf sie wartete. Es war mitten in der Nacht. Keiji war sich sicher, dass er nicht so übermüdet war, dass er halluzinierte, aber sein viel zu erschöpfter Verstand konnte das Bild vor seinen Augen trotzdem kaum verarbeiten. Vielleicht waren drei Tassen Kaffee zu wenig gewesen.   (Keiji hatte in der Nacht kein Auge zugetan. Bokuto auch nicht, und mit seiner Aufregung hatte er Keiji wach gehalten, so dass sie jetzt beide übernächtigt und todmüde waren. Während Keiji immerhin geradeaus laufen und wie ein normaler Mensch funktionieren konnte, wankte Bokuto in schläfrigen Schlangenlinien herum und schaffte es, sobald er saß, keine fünf Sekunden mehr, die Augen offen zu behalten.)   „Hey hey hey!!! Akaashiiiii! Kuroo ist da!!!“ – „Ich sehe es, Bokuto-San.“ Drei Tassen Kaffee waren eindeutig zu wenig, stellte Keiji fest, als die laute Stimme von Bokuto schon ein erstes, penetrantes Pochen in seinen Schläfen auslöste, das sich bald zu einem ausgewachsenen Kopfschmerz ausbilden würde, wenn es so weiterging. „Yo, Bokuto! Akaashi-Kun~ Ihr seht nicht sonderlich frisch aus.“ Kuroo sah ausgeschlafen aus. Keiji spürte, wie sein Augenlid zuckte und er holte tief Luft um seine Contenance wiederzufinden. Mit Selbstbeherrschung war es in der Übermüdung einfach nicht weit. Einen langen Moment sah Keiji einfach zu, wie Bokuto und Kuroo irgendwelche seltsamen Gesprächsfetzen austauschten, denen er gerade nicht folgen konnte. Als die übertriebene Lautstärke von Bokutos Euphorie langsam wieder abflaute, schien ein guter Zeitpunkt zu sein, sich einzumischen – und Keiji wusste, dass er sich einmischen musste, wenn er jemals eine Erklärung haben wollte, was hier los war. „Warum bist du hier, Kuroo-San?“   Kuroo blinzelte, so viel Verblüffung in seinem Blick, dass Keiji schon wusste, er würde die Antwort nicht mögen, noch ehe sie kam: „Na was wohl – ich komme mit.“ „…“ „Akaashiiiiiiiiiii! Das haben wir damals so abgesprochen, Akaashi!“ „…“ „Akaashiiiiiii?“   Es war drei Uhr morgens. Keiji hatte ungefähr drei Tassen Kaffee zu wenig getrunken, um bereit zu sein für das Chaos, das sich gerade vor ihm auftat. Sie standen vor dem Flughafen, den sie übrigens dringend betreten mussten, wenn sie ihren Flug bekommen wollten, und sie hatten einen Monat Urlaub vor sich. Kuroo grinste. Bokuto sah ihn an mit einem Blick, der aussah wie eine Kreuzung aus Auto und verwirrtem Kauz, und alles, woran Keiji über die pochenden Kopfschmerzen hinweg denken konnte, war die Tatsache, dass er es für eine gute Idee gehalten hatte, ein Zimmer mit einem Doppelbett zu buchen.   „Akaashiiiii?“ „Akaashi-Kun~ Hey, du musst nicht gleich ohnmächtig werden vor Freude, mich zu sehen!“   Eigentlich wäre Keiji gerade sehr gerne ohnmächtig geworden.     ***     Statt ohnmächtig zu werden verbrachte Keiji die Zeit, bis ihr Flug abhob, damit, auszuarbeiten, wie die unerwartete Gesellschaft von Kuroo Tetsurou ihren Roadtrip beeinflussen würde. Während Kuroo und Bokuto sich lautstark und in grellen Farben ausmalten, wie toll alles werden würde, brütete er über einem Notizbuch, in dem er erste Regelentwürfe niedergeschrieben hatte, die für den Roadtrip gelten sollten.   (Wenn man mit Bokuto irgendetwas unternahm, das hatte Keiji früh gelernt, bedurfte es Regeln. Je Bokuto-sicherer sie waren, desto besser; Schlupflöcher fand der sowieso, egal wie engmaschig man das Regelnetz zog, aber Keiji konnte zumindest versuchen, den Schaden gering zu halten.)   Einige der Regeln würden bleiben. Einige konnte Keiji komplett streichen. Einige mussten neu hinzugefügt werden. Er seufzte gequält, während er Regel Nr. 1: Während dem Roadtrip herrscht absolutes Handyverbot fein säuberlich durchstrich; er brauchte kein Handyverbot mehr, wenn der Grund des Handyverbots neben ihm saß.   „Akaashiiii? Was hast du da?“ Keiji seufzte. Er klappte das Büchlein zu und brachte es außerhalb der Reichweite von Bokutos neugierigen Griffeln. „Regeln, Bokuto-San.“ Einen Moment sah Bokuto ihn so entsetzt an, als hätte er verkündet, sie würden einen Roadtrip durch das Land der Langeweile machen, dann wandte er sich entsetzt zu Kuroo um, der nur laut lachte und ihm auf die Schultern klopfte. „Keine Sorge, Bro! Solange ich da bin, wird es nicht langweilig werden, egal was für Regeln Akaashi da aufstellt!“   Die Sorge hatte Keiji leider auch.   Resigniert seufzend packte er Buch und Stift wieder in sein Handgepäck und beschloss, er würde, sobald sich ein Grund ergab, eine Regel aufzustellen, sie spontan aufschreiben. Er konnte nicht vorplanen und hoffen, dass er damit Kuroo Tetsurous Anwesenheit kontern konnte. Wenn dann musste er sich dem Chaos anpassen, das da kommen würde, und jedes Mal spontan und flexibel Möglichkeiten finden, es irgendwie einzuschränken.     Er hätte nur nicht erwartet, dass schon die erste Nacht in Chicago ihm Grund bieten würde, wieder zu Stift und Papier zu greifen.     Regel Nr. 1: Es wird nicht nackt geschlafen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)