Endormis von Friedi ================================================================================ Kapitel 8: Das neue Schuljahr ----------------------------- Protagonist: Sirius Black *** Stille trat ein, während ihre letzten drei Worte sich langsam in meinem Verstand einnisteten. „Wie bitte?“, fragte ich etwas begriffsstutzig. Ich hoffte ihre Gesten falsch gedeutet zu haben. „Ich bin schwanger“, wiederholte sie und an der Bedeutung ihrer Gesten konnte auch kein Zweifel bestehen. „… Oh! …“ Ich war wirklich sprachlos und entsetzt. Es erklärte ihr allgemeines Essverhalten und ihre Übelkeit, aber das war nicht die Erklärung gewesen, die ich mir gewünscht hätte. Das war nicht gut. Das war gar nicht gut! Da saß sie hier vor mir, sah immer noch wirklich schlecht und krank aus, hatte sich in den letzten Wochen noch kaum erholt und jetzt erzählte sie mir, sie sei schwanger! Ebenso gut hätte sie erzählen können, sie hätte sich irgendeine unheilbare magische Krankheit zugezogen. Es würde auf das Gleiche hinauslaufen. Mit dem Unterschied, dass ich eine Krankheit nicht hätte verhindern können. Aber das hier war meine Schuld! Ich hatte im Grunde genommen ihr Schicksal besiegelt. „Du freust dich gar nicht?“, fragte sie und sah mich etwas traurig an. Ich musste mich stark zusammenreißen, um ihr zu antworten. „Nein“, gestand ich ihr und ich wusste, dass ich sie damit verletzen würde. „Aber versteh mich nicht falsch, ich …“ Ich brach ab und überlegte angestrengt, wie ich das am besten sagen sollte. „Ich mach mir nur Sorgen um dich“, schloss ich schließlich. Sie blickte mich nachdenklich an. „Ich hab‘ so lange alleine durchgehalten“, begann sie. „Ja und du siehst auch immer noch nicht wieder halbwegs gesund aus!“, teilte ich ihr mit. „Aber, wenn ich dir verspreche, mich besser auszuruhen? … Ich möchte das Kind nicht verlieren. … Das Kind kann doch nichts dafür, oder?“ Ich gab ein hohles Lachen von mir. „Das Kind kann nichts dafür, wenn du es nicht überlebst, das stimmt.“ Sie zögerte bevor sie mir wieder antwortete. „Lily wollte doch mal Heilerin werden“, sagte sie schließlich. „Ich hab‘ alle ihre Bücher dazu hier. Vielleicht steht da ja was drin. Aber ich will das Kind nicht verlieren. … Ich hab‘ mir schon lange ein Kind gewünscht.“ Lilys Bücher! Ich wagte zu bezweifeln, dass in Lilys Büchern etwas darüber drinstand, wie man ein kränkliches, schwächliches Etwas, das vollkommen am Ende ihrer Kräfte war, sicher durch eine Schwangerschaft führte. Selbst Lily hätte sich das bestimmt nicht zugetraut, jedenfalls konnte ich mir das kaum vorstellen. Aber es würde Jana das Herz brechen, wenn ich darauf bestand, das Kind nicht zu behalten und dann würde sie vielleicht am Ende trotzdem daran zu Grunde gehen und schließlich sterben. Ich überlegte, was James mir wohl raten würde, aber ich gelangte nur zu dem Schluss, dass er mich köpfen würde. Das hätte ich auch verdient, aber es war schließlich auch keine Lösung. Am Ende blieb mir wohl nichts Anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen und Jana ihren Wunsch nach einem Kind zu erfüllen. „Meinst du wirklich, dass Lilys Bücher weiterhelfen können?“, wollte ich wissen. „Naja in irgendeinem ihrer Bücher steht doch bestimmt etwas drin“, antwortete sie. „Und ich verspreche auch, dass ich mich ab jetzt besser ausruhen werde.“ Was sollte ich dazu nur sagen? „OK“, gab ich schließlich nach. „Aber das wird nicht leicht.“ „Ich weiß.“ Wieder trat Stille ein. Ich war immer noch etwas geschockt. Ich hatte im Traum nicht damit gerechnet, dass sie schwanger werden könnte und ich hatte überhaupt keine Ahnung, wie sie das nur überstehen sollte. Bei Lily, damals, war es schon anstrengend gewesen. Man hatte sie leicht mit Kleinigkeiten aus der Fassung bringen können. Aber Lily war auch nicht anfällig gewesen. Bei Jana hingegen war das etwas Anderes. Jeder Anflug von Stress, Nervosität und Panik könnte schon zu viel für sie sein und wie würde das jetzt erst in den nächsten Monaten aussehen? Und selbst wenn sie die Schwangerschaft an sich noch gut verkraften würde. Spätestens wenn das Baby dann raus wollte, wäre sie verloren. Und doch hatte ich keine Wahl. Ich würde Jana nicht umstimmen können und sie alleine zu lassen, kam schon gar nicht in Frage. Umso wichtiger wurde es also, dass ich mir ein Versteck suchte, wo ich sicher zwischen hier und Hogsmeade hin und her apparieren könnte. Ein paar Stunden alleine würde sie hoffentlich durchhalten, wenn ich Peter jagen ging. Im Besten Fall brauchte ich noch nicht mal lange, um ihn zu fassen und dann könnte ich wieder ganz bei ihr bleiben. Und vielleicht, würde sie es ja doch überstehen. Auch wenn ich mir immer noch schwer vorstellen konnte, wie, aber immerhin hatte sie die letzten elf Jahre überlebt und das ganz alleine. Wenn ich jetzt gut auf sie aufpasste, dann war vielleicht noch nicht alles verloren. Da ich ja sowieso keine Wahl hatte, konnte ich auch genauso gut versuchen etwas optimistisch zu sein, auch wenn mein Verstand mit sagte, dass ich mich gerade selbst belog. Für den Rest des Tages ließen wir das Thema auf sich beruhen. Es gab nichts mehr, was ich im Moment noch dazu zu sagen hätte und ich musste diese Nachricht auch erst einmal richtig verdauen. Jana hatte sich nach dem Frühstück wieder in ihr Bett gesetzt und blätterte die Bücher durch, die ich ihr geschenkt hatte. Ich saß nur stumm daneben und guckte ihr eine Weile dabei zu. „Hier sind Portalzauber beschrieben“, erzählte sie schließlich. Gerade sah sie sich die Inhaltsangaben des dritten Bandes der Buchreihe durch. „Super“, erwiderte ich. „Das wäre eine gute Möglichkeit, um sicher nach Hogwarts zu gelangen und wieder zurück.“ Sie schlug die erste Seite des Kapitels auf und drehte das Buch auf ihrem Schoß, sodass ich über ihre Schulter blicken und mitlesen konnte. Es waren schwierigere Zauber, sehr raffiniert, aber sie klangen interessant. Einer davon schien besonders schwierig zu sein, doch er konnte gewisse Schutz- und Abwehrzauber umgehen, die verhinderten, dass man ein Gelände oder ein Gebäude zum Beispiel mittels Apparieren betreten könnte. Jana überließ mir das Buch, damit ich mich damit weiter befassen konnte. „Aber du passt doch auf dich auf, oder?“, wollte sie wissen. „Ich meine, du suchst dir doch ein Versteck, wo niemand so einfach auf das Portal stoßen könnte, oder?“ Das war ein berechtigter Einwand. Ich kannte zwar genügend Verstecke in und um Hogwarts, aber ich musste mir auch definitiv sicher sein, dass nicht auch jemand anderes dieses Versteck kannte und dann zufällig auf das Portal stieß. „Das versprech‘ ich dir“, versicherte ich. Tatsächlich, überlegte ich mir, wäre es wohl unklug, wenn ich das Portal irgendwo mitten im Schloss beschwören würde. James, Remus, Peter und ich hatten zwar so viel über die Ländereien herausgefunden, dass es unwahrscheinlich war, dass irgendein anderer Schüler genauso viel wusste, allerdings konnte ich ja schließlich schlecht vergleichen. Womöglich gab es tatsächlich den ein oder anderen Schüler, der ebenfalls einige Verstecke kannte und auch nutzte. Dann lief ich Gefahr, dass mein Portal zufällig gefunden wurde. Ich musste mein Portal also außerhalb des Schlosses verstecken und gleichzeitig durfte es natürlich nicht offen irgendwo in der Weltgeschichte zugänglich sein. Ich wollte schließlich auch keine wilden Tiere aus dem verbotenen Wald oder von sonstwo auf dem Gelände zu Jana nach Hause einladen. Wieder kam mir die Heulende Hütte in den Sinn und sie schien tatsächlich perfekt dafür geschaffen zu sein. … Es sei denn, natürlich, Dumbledore hatte einen neuen Schüler aufgenommen, der wie Remus an Lycanthropie litt. Dieser Schüler wäre natürlich auf seine Hütte angewiesen. … OK, diese Überlegung grenzte wahrscheinlich an Aberglauben, aber es konnte auch nicht schaden, auf Nummer Sicher zu gehen. „Kennst du einige gute Werwolf-Abwehrzauber?“, fragte ich Jana. Sie guckte mich irritiert an. „Wieso?“, wollte sie wissen. „Bloß zur Vorsicht. Es ist nicht wahrscheinlich, aber ich denke, es kann nicht schaden, ein bisschen vorsichtiger zu sein.“ Ich erklärte ihr, was ich mir gerade überlegt hatte und sie überlegte. „Ich glaube, ich hab‘ unten ein Buch über diverse Abwehrzauber“, sagte sie. „Ich weiß nicht, ob da Bannzauber gegen Werwölfe dabei sind.“ „Ich kann ja mal nachsehen“, antwortete ich. „Aber ich kenn einen Versteckzauber. Damit könntest du zum Beispiel eine Tür wie eine Wand aussehen lassen und den Zugang mit einem Passwort oder sowas verstecken.“ „Das klingt auch gut.“ Sie erklärte mir, wie dieser Zauber funktionierte und ich machte mir ein paar Notizen. Jetzt hatte ich also die Grundzüge meines Plans. Nun musste ich ihn nur noch ausführen. In den nächsten paar Tagen kam ich allerdings kaum dazu. Jetzt, da ich es wusste, machte sich Janas Schwangerschaft durchaus deutlicher bemerkbar, als ich das vorher wahrhaben wollte. Ich traute mich kaum, sie alleine zu lassen und ich hatte mir bereits sämtliche von Lilys alten Lehrbüchern der Heiler-Ausbildung mit zu ihr ins Zimmer genommen. Die meisten dieser Bücher behandelten natürlich andere Themen, allerdings hatte Lily tatsächlich auch ein paar Bücher, die aufschlussreicher waren. Ich hatte es noch nie zuvor so geschätzt, dass Lily so ein Bücherwurm war! Ich verbrachte also einige Tage damit, mich noch voll und ganz um Jana zu kümmern. Erst als ich davon überzeugt war, dass es ihr geradeso gut genug ging, wagte ich es, sie für ein paar Stunden alleine zu lassen. „Ich hab‘ den Spiegel dabei“, versicherte ich ihr. „Wenn du mich brauchen solltest, musst du nur klopfen.“ „OK“, antwortete sie. „Es kann sein, dass ich vielleicht eine Viertelstunde oder so brauche, um bei dir zu sein. Also warte bitte nicht, bis es schon fast zu spät ist.“ Sie nickte und ich drückte ihr noch einen flüchtigen Kuss auf die Stirn, bevor ich mich aufmachte. In ihrem Buch stand beschrieben, dass man das Portal auf beiden Seiten beschwören musste, um eine Verbindung herzustellen. Ich hatte mich für ihren Schrank unter der Treppe entschieden. Dieser war groß genug, um einen Zugang zu schaffen und so präparierte ich also ihren Schrank. Ich hielt es für sinnvoller zuerst das Portal hier zu beschwören und nicht anders herum. Denn sollte sie mich tatsächlich brauchen, dann konnte ich bereits ganz einfach das Portal in der Hütte benutzen, um schneller bei ihr zu sein – in der Hoffnung natürlich, dass der Zauber funktionierte. Schließlich jedoch überlegte ich mir angestrengt einen Ort, an dem ich sicher apparieren konnte. Ich wollte nicht direkt nach Hogsmeade apparieren. Die Gefahr, von einem Zauberer oder einer Hexe erwischt zu werden, war mir einfach zu groß und ich durfte keine unnötigen Risiken eingehen. Ich tauchte in einem kleinen Muggelort, unweit von Hogwarts wieder auf. Ich sah mich einen Moment um, um mich zu orientieren. Schon ertönte ein paar Meter von mir entfernt ein Schrei. Ich zuckte zusammen und wandte mich um. Eine Frau - sie sah definitiv aus, wie eine Muggel – hatte mich entdeckt. Ich flüchtete so schnell ich konnte ins nächste Gebüsch und verwandelte mich dort in einen Hund. Das ging ja gut los! Ich nahm mir vor, Jana schonenderweise nichts davon zu erzählen, wenn ich wieder bei ihr war. Sonst würde sie sich womöglich noch zu große Sorgen machen. Ich wartete nicht, bis Mitarbeiter des Ministeriums eintrafen, um nach mir zu suchen. In meiner Animagusgestalt setzte ich meinen Weg fort und innerhalb etwa einer halben Stunde die Bahnstation von Hogsmeade in Sichtweite. Als ich mich dem Gelände näherte spürte ich, wie es immer kälter wurde. Dementoren! Sie hatten tatsächlich Dementoren hier postiert, um mich abzufangen! Gut, dass ich mich dagegen entschieden hatte, Jana mit mir nach Hogwarts zu schmuggeln. An Dementoren – und es mussten hunderte sein – hätte ich sie nicht unbeschadet vorbei bekommen. Zwei bewachten den Eingang direkt hinter der Station, die anderen schwirrten rings um das Gelände drum herum. Ich schlüpfte an ihnen vorbei, auf das Gelände und bog als erstes in Richtung des verbotenen Waldes ab. Dort hielt ich mich zwischen den dichten Bäumen am Rande des Waldes verborgen und lief noch ein Stück, bis ich die Gewächshäuser beobachten konnte. Gerade war Unterricht, aber es musste noch vor der Mittagspause sein. Ich beobachtete eine Klasse dabei, wie sie gerade ihren Kräuterkunde-Unterricht verbrachten. Harry war nicht dabei und die Schüler dieser Klasse sahen auch aus wie Erstklässler. Ich wartete bis der Unterricht vorbei war und alle Schüler und auch Professor Sprout zum Mittag gegangen waren. Erst dann schlich ich mich hinüber zur Peitschenden Weide. Der Baum regte sich bedrohlich, als ich mich ihm näherte. Ich sah mich kurz um, aber es war niemand zu sehen. Ich hoffte inständig, dass alle beim Mittagessen waren. Also verwandelte ich mich zurück und griff nach einem naheliegenden Ast, der auf dem Boden lag. Mit diesem berührte ich einen Knoten am Stamm der Weide, der Baum erstarrte und ich konnte in dem Gang darunter verschwinden. Der Tunnel in die Heulende Hütte kam mir niedriger vor als beim letzten Mal. Früher als Schüler hatte ich diesen Gang natürlich auch hauptsächlich in meiner Animagusform genutzt, da am anderen Ende ja schließlich ein Werwolf hauste. Trotzdem hatte ich ihn höher in Erinnerung. Schließlich verwandelte ich mich doch wieder in einen Hund. So tief gebückt den Gang entlang zu wandern, war mir zu anstrengend. Und schließlich kam ich in der Hütte an. Sie war staubig. Alle Möbel hier waren auseinandergenommen und die Einzelteile lagen kreuz und quer herum. Auf dem Boden waren noch immer die Blutspuren von damals zu sehen, als sich Remus während seiner Verwandlungen selbst verletzt hatte. Alles sah so aus wie beim letzten Mal, als Remus in unserem letzten Schuljahr, die Vollmondnächte hier verbracht hatte. Alles wirkte seitdem unberührt. Also hatte Dumbledore seitdem offenbar keinen neuen Werwolf als Schüler aufgenommen. Das war beruhigend, aber trotzdem würde ich das Portal lieber werwolfsicher verstecken, wenn auch aus purem Aberglauben. Der Schrank unter der Treppe war ramponiert. Die Tür war aus den Angeln gehoben und kaputt. Die Regalbretter im Inneren waren größtenteils durchgebrochen. Ich nahm die Regalböden heraus und stellte sie an die Seite. Dann kümmerte ich mich mit einem Wink von Janas Zauberstab um die kaputte Tür, bevor ich schließlich das zweite Portal erschuf. Die Sicht durch das Portal wurde klar. Ich konnte düster einen kleinen Raum auf der anderen Seite erkennen, in den nur durch einen schmalen Belüftungsspalt in der Tür ein wenig Licht drang. Ich trat durch das Portal, um es zu testen und es hatte funktioniert! Ich war genau in Janas Schrank unter der Treppe wieder herausgekommen, wie ich es beabsichtigt hatte. Ich grinste zufrieden und ging zurück in die Heulende Hütte, um den Zugang noch zu schließlich. Schließlich, als ich fertig war, war von der Schranktür nichts mehr zu sehen. Stattdessen sah der Flur nun aus, als gäbe es unter der Treppe keinen Schrank. Da wo, die Schranktür vorher gewesen war hing nun ein staubiger und zerbrochener Bilderrahmen an der Wand, den ich mir aus dem „Wohnzimmer“ geholt hatte. Zufrieden betrachtete ich mein Werk. Selbst, wenn man nun auf die Idee käme, hier überhaupt nach mir zu suchen, hätten sie keine Chance, das Portal zu entdecken. Hier konnte schon so lange niemand mehr gewesen sein und ich konnte mir nicht vorstellen, dass sich irgendjemand daran erinnern würde, dass es hier überhaupt einen Schrank unter der Treppe gab. Sollte also jemand auf die Idee kommen, diese Hütte zu betreten, würde er auch keinen Verdacht schöpfen, wenn er den Schrank nicht vorfand. Ein weiteres Mal griff ich nach dem Zauberstab und dieses Mal berührte ich mit dessen Spitze den Bilderrahmen. „Ich schwöre feierlich, ich bin ein Tunichtgut“, sagte ich und die Tür zum Portal erschien wieder. Ich trat hindurch und schloss sie wieder. „Missetat begangen.“ Es war geschafft. Die Vorbereitungen waren getroffen und jetzt konnte ich also gefahrlos das Gelände betreten und wieder verlassen, wie ich wollte. Für heute ließ ich es jedoch gut sein und ging wieder nach oben zu Jana. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)