Endormis von Friedi ================================================================================ Kapitel 2: Askaban ------------------ Protagonist: Sirius Black *** Ich starrte Hagrid eine Weile hinterher. Dann sank ich wieder neben James auf die Knie. Ich konnte ihn nicht ansehen, denn ich hatte das Gefühl, mir würde sich der Magen umdrehen. „Es tut mir leid“, flüsterte ich erneut. „Bitte vergib mir. Ich dachte wirklich, der Plan wäre unfehlbar.“ Ich bekam keine Antwort. Ich unterdrückte meine Tränen nicht. Es spielte sowieso keine Rolle. Insgeheim hatte ich gehofft, James würde mir antworten und mich damit aufziehen, dass ich heulte, aber das tat er nicht. Natürlich nicht! Ich musste mich dazu zwingen, ihn schließlich anzusehen. Seine Augen waren weit aufgerissen und starrten ins Leere. Bei dem Anblick hatte ich das Gefühl, zu fallen ohne dabei jemals auf dem Boden aufzuschlagen. Ich zitterte, als ich ihn schließlich hochhob und in sein Schlafzimmer brachte, wo ich ihn auf das Bett legte. Sachte nahm ich ihm die Brille ab und legte sie ordentlich auf den Nachttisch. Dann schloss ich ihm mit der Hand die Augen. Mit einem Kloß im Hals wandte ich meinen Blick von ihm ab und machte mich auf die Suche nach Lily. Sie lag in Harrys Kinderzimmer, so als wäre sie eine Puppe, die man fallen gelassen hatte. Behutsam hob ich auch sie vom Boden auf und legte sie neben James. Schließlich sah es tatsächlich so aus, als wären die beiden nur – wie jeden Abend – nebeneinander eingeschlafen. „Verzeiht mir“, wiederholte ich mich. „Ich wollte das nicht. Ich verspreche euch, ich werde für Harry da sein. Ich werde ihn großziehen. ... Er soll euch nie vergessen. ... Ich werde mich um Jana kümmern. … Und ich werde euch rächen!“ Mit diesen Worten gelangte ich ganz langsam meine Fassung zurück und der Hass auf Peter ergriff vollends von mir Besitz. Kurzentschlossen apparierte ich zu seinem Haus zurück und verwandelte mich dort in einen Hund. Als Hund nahm ich seine Fährte auf. Ich prägte sie mir gut ein. Dann suchte ich alle möglichen Plätze ab, von denen ich wusste, dass Peter sich dort öfters aufhielt. Ich brauchte eine Weile. Ich suchte die ganze Nacht nach ihm und den Großteil des folgenden Tages. Erst am späten Nachmittag danach fand ich ihn schließlich. Er war in einer Muggelkleinstadt. Ich wusste, dass seine Mutter hier in der Nähe wohnte, nur ein kleines Stückchen außerhalb der Stadt. Vielleicht versuchte er ja bei ihr unterzutauchen. Ich erwischte ihn schließlich, auf offener Straße, noch bevor er offensichtlich seine Mutter erreicht hatte. „Peter!“, rief ich laut und er schreckte auf. Jedes bisschen Farbe wich aus seinem Gesicht. Er antwortete mir nicht. Er drehte sich um und versuchte wegzurennen. Doch er würde mir nicht entkommen. Er bog um die nächste Ecke, doch offenbar hatte er nicht bedacht, dass es sich hierbei nur um eine kurze Sackgasse handelte. Er saß in der Falle. „Du kannst mir nicht entwischen, Peter!“, knurrte ich. Peter sah sich verängstigt um. Dann begann er hysterisch zu schluchzen. Sollte er mir jetzt bloß nicht auf die Tour kommen. Mitleid hatte ich nun wirklich nicht für ihn übrig. Doch er erwischte mich tatsächlich auf falschen Fuß. „Lily und James, Sirius?“, schrie er und ich bemerkte, wie einige Passanten in unserer Nähe stehen blieben und sich nach uns umsahen. „Wie konntest du nur?“ „Du wagst es?“, rief ich aufgebracht und langte nach meinem Zauberstab. Doch ich hatte ihn noch gar nicht richtig zu fassen bekommen, da flog alles um mich herum in die Luft. In den beiden Hauswänden, rechts und links neben mir und in der Mauer hinter ihm klafften riesige Löcher und der Krater war so tief, dass die Abflussrohre in der Erde aufgerissen waren. Peter nutzte die Gelegenheit, um sich in seine Animagus-Gestalt, eine Ratte, zu verwandeln und zu verschwinden. Als sich der Rauch dann verzogen hatte, war von ihm nur noch eine Blutlache zu sehen und ein einzelner abgetrennter Finger lag mitten drin. Diese kleine miese Ratte! Ich hätte mit diesem Trick rechnen müssen. So oft hatte ich ihn schließlich selber miterlebt. Und doch hatte er es geschafft, mich dermaßen aus der Fassung zu bringen, dass ich es tatsächlich nicht kommen sehen hatte. Jetzt war er mir tatsächlich entwischt. Er musste sich in die kleine miese Ratte verwandelt haben, die er war. Und als Ratte war es natürlich ein Leichtes für ihn, mir zu entkommen. Lediglich seinen Finger hatte er zurückgelassen. Die Täuschung war natürlich perfekt. Diese Ironie des Schicksals schlug mir mit aller Macht ins Gesicht. Ich begriff, indem wir niemandem von meinem ach-so-tollen Plan erzählt hatten, hatte ich meinen Kopf für Peter hingehalten und dieser besaß nun noch die bodenlose Frechheit, diesen Vorteil schamlos auszunutzen. Es musste sich einfach um einen Albtraum handeln! Das konnte einfach nicht real sein. Ich wollte es einfach nicht wahrhaben. Und ich sah keinen anderen Ausweg mehr aus diesem Albtraum. Ich begann zu lachen. Ich bekam kaum mehr mit, was noch um mich herum geschah. Die verängstigten Schreie der Muggel klangen so fern für mich. Ich bekam nicht mal mit, dass es, binnen weniger Augenblicke, um mich herum von Mitgliedern der Magischen Polizeibrigade nur so wimmelte. Ich nahm nicht wahr, dass sie mir meinen Zauberstab abnahmen und mich abführten. Erst einige Stunden später gelangte ich wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Es war ein kalter Boden, steinig und schmutzig, in einer finsteren Zelle in Askaban. Hier saß ich nun und sah zu, wie die Zellentür hinter mir ins Schloss fiel. Ich konnte die Anwesenheit der hunderten Dementoren hier spüren und die Schreie der anderen Häftlinge um mich herum hören. Und ich saß hier drin und hatte eigentlich nichts getan. Ich war unschuldig! Doch dann dachte ich an James und Lily und ich fühlte mich nicht mehr so unschuldig. Ich war es ja schließlich gewesen, der sie von diesem dummen Plan überzeugt hatte. Es war meine Idee gewesen, Peter zum Geheimniswahrer zu machen. Noch vor zwei Wochen war ich so felsenfest davon überzeugt gewesen, dass der Plan unfehlbar wäre, war mir sicher gewesen, dass Peter niemals ein Spion für Voldemort sein könne und dass es Remus eher zuzutrauen wäre als Peter. Erst jetzt im Nachhinein fiel mir auf, wie offensichtlich es doch eigentlich schon lange gewesen war. Peter hatte immer große Freunde gemocht, die für ihn nach dem Rechten sahen. Er musste schon vor Monaten damit angefangen haben, Lily und James auszuspitzeln. So subtil und unauffällig, dass keiner von uns dem je irgendeine Beachtung geschenkt hatte. Und Remus? Was hatte er getan, dass er meinen Verdacht überhaupt verdient hatte? Nichts. Letztlich hatte ich mich von einem Vorurteil gegen Werwölfe leiten lassen und dabei hätte gerade ich es doch eigentlich besser wissen müssen. Und dann dachte ich an Jana, James‘ kleine Schwester. Gerade verbrachte sie ihr letztes Schuljahr auf Hogwarts, aber was würde danach aus ihr werden? Sie hatte immer jemanden gebraucht, der sich um sie kümmerte, wenn sie krank wurde. James und Lily waren ihre letzten Angehörigen gewesen. Wie sollte sie nun überleben? Ich hatte James und Lily doch versprochen, ich würde mich um sie und Harry kümmern! Genaugenommen war ich also nicht nur für den Tod meines besten Freundes und seiner Frau verantwortlich, sondern auch noch für den Tod seiner kleinen Schwester. Eines unschuldigen jungen Mädchens, das mit alledem am allerwenigsten zu tun hatte. Ich fragte mich, ob James ihr wohl erzählt hatte, dass wir den Plan geändert hatten. Aber im nächsten Moment beantwortete ich mir diese Frage selbst. Jana war in letzter Zeit schon wegen jeder Kleinigkeit besorgt gewesen und Aufregung war nicht gut für sie. Es war gut möglich und genaugenommen sogar sehr wahrscheinlich, dass James ihr nichts gesagt hatte, einfach, um sie nicht unnötig zu beunruhigen. Aber selbst wenn er ihr von der Planänderung erzählt hätte, was würde sie schon tun können? Peter wurde jetzt sicher von aller Welt für tot gehalten und ich wurde nun also für den Mord an ihm und der Tötung weiterer unschuldiger Muggel verantwortlich gemacht. Wie viele Muggel wohl bei dieser Explosion ums Leben gekommen waren? Ich wollte es eigentlich gar nicht wissen, aber dass es gar keine Opfer gegeben hatte, war wohl äußerst unwahrscheinlich. Selbst wenn Jana nun also bezeugen könnte, dass ich nicht der Geheimniswahrer ihres Bruders gewesen war, so hatte ich immer noch den Vorwurf am Hals, Peter und wer-weiß-wie-viele unschuldige Muggel auf einmal getötet zu haben. So oder so, saß ich hier also unweigerlich fest. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)