Ruf der Sterne von Wolfsfeuer ================================================================================ Kapitel 7: Schatten der Nacht ----------------------------- "Wann wird er wieder aufwachen?" Fleckenpfote hüpfte ungeduldig um die Heiler herum. "Das kann man jetzt noch nicht sagen, aber immerhin ist er über den Berg." Weißpfotes Stimme wurde in den letzten Tagen immer fester und sicherer. Er wurde mit seiner neuen Rolle als eine der wichtigsten Katzen im Nachtclan langsam vertrauter. Amselschwinge sortierte weiterhin seine Kräuter und schnippte mit seinem Schweif, um seinen Schüler zu rufen. "Du musst ja wirklich aufmerksam sein, wenn du jedes Zucken von Amselschwinge sehen musst! Meinen Respekt, ich könnte das nicht!" Ehrfürchtig sah er den jüngeren Kater an. "Man gewöhnt sich mit der Zeit daran, es ist nicht leicht, wenn der Mentor stumm ist." Amselschwinge schabte ungeduldig mit der Pfote und Weißpfote beeilte sich. "Welches Kraut brauchen wir denn?" Der schwarze Kater zeigte auf ein paar vertrocknete Überreste einer Pflanze. "Katzenminze? Das ist schlecht, wir haben schon Blattfall! Fleckenpfote, willst du mir helfen, welche zu finden?" Der angesprochene blickte mit besorgten Augen zu Schwarzstreif. Weißpfote bemerkte seinen Blick. "Wenn er weißen Husten bekommt, wird dieser schnell zu grünen Husten. Er wird länger geschwächt sein, das ist zu so einer Zeit am gefährlichsten, wenn die Beute rar wird und er so nicht genug Kraft hat um richtig zu genesen. Schwarzstreif braucht die Katzenminze genauso, wie der restliche Clan." Fleckenpfote sah auf den Heilerschüler und nickte. "Dann komm." Die beiden Schüler verließen den Bau und Amselschwinge war nun mit dem verwundeten Schwarzstreif allein. Er beschnupperte ihn sorgfältig und wandte sich wieder seinen Kräutern zu. Er hörte Pfotenschritte. Trotz der Schmerzen versuchte der weiße Kater mit der schwarzen Musterung, seine Ohren auf die Geräuschquelle zu drehen. Die Schritte kamen rasch näher und er zuckte überrascht zusammen, als eine raue Zunge über sein Fell strich. Er knurrte kurz und versuchte, die Augen zu öffnen. Das erste, was er sah, waren blaue Augen, die ihn erleichtert anfunkelten. Schwarzstreif versuchte sich aufzurichten, doch Amselschwinge hielt ihn davon ab. Bestimmt schüttelte der kleine Heiler den Kopf und ließ erst wieder los, als sich der größere Kater widerwillig entspannte. Langsam schritt er zurück und ging Richtung Bauausgang, ohne seinen Patienten dabei aus den Augen zu lassen. Die letzten Schritte rannte er, und Schwarzstreif schnaubte genervt. Erschöpft von seinen Wunden schloss er wieder die Augen und öffnete sie erst wieder, als er Stimmen um sich herum hörte. "Endlich bist du wieder wach! Du hast drei Tage lang geschlafen!" Benommen hörte er noch Sturmkralles Stimme, dann überkam ihn wieder eine Müdigkeit. Die Erschöpfung bekam die Überhand und er sackte in sich zusammen. "Schwarzstreif!" Sturmkralle sah den Heiler entsetzt an. Dieser schien von dem Zusammenbruch des großen Katers nicht sonderlich überrascht zu sein. Amselschwinge trottete zu seinem Patienten und schnupperte kurz an ihm. "Völlig normal. Sein Körper muss sich ausruhen, aber wie erkläre ich das jetzt Sturmkralle?" In diesen Moment kamen die beiden Schüler mit den Mäulern voller Katzenminze. "Ich hoffe nur, die beiden haben daran gedacht, nicht die Wurzeln auszureißen. In der kommenden Blattleere brauchen wir jede Pflanze, die wir kriegen können." Die beiden sahen verwirrt zu Sturmkralle. "Hafen fir efas veffasst?" Fleckenpfotes Frage klang gedämpft unter dem Heilkraut. Der zweite Anführer sah seinen Schüler an und sprach: "Schwarzstreif ist kurz aufgewacht, aber kurz danach schon wieder eingeschlafen." Fleckenpfote ließ vor Überraschung die Katzenmienze fallen. "Und ich war nicht da!" "Nein, du warst mit mir wichtige Kräuter für den Clan suchen. Du hast nur das Leben einiger Katzen gerettet, die vielleicht Grünen Husten bekommen. Entschuldige, dass du nicht hier warst und den armen Schwarzstreif kurz nach seinem Aufwachen überfordern zu können, sondern mit mir überlebenswichtige Kräuter für den Clan gesammelt hast!" Die drei Katzen sahen den Heilerschüler verblüfft an. Diese Seite des jungen Katers hatten sie noch nie gesehen. "Entschuldige, aber kannst du verstehen, wie frustriert ich bin? Warum schläft er überhaupt wieder! Er hat doch schon so lange geschlafen." Weißpfote sah den Schüler wütend an. "Wenn du aufwachst, bist du dann sofort hellwach? Ich bezweifle das!" Fleckenpfote sah beschämt zur Seite. "Komm, wir gehen trainieren, wir haben deine Ausbildung in letzter Zeit ziemlich schleifen lassen." Fleckenpfote wollte etwas erwidern, entschied sich dann aber dagegen, als er in die Augen seines Mentors schaute. Diese ließen keinen Widerspruch zu. **** *Knurr* Schwarzstreif wurde aus seinen Schlaf gerissen. Erschöpft sah er sich um. Es war stockdunkel. Der zunehmende Mond strahlte am Himmel. Die nächste Große Versammlung würde bald stattfinden. "Ah, mein Magen… Essen," stöhnte er. Der abgemagerte Kater rappelte sich auf und schleppte sich Richtung Frischbeutehaufen. Er war noch nicht einmal auf halben Weg, als sich ein Schatten näherte. Grüne Augen funkelten ihn besorgt an. "Schwarzstreif? Du solltest dich noch nicht so sehr bewegen. Was machst du mitten in der Nacht auch einen Spaziergang?" "Mein, mein Magen…" keuchte er. Sein Magenknurren war kaum zu überhören. "Schon gut, ich verstehe schon. Leg’ dich wieder hin und ich bringe dir etwas. Du musst ja am Verhungern sein!" Die schwarze Katze stützte Schwarzstreif noch, ehe sie sich auf den Weg machte. Er ließ sich schwerfällig in sein provisorisches Nest fallen und atmete schwer aus. Der kurze Weg hatte ihn bereits so sehr erschöpft. Wie soll er jemals wieder ein Krieger sein? "Vielleicht sollte ich mich dann einfach den Ältesten anschließen…" ------- "Nur ein paar Mäuse? Das wird Schwarzstreif niemals satt machen!" Mit gesenkter Stimme murmelte Schattenpelz vor sich hin. "Er muss vorzeitig wohl damit Leben, ich kann nicht jetzt auch nicht einfach jagen gehen, ich habe immerhin Nachtwache." Sie nahm die wenige Beute des Frischbeutehaufens und trabte Richtung Heilerbau. "Es tut mir Leid, Schwarzstreif. Das ist die ganze Beute." Schattenpelz sah besorgt zu, wie er die wenigen Mäuse mit ein paar hungrigen Bissen verspeiste. *Knurr* Die beiden zuckten bei den Magenknurren zusammen. "Ich hole besser Amselschwinge. Vielleicht hat er ja irgendetwas für dich, das dir hilft." Schattenpelz trottete zu den Schlafplätzen der Heiler und versuchte den kleinen, schwarzen Kater zu wecken. Dieser sah sich verwirrt um, ehe er aufsprang und die Kriegerin besorgt anstarrte. "Schwarzstreif ist wach. Er hat Hunger, aber wir haben keine Beute mehr hier. Er hat bereits alle Reste gegessen, aber-" Sie stoppte abrupt, als Amselschwinge an ihr vorbei rannte. Verwirrt folgte sie ihm. Der kleine Heiler beugte sich über seinen Patienten und untersuchte ihn. Der mürrische Kater ließ es geschehen. Amselschwinge sah Schattenpelz kurz an und wies mit seinen Schweif auf den Ausgang des Baues. Sie verstand und ging wieder auf ihren Posten, doch zuvor fragte sie noch, ob sie noch irgendwie Frischbeute auftreiben solle. Er sah sie unsicher an. "Ich werde natürlich im Lager bleiben. Lass das nur meine Sorgen sein." Selbstsicher ging sie auf die Lichtung zurück. Als Schattenpelz noch überlegte, wen sie um Hilfe fragen könnte, fiel ihr eine Bewegung vor dem Schülerbau auf. Sie ging darauf zu und sah, was sie suchte. "Spechtpfote! Ein Glück, ich brauche deine Hilfe." Die Schülerin zuckte erschrocken zusammen. "Ähm, Hallo Schattenpelz. Was ist denn? Ich wollte eigentlich einen, einen Spaziergang machen." "Das trifft sich sehr gut, meine Süße. Könntest du jagen gehen? Schwarzstreif ist aufgewacht und hat Hunger. Sehr, sehr großen Hunger." Spechtpfote, die komplett überfordert mit dieser Situation war, antwortete: "Ähm, ist es nicht etwas gefährlich, bei Nacht ohne einen Krieger zu Jagen? Ich meine für eine Schülerin." Schattenpelz sah sie irritiert an. "Aber du bist doch bereits kurz vor deiner letzten Beurteilung! Du wirst bald eine Kriegerin sein! Dann kannst du auf dich selbst aufpassen und es wäre eine gute Übung für dich!" Spechtpfote sah beschämt zur Seite. Auf einmal hellte sich ihre Mine auf. "Kann ich Weizenpfote mitnehmen? Er ist doch genausoweit wie ich! Und wir könnten zu zweit mehr erlegen! Bitte!" Schattenpelz sah sie kurz an. "Wenn man nicht wüsste, dass ihr Wurfgeschwister seit, könnte man denken, ihr seit verliebt!" Amüsiert schnurrte sie. "Ich habe nichts dagegen einzuwenden, nehmt nur genug Beute mit. Ich werde morgen Stachelherz und Fichtenpelz erklären, warum ihr so müde seit." Spechtpfote weckte ihren Bruder. "Psst, Weizi, wir wollen doch nicht die anderen wecken. Wir sollen jagen." Weizenpfote sah sie aus müden Augen an. "Jetzt?" "Ja, jetzt. Schwarzstreif ist anscheinend aufgewacht und könnte einen Fuchs verspeisen! Also komm schon, wir dürfen keine Zeit verlieren!" Sie zwinkerte ihren Bruder verschwörerisch zu. Fleckenpfote zuckte bei der Erwähnung von Schwarzstreif mit den Ohren und schaute verschlafen auf. "Was ist los?" "Nichts! Wir gehen nur etwas trainieren! Schlaf jetzt einfach weiter, Flecki." Der gefleckte legte sich wieder schlafen. Die zwei Geschwister verließen zusammen das Lager. "Lass mich raten, du hast mich geweckt, damit ich für uns beide jage und du dich davonschleichen kannst?" Weizenpfote sah seine Schwester vielsagend an. "Vor dir kann ich einfach kein Geheimnis haben. Du hast was gut bei mir. Wenn du ihn wieder besuchst, werde ich dich dafür decken." "Woher weißt du-" "Psst, mein lieber Bruder. Wir kennen uns halt zu gut. Wir können einfach kein Geheimnis gegenüber den anderen haben.” Spechtpfote hielt kurz an und schaute den Mond an. Weizenpfote folgte ihren Blick. "Das ist schon ein komischer Zufall, findest du nicht? Wir müssen jedenfalls sehr gut aufpassen. Benimm dich bei der nächsten Versammlung unauffällig und stell ihn mir vor. Das ist wohl das mindeste, was du tun kannst, Schwersterherz." Spechtpfote sah ihren Bruder an. "Natürlich. Du musst mich dann aber auch vorstellen. Ich will immerhin auch wissen, wer dein Herz gestohlen hat!" Er murmelte etwas unverständliches, ehe er das Thema wechselte. "Ich geh dann mal jagen, beeil dich und lass mich nicht die ganze Nacht alleine Jagen, hörst du?" Vergnügt sprang er in die Nacht davon. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)