Ruf der Sterne von Wolfsfeuer ================================================================================ Kapitel 1: Von Schülern, Mentoren und Anführern ----------------------------------------------- Schwarzstreif lag auf seinem gewohnten Platz, nahe der Barriere auf der festgetretenen Erde und ein paar Nadeln der hiesigen Bäume, im hintersten Eck des Lagers. Allein. In Ruhe. So wie er es mochte: Abseits von allen anderen. Trotz seiner geliebten Einsamkeit und die Versuche, alles um sich herum auszublenden, bemerkte er sie. Die Blicke. Er hatte schon viele Blicke geerntet. Neugierige, verwirrte, oftmals auch wütende, beleidigte, überforderte und natürlich auch mitleidige. Wie er diese ganzen Blicke hasste. Er wollte nur von allen in Ruhe gelassen werden. Mehr verlangte er doch gar nicht. Er war noch in seinen Gedanken versunken, als ein kleiner Kater auf ihn zu rannte. Schwarzstreif merkte die schnellen Schritte, die immer näher kamen. Er musste nicht einmal aufschauen um zu wissen, wer es war. "Schwarzstreif!" hörte der Angesprochene den schwarz-weiß gefleckten Kater rufen. Fleckenpfote. Der junge Schüler war wohl die einzige Katze die ihn mochte. Als der Krieger aufsah, bemerkte er sie natürlich. Die Blicke. Besonders die der Jungen fielen ihm immer wieder auf. Die kleinen, verwirrten, ängstlichen, verunsicherten Blicke. Natürlich ist sich Schwarzstreif bewusst, dass sich Jungen sich gerne als Mutprobe an ihn heranschlichen und wer am weitesten kam, derjenige hätte gewonnen. Manchmal waren auch die Dümmeren dabei, die versuchen würden ihn zu berühren, was aber immer gewisse Folgen für diejenigen hätte. Die Königinnen ermahnten sie zwar immer, aber das konnte natürlich kein nerviges, verwöhntes, kleines Energiebündel aufhalten. Schwarzstreif ließ vorallem diejenigen nicht näher kommen. Die kleinen, die auf ihre Mütter hörten, gestattete er immer eine Mauslänge näher zu kommen, aber sie blieben doch alle mehrere Fuchslängen entfernt. Die Schüler trauten sich dieses Spiel nicht mehr und waren Fleckenpfotes Nähe zu ihm gewöhnt, aber es verwunderte sie trotzdem jedes mal. Die meisten wendeten peinlich berührt oder auch nur ängstlich den Blick ab, wenn Schwarzstreif in ihre Richtung schaute. Nur die Jungen nicht. Die versteckten sich meistens hinter ihren Müttern. Auch dieses Mal. Meistens schaute er den Jungen noch nach bis die Königinnen ihrem Instinkt folgten und ihm wütende Blicke zuwarfen. Die mochte er am meisten. Sie waren nicht so mitleidig und er fühlte sich dadurch auch nicht wie jemand, der einem gleich an die Kehle sprang, wenn man etwas falsch machte. Diese wütenden Blicke der Mütter waren einfach... normal, natürlich... ehrlich. Nur diesesmal sah er ihnen nicht hinterher. Der Grund war ein bestimmtes Junges, dessen Namen ihm allein schon einen Schauer über den Rücke hinunter laufen ließ. Er hasste es. Ihre Mutter, Grauherz, wusste das natürlich und fühlte sich schuldig, da sie es teilweise nachvollziehen konnte. Grauherz legte schnell ihren flauschigen, schwarz-grau-weißen Schweif um das Junge, um jeglichen Sichtkontakt zwischen Windjunges und Schwarzstreif zu vermeiden. "Schwarzstreif, ich habe heute ein Eichhörnchen gefangen! Ich weiß das du Wühlmäuse bevorzugst, aber ich konnte keine aufspüren." Fleckenpfote sah enttäuscht zur Seite, fing sich aber gleich wieder. "Wollen wir uns das Eichhörnchen teilen?", fragte er hoffnungsvoll, den großen, weißen Kater, der nun aus seinen Gedanken gerissen wurde. Nun fokussierte er wieder den fröhlichen Schüler. Schwarzstreif zuckte nur einmal kurz mit den Ohren, um zu signalisieren, dass es ihm egal sei. Dies fasste Fleckenpfote als Bestätigung auf und er holte schnell sein Eichhörnchen, bevor ihm irgendjemand zuvor kommen konnte. Schwarzstreif bemerkte noch, wie sich aus seinem Augenwinkeln ein grauer Kater auf den Frischbeutehaufen zu bewegte und drehte ruckartig den Kopf, um Sturmkralle, den zweiten Anführer und Mentor von Fleckenpfote zu sehen. Der humpelnde Kater war zwar auf seinen Schüler fokussiert, bemerkte allerdings Schwarzstreifs Blick und zuckte mit seinem Schweif kurz als Gruß. Nun hatte auch Fleckenpfote seinen Mentor bemerkt und kam, mit einem Seitenblick auf seine Beute, seinem Mentor ein paar Schritte entgegen. Bevor dieser allerdings zu Wort kommen konnte, sprang Pinienstern auf die große Silbertanne, die oberhalb des Anführerbaues lag. "Ich rufe alle Katzen, die alt genug sind, um sich in der Nacht geräuschlos anzuschleichen, auf, sich für ein Clantreffen zu versammeln!" In Piniensterns Stimme hallte sein Alter wieder. Langsam kam Bewegung in den Clan. Selbst Schwarzstreif näherte sich langsam der Masse, lag sich aber mit einigem Abstand auf den von vielen Katzengenerationen festgetretenen Boden nieder und ging seinen eigenen Gedanken nach. Früher oder später würde er sowieso erfahren, um was es gegangen sei. Wenn irgendein Fuchs gesichtet worden war, flößte Sturmkralle ihnen das vor den Patrouillen ein. Wenn ein Schüler zum Krieger wurde, ertönten von allen Seiten die Jubelrufe des Clans. Genau das Gleiche passierte auch bei einer Schülerzeremonie. So oder so würde Fleckenpfote ihm dann mit dem Thema in den Ohren hängen und so war es nicht nötig zuzuhören. Als er allerdings geschocktes Einatmen seitens seiner Kameraden und verwirrtes Maunzen der jüngeren Clanmitglieder hörte, wurde er langsam neugierig, aber immer noch nicht genug um aufzusehen. Er schreckte auf, als eine Pfote sich grob in seine Seite stieß. Wütend sprang er auf und knurrte denjenigen an, dem die Pfote gehörte. Stachelherz sah ihn aber nur ebenso wütend an und wies ihn mit einem Zucken seiner Ohren auf Pinienstern und die gesamte Masse hin, die ihn verängstigt musterte. "Du bist gerade Mentor geworden, also beweg' dein faules Hinterteil nach vorne, bevor dein Schüler anfängt zu weinen", raunte Stachelherz ihm mit der gewohnten, hasserfüllten Stimme zu, bevor er sich in Fleckenpfotes Nähe setzte. Dieser rückte ein wenig näher an seinen Mentor heran, nicht sicher was er von Stachelherz halten sollte. Der werdende Mentor setzte sich langsam und geschockt auf und ging langsam nach vorne. Schwarzstreif musterte noch einmal jedes Gesicht beim Vorbeigehen. Besonders Grauherz', die sich hinter ihrem Gefährten Mohnpelz versteckte, der sich schützend vor ihr aufbaute, als würde Schwarzstreif gleich auf sie losgehen, fiel ihm ins Auge. Vorne angekommen erstarrte er vor Schreck. Alle Instinkte in ihm rieten ihm, so schnell wie möglich wegzulaufen und nie wieder zurück zu kehren. Hoffnungsvoll sah er sich noch nach Weißjunges um, aber dieser war anscheinend gerade Heilerschüler geworden. Weißjunges, oder besser gesagt Weißpfote, der graue Kater mit dem schwarzen Muster und weißem Bauch und Schnauze, mit den auffallend weißen Pfoten, saß direkt neben Amselschwinge, wobei Schwarzstreif sich insgeheim fragte, wie Amselschwinge den jungen Kater wohl zum Heiler ausbilden wollte. Dies ließ nun keine Zweifel mehr übrig, aber er klammerte sich noch an den kleinen Hoffnungschimmer, dass vielleicht noch ein anderes Junges zum Schüler wurde, obwohl das Älteste von ihnen gerademal vier Monde alt war. Aber den alten Pinienstern, der sein achtes Leben vor einem halben Mond bei einen Kampf gegen eine Bachclan Patrouille verloren hatte, traute Schwarzstreif wirklich alles zu. "Ähm… Hallo, ich bin Windpfote und du musst dann mein Mentor Schwarzstreif sein, oder?", meldete sich eine unsichere, zurückhaltende Stimme. Schwarzstreif schenkte ihr nur einen kurzen Blick, ehe er den Augenkontakt mit Pinienstern suchte. Dieser nickte nur knapp um zu signalisieren, dass Windpfote Recht hatte. Er wandte sich zu seiner Schülerin zurück und senkte widerwillig den Kopf, damit Windpfote seine Nase mit der ihren berühren konnte. Während des ganzen Prozesses vermied Schwarzstreif den Blickkontakt bewusst. Er wusste wie hartnäckig der alte Anführer war und das es keinen Sinn hatte zu widersprechen. Trotzdem hieß Schwarzstreif diese Entscheidung alles andere als gut. Innerlich kämpfte er noch dagegen an. Zögerlich kamen die Zurufe des Clans für die beiden neuen Schüler und Fleckenpfote kam aufgeregt auf ihn zu gerannt. "Jetzt können wir vier ja zusammen trainieren! Schwarzstreif, du hast mir ja gar nicht erzählt, dass du Mentor wirst!", maunzte Fleckenpfote aufgeregt. "Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich jetzt garantiert kein Nachtclan Krieger mehr. Aber noch ist es nicht zu spät, ich kann mich immernoch dem Gewitterclan anschließen, Birkenblatt schuldet mit noch etwas, oder ich werde Einzelläufer, oder..." Fleckenpfote drehte sich zu Windpfote um und sagte mit halb gespielter Eifersucht in der Stimme: "Ich wünschte ich wäre an deiner Stelle. Du hast echt ein Glück, dass Schwarzstreif dein Mentor ist." Windpfote sah beschämt zur Seite, nicht sicher was sie darauf erwidern sollte. Schwarzstreif war noch in Gedanken versunken, als Sturmkralle sich zu der kleinen Gruppe gesellte und auf die Worte seines Schülers erwiderte: "Bin ich so ein schlechter Mentor?" Darauf warf Fleckenpfote Sturmkralle einen verunsicherten, aber entschuldigenden Blick zu. "War nur ein Scherz. Jeder weiß doch, wie sehr du an Schwarzstreif hängst", sagte der graue Kater mit einem belustigten Blick auf Schwarzstreif. Der dagegen trat aus der kleinen Gruppe und ließ seine Schülerin verunsichert zurück. "Egal was ich mache, Fleckenpfote wird mir folgen und wenn ich mich für ein Leben außerhalb der Clans entscheide, habe ich ihn ein Leben lang am Hals. Und was zu viel ist, ist zu viel. Bei einem Leben in einem anderen Clan wird Fleckenpfote mir nur noch mehr auf die Pelle rücken, ich habe wohl keine andere Wahl", mit diesen Gedanken trottete er langsam auf eine bestimmte Katze zu. Schwarzstreif näherte sich langsam Grauherz und Mohnpelz. Diese hatten ihn die ganze Zeit genau beobachtet und nahmen sofort eine Verteidigungsposition ein. "Grauherz, auf ein Wort", sagte der große Kater knapp. Im Vorbeigehen fügte er noch ein "Ihr wird nichts zustoßen", zu Mohnpelz hinzu. Die Angesprochene tapste ihm langsam und mit unsicheren Schritten nach und warf ihrem Gefährten immer wieder Blicke zu. Als sich Schwarzstreif mit dem Rücken zu ihr hinsetzte, begann diese zu schluchzen. "Es… es tut mir so Leid Sch-Schwarzstreif, we-wenn ich nur gewusst hatte, das-das-", weiter kam sie nicht, da der Kater ihr das Wort abschnitt. "Du weißt, dass du nicht an dem ganzen Schlamassel Schuld bist. Du hättest nichts gegen Piniensterns Dickschädel tun können", sagte dieser mit überraschend fester Stimme. Er vermied es trotzdem, ihr ins Gesicht zu schauen und fokussierte stattdessen Stachelherz, der, wie so oft, versuchte eine Bindung zwischen sich und Fleckenpfote aufzubauen. Als dieser den Blick bemerkte, zog er die Lippen zu einem tonlosen Fauchen zurück. Schwarzstreif zuckte nur mit den Ohren um zu zeigen, dass es ihm egal sei. Stachelherz dagegen wurde hingegen nur noch wütender und schlich angewidert davon. "Mach dir keine Sorgen, ich weiß dass sie nicht Windpfote ist", flüsterte er traurig, "Keine Sorge, ich werde aufpassen, das ihr nichts zustößt." Grauherz blickte überrascht auf. "D-Danke", war das einzige was sie herausbrachte. Hosted by Animexx e.V. 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