fünfundzwanzig von Ur (less of earth in them than heaven) ================================================================================ Kapitel 6: #17 - Einsamkeit (Tabris) ------------------------------------ Yaran Tabris seufzte. Sie fuhr sich mit der Hand über die Stirn, um etwas Schweiß fortzuswischen und begann dann leise, eine alte Melodie zu singen, die ihre Mutter ihr früher vorgesungen hatte, wenn Yaran nicht schlafen konnte. Es war eine süße, besänftige Melodie und sie schien nicht recht zu den bedrückenden Steinwänden zu passen, die Yaran ringsum umgaben. Hier unten in den Deep Roads gab es oftmals keinerlei Geräusche. Einerseits war das eine gute Sache, denn es bedeutete, dass keinerlei riesige Spinnen oder Dunkle Brut sich ihr näherte, andererseits presste die Stille auch auf ihre Ohren und schien in ihr Innerstes dringen zu wollen. Sie erinnerte sich reuevoll daran, wie sie monatelang keine ruhige Minute gehabt hatte, weil es an jeder Ecke einen Überfall, in jedem Dorf hilfsbedürftige Menschen und jeden Abend im Camp Streitereien gegeben hatte – sei es nun über Pläne, wie man den Erzdämonen besiegen könnte hin zu Rangeleien über den besten Schlafplatz oder das letzte bisschen Eintopf. Es schien eine Ewigkeit her zu sein, dass Yaran sich einen Augenblick der Ruhe gewünscht hatte. Nur eine Minute der Stille, um durchzuatmen, die Augen zu schließen und für einen Wimpernschlag zu vergessen, dass das Schicksal des Landes auf ihren Schultern ruhte. Und jetzt? Jetzt fraß die Stille an ihrem Herzen und sie wünschte sich Stimmengewirr zurück. Sie wollte mit ihren Freunden darüber streiten, ob es den sechsten Abend in Folge denselben Eintopf geben sollte, sie wollte mit Wynne Geschichten über Magie austauschen. Sie wollte mit Leliana lachen und tanzen, mit Morrigan über Männer lästern, mit Shale auf Menschen schimpfen und Anekdoten von Zevran lauschen, die er über sein früheres Leben bei den Crows zu berichten hatte. Yaran war so einsam, dass sie sogar Alistairs und Morrigans dauerndes Gestichel vermisste, wenn die beiden sich zu nahe kamen. Dass es jemals dazu kommen würde, hätte sie nicht gedacht. Die Welt war gerettet, ihre Freunde hatten sich im Wind verstreut und waren ihre eigenen Wege gegangen und Yaran… Yaran hatte nun nur noch das letzte Ziel vor Augen: Sich selbst zu retten. Dass dieses Vorhaben dermaßen einsam werden würde, hätte sie nicht gedacht. Sie hörte auf zu summen, lauschte in die Dunkelheit hinein und versuchte das Pochen unter ihrer Haut zu ignorieren, das sie nun schon viel häufiger spürte als früher. Die dunklen Flecken, die sich auf ihrer Haut auftaten, hießen, dass Yaran nicht mehr so lange Zeit haben würde, wie sie gehofft hatte. Der Ruf der alten Götter hatte sie eingeholt und wenn sie Leliana und vielleicht auch ihre anderen Freunde jemals wieder sehen wollte, musste sie ein Heilmittel finden. Mit schmerzenden Gliedern und trockener Kehle richtete Yaran sich auf. Schaudernd stellte sie fest, dass sie beinahe froh über die überirdische Musik in ihrem Kopf war, die nach ihr rief – froh, weil sie mit diesen Stimmen in ihren Gedanken nicht ganz so allein war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)