Shinri - Another Story von Yumiko_Youku ================================================================================ Kapitel 2: Zweites Kapitel -------------------------- „Guten Morgen, Shinri.“, weckte Nori gut gelaunt die Erdbändigerin. „Morgen.“ Mit einem Schwung erhob sich das Mädchen und sah sich um. Die beiden Straßenkinder hatten für diese Nacht in einer verlassenen Fabrik Zuflucht gesucht, welche bald abgerissen werden sollte. Aber für diese Nacht hatte sie ihren Zweck erfüllt, hatte die Beiden vor Regen, Wind und Wetter geschützt und das war alles was zählte. Vielleicht könnten sie das Gebäude nutzen, bis es schlussendlich vom Angesicht Republica verschwand. Es war praktischer und geräumiger, als die improvisierten Steinzelte, die sich Shinri gebändigt hatte, wenn sie hatte im Freien übernachten müssen. „Jaaa. Dir auch einen wunderschönen guten Morgen, Raku.“, begrüßte Nori die Wolfskatze, welche ungeduldig auf ihre Streicheileinheit wartete und diese auch von dem schwarzhaarigen Mädchen bekam, während es die Dosen vor der Tür überprüfte, mit welcher sie das Regenwasser abgefangen hatten. In der Nacht war einiges zusammen gekommen. Nori füllte die Flüssigkeit um, während sie der Erdbändigerin ihren Rücken zugedreht hatte. „Hier bitte.“ Sie reichte Shinri eine Tasse, so als sei es warme Milch mit Honig und nicht gammeliges, vermutlich von den Gasen der Stadt verpestetes Regenwasser. Zumindest war ihr Lächeln Honig süß. Als Shinri die Tasse entgegen nahm, sog sie überrascht den Geruch durch die Nase ein. Zu ihrem Erstaunen war das Wasser heiß und roch nach frischen Kräutern. Sie sah Nori an, welche lächelte. „Ich dachte ein Tee am Morgen tut gut.“ Shinri erwiderte das Lächeln. „Bestimmt.“, meinte sie zustimmend, ehe sie einen langsamen Schluck tat. Der Tee schmeckte köstlich und es war egal, dass sie ihn aus einer völlig kaputten Tasse trank. Guter Tee war immer köstlich, egal ob man ihn aus einer Tasse aus Porzellan trank, oder aus einem alten Blecheimer. Nori setzte sich im Schneidersitz Shinri gegenüber auf den Boden und entzündete etwas Reissig, welches sie gesammelt hatte, ehe das andere Mädchen aufgewacht war. „Du bist also eine Feuerbändigerin.“, stellte Shinri nüchtern fest. „Genau.“ Nori nickte und lies einige Flammen aus ihren Fingern züngeln. „Angeberin.“, schellte Shinri grinsend und Nori zuckte mit den Schultern. „Aber praktisch ist es auf jeden Fall.“, musste die Erdbändigerin zugeben, ehe sie einige aus dem Putz gebrochene Stücke von Boden bändigte und damit Raku auf die Nerven ging, indem sie die Steinchen wie Meteoriten in seiner Nähe abstürzen lies. „Du kannst also auch bändigen.“ Shinri nickte. „Das ist cool.“ Nori lehnte sich etwas vor und grinste. „Das beweist es. Wir sind ein tolles Team.“ „Dream Team.“, erwiderte Shinri grinsend und merkte jetzt erst, wie ungewöhnlich es war, dass sie beiden sich nach wenigen Stunden schon so nahe standen, dass sie sich als Team bezeichnen konnten. Das bewies doch, dass das Mädchen plante an ihrer Seite zu bleiben. Raku´s empörtes Maunzen brachte beide zum Lachen. „Du bist natürlich auch Teil des Teams. Glaub nicht, dass wir dich vergessen haben.“ Dafür gab es extra Streicheleinheiten für die Wolfskatze, während die Bändigerinnen den Tee genossen. Es war bereits Mittag, das konnte Shinri am Stand der Sonne erkennen, als die beiden Mädchen die Fabrik verliesen, um etwas Essbares aufzutreiben. Sie schlenderten nebeneinander, Raku auf Shinri´s Schulter, durch die Straßen Republica´s und kundschafteten die Lage aus. Ehrlich gesagt, war die Erdbändigerin das Stehlen leid. Aber was sollte sie tun? Sie würde gewiss niemand einstellen und die Jobs der Triaden waren meistens auch nie sonderlich... nobel und legal. Nori schien bemerkt zu haben, dass etwas in dem Mädchen vorging, denn sie lehnte sich etwas vor und sah ihr direkt ins Gesicht. „Was ist los?“, fragte sie und ein besorgter Unterton schlich sich in ihre Stimme. Sie schien sich wirklich Gedanken zu machen. „Ach...“. begann Shinri, „Es ist nur so... Stehlen ist nicht so mein Ding... Also ich meine....“ Sie hob den Blick und bedachte die Feuerbändiger mit einem kurzen Blick, „Ich bin nicht so für Kriminalitäten...“ Nori blieb stehen und sagte nichts. „Verstehe.“, meinte sie nach einer Weile. Als Shinri schon dachte, sie habe sie verärgert oder irgendwie verstimmt, packte die Schwarzhaarige sie unerwartet an den Händen. „Ich weiss was du meinst. Lass uns etwas anderes versuchen.“ „Eh?“ „Komm.“ Im Rennen, klaubte sich Nori eine alte Dose aus einem Mülleimer, ehe sie am Straßenrand in einer geschäftigen Einkaufstraße stehen blieb. Sie räusperte sich hörbar, ehe sie die Stimme erhob: „Meine Damen und Herren. Treten Sie näher und staunen Sie.“ Shinri blinzelte irritiert und auch Raku legte den Kopf schief. „Wohnen Sie den einer Show bei, die heiß wie Feuer und mächtig wie die Erde ist und staunen Sie über die Tricks der mutigen Wolfskatze Raku.“ Jetzt verstand die Erdbändiger. Nori versuchte eine Art Zirkusperformance aufzuziehen. Etwas Vorbereitung wäre nicht schlecht gewesen und die plötzliche Aufmerksamkeit, die sie nun bekamen, war ihr selbst etwas unangenehm. Sie atmete tief durch und versuchte sich nichts anmerken zu lassen, ehe sie eine Art Bühne aus der Erde bändigte, auf der die Drei zum Stehen kamen. Dann gab es noch einen kleinen Podest für Raku. Nori lies einen Kreis aus Feuer erscheinen und Shinri einen zweiten Podest, sodass die Wolfskatze durch den Ring, auf das zweite Podest sprang. Einige Kinder, die stehen geblieben waren, applaudierten begeistert. Shinri fügte dem Feuerring einige Steine hinzu, ehe Raku den Blick wiederholte. Wieder erhob sich höflicher Applaus. Nori bedankte sich und machte eine elegante Verbeugung. „Vielen Dank.“ Sie richtete sich wieder auf. „Und nun...“ Sie holte einen kleinen Apfel aus ihrer Tasche, entfernte sich von Shinri und drehte Richtung Publikum, ehe sie den Apfel vorsichtig auf ihren Kopf legte. „Wird Shinri diesen Apfel aus dieser Entfernung mit einem einzigen Schuss treffen und von meinem Kopf schießen.“ Werde ich das?, dachte die Erdbändigerin bei sich und blinzelte kurz unsicher Richtung Publikum. Nori nickte ihr aufmunternd zu, dann drehte sie ihr den Rücken zu und breitete beide Hände aus. Shinri atmete unmerklich durch und bändigte einen Stein aus der Erde, der etwa so groß war, wie die Hälfte ihrer Faust. Sie betrachtete das schwarzhaarige Mädchen. Wenn sie daneben traf. Bestenfalls verrenkte sie ihr den Rücken und schlimmstenfalls erwischte sie sie am Kopf. Einige aus der Menge wurden unruhig. Shinri lies den Stein um ihren gen Himmel gestreckten Zeigefinger kreisen, ehe sie wie mit einer Pistole auf den Apfel deutete und der Stein zeitgleich auf die Feuerbändiger zu flitzte. Mit einem dumpfen Laut drang der Stein in das Obst ein und dieses fiel vom Kopf der Schwarzhaarigen. Die Menge applaudierte. „Danke, meine Damen und Herren, aber das war noch nicht alles.“, behauptete Nori. „Shinri, darf ich bitten?“ Sie bedeutete ihr eine Wand aus Stein hinter sie zu bändigen. Wieder stellte sie sich mit ausgestreckten Armen hin. „Nun wird Shinri gefährliche, steinerne Klingen auf mich abfeuern, aber seien Sie unbesorgt, Sie wird mich nicht treffen.“ Nori lächelte und nickte dem anderen Mädchen zu. Aus ihrem Blick sprach tatsächlich vollstes Vertrauen, musste Shinri feststellen. Sie atmete erneut tief durch und formte fünf Klingen aus Stein. Sie lies sie über ihrer linken Hand schweben, ehe sie eine nach der anderen mit der rechten Hand auf das schwarzhaarige Mädchen sausen lies. Tatsächlich blieben alle improvisierten Klingen in der Steinwand stecken. Der Applaus wurde noch lauter. Erleichtert atmete Shinri tief aus und verbeugte sich gemeinsam mit Nori, als diese zu ihr getreten war und sie an der Hand genommen hatte. Sie konnten hören, wie einige Münzen in die Dose geworfen wurden. Doch damit war, Noris Meinung nach, die Show noch nicht vorbei. Sie entfernte sich wieder von Shinri und Raku und legte ihre Handflächen aneinander. Langsam verbeugte sie sich, ehe sie bedächtig beide Hände nach oben streckte und einen Feuerstrahl in den Himmel entsandte. Dann beschrieb sie mit ihren Armen einen Boden und tat dasselbe erneut. Dann begann sie ihre Beine zu bewegen und tänzelte elegant über die Bühne. Shinri konnte nicht anders als staunend hinzusehen und den Zuschauern erging es nicht anders. Wie flüssig und gleichzeitig kraftvoll die Bewegungen den schwarzhaarigen Mädchens waren und zu jeder Bewegungen gab es einen passenden Feuerstoß. Dieser Tanz war erschreckend, erhitzend, erstaunlich und dennoch einfach wunderschön. Das Feuer war passend in jede Bewegung eingebaut und brannte scheinbar auch in den Adern der tanzenden Bändigerin. Es war geradezu hypnotisch und niemand konnte sich diesem Bann entziehen. Unerwartet nahm Nori Shinri plötzlich an den Händen und begann mit ihr über die Bühne zu tanzen. Verzweifelt versuchte die Erdbändigerin nicht über ihre eigenen oder Noris Füße zu stolpern. Tanzen war echt nicht ihr Ding und das würde es auch nie sein. Dennoch schaffte es Nori irgendwie, dass es nicht völlig verboten aussah, denn die Menge klatschte begeistert. Dann lies die Feuerbändigerin die Erdbändiger los und sie legten ihre beiden Handgelenke aneinander, ehe sie sich umkreisten. Dieser Teil des Tanzes ähnelte mehr einem Kampf und einigen Bändigerbewegungen aus allen vier Nationen, ohne dass die beiden Mädchen wirklich bändigten. Doch diese Bewegungen waren Shinri vertraut und sie passte sich bald dem Rhythmus Noris an. Als sie zum Stehen kamen, applaudierte die Menschenmasse, die sich gebildet hatte. Die beiden Mädchen verbeugten sich, schwer atmend, aber grinsend. Am Ende klimperten tatsächlich einige Yuan in der Dose und sogar ein paar Scheine befanden sich darunter. Nori´s Vorstellung musste wohl einiges an Aufsehen erregt haben. Kaum waren die beiden Mädchen um die nächste Ecke gebogen, wurde Nori rot. „Herrje, war das peinlich.“ Shinri sah sie an. „Dir war das peinlich?“ Die Feuerbändigerin nickte. Die Erdbändigerin grinste schief. „Dafür hast du das aber gut überspielt. Mir haben die ganze Zeit über die Knie geschlottert.“ Raku bettelte solange, bis das Mädchen ihn auf den Arm nahm. „Aber... gegen Ende war es sogar beinahe...spaßig.“ Nori lächelte. „Stimmt. Und jetzt...“ Sie schüttelte das Geld in ihre Hand. „Gehen wir was Feines Essen.“ Gemeinsam gingen die beiden in ein kleines Lokal am Rande Republicas. Es war nicht völlig heruntergekommen, aber auch nicht so schick, dass sie fürchten mussten, schon vom Keller heraus geschmissen zu werden. Die bekamen einen Tisch in einer stillen Ecke und genau am Fenster. Sie bestellten sich etwas zu Trinken und während sie auf ihr Hauptgericht warteten, bekam Raku sogar eine kleine Schale Fleisch und eine mit Wasser. „Sag mal...“, fragte Shinri nach einer Weile in die Stille hinein, „Was sollte das eigentlich mit dem Apfel und den Messern?“ „Mh?“ Nori hatte die ganze Zeit aus dem Fenster gesehen und wandte ihren Blick nun der Erdbändigerin zu. „Ich hätte dich treffen können.“, meinte diese. Die Feuerbändigerin lächelt unbekümmert. „Ich habe darauf vertraut, dass du den Apfel triffst und nicht mich.“ Ein verschmitzter Ausdruck machte sich auf ihrem Gesicht breit, „Ich habe es jedenfalls gehofft.“ Shinri blinzelte kurz, ehe sie in lautes Gelächter ausbrach und Nori schloss sich ihr an. Einige der wenigen Gäste sahen sie empört an, sodass sie sich mit leisem Kichern begnügten, ehe sie laut durchatmeten und sich angrinsten. „Alles klar. Wenn das kein Vertrauensbeweis ist.“ „Hast du noch einen Beweis gebraucht?“, fragte Nori schelmisch. Der Kellner kam und brachte beiden Mädchen ihre Reisteller. „Ich wünsche den Damen einen guten Appetit.“ „Danke.“ Mit diesen Worten lies er die Mädchen alleine. Nori lächelte Shinri an. „Das haben wir uns jetzt aber redlich verdient.“ „Schätze schon. Lass es dir schmecken.“ „Und ob ich das werde. Du dir auch.“ In einem wahnsinnigen Tempo gelang es beiden Mädchen die Teller völlig zu leeren und dem Eis, welches es als Nachtisch gab, erging es auch nicht besser. Sie lehnten sich in ihren Stühlen zurück und Shinri legte beide Hände auf ihren Bauch. „Puh.“, machte sie, „Das war wahnsinnig lecker.“ „Stimmt.“ Die Erdbändiger legte den Kopf schief, sodass sie unter den Tisch schauen konnte. „Und bei dir auch alles klar, Raku?“ Dieser blickte auf und maunzte kurz. „Das heißt sicher ja.“, behauptete die Feuerbändiger. „Klar.“, bestätigte Shinri. Der zufriedene Ausdruck auf dem Gesicht der Wolfskatze sprach Bände. Nori bezahlte die Rechnung und gab sogar noch ein Trinkgeld dazu, dann verliesen die drei das Lokal. Das Klirren einer zerspringenden Fensterscheibe lies die Drei herumfahren. Das Schaufenster des Ladens nur wenige Meter entfernt war eingeschlagen worden und ein älterer Mann wurde von drei finster aussehenden Typen bedroht. Sofort machte Shinri mit Raku auf der Schulter kehrt, um den alten Mann zu Seite zu stehen und zu ihrer geminderten Überraschung folgte Nori ihr auf dem Fuße. „Lasst ihn in Ruhe!“, rief das schwarzhaarige Mädchen, als sie zum Stehen kam. Die drei Männer wandten sich den Neuankömmlingen zu. „Sonst was, Kleine? Seht lieber zu, dass ihr verschwindet, wenn ihr keinen Ärger wollt.“ Der Größte von ihnen schlug die rechte Faust in seine flache Hand. „Könnte sonst ziemlich unangenehm werden, ihr Süßen.“ Die beiden anderen traten vor. Einer von ihnen bändigte eine Flamme in seine Hand, der andere lies die Fingerknöchel knacken. Die Mädchen bewegten sich nicht vom Fleck. „Ich glaube ihr wisst nicht, mit wem ihr es zu tun habt.“, meinte der Anführer der Schläger, „Wir sind Mitglieder der Agni Kai Triade.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)