Ein Floh für alle Felle von Hotepneith (Zwei Hundebrüder, Vaters Testament und ein Flohgeist) ================================================================================ Prolog: -------- Der kleine Flohgeist blieb für einen Moment irritiert stehen – eine Tat, die er unverzüglich durch einen weiten Satz korrigierte, da er feststellte, dass der Boden hier de facto heiß war. Ein Besuch an diesem Ort war im wahrsten Sinne des Wortes ein Freundschaftsdienst. Wer außer einem verrückten Schmied konnte es hier aushalten? Aber, was Myouga zum Stillstand gebracht hatte, war das lautstarke Jammern aus dem uralten Skelett gewesen, dass Toutousai als Wohnung und Werkstatt diente. War seinem Freund etwas zugestoßen? Aber wer konnte, wer sollte ihm etwas antun? Nun ja, wenn man von dem ältesten Welpen des verstorbenen Herrn absah. Sesshoumaru hatte schon einige Male versucht Toutousai umzubringen, oder zumindest ihn zu zwingen ein Schwert zu schmieden. Das war aber schon länger her. Seit der junge Hund sein eigenes Schwert, Bakusaiga, hatte, wirkte er geradezu zufrieden. Nun ja, wenn ein ehrgeiziger, mächtiger, junger Dämon das je sein konnte. Der Flohgeist sprang an den Beginn der Wohnhöhle, das, was einst das Maul eines riesigen Fisches gewesen war. Selbst er wusste nach all den Jahrhunderten der Bekanntschaft nicht, wie das in diese vulkanische Gegend gelangt war. Toutousai behauptete, er habe es vergessen. Nun ja. Das mochte stimmen oder auch nicht. Der alte Schmied hockte auf dem Boden vor einem Haufen trockener Zweige, neben sich eine Matte, in der einen Hand etwas, das wie ein Brief aussah. Mit der Anderen raufte er seine schütteren Haare. Das Schmiedefeuer brannte unbeachtet in seinem Rücken. „Ich Ärmster! Ich Elender! Was mache ich nur?“ nahm er seine Klagen erneut auf. „Äh, Toutousai?“ Der dämonische Schmied fuhr herum und erkannte seinen winzigen Besucher. „Myouga! Dich schickt … was weiß ich wer! Ich brauche deine Hilfe!“ „Aha.“ Der Flohgeist wurde vorsichtig. „Geht es um Sesshoumaru? Oder Inu Yasha?“ Toutousai streckte wortlos den Brief hin. Myouga erkannte eine ungelenkte Handschrift. „An meine Söhne.“ Ganz offensichtlich hatte der Schreiber erst als Erwachsener die schwierige Kunst gelernt. In dem Geist stieg ein ungeheuerlicher Verdacht auf. „Das … das ist doch von dem verstorbenen Herrn?“ Und da Toutousai nur nickte: „Unsinn! Das bildest du dir nur ein! Wir alle wurden doch Zeugen seines schrecklichen Endes, gleich nachdem Inu Yasha geboren wurde. Woher hätte er also die Zeit nehmen sollen da noch einen Brief zu schreiben! Und vorher konnte er doch nicht wissen, dass er zwei Söhne haben würde!“ Erleichtert wollte der alte Flohgeist durchatmen, als ihm ein anderer grauenhafter Gedanke kam. „Sag mir jetzt nur nicht, dass er mir, seinem treuen Berater, verbarg, dass er noch einen Sohn hatte!“ „Nein, nein! Es ...“ Toutousai legte den Brief behutsam auf die Zweige vor sich, ehe er tief seufzte. „Der Herr kam zu mir, ehe er gegen Ryuukossusei in den Kampf zog und gab mir diesen Brief. Ich … ich sollte ihn den Beiden geben, wenn der Jüngere volljährig geworden wäre. Er war sich wohl sicher, dass das auch ein Junge werden würde.“ „Ach, und wenn nicht?“ Dieser optimistische alte Hund! „Überhaupt, Toutousai, wie konntest du das vergessen?“ „Naja, du weißt es doch … Er war tot, und wir hatten alle Hände voll zu tun: So´unga versiegeln und in den Brunnen werfen, Tenseiga Sesshoumaru irgendwie zukommen lassen, Tessaiga in der schwarzen Perle und Inu Yasha versiegeln. Zu all dem kam doch die Trauer. Ich hatte den Brief gleich versteckt. Bis zur Volljährigkeit Inu Yashas wäre es immerhin eine ganze Weile hin. Und da war dann die ganze Aufregung mit Tessaiga, Inu Yasha steckte dauernd in Problemen, Sesshoumaru wollte unbedingt ein anderes Schwert von mir, ich musste Tenseiga umschmieden … Erst seit er Bakusaiga hat ist er ruhiger geworden und Inu Yasha durch Kagome. Na ja, dann nahm ich mir mal eine Auszeit von den Chaotenbrüdern und wollte auch mal wieder mein Bett machen.“ Myouga starrte auf den Asthaufen vor Toutousai, dann auf die Strohmatte. „Aha“, machte er nur. Er konnte durchaus nachvollziehen, dass man mal etwas vergaß, zumal auch ihm die Hundebrüder regelmäßig die letzten Haare grau färbten, aber das offenkundige Testament des Herrn?! „Und, was willst du jetzt machen?“ fragte er lauernd. „Hast du nicht eine Idee, Myouga?“ Toutousai wäre für alles, was brauchbar war, dankbar, selbst wenn der Einfall von einem alten, geschwätzigen Flohgeist kam. „Das Testament seinen Besitzern aushändigen?“ „Bist du verrückt? Wenn ich damit zu Sesshoumaru gehe, zerreißt er erst den Brief ungelesen und dann mich. Inu Yasha wohl immerhin nur den Brief. Sie würden mir doch nie glauben.“ Da das vermutlich stimmte runzelte Myouga nachdenklich die Stirn. „Du musst den Befehl ausführen, das ist klar. Sonst darfst du im Jenseits nie dem Herrn begegnen.“ Nun, es gab sicher Besseres, als von einem riesigen, erbosten, Hund durch die Weiten der Unterwelt gejagt zu werden. „Dein Einwand stimmt natürlich, du sollst ihnen ja auch gemeinsam geben. Hm. Wenn Sesshoumaru Rin besucht? Das hält ihn doch meist von … finalen Handlungen ab. Und Kagome kann Inu Yasha im wahrsten Sinn des Wortes zügeln.“ Der alte Schmied seufzte. „Ja, aber ich habe ja nicht die mindeste Ahnung, was drin steht. Was: es gibt noch ein Schwert und wer der Stärkere von euch ist, bekommt es? Nein, lieber stehe ich da nicht daneben.“ „Also hast du ihn nicht geöffnet.“ „Wofür hältst du mich, alter Freund!“ gab Toutousai hoheitsvoll zurück. Myouga, darüber ein wenig verärgert, dass seine Ratschläge missachtet wurden, zog ohne weiter nachzudenken sein letztes Ass. „Dann sehe ich nur einen Weg, eine Person, die berechtigt ist den Brief vor den Adressaten zu öffnen. UND die in der Lage ist, die beiden Chaoten zu stoppen. Nun ja, sicher einen davon.“ „Kagome? Sie wäre mit Inu Yasha verheiratet, ja, aber wieso sollte sie den Brief des Herrn öffnen ...?“ „Ich sagte berechtigt ihn zu öffnen und den Beiden gleichzeitig vorzulesen – nicht von Sesshoumaru wegen Missachtung des Willens seines Vaters umgebracht zu werden. Manchmal bist du wirklich schwer von Begriff.“ Der kleine Flohgeist verschränkte empört zwei seiner vier Arme. Da gab er sich schon so Mühe, ja, war sogar hergekommen … Toutousai starrte seinen Besucher an. Sie kannten sich seit Jahrhunderten, aber er hätte schwören mögen, dass Myouga in all dieser Zeit noch nie so einen tollkühnen oder lebensmüden Vorschlag gemacht hatte. „Du meinst doch nicht ...“ Bestimmt hatte er ihn missverstanden. Der kleine Ex-Berater nickte mehrfach betont. „Oh nein! Niemals betrete ich das Schwebende Schloss!“ „Sei nicht albern. Sie darf und kann das.“ „Sie kann mich vor allem umbringen. Du weißt doch, was sie von Leuten wie mir hält. Und dir.“ Das wusste Myouga, aber er würde sicher nicht die Dame behelligen. „Also, dann hast du eine andere Idee?“ Toutousai prüfte seine Optionen. Behielt er den Brief oder vernichtete ihn, würde er früher oder später in der Unterwelt einem ziemlich erbosten Hundefürsten begegnen – lebenslang, oder eher todeslang. Ungut. Zu Sesshoumaru oder Inu Yasha zu gehen und denen einzeln den Brief auszuhändigen war kaum sein Auftrag, würde also zu Punkt eins führen, und zum Anderen dazu, dass ihn keiner für ernst nehmen würde. Sicher, er konnte sich wehren, aber er war schlicht nicht in der Lage die beiden Söhne des Inu no Taishou daran zu hindern sich an die Kehle zu gehen, was sie wirklich schon oft genug gemacht hatten. Den latenten Frieden zwischen ihnen zu brechen wäre riskant. Ach, so viel Ärger für einen harmlosen Schmied, der doch nur in Ruhe sein Alter genießen wollte. Und das nur, weil ihm ein so ein dummer Wisch vor Jahrhunderten hinter das Bett gerutscht war. „Na schön, Myouga“, sagte er. „Aber du kommst mit!“ Zu seiner Genugtuung kippte der kleine Floh einfach um. Er nahm ihn und den Brief und pfiff nach seiner Kuh. Wenn schon ein Abenteuer, dann wenigstens nicht allein.     Kapitel 1: Einladung für zwei Chaoten ------------------------------------- Myouga erwachte nur langsam aus seiner Ohnmacht. Als er entdecken musste, dass er sich quasi auf dem Schoss dieses durchgeknallten Schmiedes befand, zu allem Überfluss auf dessen Kuh in fast tausend Meter Höhe, seufzte er. Wer solche Freunde hatte benötigte wahrlich keine Feinde mehr. Womit hatte er das verdient? Er setzte sich etwas aufrechter hin, um sich zu seiner vollen, wenig imposanten, Höhe aufzustellen. „Toutousai! Du verrückter Kerl! Wo willst du hin? Doch nicht etwa wirklich in das Schwebende Schloss? Sie reißt dir den Kopf ab! Und dann mir, weil wir einen Auftrag des Herrn an seinen Sohn, ihren Sohn, nicht ausgeführt haben. Und zwar, noch bevor du dummer Schmied erklären kannst, dass ich mit der ganzen Sache nicht zu tun habe. Es wird auch dadurch nicht besser, dass da draufsteht: An meine Söhne! Soll sie etwa amüsiert darüber sein eine Konkurrentin mit Sohn gehabt zu haben?“ „Ach, Unsinn. Du bist und bleibst ein Feigling. Und lieber bekomme ich es mit der Dame zu tun, kurz und nur einmal im Leben, als in alle Ewigkeit mit dem Herrn in der Unterwelt.“ Das war natürlich ein Argument. „Hast du etwa einen Plan?“ erkundigte sich der Flohgeist misstrauisch, durchaus der Kleinigkeit eingedenk, wie Toutousais letzte Pläne ausgesehen hatten: Tensaiga für Sesshoumaru mit einer Liebesbotschaft an Bokuseno zu hängen, Inu Yasha kein Wort über sein Schwert zu erzählen, ja, sich in die halbbrüderlichen Zwistigkeiten dadurch einzumengen, dass er den Jüngeren um Hilfe gegen den Älteren bat. Es war ein Wunder, dass dieser sonderbare Kauz noch lebte. Von ihm, dem kleinen, aber weisen, Berater des verstorbenen Herrn der Hunde hatte man stets mehr erwartet und bekommen. „Ja. Ich gehe hin, gebe ihr den Brief und geh wieder.“ Der Floh rang die Hände und nach Atem. „Der Plan könnte von Inu Yasha stammen. Du erinnerst dich sicher wie mächtig die verehrte Dame ist - und dass sie zusätzlich in ihrem Schloss über so einige Dämonenkrieger verfügt? Kampferprobte Krieger, wie ich ergänzen möchte.“ „Myouga, bist du so senil geworden, wie du es mir immer wieder vorwirfst?“ Toutousai ignorierte das empörte Aufschnaufen seines alten Freundes. „Die Herrin des Schwebenden Schlosses hat genau zwei Schwachpunkte.“ „Zwei? Ihren Sohn, ja. Und umso weniger entzückt wird sie sein, dass du ihm sein Erbe so einige Jahrhunderte vorenthalten hast. Woraus auch immer das bestehen mag.“ Die legendären Schwerter waren ja ausgeliefert worden – und So´unga befand sich in der Unterwelt. Der Schmied warf einen Blick auf seinen Schoss, der alles, nur kein Verständnis zeigte. „Und ihre Achtung vor dem verstorbenen Herrn. Sie würde sich nie seinem Wunsch widersetzen, tat es bislang auch nie. Oder was glaubst du, warum Inu Yasha überhaupt erwachsen werden konnte? Vor allem, als er allein war? Na ja, mit dir?“ „Hm.“ Der Flohgeist ließ sich wieder nieder. Das klang mal wirklich vernünftig. Für Toutousai. Und dafür, dass die beiden Hundebrüder in diese Sache verwickelt wurden. Aber die Alternative, seinem geliebten Herrn in der Unterwelt beichten zu müssen, dass er nicht alles unternommen hatte, dessen letzten Wunsch zu erfüllen … „Außerdem ist es zu spät, wir wurden schon bemerkt.“ „Was?“ keuchte Myouga und wandte hektisch den Kopf. Als er einen großen, weißen, sehr eleganten Hund mit einer blauen Mondsichel auf der Stirn entdeckte, der auf sie zuflog, brach ihm sichtlich der Schweiß aus. Sesshoumaru oder seine Mutter: keiner mochte einen alten Flohgeist und einen vertrottelten Schmied. Das konnte riskant werden, wurde riskant. Er wollte soeben trotz der Höhe von der Kuh springen, als ihn Toutousai am Kragen hatte. „Hallo“, brüllte der hinüber zu der Hundedame. „Ich habe einen Brief des verstorbenen Inu no Taishou dabei, der jetzt zugestellt werden sollte.“ Nun ja, ein bisschen früher oder später machte ja nichts. Zufrieden sah er, dass er Recht behielt, der große Dämonenhund abdrehte. Die Dame war eben auch eine Frau und daher neugierig. Fast so arg wie Myouga.   So landete die Kuh kurz darauf vor dem Schloss, auf dessen Terrasse sich die Hausherrin in ihrer menschlichen Gestalt bereits wieder auf ihrem Sessel oberhalb der Treppe niederließ, von wo aus sie weiten Blick hatte. Myouga stöhnte, als er die Krieger und Haushaltsangestellten entdeckte. Nein, hier hatte sich nichts verändert. Die beiden alten Dämonen schlichen vorsichtig die steile Treppe empor, wo die Hundedame ihnen wortlos die Hand entgegenstreckte. „Nein, nein, das ist nicht für Euch. Aber Ihr seid die Einzige, die diese Adressaten auch herbekommt. Gemeinsam. So hieß es jedenfalls.“ Toutousai hoffte inständig, dass sie fälschlich vermuten würde diese Anweisung käme von ihrem verstorbenen Gemahl und nicht von Myouga. Sonst war die Idee des Flohgeistes, die er selbst in selbst einem gewissen geistigen Aussetzer aufgenommen hatte, purer Selbstmord. „Der Brief.“ Oh du je. Das klang wie Sesshoumaru, als er ihm das zweite Mal ein Schwert verweigerte. „Nun ja ...“ Aber der alte Schmied hing an seinem Leben. So schön die Dame auch war – so gefährlich war sie auch. Nur der Herr hatte es, neben ihrem Vater, vermocht sie je zu dominieren. Wie auch immer. „Hier.“ Sie warf einen Blick auf die Zeichen. „An meine Söhne“, dachte sie. Was sollte der Unsinn? Aber diese beiden närrischen, wenngleich treuen, Diener ihres Gemahls würden es nicht wagen hier mit einer Fälschung zu erscheinen. Was war also los? Und, da war sie überzeugt, es war die Schrift des Inu no Taishou. Ungelenker als die ihre, natürlich, hatte er doch seine Jugend mit dem Schwert und nicht mit der Feder verbracht. „Sesshoumaru UND Inu Yasha?“ Sie kannte den Namen ihres Stiefsohns? Das war durchaus bemerkenswert, fand Myouga, denn in all den Jahren seiner treuen Dienste beim Herrn hatte sie es nie für notwendig gehalten sich den seinen zu merken. „Äh, ja.“ Er sah nervös seitwärts. „Toutousai sagte, es gehe um das Erbe des Inu no Taishou.“ Oh? Die Dame horchte etwas auf. „Schmied?“ „Äh, ich weiß nichts Genaueres über den Inhalt“, beteuerte der Angesprochene eilig. „Nur das, was mir gesagt wurde.“ Was half es. So erzählte er zum zweiten Mal, wie der verstorbene Inu no Taishou zu ihm gekommen war – unterschlug jedoch wohlweislich das mit der Volljährigkeit des Jüngsten. So genau unter Amaterasus Sonnenlicht betrachtet hätte das zu Nachfragen mit fatalen Folgen führen können. Und ein alter Dämon durfte ja wohl auch mal etwas vergessen. „In diesem Fall ...“ Sie winkte einer Zofe. „Schreibmaterial.“ Was war jetzt los? Myouga und Toutousai blickten sich vorsichtig an. Wollte sie wirklich dem Wunsch des Herrn nachkommen? Hatten sie Chancen? Sie schrieb nur äußerst kurz ehe sie das Blatt umknickte und versiegelte. Dann sah sie zu einem Krieger, der hastig zu ihr kam. Die beiden unwilligen Besucher holten tief und äußerst besorgt Atem, bemerkten dann jedoch erleichtert, dass sie nur sagte: „Bring das meinem Sohn.“ Der Hundedämon verneigte sich und nahm den Brief, ohne seine Meinung über diesen Auftrag zu zeigen. Er hielt es für lebensgefährlich zu Sesshoumaru-sama zu gehen. Aber, falls ihn der Sohn seiner Herrin nicht filetierte. würde bei Befehlsverweigerung sie selbst das unverzüglich erledigen. So hatte er immerhin noch eine Chance. Myouga warf dem Boten bei seinem Aufbruch einen sehnsüchtigen Blick hinterher. Was würde er darum geben hier wegzukommen. Nun ja. Ein Auftrag an den Älteren der Hundebrüder war natürlich auch nicht besser als hier herumzustehen. Einfach weglaufen war sinnlos. Die Dame würde ihn ebenso erwischen wie einst der Herr – mit deutlich mehr Mordabsichten. Ach, warum hatte er sich nur zu Toutousai auf Besuch begeben wollen? Das hatte er jetzt davon. „Floh.“ Er zuckte bei der Anrede förmlich zusammen. „Äh, ja?“ Vorsichtig blickte er zu der Hundedame auf. Oh, hoffentlich würde sie einsehen, dass er nichts dafür konnte, dass dieser senile Schmied an allem Schuld war! Aber, wer zuschlagen konnte und wollte, würde es auch tun. „Bring unverzüglich Inu Yasha her.“ „Ja.“ Er kam hier weg! Frohgemut sprang er die Treppen hinunter auf die Erde, ehe ihm eine andere Sache dämmerte. Er sollte dem Hundebaby erzählen, dass der sich auf ein Treffen nicht nur mit seinem Halbbruder sondern auch noch dessen Mutter freuen durfte? Das musste doch geradezu schief gehen. Der Junge war zwar ruhiger geworden, aber konnte immer noch bockig wie ein Maulesel sein. Und wenn er als armer, alter, Flohgeist diesen Auftrag nicht ausführte, hatte er im Zweifel gleich mit zwei Dämonen der Oberliga Ärger. Ach du je. Hoffentlich würde Inu Yasha ihn nicht nur anhören, sondern dann auch mitkommen. Und zwar unverzüglich.   Myouga fand seinen Sorgenhund in dem Dorf, in dem Inu Yasha mit Kagome und seinen Freunden jetzt lebte. Der Halbdämon saß vor seiner Hütte und schien zu schlafen, blickte jedoch prompt auf, als er die leichte Landung auf seiner Schulter spürte. „Na, Onkelchen?“ fragte er. Der kleine Flohgeist war schon einmal beruhigt, dass er nicht gleich fortgeschnippt wurde. „Äh, Inu Yasha-sama, ich bringe Euch Nachrichten.“ „Die können sicher auch warten. Kagome hat gleich das Essen fertig. Ramen.“ „Äh, nun ja, ich kann es Euch ja in der Wartezeit erzählen, oder?“ „Meinetwegen.“ „Es … es ist ein Brief Eures Vaters aufgetaucht.“ „Mit so etwas scherzt man nicht!“ „Es ist kein Witz, wirklich. Toutousai hat ihn vergessen, aber er sagte, es gehe darin um Euer Erbe. Er ist auch an Euch adressiert. Na ja, auch an Euren Halbbruder.“ Inu Yasha wandte langsam den Kopf und griff zu. „Bist du jetzt völlig durchgedreht?“ „Nein, ich schwöre es Euch ...“ Ach, wie er es hasste, wenn Hundedämonen, seien es auch halbe, ihn so zwischen den scharfen Klauen hielten. Das lag in der Familie. Leider auch eine gewisse Spontanität. „Toutousai brachte ihn zu Sesshoumarus Mutter. Diese wünscht nun Euch und ihren Sohn zu sehen, um diesen Brief, der ja wohl ein Testament ist, vorlesen zu können. Es soll Euch und Eurem Bruder, also, natürlich Halbbruder, gleichzeitig verkündet werden. Bitte, kommt, die Dame wartet nicht gern.“ „So ein Quatsch!“ murrte Inu Yasha ungnädig. „Nein, das klingt interessant“, kam ein Einwand von unerwarteter Seite. Kagome war aus der Tür gekommen, neugierig, da sie ihren Halbdämon reden gehört hatte. „Dein Vater ist doch schon so lange tot. Ich meine, willst du nicht hören,was er dir zu sagen hat?“ „Ich habe ihn nie gesehen“, verteidigte sich Inu Yasha sofort. „Und, ehrlich gesagt, ich halte das für eine idiotische Erfindung dieses senilen Schmieds. Ein Brief, den er mal eben einige Jahrzehnte vergisst nach dem Tod des Absenders! Ich meine, wer vergisst denn so etwas!“ „Toutousai?“ schlug seine Gefährtin vor. „Also wirklich, du musst doch neugierig sein. Ich wäre es. Und immerhin beweist diese Adresse an dich und Sesshoumaru, dass euer Vater an euch beide gedacht hat. Vielleicht steht auch etwas über Tessaiga drin.“ „Na schön.“ Inu Yasha wandte sich wieder dem Floh in seiner Klaue zu. „Wo wohnt diese Tante denn? Ich meine, Sesshoumarus Mutter?“ „Im Schwebenden Schloss. Ich könnte Euch hinbegleiten.“ Ach du je. Dieses Mundwerk und die hochgeborene Hundedame! Das konnte ja was werden! Was sollte ein harmloser kleiner Flohgeist da nur machen? Danke, Toutousai! „Sie wünscht Euch unverzüglich zu sehen. Übrigens auch ihren Sohn.“ „Fein, dann brechen wir doch nach dem Essen auf.“ Kagome überlegte sichtlich schon, was sie einpacken sollte. „Das geht leider nicht“, beteuerte Myouga eilig. Auch das noch! „Die … die ... Dame schätzt Menschen nicht sonderlich, um es mal so zu formulieren. Es war schon erstaunlich, dass sie Inu Yasha zu sehen wünscht.“ „Ach, daher hat der Idiot seine Ansichten? Alles klar.“ Der Halbdämon gab den Floh frei. „Na toll. Da verzichte ich dann dankend.“ Myouga brach der Schweiß aus. Unerledigte Aufträge schätzte die Dame ebenso wenig wie einst der Herr. „Inu Yasha! Es ist wirklich wichtig. Toutousai sagte es gehe um das Testament des Herrn! Ich meine, Ihr könnt doch nicht wollen, dass Euer Bruder ...“ „HALB- Bruder, so viel Zeit muss sein!“ „Euer Halbbruder das Testament vor Euch hört.“ Inu Yasha dachte nach, zumal als er den auffordernden Blick seiner Gefährtin bemerkte. Das stimmte natürlich. Wer wusste schon, was da über Tessaiga stand. Schön, seit Sesshoumaru Bakusaiga hatte, wollte der nicht mehr sein Schwert klauen, aber das hieß ja nicht, dass der nicht wieder seine Meinung ändern konnte, wenn da wirklich etwas Interessantes drin stand. „Meinetwegen“, gab er nach. „Nach dem Essen gehen wir zwei.“ „Bitte, sofort!“ murmelte der Flohgeist. „Die Dame wartet wirklich nicht gern. Und ich bekäme das ab. Hundedämonen sind doch so impulsiv!“ Kagome kicherte fast. „Ja, das könnte man so sehen.“ Sie musste nur ihren Halbdämon ansehen, daran denken, dass selbst dessen stoisch scheinender Halbbruder mit Rin ein Menschenwaisenmädchen adoptiert hatte. Und wie Inu Yashas Vater gewesen war, konnte sie sich dann ausmalen. „Geh nur, Inu Yasha, ich koche dir auch wieder Ramen, wenn du zurück bist. Das wird doch sicher keine drei Tage dauern.“ Letzteres bezweifelte Myouga, denn, wie er den verstorbenen Herrn kannte, stand bestimmt etwas in diesem ominösen Brief, das die Chaotenbrüder zu irgendetwas bringen sollte. Aber es war wohl gesünder für ihn schlicht zu nicken. „Ja, das denke ich doch auch. Kommt nun, Inu Yasha-sama!“ „Keh!“ Mit deutlichem Widerwillen erhob sich der Halbdämon, ehe er zu Kagome sah. „Das mit den Ramen ist versprochen?“ „Ja, natürlich.“ Sie lächelte. Als ob sie nicht mit am Besten wüsste, wie neugierig er war etwas mehr über oder gar persönlich direkt von seinem Vater zu erfahren. Aber das würde er wohl nie zugeben – ebenso wenig, wie sehr er eigentlich erfreut war, dass zwischen ihm und Sesshoumaru eine Art Waffenstillstand herrschte, ja, sein älterer Bruder ihm Rin anvertraut hatte. Nein, über Gefühle redete Inu Yasha nie. So gut wie. Aber, wer konnte ihm das nach seinem Lebenslauf verübeln, dachte sie dann nur und nickte eifrig. „Ramen und noch etwas, was du aussuchen darfst.“ Es war doch schön, dass er ihr gegenüber viel aufgeschlossener war, auch zu Sango und Miroku. Gegenüber Sesshoumaru und dessen Mutter würde es sicher anders aussehen. Menschen hatte er gelernt zu vertrauen – Dämonen sicher nicht.   Sesshoumaru wandte etwas den Kopf als er dämonische Energie sich nähern spürte. Nun, es war niemand, der in seiner Klasse spielte, und so sparte er sich auch nur den Griff zum Schwert. Da der andere Hundedämon sich sofort, als er ihn erblickte, auf ein Knie niederließ und ihm ein Stück Papier entgegen hielt, handelte es sich wohl um einen Boten. Wer schickte ihm denn Post? Das war nicht nur selten sondern auch überflüssig. Mit solchen Dingen konnte sich Mutter beschäftigen, er selbst ... Oh. Moment. Den Kerl kannte er doch? Seit wann hielt es seine Mutter für notwendig ihm Briefchen zu schicken? War etwas geschehen? Nein, nichts, mit dem sie nicht fertig werden würde. Und überhaupt, was interessierte ihn ihre Schlossverwaltung oder die des Fürstentums? Das war ihre Sache in mehr als einer Beziehung. Dennoch schien irgendetwas los zu sein. Neuigkeiten? War sie krank? Unmöglich. Etwas, mit dem sie doch samt den Kriegern nicht fertig wurde? Eine neue, interessante Herausforderung? Nun ja, es gab einen Weg das herauszufinden und so streckte er die Hand aus. Erleichtert, dass er nicht bereits tot war, erhob sich der Bote und kniete erneut nieder, den Brief überreichend. Der junge Herr schien doch deutlich an Selbstbeherrschung gewonnen zu haben. Mutters Siegel, eindeutig. Sesshoumaru öffnete den kleinen Umschlag etwas irritiert und las noch verwunderter das einzige Wort darin. „Komm!“ Solch einen Befehl hatte sie ihm seit Jahrhunderten nicht mehr erteilt und unwillkürlich machte sich Ärger in ihm breit, ehe er erkannte, dass alles, was an ihr ungewöhnlich war, in aller Regel auch einen Grund hatte. Den Boten brauchte er nicht zu fragen was los sei, der wusste im Zweifel von nichts. Irgendetwas schien auf alle Fälle sonderbar zu sein, das seiner Anwesenheit bedurfte. Oder vielleicht eher der Bakusaigas, denn der Hundedämon nahm doch schwer an, dass Mutter klar war welche mächtige Waffe er trug. Seine eigene, nicht die seines Vaters. Sollte es tatsächlich jemand gewagt haben … ? Gleich. Das würde er nur erfahren, wenn er der alles andere als dezenten Aufforderung folgte. Überdies stand zu erwarten, wenn er nicht auftauchte, würde seine Mutter ihm Boten um Boten schicken – oder den Beweis verlangen, dass er tot war, die einzige Entschuldigung, die sie akzeptieren würde. Selbst in letzterem Fall würde sie ihn wiederbeleben können und wollen. Nun gut. So wandte er sich um und vor den Augen des Boten begann es zu flimmern, als sich der junge Dämon in seine Hundegestalt verwandelte. Das war Energie, dachte der Krieger nur, der damit nie mithalten konnte. Sesshoumaru-sama hatte in einer Hand mehr Macht als er im gesamten Körper. Ihm selbst blieb kaum etwas anderes übrig als zu Fuß zurückzulaufen, sei es auch in seiner Hundegestalt, denn so zu fliegen wie dieser vermochte er nicht.   Inu Yasha blieb stehen, als er über den grasigen Hügel lief und vor sich das Schwebende Schloss entdeckte. „Na, das ist ja mal was.“ „Es ist einmalig, ja.“ Myouga war schon froh wieder hier in Sichtweite zu sein. Dann würde die Dame doch sehen, dass es nicht an ihm lag, gelegen hatte, oder so. Moment mal. Wo war die Kuh? Und wo steckte Toutousai? Hatte es dieser verrückte Schmied etwa geschafft sich zu verdünnisieren? Dann wäre der auch kaum so töricht zurück nach Hause zu gehen, sondern würde sich bei irgendeinem alten, ahnungslosen, Kumpel verbergen. Und er selbst steckte wirklich in der Klemme. War das ungerecht gegenüber einem alten, doch immer vorsichtigen, Flohgeist! Er selbst brauchte gar nicht zu glauben entwischen zu können, in den vergangenen zwanzig Stunden hatte Inu Yasha immer ein mehr als wachsames Auge auf ihn geworfen gehabt. Und, dass der Hundebengel Hunger hatte, hatte den auch nicht gerade beruhigt. Ach, was waren das für trübe Aussichten. Der Halbdämon schlenderte langsam näher, neugierig das Schloss und seine Bewohner betrachtend, die sich auf den Stufen postiert hatten. Höflinge beiderlei Geschlechts, Krieger, aber alles Dämonen. Dann fiel sein Blick auf die Dame, die auf einem Sessel oberhalb der Treppe lehnte, nachdenklich über ihre Schulterboa strich, und ihn nicht aus den Augen ließ. Er musterte sie genau, ehe er merklich erstaunt sagte: „He, DAS ist Sesshoumarus Mutter, Onkelchen?“ Bei allen Göttern, sie konnte ihn hören! Myouga zitterte, wagte aber nicht wegzuspringen. So oder so war das nicht sein Tag, nun, eher sein letzter. „Ja, das ist die Herrin.“ „So habe ich sie mir gar nicht vorgestellt“, meinte Inu Yasha unbekümmert. „Ich, naja, ich dachte sie ist viel älter, verschrumpelter, und nicht so jung und hübsch.“     Kapitel 2: Der Apfel fällt nicht weit vom Baum ---------------------------------------------- Bei allen Göttern, dachte Myouga nur. Dieser Hundebengel und sein Mundwerk, das man vermutlich extra erschlagen müsste! Furchtsam blickte er zu der Dame und zuckte zusammen. Irrte er sich oder war da etwas wie ein Lächeln um ihren Mund gehuscht? Ach du je. Von ihrem Sohn wusste er, dass, wenn dieser lächelte, das Ende seines Gegenübers unmittelbar bevorstand. Aber was blieb ihm schon übrig als er die kleine Handbewegung sah? So meinte er nur: „Wir dürfen uns nähern. Springt nur auf den Treppenabsatz und schreitet die Stufen hoch.“ Etwas leiser ergänzte er: „Und, bitte, zeigt höfisches Benehmen!“ Ob sich Inu Yasha noch an seine Kleinkindertage in menschlichen Schloss erinnerte? Prinzessin Izayoi hatte ihn da doch noch einiges beigebracht, dass dann in den Wäldern nutzlos geworden war. Der Halbdämon folgte der Anweisung, nicht ohne einen Blick auf die Krieger und Höflinge zu werfen. Es handelte sich ausschließlich um Dämonen und er wusste nur zu gut was diese in aller Regel von einem Mischling wie ihm hielten. Aber sie musterten ihn eher neugierig – ihn und sein Schwert. Natürlich. An diesem Ort kannten wohl alle seinen Vater und logischerweise auch Tessaiga. Hier war Sesshoumaru also aufgewachsen? Kein Wunder, dass der die Nase immer so weit oben trug. In solch einem Schloss als Sohn der Hausherrin geboren zu werden ... Moment mal. Dann war der ja ein Prinz, oder? Eigentlich nicht, denn er war ja auch keiner, obwohl seine Mutter eine richtige Prinzessin gewesen war. Apropos, das sollte er dann doch wohl zeigen, dachte er dann, seine Mutter und sich selbst nicht vor der ersten Frau seines Vaters blamieren. Diese sah ihrem Sohn sehr ähnlich – allein schon diese Boa um die Schultern erinnerte ihn an die Sesshoumarus. Er neigte höflich den Kopf, ein wenig ungeübt, wenngleich er zuerst einen forschenden Blick um sich geworfen hatte. Leidvolle Erfahrung ließ ihn immer an die Möglichkeit einer Falle denken, gerade wenn es sich um Dämonen aus dieser Familie handelte.   Die Dame hatte den Blick bemerkt. Sie war etwas überrascht, wie sehr der Halbdämon eigentlich auch seinem Vater ähnelte – wenn man von den Ohren auf dem Kopf absah, die jetzt fast nervös zuckten. Aber auch der Inu no Taishou hatte einst sich erst umgesehen, dann ein wenig ungeübt verneigt. Der Blick herum verriet den erfahrenen Kämpfer, der erst nach Angriffsmöglichkeiten und Wegen suchte, ehe er vertraute. Nichts, was sie nicht nachvollziehen konnte, war sie doch ihr Leben lang von Männern umgeben gewesen, die Kriege geführt hatten. Sie sagte nur: „Willkommen, Inu Yasha.“ Wieso war der eigentlich eher da als ihr Einziger? Sollte der Bote den nicht gefunden haben? Unwahrscheinlich. Nun gut, auf den Floh war in aller Regel äußerster Verlass. Sie lächelte ein wenig maliziös, da eine Bewegung durch ihre Dämonen ging, die kaum mit einer derart freundlichen Begrüßung gerechnet hatten. Narren. Das war der Sohn des Inu no Taishou, der jüngere zwar und ein Halbdämon, aber doch. Und sie war Frau genug sich über das ehrlich gemeinte Kompliment zu freuen, das ihm entkommen war. Jung und hübsch auszusehen hörte doch jede gern. Was knurrte der Kleine denn da? Das klang nicht sehr nach Hund, musste sie zugeben, eher nach Welpe. Inu Yasha legte unwillkürlich die Hand auf den Bauch. „Äh, ich habe Hunger“, gestand er. „Der Flohopa machte es so dringend, dass ich nicht mehr zum Essen kam.“ Na ja, hier würde er sicher nichts bekommen. Die gute Frau hatte kaum Menschennahrung im Schloss. Die Hundefürstin blickte seitwärts. Eine ihrer Hofdamen hatte bei der zugegeben ein wenig ungeschickten Verneigung des Welpen gelächelt. „Miyako, gehe in ein Menschendorf und besorge ihm ...?“ Sie sah zu ihrem jungen Gast. „Äh, Ramen, wenn ich das haben kann.“ Inu Yasha war verblüfft, da er mit so etwas nie gerechnet hatte. Das sollte Sesshoumarus Mutter sein? Aber Myouga irrte sich sicher nicht. Sie schien jedenfalls viel netter als sein Halbbruder zu sein. Kagome würde ihm bestimmt sagen, dass er das „Zauberwort“ erwähnen sollte. „Danke.“ Die dämonische Hofdame neigte sich nur. Natürlich hatte die Fürstin bemerkt, dass sie den Halbdämon am liebsten ausgelacht hätte. Und das war die prompte Strafe. Ramen aus einem Menschendorf zu holen! Aber ihr war bewusst, dass noch etwas ganz anderes folgen mochte, wenn sie nicht unverzüglich gehorsamst wegeilte.   Zwei Stunden später erschien Sesshoumaru vor dem Schwebenden Schloss. Er warf eigentlich nur einen flüchtigen Blick herum. Alles schien wie immer zu sein. Moment. Was war diese rot-weiße Gestalt auf dem Vorplatz? Inu Yasha? Was machte der denn hier? Nun, was er tat war unschwer zu erkennen. Der törichte Halbdämon saß da, direkt vor Mutters Füßen, und fraß offenkundig Menschennahrung! Von Benehmen hatte der wohl noch nie etwas gehört? Der junge Hundedämon macht den Sprung hinauf. Er war bereits halb die Treppe emporgestiegen, als ihm bewusst wurde, dass der Bastard kaum ohne Mutters Erlaubnis dort sitzen würde – und dass es im gesamten Schloss keine Nudeln gab. Kurz, wenn Inu Yasha Ramen in sich hineinstopfte, konnte das nur mit Mutters Genehmigung, ja, auf ihre Einladung hin geschehen sein. Das wurde immer kurioser. Was war nur geschehen? Jedenfalls war es gut, dass er der Botschaft gefolgt war. Nicht, dass der Halbdämon hier irgendetwas anstellte. Mutter schien jedenfalls amüsiert, sah aber nun zu ihm. Also, was war los? Immerhin stellte auch Inu Yasha jetzt die leere Schüssel ab und blickte sich zu ihm um. „Auch schon da?“ Aber der Halbdämon stand auf, da es jetzt offenbar losgehen konnte. Das war eine unmögliche Begrüßung in seinem eigenen Schloss! Sesshoumaru presste kurz verräterisch die Zähne aufeinander. Aber er war hier wahrlich nicht der Hausherr, nicht, solange Mutter noch lebte, Großvaters Testament nicht gefunden war – oder er den Kampf um die Herrschaft gewonnen hatte, was bestimmt der Fall sein würde. Nun, nach Mutters Tod. „Da ihr jetzt beide hier seid ...“ Die Hundedame hob die Hand und fand sich kurz darauf mit den Halbbrüdern und einem unglücklichen Myouga allein. „Der Floh soll es euch erzählen.“ „Äh“, begann der Letztere etwas hektisch. „Meine Fürstin, gewiss, aber, Toutousai war der Bote. Ich kann Euch ja nur sagen, was er mir sagte.“ „Dieser kümmert sich soeben um So´unga.“ Die Dame verriet damit, dass sie ihre Meidoukette einzusetzen wusste – und der unglückselige Schmied sich momentan in der Hölle befand. Eine weitere Drohung war nicht nötig, dachte Myouga seufzend. Wann und warum nur hatte er den Fehler begangen sich als Berater bei dieser Familie anheuern zu lassen? So berichtete er kurz, blickte dann zur Schlossherrin, die derweil den Brief geöffnet hatte. Ja, dachte sie, das war ER: die Handschrift, diese Wortwahl – und der unmögliche Auftrag. Nun gut, es war lange her und wie hätte der mächtige Inu no Taishou ahnen können, dass sein Ältester lernfähig war und wie sich sein Zweiter entwickeln würde. „An meine Söhne. Wenn Ihr diesen Brief zu Inu Yashas Volljährigkeit erhaltet, so seid gewiss, dass ich gegen Ryuukotsusei nur nach hartem Kampf verlor. Aber niemand ist unbesiegbar und womöglich ist es einem von euch einst vergönnt ihn zu töten.“ „So schwer war es auch nicht“, platzte Inu Yasha heraus, ergänzte dann nach dem Blicken der Quasi-Familie und Myougas: „Naja, nachdem ich die Rückschlagwelle Tessaigas auspacken konnte. Toutousai mag vergesslich sein, aber er ist ein wirklich guter Schmied.“ Irgendwie hatte er das Gefühl den Alten verteidigen zu müssen. Was sollte der momentan gerade tun? Das Höllenschwert polieren? Das klang nicht gut. Nicht, wenn der Auftrag von Sesshoumarus Mutter stammte, die anscheinend nichts gegen Halbdämonen, aber viel gegen schusselige Boten hatte. Die Dame las weiter vor. „Ich vermute doch sehr, dass es euch inzwischen gelungen ist Tenseiga und Tessaiga zu finden und auch richtig benutzen zu können. Sollte dies nicht der Fall sein, sucht zuerst Tessaiga und erprobt die wahren Fähigkeiten dieser Klingen. Andernfalls habt ihr keine Chance zu bestehen. Falls ihr mein wahres Erbe kennen lernen wollt, reist gemeinsam, und nur zu zweit, begleitet von den beiden Schwertern, auf die Insel Shima no kiri. In deren Mittelpunkt liegt eine Ruine, an der ich mein Erbe an euch hinterlassen habe. Myouga kann euch sicher erzählen, was genau es mit der Insel und deren Widrigkeiten auf sich hat. Nun, ich gehe davon aus, dass es euch gemeinsam mit den Schwertern gelingen wird mit Allem fertig zu werden und vertraue euch mein Erbe an. Euer Vater.“ Die Dame blickte auf. „Ihr werdet kaum zögern.“ Und das war ein Befehl. „Shima no kiri, Nebelinsel? Ich habe keine Ahnung wo die ist“, gestand Inu Yasha, sah aber seitwärts. „Und, Onkelchen?“ Sesshoumaru stellte fest, das es durchaus nützlich sein konnte, dieses redselige Halbblut. Er kannte diese Insel auch nicht, obwohl sie im Westen liegen müsste. Aber es wäre ziemlich unangenehm gewesen sich vor der eigenen Mutter zu beschämen und zu zeigen, dass man weder ihr noch den Lehrern wirklich bis zum Ende zugehört hatte. Myouga seufzte. „Das liegt daran, dass diese Insel unter dem Namen Insel der Toten oder Todesinsel bekannter ist. Nur sehr wenige kehrten von da wieder zurück, darunter natürlich der Herr. Es ist so, dass vor langer Zeit ein magisches Volk, vertrieben aus der eigenen Heimat, dort Zuflucht fand. Um sich zu schützen errichteten sie eine Art Burg. Ein Weg, bestehend aus vielerlei Fallen, sichert den Zugang zu ihrer Festung. Dort war der Herr und ich vermute, dass dort dann auch Euer Erbe liegt. Fragt mich jetzt nur nicht aus was das besteht. Er war da allein.“ Und bitte, nicht noch eine Klinge, aber so töricht würde der Herr doch nicht gewesen sein. Wobei zwei auch nicht besser wären. Der Nachwuchs konnte auch jetzt schon genug anrichten. „Hm.“ Irgendetwas in dieser Lautäußerung des jungen Hundedämons klang nicht sehr willig. Seine Mutter kannte ihn und ließ den Brief sinken. „Du willst den Letzten Willen deines Vaters nicht befolgen und sein Erbe antreten?“ „Selbstverständlich.“ Zumal er wusste, dass er mit Bakusaiga jedem Widersacher gewachsen wäre. Aber davon war keine Rede gewesen. Zusätzlich hätte er den vorlauten, impulsiven Narren dabei. Natürlich. Vaters Nesthäkchen, wobei der ja kaum hatte ahnen können, wie impertinent, unerzogen, temperamentvoll und stark der werden würde. „Nur Tenseiga und Tessaiga?“ vergewisserte er sich noch einmal, in der Hoffnung, dass er seine verehrte Mutter oder die den Brief missverstanden hatte. „Nur diese beiden Schwerter. Aber ich denke, ich bin in der Lage auf dein neues Schwert aufzupassen.“ Mehr nicht. Eine Klinge, magisch, noch dazu, die aus einem Dämon entsprungen war, wäre für jeden anderen nicht zu führen. Abgesehen davon, dass ihre Fähigkeiten nicht im Bereich des Schwertschwingens lagen. „Komm schon, zier dich nicht“, warf Inu Yasha ein. „Unser Leben war ja auch gerade so ruhig geworden.“ Ihn freute es doch sehr, dass Vater an ihn gedacht hatte, hatte denken wollen, ehe er in den Kampf mit dem Drachen zog. Kagome hatte schon Recht gehabt und er war jetzt neugierig, was da sonst noch auf ihn wartete. Insel der Toten klang zwar nicht besonders verheißungsvoll, aber er war stark und mit Sesshoumaru an der Seite sollte doch alles klappen. Überdies nahm er schwer an, dass das eine Prüfung sein sollte und ihr Vater nicht seine beiden Söhne in eine tödliche Falle laufen ließ. Das war nur ein Abenteuer. Mehr nicht. Also, warum zögerte der Herr Hund? „Ein kleiner, lästiger Umweg, mehr nicht, aber dafür bekommen wir ja auch was.“ Der Blick, dem ihm sein älterer Halbbruder zuwarf, hätte genügt manch anderen in die panischste Flucht zu schlagen. Diese Redseligkeit war einer der Gründe warum er zögerte. Natürlich neben der Tatsache, mit einem Halbblut an der Seite durch irgendwelche angeblichen Schwierigkeiten wandern zu sollen. Aber womöglich befand sich ja dort auch Großvaters Testament oder ein Hinweis darauf. Niemand wusste wohin dessen Fürstenring verschwunden war – oder gar, wer den aufbewahrte, wenn er so an Toutousais Fehlleistung von eben dachte.   Die Dame faltete den Brief zusammen. Sie vermutete sehr, was die Jungs dort finden würden. Endlich. Anscheinend bekam man ihren Einzigen wirklich immer nur dazu etwas zu lernen, wenn man ihn durch die Hölle gehen ließ. Der Taishou hatte das einmal behauptet, sie ihm allerdings nur pflichtbewusst zugestimmt. Er schien jedoch eindeutig Recht gehabt zu haben, wenn sie allein an die Sache mit diesen Menschenkindern und Tenseiga dachte. „Dann passt aufeinander auf“, sagte sie mit einem raschen Seitwärtsblick von ihrem Sprössling zu dem Jüngeren, dessen Ohren schon wieder so reizend zuckten. „Denn nur, wenn ihr beide gemeinsam dort ankommt, erhaltet ihr das Erbe.“ Die Idee ihres Gemahls war geradezu fantastisch, mehr als bedacht, und bewies nur wieder einmal seine strategische Fähigkeit alle möglichen Züge im Voraus berechnen zu können, vor allem, wenn er den Jüngeren nie kennengelernt hatte und Sesshoumaru damals noch sehr jugendlich-rebellisch gewesen war. Jetzt hatte der Ältere gelernt auf Gefolgsleute aufzupassen, und der Jüngere, was er so angedeutet hatte, hatte es geschafft, sich eine loyale, kampferprobte Truppe, wenngleich aus Menschen, zu besorgen. Doch, das war nicht schlecht geplant. Der geniale Heerführer der Hunde. Sie hätte fast gelächelt.   Auch das noch! Dieser Gedanke erfüllte beide Halbbrüder mit alles andere als großer Freude, denn selbst Inu Yasha hatte vorher nicht bedacht, wie mühsam der Weg durch das kleine Abenteuer zu zweit werden konnte. Nun gut, sie hatten schon eine Weile nicht mehr gegeneinander gekämpft, eher auf der gleichen Seite, aber das war wohl doch noch mal etwas anderes. Ihm hatte eigentlich mehr vorgeschwebt dass so jeder sein eigenes Ding machen würde, man sich nur wieder mal wo treffen würde, am Besten am Ziel. „Oh, und nehmt Myouga mit.“ Dieser sachliche Satz der Dame bewirkte seltsamerweise bei gleich beiden Hundejungen prompten Gehorsam. Ohne aufeinander zu achten, drehten sie sich um und griffen zu, in der aus Jahrhunderten stammenden sicheren Ahnung, wohin der alte Flohgeist vorsorglich springen würde. Daher fand sich Myouga mehr als unbequem zwischen den spitzen Nägeln von zwei Halbbrüdern, die ihn, da sie Abstand voneinander hielten, ziemlich auseinanderzogen. „Eh ...“ brachte er hervor. „Ihr wollt mich doch nicht zerreißen, oder? Ich komme ja mit. Natürlich.“ Es wäre im Sinn seines Herrn, dessen Nachwuchs ein wenig zu behüten. Wobei, hundert Nester mit Flohlarven wären die einfachere Alternative. Die Chaotenbrüder ließen sich doch nie einen guten Rat geben. Andererseits – würde er nicht mit zur Insel der Toten gehen, hätte er Ärger mit eben den Beiden und der Regentin der westlichen Länder. Auch nicht unbedingt das, was man einen Wunschtraum nannte. Aber immer noch besser als wie Toutousai in der Unterwelt zu stecken. Oh, Moment. „Äh, Herrin, Ihr denkt sicher noch an einen armen Schmied?“ Immerhin ließen ihn die Beiden jetzt los. „Ja.“ Die Dame zupfte ein wenig an ihrer Boa, dann glitt ihre Hand zu den schwarzen Perlen ihrer Kette. Myouga kannte sie. Das konnte bedeuten, dass sie seinen armen alten Freund sofort herausholte oder auch, dass sie fand, dass dessen Nachlässigkeit noch hundert Jahre bestraft gehörte. Nachfragen würde allerdings für ihn selbst fatal enden. Nun, noch ärger, als ein Trip mit Inu Yasha-sama und Sesshoumaru-sama gemeinsam ablaufen würde. Der Halbdämon zog das Unheil förmlich an. Und der Ältere neigte auch nicht dazu zu sanft mit einem Flohgeist umzugehen. Alle waren sie impulsiv! Ach du je, auf was hatte er sich da einst mit dem Inu no Taishou eingelassen.   „Also, wohin jetzt?“ fragte Inu Yasha ungeduldig. Kagome wollte in drei Tagen Ramen kochen – zwei davon waren wieder um und es sah so aus als ob erneut Miroku und sonst wer in den Genuss kommen würde. Alle, nur nicht er. Wobei, er durfte sich nicht beschweren. Immerhin hatte er hier als Einziger etwas zu essen bekommen. Das sollte er doch wohl honorieren. „Übrigens, nochmals vielen Dank für das Essen.“ Nein, Herrin, wollte er nicht sagen und Fürstin klang noch hochgestochener, Stiefmutter kam vermutlich so gut an wie Kagomes „Schwager“ bei Sesshoumaru. Tatsächlich neigte die Dame huldvoll den Kopf etwas zur Seite, was ihr Sohn um ein Haar mit einem lauten Atemzug kommentiert hätte. Das gab es doch nicht. Der Bastard kam her, fraß sich durch - und Mutter schien das witzig zu finden. Nun gut, ihre Scherze waren manchmal recht unangenehm und vor allem geradezu hinterhältig, wer wusste schon, was da noch auf den Halbdämonen zurollte. „Äh, wenn die jungen Herren mir folgen wollen?“ brachte sich Myouga in Erinnerung, der die dämonische Energie des Älteren förmlich knistern hörte und besser abzulenken suchte. „Wir müssen nach Nordwesten. Es wird eine Weile dauern, da ja Inu Yasha-sama nicht fliegen kann.“ „Oh, natürlich.“ Die Schlossherrin schien ein wenig zu winken, dann schoss etwas Riesiges von unten empor. „Ein Tanuki, ein Dachsdämon“, erkannte Inu Yasha. „Oh, danke, auf so jemandem bin ich schon geflogen.“ Er sprang hinauf, mit einem geübten Handgriff einen alten Flohgeist mit sich nehmend., Der Kleine hatte interessante Kontakte, dachte die Fürstin. Tanukis brachten Glück, aber waren ansonsten nicht unbedingt zähmbar. Nun, falls jemand nicht in ihrer Klasse spielte. Essen und jetzt auch noch Transport, murrte Sesshoumaru inwendig, als er seine Boa etwas zu schwungvoll um seine Beine wickelte und in die Lüfte schwebte. Entweder Mutter wurde langsam senil oder weich wie Vater. Ihm würde so etwas nie passieren, da war er sicher. Noch dazu gegenüber einem Halbdämon!   Kapitel 3: Auf los geht´s los ----------------------------- Während die Halbbrüder so dahinflogen, Sesshoumaru auf einer Wolke seiner eigenen Energie aufrecht schwebend, Inu Yasha auf dem dahingleitenden Dachsdämon, Myouga wohlweislich in der Hand fest umschlossen , sah er plötzlich zu dem Kleineren. „Sag mal, Onkelchen, was weißt du denn jetzt genau über dieses Abenteuer?“ „Äh, nun ja ...“ Ach, es gab für arme alte Flohgeister keinen sicherere Methode einen Herzinfarkt zu bekommen als diese Chaotenbrüder. So viele graue Haare konnte er gar nicht mehr wachsen lassen wie die ihm verschafften. „Wir fliegen nach Nordwesten. Offiziell heißt die Insel ja Nebelinsel, aber man nennt sie die Insel der Toten. Ja. Ich weiß ja auch nicht so viel, aber der Herr hat damals alles überstanden und fand die Bewohner dort recht .... umgänglich.“ „Hatte er So´unga dabei?“ erkundigte sich Sesshoumaru prompt, damit beweisend, dass auch er an einem Bericht interessiert war. Myouga nahm das unglücklich zur Kenntnis. „Nein. Auf der Insel gibt es wohl magische Fallen und nicht alles geht dort so, wie man .... Ihr es gewohnt seid. Aber man kann mutmaßlich mit den Bewohnern kommunizieren, wenngleich nicht mit allen.“ „Keh“, warf Inu Yasha ein. „Wie immer, eben. Wer einem quer kommt, den legt man um, die Anderen fragt man nach dem Weg, oder?“ Das klang sogar nach einem Plan, dachte der Ältere der Halbbrüder. Wenngleich nicht unbedingt nach einem vernünftigen, schließlich kam das von Inu Yasha, aber nach einem, der ihm gefiel. Moment. Was dachte er da? Myouga bemerkte, dass der Dämonenprinz auf einmal scharf nach rechts blickte und hoffte, dass er nicht das Ziel wäre. Es war dringend Zeit auf den Satz des Hundebabys zurückzukommen, das Ursache und Wirkung bei einem Zusammentreffen mit den Halbbrüdern selten kurz zusammengefasst hatte. „Äh, ja. Jedenfalls gibt es verschiedene Hindernisse, die für Euch eingebaut wurden, oder auch schon immer da waren, das weiß ich nicht. Im Zentrum wartet jedenfalls Euer Erbe. Das hat der Herr ja Toutousai erzählt. Jawohl, Toutousai und nicht mir! Ich meine, ich bin Euch nicht sonderlich hilfreich, oder? Ihr … Ihr könntet mich loslassen?“ „Kein Gedanke, Onkelchen.“ Inu Yasha hielt ihn nur fester, da er aus Erfahrung wusste, was der so alles vertrug. „Manchmal kannst du einem doch etwas sagen. Brauchbar ist es dann zwar nicht mehr, weil alles vorbei ist, aber vielleicht spuckst du es auch mal vorher aus.“ Der ehemalige Berater brauchte gar nicht zu dem anderen Halbruder sehen um zu wissen, dass seine Chance keine war. So seufzte er nur. „Ich weiß wirklich nicht viel. Diese Fremden haben da wohl auch einiges umgebaut, auch magisch, als sie die Insel in ihre Festung verwandelten. Ihr solltet von nichts überrascht sein.“ „Dann denk mal scharf nach, bis wir da sind. - He, Tanuki, leg mal einen Zahn zu. Ich habe in ein paar Tagen eine Verabredung zum Essen!“ Der Kerl fraß sich bei Mutter durch und dachte nur schon wieder ans Bekocht-Werden. Das gab es doch nicht! Aber anscheinend brauchte er selbst ihn lebend um an Vaters Erbe zu gelangen, dachte Sesshoumaru. Danach – konnte man ja weitersehen. Immerhin konnte Rin sicher in dem Dorf leben. Als Wachhund war Inu Yasha glatt nützlich. Nun, eher Tessaiga. Dämon musste abwägen.   Einige Stunden später, die Sonne näherte sich dem Horizont, erreichten sie das Meer, dessen Geruch die Halbbrüder schon länger wahrgenommen hatten. Noch in Sichtweite befand sich eine größere Insel, langgestreckt, offenbar mit Bergen, auch Vulkanen, und dichtem Dschungel versehen. Der Tanuki steuerte wortlos darauf zu, entdeckte einen kleinen Sandstrand und fand ihn gut zur Landung. Dahinter reckte sich reichlich dichter Urwald, aber das war nicht seine Sache, was die Zwei hier wollten. So setzte er zur Landung an, nur, um ohne Vorwarnung gegen ein unsichtbares Hindernis zu stoßen. Um sein Gleichgewicht im Flug zu finden, wich er nach rechts aus, und schlug hektisch mit dem Hinterteil um sich. Dabei prallte er gegen etwas anderes, es gab einen heftigen Ruck und er entdeckte eine rot-weiße Gestalt, die, Kopf voran, auf das Ufer zu sauste. Naja, der Junge würde sich nichts tun, das waren ja immerhin nur zehn Meter und Dämonen. Sekunde. Dämonen? Hatte er gerade die Mehrzahl gedacht? Jawohl. Er schluckte etwas. Mit seinem Schlag seitwärts hatte er zwar seine eigene Flughöhe einigermaßen beibehalten können, jedoch dabei die Energiewolke Sesshoumarus weg geschubst. Der Hundedämon landete nun ein wenig unelegant, aber immerhin auf seinen Füßen, auf dem Sandstrand, warf jedoch einen eisigen Blick empor. Ach du je. Sein Lebensfaden war soeben gegen Null verkürzt worden. Solche mächtigen Dämonen schätzten es gar nicht, wenn man ihnen in die Quere kam, und den Sohn der Fürstin der westlichen Länder aus dem Flug zu holen war eigentlich reiner Suizid. Der Dachsdämon tat, was seinesgleichen in prekären Lagen immer tat – er löste sich in Luft auf. Nur einige Blätter fielen in das Meer von der Stelle, an der er sich eben noch befunden hatte.   Solch ein Narr, zürnte Sesshoumaru, aber, da der weg war, blickte er sich nach etwas Amüsanterem um. Inu Yasha war von dem hinderlichen Bannkreis offenbar ebenso kalt erwischt worden wie sein Träger und mehr oder weniger hilflos auf den Boden gestürzt, rappelte sich aber nun auf und wischte sich den Sand aus Augen und Ohren. Immerhin trug der noch immer Myouga bei sich. „Keh“ , machte der Halbdämon. „Was ist das denn für eine Art Gäste zu empfangen!“ Der ältere Bruder ertappte sich dabei fast die Augenbrauen hochzuziehen, blickte dann jedoch zu Myouga. Der verstand das richtig als Aufforderung diesen Irrglauben zu beenden. Au weia, wie kam Inu Yasha denn auf solche Ideen? Das konnte und würde doch nur auf ihn, seinen Lehrer, zurückfallen. „Äh, Inu Yasha-sama, Ihr seid hier keine Gäste.“ „Nicht?“ Der Halbdämon musterte den sichtlich schwitzenden Flohgeist in seiner Hand. „Na schön, wie sagt man dann: Prüflinge?“ Es wurde nicht besser. „Inu Yasha-sama, das hier ist eine dämonische Prüfung. Erreicht Ihr beide gemeinsam, wie verlangt, das Ziel, erhaltet Ihr euer Erbe, so, wie es der Brief Eures Vaters versprach. Erreicht Ihr es nicht, oder nur einer, werdet Ihr sterben.“ „Ich dachte, diese komische Prüfung hätte unser Vater gemacht? Der würde doch kaum seine beiden Söhne ...“ Der Halbdämon brach ab. Doch, würde er wohl. Dämon, eben. Das erklärte natürlich auch, warum Sesshoumaru dermaßen alles andere als begeistert von diesem Ausflug gewesen war, so ganz untypisch gezögert hatte. Verdammt, warum sagte ihm nie einer was? Weil das alle außer Menschen für klar hielten? Genauer, weil Halbbruder und dessen nette Mutter davon ausgegangen waren, dass Myouga ihm das schon längst erzählt hatte? Hatte dieser dämliche Flohgeist ihn etwa vor seiner Quasi-Familie blamiert? Er fixierte seine Hand samt Inhalt, der instinktiv sich wand, wenn auch vergeblich „Aha. Wieder was vergessen zu erwähnen, Flohopa? Und ich dachte Toutousai wäre schlimm. Was gibt’s sonst noch Neues?“ „Äh, nichts, wirklich. Ihr könnt mich auch gehen lassen. Ich war hier doch auch nie. Und das Bisschen, was der Herr damals fallen ließ ...“ „Er sagte etwas! Also, wohin jetzt?“ Bevor der alte Floh antworten konnte, kam von unerwarteter Seite die Anweisung: „Gehen wir.“ Inu Yasha starrte seinen Halbbruder an. Da der sich allerdings bereits in Bewegung setzte, offenbar einen Pfad in den nur scheinbar dichten Wald erkannt hatte, folgte er ein wenig murrend. Wieso sollte er hinterher trotten? War er Jaken? Naja, der Weg war nicht breit genug für zwei und er hatte ihn nicht gesehen. Auch wieder wahr. So wechselte er den unglücklichen Myouga in die Linke um die Schwerthand frei zu haben. Konnte ja sein, dass das Abenteuer wirklich etwas des Abenteuerlichen zu viel bot. „Laut diesem Brief ist unser Erbe an einer Burg, oder so. Weißt du … Nein, du weiß nichts, was frag ich auch. - He, Sesshoumaru? Gibt es irgendeinen Bannkreis, mit dem man Onkelchen hier hindern kann abzuhauen, ohne das ich ihn dauernd trage?“ War er die Auskunft, dachte der ältere Halbbruder prompt, ehe ihm dämmerte, dass es in der Tat würdelos für einen Sohn des Inu no Taishou war unausgesetzt einen Floh spazieren zu tragen. Eigenartig. Seit wann hatte der Bastard denn Sinn für Stolz, und dann auch noch den richtigen? Und, zugegeben, von Magie verstand Inu Yasha absolut nichts, da hatte Bokuseno mal ein wahres Wort gesprochen. Er blieb stehen und wandte sich langsam um. Diese Geste bewog den Jüngeren instinktiv an sein Schwert zu fassen und Myouga zu einem Ton, der wie das Fiepen einer Fledermaus klang – in den feinen Hundeohren mehr als lärmend. Da Sesshoumaru nur wortlos die Hand ausstreckte, platzierte Inu Yasha den Flohgeist hinein, sicher, dass der am Leben bleiben würde, wenngleich überrascht, dass der Herr Hundedämon mal das tat, was seine kleine Familienschande wollte, ohne ein Schwert an der Kehle zu haben. Allerdings fasste er unwillkürlich erneut nach Tessaiga, als die Rechte seines älteren Halbbruders grünlich leuchtete. Was sollte das werden? Und wieso prickelten seine Finger auf einmal fast schmerzhaft? Während er den Schwertgriff losließ, erkannte er beruhigt, dass Sesshoumaru nur eine grüne, leuchtende Schnur um zwei der vier Arme und den Bauch des ächzenden Flohgeistes schlang. „Aha. Und?“ Als ob ihm sein Bruderherz je etwas erklären würde. „Wenn er sich zu weit entfernt, stirbt er“, kam die kühle, wenngleich unerwartete, Erwiderung, ehe eine buchstäblich wegwerfende Handbewegung Myouga zu Boden stürzen ließ. Unglücklich blickte der empor. „Und wie weit ist zu weit, Sesshoumaru-sama?“ Diese Schnur aus dämonischer Energie würde ihn schlicht in zwei Teile spalten. Damit war jede Idee sich aus einer kritischen Lage zu verabschieden dahin. Ach, wieso hatte er sich nur je mit Hunden eingelassen? Warum sich vom Herrn auch noch breit schlagen lassen auf dessen Sprösslinge aufzupassen? Nun ja, er war im wahrsten Sinne des Wortes breit geschlagen worden. Der Angesprochene ignorierte ihn und wollte sich bereits wieder umdrehen, als ihm etwas einfiel. „Zieh Tessaiga.“ Inu Yasha war irritiert, wollte jedoch der Aufforderung folgen, da er diesmal sicher war es würde kein Duell geben, als er erneut dieses Prickeln spürte, schmerzhaft fast, als er sein Schwert berührte. „Was ist denn jetzt los?“ Er zog jedoch und erkannte verwundert, dass sich die Klinge nicht verbreiterte, sondern alt und rostig aussah, wie er es nur von den Nächten kannte, wenn er zu einem Menschen wurde. „Tessaiga? Was ist mit dir?“ Er redete mit seinem Schwert, dachte Sesshoumaru. Der Umgang mit Menschen war offenkundig wahrlich nicht gut für ein dämonisches Gehirn. Aber er legte ebenfalls die Rechte an Tenseiga, nur um nichts zu spüren. Inu Yasha hatte die Geste gesehen. „Die Schwerter funktionieren hier nicht?“ Da er sicher war keine brüderliche Antwort zu erhalten, folgte er dem Blick des Hundedämons. „He, Myouga?“ Der Flohgeist seufzte, sah sich aber nicht in der Lage den Halbbrüdern eine Antwort zu verweigern. So richtete er sich zum Stehen auf, blickte von Einem zum Anderen, die ihn beide aus seltsam ähnlichen Augen von oben herab musterten. „Ich habe keine Ahnung, wirklich. Ich weiß nur, dass der Herr sagte, hier sei alles anders als man es erwarten sollte. - Ihr könntet mich auch wirklich einfach gehen lassen. Ich komme schon wieder aufs Festland.“ „Blödsinn“, konstatierte Inu Yasha. „Da ist dieser nette kleine Bann um die Insel, oder? Ohne mich wärst du nicht mal durchgekommen.“ Das stimmte bedauerlicherweise. Allerdings hatte Myouga in seinem langen Leben gelernt, dass es günstiger war sich von Abenteuern weiträumig fernzuhalten, wollte man nicht sterben. Und, wenn es nach ihm ging, sollte sein Leben auch noch ruhig etwas länger dauern. Leider zogen die Chaotenbrüder Ärger geradezu magisch an - und das hier war auch noch als Prüfung für sie ausgelegt. So seufzte er nur. Der Halbdämon wusste es sich aus langer Bekanntschaft zu deuten. „Keine Panik, Onkelchen, wir passen schon auf dich auf. Nur, das mit den Schwertern ist ja wirklich dumm. Erst heißt es, wir sollen nur die Beiden mitnehmen und jetzt funktionieren sie nicht. - Wobei, das bedeutet ja wohl auch, dass Tenseiga nicht jemanden wiederbeleben kann?“ Sesshoumaru wandte sich wortlos ab und ging in den Wald. Was hatte sich sein verehrter Vater denn dabei gedacht? Nicht nur, dass Tenseiga ein von Haus aus unnützes Schwert war, das nicht töten konnte, nein, jetzt war auch noch Tessaiga ähnlich wertlos. Wenn er das so recht betrachtete, hatte Vater sie bewusst mit zwei unbrauchbaren Schwertern auf diese Insel geschickt, gemeinsam, und nur mit den ihnen eigenen Kräften. Zu allem Überfluss musste Vater doch gewusst haben, dass sein jüngerer Sohn ein Bastard war, ein Halbblut, nur mit Hilfe des mächtigen Tessaiga kampffähig. Das konnte nur heißen, dass er selbst den Hauptteil der Prüfung allein bestehen musste. War das etwa der Plan? Sollte er nicht nur Vaters Erbe erhalten sondern auch das Großvaters? So oder so, es konnte kaum mehr schlimmer werden. Diese Woche begann schon wirklich gut.   Inu Yasha trottete ein wenig missmutig hinter seinem Halbbruder. Dauernd dessen Hinterkopf und Rücken anzustarren war langweilig – und überhaupt wäre es doch wohl richtiger an dessen Seite zu gehen. Immerhin war er nicht irgendwer oder ein Kröterich! Allerdings gab er zu, dass der Pfad zu schmal für zwei war, er mit Tessaiga auch keine Schneise schlagen konnte, wie er wollte – weil aus irgendeinem unerfindlichen Grund auf dieser dämlichen Insel sein Schwert verhext war. Das konnte ja nur eine reizende Suche nach dieser ominösen Burg werden – gemeinsam mit Sesshoumaru, ohne brauchbare Waffe und zu allem Überfluss mit einem Flohgeist, dem garantiert wieder alle Sachen einfielen, wenn alles vorbei war. Wie zum Beispiel gerade eben die Kleinigkeit, dass dieser Trip lebensgefährlich wurde. Mann, was war er auch manchmal noch immer zu harmlos, wenn es um dämonische Sitten und Gebräuche ging. Schlimmer konnte es ja wohl kaum werden.   Myouga sprang hinter dem Halbdämonen her, bemüht, ja nicht zurück zu bleiben. Er hatte keine Ahnung, wann der Abstand zu Sesshoumaru zu groß werden würde und die Schnur aus dämonischer Energie sich in ihn brennen würde, aber das wäre bestimmt ein recht schmerzhafter und vor allem sicherer Tod. Der Ältere der Hundebrüder war leider ausgesprochen stark – und reizbar. Eine weitere Frage nach der erlaubten Distanz würde der garantiert nicht beantworten, höchstens damit, dass er ihm auch noch die beiden noch freien Arme fesselte. Inu Yasha zu fragen war ebenso sinnlos. Nicht, weil der ihm nicht durchaus hilfsbereit antworten würde, sondern weil der Jüngere von Magie ungefähr so viel Ahnung hatte wie er selbst von einer Teezeremonie. Null. Wieso nur hatte er Toutousai den Vorschlag gemacht zu der Fürstin zu gehen und der den Brief zu überreichen? Und warum nur hatte sein so genannter alter Freund ihn praktisch entführt und mitgenommen? Jetzt steckte er in einem üblen Schlamassel. Das war gefährlich, diese Reise auf der Insel der Toten an sich und mit diesen Beiden gleich zwei Mal. Platt gedrückt zu werden war noch das geringste Risiko, dem er sich gegenüber sah. Aber fliehen? Wie denn? Das war doch auch purer Selbstmord. Alles. Ach, gab es noch eine schlimmere Lage?   Der Weg durch den dichten Urwald entpuppte sich als lästig. Der kaum sichtbare Pfad, dem Sesshoumaru folgte, war eher ein Wildwechsel. Aber jeder Schritt trieb ganze Schwärme aus hungrigen Mücken empor. Um sie abzuwehren ließ der Hundedämon immer wieder seine Energie ansteigen. Inu Yasha besaß zu seinem Leidwesen nicht diese Fähigkeit und wedelte in kurzen Abständen mit den Händen. Zum allem Überfluss schienen sich die Blutsauger auf seine Ohren zu kaprizieren. Immer wieder zuckten sie unter den Bissen zusammen, worauf hin er mit den Händen alles abstreifte. Langsam wurde das mehr als leidig. Wie lange dauerte denn diese Wanderung noch? Abenteuer waren ja schön und gut, aber darunter verstand er eher einen Schwertkampf, keinen Spaziergang durch einen Mückenwald. Schuld an diesen Unannehmlichkeiten war doch nur dieser ... „Ah, Myouga, komm doch mal auf meine Schulter.“ Erleichtert gehorchte der Floh. Getragen zu werden war doch deutlich bequemer als auf seinen kleinen Beinen hinter den Chaotenbrüder herzuhopsen. Der Junge hatte da ja die Güte seines Vaters geerbt. „Und jetzt setz dich auf meinen Kopf.“ „Äh, was Inu Yasha-sama?“ stotterte Myouga verwirrt. „Du hast doch noch zwei Hände, halte also meine Ohren von diesen Mücken frei.“ Der Flohgeist sprang zwar gehorsam auf die weißen Haare und klammerte sich mit einer Hand fest, suchte jedoch einen Ausweg. „Inu Yasha, ich meine, diese Energie, die Sesshy ...“ Beim Blut des Herrn, war er lebensmüde den Namen zu verwenden, den die Fürstin dem Baby einst gegeben hatte? „Sesshoumaru-sama da um mich gelegt hat, könnte Euch schmerzen.“ Der Halbdämon dachte tatsächlich nach, etwas, was er zugegeben nicht schätzte. Das war ihm meist zu anstrengend. Hm, ja. Die dämonische Energie über die sein Halbbruder verfügte war nicht gerade von schlechten Eltern, das war schon klar, und konnte manch anderen in Stücke legen – aber in seinen Adern floss doch zu einem gut Teil das gleiche Blut. Und das war eben Oberklasse unter den Dämonen. Ehrlich gesagt konnte er nicht einmal so richtig wahrnehmen, dass sich da irgendwelche fremde Energie zwischen seinen Ohren befand. Vermutlich eben, weil sie nicht fremd war. „Keh“, machte er daher nur. „Du solltest mir schon auch was zutrauen, Onkelchen. Mach schon, die Biester sind lästig.“ Was blieb einem armen Flohgeist auch übrig. So hüpfte Myouga zwischen den beiden spitzen, zuckenden, Öhrchen des Halbdämonen hin und her und streifte die Mücken ab, ohne zu erwähnen, dass sie sich auch ihn als Ziel suchten. Das würde hier niemanden interessieren. Sicher, es mochte noch schlimmere Aufenthaltsorte geben, wenn er so an Toutousai und dessen mutmaßliche Aufgabe dachte, aber blamabler war das hier. Eindeutig. Vom ehrenwerten, vertrauenswürdigen Berater des mächtigen Inu no Taishou, des Gemahls der Fürstin der westlichen Länder, herabgestuft zu werden zu einem Mückenjäger, ja, zu einer Art Hut für dessen Jüngsten? Ging es noch peinlicher? Kapitel 4: Da liegt der Hund begraben ------------------------------------- Die Wanderung durch den Mückenwald wurde lästig, dachten die Halbbrüder in ungewohnter Einigkeit, während Myouga es als geradezu strapaziös empfand dauernd zwei zuckende Halbdämonenohren in fast seiner Größe mückenfrei zu halten, zumal er selbst von den blutdürstigen Tieren angegriffen wurde. Mit entsprechender Erleichterung erkannten alle Drei daher das zumindest vorläufige Ende des Waldes. Es wurde heller. Eine große, grasbewachsene Lichtung. Sesshoumaru blieb allerdings stehen, als er entdeckte, was sich dort sonst noch befand, eine Handlung, die Inu Yasha prompt mit einem Satz an seine Seite brachte. Auch, wenn die Schwerter, und da natürlich sein Tessaiga, momentan, vorläufig, nicht wie üblich funktionieren sollten, fühlte es sich besser an neben dem Herrn Halbbruder zu stehen und nicht á la Jaken dahinter. Mischling und Familienschande hin oder her – er war nicht Irgendwer. Vor ihnen drehten sich auf einer blumenüberstreuten Wiese, die sowohl Rin als auch Kagome erfreut hätte, drei mannshohe schwarze Kreise – eindeutig Portale, die sie irgendwohin bringen sollten oder konnten. „Was soll der Quatsch?“ entfuhr es Inu Yasha. „Onkelchen, eine Idee?“ Sein großer Bruder formulierte bedeutend kürzer: „Myouga.“ Warum immer er, dachte der arme Flohgeist. Er war in seinem gesamten Leben noch nicht hier gewesen, geschweige denn, dass der Herr so gnädig gewesen wäre ihm eine ausführliche Reiseerzählung zu liefern. Allerdings war ihm nur zu bewusst, was ihm bei diesen zwei impulsiven Hundebengeln bevorstand, falls er schweigen sollte. „Äh, das sind drei Portale, junge Herren. Ich denke, eines davon führt sicher zu der Burg. Das muss das sein, was der Herr meinte, als er erwähnte, dass der Weg vorgegeben sei.“ Vermutlich stellten sich die Portale sozusagen von allein Fremden in den Weg. Da war ein sehr fähiger Magier am Werk gewesen, eher mehrere. Der Jüngere griff auf seinen Kopf und schnappte sich den ehemaligen Berater. „Klasse. Und welches Portal?“ „Törichter Halbdämon.“ Sesshoumaru musterte die drei Tore, dann den Flohgeist in der Hand des Halbdämons. „Jeder Weg ist der richtige, es handelt sich nur um unterschiedliche Hindernisse.“ Darin lag keine Frage. „Äh, ja, das denke ich doch auch, Sesshoumaru-sama.“ Myouga war froh, dass bei wenigstem einem der Hundeengel die Taktiklektionen angeschlagen hatten. Nun ja, die Dame hatte auch die besten Lehrer für ihren Spross besorgt, manche sogar entführen lassen, nachdem sie ihn aus ihrer eigenen Lehre entlassen musste, wie es üblich war, wenn der Sohn den Frauenzimmern entwachsen war. Inu Yasha hatte ihm selbst da anscheinend deutlich weniger zugehört. Der Halbdämon zog einen anderen Schluss. „Das bedeutet, jeder von uns geht allein durch ein Tor und wir treffen uns an der komischen Burg, oder wie?“ Der Flohgeist erkannte panisch, dass der Junge von drei Personen und drei Toren auch auf Alleinreisen schloss. Als ob ein armer, alter, Kerl wie er selbst das einsam durchstehen würde. Mal abgesehen von diesem mörderischen Gürtel um sich. Da hatte Toutousai mit So´unga ja direkt noch Glück. Das Höllenschwert liebte den und seine Kunst, wenngleich natürlich auf eine sehr verquere Art. Aber auf sich selbst und sein Überleben brauchte er bei diesen Zuhörern bestimmt nicht aufmerksam zu machen. „Äh, ich fürchte nicht, Inu Yasha-sama. Es hieß doch, dass Ihr Zwei gemeinsam dort ankommen sollt.“ „Such dir ein Portal aus.“ Der junge Hundedämon musterte die drei Schwärzen vor sich. Sein Halbbruder war sicher, dass er und nicht der Floh in seiner Klaue gemeint war. „Naja, dann nehme ich das rechte Loch. Aber wir sollen ja zusammen bleiben, oder?“ Er sollte doch anzeigen, dass er Myouga diesmal zugehört hatte, wenn sich schon ausgerechnet sein ach so toller Halbbruder und der selbst ernannte Berater einig waren. Oder hatte sein Vater wirklich dem immer zugehört? Da hatte Onkelchen sich bestimmt noch an mehr – und rechtzeitig – erinnert. Sesshoumaru entschied sich. „Wir nehmen das Linke.“ „He! Was soll das? Erst fragst du mich, dann willst du das genaue Gegenteil? Und überhaupt, wieso kommandierst du hier herum?“ fauchte der Halbdämon unverzüglich, die rechte Hand instinktiv an sein Schwert legend, nur, um an dem prickelnden Schmerz erneut zu erkennen, dass Tessaiga augenblicklich keine Option war. Sesshoumaru warf ihm keinen Blick zu. „Myouga.“ Der Flohgeist rieb sich die Stirn, so gut er es in Inu Yashas Griff vermochte. Sollte er zwischen den beiden Brüdern jetzt auch noch den Vermittler spielen? Wo war ein weißes Tuch, wenn man es brauchte? Gab es keine Vereinigung zum Schutz für harmlose Flohgeister, die diese vor Hundedämonen und ihren Launen bewahrte? „Fleta“ oder so? Er konnte ja nicht einmal weg, um sich sein eigenes Grab zu schaufeln. „Äh, bitte, ruhig, Inu Yasha-sama. Der junge Herr, ich meine, Sesshoumaru-sama, meint durchaus, dass Ihr Zwei, und meine Wenigkeit, gemeinsam gehen. Nun ist es allerdings durchaus unstrittig, dass Ihr der Jüngere seid. Und Alter gebührt Achtung und Vorrang. Es wäre fatal auf solch einer Reise in unbekannte Welten sich über das Vorschlagsrecht zu streiten. Ich denke, das ist eine der Lektionen, die Ihr hier lernen sollt. Und, wenn Ihr rechts sagt, bedeutet das, dass dieses Portal Euch irgendwie anzieht. Es scheint also möglicherweise eine Fährnis zu beinhalten, die Euch beeinflussen kann. Oder so.“ Wie sollte er das diplomatisch ausdrücken? Das letzte Mal hatte er solche Redeschwierigkeiten gehabt, als ihn der Inu no Taishou losschickte um Ryuukotsusei zum Duell zu fordern. Hundeblut! Was hatte ihn nur – außer dem Wohlgeschmack – dazu bewogen dieser Familie treu sein zu wollen? Das hatte man davon, mal ein Gourmet sein zu wollen. „Ich meine, es dürfte gleich sein, durch welches Portal wir … ich meine, Ihr geht, aber es wird unterschiedliche Probleme geben. Nicht, dass ich glaube Ihr werdet damit nicht zurecht kommen.“ Er bemerkte erleichtert, dass Inu Yasha sich tatsächlich dem linken Tor – und damit auch seinem Halbbruder und dessen Anweisung - zuwandte. Er, Myouga, war ein wahrer Diplomat! Und er konnte vermutlich auch den Drachen Beteiligungen an einem Hundefriseur verkaufen! Der Jüngere betrachtete nachdenklich das Portal. „Keh, na, meinetwegen. Ist sowieso nur lästig. Du gehst zuerst?“ Unzweifelhaft meinte er damit nicht den kleinen Berater in seiner Hand. Wenn der hochwohlgeborene Hund schon auf Vortritt bestand, konnte er das haben. Vor allem, wenn es ins Ungewisse ging. Statt einer Antwort machte Sesshoumaru die wenigen Schritte, die ihn von der wirbelnden Schwärze trennten. Natürlich ging er voran. Trotz allem war er der Bessere, der Stärkere, und es ziemte sich in einer Gefahr der Erste zu sein, das hatte er doch von seinem Vater gelernt. Und immerhin, das musste er dem alten Winzling zugute halten, der wusste, wie man sich rausredete. Natürlich hatte sein verehrter Vater den nicht ohne Grund bei sich geduldet. Aber das war eine wahrlich diplomatische Umschreibung der Tatsache gewesen, dass man sich stets an das Gegenteil von dem, was Inu Yasha wollte, halten sollte, wollte man ohne lästige Zufälle zum Ziel kommen. Diese Menschenfrauen, die mit dem durch die Lande gezogen waren, hätten das vermutlich unterschrieben.   Sekunden später befanden sich die Halbbrüder mit einem leicht enervierten Floh in einer vollkommen anderen Gegend. Statt einem dichten Wald voller Mücken unter einem durchaus blauen Himmel standen sie nun in einer Kies- und Sandwüste. Ein Blick nach oben zeigte einen gelben, fast rötlichen, Schimmer. Eindeutig, erkannten alle Drei, handelte es sich nicht um die reale Insel sondern eine magische Welt. Und das bedeutete auch, dass deren Schöpfer hier jede Kontrolle besaß. Die Halbbrüder legten unwillkürlich die Hände an ihre, wenngleich nutzlosen, Schwerter, als sie sich umblickten. Es war warm hier, und weit und breit kein Schatten in Sicht. Leider auch kein Wasser, wie Inu Yasha bemerkte. Nun gut. Er würde auch eine gute Zeit ohne auskommen. Jedenfalls war er wild entschlossen bis an das Ende seiner Leistungsfähigkeit durchzuhalten. Nur ja keine Schwäche zeigen, denn das verachtete Sesshoumaru. Und mit dem gemeinsam etwas von Vater zu finden … Nun ja, er gab zu, dass ihn das reizte, vollkommen egal, was das war. Vater hatte an ihn gedacht, für ihn sorgen wollen, ehe er überhaupt geboren worden war. Das klang so seltsam warm im Herzen. Vielleicht ein neues Feuerrattenfell? Kein Schwert, da war er sicher. Da ging kaum mehr als Tessaiga. „Gehen wir da lang“, schlug er vor. „Da scheint etwas Schwarzes zu sein, vielleicht das nächste Portal.“ Der junge Hundedämon war bereits versucht aus seinen erst vor Minuten gedachten Erkenntnissen abzulehnen, als er ebenfalls etwas Dunkles am Horizont entdeckte. Nun gut. Selbst ein blinder Hund fand mal einen Knochen. Das konnte durchaus stimmen. So drehte er wortlos ab und ging los. Unverzüglich war Inu Yasha an seiner linken Seite. Immerhin etwas, dachte Sesshoumaru. Eindeutig hatte der Junge ein klein bisschen von einem Krieger, nun, das hätte Vater gefallen. So hatten beide den Schwertarm frei – auch, wenn die Klingen einstweilen nicht ihre gewohnten Fähigkeiten hatten. Immerhin bestanden sie aus gutem Stahl. Dieser Schmied war ein Unding, ein vergesslicher Narr – aber er verstand sein Handwerk.   Die Wanderung unter der heißen Sonne durch die schattenlose Ebene war langwierig, langweilig – und Myouga gab zu heilfroh zu sein, dass er mittlerweile auf der Schulter des Halbdämons sitzen durfte. So war das doch einfacher als mit seinen kurzen Beinen durch den glühenden Sand zu laufen, wie es der junge Herr tat. Langweilig, langwierig – gefährlich! Alle Alarmglocken in seinem Gehirn schrillten auf einmal gleichzeitig. Der alte Flohgeist zuckte zusammen und wollte sich instinktiv weit von dem Schauplatz entfernen, als ihm gerade noch rechtzeitig einfiel, dass die Energieschnur, die Sesshoumaru-sama um ihn gelegt hatte, nach wie vor tödlich genug existierte. So brachte er nur mehr ein: „I … Inu ...“ hervor, als sich ein mehr als zwei Meter großes Wesen, menschenähnlich aussehend, aber offenbar aus dem Fleisch der Erde stammend, vor ihnen aus dem Kies aufrichtete. Der steinerne Krieger trug eine Waffe aus eben diesem Material an einem Felsgürtel, musterte kurz die Hundebrüder, ehe er meinte: „Du bist ein Halbdämon.“ „Und, was dagegen?“ knurrte Inu Yasha prompt, dem derartige Ansagen zu den Ohren heraus kamen. „Meine Klinge.“ „Keh!“ Tessaiga war keine Wahl, das war klar. Was jetzt? Unwillkürlich blickte er nach rechts. Sesshoumaru musterte den Krieger, ehe er sagte: „Tue, was du willst, Inu Yasha. Ich werde zusehen.“ Man mischte sich schließlich nicht in den Kampf eines Anderen ein. Und der Unbekannte hatte den Bastard aufgefordert. Super. Das zum Thema „großer Bruder“, dachte der Jüngere, der nur zu gut bemerkte, dass Myouga auf einmal vier Meter hinter ihm im Sand stand. Aber aufgeben, ein Duell ablehnen, noch dazu unter den Augen dieses arroganten Mistkerls von Hundedämon? Nie im Leben. So ging er langsam etwas vor. „Du lauerst hier in der Wüste, in der Mitte des Nichts, auf einen Halbdämon? Mann, was für ein langweiliges Leben.“ „Es hat sich soeben ausgezahlt.“ Der große Krieger sah kurz zu dem zweiten der Fremden, aber der bewegte sich keinen Millimeter. „Ich bin Yamaton. Sage mir deinen Namen, damit ich ihn auf deinen Grabstein schreiben kann.“ „Keh! Ich bin Inu Yasha. Und du wirst es bereuen mich je kennen gelernt zu haben.“   Toutousai starrte das Metall in seiner Hand an als wäre es die Quelle allen Übels. Oh, das war sie auch. Das Höllenschwert, So´unga, das sich unter seinem kundigen Leder polieren ließ und förmlich schnurrte. Nun, schlimmer hätte es nur werden können, wenn die Herrin der westlichen Länder, wie er es einst bei dem Herrn unter dessen Hand erspäht hatte, sich dermaßen entspannt auf seinem Schoss … „Toutousai.“ Ach du Schande! Der alte Schmied fuhr entsetzt herum, wohlweislich, ohne das bösartige Schwert loszulassen. Hatte der Inu no Taishou etwa seine letzten Gedanken mitbekommen? Was konnte ein toter Dämon sehen? „Verehrter Herr! Welche erfreuliche Überraschung!“ „Diese liegt wohl auf meiner Seite, alter Freund“, korrigierte der vormalige Inu no Taishou milde. „Du, hier, lebendig und mit So´unga im Schoss?“ „Das war auch nicht meine Idee. Glaub mir, ich gebe es gern dir.“ Der alte Schmied murrte es grimmig. „Kaum. Ich habe da einen Handel mit der Herrin dieser Welt. Aber, könntest du mir das erklären?“ Da das keine Bitte sondern ein Befehl war, seufzte Toutousai. „An alledem ist nur deine Gemahlin schuld. Du weißt schon. Ich habe ihr deinen Brief an deine Söhne gegeben.“ Der Herr der Hunde zog fast unmerklich die Brauen zusammen, allerdings flogen in gewissem Umkreis Sandkörnchen fast einen halben Meter empor, und das Höllenschwert schien sich förmlich danach umzusehen, wer es da mit seiner Energie in seinem seltenen Entspannungssschlaf störte. So fuhr Toutousai hastig fort: „Äh, naja, mir fiel sonst niemand ein, der die zwei Chaotenbrüder, ich meine, deine zwei Söhne, auf einmal zu sich zitieren kann, Falls du es noch nicht weißt – sie sind reizbar, stark und unberechenbar. Ich hänge an meinem Leben. Sie rief sie auch.“ Der Inu no Taishou entspannte sich. „Ah. Der Kleine ist also erwachsen geworden. Myouga scheint sich nach Izayois Tod gut um ihn gekümmert zu haben. Hat der Junge jetzt Tessaiga? Und kann er es beherrschen?“ Was war nur schief gegangen, dass Toutousai einen unfreiwilligen Urlaub in der Unterwelt bekam? Seine dämonische Gemahlin mochte manchmal sarkastisch sein – aber das hatte immer einen guten Grund. Zum Anderem war sie zu logisch. Nun ja, die Frage sollte wohl eher lauten: was hatte sein alter Freund vergessen?   Er sollte dem Herrn vermutlich nicht unbedingt erzählen, dass das Hundebaby schon länger volljährig war und er selbst den Brief nur unter seinem Bett liegen gehabt hatte. Sonst konnte er hier unten gleich einziehen. Er hatte ganz verdrängt wie machtvoll die Energie des einstigen Taishou gewesen war. Kein Wunder, eigentlich, dass der hier einfach so spazieren ging. „Oh, ja. Er hat ihm so einiges mehr beigebracht als ich der Klinge mitgab. Und das will was heißen.“ Wo gab es noch gute Nachrichten für einen Vater? „Und, ehe du fragst – Sesshoumaru hat das Meidou mit Tenseiga gemeistert und jetzt hat es Inu Yasha. Dein Ältester hat ein Schwert aus sich selbst erschaffen. Bakusaiga. Und ehrlich gesagt, er ist weit gekommen auf seinem Weg.“ „Sie arbeiten jedenfalls zusammen.“ Der Erzeuger klang stolz. „Ich habe immer befürchtet, Sesshoumaru könnte auf den Kleinen losgehen, aber er hat wohl wirklich dazu gelernt.“ „Äh, ja.“ Toutousai beschloss sein Gedächnis etwas mehr als selektiv zu gestalten, auch nichts über den Zirkus an Menschenkindern und Kröten zu erwähnen, den der potentieller Erbe des Westens herumgeschleppt hatte, und polierte eifrig das summende Höllenschwert. Kein Bedarf an Ärger auch noch hier. „Sie sollten jetzt gemeinsam auf der Insel der Toten sein., wie du es wolltest. Naja, mit Myouga.“ „Gut. Dann lernen sie auf dem Weg noch den Rest.“ „Taishou, du kannst planen, das weiß ich sehr wohl, aber ...“ „Sie arbeiten zusammen. Dann kann nichts mehr geschehen.“ Der Hundefürst wandte sich um. Das klang doch alles hoffnungsvoller als er es sich vorgestellt hatte. „Äh, warte! Wie komme ich hier weg?“ Das Lächeln, das der ehemalige Taishou über seine Schulter warf, erinnerte an seinen Ältesten. „Oh, frag doch meine teure Gemahlin.“ Und weg war er. „Hundeblut!“ murrte der alte Schmied. Zum ersten Mal in ihrer Existenz waren er und So´unga sich vollkommen einig.   Inu Yasha musterte seinen Gegner. Yamaton, hatte der sich vorgestellt. Der Kerl war mehr als einen Kopf größer, breiter und aus Stein. Das jagte ihm nicht unbedingt Respekt ein, aber ohne Tessaiga war das schon mal ein wenig schwieriger. Überdies hatte der fremde Krieger auch noch ein steinernes Schwert im Gürtel. Lästig. Der Halbdämon gab sich nicht der Illusion hin, dass Sesshoumaru für ihn auch nur einen Finger krumm machen würde. Da musste er selbst durch. Vielleicht hätten sie doch das rechte Portal nehmen sollen, so, wie er es vorgeschlagen hatte. Aber natürlich hörte niemand auf ihn. Andererseits hatte Myouga ja lauthals davon gesprochen, dass jedes Portal irgendwelche Probleme beinhalte. Der Kerl hier war eben eins davon, das er jetzt lösen musste, wollte er an Vaters Geschenk herankommen. Hm. Er sollte, musste Tessaiga, seinen verlässlichsten Partner der letzten Monate und Jahre vergessen. Also sollte er wohl das machen, was er es als Kind gegen größere, stärkere Gegner getan hatte. Und das waren praktisch alle gewesen. Einen kleinen Halbdämon hatten zu viele zum Fressen gern. Allerdings besaß er keinerlei Erfahrung mit einem Typen aus Stein. Gleich. Er würde nicht verlieren, das tat er schließlich nie. Der Idiot war größer als er, aus Stein, und unglaublich selbstsicher. Zu sicher. Und vor diesem arroganten Hund, mit dem er auch noch die Hälfte seines Blutes teilte, würde er nie verlieren. Immerhin war er der Einzige, der den je mit eingezogenem Schwanz nach Hause geschickt hatte. Er war besser als der. Inu Yasha atmete tief durch, als er spürte, wie irgendetwas in seinem Kopf einen Schalter umlegte. Kampf. Nichts anderes.   Der steinerne Krieger machte vier Schritte, weite, und für ein Wesen aus diesem Material unglaublich schnell. Die massive rechte Faust donnerte auf den Halbdämonen zu, um ihn buchstäblich in die Erde zu rammen. Inu Yasha hatte nicht die Absicht stehen zu bleiben, oder, was auch immer der Trottel da dachte. Er sprang seinem Gegner entgegen, empor, die Klauen nach dem Einzigen ausgestreckt, das er für verwundbar hielt – die Augen, die bei einem derartigen Angriff absolut ungedeckt waren. Ein wilder Aufschrei Yamatons verriet, dass zumindest etwas davon geklappt haben musste, dann war Inu Yasha hastig damit beschäftigt mit einem gewagten Überschlag der Linken seines Gegners auszukommen, die seinen eigenen linken Arm gepackt hatte, den Griff über den Daumen zu brechen. Er schüttelte unwillkürlich die rechte Klaue. Stein war ganz schön hart und er hatte auch die Umgebung des Auges treffen müssen, um sicher zu gehen. Leider war der Idiot besser als er hätte sein dürfen, denn er vermutete schwer, dass sein linker Arm nicht nur geprellt sondern angebrochen war. Nun ja, es mochte manchmal schön sein wehleidig zu sein, vor allem, wenn Kagome ihn dann verwöhnte – zum Sterben war es nicht schön genug. Immerhin hatte er die Gefährlichkeit seines Gegners herabgesetzt, wie dessen unwillkürlicher Handgriff zu seinem rechten Auge bewiesen hatte, ebenso wie der Aufschrei. Er hatte ihn halbseitig geblendet. Allerdings um den Preis, dass sein linker Arm so gut wie gebrauchsuntauglich war und seine rechte Klaue Blutspuren zeigte. Egal.   „Sesshoumaru-sama!“ keuchte Myouga. Da der nicht reagierte, wagte es der panisch werdende alte Floh auf dessen Fell zu springen und mit seinen zwei freien Armen zu wedeln. „Sesshoumaru-sama, lasst Euch etwas einfallen!“ Der Hundedämon reagierte nur mit Worten auf die unerwünschte Annäherung. „Narr, der du bist. Natürlich gewinnt Inu Yasha.“ Der Flohgeist wunderte sich nicht über das ungewohnte Vertrauen. „Er blutet und ist verletzt, junger Herr!“ „Das stört ihn kaum.“ Was würden die Jungs nur ohne einen wertvollen Berater tun?„Tessaiga! Es ist nur mehr ein rostiges Stück Metall!“ Und da würden nur zu bald ein Krieger aus Stein unbekannter Herkunft und ein verrückt gewordener vollblütiger Dämon gnadenlos kämpfen.   Kapitel 5: Der Nagel auf den Kopf --------------------------------- Inu Yasha fasste kurz an seinen linken Arm. Ja, angebrochen. Lästig. Das würde zwar heilen, aber zumindest im Augenblick würde er gegen den steinernen Riesen damit kaum einen Blumentopf gewinnen. Tessaiga funktionierte nicht und ehe sein Halbbruder eingriff würde es hier in der Kieswüste schneien. Erst einmal neigte der nicht zu Rettungsmissionen, wenn man nicht gerade Rin hieß, und zum Zweiten galt es als ehernes Gesetz unter Dämonen sich nicht in den Kampf eines Anderen einzumischen. Zumindest unter hochrangigen. Er sollte sich schnell irgendetwas einfallen lassen, ehe dieser Yamaton ihn noch mehr verletzen konnte. Immerhin war es ihm gelungen dessen rechtes Auge zu beschädigen. Aber ein Klauenangriff gegen Stein war ziemlich schmerzhaft und brachte wenig ein. Ach, wieso war sein schönes Tessaiga auf dieser Insel verhext? Der steinerne Krieger musterte den kleineren Kontrahenten. „Gibst du auf, Inu Yasha? Ich bin der Stärkere, das wirst du nun, nach deinem Glückstreffer, erkannt haben.“ Der und Glückstreffer, ja, dachte Sesshoumaru. Davon konnte er ein Lied singen, seit er diesen überaus törichten Einfall hatte, sich in einem Kampf gegen den Jungen in seine wahre Gestalt zu verwandeln, eine Idee, die ihn für so einige Zeit seinen linken Arm gekostet hatte. Aber woher hatte er auch zu diesem Zeitpunkt nach seinen bisherigen Erfahrungen wissen sollen, dass Tessaiga den als seinen Herrn anerkannte, auch ohne die Windnarbe ein interessantes Schwert war, und eben der törichte Bastard der Liebling der Glücksgöttin? Inzwischen wusste er, dass Inu Yashas Talent in einem Kampf den Nagel auf den Kopf zu treffen nahezu perfekt war – vor allem, wenn Dämon berücksichtigte wie ziellos diese Schläge im Allgemeinen waren. „Keh, ja, du bist groß und aus Stein, na und? Geh mir jetzt besser aus dem Weg,“ gab der Halbdämon prompt zurück. Ah, natürlich, Tessaiga. Es war immer noch ein Schwert, auch, wenn er die Windnarbe nicht bekommen würde. Aber es war aus Metall. Mal antesten, ob er damit den grauen Körper seines Gegners zumindest erschüttern könnte. Oder, noch besser, zerschlagen. Wenn nicht, müsste er sich etwas anderes einfallen lassen, das hatte doch noch immer geklappt. Yamaton schüttelte ein wenig den massiven Kopf. „Du hattest Glück. Du bist der Erste, der mich verletzte. Aber dein Glück endet hier, denn nun spiele ich nicht mehr. Es wird rasch vorbei sein.“ „Da sind wir zum ersten Mal einer Meinung.“ Der Halbdämon wich etwas zurück und duckte sich ab. Tessaiga, ja, das war eine Option, und er musste sich darauf verlassen, dass ihn sein Feuerrattengewand schützte. Denn der Kerl würde wieder mit der steinernen Faust zuschlagen, damit war der anscheinend stets durchgekommen. Nun ja, so lange der nicht sein Schwert zog. Dann wurde es kritischer. Aber das war womöglich auch für diesen Riesen schwer und würde den entsprechend ermüden. Das wäre doch ein guter Grund es nicht zu benutzen. Myouga holte tief Atem, als die Faust Yamatons erneut auf seinen jungen Herrn zuschoss. „Oh je!“ wisperte er. Wann würde der Schmerz oder die Todesangst zu groß werden und sich der Halbdämon in eine Mordmaschine verwandeln? Leider hatte er sich damit Sesshoumaru wieder in Erinnerung gebracht, der nach seinem Fell griff und den Winzling von seiner Schulter auf den Kies schnippte. Der Hundedämon war unmerklich angespannt. Er hatte Inu Yasha in den vergangenen Monaten des Öfteren kämpfen gesehen, nicht zuletzt gegen sich selbst, aber einmal war es ihm nur gelungen, den bewusstlos zu schlagen, als der sich verwandelt hatte. Und das hatte damals mit Tokejin eine Weile gedauert. Jetzt trug er selbst nur Tenseiga, und das nicht einmal gebrauchsfähig, – das konnte hart werden, falls sich der Mischling verwandelte. Das würde vermutlich nicht mehr lange dauern, Vaters mächtiges Blut übernehmen um das Halbblut zu schützen. Die Faust hatte Inu Yasha zwar verfehlt, da dieser auf die Seite gesprungen und abgerollt war, aber einer der steinernen Füße hatte ihn bei dem Ausweichmanöver getroffen. Mutmaßlich hatte nur das Feuerrattenmaterial verhindert, dass sein Oberschenkel durch den Tritt verletzt oder angebrochen wurde. Den linken Arm benutzte er auch nicht mehr. Aber aufgeben würde der Bastard nie, das hatten er selbst und auch dieser unsägliche Naraku erfahren. Verflixt, dachte Inu Yasha, so konnte das nicht weitergehen. Jeder Schlag oder Tritt, den er abbekam, würde ihn verletzen – und er wusste zu was er dann wurde. In diesem wahnsinnigen Zustand würde er zwar Yamaton besiegen, dann aber auf die nächsten Leute losgehen, die hier herumstanden. Leider wären das Myouga und Sesshoumaru. Wer war denn nur auf die dämliche Idee gekommen Tessaiga zu neutralisieren? Vater? Der musste doch am ehesten gewusst haben, was das bedeutet. Er brauchte eine Erleuchtung, und das rasch. Tessaiga, ja, klar. Immer Tessaiga, dachte er, und zog das Schwert, obwohl der Griff in seiner Klaue wieder fast schmerzhaft prickelte. Nein, seine Klinge war nicht funktionstüchtig, sie blieb auch klein und rostig. Tja. Die Faust des steinernen Riesen fuhr empor und fiel donnernd auf den Platz, an dem der Halbdämon eben noch gestanden hatte. Tatsächlich war er empor gesprungen, hatte dabei die geblendete Seite Yamatons ausgenutzt und trieb im Vorbeispringen sein Schwert in das gesunde Auge. Die einzigen verletzbaren Stellen im Stein. Unverzüglich zuckte der Gigant zurück. „Der schwächere Kämpfer von euch hat mich besiegt“, sagte er und es klang kein bisschen unfreundlich, wenngleich Inu Yasha lieber in Distanz blieb. „Ihr dürft weitergehen. Das nächste Portal liegt hinter mir.“ „Die nächste Prüfung?“ erkundigte sich der Halbdämon, schob jedoch sein Schwert zurück. Das Prickeln war doch recht unangenehm in der Hand, fast wie eine Verbrennung. Das musste so ähnlich wie bei Sesshoumaru sein, wenn der Bannkreis diesen abwies. „Ich weiß nicht, was dort ist. Ihr wollt jedoch zu der Burg. Ich bin einer der Wächter.“ Was hieß, dass da wohl noch einige Kämpfe und andere Probleme vor ihnen lagen. Lästig. Sesshoumaru wartete nur kurz, aber da sich der steinerne Riese wieder in den Kies legte, seine Augen schloss, wohl um sie zu regenerieren, und schließlich verschwand, ging er weiter, sicher, dass sein Halbbruder wieder an seine Seite käme. Prompt machte Inu Yasha auch den Sprung, warf dem Loch im Boden, wo Yamaton versunken war aber noch einen Blick zu. Irgendwie hatte er gehofft, dass er mal ein „Gut gemacht“ zu hören bekam, aber das war ja anscheinend zu viel verlangt. Mist. Das mit seinem linken Arm war ärgerlich, aber natürlich würde er kein Wort darüber verlieren. Morgen wäre der schon wieder heil. Wo war eigentlich dieser Floh? Ah, da kam er angesprungen, „Also doch Prüfung, Onkelchen“, meinte der Jüngere der Hundebrüder triumphierend. „Tödliche Prüfungen, Inu Yasha-sama“, korrigierte der Ex-Berater. „Verliert Ihr, ist das Euer Ende.“ Hatte der denn nie zugehört? Was musste Sesshoumaru denn von seiner, Myougas, Erziehung halten? Oder gar die Herrin, die ja deutliches Interesse an dem Halbdämon gezeigt hatte? Schön, er war alt und vergaß manches, aber er war sicher: nie zuvor hatte ein Mensch oder Halbdämon bei ihr etwas zu essen bekommen. Vielleicht war ihr eine gewisse Ähnlichkeit zum verstorbenen Inu no Taishou aufgefallen, das würde einen Teil davon erklären. Auf jeden Fall besaß der Junge die ungelenke Höflichkeit, die sein Vater einst gezeigt hatte, als er zum ersten Mal der Fürstentochter aus dem Schwebenden Schloss begegnete, angelernt und doch ungeübt, aus guter Familie, aber höfisch unerfahren. Der alte Fürst, ein knurriger, wenngleich überaus mächtiger, Hundedämon hatte Wert darauf gelegt, dass seine künftige rechte Hand, denn das war sein Taishou, sein Feldherr, auch seine Erbin kennen lernte. Was er damit erreichen wollte blieb sein Geheimnis, aber immerhin hatte er die wachsende Nähe der Beiden nicht nur geduldet, sondern sogar gefördert. Und es war ihm vergönnt gewesen noch die Geburt eines Enkels zu erleben. Tja. Denn genau da lag das Problem. Myouga warf einen raschen, wie er hoffte unauffälligen, Blick, auf den Rücken des potentiellen Erben der westlichen Länder. Der Blutabstammung nach könnte Sesshoumaru der Fürst werden – allerdings stand ihm da seine Mutter als Regentin im Weg. Erst nach deren Tod könnte er das Erbe einfordern, müsste sich dann jedoch mit Allen messen, die ihm in die Quere kamen. Nun gut, das sollte für ihn mittlerweile machbar sein. Anders sähe es nur aus, wenn der verschwundene Fürstenring auftauchen würde. Natürlich in seiner Hand. Damit wäre er derjenige aus der Blutlinie, der von seinem Großvater als Erbe gewünscht wurde, und automatisch ranghöher als seine Mutter, ergo er konnte in der Tat Fürst werden und die Regentin ausbooten, genauer, ihr den Rückzug in das entfernte Sommerschloss mehr als nahelegen. Ob er das überhaupt wollte war dahin gestellt. Anscheinend zog der Kerl lieber durch die Lande, statt in einem Schloss zu sitzen und die routinemäßige Verwaltung zu erledigen, mit Beratern zu sprechen. Wobei, das gab Myouga zu, er selbst nicht verstand, wie dieser Jaken sich schon quasi als Fürstenberater sehen wollte. Der hatte doch noch nie an einer Regierung teilgenommen und keine Ahnung davon, wie schwer und riskant solch ein Posten war. Moment. Hatte diese Kröte nicht einmal von sich gegeben, er wäre irgendwo König gewesen? Na, wenn die ihn rausgeworfen hatten, war der sicher nicht besonders fähig. Er merkte auf, da Inu Yasha sagte: „Nicht schon wieder!“ Diese Aussage bezog sich auf die drei schwarzen Portale, die sich vor den unwilligen Besuchern zeigten. Der Halbdämon fuhr fort, sicher, dass er gleich wieder gefragt werden würde, wohin er gehen wolle - nur, um dann prompt ignoriert zu werden: „Ich denke ...“ „Lass das.“ Da Sesshoumaru bemerkte, dass er verwirrt angesehen wurde, ergänzte er: „Man soll nur tun, was man kann.“ „Keh! Dann würde ich an deiner Stelle das Kämpfen sein lassen, ehe deinem Arm wieder mal was passiert.“ „Wir können das auch gern sofort klären.“ Ach du je! Myouga rang geistig vier und tatsächlich zwei Hände, da die Anderen gebunden waren. Zwar hatten die Schwerter der beiden Chaoten ihre magische Macht verloren, aber aus Stahl und scharf geschliffen waren sie immer noch. Und auch mit der Klaue konnten sich diese zwei Irren an die Kehle gehen. Was sollte da ein armer, alter Flohgeist nur machen? So meinte er mit einer zittrigen Stimme, die nur zu sehr an die weiße Fahne eines Zivilisten erinnerte, der sich plötzlich im Kreuzfeuer zweier feindlicher Armeen sieht: „Äh, wenn die jungen Herren vielleicht an den Befehl Eures mächtigen Vaters denken würden, dass Ihr zu zweit bei dieser Ruine ankommen sollt, um Euer Erbe in Empfang zunehmen? Ihr wollt doch die Hinterlassenschaft, die Euer Herr Vater sicher unter Mühen dort deponiert hat, erhalten?“ Das führte unverzüglich dazu, dass er sich unter dem eisigen Blick aus gleich vier goldfarbenen Augen wiederfand. „Sag mir nie, was ich tun soll“, knurrte der Ältere. „Sag mir nie, ich soll mich beruhigen, DAS macht mich wütend“, meinte Inu Yasha gleichzeitig. Ach, warum waren sie sich nur einig, wenn es gegen arme alte Flohgeister ging? Danke, Herr! Myouga warf einen anschuldigenden Blick auf den Boden, wie er hoffte, in die Unterwelt, stammelte jedoch tapfer weiter. „Seht Ihr, Ihr wollt Beide doch sehen, was der verehrte Herr Euch hinterlassen hat. So müsst Ihr auch gemeinsam dort eintreffen. Und möglichst rasch, denn ich vermute doch, dass Ihr diese Insel schnell wieder verlassen wollt ...“ Darauf konnte er Gift nehmen, dachten die Halbbrüder in außergewöhnlicher Eintracht und sprangen, ebenso selten wortlos einig, in das mittlere Portal. Myouga hechtete gerade noch unter Flüchen, die gewiss für keines Hundes Ohr bestimmt waren, hinterher.   Das Unbekannte, das das Trio erwartete, war dunkel. Und kalt. Und nass, wie Myouga unverzüglich feststellte. „Inu ...“ brachte er noch hervor ehe er in dem stinkenden Wasser versank. Mit seinen zwei Armen wild rudernd kam er wieder an die Oberfläche. Er konnte doch nicht schwimmen! „Inu Yasha!“ keuchte er, in der sicheren Überzeugung, der ältere Hundebruder würde ihn nicht einmal wahrnehmen, wenn er dessen Namen direkt in sein Ohr schreien würde. Der Jüngere neigte doch zu gewisser Hilfsbereitschaft und wäre womöglich sogar schon wieder abgeregt nach dem Zornausbruch zuvor. Etwas legte sich um ihn und der Floh wollte bereits aufquietschen, ehe er erkannte, dass es die vertraute Klaue eines Hundedämons war. Inu Yasha setzte ihn sich auf den Kopf: „Du kannst nicht schwimmen?“ „Nein, danke, Inu Yasha-sama!“ Myouga war wirklich erkenntlich. Diese Brühe, in der sie hier gelandet waren – beim Rüssel seines Vaters, was war das hier nur für ein Ort? „Ich auch nicht,“ gab der Halbdämon zu. „Naja, ich kann mich über Wasser halten, der linke Arm macht mir doch zu schaffen. Übrigens – he, Sesshoumaru? Wo steckst du?“ schrie er in die Dunkelheit, um etwas leiser hinzuzufügen: „Onkelchen, kann der eigentlich schwimmen?“ Das konnte ja heiter werden, wenn er mit nur einem gebrauchsfähigen Arm die Beiden gleich mit nehmen sollte. „Äh, ja, ich denke schon.“ Myouga hatte keine Ahnung, aber es konnte, würde, nur fatal enden, dem mächtigen Hundedämon zu unterstellen, dass der etwas nicht beherrschte. Aus der Schwärze vor ihnen leuchtete etwas Rotes. Unwillkürlich spannte sich Inu Yasha an, der Flohgeist auf seinem Kopf krallte sich in seine Haare. Dann erkannten beide den gigantischen weißen Schemen mit rot leuchtenden Augen, der sich paddelnd näherte. „Ah, da bist du“, erklärte der jüngere Halbbruder hörbar erleichtert. „Eine Ahnung, wo wir sind?“ Nein, die hatte Sesshoumaru in keinster Weise. Immerhin war Myouga auch noch da und womöglich konnte der etwas Sinnvolles beitragen – falls sie es schafften das Land dahinten zu erreichen, auf das er zufällig gestoßen war. Er wandte sich ab um wegzuschwimmen, erkannte dann jedoch, dass der törichte Halbdämon mehr oder weniger aufrecht verharrte. Natürlich. Der konnte nicht schwimmen. Nun, womöglich schon, aber nicht mit einem nur langsam heilenden linken Arm. Myouga hatte der immerhin auf dem Kopf. Oh, es war peinlich, aber, was sollte Dämon schon machen, wenn Vaters letzter Wunsch lautete, sie sollten zu zweit an dieser Ruine eintreffen? Nun gut, wenn er selbst sein Erbe haben wollte. Und das wollte er definitiv. Missmutig wandte er sich wieder um und paddelte direkt neben Inu Yasha. Hoffentlich verstand dieser Mischling was das sollte. Tatsächlich hatte der Halbdämon verstanden, dass Sesshoumaru gerade wegschwimmen wollte, aber umdrehte. Das konnte, sollte doch nicht etwa heißen ...? Nun, es musste, und so griff er mit einer Kühnheit, ja Sicherheit, in das dichte Schulterfell, die Myouga über ihm nur ächzen ließ. Kaum, dass er festen Griff hatte, drehte der Riesenhund endgültig ab und schwamm geradewegs los, was bei den beiden Anhängseln den Eindruck erweckte, da wäre etwas, was ihnen bislang entgangen war. In der Tat erreichte das ungleiche Trio nach nur wenigen Minuten eine Insel, festen Boden. Erleichtert sprang Inu Yasha hinauf und nahm seinen „Hut“ elegant ab. Myouga war schon froh auf den Boden gesetzt zu werden und nicht fortgeschnippt. Ach, auf was hatte er sich hier nur eingelassen? Eine Tasse Tee bei Kagome erschien ihm plötzlich unglaublich verlockend. Der Halbdämon sah sich um, während der Riesenhund seine menschliche Gestalt wieder annahm – durchaus wieder trocken. Inu Yasha nahm das ein wenig missmutig zur Kenntnis, denn er war und blieb gründlich durchfeuchtet. So viel Energie zu besitzen war eindeutig ein unfairer Vorteil in unangenehmen Lebenssituationen. Egal. Diese Insel war nicht sehr groß. Und sie schwamm sozusagen auf dieser stinkenden Brühe, die seine arme Hundenase fast verätzte. Auch dort, wo er bloße Haut besaß,brannte die Feuchtigkeit förmlich. Nun gut, für Sesshoumarus Nase musste es noch schlimmer sein und der sagte ja auch nichts Moment mal. Das kannte er doch? Ach du liebe Güte. Das war dann ja eine nette Patsche. Die letzten Male war er immer mit Tessaigas Hilfe entkommen. Leider war das momentan nur sehr bedingt brauchbar. Hoffentlich fiel dem Herrn Halbbruder was Nützliches ein. Myouga kaum, der angebliche Berater hatte ja noch nicht einmal bemerkt, in welchem Schlamassel sie hier steckten. Nun gut, auch Sesshoumaru wohl nicht, wobei der auch kaum je in solch einer Lage gewesen war „Äh ...“ Er drehte sich um, um zu dem Älteren zu sehen. „Wenn du eine Idee hast, wie wir hier herauskommen, wäre es ein guter Zeitpunkt damit herauszurücken. Ich schätze uns bleibt noch eine Stunde, ehe diese Insel weg ist.“ Sesshoumaru war aus gleich drei Gründen überrascht. Seit wann fragte ihn dieser vorlaute Bastard um Rat? Wo bedeutete „hier“ herauskommen? Wusste Inu Yasha etwa was los war? Unwahrscheinlich, unmöglich, eigentlich, oder? Wieso sollte die, zugegeben weiche, Insel dann weg sein? So nahm er zu dem Zuflucht, was die einfachste Lösung war: „Myouga?“ Ach du je, dachte der Flohgeist nur, von durchaus ähnlichen Gedanken, jedoch weitaus mehr Panik bewegt. Wenn Inu Yasha nicht dreinschlug, sondern nach Ideen verlangte, sah der Fall finster aus, Nicht funktionierendes Tessaiga hin oder her. Zweitens hörte sich das nach einer sehr ernsten Lage an. Drittens, und das war noch besorgniserregender, wusste der kleine Hundebruder offenbar was los war, da er schon in solch einer Lage gewesen war. Und dem Flohgeist fielen sehr wenige Situationen in dem Leben des Jungen ein, die nicht lebensgefährlich gewesen waren. Leider besaß er selbst nicht die mindeste Ahnung was los war. Da er sich aber nicht traute dem möglichen, zukünftigen Fürsten der westlichen Länder die Auskunft zu verweigern, sah er in der Dunkelheit da hin, wo er das Gesicht des Halbdämons vermutete. „Äh, womöglich wäre es nützlich, mitzuteilen, wo wir „hier“ sind? Was Euch ja wohl bekannt ist? Dann könnte man auch überlegen, wie man wieder herauskommt.“ „Oh.“ Inu Yasha war versucht sich hinter den Ohne zu kratzen, ließ das dann jedoch sein, um nicht den nächsten dämlichen Kommentar abzubekommen. „Äh, naja. Das Zeug hier, ich meine, diese Flüssigkeit, stinkt so wie damals, als ich im Magen eines Eremiten steckte. Oder dieses Berggeistes.“ Sesshoumaru schloss kurz die Augen, sah sich aber außerstande sich auch nur vorzustellen, wie man es schaffte im Magen eines Berggeistes zu landen, oder gar eines, offenbar menschlichen, Eremiten. Nun gut, es handelte sich um Inu Yasha. Wichtiger war jetzt etwas anderes: „Und wie kamst du heraus?“ Er wurde tatsächlich mal gefragt und seine Meinung angehört? „Bei dem Eremiten lag Tessaiga außerhalb und ich ließ die Scheide das Schwert rufen. Das bohrte sich durch seinen Bauch und fertig. Bei dem Berg half die Windnarbe. Aber die haben wir hier nicht und Tessaiga ist auch bei mir.“ Myouga brach der Schweiß aus. „Im Magen? Und Ihr habt keine Idee wie wir hier herauskommen?“ Nein, seiner Angst brauchte er sich nicht zu schämen. Das würde ein Rudel Wolfsdämonen in Furcht versetzen.   Kapitel 6: Frisch gewagt ist halb gewonnen ------------------------------------------ Inu Yasha zuckte mit der Hand zum Schwertgriff als er in der Schwärze um sich etwas grünlich schimmern sah, erkannte dann, dass die Rechte seines Halbbruders zwar leuchtete, der sich jedoch von ihm abwandte und offenbar versuchte die Umgebung wahrzunehmen. So folgte er dem Beispiel in dem mehr als vagen Licht der Giftklaue. Sie befanden sich an der Oberfläche eines Gewässers, das nach Säure roch, ab und an sogar Blasen warf. Es handelte sich um einen riesigen Raum, dessen Decke oder auch Wände so nicht zu entdecken waren. Die Luft war seltsam kalt und stickig. Nur links von ihnen schien die dunkler werdende Schwärze sich ein wenig zu wölben, ja, zu bewegen. Das war sicher die Magenwand. Diese scheinbare Insel, auf der sie standen, war bestimmt irgendein Nahrungsteil, das noch nicht verdaut worden war. Toll. Ohne weiter nachzudenken fielen dem Halbdämonen zehn Orte ein an denen er sich im Augenblick lieber befunden hätte – angefangen bei Kagomes Armen. „Oh du je“, jammerte der alte Floh, der auch das sah, was die Hundebrüder erblickten. „Eine Idee, ein Fürstentum für eine Idee!“ „Na ja, du bist doch hier der tolle Berater, oder?“ meinte Inu Yasha und löste damit etwas wie ein Fiepen aus, das an einen getretenen Welpen erinnerte, was allerdings keinen der Halbbrüder interessierte. Nein, dachte Myouga panisch. Er hatte keine Ahnung wie sie hier herauskommen sollten. Er war noch nie in solch einer Lage gewesen, konnte ihr auch nicht entkommen, und zu allem Überfluss … Irrte er sich oder bewegte sich die Wand auf sie zu? „Ah, davon hat mir Kagome erzählt, sie lernte da für ihre Schule Biologie, also früher, “ erklärte der Halbdämon doch deutlich unbesorgter. „Die Magenwände versuchen dickere Brocken zu zerreiben. Schön, also an mir wird sich dieses Mistvieh die übelste Magenverstimmung seines Lebens holen!“ Da hatte Inu Yasha doch einmal unerwartet vollkommen recht. Sesshoumaru war ebenfalls entschlossen hier wieder herauszukommen. Was für ein unwürdiges Ende, das nur den einzigen Trost bot, dass seine Mutter davon nie erfahren würde. Sie würde allerdings auch so kaum einen Gedenkstein für ihn aufstellen, wenn er auf dieser Insel umkam. „Unfähig“, war überdies auch nicht die Inschrift, die er dort stehen haben mochte. Bei dem seines Großvaters stand immerhin Eroberer von ….und dann folgten Dörfer, Städte und Provinzen, Sieger der Schlachten, die dann folgten, Erbauer des Schwebenden Schlosses, der sichtbare Teil von Vaters Grab war ein imposantes Denkmal aus Stein, wenngleich ohne Beschriftung, schließlich war er nicht der Fürst gewesen. Aber einen Einfall! Wozu hatte man eigentlich Berater, wenn die zu nichts nutze waren? Myouga war da ein gutes Beispiel dafür, Jaken das nächste. Nun gut, Myouga war ja quasi Inu Yashas Erbteil, also hatte der den am Hals – und den Kröterich, den sollte er wirklich mal wem anders aufdrücken. Fragte sich nur, wer ahnungslos genug dazu wäre den bei sich aufzunehmen. Zugegeben, loyal war der Frosch, wenngleich auch redselig und … Gleich. Priorität hatte das Hier-Wegkommen. Hm. Er musterte seine noch immer grün leuchtende Hand, dann die Magenwand vor sich, die sich stetig in seltsamen Wellenbewegungen ihnen zu nähern schien. Immerhin konnte er fliegen. Warum nicht, einen Versuch war es wert. So sprang er empor, und drückte seine noch immer grün leuchtende Klaue gegen die Wand. Zu seiner Überraschung fühlte sie sich zwar schleimig an, war jedoch darunter fest. Muskeln, erkannte er. Gut. Muskeln bedeutete ein reales Lebewesen, das folglich auch Schmerz empfinden konnte – und umzubringen war. Unter der ätzenden Säure der Giftklaue zuckte die Magenwand förmlich zurück, begann jedoch zu schmelzen. „Was zum ... Ah!“ Der jüngere Halbbruder hatte verstanden und sprang ebenfalls empor, sein Schwert ziehend. „Inu ...“ Myouga brach sein Flehen ab mitgenommen zu werden, als er erkannte, dass immerhin die Wand zurückwich, ja, beschädigt zu sein schien. Sesshoumaru hatte eine Idee gehabt! Und Inu Yasha hatte die wohl eher begriffen als er, denn der stieß Tessaiga in das entstehende Loch und riss es förmlich seitwärts, so rasch er es noch im Sprung vermochte, ehe er versuchte zurück auf der kleinen „Insel“ zu landen und nicht erneut in der Verdauungsflüssigkeit. Der Hundedämon blieb oben schweben und ließ immer weiter sein Gift in den geschaffenen Spalt fließen, sicher, dass Inu Yasha gleich wieder käme. Der konnte eben nicht fliegen, so als erbärmlicher Halbdämon, aber er musste zugeben, dass der schnell verstanden hatte auf was diese Aktion hinauslaufen sollte. Immerhin besser als dieser jämmerliche Floh. Noch solch ein Riss mit Tessaiga und sie würden erkennen können, was außerhalb des Magens war. Da mussten sie dann auch durch. Der jüngere Halbbruder kam auch prompt wieder hoch, in dem sicheren Wissen, dass ihre Zeit auf dieser kleinen Insel ablief und es dann wirklich schwierig wurde. Immerhin schien die Giftklaue nicht nur ein Loch zu machen sondern dem, in dem sie steckten, auch Schmerzen zu bereiten. Das kam eben davon, wenn man sich an etwas verschluckte, das man nicht kannte. Diesmal gelang es ihm, sich auf das Gewebe zu stellen, mit der Linken sich an dem entstandenen Lochrand festzuklammern, ehe er so gebückt erneut seine Klinge seitwärts stieß. „Oha,“ machte er. Immerhin musste er jetzt nicht auf die Insel zurück sondern hatte hier einigermaßen Halt gefunden. „Da geht’s raus!“ Sesshoumaru schwebte einen halben Meter tiefer um ebenfalls hindurchblicken zu können. Von was faselte dieses Halbblut da? Mägen befanden sich seines Wissens immer innerhalb von Lebewesen. Drinnen. Ja, man konnte jemandem den Bauch aufschneiden, womöglich auch von innen, wie er es eigentlich geplant hatte, aber was sollte das jetzt? Aber ohne jeden Zweifel war es jenseits des Spalts hell und etwas wie Licht, womöglich Sonnenlicht, aber eher das der magischen Welt in der sie diesmal gelandet waren, schimmerte. „Keh,“ machte Inu Yasha. „Alles klar. Das ist wie mit diesem Yamaton.“ Nein, er würde ihn nicht fragen was. Das war der Gedanke des Bastards, also musste der falsch sein. „Spring hinaus.“ Und er würde die Deckung übernehmen, wie es Vater auch gehalten hatte. „Und du holst Myouga?“ kam es prompt. Äh, nein. An den Flohgeist hatte er nicht gedacht, schließlich gehörte der zu Inu Yasha und dieser sollte ihn beschützen. „Nachdem du ihn geholt hast.“ „Immer am Befehle erteilen, der Herr Halbbruder, oder?“ Aber er sollte mal nicht so sein. Immerhin hatte waren es der Einfall und die Giftklaue der hochwohlgeborenen Hundedämons gewesen, die ihnen einen Weg hier heraus verschafften. So wandte der Halbdämon nur den Kopf und guckte in das Dunkel unter sich: „He, Onkelchen? Schrei mal, damit ich dich besser treffe!“   Die Hundedame saß auf einem Hocker in ihrem privatesten Gemach und strich nachdenklich über die schwarze Kette an ihrem Hals. Sie blickte erst auf, als sie die Gegenwart eines anderen Lebewesens spürte und neigte höflich ein wenig den Kopf – etwas, das wahrlich nur zwei Personen je von ihr gesehen hatten. „Ich bin erfreut Euch zu sehen, mein Gebieter.“ Der Schemen des einstige Inu no Taishou trat aus den Schatten. „Nun, meine Teure, Ihr habt mich gerufen. Die Kette ist Euch nützlich.“ „Sie war und ist ein überaus wertvolles Hochzeitsgeschenk.“ „Die Jungs sind auf der Nebelinsel.“ „Unser Sohn und sein Halbbruder, ja. Der Floh ist bei ihnen. Mich plagt ein wenig weibliche Neugier.“ Der Geist lächelte etwas. Das war ein Geständnis, das sie niemand außer ihm gegenüber gemacht hätte. Hoffte er. „Wie es ihnen ergeht? Oh, bislang traf niemand in der Unterwelt ein. Und so lange sie zusammenhalten, werden sie mit allen Hindernissen fertig. Sesshoumaru ist stark.“ „Und Inu Yasha scheint ein guter Anführer zu sein. Er erwähnte eine Gruppe Menschen, die ihm folgen.“ Sie musterte ihren Besuch aus der Unterwelt. „Nein, mich würde interessieren, wie Ihr durch die Hindernisse kamt.“ „Lästigkeiten. Ich musste das Höllenschwert nie einsetzen, falls Ihr das wissen wollt. Man muss einfallsreich und stark sein. Myouga wird sie schon beraten, deswegen sollte er ja mit. Mir war es wichtig, auch für die Zukunft, dass sie perfekte Zusammenarbeit lernen. Und das werden sie dort.“ Er trat näher und versuchte seine Hand auf ihre Schulter zu legen, scheiterte jedoch an der Unstofflichkeit seines verstorbenen Körpers. Da sie bereits den Kopf seitwärts geneigt hatte um seine Klaue mit ihrer Wange zu berühren, fragte er unvermittelt: „Ihr wart stets eine sehr leidenschaftliche Frau. Entbehrt Euer Körper nichts?“ Sie verstand die Frage richtig. „Mein Körper entbehrt Eure Hände, ja. Aber es gab keinen Anderen und wird nie einen Anderen geben. Ihr seid der Einzige, der mich je erheitern konnte.“ Und das war seltsamerweise etwas, was weder ihr Vater noch jemand ihrer zahlreichen Verehrer verstanden hatte. Nur er. Sie sehnte sich nach Leichtigkeit, nach Heiterkeit, die sie selbst in sich nie gefunden hatte. Sesshoumaru freilich hatte sie es auch nie gezeigt, nie zeigen können, nach dem Tod seines Vaters. Überdies sollte ihr Sohn einst Fürst werden, da ziemte sich keine Fröhlichkeit. Vielleicht hatte ihr darum auch die Unbekümmertheit Inu Yashas so gefallen. Ein Welpe mit einer großen Zukunft, sich aber dessen noch nicht bewusst. Und diese Öhrchen … Er lächelte auch prompt. „Ein reizendes Kompliment, meine Werteste.“ „Wisst Ihr, was auf der Insel vor sich geht?“ „Ich vermute, wenn sie sich durch Hindernisse nicht aufhalten lassen, dass sie sich in der Muschelwelt befinden.“ Es war wohl ungeschickt einer besorgten Mutter zu erklären, dass sich ihr Sohn auf dem besten Weg befand von einer Muschel verdaut zu werden, falls ihm oder Inu Yasha nichts einfiel. Aber Myouga war ja dabei – und er selbst hatte auch den Weg hinaus gefunden, allein noch dazu. Nein, das würde schon alles so funktionieren, wie er sich das vorgestellt hatte, und die Jungs am Ende die beiden Seidentücher als Präsente in den Klauen halten.Hoffentlich würden sie auch dran denken den Inhalt auszupacken. Aber ja doch, es waren doch seine Söhne, sie würden intelligent sein. „Übrigens, wann gedenkt Ihr Toutousai wieder herauszuholen?“ „Wünscht Ihr es?“ „Ich besaß nicht sehr viele Freunde. Was hat er denn schon wieder vergessen?“ Das klang fatalistisch. Die Dame sagte ihm, was der alte Schmied schon wieder vergessen hatte, und der Inu no Taishou schloss kurz die Augen. „Ich verstehe, jetzt darf es Myouga mit ausbaden. Immerhin ist Inu Yasha nun älter und damit doch wohl vernünftiger und stärker als ich es ursprünglich gedacht hatte. Keine Sorge, das wird schon gut gehen. Ja, vielleicht es es so sogar besser.“ Sie unterdrückte ihren Kommentar, dass der vergessliche Schmied doch nicht schon wieder aus Versehen das Richtige getan hatte, sondern meinte nur ehrlich: „Wenn ich die Kette erneut einsetze, müsst Ihr indes gehen. Ich könnte jedoch zuvor auch einen Blick zur Nebelinsel werfen.“ Das war nur zu wahr und der verstorbene Herr der Hunde schwankte zwischen Neugier, was sein Nachwuchs so trieb, und der Fürsorge gegenüber Leuten, die ihm gegenüber loyal waren. „Nun ja, ich würde noch zu gern sehen, wie sie der Muschelwelt entkommen – aber dann ist Toutousai dran.“ Ach, er war ja so berechenbar. Die Dame lächelte fein, legte allerdings wieder die Hand an die Kette und konzentrierte sich.   Bei dem Sprung durch die Magenwand, den kleinen Flohgeist fest in der Rechten, prallte Inu Yasha dann doch auf ein mehr als unerwartetes Hindernis. Er hatte Licht gesehen und damit irgendwie Luft erwartet, fand sich aber nach einigen Metern Luft in einem kalten, nassen und salzigen Element wieder. Als er instinktiv aufwärts schwimmen wollte und dabei beide Arme einsetzte, stellte er rasch fest, dass sein linker durch die Aktion mit dem Festhalten in der Wand erneut beschädigt und damit so gut wie unbrauchbar war. In der Rechten hielt er allerdings Myouga, der alles andere als begeistert war, durch Meerwasser geschwenkt zu werden, aber sich nicht beschweren konnte. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn ihm fehlte der Sauerstoff. Der Halbdämon tauchte erleichtert auf und atmete tief ein, ehe er den unseligen Floh auf seinen Kopf setzte und sich umsah. „Sessy ...?“ Oh du liebe Güte! Der ehemalige Berater schwankte zwischen der Erleichterung Luft zu schnappen und der Besorgnis der mögliche, zukünftige, Fürst der westlichen Länder könnte das gehört haben. „Äh, Inu Yasha-sama, wenn Ihr Euren Halbbruder vertraulich anreden wollt – wie wäre es mit großer Bruder? Wenn jemand solch eine Anrede von Euch wie eben an ihn hört, wäre er praktisch gezwungen Euch zum Duell zu fordern. Es gibt Regeln!“ Und jeder Zuhörer befände sich garantiert im Jenseits. Nun ja, auch die Dame hatte nie erfahren, dass er zufällig vorbei gekommen war, als sie ihren winzigen Welpen mit Auf-dem-Schulterfell-Wiegen und „Schlaf, Sesshy, schlaf“ ins Traumland gesungen hatte. Das hätte er ebenso sicher nicht überlebt. Ach ja, das Leben als armer, kleiner Floh mit Hunden war einfach riskant. Inu Yasha hatte kaum zugehört, da er den großen, weißen Hundekopf ein Stück von sich entfernt aus dem Meer auftauchend entdeckt hatte: „He, da drüben scheint Festland zu sein. Und dazwischen immerhin eine echte Insel!“ Der Hundedämon wandte kurz den Kopf. Tatsächlich, eine, wenn auch kleine, Insel aus Sand lag dort vorne. Kein Verdauungsrest. Das war eine deutliche Verbesserung der Lage, zumal sie jetzt unter einem unwahrscheinlich blauen, wolkenlosen, Himmel schwammen und an der frischen Luft waren. So paddelte er darauf zu. Inu Yasha folgte unverzüglich, dabei allerdings nur den rechten Arm einsetzend. Als er empor geschwommen war, hatte er noch einen Blick auf das werfen können, was sie da verdauen wollte – es war eine gigantische Muschel gewesen, die nun ihre beiden Hälften vollständig schloss. Das wäre dann wohl doch etwas schwieriger geworden da wieder herauszukommen. Ohne Tessaiga, jedenfalls. Sie waren mutmaßlich schnell genug gewesen. Leider war die Regeneration seines linken Armes durch das Festhalten wohl zumindest unterbrochen worden und der noch immer so gut wie unbrauchbar. Der Schmerz vorhin war anscheinend doch eine Warnung gewesen. Naja. Aber nicht heftig genug um sich dafür verdauen zu lassen.   So standen die Hundebrüder nur kurz darauf auf der vielleicht fünfundzwanzig Quadratmeter großen Insel aus feinstem Sand, beide in ihrer Menschengestalt, beide ein wenig triefend, was der Ältere unverzüglich durch einen erheblichen Anstieg seiner Energie behob, ehe er einen Blick durch die Gegend warf. Inu Yasha setzte den Flohgeist auf den Boden und guckte sich ebenso um, mit der Rechten das Haar etwas ausdrückend. Ja, da vorn schien Festland zu sein. Das war die gute Nachricht. Der Haken bestand in der Meeresstraße zwischen ihnen und dem Land, das mit Bergen und Wald fast vertraut wirkte. Das Wasser dort sah an den meisten Stellen sehr tief aus und bot verheißungsvolle Strudel, die sogar von hier zu erkennen waren. Dazu kam, dass sich zwischen den Wirbeln, indem etwas ruhigeren Teil, sich ein riesiger Schatten bewegte – sicher ein Lebewesen. „Schwimmen geht wohl kaum“ , meinte er unwillkürlich. Zumal mit seinem verletzten linken Arm und ohne Tessaiga. „Im Zweifel ist das da ein Raubtier.“ „Sage einmal etwas, das ich nicht weiß.“ Sesshoumaru musterte die Gestalt unter Wasser. Über zwanzig Meter lang. Nun, nichts, was ihn aufhalten könnte und würde, aber bedauerlicherweise musste er ja auch an die anderen Beiden denken. Auf Myouga könnte er zwar jederzeit verzichten, aber leider lautete die Anweisung ja samt Inu Yasha bei dieser ominösen Burgruine aufzutauchen. Der wiederum würde bei seinem bekannten, unnützen, Beschützergefühl garantiert den Floh nicht im Stich lassen. Hm. „Da ist eine flachere Stelle.“ Inu Yasha ließ sich durch solche Kommentare nicht beirren. „Das sieht fast wie ein Weg aus ...“ „In der Tat.“ Myouga sprang auf die Schulter des Halbdämons um besser den Überblick zu haben. „Das sieht fast wie ein überfluteter Damm oder so aus. Womöglich fällt der trocken, wenn die Ebbe einsetzt.“ Das klang so, als ob er nicht einarmig mehr oder weniger schwimmen müsste, und so erwiderte Inu Yasha erfreut: „Na, dann müssen wir ja nur abwarten. Und dieses komische Vieh irgendwie wegschicken. Man weiß ja nicht, ob das nicht auch ein Stück über Land robben kann.“ „Törichter Halbdämon“ , kam es prompt vom großen Bruder. Wer ihm in die Quere kam, starb. So einfach war das. Das reichte jetzt und so fauchte der Angesprochene: „Ich bin nicht töricht, du denkst eben nicht logisch!“ Er hatte schon Taktik gelernt, als dieser ….Inu Yasha noch nicht einmal wusste, was Denken ist! Unwillkürlich legte Sesshoumaru die Rechte an sein Schwert, so nutzlos es hier auch war. Myouga quietschte vorsorglich, da sein Träger diesem Beispiel folgte. Er hastete in den Sand. Oh du je! Oh du je! Ein Duell mit ihren noch immer scharfen Klingen auf fünfundzwanzig Quadratmetern? Das würde für die kleine Insel und ihn selbst den Untergang bedeuten, wusste er doch, wie die Gegend nach ihren üblichen Kämpfen aussah. Und: Wegfall der magischen Eigenschaften der Schwerter bedeutete eben nicht, dass der Hundedämon samt Halbbruder harmlos waren. „Äh, wenn die jungen Herren vielleicht ihre Aufmerksamkeit mehr auf das Hier-Wegkommen richten würden? Ich habe da nämlich eine Idee“ , fügte er impulsiv hinzu. Als sich die Beiden entspannten und den Blick zu Boden, auf ihn, richteten, fiel ihm ein, dass er gar keine Erleuchtung hatte. Das sollte er ihnen allerdings in dieser Laune besser nicht erzählen. Geübt in Überlebenskünsten spann er hastig etwas zusammen. „Nun ja, das scheint ein Raubtier zu sein, ich denke, da seid Ihr Euch doch auch einig. Und Raubtiere gehen auf Blut. Ja. Ich bin ein Flohgeist. Ich meine, wenn ich dort drüben ….“ Er deutete auf die Meerseite der winzigen Insel: „Blut in das Wasser lasse, müsste dieses Tier es mitbekommen und dorthin schwimmen. Dann wäre dieser Damm oder Weg frei .“ „Wenn die Ebbe kommt“, erklärte Sesshoumaru, um zu demonstrieren, dass nicht ausgerechnet der Floh der Einzige hier war, der denken konnte. Das war tatsächlich mal ein brauchbarer Vorschlag, denn er verspürte nicht die mindeste Lust mit Halbdämon und Floh auf dem Rücken da hinüber zu schwimmen und sich dabei noch in einen Kampf mit einem wie auch immer gearteten Tier verstricken zu lassen. Prüfung hin oder her, aber etwas Würde besaß er doch noch. „Äh, ja, natürlich.“ Myouga war schon mal erleichtert, dass sie ihm zugehört und die Klauen von den Schwertern genommen hatten. Sie lernten doch nicht etwa dazu? „Ebbe heißt das doch, wenn das Wasser des Meeres sinkt, oder?“ erkundigte sich Inu Yasha, offenbar geistig abwesend. Der Flohgeist schlug in Gedanken alle vier Hände zusammen. Hatte der Junge denn gar nichts gelernt? „Ja.“ Wie sah das denn aus? Sesshoumaru musste ihn ja für einen mehr als schlechten Lehrer halten! Und der guckte ihn auch so an! Sein einstiger Schützling blieb von all dem unbeeindruckt. „Und, wenn das Wasser steigt, nennt man es Flut.“ „Ja, was soll das? Ihr wisst es doch!“ suchte sich Myouga zu verteidigen. Inu Yasha drehte sich einmal um die eigene Achse, ehe er zu seinem Halbbruder blickte, den empörten Floh zu seinen Füßen ignorierend. „Naja, so viel zu logisch denken, oder? Seit wir hier stehen ist das Wasser um eine gute Handbreit gestiegen.“   Kapitel 7: Das schlägt dem Faß den Boden aus -------------------------------------------- Sesshoumaru brauchte nicht einmal einen Blick zu Boden zu werfen um zu wissen, dass diese Ansage stimmte. Inu Yasha war vieles, darunter solche Dinge wie impulsiv, töricht, unüberlegt – aber er hatte persönlichen Stolz. Und eben dieser Stolz würde dem Halbblut verbieten sich zu so etwas Offensichtlichem falsch zu äußern, zumal ihm gegenüber. Was bedauerlicherweise zu etwas Anderem führte: wieso hatte der als Einziger das Triviale erkannt? Ah, natürlich. Schuld war dieser Myouga, der ihn selbst dermaßen abgelenkt hatte, dass er nicht bemerkt hatte, dass es nicht hieß auf die Ebbe zu warten, was an sich schon Zeitverschwendung bedeutete, sondern es im Gegenteil um die Flut ging. Natürlich würde er selbst jederzeit Vaters Beispiel folgen, der sich bestimmt ebenfalls in seine wahre Gestalt verwandelt hatte und einfach dort hinüber gesprungen war. Bedauerlicherweise hatte er jedoch seinen törichten kleinen Halbbruder im Gepäck, den er zur Aushändigung seines Erbes offenbar dringend benötigte, und zusätzlich dessen unsäglichen, vergesslichen, Lehrer, Berater, kurz Floh, als Dreingabe. Was hatte sich sein verehrter Vater dabei nur gedacht? Nun, im Zweifel hatte der in einer seiner bekannten huldvollen Anwandlungen einfach Myouga zugehört, statt den zu erschlagen. Schlussfolgerung: der so genannte Berater war insgesamt Schuld an dieser kompletten Misere.   Besagter Floh war nur zu vertraut mit Launen der Hundeherrschaften und erkannte durchaus panikerfüllt, dass der Blick des jungen Herrn sich stetig verfinsterte. Da der nicht zum Schwert griff, ergo es nicht dem Bruder galt, gab es auf diesem winzigen Eiland nur eine andere weitere Person auf die sich der Zorn konzentrieren konnte. Eiwei. Das wurde lebensgefährlich, was auch immer er da gerade verbrochen haben sollte. Ein Fürst, sei er auch ein Fürst in spe, brauchte sich niemandem gegenüber zu rechtfertigen, wenn er sich über einen armen Berater ärgerte. Panik erfüllt und geübt in Überlebenskünsten, sprang Myouga eiligst auf Inu Yashas Kopf, um sich zwischen dessen Ohren zu platzieren. Hier sollte er erst einmal sicher sein, denn ehe Sesshoumaru ihn hier zu fassen bekam, durfte der sich ein Duell mit seinem Halbbruder leisten. Bei der Aussicht, dabei den möglichen Fürstenring seines Großvaters aufs Spiel zu setzen, sicher etwas, was auch einen halbwüchsigen, impulsiven, Hundedämon zögern ließ.   Der jüngere Halbbruder seufzte. „Was hast du denn jetzt schon wieder, Onkelchen? Sesshoumaru guckt sauer, das ist seine Ich-bin-so-toll-und-ein-Hundeprinz-Miene, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass wir hier gleich wieder schwimmen dürfen. Du kannst das nicht und ich mit nur einem Arm tue mich auch etwas härter. Und ich sehe hier nur einen Typen, der fliegen kann ...“ Wenn es nicht undenkbar für einen möglichen Fürsten gewesen wäre, Mutter ihm stets Selbstbeherrschung gepredigt hätte - Sesshoumaru hätte nach Luft geschnappt. Wollte dieser jämmerliche, impertinente Sohn leider seines eigenen verehrten Vaters, ihm etwa andeuten …? Inu Yasha fuhr fort „Komm schon, du weißt, dass wir beide zusammen an der Ruine aufkreuzen sollen, ich momentan kaum schwimmen kann, geschweige denn mich gleichzeitig mit diesem Unterwasservieh abraufen kann. Das ist die logischste Idee. Und sie hätte den Vorteil, dass Myouga nicht dein Blut trinken und dann ins Wasser spucken muss.“ Das war durchaus ein Vorteil, dachte Sesshoumaru unwillkürlich, ehe ihm etwas anderes dämmerte: „Wieso meins?“ Dieser Floh gehört schließlich dem Mischling, also hatte er ohne Überlegen auch bei dessen Bluttrinkplan an den gedacht. „Wer von uns ist denn der vollblütige Dämon aus gutem Hause, hm? Es ist ja nicht gesagt, dass das Vieh überhaupt weiß, dass mit Menschen gemischtes Blut auch essbares Futter bedeutet“, schloss der so oft von seinem Bruder geschmähte Halbdämon seine Beweisführung mit gewissem Triumph ab. Dem armen Flohgeist zwischen seinen Ohren dämmerte, dass das tatsächlich logisch war. Eigentlich war er fast versucht stolz auf den Jungen zu sein, der offensichtlich gerade etwas wie strategisches Denken entwickelte – nur, das geschah ja auf seine, Myougas, Kosten. Bei der Vorstellung Sesshoumarus Blut trinken zu sollen, das ohne Zweifel gewiss sehr lecker war, brach ihm der kalte Schweiß aus. Zumal, als er dessen Blick auf sich ruhen sah. Oh du je. Sein Lebensfaden wurde durch solche Einfälle Inu Yashas nur rasch verkürzt und er war soeben einer scharfen Hundeklaue ein gutes Stück näher gerückt. Er brauchte einen Plan, irgendeinen, der nicht mit Sesshoumaru in Verbindung stand. Kein Blut, kein Fliegen mit Gepäck, kein ….einen Plan! Er hielt seine beiden freien Hände an seinen Rüssel, als wolle er demonstrieren, dass er gar nichts trinken wollte, von niemandem hier, und überlegte hektisch, was der Herr wohl in solch einer Lage getan hatte. Immerhin war der verstorbene Inu no Taishou für unerwartete Einfälle berühmt gewesen, wie genügend Dämonen feststellen durften, die es einzeln oder als Heer gewagt hatten in den Westen einzudringen. Inu Yasha sah zu dem Hundedämon. „Was hindert dich daran dich zu verwandeln, mich und den Floh hier mit einem Satz rüberzutragen? Schon wieder dein Stolz? Der würde sowieso für Drei reichen. Im Ernst. Mir gefällt die Vorstellung auch nicht, von dir als Handgepäck da rüber mitgenommen zu werden, und ich werde davon garantiert niemandem erzählen. Aber hier draufzugehen, nur weil du zu eitel bist, ist einfach Quatsch. Im Übrigen kannst du, wenn ich abkratze, das Erbe deines Großvaters, was auch immer der da hatte, abschreiben. Das ist dir klar?“ Ja, das war Sesshoumaru klar. Aber sich einen Vortrag über Notwendigkeiten ausgerechnet von einem Bastard anhören zu müssen, war … war … eines Dämons unwürdig. Und, erkannte er nach einem Atemzug, eigentlich sinnlos. Es gab einen einfachen Weg dieser Lage zu entkommen, wie gefordert zu zweit die Ruine zu erreichen. Alles was dagegen sprach war sein eigener Stolz. War das die Lektion, die er hier lernen sollte? Das ein Fürst nach Notwendigkeiten handeln musste und nicht nach seinem persönlichem Empfinden? Es wäre Vater durchaus zuzutrauen, dass er das so geplant hatte. Im Zweifel auch noch abgesprochen mit Mutter. Nein, die war wirklich überrascht gewesen. Nun ja, wenn man sie kannte und für ihre Verhältnisse, als sie den Brief gelesen hatte. Er hatte als Jugendlicher es einmal gewagt mit Vater über Stolz zu reden und dass er den stets beachten würde. Sein verehrter Vater hatte etwas wie Amüsement gezeigt. „Stolz, was ist Stolz? Die Kunst, auf die eigene Dummheit zu sehen, wenn Notwendigkeiten warten?“ Ja, sicher, das war es, warum er hier und noch zusammen mit dem Bastard, mit Inu Yasha, diese Hindernisse beseitigen sollte. Er sollte lernen, vermutlich der Jüngere auch, von dem und dessen Entwicklung Vater ja nichts hatte wissen können. Ohne ein weiteres Wort ließ er seine Energie aufflammen und keine Sekunde später drückten vier riesige, weiße Pfoten in die Wellen rund um die deutlich kleiner gewordene Insel. Inu Yasha hätte fast „Na also“, gesagt, zuckte aber instinktiv doch etwas zusammen, als sich der große Kopf senkte und er sich von scharfen Zähnen an seinem Gewand im Rücken hochgehoben fühlte. Immerhin dachte der Herr Halbbruder daran, dass er diese grüne, ätzende Säure auch in seinem Maul hatte und das Feuerrattengewand soweit schützte. Direkt nett, dass der ihn nicht quer genommen hatte. Er spürte, wie Myouga sich panisch in sein Haar und an ein Ohr klammerte und meinte: „Passt schon, Onkelchen, die Luftreise ist gleich vorbei.“ Mit einem gewaltigen Satz war der dämonische Hund über der Meerestrasse und landete auf dem Festland, spie seine Last förmlich aus. Während er sich zurückverwandelte fielen Sesshoumaru mehrere Todesarten für denjenigen der Zwei ein, der je ein Wort über diese Handlung verlieren sollte. Seltsamerweise war er jedoch sicher, dass das nicht Inu Yasha sein würde. Der war wirklich vernünftiger, als er ihm lange zugetraut hatte. Nun ja, auch schon in der Sache mit diesem unsäglichen Naraku hatte sich gezeigt, dass der ein geborener Kämpfer war. Erfolgreich, stur, jedoch in keiner Weise irgendeiner Regel entsprechend. Und hier, auf dieser Insel begann der sogar etwas wie taktisches Denken zu zeigen – was natürlich egal, wie man es betrachtete, nicht diesem Floh zu verdanken war.   Der Halbdämon hatte kurz überprüft, ob sein rotes Gewand auch den Hundezähnen samt Säure standgehalten hatte, und sah sich jetzt um. Sie befanden sich auf dem Festland, war zu vermuten. Hinter dem Sandstrand war Wald, Laub- und Nadelbäume, weiter hinten stiegen Berge auf, dicht bewachsen. Aber nirgendwo war ein Portal zu sehen, wie sie es schon getroffen hatten. War diese Prüfung also noch nicht zu Ende, oder doch, und wartete irgendwo in dem Wald diese Ruine, ihr Ziel? Jedenfalls war es ein Zeichen, dass ihm Sesshoumaru vertraute, da er ihm nicht nur zugehört sondern sogar getan hatte, was er wollte. Sicher, ihm wäre auch nichts Besseres eingefallen. Apropos. Myouga sollte doch den fürstlichen Berater geben, oder? Wieso hatte der nicht diese Lösung vorgeschlagen, sondern es mit dem Bluttrinktrick versuchen wollen? Klar, der war ein Floh und Sesshoumarus Blut trinken zu dürfen wäre für den wahrscheinlich der Himmel. Zumal ungestraft. Aber dennoch. Musste man denn alles selbst machen und bedenken, wenn man schon einen Berater hatte? Irgendwie war der Kerl kaum nützlich. Er selbst sollte sich lieber an den eisigen Typen halten, der schon in dem Muschelmagen und jetzt auf der Insel hilfreich gewesen war, etwas, was er noch vor einem Jahr nie geglaubt hätte. Aber schön, der hatte Rin adoptiert.Schon da hatte er sich gedacht, dass der nicht so war, wie der sich gab. Und Sesshoumarus Mutter war ja auch sehr nett gewesen. Gleich. Er sollte zeigen, dass er auch freundlich sein konnte, würde Kagome sicher sagen, und sich bedanken. Aber so wörtlich brachte er das doch nicht raus. Überdies würde der Halbbruder das vermutlich schon wieder als Schwäche sehen. Lieber das anders formulieren. „Äh, und, wohin gehen wir jetzt, großer Bruder?“ Der so Angesprochene wandte sehr langsam den Kopf, was den Flohgeist mit etwas wie einem letzten Seufzer dazu bewegte hastig in den Sand zu springen und Abstand zu suchen. Großer Bruder? Das hatte Kagome mal zu ihm gesagt, im Sinne von Schwager, aber von dem Bastard hatte er das wahrlich noch nie gehört. Es war eine korrekte Anrede, ja, die, die ihm eigentlich zustand, aber ….Es hörte sich überhaupt falsch an. Und doch irgendwie richtig. So überrumpelt war er sich nicht mehr vorgekommen seit ihm Rin damals diese Blumen ins Haar geflochten hatte. Aber Dämon sollte zeigen, dass er Entscheidungen treffen konnte. „Dort in den Wald.“ Er wandte sich ab und schritt los, sicher, dass sein Halbbruder ihm folgen würde. Myouga sowieso, dieses lästige Anhängsel. Da war ja Jaken zu mehr nutze.   Die Wanderung durch diesen Wald war angenehmer. Hier gab es keine Mücken und der Wind vom Meer strich durch die Bäume, die Luft war kühler. Inu Yasha fand es bald langweilig immer nur den Hinterkopf und das lange weiße Haar samt Boa seines Halbbruders anzustarren und meinte zu dem Flohgeist auf seiner Schulter: „He, Myouga?“ Was kam denn jetzt schon wieder, dachte der Angesprochene, der es gerade genossen hatte mal eine halbe Stunde nicht von eiskalten Blicken erdolcht zu werden. Wieso glaubten die Hundebengel immer, dass er an ihrer Situation schuld war? Oder taten jedenfalls erfolgreich so? Immerhin hatte ihn noch keiner in Stücke gerissen oder plattgedrückt. Bis auf die magische Schnur aus der Energie Sesshoumaru-samas ging es ihm eigentlich gut. Er konnte hier nur nicht weg – und das war und blieb ein riesiges Problem. Also, was sollte er schon sagen? „Ja, Inu Yasha-sama?“ „Ich verstehe da was nicht. Vater, also unser Vater, trug doch den Titel des Inu no Taishou. Wieso hat ihn denn Sesshoumaru nicht? Oder ist es das, was wir auf dieser Insel suchen sollen?“ Ach du je! Myouga brach schon wieder der Schweiß aus, als er sah, dass der voran gehende Hundebruder kurz im Schritt verharrte, dann aber weiterging. Was musste der denn von seiner Ausbildung halten? Hatte dieser unmögliche Halbdämon denn ihm nie zugehört? Nie seiner Mutter? Man könnte ja meinen, der Junge sei jahrelang ziellos und allein durch die Wälder gezogen. Äh. Nun ja, das war ein Punkt, auf den Sesshoumaru besser nicht zu sprechen käme, dachte der Flohgeist dann hektisch. Eine Antwort, rasch. Er saß auf der Schulter eines impulsiven Hundebengels und der Ältere war nicht besser, gerade wenn es zum Thema Familie ging. „Ihr habt mir nicht zugehört“, beschwerte er sich lauthals und schob damit seinem Schüler den Schwarzen Peter zu. „Inu no Taishou, der Herr oder Befehlshaber der Hunde, ist ein militärischer Titel, den ein Fürst, ein Hundefürst, seinem Heerführer verleiht. Wenn die westlichen Länder wieder einen rechtmäßigen Fürsten haben, kann dieser einen solchen Titel auch wieder verleihen. Aber ein Titel, und jetzt hört einmal zu, ein Titel kann nicht vererbt sondern nur verliehen werden.“ „Fürstentitel werden doch auch vererbt“, erklärte Inu Yasha. „Wenn also meine Mutter und Sesshoumarus Mutter Prinzessinnen waren ...“ Das stimmte sogar, dachte der Ältere. Auch Izayoi war eine Fürstentochter gewesen. Hm. Inu Yasha und von beiden Seiten aus gutem Hause? Man sollte es kaum glauben. Wo und wann genau hatte Myouga angefangen seine Lehre mehr als lässig zu sehen? Immerhin war der Junge wissbegierig, wenn auch irgendwie am falschen Ort und zur falschen Zeit. „Der Fürstentitel.“ Der Flohgeist warf einen vorsichtigen Blick nach vorne, ehe er beschloss, dass eine sachliche Erklärung wohl gewünscht wurde. „Es gibt, wie Ihr wissen solltet, auf den gesamten japanischen Inseln nur sehr wenige Dämonenfürsten. Einer davon war der Großvater Sesshoumaru-samas. Er hatte keine Welpen, endlich erhielt er eine Tochter. Früher oder später war ihm klar, dass sie die Einzige sein und bleiben würde. Sie war die Erbin der westlichen Länder und eine Menge Bewerber aus Dämonenkreisen waren hinter ihr her. Niemand jedoch gefiel ihr oder ihrem Vater.“ Und so mancher war unter der Hand des Fürsten gestorben. „Außer Vater“, sagte Inu Yasha unverzüglich. „Äh, ja. Er war aus guter Familie und, wie jeder aus seiner Blutlinie, konnte er das Höllenschwert kontrollieren. Als er kam und sich um die Stelle des Heerführers bewarb, nahm ihn der alte Fürst natürlich zu seiner rechten Hand. Er selbst war ein starker, manchmal auch durchaus grausamer, Dämon, aber er kannte Respekt. Und mit seinem neuen Heerführer hielten sich auch die anderen Fürsten zurück. Jedenfalls unternahm er nichts dagegen, dass sich sein Taishou und seine Tochter öfter trafen.“ „Ja, ja, schon gut. Und irgendwann kam Sesshoumaru. Aber, der war doch dann der Erbe. Wieso ist dann Vater als Schwiegersohn nicht Fürst geworden?“ Der Junge hörte einfach nie zu! „Fürst kann nur werden, wer aus der Blutlinie stammt, in dem Fall der Sohn der Erbin. Das Problem ist, dass der Fürstenring des alten Herrn verschwunden war. Wenn Sesshoumaru-sama diesen vorzeigen kann, ist er unangefochten der Fürst des Westens. Solange die Dame die Regentin ist, Fürstin kann sie ja nie werden, als Frau, ist alles in Ordnung, danach wird allerdings ein förmlicher Krieg unter starken Dämonen ausbrechen, die alle den Westen wollen.“ „Keh! Da gewinnt er, da bin ich sicher. So schon und mit Bakusaiga jedenfalls.“ Sesshoumaru gab es zwar durch nichts zu erkennen, aber er ertappte sich bei gewisser Freude, dass ihm sein Halbbruder das ohne weiteres zutraute, ja, nicht einmal Anstalten traf ebenfalls Anspruch anzumelden. Immerhin war der der Einzige, der ihn je besiegen konnte. Aber es war sein Schicksal der berühmteste dämonische Fürst zu werden, er war zur Macht berufen. Inu Yasha fuhr fort: „Aber, wieso kämpfen sie dann jetzt noch nicht? Wegen der Mutter?“ „Ja. Die Dame ist überaus stark und würde sich eine Einmischung auch nicht gefallen lassen. Sie würde freiwillig nur vor ihrem Sohn zurückweichen. Falls jemand anderer den Fürstenring bringen würde, müsste er sich mit ihr auseinandersetzen und dann natürlich auch mit Sesshoumaru. Aber niemand kam bislang. Der Ring blieb verschwunden – und ich nehme an, dass er hier irgendwo auf der Insel liegt. Vermutlich hat ihn der Herr auf Befehl des verstorbenen Fürsten hergebracht. Nur ein würdiger Erbe soll ihn bekommen. Das würde auch erklären, warum dieser Brief bei Toutousai gelandet ist. Er sollte Euch ja früher erreichen.“ Ach du je. Ob sein alter Freund in der Klemme saß? Nun ja, gab der Floh etwas giftig zu: weniger als er selbst und er konnte doch wahrlich nichts für gar nichts. „Schön, also ist Sesshoumarus Anteil am Erbe wohl der Fürstenring und er darf dann im Schloss herumsitzen und sich mit Leuten wie dir und Jaken abgeben. Toll.“ Der Halbdämon warf einen Blick zum blauen Himmel, der unter dem Blätterdach kaum zu entdecken war. Irrte er sich oder wurde es dunkel? „Wieso kämpft jemand um so etwas, ja, macht jemand überhaupt so etwas?“ Gute Frage, dachte der ältere Halbbruder. Das klang wirklich nicht so, als ob Inu Yasha auch nur eine Ahnung von der Macht eines Dämonenfürsten hatte. Und nicht einmal haben wollte. Umgekehrt – es klang wirklich langweilig, wenn man es so formuliert hörte. Sein Leben lang im Schloss zu sitzen und Leuten wie Jaken und Myouga zuhören zu müssen … Nun ja, da wäre Inu Yasha als Berater direkt noch amüsanter. Und ab und an könnte man sich einen Trainingskampf mit einem der belastbarsten Gegner leisten, den man kannte. Moment mal, wohin verirrten sich seine Gedanken? „Nun ja“, gab der alte Floh zu. „Ich spiele nicht in dieser Liga, aber ich denke, dass das eben so ist. Man will der Stärkste sein.“ Er musste es schaffen zu antworten ohne einen der beiden Hitzköpfe zu beleidigen, eine Gratwanderung auf Messers Schneide. Was für eine überragende Freude Berater eines Dämonenfürsten, genauer, dessen Söhnen, zu sein! „Und die, die man mag, beschützen. - Schon, aber wenn auf Sesshoumaru ein Fürstentum wartet, wieso soll ich dann dabei sein?“ „Das weiß ich nicht, Inu Yasha-sama!“ Der kleine Flohgeist beteuerte es eilig. „Ein Berater, der nichts weiß, ist nichts wert.“ Ach du je. Und das aus dem Mund des Jüngeren. Da zeigten sich für arme, kleine Flohgeister unheilvolle Familienzüge. „Ich weiß viel, aber eben nicht alles. Wenn jemand glaubt alles zu wissen, ist er ein Narr. Jawohl.“ Er wurde ignoriert, da Inu Yasha feststellte, dass sein Halbbruder stehen geblieben war und neben den sprang. „Na, wie reizend, wir werden erwartet.“   Vor ihnen erhob sich eine steile Felswand aus dem Wald. Die Hundenasen konnten weiter oben etwas wittern, das Ärger bedeutete. Fleischfresser. Und sie hatten keine brauchbaren Schwerter.     Kapitel 8: Bellende Hunde beissen - nicht? ------------------------------------------ Sesshoumaru hob den Kopf und suchte die potentiellen Angreifer dort oben in der Felswand, die hier fast zweihundert Meter hoch aus dem Wald aufstieg und sich offenbar auch fast je einen Kilometer nach rechts und links ausdehnte. Es wurde dämmerig. Dort oben befand sich eine unbekannte Anzahl von Fleischfressern, die sie mit Sicherheit wahrgenommen hatten. Hätte er Bakusaiga hier, oder wenigstens würde Tessaiga funktionieren … nun ja. Da Leben bot immer Überraschungen, mit denen Dämon eben fertig wurde. Inu Yasha folgte dem Blick seines Nachbarn. Eindeutig hockte da oben nicht nur ein Fleischfresser sondern mehrere. Um nicht zu sagen eine ganze Meute. Das roch nicht sonderlich gut, aber er war schon mit ganz anderen Typen als wilden Tieren fertig geworden, als er Tessaiga noch nicht besaß. Und da war er ein Kind gewesen und hatte nicht diesen arroganten, aber doch recht starken, Hundedämon, nun gut, seinen Halbbruder, an der Seite gehabt. Das würde schon irgendwie klappen. Falls diese Typen überhaupt angreifen wollten. Immerhin scheuten die meisten Tiere vor Dämonen zurück. Aus gutem Grund. Egal. „Gehen wir da nach links.“ Das war ein eindeutiger Vorschlag. Sesshoumaru schien fast mit einer Augenbraue zu zucken. Was erlaubte sich der Kerl ihm Vorschläge zu machen? Andererseits hatte Inu Yasha als Erster, und erstaunlicherweise Einziger, das Offensichtliche auf der Insel bemerkt. So fragte der Hundeprinz doch nach. „Ein genauer Grund?“ Oh, seine Idee wurde nicht sofort abgelehnt mit „törichter Halbdämon“? Darüber erfreut erklärte Inu Yasha hilfsbereit: „Na ja, ich sehe da etwas, das wie eine Schlucht aussieht. Dann können wir durch den Berg gehen und müssen nicht außen herum.“ Was ja offenbar einen Umweg bedeutet hätte. Und noch mehr Zeitverlust. Wer war gleich noch mal der Ausbilder dieses Jungen gewesen? Izayoi hatte Taktik sicher nicht lehren können, aber … „Myouga!“ Der klammerte sich wohlweislich an das Haar des jüngeren Halbbruders. „Äh, ja, Sesshoumaru-sama?“ Was war denn jetzt los? Erst hieß es, sie würden erwartet, alle beiden Hundebengel waren angespannt, er selbst konnte ebenso dort oben etwas mehr als Bedrohliches wahrnehmen – da stritt man sich doch nicht um den Weg sondern nahm die Beine in die Hand, völlig egal wohin. Nun ja, wenn man ein alter, vernünftiger, Flohgeist war, und an seinem Leben hing. Genauer, jeder, der an seinem Leben hing. Natürlich nicht diese beiden Chaoten. Hatten sie gerade mal wieder vergessen, dass ihre Schwerter untauglich waren? Der junge Hundedämon ermahnte sich, dass ein Mordversuch an diesem unsäglichen Berater von Inu Yasha als Attacke auf sich ausgelegt werden würde, ergo zu einem Duell führen würde, und er seinen Halbbruder noch benötigte. So knurrte er nur: „Was sollte man taktisch bei Schluchten beachten?“ Ach du je, dachte der alte Floh und raufte sich seine wenigen Haare. Er hatte wieder mal Schuld? An was denn nur? Aber eine Nichtantwort wäre mehr als riskant, er konnte an der Fessel aus Energie um seinen Bauch bereits spüren, wie letztere anstieg. Und halbiert zu werden war auch keine Todesart, die er schätzte. Nun, zugegeben, eigentlich schätzte er gar keine. „Äh, ja, im Krieg sind Schluchten einerseits eine praktische Sache – man lockt einen Gegner hinein, riegelt vorn und hinten ab, dann sitzt der in der Falle und man kann ihn bequem von oben erledigen. Umgekehrt sollte man natürlich vermeiden selbst in solch eine Falle zu gehen.“ Er wusste es und hatte das anscheinend Inu Yasha nie gesagt? Das würde noch ein Nachspiel haben. Aber der Hundeprinz wandte nur den Kopf zu seinem törichten Halbbruder. Nein, nicht töricht. Offenbar aber beklagenswert unausgebildet. „Folgerung?“ Aha, Onkelchen und großer Bruder waren sich einig. Mann, was war dieser Sesshoumaru nur für ein Besserwisser, dachte Inu Yasha ärgerlich. Man sollte den … Naja, gab dann die ehrliche Seite in ihm zu: der war eben nicht nur ein Klugscheißer, der wusste so was tatsächlich besser. Was natürlich zu der Frage führte, wieso Myouga, der das ja offenbar auch wusste, ihm das nie so gesagt hatte. Vermutlich, weil niemand je von ihm, einem angeblich dämlichen Halbdämon, erwartet hatte irgendwelche Strategien auszuarbeiten oder ein Heer zu führen, wie es Vater bestimmt gemacht hatte. Jetzt sollte er zusehen, dass er sich nicht noch mehr blamierte. So dachte er hastig nach. Wie hatte das Sango oder sogar Miroku immer formuliert? „Sie sind in der Überzahl, aber da sie bislang nicht angegriffen haben, werden sie es auch nicht sofort tun.“ Er sah hoch. „Es wird dunkel und die bewegen sich mit jeder Minute mehr. Also werden sie so oder so in der Dämmerung oder eher nachts angreifen. Falls sie das überhaupt vorhaben und sie Appetit auf genau uns haben. Auf jeden Fall sollten wir dann nicht in der Schlucht herumstehen, da hast du glatt Recht.“ Das war eindeutig an den großen Bruder gerichtet. Myouga hätte fast geseufzt. So schön es natürlich war, wenn sich die beiden Hundebengel nicht gegenseitig an der Gurgel hatten – und das war eine Tatsache, die ihm der Herr wirklich hoch anrechnen sollte - , umso unangenehmer war es ignoriert zu werden. Nun ja, dachte der alte Berater dann: von einem auch nur potentiellen Dämonenfürsten und dessen Bruder ignoriert zu werden war vermutlich das Beste, was einem so als Floh passieren konnte. Oder überhaupt jemandem passieren konnte, sei man Dämon oder Mensch. Da gab es schon ein gewisses Machtgefälle. Schlimmer hätte es wohl nur einst werden können, als sich der Herr, der alte Fürst und die Dame gemeinsam im Garten aufgehalten hatten und er selbst es vermocht hatte um ein Haar zwischen den blühenden Rhododendren unter den Bodenpelz der Prinzessin zu schlüpfen und … Das gehörte nicht hier her. Immerhin war er nicht erwischt worden, ja, nicht einmal erkannt. Sonst hätte er kaum auch nur die nächsten Sekunden ohne Todesschreie überlebt. Allein der Versuch hatte alle drei vorhandenen ranghohen und damit starken Dämonen mehr verärgert, als sich ein armer Flohgeist nur vorstellen konnte. Aber die entstandenen Energien hätten um ein Haar das Schwebende Schloss beseitigt, das bedrohlich ins Schwanken gekommen war. Zum Glück gehörte stetige Selbstbeherrschung bei hochrangigen Dämonen zur Ausbildung. Aus überaus gutem Grund. „Es sind geflügelte Dämonen.“ Sesshoumaru ertappte sich dabei, nicht einmal von der Tatsache überrascht zu sein, dass er Strategie mit dem Bastard besprach. „Sie fliegen folglich. In einer Schlucht ist das schwierig. Für Schwertangriffe wäre es lästig, aber so könnte das unser Vorteil sein.“ „Ich habe es schon mit Schmetterlingen und sogar Motten zu tun gehabt, so was? Der Typ stammte vom Festland, nannte sich Menomaru.“ Inu Yasha sah doch interessiert zu seinem großen Bruder. Nicht nur, dass sich der halbdämonische Raufbold mit ihm selbst angelegt hatte und anscheinend mit allen möglichen und unmöglichen Leuten in Japan, nein, er suchte auch noch auf dem Festland Streit? Aber dann fiel Sesshoumaru ein, dass sich auch sein verehrter Vater schon mit lästigen Insekten von dort hier, direkt vor der eigenen Haustür, herumärgern musste, Hyouga, oder so ähnlich. „Du hast gewonnen.“ Das war eine logische Folgerung, da der Jüngere sonst gewiss nicht lebendig neben ihm stehen würde. „Klar“, erklärte Inu Yasha unbescheiden wie eh und je, um dann doch ehrlich zu ergänzen: „War ein bisschen lästig, dauerte und dauerte, denn der komische Falter hatte einen Splitter des Juwels und konnte ja die Macht seines Vaters übernehmen. Mit dem hatte sich übrigens unser Vater schon gestritten, ihn aber nur versiegelt. Irgendwie darf ich dann die ganzen Leute umbringen, die er am Leben gelassen hat, wie ja auch diesen Ryuukossusei. Warum machst du das eigentlich nicht? Zu bequem oder zu feig?“ Etwas Rotes blitzte gefährlich in den Augen des Älteren auf, als seine körpereigene Energie sein Haar aufflattern ließ. „Du wagst es, meinen verehrten Vater und mich in einem Atemzug zu beleidigen?“ Es gab nur zwei lebende und zwei tote Personen, die je von dieser Machtdemonstration vollkommen unbeeindruckt geblieben waren. Alles Familiensache. Und zumindest Eltern und Großvater hatten bei dem Welpen doch einiges an Zukunft gesehen und sich mehr amüsiert. Der kleine Bruder fauchte dagegen: „Keh, ich muss ja nicht so sein, wie DU mich haben willst.“ Seine Hand legte sich an Tessaiga, das schmerzhafte Prickeln zeigte ihm jedoch unverzüglich, dass er noch immer keinen Zugriff hatte, „Äh, vielleicht würden sich die jungen Herren samt Euren Energien und Kräften den Motten da oben zuwenden, die gerade angreifen?“ quietschte Myoga hektisch, der als Einziger den potentiellen Feind nicht aus den Augen gelassen hatte, es aber jetzt erst wagte von Inu Yashas Kopf beiseite zu springen. Man sollte nicht sinnlos im Weg rumstehen, wenn diese Beiden Klauenangriffe einsetzten.Wie erwähnt, auch ohne Schwerter waren sie gefährlich. Es gab so einige Leute, die das ihrem Vater in der Unterwelt bestimmt bezeugen würden.   Nachdem drei Hände durch den angreifenden, aus Hunderten fast halbmeter-großen Insekten bestehenden, Schwarm gefegt hatten, und die übergroß dimensionierten Schmetterlinge ausweichen und wenden mussten, befahl der Hundeprinz nur: „Strategischen Rückzug, in die Schlucht!“ An jedem der sechs Beine der Angreifer befanden sich Krallen und auch der so genannte Rüssel war mit mehr als genug scharfen Zähnen besetzt. So gern er sie einfach umgebracht hätte – Inu Yasha hatte nur einen Arm in Benutzung und er wusste selbst nur zu gut wie behin … lästig das war. Und er brauchte den Kerl lebendig, um an sein, nun gut, ihr Erbe zu gelangen.   Myouga erwischte gerade noch das Boa-Ende Sesshoumarus und ließ sich ziehen, so rasch waren die Halbbrüder unterwegs. Das hätte ihm wahrlich noch gefehlt, hier allein herumstehen und sich fressen zu lassen, während die Zwei abhauten. Tolle Beschützer! Das hatten sie bestimmt nicht von ihrem Erzeuger. Der hatte stets auf ihn geachtet. Ein ähnlicher Gedanke kam Inu Yasha und er warf im Rennen einen Blick zurück. Als er den Floh an dem Fell hinterher fliegend entdeckte, beschloss er, mal netter zu seinem Halbbruder zu sein, er selbst hätte den Alten um ein Haar vergessen. Abgesehen davon, dass er es wirklich bedauert hätte, da er den ehemaligen Berater trotz aller Schwächen durchaus als nützlich, ja, hilfsbereit empfand, das hätte bestimmt auch Ärger mit Kagome gegeben. So fragte er nur im Laufen: „Dir ist klar, dass sie uns verfolgen werden, großer Bruder?“ Eigentlich hatte er einen Kommentar zum Thema feige Flucht verlieren wollen, ehe er jetzt bedachte, dass die Ursache wohl in seinem noch immer praktisch unbrauchbaren linken Arm lag, den ihm der Steinriese da gründlich gebrochen hatte. Oder es lag an dieser komischen Inselwelt. So lange benötigte er sonst nie zur Heilung. Der so Angesprochene wandte nicht einmal den Kopf. „Myouga!“ Als ob er nicht bemerkt hätte, dass sich da eine kleine Last krampfhaft an sein Fell klammerte. Und ziepte. Da war selbst Jaken behutsamer mit seinen Haaren umgegangen. Dafür konnte der Flohgeist auch mal etwas Sinnvolles zu dieser Reise beitragen. „Ja, natürlich“, keuchte der und sah sich hektisch nach besagten Verfolgern um. Andererseits gab es kaum einen sichereren Platz als im wohlduftenden Fell eines ranghohen Hundedämonen. „Sie fliegen, es ist gleich Nacht. Sie greifen also nur im Dunkeln an, Inu Yasha-sama. Nachts wird es kühler, die Felsen der Schlucht und der Spalt selbst hat bestimmt noch die Wärme des Tages gespeichert. Sie werden sich schwer tun in der Schlucht zu fliegen. Womöglich gibt es da Aufwinde.“ Er musste es fast brüllen, extrem unhöflich, war aber sicher, das wäre in dieser Situation tolerierbar. Immerhin hatte er eine Anweisung Sesshoumarus erhalten seinen kleinen Bruder auszubilden. Was leider natürlich umgekehrt bedeutete, dass dem potentiellen Fürsten da gewisse Lücken auffielen. Und es war vollkommen klar, wem dafür die Schuld gegeben werden würde. Aber er fuhr fort, was blieb ihm anderes übrig, bevor er einfach abgeschüttelt wurde, wie das ein Hundedämon mit einem zu lästigen Flohgeist so machte: „Sie werden vermutlich aufgeben und Ihr könnt Euren Weg fortsetzen, und zugleich Eure, natürlich überragenden, Kräfte sparen, so ohne Schwerter.“ Oder, genauer, mit momentan machtlosen Klingen, aber bei den beiden unüberlegten Chaoten war eine höfliche Formulierung bestimmt ebenso notwendig wie gegenüber der Regentin der westlichen Länder.   In der Schlucht war es bereits bedeutend dunkler, aber der alte Flohgeist hatte durchaus Recht, dass das Gestein die Hitze des Tages noch gespeichert hatte, die nun in die kühler werdende nächtliche Atmosphärenschicht aufstieg. Die so entstehenden Aufwinde zerrten an den Flügeln der von oben heran flatternden Motten, und machten es ihnen schwer in die Schlucht vorzudringen. Zu Fuß war es für sie unmöglich. Die Wenigen, die es vermochten, trafen auf abwehrende Klauen und hatten kaum mehr Zeit ihren Entschluss zu bereuen, zumal sich die Halbbrüder wohlweislich immer tiefer in die Schlucht zurückzogen. Ihre Augen waren gut genug, um hier feststellen zu können, dass der Boden eben war, die Wände steil und so hofften sie der Belagerung bis zum frühen Morgen widerstehen zu können. Irgendwann mussten diese Flattermänner doch aufgeben. Myouga, der sich wohlweislich von Sesshoumaru Pelz zu Inu Yashas Haaren begeben hatte, hoffte nur darauf. Sein armes Herz war für solche Lagen einfach nicht geschaffen. Es war nur eigenartig, wieso der Boden einer Felsschlucht derart sauber war, fast schon glatt gefegt, wirkte. Ob er etwas sagen sollte? Aber die Chaotenbrüder hatten momentan genug um die Ohren und Klauen. Überdies sollte das dem Einen oder Anderen doch noch auffallen. Wichtig war es jetzt, die Schmetterlinge zu verscheuchen und weiterzugehen. Da würde dann schon das nächste Portal kommen.   Der verstorbene Inu no Taishou sah ein wenig zufrieden zu der Schlossherrin. „Sie arbeiten zusammen, wie ich es hoffte.“ „In der Tat. Und ich gebe offen zu, Eure Idee, der jüngere Bruder könnte der selbstloseste Unterstützer unseres Einzigen sein, hat mich zunächst verwirrt, ich sah doch immer die Gefahr der Konkurrenz. Aber das ist wohl der menschliche Anteil. Überraschend, aber wahr.“ Die Kleinigkeiten, um die sich die Zwei offenbar uneins waren, waren rasch beigelegt. Bedauerlicherweise konnte sie nur das Bild zeigen, nicht den Ton, aber es war evident, dass sich die Beiden verstanden. Und, dass Inu Yasha offenbar den Vorrang des Älteren akzeptierte. Sie meinte da durchaus einmal „großer Bruder“ von seinen Lippen abgelesen zu haben. Sie hob den Kopf. Auch der Heerführer tat das, durchaus die Energie fühlend. „Ein überaus starker Dämon, der sich da nähert.“ Die Dame stand auf und strich ihre Fellboa glatt. „Ich sollte ihn wohl entsprechend begrüßen.“ „Er könnte Eure Hand wollen.“ Und irrtümlich annehmen damit auch den Fürstentitel des Westens zu ergattern. Zu gern vergaßen diese Narren wohl, was er stets gewusst hatte – er war und blieb der Heerführer, sie die Prinzessin, die Regentin. Erst der gemeinsame Sohn besaß das Erbrecht. Er hatte sie nicht aus Ehrgeiz geheiratet, und lächelte sie nun an, frei von jeder Sorge. Sie warf ihr langes Haar mit einer eleganten Geste zurück, ehe sie das Lächeln zurückgab. Ein einziger Mann in einem einzigen Leben, und sie hatte es nie bereut, dass ihr Vater ihn für sie gewünscht hatte. Immerhin hatte der Taishou außer ihr, soweit sie wusste, denn sein Leben vor der Hochzeit ging sie nichts an, auch nur eine einzige andere Frau beglückt. In Anbetracht der Tatsache, dass ihr eigener Vater neben einer Haupt – noch sieben Nebenfrauen besessen hatte, kein Grund sich aufzuregen. Aber sie schenkte ihrem Ehemann ja auch einen Sohn, auf den ihr Vater Jahrhunderte vergeblich hoffte. Der Taishou zwinkerte. „Nun, er wird in diesem Fall Eure Zähne bekommen. Ich werde vermutlich nicht all zu lange auf Euch warten müssen.“ „Wie Recht Ihr doch habt, mein Gebieter.“ Sie verließ ihr Zimmer. Draußen würde sie sich in ihre wahre Gestalt verwandeln und den ungebetenen Gast begrüßen. Sollte es wieder einmal ein Narr wagen sie heiraten zu wollen, so würde er nur zu bald merken, dass promptes „Nein“ für sie durchaus eine Antwort war. Ihr toter Ehegatte stand in ihrem Schlafzimmer, ihr einziger Sohn versuchte den Fürstenring seines Großvaters zu finden, um endlich sein Erbe antreten zu können … welcher Lebensmüde beehrte sie genau jetzt?   Der Inu no Taishou fragte sich das zwar auch, aber er war sicher, dass sie bald zurückkehren würde. Unverheiratet. Jetzt sollte er dann aber wirklich zusehen, dass er von seiner Gemahlin in die Unterwelt zurückgeschickt wurde, nachdem es seinen Jungs beiden so gut auf der Todesinsel erging. Er war sicher gewesen, dass sie dort lernen würden zusammenzuhalten, aber das schien ja geradezu wunderbar zu klappen. Und Myouga gab ihnen offenkundig auch guten Rat, denn der hatte eindeutig immer wieder etwas zu den Beiden gesagt. Es war folglich höchste Zeit seinen alten Freund Toutousai von seinem Rendezvous mit So´unga zu erlösen. Überdies, aber es wäre ungeschickt, das vor seiner ersten Gemahlin zu erwähnen, hatte er heute Abend noch ein Rendezvous mit Izayois Seele. Sie würde sich bestimmt freuen zu hören, dass die Halbbrüder sich verstanden und sein Jahrhundertplan, den er mit zwei speziellen Schwertern begonnen hatte, doch aufging. Sie machte sich immer Sorgen um ihren Kleinen, aber gut. Zum Einen war Inu Yasha wirklich noch jung gewesen, als er auch noch die Mutter verloren hatte, zum Zweiten hatte Sesshoumaru bei der Menschenfrau bei einem einzigen Besuch wohl keinen besonders kinderlieben Eindruck hinterlassen. Er war da eben noch grün hinter den Ohren und mehr als hungrig nach Macht gewesen, da hatte er einen Bruder sicher nur als Konkurrenten betrachten können. Das lag Dämonen im Blut und ein Fürst musste lernen daran vorbei zu sehen. Das hatte einst sein Schwiegervater auch getan, der wahrlich nicht im Rufe der Umgänglichkeit stand. Aber er hatte einen starken Hundedämonen an seiner Seite gesehen, dazu das Höllenschwert, und damit seine eigene Altersschwäche kompensieren wollen, ehe sie bekannt wurde. Natürlich hatte er dann auch auf einen Enkel gehofft, als er feststellte, dass die Erbregeln seinem Heerführer bekannt waren und der keinerlei Anspruch auf den Westen erheben wollte. Nein, es würde alles gut gehen. Seine Jungs mussten nur noch ihre Pakete finden. Nach den Schmetterlingen ging es noch weiter mit ein paar kleinen Hindernissen, aber dann sollten sie die Geschenke auswickeln können. Er hoffte nur, dass sie dann auch verstanden, was das bedeuten sollte. Doch, würden sie schon, Myouga würde es ihnen bestimmt erklären. Zu schade, dass er seine Gemahlinnen nicht berühren konnte, aber tot war eben tot, da half bei ihm ja nicht einmal Tenseiga.   Kapitel 9: Er lässt das Mausen nicht ------------------------------------ Myouga fuhr herum, als er hinter sich etwas vernahm, das eindeutig nicht hierher gehörte. Entsetzt starrte er in die Dunkelheit, wo sich etwas bewegte – riesig, finster und grün leuchtend, was ein Widerspruch in sich war. Im nächsten Augenblick wusste er, dass dieses gigantische Wesen, das sich da lautlos heranschlich, den ebenen Boden der Schlucht verursacht hatte, und dass das, was so grünlich leuchtete, die Augen und das Maul waren. Er wollte warnen, wollte schreien, aber er konnte nur fasziniert, ja, hypnotisiert, in diese Augen sehen. Es musste eine wahrhaft monströse Kreatur sein, die sich da heran schlängelte. Moment. Schlange? Schlangen hatten doch manchmal Gift, oder? Und die Jungs waren durch die Mottenangriffe abgelenkt, starrten nur nach oben. Das konnte, würde, nur fatal enden! Er wollte weg hopsen, als ihm gerade noch rechtzeitig einfiel, dass Sesshoumaru erwähnt hatte, wenn er sich zu weit von ihm entferne, sei das sein Tod. Er musste doch jetzt aber die Hundebrüder warnen! Allerdings drang kein Laut aus seinem weit geöffneten Mund. Er konnte nicht anders – er starrte noch immer in die grünen Augen der Riesenschlange, erkannte, wie sie ihr Maul öffnete. Darin leuchtete es in derselben Farbe. Gift, erkannte der Flohgeist panisch, ähnlich dem, wie es auch der älteste Sohn des verstorbenen Herrn hatte. Ätzend und tödlich.   Inu Yasha warf fast automatisch einen sichernden Blick nach links, wo er den alten Floh auf einem Felsvorsprung in seiner Kopfhöhe wusste. Sobald er den fassungslosen Ex-Berater sah, fuhr er herum, sicher, dass da wirklich etwas war, was von hinten auf sie zukam. Als er die Riesenschlange und ihr geöffnetes Maul entdeckte sprang er instinktiv vor, um seinem Begleiter, seinem Halbbruder, Deckung zu geben und riss ebenso unbewusst sein augenblicklich nutzloses Schwert heraus. Im nächsten Augenblick flog er förmlich beiseite, gerade noch rechtzeitig, um dem Giftregen aus dem Schlangenmaul zu entkommen. Nur einige Spritzer berührten noch sein Feuerrattengewand und fraßen sich zischend hinein. Erst dann erkannte der Halbdämon, dass ihn Sesshoumaru beiseite gerissen hatte, selbst noch irgendwie ausweichen wollte. Allerdings traf die ätzende Flüssigkeit den linken Arm des Hundedämons, der in ungewohntem Schmerz mit einem scharfen Atemzug unwillkürlich auf ein Knie ging. Verdammt, dachte Inu Yasha, das wurde eng, denn die Motten von oben sahen jetzt erst recht keinen Grund ihre Angriffe einzustellen – und die Schlange war auf zehn Meter heran. Fast hektisch warf er einen Blick in der dunklen Schlucht herum, das wirkungslose Tessaiga wegschiebend, ehe er zu seinem Halbbruder sprang. „Weg hier, sollen sich die Motten doch mit diesem Riesenvieh anlegen.“ Er zerrte ihn hoch. Sesshoumaru war zum Einen von dem quälenden Schmerz etwas benommen, den er so noch nie empfunden hatte, zum Zweiten derart verblüfft, dass es jemand wagte, ihn am rechten Oberarm zu packen und empor zu zerren, ja, mit sich zu ziehen, dass er keinen Widerstand leistete. „Da oben ist ein Spalt“, erklärte der Jüngere dann doch, ehe er schrie „Los, Onkelchen, steh nicht da wie angewurzelt!“ Denn die Schlange war in Bissweite. So befanden sich die Drei zwei Sekunden später in einem schmalen Riss in der Felswand. Sesshoumaru sah mit gewissem Erstaunen, dass der Halbdämon sein Schwert erneut zog, begriff dann jedoch, als dieser es in den Boden rammte. Natürlich, der Bannkreis würde die Schlange davon abhalten hier herein zu gelangen. Oder auch nur ihr Gift hier hinein zu spritzen. Seit wann hatte Inu Yasha Ideen und dann auch noch gute? Das war schon einige Male hier auf der Insel passiert. Oder hatte er selbst das zuvor nur nie mitbekommen? Gleich. Er zog Tenseiga und stieß es neben dem Zwillingsschwert in den Felsen. Die Bannkreise würden sich ergänzen. Erst dann erlaubte er es sich zu Boden zu sinken und die Augen zu schließen. Er würde mit diesem Gift wie mit allen fertig werden, da war er sicher, aber es dauerte. Und der Jüngere hatte Recht gehabt. Sollten sich die Motten und diese Schlange doch gegenseitig fressen. Bis sein Arm und auch der Inu Yashas regeneriert waren, hatten sie ansonsten ohne ihre Klingen ein erhöhtes Risiko.   Der Halbdämon blieb vor den Schwertern stehen und warf einen wachsamen Blick hinaus, ehe er sich kurz umsah. Gut. Myouga saß, wenngleich sichtlich schweißgebadet und erschöpft, an einer Wand, wohlweislich etwas entfernt von dem Hundedämon, der die Augen geschlossen hatte. Hatte er es sich doch gedacht, dass selbst der von diesem Gift angeschlagen sein würde. Immerhin konnte er sicher sein, dass der große Bruder bald wieder fit wäre. Nun ja, eine kleine Erholungspause wäre wohl auch für seinen eigenen linken Arm gut. Er konnte spüren, dass der heilte, aber deutlich langsamer als sonst. „Äh, Inu Yasha-sama?“ erkundigte sich der Flohgeist vorsichtig. „Seht Ihr die Schlange noch?“ „Keh! Ja. Und sie zu sehen ist ja auch kein Problem.“ War der Junge etwa verwirrt? „Äh, nein?“ Die Rückfrage erforderte doch die Höflichkeit gegenüber dem Halbbruder eines potentiellen Fürsten und dem Sohn des Herrn. „Es wird erst eines, wenn man sie nicht mehr sieht. Und ja, keine Sorge, die Motten beschäftigen das Riesenvieh wirklich gut. Und umgekehrt. Ich möchte wetten, die haben uns schon vergessen.“ Aber Inu Yasha guckte lieber erneut hinaus.   Sesshoumaru öffnete kurz die Augen. Als er bemerkte, dass sein Halbbruder noch immer am Spalt aufpasste, schloss er sie wieder. Der war wirklich nützlich, gab er zu. Aus irgendwelchen fernen Welpentagen kam ihm ein Lehrer ins Gedächnis, der gesagt hatte:„Merkt Euch eines für die Zukunft: Ihr könnt nur bei jemandem sicher sein, dass er stets hinter Euch steht, wenn er sich in Gefahr vor Euch stellt.“ Wer, außer seinen Eltern, hatte das je getan? Inu Yasha. Sonst fiel ihm niemand ein. Nun ja, jetzt war erst einmal Regeneration angesagt, mit dem Morgengrauen sollten die Motten weg sein und womöglich auch die Schlange. Wenn die allerdings in dieser Schlucht hauste, würden sie wohl doch besser außen herum gehen, um ihren Weg fortsetzen zu können. Irgendwo würden die nächsten Portale auftauchen, sie ihrem Ziel näher bringen. Ihrem Ziel? Ja, doch. Sein Erbe und auch das Inu Yashas.   Eine Stunde später erhob sich der Dämonenprinz, wieder vollkommen hergestellt. Als ob ihm so ein Gift lange etwas ausmachen würde. Nun ja, gab er nur sich selbst und das noch widerwillig zu, es HATTE ihm tatsächlich etwas anhaben können, ein weiterer Beweis, dass sie in einer magischen Welt steckten, die sich irgendwo auf der realen Insel befand. Er trat neben seinen Halbbruder, der nur kurz den Kopf wandte, dann wieder in die Nacht sah. „Ich bleibe hier. Und du regenerierst dich.“ Das war ein Befehl und Inu Yasha wollte unwillkürlich auffahren, ehe er bedachte, dass das geradezu nett vom großen Bruder war, vor allem, wenn man ihr sonstiges, wenngleich gebessertes, Verhältnis betrachtete. So ließ er sich nur wortlos neben Myouga zu Boden sinken. Noch ein bisschen Ruhe, ja, dann wäre auch sein linker Arm wieder voll gebrauchsfähig.   Die Hundedame verwandelte sich in ihre menschliche Gestalt zurück, als sie erkannte, dass das auch ihr Besucher getan hatte und sie nun höflich erwartete. Wer war das? Ein recht junger, aber wohl starker Wolfsdämon, vielleicht so alt wie ihr eigener Sohn, aber natürlich nicht dieselbe Klasse. Nun gut. Er war stark, ohne Zweifel aus guter Familie, aber mit Sicherheit keine der der Fürsten. Und keine höfische Erziehung, denn er starrte sie förmlich an. „Was verschafft mir die Ehre?“ erkundigte sie sich nur kühl. „Äh.“ Ihr Besuch suchte nach Worten, sichtlich bemüht einen guten Eindruck zu machen, ohne zu ahnen, dass der erste schon einmal nicht so gut war. „Ich … Ihr seid die Regentin der westlichen Gebiete? Angenehm. Ich bin Kouga. Ich bin der Führer des Rudels aus den Nordbergen.“ Und was wollte er dann hier? Nun ja, Leiter eines Wolfsrudels wurde man auch nicht von ungefähr. Vermutlich der stärkste Erbe. „Weiter.“ „Ich würde für mich und mein Rudel eine neue Heimat suchen. Eine lange Geschichte, mit der ich Euch nicht langweilen möchte.“ Natürlich. Das einzig Interessante verschwieg er ihr. Wunderbar. Ihr toter Gatte befand sich in ihrem Schlafzimmer, ihr Einziger wollte endlich sein Recht – und was tat sie? Ansiedlungsersuchen erhalten? „Ich bin mir selbstverständlich im Klaren wo die Nordberge liegen. Nur, warum wollt Ihr in die westlichen Länder?“ „Äh, nun ja, mir wurde es hier empfohlen.“ Welcher Narr …? Wurde der Westen in Dämonenkreisen jetzt als Rückzugsort betrachtet? Für was hielt man sie und ihre Fähigkeiten? Kouga bemerkte, dass die Dame um einen Hauch erstarrte. „Und, ehrlich, ein Freund von mir wohnt hier mit anderen …“ „Name?“ „Inu Yasha.“ Die Hundedämonin strich über ihre Boa, als sie für einen Sekundenbruchteil die Augen von dem jungen Wolf nahm. „Du bist ein Freund von Inu Yasha?“ Ach du Schande, dachte der Wolfsdämon. Er und seine große Klappe. Das war eine überaus starke Dämonin Wenn sie die Regentin war, war sie sicher nicht unbedingt ein Fan von Halbdämonen. „Na ja, wir kennen uns seit Jahren.“ Das war nicht geschwindelt, würde aber hoffentlich die Sache etwas abbiegen. Mit diesem höflichen Gerede kannte er sich doch nicht aus, obwohl Ayame extra mit ihm noch diese Begegnung durchgesprochen hatte. Das Rudel konnte sich erst wieder irgendwo in Frieden niederlassen, wenn der zuständige Fürst das erlaubte. Diese Handvoll Dämonenfürsten war eben eine Nummer mächtiger als der Rest und überdies seit undenklichen Zeiten die Schutzherren der jeweiligen Gegenden. Ayame und er waren übereingekommen es im Westen zu versuchen. Hier war es ruhig, Inu Yasha hatte das ja bestätigt, Kagome war dann nicht weit – und es gab eine Regentin, von der sie gehofft hatten, sie sei weicher als einer der übrigen, männlichen, Fürsten. Letzteres war wohl ein Irrtum gewesen. Und was jetzt? „Wir haben inzwischen vier Welpen, die in Ruhe aufwachsen sollten. Also, nicht ich, aber auch meine Gefährtin ist tragend.“ Vielleicht half der Appell an mütterliche Gefühle. Ja, und ihr eigener Welpe samt Halbbruder steckte in einer magischen Prüfung für sein Erbe. Sicher würde er bestehen, er besaß gutes Blut. „Komme in einer Woche wieder, dann kannst du den Antrag sicher dem Fürsten selbst vortragen. Wenn Inu Yasha für dich spricht, womöglich sogar mit Erfolg. Jetzt geh!“ Erst als Kouga dem klaren Befehl, der mit deutlich erhöhter Energie unterstützt worden war, gefolgt war und einige Meilen entfernt inne hielt, bedachte er die Neuigkeit. Es würde bald wieder einen Fürsten im Westen geben? Wollte die Regentin heiraten? Und wieso sollte Inu Yasha als Halbdämon Einfluss auf den Fürsten haben? Der einzige Hundedämon, den der überhaupt kannte, außer seinem Vater, natürlich, war doch Sesshoumaru. Sekunde. Das war der ältere Bruder. Sollte das etwa heißen, dass Sesshoumaru … Nein. Unmöglich. Der war mordsgefährlich, aber konnte der wirklich Fürst werden? Na ja, warum nicht, wenn anscheinend sowieso die Hunde auf diesem Land ihre Klauen drauf hatten. Und immerhin hatte er selbst sich mit dem noch nie gestritten. Das wäre doch schon einmal gut, oder? Im Augenblick blieb ihm jedoch wohl nichts anderes übrig als zu seinem Rudel zurückzukehren und immerhin sagen zu können, dass die Ansiedlungsbitte noch nicht abschlägig beschieden wurde, sondern er in einer Woche mit dem Fürsten selbst reden konnte, egal, wer das dann war. Anscheinend tat sich da etwas im Machtgefüge des Westens.   Bei Sonnenaufgang spürte Sesshoumaru, dass der Bas … sein Halbbruder aufstand und neben ihn trat. „Sie sind alle weg“, erläuterte Inu Yasha nach einem Blick nach draußen. Wieso erzählte der immer das Offensichtliche? Der Hundedämon sah sich langsam um. Myouga ahnte, wem gerade wieder die Schuld zugeschoben wurde, und sprang eilig auf die Schulter des Jüngeren. Da war er vor Sesshoumaru und seinen Klauen sicher und er konnte einen Tadel anbringen. „Das sieht der junge Herr auch so, Inu Yasha-sama, das braucht Ihr nicht zu erwähnen. Dann können wir wohl gehen?“ Ach du je. Der Junge sollte lieber aufpassen, was er da so sagte und tat. Die Liste an Mängeln in der Ausbildung wurde immer länger, und leider, je besser sich die Brüder verstanden, umso mehr geneigt war der potentielle Fürst nicht auf den Kleinen loszugehen sondern auf den Kleinsten. Ihn, Myouga, einen armen Floh, der doch wahrlich an allem unschuldig war. Oh, hoffentlich steckte Toutousai noch so richtig schön in der Patsche. Schließlich hatte der den Brief des Herrn vergessen! Betten machen! Das war die albernste Ausrede seit es Insekten gab! „Keh“, machte der Halbdämon, der den Tadel wohl gehört, aber nicht verstanden hatte. Warum sollt er immer den Mund halten? Kagome hatte zwar aufgehört ihn zu Boden zu schicken, aber das früher oft genug getan. Und auch Sesshoumaru war nicht sonderlich angetan, wenn er seine Meinung sagte. Wieso musste er denn immer aufpassen, was er tat oder sagte? Er war eben spontan, jawohl! Andererseits, bedachte er dann, wenn das weder bei Menschen noch bei Dämonen ankam, sollte er wohl mal überprüfen, wie weit das eine Halbdämonensache war, und wie weit tatsächlich einer mangelnden Erziehung geschuldet. Oh, nicht, dass er da seiner Mutter irgendetwas vorwerfen wollte. Sie hatte ihn geliebt, sich jede Menge Mühe mit ihm gegeben. Aber nach ihrem Tod ...Nun gut. Dieser Flohgeist war oft genug gekommen und hatte Geschichten erzählt, aber ebenso oft war er spurlos verschwunden. Meist genau, kurz bevor es Ärger gab. Nachher freilich, hatte er ihm dann erklärt, wer da den kleinen Halbdämon zum Fressen gern gehabt hatte. Das war so wie mit diesem Toutousai. Als der aufkreuzte hatte er den nicht erkannt. Myouga hatte nie etwas von dem oder Tessaiga erwähnt. Man, alle wussten immer etwas und er stand da wie der ...na ja, eben wie der törichte kleine Bruder. Na schön. Es war ein Musterbeispiel heroischer Selbstüberwindung, als sich Inu Yasha nach rechts wandte: „Und, großer Bruder, wohin jetzt?“ Sesshoumaru war fast zu verblüfft um zu antworten, ehe er begriff, dass er sich dann unsterblich vor dem Jüngeren blamieren würde. „Nicht durch die Schlucht, da wartet die Schlange. Zurück. Die Schmetterlinge werden nicht mehr angreifen.“ Er bekam Informationen! Darüber erfreut meinte der Halbdämon. „Schön, dann los.“ War es etwa wirklich so, wenn er anerkannte, dass das der Ältere, der Ranghöhere war, bekam er Neuigkeiten, ja, taktische Ratschläge? Das wäre ja eine ganz neue Ebene der Zusammenarbeit. Nun gut, immerhin war die Mama Hund auch sehr nett und zuvorkommend gewesen. Vielleicht sollte er daher warten, bis der große Bruder unten in der Schlucht stand und dann erst folgen? Er erteilte ihm schon wieder Befehle? Aber, da Inu Yasha stehen blieb, sprang der Hundeprinz hinunter. Imme sollte der Stärkere zuerst gehen, so hatte es Vater auch gehalten.   Sie waren kaum aus der Schlucht, rechts und links neben sich wieder die steile Felswand, in der oben die Motten wohl schliefen, vor sich den dichten Wald, als vor ihnen drei dunkle, wirbelnde Portale auftauchten. „Oh“, keuchte der kleine Berater fast begeistert. „Die Prüfung bestand wohl darin diese Nacht zu überleben und zu wissen, dass man zurück muss!“ „Und was soll der Unsinn?“ erkundigte sich Inu Yasha. Sesshoumaru dachte es. „Nur ein weiser Mann erkennt, dass er auf dem falschen Weg ist, und kehrt um!“ erklärte Myouga, angetan, dass sie ihm mal zuhörten. „Wie toll!“ murrte der Halbdämon mit einem Blick auf die düsteren Portale. Es war wohl völlig egal, durch welches sie springen würden, dahinter wartete wieder lästiger Ärger. „Sagen wir es so, ich sehe Schwarz in unserer Zukunft.“ „Das Mittlere“, hatte sich Sesshoumaru unterdessen entschieden. Es war gleich, mit was die unbekannten Erschaffer dieser magischen Welt ihm auf die Nerven zu gehen gedachten, er würde alles bestehen. Vater war hier gewesen, also würde er es auch schaffen. Und Vater war allein gewesen, obwohl er selbst langsam den Verdacht bekam, dass da einige kleine Schikanen weniger eingebaut gewesen waren. Offensichtlich hatte es sein, ihr, verehrter Vater vermocht mit den Zauberern zu sprechen und neue Fallen für die Söhne einbauen zu lassen. Nur, mit welchem Sinn? Gleich. Er machte den Schritt in das nächste Unbekannte, sicher, dass ihm sein Halbbruder samt dessen Anhängsel folgen würde.   Toutousai klopfte seinem Reittier energisch mit der Ferse an den Hals um seine Kuh im Laufen zu halten. Trab, besser wäre noch Galopp gewesen, aber das war wohl unmöglich. Fliegen ebenso, denn sonst würde am Ende noch die Regentin mitbekommen, wohin er ritt. Nein, danke. Sein Bedarf an Hunden, Hölle und sonst etwas war für die nächsten Jahrhunderte gedeckt. Immerhin war er jetzt wieder in der Welt der Lebenden. Noch, denn wer wusste schon, wie Sesshoumaru reagieren würde, käme er von der Insel der Toten zurück. Inu Yasha konnte auch recht impulsiv und vor allem schmerzhaft reagieren. Sein einziger Trost war, dass der Ältere wohl mit der Fürstenwürde zufrieden sein würde, und auch dann eingespannt genug, um sich nicht auf die japanweite Suche nach einem armen, alten Schmied zu machen. Jedenfalls sollte er nicht in sein schönes Fischskelett zurückkehren, denn da wusste jeder der Chaotenbrüder, wo es herumlag. Dabei hatte sich damals sein Meister solche Mühe gegeben, seinen Abschiedswunsch nach einer besonderen Behausung, die aber nicht brennbar sein durfte, und oben auf einem Vulkan liegen sollte, zu erfüllen. Es war sicher nicht einfach gewesen, diesen seltenen Riesenfisch, zumal mit magischen Kräften, zu überwältigen, selbst für den Schmiedegott . Die Überreste dann oben zu deponieren war bestimmt dagegen ein Kinderspiel gewesen. Immerhin hatte er Jahrhunderte da oben in Frieden leben können – bis eines Tages ein Kerl bei ihm rein geschneit war, der das Höllenschwert trug, und auch ansonsten eine Energie vor sich herschob, die für zwei Dämonen gereicht hätte. Ach, warum hatte er sich nur damals mit diesem Hund eingelassen? Weil der sowieso schon wusste, wer er war und wo er wohnte? Weil er ihn doch manchmal ganz nett gefunden hatte? Das war der verstorbene Inu no Taishou sicher gewesen. Verglichen mit seiner ersten Gemahlin und seinem ältesten Sohn geradezu phänomenal nett. Leider hatte er jetzt die letzteren Beiden plus einem Halbdämon auf dem Hals. Toutousai nahm nicht eine Sekunde an, dass ihm die Hundebengel den Aufenthalt auf der Insel verzeihen würden, zumindest nicht sofort, obwohl der auch stattgefunden hätte, wenn er den Brief früher überreicht hätte. Aber daran würden sie erst später denken. Nein, besser war es, erst einmal aus dem Gesichtskreis von Hunden zu verschwinden, bis sich alles ein wenig beruhigt hatte. Ein Aufenthalt im Fujiyama war sicher am Besten.     Kapitel 10: Gebrannte Welpen scheuen den Vulkan ----------------------------------------------- Myouga spürte es, noch ehe er die Augen nach dem Sprung ins Nichts wieder öffnete. Sengende Hitze, ein Knistern in der Luft, das ihn nur zu sehr an die Heimstatt seines alten Freundes Toutousai erinnerte. Beim Blut des Herrn! Waren sie etwa ...? „Hübsch warm“, erklärte in diesem Moment auch Inu Yasha. So öffnete der alte Floh vorsichtig die Augen, nur, um mit einem Satz auf die Schulter des jüngsten Nachkommen der Familie zu springen. Sie befanden sich in einer Höhle, vermutlich. Genau war das nicht zu erkennen, aber es war um sie herum dunkel. Die Schwärze wurde nur erhellt von einzelnen Feuerfontainen, die aus dem Boden schossen, so weit das Auge reichte, Bäche aus flüssigem Gestein, die sich durch abgekühlte Lavaklumpen wanden, um ab und an in eleganten Fällen in tiefer gelegene Regionen zu stürzen. Es war warm. Sehr warm, und Myouga beschloss unter den Kragen des Halbdämons zu schlüpfen. Immerhin sollte das Haar der Feuerratten Flammen und Hitze abhalten. Vermutlich hätte das Sesshoumaru mit einem Bannkreis auch vermocht, aber unter dessen Rüstung zu kriechen … Nun, es gab deutlich einfachere Selbstmordmethoden, wenngleich die nächst sicherste aller Voraussicht nach gewesen wäre sich da vorne in das Lavabecken zu stürzen. Nein, danke. „Äh, was jetzt?“ piepste er. Hier stank es nach kochendem Schwefel und was sonst noch so alles. Das wurde ja immer schlimmer. Der einzige, winzige, Trost, den er noch verspürte, war, dass diese beiden Chaoten neben und unter ihm waren. Ja, sie waren Idioten, die beiden Halbbrüder, spontan und unberechenbar, aber sie waren stark und hatten doch ab und an Ideen, wie nicht nur sie, sondern auch ein armer, kleiner Flohgeist überleben konnten. „Hier weg und raus“, erklärte Inu Yasha hilfsbereit das Offensichtliche. „Hast du einen Geistesblitz?“ erkundigte sich Sesshoumaru sachlich, ohne den Blick von den mehr als heißen Lavafällen vor ihnen zu nehmen. Immerhin hatte der Bas ...Inu Yasha bereits einige überraschend brauchbare Einfälle gehabt. „Na ja, eine Idee hätte ich schon, aber ich glaube, es hapert etwas an der Verwirklichung“, gestand der jüngere Bruder in ungewohnter Offenheit. „Hier sehen alle Richtungen ziemlich gleich aus. Und heiß.“ Er hatte ihn etwas gefragt und wollte eine Antwort, keine Entschuldigung. „Nun?“ Er wurde echt von Herrn Arrogant persönlich um seine Meinung ersucht! Der Halbdämon spürte eine Wärme, die nicht von den Feuern um sie kam, in sich. Jetzt sollte er sich auch nicht blamieren. „So mal angedacht: diese Feuerflüsse fließen offenbar wie Wasser, immer nach unten. Also sollte da, wo oben ist, auch der Ausgang sein, oder? Leider sehe ich hier nur keinen besonders guten oder auch nur kühlen Weg.“ Das war tatsächlich ein Gedanke. Der Hundedämon warf einen Blick nach oben. Ja, dort waren Hänge, an denen die Lava herabrann. Es fragte sich nur, was sie dort oben erwartete, aber hier herumstehen war kaum die gewünschte Lösung. Sie mussten da durch. Und es gab sicher eine Möglichkeit. Er sah sich noch einmal suchend um, ehe er sich entschied. „Hinauf.“ Myouga entschloss sich dagegen ohne weiter Nachzudenken, in schierer Panik, zu einer Handlung, die er nur Sekundenbruchteile später für ebenso selbstmörderisch hielt wie sich allein den Weg durch glühendes Magma zu suchen. Er sprang von der Schulter des Halbdämons und stellte sich mit ausgebreiteten Armen vor die Hundebengel. „Nein, das … das geht nicht, das dürft Ihr nicht tun. Das ist selbst für Euch zu heiß, junge Herren!“ Tatsächlich senkten sich die Blicke der Halbbrüder zu ihm, einer so verständnislos dreinsehend wie der Andere. Oh nein, erkannte der Flohgeist dann entsetzt. Nicht nur verständnislos – ärgerlich? Natürlich, er hatte gerade einem potentiellen Dämonenfürsten und einem möglichen Prinzen vorgegeben, wie sie sich zu verhalten hatten. Das erforderte Strafe, mindestens Tadel! „Komm schon, Onkelchen“, sagte Inu Yasha sogar noch nachsichtig. „Krieche wieder unter meinen Kragen. Das Feuerrattenhaar hält wirklich eine Menge aus. Sonst wird es eben etwas unangenehm warm, und? Willst du hier übernachten?“ Das wollte Myouga ganz bestimmt nicht. Überdies erkannte er, dass der ältere Sohn des Herrn ein wenig seine Klaue hob und fast nachdenklich betrachtete. Oh nein, bitte das nicht. Die Energie, die zwei seiner Arme an seinen Bauch fesselte stieg auch schon merklich an. Hilfe! Sesshoumaru meinte allerdings nur: „Geh mit oder beiseite.“ Der Ex-Berater, seit Jahrhunderten erfahren mit den Hundelaunen, erkannte eine Drohung, wenn er sie sah, und sprang lieber wortlos erneut unter die Haare des Halbdämons. Da war er deutlich sicherer als auf dem Boden. In jeder Beziehung. Er klammerte sich allerdings nur mehr an den Kragen des Gewandes, als Inu Yasha mit ebenso weiten Sätzen seinem Halbbruder folgte, wie dieser vorlegte, Lava und Feuerfontänen ausweichend, aber doch immer den Weg nach oben suchend, wo, da waren sich die Halbbrüder unausgesprochen einig, es kühler werden musste, ja, sich der Ausgang aus dieser Feuerhölle befinden musste. Je schneller sie hier durch waren, umso angenehmer.   Bei dieser Meinung blieben sie, bis sie den Abhang überwunden hatten. Der führende Hundedämon blieb stehen. Eilig sprang sein jüngerer Halbbruder an seine Seite, um zu sehen, was jetzt schon wieder los war. Toll, dachte Inu Yasha nur. Myouga wagte es unter dem weißen Haar hervor zu schielen. War dieser Vulkan jetzt endlich vorbei? Natürlich schützte das Feuerrattenhaar und der Junge war auch wahrlich schnell gewesen, aber … Entsetzt starrte der alte Flohgeist auf das, was vor ihnen lag. Es handelte sich mitnichten um das Ende des Feuerlandes, nur das des Kraters. Stattdessen breitete sich ein Flachland aus. Aber was für eines. Fontänen schossen immer wieder in die Höhe, der Boden schien zu glühen, scheinbar nachgiebig wie Asche zu sein. Die ganze Ebene bis zum Horizont zeigte die Macht des Feuers. Dort sollten sie durchgehen? Wie stellten sich diese Bengel das denn vor? Und, was hatte sich der Herr denn nur dabei gedacht, seine beiden Sprösslinge hier durch zu schicken? So viele hatte er doch nicht, um mal eben auf sie verzichten zu wollen. Oder zu können. „Äh, selbst, wenn du dich verwandelst, hilft das nicht, oder?“ erkundigte sich der Halbdämon bei seinem großen Bruder, ohne den anzusehen. Nein, dachte dieser, da würden ihm höchstens diese plötzlich auflodernden Flammen Pfoten oder Schwanz versengen. Das war ein törichter Einfall. Leider sah der Boden so aus als wäre er aus heißer Asche, in die Dämon wunderbar einsinken konnte. Auf seine Nase sollte er sich lieber nicht mehr verlassen, die hatte bei dem Aufstieg aus dem Krater durch die Hitze und den Schwefelgestank schon genug gelitten. Und Inu Yasha konnte sowieso nur schlechter wittern, so als halber Dämon. Fliegen war auch keine Option – diese Fontänen schienen fast unendlich nach oben zu steigen, und das unmotiviert und ohne Vorwarnung, überdies gab es kein Ziel. Nein, sinnvoller war es zu Fuß. Nur, er war nicht allein und hatte den kleinen Halbbruder als Beigepäck. Natürlich auch diesen lästigen Flohgeist. Aber um den würde sich schon Inu Yasha kümmern. Moment einmal. Was war das dort hinten? Sesshoumaru wandte den Kopf. Tatsächlich. Hart am Ende seines Gesichtskreises konnte er drei schwarze Flecken erkennen. Das mussten die Portale sein, die sie hier aus dieser höllischen Welt wieder entlassen würden. Fragte sich nur, was dann kam, aber das würden sie schon sehen. „Gib mir deine Hand.“ Inu Yasha war etwas verwundert, vermutete aber nach den Erfahrungen der letzten Tage doch, dass der große Bruder einen Plan hatte, der sogar ihn und Myouga mit einschloss. So griff er wortlos nach der Linken des Hundedämons. Absolute Premiere, dachte er, als er spürte, wie sich die mörderische Klaue fast behutsam um die seine schloss. Ungewohnt und seltsam angenehm. Er sollte das würdigen, würde Kagome bestimmt sagen. „Ich habe keine Ahnung, was du vorhast, aber ich mach mit“, versprach er. Der Kleine war in der Tat loyal, stellte Sesshoumaru fest, ehe er seine Energie ansteigen ließ, um einen Bannkreis um sich und seinen Begleiter zu erschaffen.   Der Halbdämon kannte derartige magische Barrieren, schließlich hatte Miroku oder sogar die alte Kaede so etwas als Schutz gegen Dämonen hinbekommen, aber so im Bannkreis der Energie eines potentiellen Dämonenfürsten zu gehen war noch einmal etwas anderes. Selbst die Hitze der Feuerteiche und -fontänen wurde doch deutlich abgehalten. Inu Yasha begriff, warum er die Hand hatte nehmen sollen. Der direkte Körperkontakt ließ die dämonische Macht mit in ihn fließen, schützte ihn besser. Und das, so erkannte er plötzlich, war wohl schlicht der Tatsache zu verdanken, dass sie doch zur Hälfte das gleiche Blut, die gleiche Energie, trugen. Vaters Erbe. Myouga rührte sich jedenfalls nicht mehr und das war ihm auch recht so. Er passte auf, wohin Sesshoumaru ging, bemühte sich, ja nicht den Bannkreis zu berühren, da er keine Ahnung hatte, wie weit der väterliche Schutz diesbezüglich ging, und überlegte. Nie zuvor hatte er, wirklich nie, die Hand seines Halbbruders anders als schmerzhaft kennengelernt. Jetzt so Händchenhaltend mit dem durch vulkanische Aktivitäten zu streifen hatte schon irgendetwas Aberwitziges. Mit Kagome war er schon so über blühende Wiesen geschlendert, aber er vermutete doch schwer, dass das hier nicht so enden würde, wie das mit seiner Gefährtin, wenn sie … Das gehörte hier nicht her. Sesshoumarus Klaue war warm und fest, aber nicht zu sehr, versprach Schutz und Halt. War das etwa die Seite, die er Rin und womöglich auch Jaken zeigte, und bei den Beiden diese bedingungslose Loyalität hervorrief? War der ach so feine Herr Hundedämon doch irgendwie anders, als er selbst früher immer gedacht hatte? Schon bei der Jagd auf Naraku hatte der oft genug demonstriert, dass ihm gerade an Rin etwas lag, und umgekehrt. War das gesamte miese Verhältnis zwischen ihnen beiden ein Missverständnis? Um Tessaigas Willen? Er hatte doch gar nicht gewusst, dass diese ach so tollen Berater seines Vaters das Schwert im Jenseits versiegelt hatten – und den Zugang dazu, diese schwarze Perle, in seinem Auge. Ihm hatte das Myouga nie erzählt. Sekunde. Hatte das etwa auch niemand Sesshoumaru gesagt? War der immer davon ausgegangen, dass ihm alle Schwerter ihres Vaters eben als Erbe zustünden? Myouga hatte da wohl kaum gebeichtet, dass Tessaiga ihm, dem Jüngeren, gewidmet worden war? Und hatte der, Inu Yasha tat sich noch immer schwer damit, so an seinen Halbbruder zu denken, der mögliche Erbe der westlichen Länder mangels Fürstenring geglaubt, dieses Schwert schlicht zu benötigen um an sein Erbe zu gelangen? Kurz, waren etwa der vergessliche Flohgeist und der vertrottelte Schmied Schuld an ihrem früher katastrophalen Verhältnis, an den mörderischen Duellen? Sesshoumarus Mutter konnte er ausschließen. Die war ausgesprochen nett zu ihrem Stiefsohn gewesen und hatte ihm ausreichend zu essen besorgen lassen. Hm. Wenn sie beide ihr Erbe gefunden hatten, wäre mal ein mehr als ernstes Wort mit Vaters so genannten Freunden fällig.   Auch Sesshoumaru dachte nach. Die Hand, die die seine hielt … Niemand außer Rin oder seinen Eltern, nun ja, auch Jaken, hatte je seine Klaue gespürt ohne zu sterben. Und das, jetzt, er hätte es nicht benennen können. Da war Halt, ja, Schutz, und er fühlte sich umgekehrt seltsam zufrieden, dass Inu Yasha, nein, dass der Halbdämon natürlich, ihm vertraute. Es hatte genug mörderische Auseinandersetzungen gegeben in der Vergangenheit, aber das lag auch hinter ihnen. Schon bei den letzten Kämpfen mit diesem unsäglichen Naraku hatte er gewusst, dass auf Inu Yasha Verlass war. Er war ein Partner an der Seite, verließ sich nicht auf ihn, ja, kam manchmal sogar auf den törichten Einfall ihn decken zu wollen. IHN, Sesshoumaru, den Fürsten der westlichen Länder, den zukünftigen Herrn aller Dämonen. Aber dennoch, das musste er zugeben, war das zwar beleidigend, aber auch irgendwie beruhigend. Der Einzige, der ihn je besiegt hatte, der Einzige, der seines Blutes war – und der stand offenbar bedingungslos hinter ihm. Warum nur hatte er das nie vorher so gesehen? Tessaiga, natürlich. Er hatte dem Jungen immer unterstellt, der habe das Schwert mit Absicht ihm vorenthalten. Dabei hatte der nichts davon gewusst, nichts von magischen Klingen, nichts über das Fürstentum, ja, nicht einmal etwas über Vater. Außer dem, was seine Mutter ihm erzählt hatte. Und Izayoi hatte bei aller Liebe, die sie vermutlich Vater entgegenbrachte, bestimmt nichts von den un-menschlichen Seiten ihres Gemahls erfahren. Natürlich war sie Schuld gewesen, dass sich sein verehrter Vater für sie und Inu Yasha geopfert hatte, gestorben war … Nun ja. Irgendjemand hätte ihm selbst doch auch sagen können, was mit Tessaiga war, was mit Großvaters Fürstenring war, was … Wozu hatte man eigentlich so genannte Berater, wenn die zu nichts Nutze waren? Wenn sie hier von der Insel waren, würde er mit Myouga mal ein ernstes Wort reden müssen. Und dieser vergessliche Schmied war auch noch fällig. Ihm Jahrzehnte lang die Möglichkeit vorzuenthalten der Fürst der westlichen Länder zu werden, ihm sein ureigenes Erbe vorzuenthalten! Myouga, der sich unter dem langen, dichten Haar Inu Yashas verbarg, war zu erfahren mit den Launen seiner Hunde, als dass er nicht bemerkt hätte, dass sich über ihm gleich zwei Gewitter zusammenbrauten. Leider konnte er nicht weg, aber er suchte in Gedanken schon mal alle Ausreden und Erklärungen zu allen möglichen Situationen, die ihm so einfielen, denn ihm war klar, dass er mal wieder die Schuld trug. An was auch immer, warum auch immer. Ach ja, diese Chaotenbrüder waren schon ein Fall für sich. Eindeutig war ihr Vater zu früh gestorben. Der alte Floh baute sich mit der Vorstellung auf, wie sein Herr abwechselnd seine beiden Nachkommen über das Knie legte.   Besagter Erzeuger der Hundebengel lächelte derweil nichtsahnend ob des drohenden Unheils, das da über seinen kleinen Berater hereinzubrechen drohte, eine Seele an, die sich ihm näherte. „Bezaubernd seht Ihr aus.“ „Danke.“ Izayoi wusste zwar die Höflichkeit eines Mannes zu schätzen, der nach Blieben durch das Jenseits spazierte, aber ihr Interesse lag momentan woanders. „Wie geht es meinem Kleinen?“ „Gut. Ich habe ihn sogar sehen können. Nur, klein ist er nicht mehr, Teuerste. Er ist erwachsen, ja, mir wurde gesagt, sogar verheiratet. Vielleicht solltet Ihr Euch lieber auf Enkel einstellen.“ „Ist schon so viel Zeit in der Welt der Lebenden vergangen?“ Sie entsann sich noch den kleinen Jungen, den sie umarmt hatte, und für dessen weiteres Leben sie mehr als schwarz gesehen hatte. Dann jedoch brach sich mütterliche Neugier Bahn. „Verheiratet. Mit einer Dämonin oder einer Menschenfrau?“ „Einer Menschenfrau, die wohl recht magisch talentiert ist. Momentan befindet er sich mit Sesshoumaru auf der Nebelinsel, wohin mein letzter Brief sie schickte.“ Insel der Toten hatte die besorgte Mutter sicher wieder verschreckt. Solche Scherze konnte er mit seiner dämonischen Gemahlin treiben, die kaum etwas aus der Ruhe brachte. Kaum, denn auch diese verstand bei dem Wohlergehen ihrem Welpen keinen Spaß, wie einst ein Fuchsdämon mehr als schmerzhaft feststellen musste, der damals dem Kleinen im Scherz eine Schlange an den Schwanz gehext hatte. Mütter eben, wie sie sich glichen, gleich, welcher Art. „Sie, ich meine, Eure beiden Söhne kommen miteinander aus?“ „Sie arbeiten sehr gut zusammen. Und Myouga ist ja auch bei ihnen, um ihnen mit Rat zur Seite zu stehen. Ihr braucht Euch keine Sorgen machen. Es ist eine Prüfung, die sie nur zu zweit bestehen können, aber auch werden.“ Der verstorbene Inu no Taishou lächelte etwas. „Ich würde Euch gern die Hand und Anderes küssen, um Euch zu beruhigen, aber so muss Euch eben mein Wort reichen.“ „Ich würde nie an Eurem Wort zweifeln“, beteuerte Izayoi hastig wohlerzogen. „Es ist nur, als Sesshoumaru damals vorbei kam, erweckte er bei mir nicht gerade den Endruck … brüderliche Gefühle zu besitzen.“ Das war noch untertrieben, immerhin hatte er von sich gegeben, den Kleinen umbringen zu wollen, wenn der kampffähig wäre. „Er erweckte wohl eher den Eindruck keine Gefühle zu besitzen, denke ich mir. Das ist durchaus Dämonenart. Aber, wie erwähnt, sie arbeiten zusammen, wie ich es plante, und damit ist für die Zukunft viel gewonnen. Inu Yasha wird seinem Bruder beistehen, wenn dieser Fürst wird. Und damit ist diesem schon einmal sehr geholfen. Dämonenfürsten haben es ebenso schwer wie menschliche Loyalität zu erhalten.“ „Dämonenfürst.“ Sie lächelte etwas, da sie sich des halbstarken Dämons entsann. „Es ist wahrlich viel Zeit vergangen. Ich sehe ihn immer noch nicht als Erwachsenen vor mir, aber auch bei Inu Yasha fällt es mir schwer.“ „Das ist nur zu verständlich. Aber sie sind beide erwachsen geworden und damit vernünftig.“ „Was werden sie denn am Ende der Prüfung erhalten?“ „An der alten Ruine, die das Ziel der Reise ist, habe ich zwei Seidentücher hinterlegt, für jeden von ihnen. Sie sollten den Inhalt sorgfältig auswickeln. Für Sesshoumaru wartet dort der Fürstenring seines Großvaters, der Siegelring des Westens. Dieser wollte, dass sein Enkel sein Nachfolger wird, aber erst, wenn er erwachsen ist. Ein Kind als Fürst, der Magie des Landes unkundig, würde nur zu leicht zu Krieg führen. Seine Mutter hütete den Westen für ihn. Geplant war ja eigentlich, dass ich das mit ihr tue, aber da kam der Drache dazwischen. Und Ihr.“ Er war in ein Fettnäpfchen gesprungen, erkannte er an ihrem schmerzlich verzogenen Mund. „Es war meine freie Entscheidung, Izayoi. Ihr seid nicht Schuld an meinen Entschlüssen.“ „Und was wartet auf Inu Yasha?“ lenkte sie eilig ab. „Eine Münze, nun,eine Medaille, die mir einst der Fürst des Westens gab. Die Ernennung zum Heerführer.“ „Oh. Ich dachte, man kann diesen Titel nicht vererben?“ Ihr Kleiner und Heerführer eines dämonischen Fürsten? Sie musste wirklich so einiges verpasst haben. Er war doch immer so weich und freundlich gewesen. „Das ist wohl wahr. Sesshoumaru könnte sie zurück fordern. Ich wage nur zu bezweifeln, dass er eine andere Person hat, die an seiner Seite kämpft und ihm gegenüber als wahrer Bruder steht.“ Und diese Medaille würde für seinen Ältesten der deutliche Hinweis auf seinen Willen sein. Nun, nach der Lektion der Toteninsel sollten sie nur noch besser zusammenarbeiten können. Gerade Sesshoumaru schien da seit seinem eigenen Tod eine Menge dazu gelernt zu haben. „Überdies wurde mir berichtet ...“ Sollte sie doch annehmen von Toutousai. Er hielt es immer für besser, seine beiden Gemahlinnen mit der jeweils anderen möglichst zu verschonen. „Dass er Anführer einer Gruppe, wenngleich aus Menschen, ist. Er kann sicher befehlen und besitzt Taktikverständnis.“ „Er ist erwachsen geworden,“ seufzte Izayoi. „Sie sind es beide geworden. Ich bin stolz auf sie.“     Kapitel 11: Der Floh in der Hand -------------------------------- Myouga betrachtete von seinem relativ sicheren Sitz auf der Schulter des Jüngeren fast versonnen die beiden ineinander verschlungenen Klauen der Halbbrüder. Das ist ein geradezu herzerwärmendes Bild, mein Herr, dachte er. Er wünschte, er hätte es ihm schicken können. Leider musste Floh als lebenserfahrener Berater davon ausgehen, dass diese friedliche Eintracht nur solange hielt, wie der Bannkreis nötig war. Ab da bestand die mehr als wahrscheinliche Chance auf einen Streit. Zum Glück waren ja die Schwerter untauglich und Myouga ahnte langsam, warum. Der alte Hund! Ein schlauer Hund, war er immer gewesen, das musste er selbst zugeben, und er vermutete, dass dies dem Taishou auch das gewöhnlich so kühle Herz der Dame eingebracht hatte. Natürlich hätte sie sich nie dem Befehl des Fürsten widersetzt den stärksten Hund außer ihm zu küren, aber es war eindeutig gewesen, dass da eine gewisse Zuneigung bestand. Nur widerwillig löste er sich von dem Bild der brüderlichen Eintracht und sah in die Runde. Noch immer gingen sie über dieses Lavafeld samt Feuerfontänen. Vor ihnen erhoben sich zwei riesige Brocken, die vermutlich von irgendeinem Ausbruch her geschleudert worden waren und fast wie ein Tor wirkten. Zwei gigantische, schwarze Monolithen. Es war der einfachste Weg zwischen denen durch zu gehen, zumal dort keine heiße Asche lag sondern feiner Sand. Hm. Irrte er sich oder hatte er tatsächlich bei seinem letzten besorgten Rundumblick diese Steine übersehen? Oder schlimmer: waren die zuvor gar nicht da gestanden? Was sollte das? Instinktiv trieb es ihn weg, weit weg, aber wie sollte er aus dem, zugegeben schützenden, Bannkreis entkommen, den immerhin Sesshoumaru-sama um sie gelegt hatte, zumal mit dessen Fessel aus Energie um sich? Ach, er war schon ein armer Floh. Also musste, sollte, er die Zwei lieber warnen, die vor lauter Missmut offenbar gar nichts bemerkten. Natürlich bestand theoretisch bei den Chaotenbrüdern auch immer die Möglichkeit, dass sie schlicht die Steine pulverisieren wollten, aber das hieße nur, dass sie ihre Schwerter brauchbar vorfinden müssten. Das war wohl nicht der Fall. Du liebe Zeit, sie steuerten genau auf diesen Engpass zu. Er gestand sich ein, dass da nichts zu sehen war, aber der alte Flohgeist wusste nur zu gut, was dieses schrille Klingeln in seinem Hinterkopf bedeutete. „Äh, junge Herren, Vorsicht, das ist ...“ Niemand würde je erfahren, wie dieser Satz ausgegangen wäre, denn der ausgelegte Bannkreis schlug zu.   Keine Sekunde später befand sich das ungleiche Trio in dem, was die beiden Felsblöcke durch ein Trugbild verborgen hatten: eine gigantische Kaverne, von einzelnen Feuern und glühenden Felsen erhellt. Die Hitze wurde durch den Bannkreis des Hundedämons noch immer abgehalten, aber die Halbbrüder lösten ihre Finger voneinander, als sie die großen, sich bewegenden, Schatten vor sich entdeckten. Es handelte sich um eindeutig gigantische Tiere, deren lange, kahle Schwänze zu brennen schienen, jedenfalls Flammen ausstrahlten. Rot leuchtende Augen und erkennbar scharfe Zähne in Mäulern, in die jeder der Hundebrüder hineinpassen würde, vervollständigten das unliebsame Bild. Die Rückenhöhe der gedrungenen, mit kurzen, schwarzen Haaren versehenen, Kreaturen betrug sicher drei Meter. Und die vier oder fünf Wesen musterten die Neuankömmlinge. Inu Yasha kam es vor, als ob sich die Blicke immer mehr auf ihn richten würden, und war wirklich froh, dass der Bannkreis seines Halbbruders noch immer zu halten schien. „Haben die was gegen mich?“ erkundigte er sich dann doch bei niemand Bestimmten, ohne zuzugeben, dass er es bedauerte nicht mehr die warme Hand seines großen Bruders zu spüren. Völlig blödsinnig, aber es war angenehm gewesen. Immerhin hielt dessen Zauberschutz noch. Noch, denn diese Biester verfügten anscheinend ebenfalls über Magie, das schloss er aus der sich deutlich steigernden Energie des Hundedämons neben sich. Der warf ihm allerdings gerade einen Blick zu, den er nur zu gut kannte: geistig minderbemittelt. Ehe er allerdings empört auffahren konnte, kam die Antwort von einem keuchenden Myouga auf seiner Schulter: „Mit Verlaub, Inu Yasha-sama, das ist eine eigenartige Frage von Jemandem, dessen Bekleidung aus ihren Jungtieren besteht.“ „Oh.“ Inu Yasha warf einen Blick an seinem roten Gewand hinab, ehe er sich den schwarzen Riesenratten zuwandte. „Feuerratten, also. Wenn das mir vorher einer gesagt hätte, hätte ich meine Klamotten an der Garderobe abgegeben, ehe ich auf die Insel kam.“ Dann fiel ihm ein, dass Myouga oder gar Sesshoumaru wohl kaum die Sitten der Neuzeit bei einem Faschingsball an Kagomes Schule kannten, und fuhr eilig fort: „Noch was?“ „Sie sind magische Wesen, schwer zu finden und noch schwerer zu töten“, erläuterte der alte Floh hektisch weiter, trotz allem zufrieden, dass sein oft so widerspenstiger Schützling dazulernen wollte. Nur tat er das leider wie immer in den falschen Momenten. Hundebengel! „Der Herr muss die Jungtiere hier getötet haben, als er vorbeikam, um Euer Erbe hier zu verbergen. Ich hatte mich schon gewundert ...“ Myouga hatte eine Stunde, in der er nicht aussprechen durfte. „Sie sind in der Tat zauberkundig.“ Sesshoumaru stellte es ruhig fest, als Bestätigung der Theorie des ehemaligen Beraters, erhöhte jedoch noch einmal seine Energie. „Du schaffst das doch.“ Die instinktive Anfrage des Jüngeren an den großen Bruder. „Sei nicht töricht.“ Leider half es nichts nur den Bann aufrecht zu erhalten. Es handelte sich um mehrere Ratten, die sich abwechseln und sie hier schlicht gefangen halten konnten. Eine unsägliche Lage. Er würde noch lange nicht am Ende seiner Kräfte sein, es fragte sich nur, wann die Feuerratten aufgeben würden. Zu allem Überfluss hatte er einzig das vollkommen nutzlose Tenseiga an der Hüfte, und Inu Yasha das ebenso wertlose Tessaiga! Und das, wo er am liebsten dreinschlagen würde. Der Halbdämon griff gefühlsmäßig direkt zu seinem Schwert, erst abermals am schmerzhaften Prickeln merkend, dass das momentan keine Option war. „Am liebsten würde ich dreinschlagen!“ bekannte er offen. „Wir können hier doch nicht wie die Idioten herumstehen.“ Am raschen Seitenblick seines Halbbruders bemerkte er, dass dieser wohl ausnahmsweise tatsächlich seiner Meinung war, und sah erfreut zu ihm.   Myouga holte tief Atem. Dreinschlagen, jawohl, das war die vollkommen irrationale Taktik, die die zwei Chaoten bevorzugten. Gnade dem, der sich gleich alle Zwei auf den Hals hetzte. Oh, da fiel ihm doch glatt sein alter Freund ein. Was Toutousai wohl trieb? Aber, das sollte momentan weniger sein Problem sein, sondern weitaus eher die Tatsache, dass sich die Hundebengel gerade recht verständnisvoll ansahen. Was hatten sie jetzt denn schon wieder vor? Allmählich machte sein Herz diese Aufregungen nicht mehr mit. Er raufte sich mit den zwei freien Händen vorsorglich schon mal die schütteren Haare.   Langsam meinte Inu Yasha: „Weißt du, wenn du keinen anderen Plan hast, großer Bruder: vielleicht sollten wir einfach nicht das tun, was das Klügste wäre, sondern das, was uns Spaß macht?“ Er ignorierte das hektische Ultraschallpiepen aus dem Mund eines Geistes, das von seiner Schulter kam. Myouga vermutete nämlich, so müsse sich ein Herzinfarkt anfühlen, und es handele sich um die letzten Sekunden seines Lebens. Wollten diese zwei Hundejungen nur mit Zähnen und Klauen auf gleich vier oder fünf Feuerratten losgehen? Von einem derartigen Plan, korrekter, Einfall, hatte er noch nie gehört – vermutlich, weil niemand das überlebt hatte. Er hatte in seinem Leben wirklich schon einige sehr arrogante und auch einige sehr törichte Leute, manches sogar in Kombination, kennen gelernt, aber diese Chaoten stellten mühelos alles in den Schatten. Er holte tief Luft, als er bedachte, dass das, was er vorhatte, womöglich selbstmörderisch sei, aber diese Attacke der Halbbrüder ihn in jedem Fall mit in die Unterwelt reißen würde. Feuerratten waren Fleischfresser und er konnte hier erst weg, wenn der Erschaffer des Bannes um ihn, also, der älteste Sohn seines Herrn, nicht mehr unter den Lebenden weilte. Und was der verstorbene Taishou dann zu ihm sagen oder genauer, mit ihm tun würde, käme er ins Jenseits … Nein, er musste schwören können, dass er wirklich alles unternommen hatte, um diese Idiotenbrüder zu stoppen. So schrie er schweißgebadet: „Nein, nicht! Feuerratten sind magische Wesen und solange Ihr Eure Schwerter nicht benutzen könnt, ist das purer Selbstmord, gleich, wie stark Ihr seid! Abwarten. Sie werden sich schon zurückziehen. Irgendwann, irgendwie ...“ Er wurde immer leiser. Was half eine einsam rufende Stimme der Vernunft in einer Vulkanhöhle – bei derart desinteressiertem Publikum?   Die Halbbrüder sahen sich erneut an, dann grinste Inu Yasha und Sesshoumaru nickte leicht.   Was war denn jetzt wieder los, fragte sich der arme Ex-Berater mit spürbar zunehmendem Grausen. Sie hatten doch nicht wirklich vor …? So etwas kannte er nur von diesen Lemmingen weit oben im Norden. Nun gut, auch von diesen beiden Halbbrüdern.   Der Hundedämon spürte unterdessen etwas wie ein vertrautes Pochen an der Hüfte und er vermutete schwer, dass dies auch der Jüngere mitbekam. Der Versuch der Ratten seinen Bannkreis zu brechen, musste zu der Aufhebung des Zaubers um ihre Schwerter geführt haben. Leider bedeutete das immer noch, dass er eine Klinge trug, die nicht töten konnte. Bei Tessaiga sah das freilich anders aus. Erstaunlich, dass der Halbdämon wieder einmal als Erster etwas verstanden hatte. Und sich wohl gar einen Plan zurecht gelegt hatte. Das war zwar eigentlich ein Widerspruch in sich, Inu Yasha und Plan in einem Satz, aber Dämon konnte dazu lernen. Tatsächlich hatte auch der Halbdämon bemerkt, dass sein Schwert wieder erwacht war, und so zog er hastig. Hoffentlich hatte sein schönes Tessaiga jetzt auch wieder alle Fähigkeiten, die er sich und diesem so mühsam erschuftet hatte. Aha. Das schwarze Tessaiga klappte nicht. Schon mal schlecht, aber die Windnarbe könnte gehen … Oder auch nicht. Immerhin war das hier eine, wenn auch große, Höhle. Erst einmal musste jedenfalls der Bannkreis seines Bruders hier weg, sonst würde er seine Attacken zumindest zum Teil auch immer ihnen selbst um die Ohren hauen. „Dann mach mal auf, Sesshoumaru.“   Myouga hatte mit gewisser Erleichterung gesehen, dass sich die Klinge zu der gewohnten Form verbreiterte – und der Junge damit Zugriff auf die bekannten, mächtigen, Fähigkeiten des legendären Tessaigas hatte. Sekunde. Hatten diese Hundebengel das gewusst und darum den Angriff geplant? Sie hatten nie vorgehabt einfach so direkt anzugreifen? Puh. Sein Herz raste. Sie arbeiteten doch nicht etwa zusammen und entwickelten eine Taktik? Das war unglaubwürdig, unwahrscheinlich, äh, neu? „Ah, Ihr wollt kämpfen.“ Er piepste es nur heiser. Die Windnarbe in einer Höhle war nicht gerade seine Wahl und er sollte sich besser irgendwo in Sicherheit bringen. Aber er sollte es lieber nicht wagen sich auf die Schulter des Hundedämons zu setzen, und so suchte er sich den nächst sichersten Platz hinter diesem, wo er sich mit dem Hinterteil voran schlicht zu Boden plumpsen ließ. „Für mich und Euren Bru … Halbbruder!“ Er klang dankbar, sofern er in seiner Atemlosigkeit das noch vermochte. „Blödsinn!“ gab der Halbdämon zurück, der zufrieden sah, dass sich die Feuerratten etwas zurückgezogen hatten. „Ich werde für euch gewinnen!“ Als ob das notwendig wäre, kommentierter besagter großer Bruder in Gedanken unverzüglich. Aber natürlich war Tessaiga schon ein besonderes Schwert und da er bedauerlicherweise sein eigenes, Bakusaiga, nicht hatte mitnehmen dürfen … Nun ja. Tatsachen hörten nicht auf zu bestehen, wenn sie Dämon missfielen, und er musste erst an sein Erbe und zurück in das Schwebende Schloss gelangen, um Bakusaiga wieder zu bekommen. Lästig, aber Fakt. Offenbar hatte Vater, als er die Konditionen dieser misslichen Reise beschlossen hatte, bereits erkannt, dass der im Entstehen begriffene Bastard, Inu Yasha, ohne Tessaiga deutlich mehr Probleme bekommen würde als er selbst. Von Vaters geschicktem Nutzen einer gegebenen Lage konnte man selbst Jahrzehnte nach dessen Tod noch etwas lernen.   Der Halbdämon hatte unterdessen bemerkt, dass er keinen Zugriff auf das schwarze Tessaiga mit dem direkten Weg in die Unterwelt hatte, noch das geschuppte Tessaiga gegen die dämonische Energie seines Gegners einsetzen konnte. Die Ratten waren trotz Größe und Magie schlichte Tiere und besaßen keine. Das rote Tessaiga gegen Bannkreise war nutzlos. Die Windnarbe würde die Höhle einreißen und alles unter sich begraben. Da die Ratten auch nicht mit Energie angreifen würden, würde folglich auch die Rückschlagwelle nicht funktionieren. Kurz, sein Schwert besaß wieder seine Kräfte, war aber ebenso nutzlos wie vorher. Mist. Da musste doch einfach was gehen. Ah, Moment. Er hätte doch um ein Haar diese Diamantensplitter vergessen. Er benutzte sie relativ selten, aber das wäre wohl der richtige Moment um die auszupacken. Er schwang Tessaiga in einer liegenden Acht. „Haut jetzt ab, ihr blöden Viecher! Ich will euch nicht umbringen, aber wenn ihr angreift, könnt ihr genau das haben.“ Klassisch, Inu Yasha, dachte Sesshoumaru. Immer erst reden. Wenn der mal lautlos kämpfen würde, wäre das die Neuigkeit des Jahrhunderts. Feuerratten galten als überaus aggressiv, die würden sich von der netten Bitte kaum vertreiben lassen, geschweige denn so eine Warnung Ernst nehmen. Zu allem Überfluss, so grundsätzlich zum Mitschreiben für den kleinen Bruder: Tiere hörten selten auf Befehle, seien sie von Dämon oder Mensch.   Zur gewissen Überraschung des Flohgeistes, des Hundedämons und selbst Inu Yashas musterten ihn die Riesenratten, als ob sie genau verstanden hatten, was er sagte. Dann umklammerte der Halbdämon sein Schwert mit beiden Händen, denn die Umgebung schien zu verschwimmen: Magie. Im nächsten Moment befand sich das unfreiwillige Reisetrio unter der Sonne. Ein Blick herum verriet, dass vor ihnen das Meer lag, ein geradezu blütenweißer Sandstrand, an dem vereinzelte Palmen aufwuchsen. Hinter ihnen befand sich eine ähnliche Landschaft. Nur rechts war im Hintergrund ein hohes, steiles Gebirge zu entdecken. Hoch war jedoch relativ, wenn man sich auf Meereshöhe befand. Inu Yasha drehte sich um die eigene Achse, noch immer Tessaiga vor sich, ehe er erstaunt fragte: „Weiß wer, was jetzt passiert ist?“ Myouga atmete mehrfach tief ein und aus, ehe er aufgrund eines kühlen Blickes des Hundeprinzen seiner leidigen Pflicht als Erzieher und Berater dessen Halbbruders nachkam. „Äh, mit Verlaub, ich vermute, dass eben das diese Prüfung war.“ Die Ohren des Halbdämons zuckten in schierer Verständnislosigkeit. „Ja, was jetzt? Diese Biester zu verjagen?“ „In gewisser Hinsicht wohl schon. Sekunde.“ Der Flohgeist atmete noch einmal durch, ehe er fortfuhr: „Da Ihr nun einmal das Gewand aus Feuerrattenhaaren besitzt, solltet Ihr wissen, dass es Euch wie eine Rüstung schützt. Das ist natürlich auch bei den ursprünglichen Trägern der Fall. Ein Angriff wäre immer äußerst riskant für den, der attackiert. Noch dazu in einer Höhle. Ich vermute, die Aufgabe lautete, das zu vermeiden. Sobald Ihr gesagt habt, Ihr wollt sie nicht töten, befanden wir uns hier. Womöglich sollte auch geprüft werden, ob jemand blindlings mordet. Das wäre sicher keine gute Einstellung für, äh, einen Fürsten.“ Hatte er das wirklich gerade gesagt? Vor den Ohren des künftigen Herrn der westlichen Länder und dessen Bruder? Myouga griff nach seinem Herzen. Da aber keine weitere Reaktion der Hundebengel erfolgte, außer, dass sie ihn fast neugierig anguckten, fuhr er doch mit dem Rest seines Pflichtbewusstseins fort: „Ein guter Krieger ist nicht blutdürstig und ein guter Heerführer nicht racheblind. So heißt es in den Lektionen des berühmten Weisen …“ „Ja, schon gut“, unterbrach Inu Yasha, der noch nie die Geduld aufgebracht hatte Erklärungen zu lauschen, wenn Fakten auf ihn warteten. „Also, weil ich sie nicht umbringen wollte, sind wir rausgekommen? Mal was Neues. Und jetzt, was soll das hier? Wir stehen an einem Meer, Sand, sonst nichts? Und weiter? Ich will endlich wieder von dieser Insel weg.“ Da waren sie in der Tat schon zu zweit. Sesshoumaru senkte seinen, ein wenig verengten, Blick erneut. Myouga keuchte abermals auf. Immer auf die hilflosen Kleinen! „Äh, ich sehe hier auch keinerlei Gefahr, junge Herren. Ich vermute, das ist eine Pause in der Prüfung.“ „Pause?“ Der Halbdämon grinste förmlich. Was dann passierte, hätte sich sein älterer Halbbruder nicht einmal in einem Drogenrausch vorstellen können, hoffte er jedenfalls. Ehe er genau wusste, was los war, hatte dieser törichste Sohn seines verehrten Vaters ihm das legendäre Tessaiga samt Scheide vor die Füße in den Sand geworfen. Keine Sekunde später stand er vor ihm, wie die Götter ihn erschufen, und schrie: „Die Gelegenheit diesen Schwefelgestank los zu werden! Komm mit ins Meer!“ Der potentielle Herr aller Dämonen konnte nur fassungslos auf die blanke Kehrseite seines Halbbruders starren, die immerhin durchtrainiert war, als der mit weiten Sätzen zum Meer rannte und dort hinein sprang, ehe sein Blick sich zu dem roten Haufen und einem gewissen Schwert zu seinen Füße senkte. „Myouga?“ In diesem Namen lag schieres Unverständnis und ein deutbarer Vorwurf. Der Angesprochene seufzte. Wenn es auch Schutzengel für Flohgeister gab, wie für Menschen, brauchte er demnächst einen neuen, da war er sicher. Seiner müsste ebenso mit den Nerven am Ende sein wie er selbst. Was konnte er denn für diese plötzlichen Einfälle, die Inu Yasha auszeichneten? Immerhin hatte der ältere Hundebengel noch keinen Versuch unternommen sich Tessaiga zu schnappen. „Ich vermute, er möchte den Schwefelgeruch und die Asche aus den Haaren bekommen, Sesshoumaru-sama.“ Das war an sich keine unnütze Idee, gab der Ältere zu. Aber man musste doch auf die Umgebung achten. Immerhin hatte bislang auf dieser Insel eine lästige Sache nach der anderen gewartet. Tessaiga. Er sah wieder auf das Schwert. Noch vor wenigen Jahren hatte er es besitzen wollen. Jetzt lag es in seiner Reichweite. Er müsste sich nur bücken – und dann? Nein. Es gehörte Inu Yasha, das war Vaters Wille gewesen und er hatte lang genug gebraucht um das zu verstehen, ja, loszulassen und seine eigene Grenze zu erkennen. Erst, als er dies verstanden hatte, hatte er Bakusaiga bekommen. Sein Schwert, sein eigenes, nicht das seines Vaters. Er war jetzt ein erwachsener Dämon, ja, mächtiger, als es sein Vater je gewesen war. Und er würde der Fürst des Westens werden, nicht nur als Erbe, sondern auch aus eigenem Recht. Großvaters Ring würde ihm freilich einige Duelle und andere Lästigkeiten ersparen, ein guter Grund, den hier zu suchen. Was allerdings sollte Inu Yasha hier finden? Es gab keinen anderen Ring. Gleich. Er warf noch einmal einen Blick herum, ehe er Tenseiga mit der Scheide aus seinem Gürtel zog und neben Myouga fallen ließ. „Pass auf!“ befahl er nur knapp, ehe er sich mit dämonenhafter Geschwindigkeit Rüstung und Kleidung auszog. Die Boa wehte hinter ihm her, als er sich ebenfalls in das Wasser begab. Baden war angesagt. Der Floh starrte auf die beiden Schwerter, die beiden Kleiderhaufen, und seufzte. Was, bitte schön, hatte er verbrochen, dass er das hier mitmachen musste? Er hoffte nur inständig, dass Toutousai als der eigentliche Verursacher des ganzen Schlamassels auch nicht heil davon kam. Kapitel 12: Wie Salz auf der Haut? ---------------------------------- Myouga sah mit einem, wohlweislich nur inneren, Seufzer den Hundebrüdern zu, wie sie im Meer eintauchten und sich die Haare auswuschen. Es war ein netter, friedlicher, Anblick geradezu, aber er wusste, er würde wieder für alles verantwortlich gemacht, was da auf die Zwei zukam. Und, so als lebenserfahrener, Berater kannte er einige Probleme, die anrollten. Was sollte er tun? Ihnen zurufen: habt Ihr schon den dunklen, riesigen Schatten unter Wasser vergessen, als wir das letzte Mal am Meer waren? Womöglich lebte der hier auch? Aber ihm war klar, wie die Antworten lauten würden. Der Ältere würde ihn mit seinem unnachahmlichen Aha-du hältst-mich für-schwach-ich-werde-es-dir zeigen-Blick angucken und das auch ausführen, und der Jüngere hatte im Zweifel den Schatten tatsächlich vergessen und würde nur meinen zu zweit schafften sie alles. Oh, ja, das stimmte sogar, dachte Myouga resignierend. Und als allererstes ihn, seine Nerven und sein Herz. Überdies gab es da noch so einige Möglichkeiten, was bei einem fröhlichen Meerbad geschehen würde, aber jede Warnung würde ebenso sicher nicht gut aufgenommen werden, wie er für das Ergebnis dieses Badeausflugs schuldig gemacht. Was sollte er nur tun? Früher, als er noch viel jünger gewesen war, und mit der gesamten Hundesippschaft noch nichts zu tun gehabt hatte, hatte er geglaubt, dass Fürsten und überhaupt Dämonen von hohem Rang bereits durch ihre Macht und ihr Alter sachlich waren und einen guten Rat zu schätzen wussten. Schon bei dem Inu no Taishou hatte er da gehörig zurück stecken müssen – und der hatte ihn immerhin als Berater geduldet. Ja, der Herr hatte sogar manchmal auf ihn gehört, auch, wenn Floh sich diese Tage rot im Kalender hätte anstreichen können. Aber bei dessen Sprösslingen war Hopfen und Malz verloren. Da half kein Kräutertee um sich zu beruhigen. Der älteste Sohn hörte grundsätzlich auf niemanden, maximal die eigene Mutter, der Jüngere hatte zwar manchmal vor zuzuhören, besaß aber irgendwie immer noch die Aufmerksamkeitsspanne eines neugeborenen Welpen. Oh du je. Und den Beiden wollte ihr Vater, wollten ebenso anscheinend Mutter und Großvater, ein komplettes Fürstentum anvertrauen? Das konnte ohne weisen Berater doch gar nicht gut gehen. Falls Sesshoumaru plante diesen Jaken einzustellen – na, das konnte ja etwas werden. Der Frosch besaß doch genau so viel Einfluss auf seinen Herrn wie er selbst auf Inu Yasha! Immerhin schien diese Inselreise dazu zu führen, dass sich immerhin die Hundebengel gegenseitig zuhörten. Das war ja schon einmal ein weiter Schritt in die richtige Richtung, dachte Myouga geplagt. Was war denn jetzt los? Oh, sie kamen schon zurück, sichtlich noch nass, aber das würde an der heißen Sonne hier rasch trocknen. Sollte er etwas sagen? Lieber nicht. Sie guckten ihn schon wieder so an. So setzte sich der kleine Flohgeist in den Schatten der Palme und bemühte sich den jungen Herren nicht zu deutlich beim Anziehen zuzusehen. Sollten sie doch dann merken, was passierte, wenn man unvernünftigerweise im Ozean badete. Immerhin hatten sie es bislang überlebt. Er auch. Und das war, fand er, schon einmal eine ganz gute Leistung seinerseits.   Tatsächlich hatten die Hundebrüder bereits bei dem Rückweg zu ihrer Kleidung und dem winzigen Geist zwei Dinge als lästig empfunden: der Sand, der sich an ihren nassen, bloßen Füssen unangenehm bemerkbar machte und etwas wie ein leises Jucken überall. Als sie sich angezogen hatten, war dieses Symptom allerdings deutlich angestiegen. Inu Yasha rieb gerade seine Ohren, die anscheinend besonders betroffen waren, als er etwas entdeckte, das ihn fast zum Lachen reizte. Das ließ er allerdings lieber sein, denn ohne Tessaiga war er Sesshoumaru nicht deutlich, aber wohl doch, unterlegen. Überdies sollten sie gemeinsam ankommen. So zeigte er nur auf dessen Boa. „Äh, ist was?“ Der Hundedämon, der das seltsame Gefühl sich kratzen zu müssen ebenfalls nur zu deutlich merkte, warf einen Blick auf sein Fellteil und konzentrierte sich. So aufgeplustert war das doch nur, wenn er seine Energie aus Zorn auffällig ansteigen ließ? Aber jedes Bemühen verharrte im Nichts. Das Fell blieb gesträubt. „Onkelchen - Myouga?“ kam die Frage von beiden Brüdern gleichzeitig. Na, bitte, dachte der alte Flohgeist nur. Und, was sollte er jetzt sagen? Diplomatisch war äußerst angesagt, so missmutig, wie die Zwei gerade guckten. „Äh, ich entnehme Eurem Erstaunen, dass keiner der jungen Herrn je im Meer gebadet hat, sondern stets nur in, womöglich heißen, Quellen? Dachte ich es mir doch. Meer, wie Ihr selbstredend unschwer wittern und schmecken könnt, ist Salzwasser. Wenn dieses Wasser nun verdunstet, bleibt das Salz auf der Haut und in den Haaren zurück, was ohne Zweifel auch den Zustand Eures Felles verursacht. Ich würde empfehlen sich im nächsten Bach oder Teich erneut zu baden.“ „Warum hast du mich, uns, nicht gewarnt?“ murrte Inu Yasha, dem dämmerte, dass das Jucken noch deutlich schlimmer werden würde, vor allem dort, wo Tessaiga sanft an seine Hüfte schlug. „Ihr ward zu schnell“, beteuerte der Flohgeist ehrlich. Wo war die Dame, wenn man sie mal brauchte? „Und, nein, Sesshoumaru-sama, mehr Energie dürfte da kaum helfen.“ Daran hatte der Hundedämon zwar gedacht, überlegte nun, ob es besser werden würde, wenn er sich in seine wahre Gestalt verwandeln würde, aber die Vorstellung, dass er sich in dieser Form vor seinem Halbbruder und dem nichtsnutzigen Berater unter der Rute kratzen würde, ließ ihn doch davor zurückschrecken. „Na, toll.“ Der jüngere der Hundebrüder warf einen Blick herum. „Hier ist weit und breit nur Sand, Onkelchen. Das hast du ja gut hinbekommen. Was jetzt?“ Sesshoumaru hätte um ein Haar sehr undämonenhaft geseufzt. „Zu den Bergen.“ „Stimmt, da gibt es öfter Wasser.“ Myouga wollte gerade aufatmen, dass sie ihm zwar die Schuld gaben, aber wohl doch irgendwie einsahen, dass er sie gar nicht hatte warnen können, schließlich hatte keiner der beiden Hundebengel ihn gefragt, als der Satz des Erbprinzen folgte: „Myouga, spring auf meine Schulter und sammele das Salz aus dem Fell.“ Was hatte ein winziger Geist schon dagegen zu setzen, wenn er nicht verschwinden konnte? Mit einem innerlichen Fluchen sprang der Ex-Berater auf die weiße Boa. Hatte er sich je beklagt, Mücken von Inu Yashas Ohren einsammeln zu sollen? Seine bedauernswerten Hände würden von dem Salz das Brennen anfangen, sein gesamter Körper von der Nähe und Menge der dämonischen Energie, denn ganz offensichtlich war da jemand sauer. Ach, du armer Floh!   Toutousai ritt durch den Wald, als es vor ihm heller wurde. Ah, dort musste das weite Tal beginnen, das die Grenze bildete. Dann wäre er schon einmal aus den westlichen Ländern draußen und niemand der Hundesippe konnte ihn rasch aufspüren. Das war ja gut gegangen. Erst auf den zweiten Blick erkannte er, dass das Helle zwischen den Bäumen vor ihm sich inzwischen in etwas Weiß-Blaues verwandelt hatte und griff instinktiv zu seinem Schmiedehammer. Er ließ allerdings resigniert los, als er die Hundedame unnachahmlich elegant aus dem Wald schreiten sah. „Oh, hallo,“ brachte er hervor, um eilig protokollgerecht zu ergänzen: „Welche Überraschung, werte Herrin, Euch hier zu sehen.“ Leider verstand sie überhaupt keinen Spaß bei Höflichkeit ihr gegenüber. Und der Taishou, der allein sie von finalen Handlungen abhalten könnte, war in einer anderen Welt. Sie musterte ihn mehr als hoheitsvoll, was kaum jemand sonst vermocht hätte, in Anbetracht der Tatsache, dass der alte Dämonenschmied auf seinem Ochsen hockte und sie vor diesem auf dem kaum sichtbaren Pfad stand. Nur die kleine Gegebenheit, dass sich der Fellsaum ihres Kimono gerade so weit bewegte, dass er nicht mit dem staubigen Boden in Berührung kam, verriet, wer hier über wie viel Energie verfügte. Abgesehen von ihren sonstigen, magischen Fähigkeiten, dachte Toutousai nur, der nicht die mindeste Lust verspürte ein Schwätzchen mit seinem alten Herrn zu halten, während er erneut das Höllenschwert polieren durfte. „Nachrichten von den Idioten... Äh, ich meine, von Eurem werten Sohn?“ Hoffentlich nicht, denn, wenn sie sich aus dem Schwebenden Schloss aufmachte ihn zu suchen, konnte es kaum darum gehen ihn zu einem Teekränzchen einzuladen. Hoffentlich war den beiden Chaoten nichts zugestoßen. Nun ja, auf Myouga war da wohl auch kein Verlass. Dieser senile Floh redete, aber wenn es darum ging einem alten Freund den Hals zu retten, war er meist ebenso spurlos verschwunden wie eine Schneeflocke im Schmiedefeuer. „Du hast eine hübsche Heimat, Schmied.“ Sie strich ein wenig ihre Halsboa glatt, ohne ihn aus den Augen zu lassen. Was sollte das denn? Jedenfalls lagen ihre Finger für seinen Geschmack zu nahe an einem gewissen schwarzen Stein. „Äh, ja, danke, Herrin.“ „So, dass ich mich fragte, wohin du willst.“ Ach du je, sie wusste, wo sein Skelett wohnte? „Ich machte mich, nach meinem Aufenthalt im Jenseits, lieber auf eine kleine Pilgerreise“, spann Toutousai hastig zusammen. Das wurde alles andere als gut, wenn er sie nicht überzeugen konnte. Nein, danke, kein So´unga! „Ich wollte zum Fujiyama.“ Das war nicht gelogen, denn eine Unwahrheit würde sie bestimmt schneller bemerken als er seinen Hammer schwingen konnte. Und die Folgen dann … Die Hundedame zuckte mit einer Schulter. „Du solltest zu Hause nach dem Rechten sehen, bis du deinen neuen Fürsten begrüßen kannst. Falls du allerdings auf einer Pilgerfahrt bestehst – Ise soll um diese Jahreszeit bezaubernd sein.“ Ise. Klar. Der alte Schmied schluckte. Der Fujiyama besaß läuternde Kräfte und es war für Dämonen schwer dorthin zu gelangen ohne zu sterben, aber er hätte sich das noch zugetraut. Nach Ise, zum Tempel der Sonnengöttin Amaterasu, pilgerten nie Dämonen. Aus einem überaus guten Grund. Bereits in weiter Entfernung spürte man ihre Macht – die noch kein Dämon, der sich näher heranwagte, je überlebt hatte. Das hätten mit Sicherheit noch nicht mal der ehemalige Inu no Taishou oder eben diese gute Frau vor ihm. Oh, sie war alles andere als gut, ihn vor die Alternative zu stellen sich von der Sonnengöttin persönlich grillen zu lassen oder ihren Sohn als Fürsten begrüßen zu dürfen, der aller Wahrscheinlichkeit nach alles andere als positiv auf ihn zu sprechen war. Beides wäre sehr schlecht für seinen weiteren Lebensfaden. Moment mal. Waren die Hundebrüder etwa schon zurück? Nein, sonst hätte sie doch nicht in der Zukunft gesprochen. Nun ja, mit besorgten Müttern war stets schlecht verhandeln, das wusste er nur zu gut. Selbst die sonst so sanfte Izayoi war zur Furie geworden, als er ihr zu erklären versuchte, dass er eine schwarze Perle in das Auge ihres Babys versenken müsste. Es hatte Tage, und zugegeben, Myougas Mithilfe benötigt, damit sie das zugelassen hatte. Er wusste schon, warum er nie geheiratet hatte. Frauen! Selbst in der heutigen Zeit waren sie seltsam bis dominant, da brauchte er nur an Kagome oder Sango zu denken. Nein, da war es besser sein einsames Feuer zu genießen. Apropos, da wartete die Dame immer noch auf seine Antwort. Und sie zog soeben eine Augenbraue in die Höhe. Oh oh. „Äh, nun ja, ich dachte nicht, dass Euch mein Aufenthalt so interessiert“, gestand er. „Aber, wenn dem so sein sollte, werde ich mich eben zu meinem Vulkan zurückziehen.“ War das jetzt höflich genug? Er verstand von dieser so genannten Etikette zwar etwas mehr als Inu Yasha, auch, wenn er sie selten gebrauchte, aber was hieß das schon bei einem derartigen Gegenüber? Er war der ärmste Schmied, seit es diese Berufsgattung gab, da war er sicher. Ein maliziöses Lächeln: „Du kannst gewiss den Herrn der westlichen Länder um die Erlaubnis zu einer Pilgerfahrt bitten.“ Scheinheilige Hündin, dachte der alte Schmied, nickte aber nur und sagte bemüht sachlich: „Nun ja, wenn Ihr meint. Ich hatte vergessen, dass man die Erlaubnis braucht ...“ Immerhin gab es seit Jahrhunderten keinen Fürsten hier mehr und der Taishou hätte ihn nie so in die Enge getrieben, dass er eine Pilgerfahrt überhaupt in Erwägung gezogen hätte. Der Herr hatte immer Scherze verstanden. Was man von der Hundedame vor ihm nicht behaupten konnte. Leider auch nicht von ihrem Sohn. „Dann guten Flug.“ Und sie würde aufpassen, dass er auch die richtige Richtung einschlug. Ach du je. Er hatte wahrlich vergessen, wie reizend und reizbar die Dame war. Nun, was half es. Er drehte sein Reittier um und ließ es abheben. Immerhin lebte er nicht nur sondern war auch heil geblieben. Noch.   Inu Yasha murrte in Gedanken vor sich hin. Zum Einen prickelte Tessaiga, also war es wohl wieder unbenutzbar, wie boshaft! Zum Anderen juckte sein gesamter Körper, zumal, wenn sich sein Gewand daran in der Bewegung rieb, zum Dritten dämmerte es ihm, dass Myouga Recht gehabt hatte. Der kleine Floh hatte ihn nicht vor dem Salz gewarnt, weil er ihm gar keine Chance dazu gelassen hatte. Er hatte sich ausgezogen und war in das Wasser gestürmt – ohne zu wissen, dass das eben kein Wasser wie das einer heißen Quelle war. Woher denn auch? Er war noch nie im Meer gewesen, und überhaupt. Nun ja, gab eine Stimme in ihm zu: genau dazu waren Berater ja wohl eigentlich da. Um in einer nie zuvor erlebten Situation Hinweise geben zu können. Deswegen waren sie ja vermutlich oft auch so alt bis senil.Und Onkelchen behauptete ja immer Vaters Berater gewesen zu sein, also musste der ja eigentlich älter als der sein, oder? Der Halbdämon wollte schon den Mund öffnen um Sesshoumaru zu fragen, als ihm dessen vereiste Miene auffiel. Oha. Da schien jemand auch das Salz zu bemerken. Nun, immerhin stand er dann nicht allein da. Und immerhin konnte er nicht wieder als törichter Halbdämon bezeichnet werden, wenn der ach so tolle Ich-bin-bald-Fürst das auch nicht gewusst hatte. Aber das hieß eben auch, dass der große Bruder keine andere Lösung wusste als die, die Myouga vorgeschlagen hatte. Also half alles nichts, sie mussten frisches Wasser finden, sollte dies dämliche Juckerei aufhören. Er griff nach seinen armen Ohren, um wenigstens die vom Salz zu befreien. Das nächste Mal sollte er Onkelchen fragen, ob da eine Falle vorlag, nahm er sich fest vor.   Sesshoumaru war wütend. Auf diesen unsäglichen Flohgeist, der ihn nicht gewarnt hatte, auf Inu Yasha, der sich freudestrahlend mitten in die Falle geworfen hatte, um dort zu baden, und sogar ein wenig auf sich selbst, weil er ohne zu Zögern diesem Beispiel gefolgt war, in der törichten Annahme, der Jüngere wisse, was er da mache. Als ob er nicht oft genug schon vom Gegenteil überzeugt worden wäre. Dieser Juckreiz breitete sich überall hin aus, selbst an Stellen, die er ganz bestimmt niemandem gegenüber erwähnen würde. Die feine Seide schien das nur zu verstärken und bis dieser so genannte Berater mit allein mit dem Putzen der Boa fertig war, würde es dauern. An andere Stellen würde er den freilich auch nicht lassen. Es half wohl nichts, sie mussten frisches Wasser finden und dem ausnahmsweise vernünftigen Rat sich erneut zu baden nachkommen. Hoffentlich funktionierte das wenigstens. Wobei, das musste er innerlich knurrend zugeben, Myouga hatte ihn gar nicht warnen können, da hatte der Alte sogar recht. Inu Yasha war wie üblich blindlings losgelaufen, dem hatte der Flohgeist kaum mitteilen können, dass ein Meerbad mehr als unangenehme Folgen haben würde. Ihm selbst auch nicht, denn er hatte ihn nicht gefragt, und einen Erbprinzen oder gar potentiellen Fürsten ungefragt anzusprechen war nicht nur mehr als unhöflich sondern lebensgefährlich. Kurz, er selbst hatte versäumt zu fragen, ja, war ohne weiter Nachzudenken seinem Halbbruder gefolgt. Und das, obwohl er dessen plötzliche und meist folgenreiche Einfälle langsam kennen sollte. Statt den impulsiven Inu Yasha zu stoppen und den Flohgeist zu befragen, hatte er selbst wie ein Welpe reagiert, vielleicht, neben diesem Jucken die lästigste Lektion der letzten Stunde. Er hatte sich nicht seines Ranges und seiner Würde gemäß benommen – und trug nun prompt die Folgen. Das würde ihm nicht mehr passieren. Immerhin, wenn er so seitwärts blickte, sah auch der Halbdämon nicht gerade glücklich aus, als er versuchte das Salz von den Ohren zu bekommen.   Myouga bemühte sich die Salzkristalle aus dem Hundefell zu klauben. Immerhin saß er dabei quasi im Rücken des Dämonenprinzen. Da konnte der ihn nicht erreichen und selbst Inu Yasha würde es sich versagen ihn hier abzupflücken. Das konnte leicht in Streit und einer Rauferei enden. Mehr zum Glück wohl nicht, da Tessaiga anscheinend erneut versiegelt war, seit sie aus der Rattenhöhle heraus waren, da der Junge nach einem Versuch nicht mehr hinfasste. Aber, woher sollte Floh das sicher wissen. Jedenfalls war er alt und lebenserfahren genug, um zu wissen, dass die beiden Chaotenbrüder wütend waren, vermutlich auf ihren kleinen Begleiter und die gesamte Welt. Allerdings hätte Myouga aus neuester, intimerer Kenntnis der Beiden schwören mögen, dass sie sich nur deswegen beherrschten, weil der jeweils andere ebenso das Salz spürte. Nun ja, vielleicht lernten sie daraus, dass Berater manchmal ganz sinnvoll waren, dass man nicht blindlings in irgendeine nie zuvor da gewesene Lage rannte, dass ein Fürst nicht wie ein Welpe reagierte. Damit wäre zwar nicht ihm persönlich, aber doch den weiten Ländern des Westens viel geholfen, und womöglich auch dem einen oder anderen Nachbarfürsten. Es gab zwar nur vier große Besitzungen, die Magie des Landes mit beinhalteten und auch die Schutzherren waren, aber dazwischen hatten sich so allerlei Dämonen und Menschen als Herren breit gemacht. Berater eines Fürsten zu sein war kein Zuckerschlecken, das wusste er nur zu gut, und als er mit dem Inu no Taishou einst in den Westen gekommen war, hatte er so ziemlich als erstes, als er sich als Berater seines Herrn vorgestellt hatte – Floh wollte schließlich auch was gelten – gehört, wie der alte Fürst mit Beratern umzuspringen pflegte, die ihm missfällige Dinge sagten. Nun ja, ihm selbst war sowohl bei dem alten Fürsten als auch der Regentin nie etwas zugestoßen, was zweifellos auch an seinem eigenen Geschick lag, unangenehme Dinge nicht hinauszuposaunen sondern erst auf Nachfrage und dann auch gekonnt verkleidet. Nun ja, wohl auch an der Tatsache dass er derartige Dinge immer nur aus der Rüstung des Taishou heraus verkündet hatte. Ein gesunder Überlebensinstinkt war Gold wert. Oh, was war jetzt los? Beide Idiotenbrüder, wie Toutousai sie durchaus zu recht bezeichnet hatte, blieben stehen?   In der Tat hatten beide fast gleichzeitig in den an sich felsigen Einöden umgesehen, als sie ein leises Plätschern hörten, das für sie im Moment einer der freundlichsten Laute war, die sie je gehört hatten. So folgten sie dem Geräusch und nahmen auch nur kurz darauf Süßwassergeruch war. Ein kleines Bächlein rann zu Tale – aber das Plätschern kam von dort jenseits der schmalen Schlucht, die leider nicht einsehbar war. Aus frisch gewonnener Erfahrung sah Inu Yasha zu seinem älteren Bruder: „Äh, meinst du …?“ Normalerweise hätte er dieses Tal ja einfach mit Tessaiga zertrümmert, aber nachher staute sich da ein See oder es passierte Sonst-was. Überdies: er hatte das dumpfe Gefühl, dass sein Schwert nicht mehr funktionierte, seit sie wieder in dieser eigenartigen unrealen Welt waren. Es war zwar schön, wenn der vorlaute Bas ...Halbdämon ihn um Rat fragte, nur leider hatte er keinen. Da war frisches Wasser, das sie benötigten, um dieses lästige Salz loszuwerden. Es konnte aber ebenso gut eine Falle sein. Das würde erklären, warum man ihnen das Meer so verlockend präsentiert hatte. Und nur einer von ihnen würde da unbeschadet durchkommen. „Myouga!“ Der Flohgeist wusste nicht, ob das nun gut oder schlecht wäre, hüpfte jedoch auf die Schulter des Hundedämons. „Äh, ja?“ „Geh durch die Schlucht, was dort für Wasser ist.“ Oh, sie lernten dazu? Der alte Berater sprang davon, ehe ihm in dem schmalen Felstal, dessen Grund die Sonne nicht erreichte, dämmerte, dass sie ihn in eine mögliche Falle vorgeschickt hatten. DAS war als Lerneffekt doch sicher nicht gewollt, oder?   Kapitel 13: Der Welpe mit dem Bade ---------------------------------- Der kleine Flohgeist blieb zögernd in dem dämmerigen Felsspalt stehen. Aber nichts verriet eine Falle, nicht einmal sein sechster Sinn, der ihm schon oft das Leben gerettet hatte. Nur ein gewisses Plätschern durchdrang die Stille. Ja, hier war es völlig ruhig, als ob kein anderes Lebewesen existierte. Nun gut, es war eine magische Welt und so unterlag alles in ihr dem Wollen ihres Schöpfers oder eher des Volkes, das sie einst erschaffen hatte. Aber, das bedeutete eben gar nichts. In der letzten Schlucht, in der er gewesen war, hatte sich etwas Schlangenartiges von hinten angeschlichen … Panisch fuhr er herum, aber er entdeckte hinter sich nur den Weg, den er gehüpft war. Puh. Wieso schickten ihr diese beiden Idiotenbrüder eigentlich vor? War er der große Held und Wegöffner? Sie hatten, nun ja, momentan keine funktionsfähigen Schwerter, aber sie waren doch auch so viel stärker als er. Sollte das etwa eine Retourkutsche dafür sei, dass er ihnen gesagt hatte, wie sie das Salz wegbekommen, und dass er sie gar nicht hatte warnen können? Ach, du armer Flohgeist! Myouga hüpfte weiter. Sicher bildete er sich das Brennen der Energieschnur um seinen Bauch nur ein, aber er dachte ja auch dauernd daran, was passieren würde, wenn der Bann des Hundedämons ausgelöst wurde. Falls er sich zu weit von ihm entferne, hatte Sesshoumaru gesagt – das war nicht unbedingt eine klare Aussage. Ja, der log nicht, aber das, was er so bruchstückhaft von sich gab, konnte allerlei bedeuten. Hm. Myouga drehte erneut den Kopf. Er war jedenfalls außer Sichtweite. Allerdings ja auch im Auftrag des potentiellen Fürsten, nicht gegen dessen Willen. Nun, was half es. Er sprang weiter, sich eng an die steile Felswand haltend. Keine zwei Minuten später erreichte er den Ursprung des Plätscherns und blieb am Ende der Spalte im Schatten stehen, um sich behutsam umzusehen. Da gab es nicht viel Möglichkeiten, dass dort etwas lauerte. Es handelte sich um einen kleinen Felskessel, höchstens zwanzig Menschenschritte lang und ebenso breit, dessen Ränder steil emporstiegen. Was dieses Loch erschaffen hatte, verursachte auch das Plätschern. Direkt vor ihm fiel ein schmaler Wasserfall von oben herunter, direkt in eine Senke im Boden, in deren Mitte das Wasser wieder von der Erde verschluckt wurde. Das kalte Wasser, ergänzte der ehemalige Berater in Gedanken, als ihm die feuchte Kühe in diesem Kessel auffiel, die ihn schaudern ließ. Ein Blick nach oben bestätigte das. Den Berg hinan, soweit er das von hier entdecken konnte, hing Eis und Schnee über die Kante. Das Wasser floss gewiss dort hindurch und war wohl entsprechend kalt. Nun, er musste ja nicht dort baden, dachte er mit gewisser innerer Zufriedenheit, als er noch einmal prüfte, ob Magie zu entdecken war, ehe er sich umdrehte und doch deutlich erleichtert zu den wartenden Halbbrüdern zurückkehrte.   „Und, ist da Wasser?“ erkundigte sich Inu Yasha prompt, der langsam nur mit Mühe verhindern konnte, dass er sich an Stellen kratzte, die ihm einen vorwurfsvollen Blick seines älteren Halbbruders eingetragen hätten. Minimum. Dieses blöde Salz rutschte anscheinend überall hin, auch da, wo es definitiv nichts zu suchen hatte. Wenn überhaupt je wo. „Ja, ein Wasserfall und ein Becken, junge Herren.“ Myouga schaffte es irgendwie mit beiden Hundejungen gleichzeitig zu sprechen um ja keinen zu beleidigen. „Ich konnte keine Falle entdecken, also, auch keine magische.“ Das wollte bei dem übervorsichtigen Feigling wirklich was heißen. Der Halbdämon war schon dabei loszustürmen und sich endlich die juckende Paste abzuwaschen, als ihm einfiel, dass seine letzte überhastete Tat ihm genau diese eingebracht hatte. So sah er zu Sesshoumaru, der sich soeben langsam in Bewegung setzte, als ob ihn die Aussicht auf eine Dusche nicht freuen würde. Keh! Dieser arrogante … Der musste den Stock in seinem Rücken schon als Baby verschluckt haben! Der war ja schon immer so! Na schön, sollte der werte Herr doch zuerst durch den Spalt marschieren. Hauptsache, dieses dämliche Jucken hörte bald auf.   Erst wieder im Riss, diesmal allerdings auf Inu Yashas Schulter, erkannte der winzige Floh das Problem – und den Grund, warum er vorgeschickt worden war. Mochte ihm der Weg auch genügend, ja, geradezu breit erschienen sein, für die Idiotenbrüder war er schmal. So eng, dass sich selbst Sesshoumaru genötigt sah, seitwärts durch zu gehen, was der ohne Not nie getan hätte. So wären sie einer eventuellen Attacke hilflos ausgeliefert. Aha, dachte der Ex-Berater zufrieden. Sie hatten nicht ihn ärgern wollen, sondern er selbst hatte die Grundvoraussetzung schlicht nicht erkannt. Nun gut. Sein Fehler, aber da er nichts gesagt hatte, würde den auch keiner bemerken. Schon lange hatte er begriffen, dass man erst nachdachte, ehe man etwas heraus posaunte. Niemand liebte einen Ratgeber, der sich auf Holzwege begab. Zu oft passiert verkürzte das in der Regel drastisch den Lebensfaden. Der Hundedämon betrachtete kurz den kleinen Wasserfall, ehe er nur scheinbar gelassen auf die andere Seite des Talkessels schritt und zu seiner Schulterspange griff. Sofort war Inu Yasha bei ihm. „He, ich will auch duschen!“ „Ich bin der Ranghöhere, also dusche ich zuerst.“ „Keh! Noch bist du kein Fürst, und auch dann bist du ja wohl nur ranghöher, wenn ich dem zustimme, oder? Immerhin habe ich dich schon ein paar Mal mit eingezogenem Schwanz nach Hause geschickt!“ Das war doch …?! Langsam wandte der Hundedämon den Kopf, um Inu Yasha zu mustern. Dieser begriff durchaus, dass seine Bemerkung etwas fehl am Platz gewesen war. Schließlich waren sie aufeinander angewiesen, solange sie auf dieser Insel hockten. Aber andererseits: warum sollte er sich freiwillig diesem arroganten Schnösel unterordnen? Nur, weil der ein vollblütiger Dämon war? Oder weil dessen Opa ein Fürst gewesen war? Seiner ja wohl auch. Oder … Instinktiv griff er jedoch unter dem eisigen Blick zu Tessaiga – nur, um mit einem Zischen die Hand wieder fortzunehmen. Sein Schwert war tatsächlich erneut verhext. Um Sesshoumarus Mund zuckte etwas, das Leute, die ihn gut kannten, wie Jaken zu Beispiel, dazu gebracht hätte, sich bittend zu Boden zu werfen. Einzig Rin dagegen hätte wohl die unterdrückte Heiterkeit erkannt. Natürlich war es für einen potentiellen Dämonenfürsten unschicklich sich über derlei Kleinigkeiten zu amüsieren, aber es tat doch gut zu sehen, wie der Halbdämon wieder einmal bewies, dass sein Instinkt besser als sein Verstand arbeitete.   Ach du je! Myouga hüpfte auf einen kleinen Felsvorsprung eine Etage höher. Diese Chaoten würden es noch schaffen sich wegen der Chose, wer zuerst duschen durfte, an die Kehle zu gehen! Zum Glück konnten sie nicht auf ihre Schwerter zurückgreifen. Bakusaiga und Tessaiga waren eine verheerende Kombination – erst recht gegeneinander. Aber auch so war das kaum im Sinne seines Herrn. In jedem Fall war es besser für ihn außer Reichweite zu sein. Es war ihm hier schon kalt genug. Flöhe waren an die Umgebung von Warmblütern gewohnt – in das eisige Wasser gesteckt zu werden war etwas, das ihn in Panik versetzte. „Sie streiten?“ „Bruaah!“ Mit diesem unartikulierten Laut fuhr Myouga herum. Wer sprach mit ihm? Hier? Und so unerwartet? Und wieso hatte er ihn nicht bemerkt? Er atmete tief durch, als er neben sich ein Wesen seiner Größe entdeckte, menschlich, aber spitze Ohren. Die roten Haare boten einen interessanten Kontrast zu der fremdartigen, grünen Lederkluft. „Wer ...“ „Ich bin Leprechaun. - Sie streiten, wer zuerst ins Wasser darf?“ Das klang weniger nach Aggression als nach Neugier und so erwiderte der Flohgeist: „Äh, mein Name ist Myouga. Was interessiert dich das?“ Dann dämmerte ihm etwas ganz Anderes „Gehörst zu zu jenem Volk, das die magischen Fallen der Insel erschuf?“ „Nun ja.“ Der Unbekannte warf ihm ein schelmisches Lächeln zu. „Das würden sie nicht so gern hören. Aber ja, ich diene ihnen. Ich gebe zu, ich war neugierig. Es muss schon eine Weile her sein, als der Taishou hierher kam, mit dem Ring unseres Gönners, und einen der drei Gefallen einforderte. Da er etwas von seinen zwei Söhnen erzählte, wollte ich mal nachsehen.“ Er warf einen Blick hinab, wo sich die Beiden gerade deutlich grimmig auszogen. „Das sind ja wirklich noch fast Kinder. Und wie gehörst du zu ihnen?“ „Äh, ich war der Berater des Taishou und soll mich nun um seine Söhne kümmern. Er ist tot.“ Der Flohgeist musterte den Unbekannten, ehe er rasch wieder zu seinen Sorgenhunden blickte. Aber da schien so weit alles klar. Inu Yasha hatte wohl doch eingesehen, dass der Ältere auch der Ranghöhere war. Dennoch entkam dem alten Floh ein fast fröhliches Schmunzeln, als er bemerkte, dass Sesshoumaru unter den eisigen Wasserfall trat – und fast nach Luft schnappte. Ach ja ... Der jüngere Hundebruder warf sich dagegen, da er das wohl nicht bemerkt hatte, mit dem salzgepuderten Hinterteil voran in das mindestens ebenso kalte Becken – und konnte ein Aufquietschen sichtlich gerade noch unterdrücken. Was waren sie unvorsichtig! Lernten sie gar nichts? „Ja, Welpen.“ „Er war ein ehrenwerter Mann.“ Der Fremde betrachtete die Beiden im Wasser: „Salz? Sie waren im Meer.“ „Ja.“ Gewisse Loyalität ließ Myouga doch schweigen, ehe er sich erkundigte: „Aber wieso wusste der Herr, dass ihr hier seid? Und wieso drei Bedingungen?“ „Du warst Berater, oder?“ Das ging gegen sein Wissen und so plusterte sich der Flohgeist förmlich auf. „Nun, manches wird auch Beratern nicht gesagt! Ich weiß nur, dass euer Volk vor langem hierher kam und ihr magiekundig seid.“ „Nun ja. Wir wurden aus unserer Heimat vertrieben, warum ist eine lange Geschichte. Genauer, unser Teil des Volkes. Wir suchten lange nach einer neuen Heimat, aber je weiter wir reisten, umso fremder wurde alles. Endlich kamen wir hier in Japan in den Westen und der Fürst erwies uns die Gunst hier auf dieser Insel unbehelligt siedeln zu dürfen.“ „Aha,“ machte Myouga. Gunst und Gnade hatte er mit dem knurrigen, alten Hundefürsten bislang eigentlich nicht verbunden. Blieb also nur eine Lösung. „Er verlangte von euch dafür diese drei Gefallen?“ „Ja, ein guter Handel für alle. Der Taishou kam mit dem Ring und berichtete, dass der Fürst tot sei. Sein eigener, ältester, Sohn, und damit dessen Enkel, solle den Ring erhalten, wenn er die Prüfungen besteht. Nun gut, der Taishou hatte sie auch bestanden, wenngleich sie damals beileibe ein wenig anders aussahen. Diese hatten meine Herren selbst angelegt, der Taishou bat um einige andere. Das wurde gewährt. Niemand rechnete natürlich mit dir.“ „Glaube mir, ich auch nicht.“ Myouga seufzte in Gedanken, wenn er daran dachte, was ihm sein netter kleiner Freundschaftsbesuch bei Toutousai an Aufregungen und Schwierigkeiten eingebracht hatte. Wer solche Freunde hatte, brauchte keine Feinde mehr. „Gibt es noch viele Prüfungen?“ „Ich denke nicht. Ihr müsst nur über die Berge und dann seht ihr das Ziel.“ „Diese Ruine.“ „Ja, so könnte man es nennen.“ „Was soll das heißen?“ „Komm schon, was wäre das für eine Prüfung für diese beiden Jungen, wenn ich dir die Lösung sage? Abgesehen davon, dass ich es selbst nicht weiß?“ Das waren gute Argumente. „Aber am Ende bekommt Sesshoumaru-sama den Ring des Fürsten und was bekommt Inu Yasha-sama?“ Wenn nur der Ältere was bekam, gäbe es bestimmt wieder Ärger. „Keine Ahnung. Das hat der Taishou gemacht. Ich weiß nur, dass Beide gemeinsam dort ankommen sollen.“ „Mit mir, hoffe ich“, murrte Myouga unglücklich, nur, um festzustellen, dass er wieder allein auf dem Felsvorsprung hockte. Unhöflicher Kerl, dieser Leprechaun. Immerhin gab es wohl einen Weg wieder von dieser vermaledeiten Insel weg, gleich, welcher Bannkreis um sie lag.   Bei beiden Halbbrüdern hatte das eisige Wasser das Mütchen etwas abgekühlt. Inu Yasha stellte fest, dass sein Einfall sich in das Becken zu setzen, zwar unerwartet kalt aber gut gewesen war. Das Wasser floss durch seine Beine, umspülte seinen Unterleib und wusch damit das dämliche Salz aus allen Spalten, die es so gab. Er musste sich nur den Oberkörper und die Ohren selbst reinigen, das bekam er, wenngleich hastig, hin. Na ja, und es stimmte einfach. Sesshoumaru war der Ältere, der große Bruder. Und damit nach allem, was er so je gehört hatte, der Ranghöhere. Dass ihm selbst das nicht passte, stand auf einem anderen Blatt. Aber, das musste der Halbdämon zugeben, es hatte schon länger keine Versuche mehr gegeben ihn umzulegen. Doch, ihr Verhältnis hatte sich in den letzten Jahren glatt gebessert. Vielleicht sollte er das auch mehr beachten und die Vergangenheit ruhen lassen? Wenn das hier vorbei war, würde er zu Kagome zurückgehen, sich bekochen lassen, und seine Tage genießen. Und Sesshoumaru sollte doch ruhig den Fürsten spielen, mit Mama im Schloss sitzen, und fertig. Dann hatten sie beide so gesehen nichts mehr miteinander zu tun. Er schielte seitwärts, um ja nicht so zu tun, als würde er den Hundedämon beobachten. Aber ja, der hatte ebenfalls Salzprobleme, so wie der sich möglichst unauffällig unter dem Wasserfall drehte und seine Boa gerade ausdrückte. Nett, den mal so in der Patsche zu sehen.   Sesshoumaru hatte nach dem ersten, buchstäblich eisigen, Schreck rasch begonnen sich abzuwaschen, um nicht länger als notwendig hier so mehr oder weniger hilflos herumzustehen. Wer wusste schon, was noch an Fallen warteten. Leider musste er feststellen, dass seine erste Genugtuung darüber, dass Inu Yasha endlich eingesehen hatte wer ranghöher war, und praktisch zu seinen Füßen badete, rasch verschwunden war. Er sah sich zu geradezu unziemlichen Handlungen gezwungen, um das Salz auch von Stellen zu bekommen, die der Wasserfall nicht erreichte – und die der Halbdämon in seiner Quasi-Badewanne durchaus ohne Mühe weg gewaschen bekam. Es wäre wohl doch besser gewesen dort hin zu gehen und nicht auf dem Vorrang zu bestehen. Nun, was sollte es. Bald würden sie doch hoffentlich diese unsäglichen Prüfungen bestanden haben und zurück kehren können. Er selbst als neuer anerkannter Herr der westlichen Länder, denn Mutter würde ihm gewiss weichen, Inu Yasha als … Ja, als was? Taishou? Unmöglich. Der und Heerführer? Erstens müsste der sich mit jedem Dämon im Heer schlagen, bis ihn alle anerkannten, zweitens: dessen spontane Einfälle waren ihm schon immer, seit den letzten Tagen auch noch zur Genüge, bekannt. Nun gut, auch Vater war für seine unerwarteten Taktiken berühmt gewesen, das hatte mancher, der in den Westen einfiel nur zu deutlich zu spüren bekommen. Aber der hatte das Höllenschwert besessen und war ein vollwertiger Dämon, ja, ein hochrangiger noch dazu, gewesen. Inu Yasha dagegen besaß Tessaiga, war ziemlich stark für einen Halbdämon, zugegeben, und … Sekunde. Der war in der Lage gewesen, ihn, Sesshoumaru, zu schlagen. Ach du je. Wenn der das rumerzählte, war sein eigener Status als Fürst in Gefahr. Jeder andere Fürst durfte ihn zum Duell fordern – und das würden sie tun, würde ruchbar, dass er von seinem kleinen Bruder … Das durfte nicht passieren. Nun gut. Bislang war Inu Yasha damit auch nicht gerade hausieren gegangen, ja, hatte sich als loyal erwiesen, aber das war eine potentielle Bedrohung für seine eigene Macht. Er musste den Kleinen bei sich behalten, um sicher zu gehen. Am Besten ihn natürlich mit einem hohen Posten locken. Und jetzt raus aus diesem kalten Wasser. Seine Energie würde ihn rasch trocknen.   Inu Yasha konnte da nicht mithalten, so zog er sich nur schnellestens sein Gewand aus Feuerrattenhaar über um sich aufzuwärmen. War das Wasser kalt! „He, Onkelchen?“ Er sah sich um. „Myouga? Ah, da bist du. Ich dachte schon, du bist wieder abgehauen.“ Der Flohgeist sprang auf seine Schulter. „Was Ihr immer von mir denkt!“ Er klang gekränkt, gab aber zu, dass er ohne diese drohende Schnur aus Dämonenenergie um seinen Bauch und zwei seiner vier Hände schon längst das Weite gesucht hätte. Nur hegte er zusätzlich bedauerlicherweise den Verdacht, dass der Bann um die Insel zwar zu durchdringen war, wenn man in der Oberliga spielte, aber nicht für einen harmlosen, kleinen Geist wie ihn. „Wir sollten über die Berge gehen, wenn ich vorschlagen darf.“ Vorsicht. Da war jemand angefressen. Nun, alle Beide. Das kalte Wasser hatte ihnen wohl nicht so gefallen.   Nachdem sich die Hundebrüder erneut durch den Spalt geschoben hatten, sprangen sie doch deutlich erleichtert in weiten Sätzen die braunen Steine empor. Nach wenigen hundert Metern erreichten sie den Schnee und mussten langsamer werden. Selbst Sesshoumaru, der fliegen konnte, verspürte nicht die mindeste Lust in einer nur vom Weiß verborgenen Spalte zu landen und sich zu beschämen. Er hatte es überdies in seinem Leben schon einmal mit Schneefrauen zu tun bekommen – das genügte für den Rest. Sie waren hinterlistig, magisch begabt und leider sehr an jungen Männern interessiert. Inu Yasha hielt sich in den Spuren seines Halbbruders. Er wusste, was der konnte, und vermutete doch, dass das, wohin der sprang, auch ihn tragen würde. Auch er hatte nicht die Absicht irgendwo eine Lawine auszulösen oder sich sonst wie zu blamieren. Törichter Halbdämon hatte er oft genug in seinem Leben vernommen. Er warf einen Blick empor. Weiter oben, nun, viel weiter oben, ragten braune, schroffe Felsen aus dem Weiß. Bestimmt waren das die eigentlichen Spitzen der Berge. Danach sollten sie sehen, was sie dann erwartete. Hoffentlich langsam das Ende dieses Trips. Kagome würde bestimmt schon auf ihn warten. Sie wusste ja nichts von dem kleinen Umweg über diese blöde Insel.   Fast eine Stunde später erreichte das ungleiche Trio die Gipfelgrate des Gebirges und blieb an einer einigermaßen breiteren Stelle stehen. Der Wind pfiff hier eisig und Myouga hatte sich schon seit mehreren Minuten in das Feuerrattengewand gerettet. Die langen Haare der Halbbrüder wehten, als sie überrascht auf die vor ihnen liegende Landschaft starrten. Kaum fünfhundert Meter unter ihnen lag ein gigantischer Talkessel, umrahmt von den Bergen, die sie emporgekommen waren. Vielleicht ein einstiger Vulkankrater, der allerdings hier ein Hochtal bildete. Die Wiesen dort leuchteten in einem geradezu unwahrscheinlichen Grün. Immer wieder erhoben sich dazwischen einzelne Baumgruppen, wobei beide Hundejungen zugeben mussten, dass sie diese Bäume noch nie gesehen hatten. Gruppen von weiß-schwarz gemusterten Tieren grasten. Aber das, was die Zwei am Meisten interessierte, war das Bauwerk, das sich fast in der Mitte der friedlichen Szenerie befand. Wenn das die Ruine, die sie suchen sollten, war, hatte jemand eine eigenartige Vorstellung von Zerfall. Es handelte sich um ein quadratisches Gebäude, genauer, quadratische Mauern, die riesig, steinern, abweisend, wie für die Ewigkeit gebaut standen. Gewiss an die zwanzig Meter hoch. An der von ihnen links gerichteten Seite schien sich das Eingangstor zu befinden, denn dort befanden zwei Skulpturen, ebenfalls gigantischen Ausmaßes, die ein Wesen zeigten, das sie nicht kannten. Inu Yasha beschloss, seine Theorie, er sollte netter sein auch in die Praxis umzusetzen. „Na, dann rein ins Vergnügen, oder, großer Bruder?“ Die richtige Anrede, mal wieder. Womöglich lernte der Jüngere doch dazu und er musste sich keine weiteren Sorgen machen, dass der gegen ihn intrigieren würde? „Gehen wir.“   Kapitel 14: Ohne Fleiß kein Preis --------------------------------- Auf der hohen Mauer der so genannten Ruine beobachteten zwei der Wesen, mit einem von diesen sich Myouga zuvor unterhalten hatte, wie die beiden weißhaarigen Gestalten elegant und offenkundig unbekümmert über die steilen Felsen in den weiten Talkessel sprangen. „Mutig oder ahnungslos?“ erkundigte sich daher der Neuankömmling bei seinem Begleiter. Wohl nur ein Eingeweihter hätte die Zwei unterscheiden können. „Beides, würde ich sogar sagen.“ Der Leprechaun grinste. „Mutig im Sinne von den hiesigen Kriegern, vermutlich, aber, wie der Berater meinte, eben auch noch Welpen. Ich bin wirklich neugierig, wie sehr sie uns bei dieser Prüfung amüsieren.“ „Nun, hoffentlich nicht zu sehr. Wir schulden dem verstorbenen Fürsten unser Wort. Es handelt sich um seinen Enkel. Und der Taishou war auch ein ehrenwerter Mann. Wobei ...“ Das Grinsen zeigte spitze Zähne, ehe er fortfuhr: „Etwas Spaß muss schon sein. Für uns natürlich.“ „Natürlich. Und ich denke, der Taishou wäre einverstanden. Was wäre denn eine Fürstenprüfung ohne Kontrolle der Selbstbeherrschung und Achtung vor Notwendigkeiten. Ach ja, ich bin mehr als neugierig, wann sie mitbekommen, worin die Prüfung besteht.“ „Und auf welche kreativen Ideen sie kommen. Du erwähntest allerdings etwas von einem Berater?“ „Dazu müssten sie erst einmal auf ihn hören, nicht wahr?“ Und der Leprechaun gab sich zu, dass er genau diesen Eindruck nicht von dem ängstlichen Floh bekommen hatte. Wozu diese dämonischen Jungs den überhaupt mit herumschleppten? Aber auch der Taishou hatte schon etwas von einem Floh erwähnt. Womöglich war das hier einfach für einen Hundedämonen üblich einen Floh dabei zu haben. Seltsame Sitten. Sehr seltsam. Nun, hoffentlich würden sie die irischen Kobolde erheitern. Viel zu lachen hatten sie ja nicht.   Unterdessen waren die beiden Halbbrüder, Myouga noch immer zur Sicherheit auf der Schulter des Jüngeren, auf dem grasigen Untergrund angekommen. Ein wenig misstrauisch sahen sie sich um. Die Wiese hier war so grün, dass sie fast leuchtete, aber es schien schlichtweg Gras zu sein, wenn auch in einer etwas anderen Farbe. Gab es fünfzig Facetten für grün? Oder war hier auch schon wieder Magie am Werk? Die Bäume sahen auch anders aus, aber irgendwie nicht ungewöhnlich. Und diese schwarz-weißen Tiere, von denen die Vordersten kurz den Kopf hoben und sie musterten, schienen auch harmlose Pflanzenfresser zu sein. Moment. „Das sind ja Kühe!“ Inu Yasha hatte in seinem Leben schon öfter welche gesehen, aber nie in dieser Größe und Farbe. „Was machen die denn hier?“ „Grasen, würde ich sagen“, erwiderte Myouga sofort, der das als Frage an den Berater verstanden hatte und sich Sekundenbruchteile später zwischen zwei spitzen Nägeln befand und unter einem Blick, der dem des Älteren dermaßen ähnelte, dass sich der Floh Kagome herbeiwünschte. „Sag mir nie etwas, das ich weiß!“ Inu Yasha knurrte es nur. Sesshoumaru hätte diesen Satz fast ebenso gesagt – wenngleich an einen anderen Adressaten. So meinte er nur: „Gehen wir.“ Und setzte sich wieder in Bewegung. Diese Ruine war das Ziel und er verspürte nicht die mindeste Lust sich jetzt noch mit irgendwelchen kindischen Streitigkeiten seiner Begleitung aufzuhalten. Hoffentlich würde er dort auch wirklich den Fürstenring seines Großvaters finden, damit die nächste Stufe zu Herrn über alle Dämonen erklimmen. Erst als Fürst des Westens war er berechtigt andere Fürsten herauszufordern und nach deren Niederlage in einem Duell nach uralten Regeln ihre Ländereien einzufordern. Sein Schicksal berief ihn zur Herrschaft, das war ihm schon seit langen Jahren klar. Und der Einzige, der ihm da womöglich in die Quere kommen konnte, lief hier neben ihm – und hatte bereits lauthals sein Desinteresse bekundet. Hm. Möglicherweise waren Halbdämonen doch nicht nur körperlich anders als vollwertige, sondern Inu Yasha per se eigenartig. Letzteres hatte er überhaupt auch nie bezweifelt. Vielleicht würde der ihm wirklich helfen, nicht nach dem Fürstenring schielen. Tessaiga war natürlich auch überaus nützlich an der eigenen Seite. „He, großer Bruder?“ Was war denn jetzt schon wieder los? Aber Sesshoumaru wandte den Kopf. Immerhin die korrekte Anrede – und wieso war der Halbdämon stehen geblieben? Gab es schon wieder ein Problem? Auf dieser lästigen Insel hatte der Jüngere schon einige Male das Offensichtliche bemerkt. „Wenn das eine Ruine sein soll, dann die wohl am besten gesicherte des Landes. Oder siehst du einen Eingang?“ Mit Magie hatte es der Hundedämon eben eher als er, zugegeben. Und er würde ja auch Miroku nach so einem Zauber etwas fragen. Das stimmte, dachte der besagte große Bruder, ärgerlich über sich selbst. Zwischen den beiden riesigen Skulpturen befand sich kein sichtbarer Eingang, ja, nicht einmal ein Bannkreis, von dem er eben noch ausgegangen war, da natürlich auch er nicht gerade ein einladend offenes Tor entdeckt hatte. „Ein Rätsel.“ „Äh, ja?“ Im Rätselraten war er noch nie besonders gut gewesen. „Diese Figuren? Muss man die kaputtmachen?“ „Lieber nicht!“ quietschte Myouga hektisch, in der durchaus berechtigten Sorge nie wieder von der Insel wegzukommen, falls die beiden Chaoten ein weiteres Mal den Weg der Zerstörung suchten. „Sie sind vermutlich der Schlüssel. Man muss erraten, was sie veranschaulichen sollen oder so.“ Zu seiner Erleichterung sah ihn keiner der Zwei auch nur an, sondern sie gingen langsam weiter, dabei offenbar die Skulpturen musternd. Auch der alte Flohgeist erkannte nicht so ohne weiteres, was das darstellen sollte. „Das soll wohl etwas Vierbeiniges sein“, dachte er laut nach. „Möglicherweise eine Kuh? Aber wieso und was ist das Andere?“ „Es sind zwei Kühe, rechts und links“, erklärte Inu Yasha. „Also, irgendwie eine für mich und eine für Sesshoumaru. Das Andere könnte … ja, was soll das denn sein? Auch ein Tier?“ Jedenfalls handelte es sich auch um eine vierfüßige Gestalt, die sich irgendwie an der Kuh zu schaffen machte. Griff sie sie an? Und was war das für ein rundes Ding zwischen den beiden möglichen Tieren, die förmlich miteinander zu verschmelzen schienen? Jedenfalls waren die Skulpturen spiegelbildlich. Myouga wandte den Kopf. Hm. Kühe. Was Rundes und andere Wesen mit vier Gliedmaßen. Ach du je! Seine Idee konnte leicht das Ende seines Lebensfadens bedeuten. Wie sollte er das den Beiden klar machen? Oder kamen sie vielleicht von allein auf diese Idee? Auf jeden Fall: „Äh, wenn ich den jungen Herren eine Rat geben darf, diese Skulpturen bilden ein Rätsel. Man muss es lösen und das tun, was verlangt wird, dann öffnet sich wohl der geheime Eingang und Ihr könnt hinter die Mauer.“ „Keh! Wird auch sofort erledigt.“ Inu Yasha betrachtete die Kuh aus irgendeinem Metall vor sich. „Es hat was mit dem Rindvieh zu tun, das ist mir auch klar, Onkelchen.“   Was hatte sich Vater denn dabei gedacht? Sesshoumaru hatte noch nie in seinem Leben etwas mit horntragenden Vierbeinern zu tun gehabt, sah man von den wenigen Gelegenheiten ab, an denen er sie gefressen hatte. Was er schon lange nicht mehr musste. Bedauerlicherweise hatte der lästige Floh mutmaßlich Recht und sie mussten etwas mit den Rindern anstellen, um in diese so genannte Ruine zu gelangen. Vermutlich handelte es sich wieder um etwas zum Thema Selbstbeherrschung. Hm. Alle umbringen? Das war weder eine Herausforderung noch eines Fürsten würdig. Die Kühe der Reihe nach nach Größe ordnen? Das wäre lästig aber siehe Punkt eins. Nach Farbe sortieren? Das würde eine Geduldsprobe darstellen, da die alle gleich aussahen und sich nur geringfügig in ihrem Schwarz-Weiß unterschieden. War es das? Ruhe, Selbstbeherrschung und Geduld beweisen? Sein verehrter Vater hatte solche Dinge stets als Tugenden eines Kriegers und gar Fürsten gepriesen, aber seine eigenen Erinnerungen an seinen Großvater waren verblasst. Er war noch recht jung gewesen als dieser gestorben war, und, wie er es verlangt hatte, verbrannt worden war. Er selbst hatte an der Bestattung nicht teilnehmen dürfen. Nun ja, seine Eltern waren sich da einig gewesen und hatten ihn der Fürsorge irgendeiner Hundedämonin anvertraut. Soweit er sich entsinnen konnte, hatte sie sich intensiv um ihn gekümmert und war auf jede seiner Launen eingegangen, die Welpen dieses Alters nur einfallen konnten. Heute, nach gewissen Erfahrungen mit Rin, war er sicher, dass er ihr auf die Nerven gegangen war, sie aber aus Scheu vor seinen Eltern kein Risiko eingehen wollte. Immerhin, das wusste er noch bestimmt, hatte er zwar ihre Schuhe zerkaut aber davon Abstand genommen ihr Blumen in die Haare zu flechten, geschweige denn welche mit Dornen. Aber das war nebensächlich. Dämon, zumal als Fürst, sollte sich auf das Wesentliche konzentrieren. So musterte Sesshoumaru erneut die Gebilde. Eindeutig zwei Kühe, ebenso klar sollten das welche von der Sorte sein, die hier herumstanden und die Besucher musterten. Wussten die etwa, was sie tun sollten? War er, nun gut, waren sie etwa gerade dabei sich buchstäblich vor Rindvieh zu in die Nesseln zu setzen? Geschweige denn vor den Schöpfern dieser magischen Welt? Wieso hatte Inu Yasha eigentlich keinen Einfall, der war doch sonst immer so voreilig? So sagte er diesen Namen.   Der jüngere Halbbruder sah auch prompt zu ihm. „Eine Idee, Bruderherz?“ Da er am panischen Fiepen des Flohs neben seinem Ohr und einem eisigen Blick seines Gegenübers erkannte, dass er gerade mal wieder ein Fettnäpfchen erwischt hatte, ergänzte er: „Schon gut, großer Bruder. Sollte mal ein Witz sein.“ Das Halbblut hing eindeutig zu viel mit Menschen herum.Seit wann machte ein Dämon, noch dazu der oberen Klasse, Scherze? Falls es sich nicht um einen Fuchsgeist handelte, zugegeben. „Du?“ Da das das ungewohnte Eingeständnis bedeutete, der hochwohlgeborene Herr wisse nichts, erklärte Inu Yasha etwas geschmeichelt aber aufrichtig: „Ehrlich gesagt fällt mir ziemlich wenig dazu ein. Im Dorf haben sie Kühe zum Ziehen des Pfluges oder auch von Karren, aber da ist doch nichts rund. Höchstens die Schaufel da unten am Pflug, aber das hier sieht so anders aus. Irgendwie mehr wie ein Wassereimer.“ „Ein Eimer voll Milch.“ Myouga konnte nicht mehr an sich halten, da diese Idioten das Offenkundige nicht sahen - oder wohl eher nicht sehen wollten, und hier wie bestellt und nicht abgeholt herumstanden und sich vor den Herren der Insel blamierten, die gewiss zusahen. „Offenbar wird von Euch erwartet, dass Ihr die Milch der Kühe in Eimer befördert. Korrekter, in die zwei Holzeimer, die dort an der Wand dieser Burg stehen, wo der Eingang sein dürfte.“ Ihm brach der Schweiß aus, kaum dass er zu Ende gesprochen hatte, und machte einen weiten Satz, so weit, wie er es nur wagte. Was hatte ihn denn gerade geritten? Todessehnsucht? Falls ihn jemand suchen sollte: er wäre mal eben sein Grab schaufeln. Sesshoumaru verengte die Augen und ließ seinen Blick von den ominösen Skulpturen zu den ebenso merkwürdigen, da umgedrehten, Holzeimern schweifen, ehe er zu dem unseligen Flohgeist sah. Ja, es war durchaus bei magischen Prüfungen Sitte eine Probe der Selbstbeherrschung abzuliefern, er hatte jedoch eher an etwas wie: „Sage deinen Namen hundert Mal falsch herum auf!“ gedacht. Aber Milch? Noch dazu von einer Kuh … in einen Eimer? Er hatte bislang nicht einmal gewusst, dass in diesen Kühen Milch drinsteckte. „Blödsinn“, sagte Inu Yasha offener, guckte aber ebenso zu dem Flohgeist, der sich vorsorglich nicht mehr zu rühren wagte. „Menschen trinken keine Milch. Höchstens mal kleine Kinder, wenn die Mutter krank ist oder starb, das weiß sogar ich. Wer oder was soll hier also die Milch gebrauchen können? Und noch dazu von so vielen Kühen?“ „Das … das weiß ich nicht,“ beteuerte Myouga, der seine bedenkenlosen Worte am liebsten wieder verschluckt hätte. Aber andererseits stimmte es einfach. „Ich sehe nur die Skulpturen und ich sehe die Eimer, die sonst gemeinsam keinen Sinn ergeben.“ Der Hundedämon entschloss sich zur einfachsten Lösung – überdies der einzigen, die er sah. „Dann wird Myouga eben die Milch aus der Kuh saugen und in den Eimer speien.“ Das klang nach einem probaten Mittel und so nickte Inu Yasha. „Ja, denn ich habe schon mal gesehen,wie Menschen diese Kühe gemolken haben, aber das war doch anders. Die hier sehen nicht so aus, als ob sie sich einfangen lassen wollen.“ Damit verwies er auf die schlichte Tatsache, dass sich die Rinder von ihnen entfernt hatten. „Und die Kühe der Menschen sind beim Melken angebunden.“ „Aber, aber ...“, stotterte Myouga. „Aber, wenn die jungen Herren gnädigst bedenken wollen, das ich ein Floh bin? Ich vertrage, wie übrigens Menschen, da hat Inu Yasha-sama vollkommen Recht – keine Milch. Ihr würdet mich umbringen! Ich vertrage nur Blut.“   Die beiden Leprechauns oben grinsten sich an. „Ein netter Trick. Sie kennen anscheinend Milch nur vom Hörensagen. Jetzt bin ich wirklich neugierig, was sie machen wollen.“ „Unsere Kühe werden vor ihnen davon laufen. Das kann wahrlich amüsant werden. Ich denke, jetzt verstehe ich, was der Taishou damals mit unserem König ausdiskutiert hat. Eine wahre Probe!“ „Wir sollten andere herholen. Das wird der Witz des Jahrhunderts!“   „Du kannst das also nicht.“ Inu Yasha zuckte die Schultern. „Dann brauchen wir wohl den nächsten Plan.“ Das war ein Plan gewesen, ach du je, dachte der arme Berater hektisch überlegend, das er bemerkte, wie der Hundedämon seine Rechte hob. „Äh, Sesshoumaru-sama, vergebt, aber Ihr habt doch nicht etwa vor …?!“ Der Ältere der Halbbrüder warf ihm einen Blick zu, den er sich normalerweise für sein jüngstes Familienmitglied aufhob. Myouga schaffte es irgendwie wagemutig weiter zu reden. „Ihr … wenn Ihr eine Kuh tötet, könnte das ihr Besitzer als Beleidigung auslegen. Und wir sind hier in einer magischen Welt!“ Das stimmte tatsächlich, aber Sesshoumaru war davon ausgegangen, wenn sich Milch in einer Kuh befand, würde sie auslaufen, wenn er sie halbierte. Da er einen gewissen Denkfehler jedoch niemals zugeben würde, schon gar nicht vor diesem Auditorium, sagte er in einem jähen Einfall kühl: „Einfangen, nicht wahr?“ „Oh, ja, natürlich ...“ keuchte der Berater nur. Er lebte noch, obwohl er schon zwei Mal in wenigen Minuten voreilig gewesen war. Was für ein Flohleben! Und dieser senile Toutousai hockte vermutlich seelenruhig an seinem Schmiedefeuer oder plauderte mit Bokuseno über alte Tage. War das ungerecht! „Warte mal.“ Inu Yasha drehte sich um. „Wenn du das Vieh einfangen kannst, brauchen wir den Eimer. Im Dorf sind die Kühe immer alles andere als begeistert und wollen rasch wieder weg. Ich hole mal einen.“   Die mittlerweile kleine Gruppe an Leprechaun nickte beifällig, als die Energie des Hundedämons anstieg und seine Rechte grünlich zu leuchten begann. „Der hat ja tatsächlich was drauf“, kommentierte einer. „Als zukünftiger Fürst sollte er das auch haben.“ „Ja, aber die arme Kuh.“ Sie beobachteten gespannt, wie eine leuchtende, grüne Schnur sich rasch ausdehnte und wie eine Peitsche durch die Luft schnitt – und ein weg springendes Rind nur um Zentimeter verfehlte.   Inu Yasha blickte erstaunt seitwärts, den leeren Holzeimer in der Klaue. „Das passiert dir doch sonst nicht?“ Hielt der ihn für einen Narren? „Es sind Tiere.“ „Äh, ja. Und?“ Warum musste immer er seinem kleinen Bruder das Offensichtliche erklären? „Myouga!“ Der Flohgeist holte tief Atem. Ja, mächtige Fürsten und arme Berater. Er brauchte nach diesem Inseltrip wahrlich Urlaub. Weit, weit weg, irgendwo, wo es ganz sicher keine Hunde oder auch nur hundeartige Wesen gab. „Äh, natürlich hätte Sesshoumaru-sama die Kuh getroffen, aber er lenkte gerade noch ab. Es sind keine dämonischen Kühe sondern Tiere. Und der Kontakt mit seiner Energie hätte das Rind getötet.“ Nein, es wäre wohl kein guter Zeitpunkt darum zu bitten, dass der Hundeprinz doch diese Schnur aus seiner mörderischen Energie von einem armen Flohgeist nehmen solle. Die Halbbrüder sahen sich schon wieder so eigen an. Was war denn jetzt los? Der nächste fatale Plan? „Na schön“, meinte der Jüngere. „Dann ist es ja wohl gut, dass du das noch rechtzeitig gemerkt hast, ehe wir hier ewig festsitzen, weil da irgend ein Rinderhirte auf uns sauer ist. Hm. Ah, ich habe eine Idee. Hier, halt mal.“ Ehe der verblüffte Hundedämon auch nur mitdenken konnte, stand er mit dem Eimer in der Hand da, ein Anblick, bei dem Myouga sich zu Boden setzte und betete, dass sich der potentielle Herr der westlichen Länder nie daran erinnern würde, dass er das mit angesehen hatte. Inu Yasha dagegen war gespurtet, um sich direkt einer flüchtenden Kuh in den Weg zu stellen. Es waren nur Tiere, ja? Dann gab es doch einen einfachen Weg, wenn man sie nicht umbringen wollte und sollte. Die Faust des Halbdämonen genau zwischen die Hörner ließ die Kuh buchstäblich wie vom Schlag getroffen zu Boden gehen. Triumphierend sah er sich um und rief: „So, jetzt können wir melken, oder so. Die läuft erst einmal nicht mehr weg.“ „Sie liegt, du Narr.“ Der Halbbruder stand neben ihm, ließ jedoch den Eimer prompt fallen. „Äh, ja. Und?“ Inu Yasha sah vom Holzgefäß zu der Kuh. Sollte er ihn wirklich fragen, wo in diesem Rind sich die Milch befand? Das wäre dann doch zu unangenehm. Womöglich irrte er sich auch und man musste den Eimer so nicht ebenfalls seitwärts legen? Dem Jüngeren dämmerte gerade auch das Problem. Er machte einige Schritte und bückte sich. „Da ist auch was drin.“ Er tippte an das Euter. „Aber da hast du glatt mal Recht, wenn man den Eimer jetzt hier hinlegt, läuft das ja alles wieder aus.“ Soweit er sich jetzt entsann, hatte die Kuh im Dorf auch immer gestanden. „Da ist die Milch drin?“ entfuhr es Sesshoumaru. Kein Wunder, dass Menschen keine Milch mochten. „Ja, klar. Wie bei einer Frau die Brust, na, das hat dir deine Mutter sicher erklärt.“ Nicht nur der Hundeprinz, auch der wohlweislich hinzugeeilte Berater hatten Schwierigkeiten sich die vornehme Dame bei dieser Aufklärung ihres Sohnes vorzustellen. Aus durchaus unterschiedlichen Gründen hielten es beide allerdings für besser keinen Kommentar dazu abzugeben. „Die Kuh muss stehen“, erklärte der Ältere mit aller ihm noch zu Gebote stehenden Kühle. „Na ja, dann muss eben einer von uns eine festhalten und einer sie melken, oder?“ Inu Yasha schloss den Flohgeist bei dieser Aktion aus. Sein Blick fiel auf die so genannte Ruine. „Na guck mal, wir haben Zuschauer. War wohl echt gut, dass du ihre Herde nicht umgelegt hast.“ Sesshoumaru drehte sich nicht um. Auch das noch! Sich vor einer Horde Unbekannter, wenngleich leider Magier, lächerlich zu machen! Überdies war mit diesem Vorschlag auch klar, wer was machte. Eine Kuh bei den Hörnern zu packen war mit Sicherheit nicht so beschämend wie ihr zwischen die Hinterbeine zu fassen und, wussten die Götter, was für Dinge zu tun. Vater! Kapitel 15: Milchmädchenrechnung -------------------------------- „Was haben sie denn jetzt vor?“ erkundigte sich einer der Leprechaun oben, dessen Kleidung sich von der gleichförmigen der Anderen durch eine goldene Gliederkette um Nacken und Schultern unterschied. „Sie haben wohl die Aufgabe erkannt, soweit“, erwiderte einer kichernd. „Aber ganz offenkundig wissen sie herzlich wenig über Milch, geschweige denn von Kühen. Bislang hat der mögliche Fürst versucht eine Kuh zu halbieren, der Jüngere hat eine bewusstlos geschlagen … Wie hat das denn ihr Vater einst gelernt?“ „Nun, er hatte ja nur die eine Staue zum Vorbild, hat aber wohl relativ rasch begriffen, auf was das hinauslaufen sollte. Mit einer wirklich interessanten Energieleistung nahm er die Gestalt eines riesigen Hundes an und begann alle Kühe in die Mitte zu treiben, bis sich ein großer Kreisel bildete und die armen Tiere aus Furcht vor ihm nur noch langsam im Kreis trotteten. Endlich blieben sie stehen. Dann kam er auf die nächste Idee. Er verwandelte sich wieder in seine Menschenform und trank einfach pur aus der Kuh. Später gab er zu, dass er keine Milch seit Welpentagen je getrunken hatte und ihm nicht gerade gut war, aber er wollte da durch, also nahm er auch die Unannehmlichkeiten auf sich. Es war würdig eines Fürsten, aber er konnte nie einer werden, das hat er erklärt. Jetzt hängt das Fürstentum also an diesen beiden Jungen, genauer, an dem Älteren, dem sein Bruder helfen soll. Ach nein, Halbbruder.“ „Halbbrüder? Da kenne ich welche, die sich für weniger als einen Fürstentitel an die Kehle gingen. Erstaunlich, wie ordentlich sie zusammen arbeiten, bestimmt kaum erst, seit sie auf der Insel sind und die magischen Fallen ausprobieren dürfen.“ „Oh, guckt mal!“ Ein weiterer Leprechaun konnte kaum das Lachen unterdrücken. „Sie wollen wirklich melken? Das kann etwas werden. Unseren armen Kühe. Aber man sollte das Vorhaben bewerten. Haben wir noch Tafeln?“ Schließlich wusste jeder, der schon einmal ohne Anleitung dieses Unterfangen begonnen hatte, dass die Gefahr getreten zu werden, ja, zwischen zwei Kühen zusammengedrückt zu werden, weitaus größer war als die Aussicht auf Erfolg. „Nun, sie kommen erst hier hinein um ihr Erbe anzutreten, wenn sie Milch in beiden Eimern haben. So ist die Regel.“   Sesshoumaru gab es nur ungern zu, aber er hatte keine Ahnung wie Melken ging. Überdies war es bestimmt eines Fürsten ausnehmend unpassend. Allerdings war das zugegeben keine Aufgabe, die man Myouga aufhalsen konnte, Jaken war weit – wieso hatte der eigentlich ausgerechnet vor wenigen Tagen unbedingt in seine Heimat reisen wollen? Sollte der etwa geahnt haben … Nein. Myouga und Toutousai, die eindeutig Umgang mit Vater gehabt hatten, waren unvorbereitet gewesen, das bewies die Anwesenheit des Flohgeistes auf dieser Insel. Also blieb nur einer, um das Problem zu lösen. „Nun, dann melke.“ Das galt seinem Halbbruder. Der seufzte etwas. „Na ja, dann halt mal so ein Vieh fest. Ich hole den anderen Eimer.“ Aufgeben, ja, dem Älteren gegenüber einzuräumen, dass er beim Melken zwar schon zugesehen, es aber noch nie verstanden hatte, war unmöglich. Überdies würden sie sich alle Beide vor den Zuschauern da oben blamieren, ja, nie in diese komische Burgruine gelangen und damit das Ziel nicht erreichen. Das wäre ein Unding! Ihm selbst lag zwar nichts das Mindeste an diesem ominösen Fürstenring eines unbekannten Opas, sollte sich mit dem doch Sesshoumaru abplagen, aber ein Geschenk von Vater an ihn wäre bestimmt auch nett. Das würde er Kagome zeigen, ja, vielleicht ihr sogar weiter verschenken können. Beide Eimer in der Hand blieb er seitwärts neben einer Kuh stehen, die sein Halbbruder inzwischen bei den Hörnern gepackt hatte. Das arme Rind wagte sich nicht zu bewegen, da es an dem festen Griff nur zu deutlich spürte, dass sein Hals in Gefahr war, und auf die Hilfe der Herde hoffte, die allerdings zögernd abseits stand. So, dachte der Halbdämon. Die Menschen saßen doch immer, oder, zumindest sah das so aus. Also ein Eimer umgedreht, sich daraufgesetzt und den anderen Behälter unter den Bauch der Kuh gestellt. Fertig. Und jetzt? Da floss anscheinend nichts freiwillig heraus. Probehalber stupste er mal mit der bekrallten Hand gegen den Euter – was das Rind sofort mit einem versuchten Stoß mit dem Hinterbein beantwortete. Es blieb beim Versuch, da Inu Yasha das wieder auf den Boden stellte. „Lass das!“ befahl er, um zu dem Hundedämon zu blicken. „Halt du sie nur gut fest!“ Dieser gab einen Knurrlaut von sich, der verdächtig an das „Keh!“ des Jüngeren erinnerte. Noch etwas fester ging kaum, er wusste aus Erfahrung wie wenig widerstandsfähig die Hälse von minderen Wesen waren – und ein Tier war definitiv eines. Aber, wenn sein wenig geliebter Halbbruder so weiter machte, würde als nächstes dessen Kehle dran sein. Aus den Augenwinkeln konnte er diverse Köpfe sehen, die neugierig über die Mauer blickten. Unerträglich! Es erforderte wirkliche Selbstbeherrschung seine Energie so gedämpft zu halten, dass die Kuh in seinen Händen nicht zu Asche wurde. Myouga hopste heran. „Mit Verlaub, Inu Yasha-sama, man muss da wohl irgendwie streichen.“ „Weil du so viel Ahnung hast!“ murrte der Halbdämon prompt, aber, da er auch eine vage Erinnerung daran hatte, dass das so ähnlich aussah, sollte man es wohl mal mit dem Vorschlag des so genannten Beraters probieren. Immerhin waren ihnen Beiden ja anscheinend gerade die Ideen ausgegangen. So legte er die Klaue vorsichtig an das Euter und strich darüber. Nicht, dass er das Rindvieh jetzt noch kratzte. Dann wäre es Essig mit der Milch. Nun ja, nicht im Wortsinn. „Nichts. Noch so eine brillante Idee, Onkelchen?“ „Spürt Ihr denn gar nichts?“ erkundigte sich der Flohgeist, dem der Schweiß schon vor langen Minuten ausgebrochen war. Soweit er je gehört hatte, gehörte zum Melken Feingefühl. Und das war definitiv keinem der beiden Söhne des Taishou an der Wiege gesungen worden. Abgesehen natürlich von der kleinen Tatsache, dass Izayoi mehr in die Richtung „Schlafe, mein Prinzchen“ tendiert hatte und die Hundedame mehr etwas von „Gehorsam allein mir gegenüber“ gemurmelt hatte, wenn sie die Stimmen aus der Dunkelheit der Unterwelt beschwor, um den jaulenden Welpen endlich Ruhe geben zu lassen. Beides half hier und jetzt kaum weiter. „Seht doch nur, die Kuh bleibt ruhiger, wenn Ihr sie so streichelt.“ Das mochte sein, dachten die Hundebrüder selten einig, nur leider kam noch immer keine Milch. Ohne Milch im Eimer jedoch kein Eintritt in die Burg, also kein Fürstenring und eine ewige Schmach.   Sesshoumaru bemerkte gerade noch rechtzeitig, dass er dabei war der Kuh das Genick zu brechen, und gab etwas nach. Es war nicht nötig diese Bande von Rinderhirten da oben auch noch zu verärgern. Sie waren anscheinend überaus mächtige Magier. Er brauchte Großvaters Fürstenring, und dann nichts wie weg von dieser Insel mit ihren Zauberern, Fallen und lästigen anderen Geschöpfen. Danach – ja, danach müsste er wohl oder übel mit Inu Yasha reden, dass der mit zum Schwebenden Schloss ging. Zum Einen, natürlich, damit der Zeuge seines Triumphs, endlich der Herr des Westens zu sein, wurde, zum Zweiten, um auch dem törichsten Krieger klar zu machen, wer der neue Taishou wäre. Der Halbdämon war zwar stur wie ein Maultier, aber er würde doch weder die Würde eines Heerführers noch den Befehl seines großen Bruder abweisen, oder? Was machte der denn jetzt? Nun gut, er selbst hätte seine Finger ungern an so etwas gelegt, aber das sah schon eigen aus. So wiederholte der Hundedämon die Frage laut. „Na ja,“ gestand der Jüngere ohne von seinem Tun aufzugucken. „Myouga sagte was von streicheln, Kagome meinte, das sei wie bei einer Frau. Und guck mal, sie hält auch still.“ Jedenfalls ein Forstschritt, aber leider noch immer keine Milch. Da musste es einfach einen Trick geben. Sesshoumaru erblickte etwas, das ihn bewog zu sagen: „Wage es nicht jetzt aufzuhören!“ Oder es würde hier einen Massenmord an den Zuschauern geben, sobald er seine Hände frei hatte. Damit würde er nie Fürst, sie kämen nicht von der Insel … Und die Bloßstellung vor Vater und Großvater im Jenseits würde sich nicht mindern: ein Versager zu sein, die Lachnummer der Familie, unwürdig seiner edlen Ahnen ... „Eher nicht, großer Bruder. Wenn andere aufgeben, fange ich erst an richtig gut zu werden. - Wieso?“ Inu Yasha wandte den Kopf und entdeckte, warum die Stimmungslage des Hundedämons soeben arktische Temperaturen unterschritten hatte. Die kleinen Figuren oben auf der Mauer hoben Tafeln empor, auf denen offenbar unbekannte Zahlen standen: eine Benotung. Das war doch ...!   Der aufgeregte Flohgeist hatte inzwischen die amüsierten Leprechauns ebenfalls bemerkt. Auch er konnte die Symbole nicht lesen, aber allein die Tatsache, dass sie so erheitert waren, ja, Noten verteilten, hätte genügt eine ganze Meute Krokodile in Panik zu versetzen, wie viel mehr einen armen, kleinen Dämon. Au weia. Noch waren die Chaotenbrüder mit der Kuh beschäftigt, aber anscheinend hatten diese seltsamen Magier durchaus die Stimmungslage ihrer Opfer richtig eingeschätzt und durch den Bann der Schwerter tödlichen Ärger im Voraus vermieden. Womöglich hatte sie der Herr einst auch vorgewarnt? Jedenfalls konnte und würde das böse enden. Auch ohne die Klingen waren die Zwei alles andere als harmlos. Leider bestand durchaus die Möglichkeit, dass diese Zauberer mit ihrem Tod auch jeden Weg von der Insel versperrt hatten. Ach du je. Seine Zukunftsaussichten wurden noch trüber als zuvor, denn er wäre bestimmt nicht im Stande gleich zwei aufgebrachte Hundebrüder irgendwie von einem Massaker abzuhalten. Was hatte sich der Herr nur dabei gedacht? Und was der einstige Hundefürst, der ihm ja gewiss den Tipp mit der Insel gegeben hatte? Hatte der wirklich Leute umbringen lassen wollen, denen er zuvor Asyl anbot? Oder hatte der alte Hund damals schon einen Hintergedanken gehabt? Oder war alles ganz anders, schlimmer oder verworrener, als es sich selbst ein ehemaliger fürstlicher Berater auch nur vorstellen konnte? Und, was machte jetzt sein jüngster Sorgenhund? Myouga blickte alarmiert zu der Kuh in den Klauen des Älteren. „Milch!“ Inu Yasha klang in etwa so begeistert wie ein Mensch, der auf eine Goldader stieß – oder wie er selbst, wenn der Jüngere eine neue Eigenschaft Tessaigas endlich verstanden hatte, ergänzte Sesshoumaru in Gedanken. Aber der Hundedämon war zu nüchtern, um nicht einfach zu befehlen: „Mach weiter!“ „Bin ja schon dabei. Guck mal, so geht das.“ DAS wollte er ganz bestimmt nicht wissen. Kleine Brüder konnten schon recht nervtötend sein. Aber immerhin hilfreich, das musste er zugeben. Milch in einem Eimer hieß immerhin, dass sie die Hälfte der Arbeit schon mal erledigt hatten. „Ja, hier zudrücken und dann aus streifen, ganz einfach, wenn man dahinter kommt. Äh, Onkelchen?“ Myouga zuckte ertappt zusammen, da er sich etwas zurückziehen hatte wollen. Nur so ein bisschen, wie es ihm die Energieschnur um seinen Bauch bestimmt gestattete. „Ja, Inu Yasha-sama?“ Nur schön verbindlich bleiben. Der Junge war zwar nicht so streng in Punkto Höflichkeit, aber der Ältere pflegte das anders zu sehen. Und eindeutig hatten sich die Zwei auf dieser Reise noch weiter angenähert als in der Endrunde gegen Naraku. Sich den Zorn eines Dämonenfürsten aufzuhalsen, weil man dessen Halbbruder oder Bruder schräg anredete, überließ ein erfahrener Flohgeist dem einen oder anderen unvorsichtigen Krieger, falls das mit der Heerführerrolle des Halbdämonen Wirklichkeit werden sollte. „Guck mal, wie viel Milch ist das? Reicht eine Kuh für beide Eimer?“ „Ich habe bedauerlicherweise keine Ahnung, wie viel Milch da drin ist Ich meine, so eine Kuh ist schon ziemlich groß, aber die Milch ist wohl nur in dem Euter.“ „Keine Ahnung, aber Berater, hm? - Na schön. Dann lasse ich das hier mal noch in diesen Eimer, dann schnappen wir uns das nächste Rindvieh und den nächsten Eimer. Das geht jetzt schnell. Also, ich bringe den zum Tor. Und du ...“ Er brach lieber ab, da er einem eisigen Blick seines Halbbruders begegnete. Ach ja, das war ja der Herr Ich-lasse-mir-nicht-sagen-was-ich-zu-tun-habe. Während Inu Yasha nur schweigend aufstand und den halbgefüllten Eimer mit sich nahm, dachte er erheitert, dass er doch glatt noch mal in das Schwebende Schloss gehen sollte. Mütter hatten doch immer so den einen oder anderen Klatsch aus der Kinderzeit parat, das hatte er ja auch bei Kagomes Mama in der Zukunft gesehen. Und sich von der netten Frau anzuhören, wie Baby-Sesshy das Krabbeln gelernt hatte, wäre bestimmt erheiternd. Doch, er sollte glatt dahin gehen. Vielleicht bekäme er auch wieder was zu essen, da die Nudeln bei Kagome inzwischen sicher schon wer anders gegessen hatte. Ach ja, aber sie würde bestimmt wieder für ihn kochen, wenn er seine friedlichen Wächterstunden aufnahm, während sie Pflanzen pflückte oder Medizin für die alte Kaede herstellte. Ein richtig schönes, ruhiges, Leben, nur ab und an unterbrochen von den Ausflügen mit Miroku, um Dämonen auszutreiben und den Lebensunterhalt zu verdienen. Klang doch richtig amüsant. Er stellte den Eimer vor das Tor und drehte sich um, um den Zweiten zu holen. Tatsächlich hatte der Hundedämon inzwischen die eine Kuh losgelassen, die mehr als erleichtert an das andere Ende des Talkessel galoppierte, und sich eine andere geschnappt, die etwas zu langsam geschaut hatte, wer da frontal auf sie zukam. Jetzt musste er sich beeilen, sonst hieß es wieder schwacher Halbdämon oder sonst etwas. Da er augenblicklich keinen Eimer mehr hatte, auf den er sich setzen konnte, musste er sich eben hinknien, aber das würde schon funktionieren. Immerhin wusste er derzeit ja, wie das ging. War das etwa neben diesem Ring die andere Sache mit dieser Reise: lernen zu sollen?   Tatsächlich ging das Melken nun deutlich schneller und genau zehn Minuten später standen beide Eimer samt den etwas grimmig dreinsehenden Halbbrüdern vor dem Tor. Die Tatsache, dass sich Myouga zwischen den Ohren des Jüngeren befand, milderte dessen gefährliches Aussehen deutlich – aber die irischen Kobolde waren lebenserfahren genug, um sich dezent einen Regenbogen zu erschaffen und an dessen anderes Ende zu gehen, ehe sie das Tor öffneten. Sich einen Spaß machen war eine Sache – sich dafür ermorden zu lassen eine andere. Dämonen hierzulande waren nun einmal nicht dafür bekannt Scherze zu verstehen, das war ihnen schon rasch nach ihrer Ankunft in Japan klar gemacht worden. Umso besser war es gewesen diese Insel unter dem Schutz des alten Hundes zu bekommen, wenngleich mit der Auflage Prüfungen für seine Nachfolger abzuhalten. Aber so, wie der ältere der Hundejungen blickte und die Leprechauns dessen Energie deuteten, wäre der kaum mit auch nur einem Toten glücklich – eher mit allen.   Die Halbbrüder hörten das Quietschen etwas zu laut in den empfindlichen Ohren, als die alten Angeln des Tores nach außen aufschwangen. Sie gingen langsam in den Hof des riesigen Geviert. Umrahmt von der hohen Mauer befand sich eine ebene Fläche, die in der Mitte nur einen in sich zusammengebrochenen Turm barg, sicher die ominöse Ruine, ihr Ziel. Dennoch waren beide zu kampferfahren um direkt darauf zuzusteuern sondern sahen sich um – durchaus aus unterschiedlichen Motiven. Inu Yasha wollte nicht noch einmal zur Belustigung von irgendwelchen Magiern dienen, Sesshoumaru suchte nach eben diesen, um wenigstens einem Einzigen seine Klaue um die Kehle legen zu können und zuzudrücken. Aber sie waren nur zu dritt, denn Myouga wagte den Sprung auf den Boden, sicher, dass hier jetzt erst einmal keine Gefahr lauerte, nun, keine, die nicht von seinen Schützlingen ausging. Und vor denen war er doch zumeist zumindest mit seinem Leben geschützt. Er hielt jedoch nach dem Ausschau, was der verstorbene Taishou hier hinterlegt hatte, unter dem Schutz der Leprechauns war es auch gewiss bis dato da. Höchstens würde noch irgendwo eine Falle lauern, aber … Ah. Sollte er ihnen einen Hinweis geben? Lieber nicht, wenn man den Chaotenbrüdern vorgriff und dann ging etwas schief, war nur wieder der arme Berater schuld. So drehte er sich um und sah hinauf. Ja. Alle Zwei hatten die Stoffpäckchen auf einem flachen Stein des Gebäudes inzwischen ebenso entdeckt.   Langsam gingen die Halbbrüder nebeneinander auf die Ruine zu. „Das sollte es sein“, erklärte Inu Yasha. Warum erzählte ihm dieser Narr immer das Offensichtliche? Aber Sesshoumaru musste zu seinem Bedauern zugeben, dass eben diese Eigenheit auf dieser Insel schon manches Mal nützlich gewesen war. Und so lange sie unter sich waren, merkte ja auch niemand, wenn er Vorschläge bekam. Überdies hatte der Bas … der Jüngere nur die Möglichkeit erwähnt und sah sich immer wieder um. Ja, es war durchaus im Rahmen der Wahrscheinlichkeit, dass irgendwo hier noch eine letzte Falle zuschnappen sollte. Aber er konnte keinerlei Magie mehr verspüren. Es war, als seien diese kleinen Zauberer vom Winde verweht worden. Nur zwei Stoffpäckchen lagen da, eines in rot-weiß, eines in blau-weiße Seide gewickelt. Wobei, wenn da Großvaters Fürstenring drin steckte, war das ziemlich groß. Sollte da etwas ganz anderes verpackt sein? Nun gut, wenn eine Falle lauerte, mussten sie schnell zugreifen, ehe sie den Kampf annahmen.   Myouga blieb etwas zurück, unsicher, da er eine drohende Gefahr zu spüren meinte. Aber wo? Und was? Er konnte nichts entdecken, außer den beiden Päckchen auf die die Hundebrüder zusteuerten. Ach du liebe Zeit! Ihm brach der Schweiß der Erkenntnis aus. Woher sollten die Jungs denn wissen für wen welches Paket gedacht war? Nachdenken, beschwor sich der alte Flohgeist, sich mit den beiden freien Armen die schütteren Haare raufend. Der Herr hatte sie bestimmt so hingelegt, dass er glaubte, es sei vollkommen klar, da er sonst einen Hinweis hinterlassen hätte. Nur, wie? Er selbst konnte die Halbbrüder ja nicht ohne überaus gute Erklärung stoppen! Und nur sagen: wartet mal, hätte ungefähr den ähnlichen Erfolg als ob er versuchte Toutousai dazu zu bringen sich an etwas zu erinnern, an das der nicht wollte. Nachdenken, Myouga, schnell! So. Der Herr hatte hier ganz bestimmt den Fürstenring seines Schwiegervaters nach dessen Tod verborgen, einen anderen Grund konnte der alte Flohgeist für diese Reise und das Verschwinden des Regierungssymbols nicht entdecken. Also war der Taishou davon ausgegangen, dass sein Sohn als Erbprinz und Inu Yasha als ebenfalls höfisch erzogener Junge, der für die Rolle des zweiten Mannes des Fürstentums vorgesehen war, hier ankamen. Das bedeutete – der Fürst ging voran und der Taishou zwei Schritte hinter ihm auf seiner linken Seite, um Rücken und ungedeckte Seite seines Herrn schützen zu können. Leider befanden sich diese Narren natürlich nebeneinander und Inu Yasha stand rechts von seinem Halbbruder, als beide gleichzeitig nach den Seidenpäckchen griffen. „Nein! Nicht!“ keuchte Myouga vor Panik fast lautlos, der sozusagen aus den Augenwinkeln soeben die Katastrophe des Jahrtausends fröhlich um die Ecke schlendern sah.   Kapitel 16: Vater werden ist nicht schwer ... --------------------------------------------- Myouga hatte nur zu Recht. Besagte Katastrophe des Jahrtausends sah plötzlich auch der Verursacher des gesamten Debakels, der Vater der zwei Chaotenbrüder, auf sich selbst, die Erde, das Jenseits und den ganzen Rest zurollen, als er bei einem alten Freund in der Unterwelt eigentlich zufrieden die Bilder betrachtete, die der alte Dämon in Diamantenform förmlich aus seinem Haupt zu einem Spiegelbild im wahrsten Sinn des Wortes schüttelte. „Inu Yasha geht ja rechts von ihm!“ entfuhr es dem verstorbenen Taishou. Das war nicht nur unhöfisch, das hatte er doch nie so geplant! „Hosenki, was machen sie da?“ Der Dämon hätte fast geseufzt. „Ich kann nur zeigen was geschieht, alter Freund. Immerhin haben sie alle Prüfungen, inklusive der Kühe und der Milch, bewältigt“ Ja, das gab der Taishou zu, und es sah ja eigentlich auch ganz gut aus – bis zu diesem Moment, als Inu Yasha absolut nicht protokollgerecht an der rechten Seite seines Halbbruders, noch dazu gleichauf, ging. Was dachten sich diese Bengel denn nur? Wer hatte die erzogen? Ein Heerführer hatte den Rücken und die schwache Seite seines Fürsten zu schützen. Wusste das Inu Yasha etwa nicht? Izayoi hatte es ihm ja leider nicht beibringen können, so als Frau, und auch durch ihren frühen Tod, und zugegeben, der Großvater mütterlicherseits war auch wohl weniger an der Ausbildung des Halbdämons interessiert gewesen. Aber er hatte doch höchstpersönlich noch Myouga gebeten auf den Kleinen aufzupassen und dem dämonische Verhaltensweisen beizubringen? Und, zu allem Überfluss, wieso duldete Sesshoumaru diesen Verstoß? Hatte dem auch niemand gesagt, wie er sich als Fürst zu benehmen hatte? Das konnte sich der verstorbene Taishou zwar bei seiner ersten Gemahlin kaum vorstellen, aber es blieb der Fakt, dass die Jungs falsch herum auf die Päckchen zugingen. So war das nie geplant gewesen! Und er hatte keine Möglichkeit einzugreifen! Warum tat dieser unselige Floh denn nichts? Die Zwei würden doch bestimmt auf ihren Ausbilder hören. Die jähe Erinnerung daran, wie er selbst mit seinem Berater umgesprungen war, ließ ihn dann doch realistisch werden. Und deprimiert. Mit etwas Pech noch drauf würde er nur zu bald schon alle beiden Söhne hier unten begrüßen müssen. Die nächste Bewegung seiner zwei Kinder überraschte den Dämon, der angeblich zu Lebzeiten jeden Plan seines Gegners deuten konnte, vollkommen.   Ohne einen Blick auf den rechts neben ihm stehenden Halbbruder zu riskieren packte Sesshoumaru mit beiden Händen zu. Zu kostbar erschien ihm der Fürstenring des Westens, der Lohn der Ärgernisse und lebenslangen Bemühungen, als dass er es auf einen Versuch ankommen lassen wollte nach dem falschen Seidentuch zu greifen. Leider hatte er dabei nicht bedacht, dass die mehr als zwei Meter langen und zwei Hände breiten, kostbaren, Seidentücher nur um den Inhalt gewickelt waren – nicht verknotet. Etwas Goldenes fiel aus dem rot-weißen Päckchen und sowohl der junge Hundedämon, als auch dessen Vater und Hosenki im Jenseits, erhaschten entgeistert gerade noch einen Blick auf den kollernden Ring, ehe der in einer schmalen Spalte unter den Steinen verschwand, gefolgt von etwas deutlich Größerem in Rot und Weiß.   „Mensch!“ keuchte Inu Yasha, der sich instinktiv flach zu Boden geworfen hatte, um den Ring zwischen und unter den Brocken der Ruinen noch zu erwischen, wie immer mehr interessiert am Resultat als an der Außenwirkung. „Ich meine, dämlicher Dämon, pass doch auf! Ich habe ihn!“ Er hatte ihm und lag ihm zu Füßen, mit dem Gesicht im Staub – Sesshoumaru fiel für einen Moment ein Stein vom Herzen, ehe er realisierte, dass sich sein Halbbruder weder erhob noch die Klaue aus der schmalen Spalte zog. „Gib ihn mir.“ Wollte der ihn doch für sich? Ring, Titel und Macht? Es wäre nur zu dämonisch gedacht. „Du Riesenhundeidiot!“ Der Jüngere war etwas genervt, zumal von der Tatsache buchstäblich Staub zu atmen. „Ich habe das blöde Teil deines Opas gerade noch erwischt. Wie, weiß ich nicht. Aber ich habe ihn jetzt in der Faust - und die Faust passt nicht mehr zurück durch den Spalt. Klar?“ Das bedeutete in etwas nüchterneren Worten, wenn der Halbdämon die Finger öffnete, um seine Klaue wieder aus der Spalte zu ziehen, würde er den Ring loslassen. Sesshoumaru empfand sein Schicksal schlicht als ungerecht. So kurz vor dem Ziel scheitern? Um möglichst unauffällig nachzudenken, wickelte er deutlich behutsamer das blau-weiße Päckchen aus, samt der kurzen Kette und dem Medaillon des Heerführers, die er in der Hand behielt, ehe er beide Seidentücher nachlässig zu Boden gleiten ließ. „He!“ machte Inu Yasha auf sich aufmerksam. „Die Haltung hier ist nicht gerade bequem. Vielleicht entwickelt der hochgeborene Herr Hundedämon mal etwas Kreativität? Mir die Hand abzuschlagen hilft übrigens nicht weiter. Das Loch hier scheint recht tief zu sein.“ Auch das noch. Der Ältere war nicht angetan, dass sein erster Plan fruchtlos blieb, ja, bleiben musste. Immerhin, Inu Yasha kannte ihn wirklich gut. Und er schien den Ring nicht behalten zu wollen. „Myouga!“ Der Flohgeist kam gehorsam, wenngleich schweiß-überströmt, näher. „Äh, ich kann da auch nicht helfen. Diese Spalte ist ziemlich eng, und mir der Ring zu schwer. Wenn ich versuche ihn Inu Yasha-sama aus der Hand zu nehmen, fällt er womöglich auch hinunter.“ Und das wäre sein Ende und das aller Personen auf dieser Insel. Überdies wäre der Herr bestimmt nicht begeistert, wie dieser Auftrag auf der Nebelinsel abgelaufen und vor allem geendet hatte. Das gäbe eine sehr lange Jagd in der Unterwelt – mit einem armen Flohgeist als Opfer. Erst zwei Mal, wenn auch nur einem dieser Idiotenbrüder, geschweige denn allen Beiden, was passieren würde.   „Immerhin“, konstatierte im Jenseits Hosenki. „Inu Yasha hat den Ring.“ „Wenn ich nicht schon tot wäre, hätte ich gerade geglaubt einen Herzanfall bekommen.“ Der einstige Taishou starrte auf den Spiegel aus Diamantsplittern und das schier unfassbare Bild dort. „Diese Zwei sind wahrlich nichts für schwache Nerven.“ Aber die Frage stellte sich wirklich: wie bekam man den Ring wieder heraus? Inu Yasha hatte vorbildhaft gehandelt und den Fehler seines Fürsten ausgeglichen, das war anzuerkennen. Im Gegensatz zu der etwas gierigen Handlung seines Ältesten, der sich wohl um jeden Preis die Entscheidung vorbehalten wollte. Nur, was nun? Bei der Vorstellung wie auch bloß eine seiner Gemahlinnen auf die Tatsache reagieren würde, dass ihr Sohn bei einem missglückten Plan, seinem missglückten Plan, umgekommen wäre, bekam er jetzt schon Kopfschmerzen. So reizend die Damen auch sein konnten, so sanft und gehorsam, in Punkto Sohn verstanden sie nicht den mindesten Spaß. Mehrehe war grausam, da konnte er jeden Mann im Jenseits und wohl auch im Diesseits fragen.   Sesshoumaru hatte unterdessen hastig nachgedacht. Nüchternheit, Logik und Vernunft durften ihn jetzt nicht im Stich lassen, wie gerade eben, als er zu hastig zugegriffen hatte. Sonst war er des Ringes und des Fürstentitels nicht nur verlustig sondern auch demonstrativ unwürdig. Den Empfang im Jenseits mochte er sich gar nicht vorstellen. „Inu Yasha, dreh die Hand.“ „Äh, wie?“ Törichter Halbdämon! Aber da sollte er im Moment lieber schweigen. „Die Finger nach oben. Gelingt dir das?“ „Ja, gerade so. Schön. Und jetzt?“ Nur den Kerl jetzt nicht dazu bringen einfach die Finger zu öffnen. „Jetzt kann der Ring erst einmal nicht hinunterfallen. - Halt still.“ Der Jüngere wollte schon: „Aber immer doch, großer Bruder“, sagen, als er erkannte, dass sich der Hundeprinz direkt neben, nein, über ihn stellte. Aus den Augenwinkeln sah er ein ihm leider nur zu vertrautes grünes Leuchten um dessen rechte Hand. „He!“ Sozusagen fest auf dem Boden fixiert zu sein und über sich ätzende Säure zu wissen, gehörte eigentlich nicht zu seinem Plan. Ein Fürst wiederholte keinen Befehl, zumindest hatte Mutter ihm das immer gepredigt, aber das war wahrlich eine Sondersituation. „Halt still und deinen Mund!“ Oder stirb, aber das konnte er ihm im Augenblick nicht androhen, denn sonst wäre der Ring weg. Trotz allem schätzte er den Halbdämonen doch für so schlau ein, das auch zu wissen. Überdies war Inu Yasha bestimmt ebenso klar, dass eine versehentliche Berührung mit der Giftklaue für ihn schmerzhaft, aber nicht tödlich sein würde. Prompt murmelte der in den Boden: „Naja, ich habe schon deine Klaue im Bauch überlebt, da krieg ich das hier auch hin.“ Die Trümmer oberhalb seiner Hand sollten also entfernt werden – und, da der Herr Fast—Fürst es wohl für zu peinlich hielt Steine einfach wegzuräumen wurden sie eben per Säure aufgelöst. Hoffentlich dachte der an seine arme Pfote, die darunter und dazwischen war. Und das alles für den Ring eines Opas, den er nie gesehen hatte, ja, nicht einmal der seine war. „Ist es denn wirklich so toll der Herr des Westens zu sein?“ „Der erste Schritt.“ Sesshoumaru ließ offen, ob es sich auf die Frage oder das Trümmerteil bezog, das sich soeben unter seiner Giftklaue auflöste.   Myouga rang derweil im Hintergrund die zwei freien Hände. Warum nur konnten diese zwei Chaotenbrüder nie etwas so machen, wie man es mit Fug und Recht von ihnen erwarten durfte? Wieso suchten sie sich immer todsicher die Alternative, die mit Zerstörung einherging? Was sagten wohl die Magier dazu, wenn man den Rest ihrer Ruine auch noch abriss? Was der Herr im Jenseits, wenn er das je irgendwann mitbekommen würde? Nur eines war klar: egal, was auch immer passierte: ein armer, alter Flohgeist war bestimmt schuld. Gleich, ob der Herr, die Dame oder einer der Halbbrüder. Da waren sich alle einig. Hundeblut!   „Nun, auch ein origineller Einfall kann gut sein.“ Der verstorbene Taishou atmete tief durch. „Jedenfalls arbeiten sie zusammen, wie ich es mir immer gewünscht habe. Dann hat der Trick mit den Schwertern doch funktioniert, ich hatte bei dem Zwischenfall mit So´unga nämlich meine Zweifel bekommen. Sie haben da so lange gebraucht um zu verstehen, dass sie es mit ihren beiden Schwertern gemeinsam angehen müssen. Und sieh nur, Hosenki, welches Vertrauen Inu Yasha zu seinem großen Bruder hat. Ich kenne kaum Leute, die so still halten, wenn er seine ätzende Säure einsetzt. Sie arbeiten sicher jetzt schon jahrelang Seite an Seite. Das kann ja nur gut werden. Sie sind noch jung und müssen lernen, aber das ist normal. Ich bin eben leider zu früh verstorben.“ „Was mich daran erinnert: ich habe Ryuukotsusei neulich hier getroffen.“ „Oh. Hatte sich der Bann doch gelöst?“ „Ein Pavian, wie der Drache ihn nannte, hat den Bann gelöst. Also musste ein Problemlöser her. Du warst ja tot.“ „Der Kerl hat mich praktisch umgebracht,“ knurrte der Taishou prompt. „Aber, wenn er hier ist: Sesshoumaru?“ „Inu Yasha war so frei.“ „Der Kleine hat Ryuukotsusei geschafft! Nun, ich hoffte ja immer, dass er und Tesaiga ein gutes Gespann werden. Er wird sich ausgezeichnet als Heerführer des Westens machen.“ Der Erzeuger klang stolz, wurde aber rasch ernst. „Das heißt, hier läuft jetzt ein Drache frei herum?“ „Lieber, alter Freund, ich muss dich daran erinnern, dass wir im Jenseits sind, und hier niemand frei herumläuft - außer dir und gewissen Leuten, für die du gebeten hast. Nein, er ist auf der Dracheninsel. Die Herrin der Unterwelt hat ihnen wohl den Diebstahl So´ungas noch nicht verziehen. Und frag mich jetzt nicht, was ich auf der Dracheninsel wollte. Ein bisschen mich umsehen. Da gibt es hübsche Kristalle. - Und ja, ich denke, Inu Yasha wird mal ein fähiger Heerführer. Allein diese bunte, aber recht taugliche, Truppe, mit der er bei mir war … Sesshoumaru kam dann ja auch vorbei. Ach ja, vergangene Zeiten.“ „Ah, jetzt kann Inu Yasha gleich seinen Arm herausziehen. Mal sehen, was dann passiert.“   Myouga sah, dass der Halbdämon seine Klaue herauszog und aufsprang. Jäh fiel ihm eine entsetzliche Möglichkeit ein. „Wartet einen Moment! Bitte!“ Er schrie dermaßen schrill, dass der Jüngere erstarrte und zu ihm blickte. „Was ist denn jetzt schon wieder?“ „Äh, Sesshoumaru-sama, könnte es sein, dass ein magischer Bann auf dem Ring liegt? Der, der ihn zuerst in die Hand bekommt nach dem Tod des Eigentümers, wird der Fürst?“ Dann wäre der Jüngere der Herr des Westens und an den Ring gebunden bis zu seinem eigenen Ableben – das vermutlich nicht allzu lange auf sich warten würde, denn sein Halbbruder würde alles daran setzen ihn um die Ecke zu bringen. Der und dessen Mutter. Das konnte doch nicht einmal Inu Yasha überleben. Diese Frage brachte alle beide Hundejungen dazu wie Salzsäulen zu erstarren, beide mit dem einigen Gedanken: „Oh nein, bitte das nicht!“ Inu Yasha seufzte. „Manchmal, Onkelchen, machen du und Toutousai mich fertig mit Eurer Vergesslichkeit. Ich meine, Sesshoumarus Mutter ist eine nette Frau, und Kagome würde bestimmt auch für sie kochen, sie macht das echt gut, aber zu ihr ziehen ...“ Sowohl Sohn als auch Berater der als „nett“ betitelten Hundefürstin überlegten vergeblich, wer das außer ihrem Gemahl je über sie gesagt hatte, während sie gleichzeitig versuchten das Bild einer Ramen speisenden Dame zu verscheuchen, die von Kagome Essen bekam. Zu Glück für alle Beteiligten bekam der Halbdämon dadurch die Chance seinen Satz zu ergänzen: „Aber das will ich nicht. Fürst kann werden, wer will, ich reiß mich da wirklich nicht drum. Magie hin oder her, das Ding kann man doch verschenken, oder? Hier.“ Er hielt die offene Hand mit dem Fürstenring seinem Bruder hin. Sesshoumaru sah diese Sache naturgemäß anders. Während er diesmal langsam zugriff, meinte er: „Überdies: es kann kein Bannspruch darauf liegen, denn sonst hätte mein, unser, verehrter Vater, den Ring ja auch nicht hierher bringen können. Dies geschah erst nach Großvaters Tod.“ Seine Erleichterung verriet sich nach außen nur in der ungewohnt langen Rede, als er den goldenen Siegelring an die linke Hand steckte. Inu Yasha hatte sich derweil nach den Seidentüchern gebückt und schob sie in den Ärmel. Kagome sollte doch wenigstens etwas von dieser Inselreise haben. „Keh, jetzt bist du also Fürst, na, toll. Siehst aus wie immer.“ „Wartet ab, bis das alle im Schwebenden Schloss sehen“, erwiderte Myouga. „Was mich daran erinnert: wie kommen wir wieder von dieser Insel weg? Da liegt doch so ein Bannkreis drumherum. Und ich habe diesmal keinen Flugdämon, der ...“ Er musterte seinen Halbbruder. Das würde, konnte, der Bast … Vaters zweiter Sohn nicht meinen, dass er seinen Antrittsbesuch als Fürst als Reittier eines Halbdämons machte! Überdies: die Aufgaben waren gelöst, dann sollten sie auch hier wieder weg können. Oder nein, etwas musste er wohl noch tun. „Hier.“ Er gab dem Jüngeren das Medaillon. „Heerführer, ja?“ Aber Inu Yasha hängte es um. Es passte genau oberhalb der Bannkette mit den Reißzähnen, nahe am Hals. Gewöhnlich trug ein Taishou anscheinend Rüstung und da sollte es oben zu sehen sein. „Heerführer, ja. Und die rechte Hand des Fürsten, der zweite Mann“, erklärte Myouga hastig, ehe noch eine weitere Unwissenheit auftauchte. „Derjenige, der Rücken und die linke Seite des Herrn im Kampf beschützt.“ „Na, dann sehen wir mal, ob mir das jemand abkauft.“ Das könnte interessant werden, falls jemand den Halbdämon herausfordern wollte, um selbst diese Position zu ergattern, dachte der neue Herr des Westens. Inu Yasha und sein Glück im Kampf auf die richtigen Einfälle zu kommen, waren eine Sache, eine andere Tessaiga und seine Fähigkeiten. Überdies würde er ja sehen, wer es wagte seiner Anordnung zu widersprechen. Aber nein, das sollte er vermutlich seinem kleinen Bruder überlassen, um den auch zu beschäftigen. Jedenfalls war doch wohl nun nichts mehr auf dieser Insel zu erledigen? Ein etwas mehr als hundert Schritt vor ihnen an der Mauer des Hofes auftauchendes Portal bestätigte seinen Gedanken. Ohne weiter zu zögern machte er sich auf den Weg. „Gehen wir.“   Die Hundedame hob nur ein wenig den Kopf. Ein überaus starker Dämon näherte sich rasch. Und noch eine zweite Energie war dabei. Sollte sie nachsehen gehen oder waren das ihr Einziger und der Jüngere? Wenn ja, hatten sie die Aufgabe erfüllt, denn Sesshoumaru würde es nicht wagen sich und sie vor jedem Dämon im gesamten Land bloß zu stellen. Sie waren es, stellte sie kurz darauf fest, als die Zwei langsam aus dem Wald traten, diesmal in der richtigen, höfischen Reihenfolge. Sie erkannte etwas Goldenes am Hals des Halbdämonen und schloss daraus, dass sich, aus dieser Distanz noch unsichtbar, der Fürstenring an der Hand ihres Sohnes befinden musste. So erhob sie sich, um den Sitz, den sie s lange behütet hatte, frei zu geben. Mit dieser noblen Geste, die allerdings keiner der Halbbrüder so ganz verstand, erwies sie dem Zeremoniell des Fürstenhofes, das sie seit ihrer Geburt geleitet hatte, ihre Reverenz. „Keh“, murmelte Inu Yasha. „Eine Menge Krieger, alles Dämonen. Und die solll ich herumkommandieren? Die werden sich bedanken.“ „Wirst du mit einem von ihnen nicht fertig?“ erkundigte sich Sesshoumaru kühl. „Ich werde sogar mit dir fertig!“ Denn der Bann auf seinem Schwert war verschwunden und er könnte dem Idioten schön einheizen. Ach du je, und das fast schon in Hörweite des Schlosses! Hastig warf Myouga ein, der auf der Schulter des Jüngeren saß: „Bitte, solche … äh, brüderlichen Diskussionen nur, wenn ganz sicher niemand zuhört. Ihr seid nun eine wichtige Persönlichkeit, Inu Yasha-sama!“ „Ach, und dann darf ich nicht mehr sagen, was ich denke? Soll ich dir mal was sagen, Onkelchen, was ich denke? Wenn ich hier Ärger kriege oder mit Kagome – du bist ganz allein Schuld! Du hättest mich vorwarnen müssen, als du mich abgeholt hast.“ Aber Inu Yasha entspannte sich. Es stimmte ja wohl und so versuchte er ernst und wichtig auszusehen. Ja, dachte der arme Floh. Natürlich. Immer war der Berater Schuld, nie der Fürst. Mit gewisser Überraschung und außerordentlicher Dankbarkeit stellte er fest, dass der Bann, der um ihn gelegen hatte, plötzlich verschwunden war. Der Herr des Westens hielt ihn wohl nicht mehr für fluchtgefährdet. Also gab es hier keine Gefahr mehr. Nun ja. Nicht mehr, als er früher schon hier erlebt und überlebt hatte. Aha, die Dämonen, Krieger und Höflinge, hatten die Geste der Dame bemerkt und als Sesshoumaru jetzt ein wenig die Linke hob, knieten alle nieder und verneigten sich tief. „Hm“, murmelte der Halbdämon, wohlweislich leise. „Sag mal, Myouga, machen die das immer so?“ „Sesshoumaru-sama ist nun der Fürst. Im Kriegsfall wird das bei Kriegern anders gesehen, wie Ihr Euch vielleicht erinnert. Aber im Schloss, ja.“ „Und ich soll auch beim großen Fußboden-Lecken mitmachen? Nie.“ Ach du je. „Bei Familienangehörigen wird das manchmal anders gesehen, ja.“ Der Flohgeist warf einen raschen Blick zu dem älteren Bruder. Das ging ja schon gut los. Der Hundedämon hatte nichts anderes erwartet, schließlich kannte er den Stolz und die Sturheit des Jüngeren, die ihm nicht nachstanden. „Du wirst überdies kaum im Schloss sein. Die Grenzen gehören neu gesichert.“ Es hieß bei jedem Machtwechsel erprobten die Nachbarn gern den neuen Herrn. „Und was machst du?“ Das klang nach einer Menge Arbeit. Und Kagome-Hüten war auch vermutlich gestrichen. „Gemeinsam.“ Wie das klang. Seltsam warm. So empfanden es beide Hundejungen.   Epilog: -------- Epilog   Myouga schrak zusammen. Irrte er sich, oder kam da etwas auf ihn zu? Schmerzhaft stellte er fest, dass seine Stirn gegen eine dunkle, harte Wand geprallt war. Hinter ihm glühte etwas rot. Du lieber Himmel, was war denn jetzt passiert? Er hatte gehofft, im Schloss etwas ruhiger leben zu können, zumal die Halbbrüder ja eben noch einig drauf zu geschritten waren, ja, selbst der Dame ein flüchtiges Lächeln entkommen war …. Sekunde. Sie hatte gelächelt? Wo war er jetzt und was hatte sie mit ihm gemacht? War er in der Unterwelt? Behutsam und mehr als nass am Rücken, drehte sich der kleine Flohgeist um, nur um festzustellen, dass ein riesiger, schwarzer, Schatten sich drohend vor ihm aufrichtete. „Waha ....!“ Das war zu viel! Er setzte sich auf sein Hinterteil und prallte rücklings erneut gegen die Wand. Sein Herz raste. „Bist du eingeschlafen, Myouga?“ erkundigte sich eine wohlbekannte Stimme. „So alt ist du doch auch wieder nicht.“ „Tou … Toutousai!“ Sollte er jetzt erleichtert sein oder nicht? Hatte die Dame auch den Schmied in die Unterwelt geschickt? „Wen erwartest du denn in meinem Fisch?“ brummte der alte Dämon und schüttelte den Kopf. „Wirklich. Da kommst du mich besuchen und dann so etwas. Du musst seniler sein als ich dachte.“ „Aber, der Herr … die Hundebrüder … der Brief?“ stammelte Myouga verstört. „Dein Traum muss ja recht intensiv gewesen sein.“ „Oh ja, ein einziger Alptraum!“ beteuerte der Flohgeist und atmete tief durch. Alles war nur ein Traum gewesen, aber was für einer! Das würde man ja seinem ärgsten Feind nicht wünschen! Moment mal. „Äh, was hast du denn da eigentlich in der Hand?“ Toutousai betrachtete seine Finger als sähe er sie das erste Mal. „Oh, ja, das ist ein Brief, den habe ich unter meinem Bett gefunden. Weil du so tief geschlafen hast, wollte ich mich mal an den Haushalt machen und habe aufgeräumt. Stell dir vor, das ist ein Brief des Herrn, adressiert: „An meine Söhne!“ „N-E-I-N!!!!“     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)