Last Golden Summer von Aphrodi (Tanabata-Aktion 2016) ================================================================================ Ômachi Under The Night Sky -------------------------- Akaashi hatte insgeheim gewusst, dass Bokuto früher oder später von den vielen Onsen in ihrer Nähe erfahren würde und er musste leider Recht behalten. Die Volleyballjungs hatten sich von dem Kauz in ein Gespräch verwickeln lassen, bei dem viel zu früh die Worte heiße Quelle gefallen waren. Der Kizaki See war nämlich mit einer verbunden. Danach hatte Bokuto ihn so lange genervt, bis Akaashi resignierend einwilligen musste, um an diesem Tag noch eine ruhige Minute genießen zu können.   Akaashi hatte nichts gegen einen Besuch im Onsen, er selbst war der Entspannung im heißen Quellwasser sogar sehr zugetan. Doch die Vorstellung von Bokuto, der sich wie ein Elefant im Porzellanladen benahm, störte das idyllische Bild in seinem Kopf.   Es hätte so schön sein können.   Natürlich hatte Akaashi Recht behalten. Nichts an diesem spontanen Ausflug war schön. Bokuto war zu euphorisch, als sie das Gebäude betraten und dementsprechend laut waren seine begeisterten Ausrufe. Er war schamlos, als sie ihre Körper vor dem Betreten der heißen Quelle in einem Vorraum reinigten, blickte ungeniert in der Gegend herum und präsentierte seine eigene Nacktheit viel länger als eigentlich nötig.   Bokuto stieg viel zu hektisch in das Wasser der Quelle – Gott sei dank sprang er nicht! - und redete nicht nur zu laut sondern auch deutlich zu viel. Akaashi konnte die entnervten Blicke der Leute um sie herum sehen, immer wieder erwiderte er sie entschuldigend. Ruhig bekam er Bokuto allerdings nie lange genug.   Als Folge dessen verließ Akaashi die heiße Quelle keinen Deut entspannter als er gekommen war. Im Gegenteil – seine Nerven waren strapazierter als zuvor. Bokuto hingegen war total glücklich und zufrieden und leider noch genau so lebhaft wie immer.   Es war schon beinahe dunkel geworden, als sie sich auf den Rückweg vom Onsen machten. Viele der Camper waren bereits in ihren Zelten verschwunden, die Gruppe Hobby-Beachvolleyballer saß gemeinsam vor ihren und war in ein munteres Gespräch vertieft, die Gesichter dabei blass von einer Campingleuchte erhellt. Ihr eigenes Lager hatten sie weiter abseits aufgeschlagen. Akaashi wollte nicht zu nah an all den anderen Zelten schlafen, wenn er wusste, dass Bokuto seine Finger aufgrund der kuscheligen Enge nicht immer bei sich behalten konnte und Bokuto war es schlichtweg egal, wo ihr Zelt stand, so lange sie am See campen konnten.   „Akaashiiii! Können wir am See essen?“, kam es wie üblich laut fragend von Bokuto, der Halb in seinem T-Shirt versteckt war, bei dem Versuch es sich über den Kopf zu ziehen. Letztendlich schaffte er es ohne Akaashis Hilfe heraus und ein sauberes, noch unverschwitztes Shirt verdeckte seine Brustmuskeln erneut.   „Wenn du möchtest, Bokuto-san.“   „Wir essen am See!“, brüllte er und warf dabei wie immer euphorisch die Arme in die Luft. Und so stampfte er davon, ohne auch nur ein einziges Onigiri selbst zu tragen. Akaashi seufzte kurz, aber ernsthaft, er war es nicht anders gewöhnt. Längst hatte er sich mit Bokutos Marotten abgefunden und erwartete nicht mehr, dass er ihm bei irgendwas half. Und es war ja nicht einmal böswillig – er kam nur nicht auf die Idee, dass er auch etwas tragen könnte. Akaashi ging ihm nach, einen Teil der Onigiri auf dem Arm, die sie eben noch beim nächsten Konbini geholt hatten. Der andere Teil war von ihm in ihrem Gepäck versteckt worden, damit noch etwas für das Frühstück übrig blieb. Wenn Akaashi eines gelernt hatte, dann dass Bokuto zwar ein sehr einfach gestrickter Esser war – er aß, was man ihm gab –, aber auch ein sehr maßloser.   Auf dem Steg hatte er schließlich wieder zu Bokuto aufgeschlossen, setzte sich im Schneidersitz neben ihn und reichte ihm eines der Onigiri. Total zufrieden mit Gott und der Welt begann der zu mampfen und schaffte es tatsächlich ruhig zu sein. Einfach nur ruhig, sodass Akaashi ebenfalls ganz entspannt zu essen beginnen konnte. Sein Blick lag auf dem See und dem sich darüber befindlichen, immer dunkler färbenden Himmel. Vereinzelte Sterne leuchteten schon schwach am Firmament, von dem sich die letzten Sonnenstrahlen längst verabschiedet hatten.   Es war idyllisch - fast zu idyllisch, wenn man bedachte, dass Bokuto neben ihm saß.   Im Hintergrund war ab und zu ein lautes Lachen zu hören, das von der Volleyballgruppe stammte, doch es störte nicht. Es half gerade so über die ungewohnte Stille hinweg, dass es angenehm war.   „Sag, Akaashi“, unterbrach Bokuto schließlich die Stille, nachdem er sein drittes Onigiri verschlungen hatte. Natürlich war ihm immer wieder Nachschub gereicht worden. „Können wir nochmal herkommen?“   „Hat es dir hier so sehr gefallen?“   Als Antwort kam ein eifriges Nicken von Bokuto, das trotz seiner Intensität nicht die paar Reiskörner herunterfallen ließ, die um seinen Mund herum verteilt klebten. „Und ich konnte noch gar nicht mit dem Kanu fahren.“   Akaashi schwieg einen Moment lang, in dem er ihn nur ansah und begann dann zärtlich mit dem Finger die Reiskörner wegzustreichen. „Dann kommen wir nochmal her“, bestätigte er leise und beugte sich vor, sodass sich ihre Lippen für einen Augenblick trafen, der viel zu schnell wieder endete. Total selbstzufrieden grinste ihm Bokuto entgegen und nachdem sein Mund wieder freigegeben war, begann der vorfreudige Schwall aus Worten, in dem er aufzählte, was sie dann alles tolles machen würden. Akaashi selbst schwieg und lehnte einfach nur seinen Kopf an Bokutos Schulter, zum Sternenhimmel aufsehend.   Am Ende war es stockfinster um sie herum und Bokuto abgeschweift in alte Geschichten aus dem Trainingscamp, denen Akaashi mehr oder minder interessiert lauschte. Viele von ihnen beinhalteten Kuroo und blöde Ideen, die sie in die Tat umgesetzt hatten, um irgendwen zu foppen. Und gefühlt die Hälfte davon hatte er längst schon einmal gehört.   Erst Bokutos Aufschrei ließ Akaashi aus seinem halben Schlummer aufschrecken und sich erneut aufrecht hinsetzen. Etwas perplex – er konnte noch nicht ausmachen, was der Auslöser war – , sah er zu seinem Freund, den er im seichten Mondlicht nicht mehr scharf wahrnehmen konnte.   „Akaashi! Warte hier, ich hol eben was!“, platzte es aus Bokuto heraus und bevor der Angesprochene reagieren konnte, war er schon aufgesprungen.   „Sei vorsichtig, Bokuto-san“, war alles, was er ihm noch nachsagen konnte. Es war so dunkel, dass der Steg unter seinen Füßen nur noch unter viel Konzentration irgendwie mehr schlecht als recht zu erkennen war und eine triefnasse jammernde Eule war das Letzte, was er jetzt wollte.   „Natürlich! Ich schaff das schon, immerhin bin ich der Beste!“   Und er schaffte es tatsächlich heile und trocken über den Steg bis zum Ufer. Ein wirklich gutes Gefühl hatte Akaashi trotzdem nicht, denn man konnte sich nie sicher sein, was er jetzt wieder ausheckte. Unruhig blieb er eine Weile am Steg sitzen und beobachtete, wie sich in der Ferne ihr Zelt erhellte. Er machte sich ein wenig Sorgen um die Onigiri und als es ihm schließlich zu lange dauerte, stand er auf und setzte sich ebenfalls vorsichtig in Bewegung. Sein ungutes Gefühl verstärkte sich.   Als er ihr Zelt erreichte, hing Bokuto halb darin und nur sein Hinterteil schaute heraus. Mit hochgezogener Augenbraue verfolgten Akaashis Augen skeptisch den Schatten, der vom Inneren an die Zeltwände gestrahlt wurde. „Bokuto-san... Was suchst du?“   „Wirst du gleich sehen.“   „Wenn du es mir sagst, kann ich dir vielleicht helfen.“   „Nein, ich- Ah! Da ist es!“, kam es freudig und zufrieden von Bokuto. Was auch immer er gefunden hatte, es musste etwas besonders Tolles sein, so wie es gefeiert wurde. Als Bokuto nach hinten rutschte und den Kopf aus dem Zelt zog, konnte Akaashi es sehen. Entgeistert zogen sich seine Mundwinkel nach unten.   „Bokuto-san, du brichst die Regeln“, kommentierte Akaashi mit Blick auf das Handy, welches Bokuto in seiner Hand hielt. Sein Handyverbot galt noch immer und war sogar so weit verschärft worden, dass Akaashi es in Gewahrsam nehmen musste. Ein Blick in das Zelt zeugte davon, wie wild Bokuto all seine Sachen danach durchwühlt und ein riesiges Chaos angerichtet hatte.   Akaashi seufzte. Schwer. Dann streckte er die Hand aus. „Gib mir das Handy.“   „Geht nicht! Ich brauche es, wirst du gleich sehen.“   Langsam aber sicher war es aus mit Akaashis Geduld. Dass Bokuto überhaupt eine Regel so eisern brach und nicht auf ihn hörte, kam so gut wie nie vor. Eigentlich hatte er seinen Freund gut unter Kontrolle – bis auf diese wenigen Momente, in denen er etwas unbedingt wollte. Dann widersprach er und ließ sich auch nicht auf einen Handel ein. Akaashi war noch damit beschäftigt, sich ein verlockendes Angebot für ihn zu überlegen, als plötzlich Musik aus dem Handy ertönte. Langsame Musik. Irgendeine alte Ballade, die Akaashi schon mal gehört hatte und nicht mehr zuordnen konnte. Dass Bokuto das Lied überhaupt kannte, erschütterte ihn nur noch mehr. Ungläubig sah er zu ihm runter und suchte nach einer Antwort auf die unausgesprochene Frage, was Bokuto damit wollte.   „Tanz mit mir, Akaashi!“   Und die Augen wurden größer und wohl erstaunter, als sie jemals abseits des Volleyballfeldes gewesen waren.   „Wo hast du denn das her?“, fragte er ein wenig ungläubig. Diese Idee konnte nicht von Bokuto stammen, da war er sich sicher. Und er konnte immer noch nicht glauben, dass Bokuto das ernst meinte, doch sein Blick sprach genau das. Ich meine es ernst.   „Aus einem Film. Hab ich letztes Wochenende gesehen.“   „Du hast dir einen kitschigen Liebesfilm angesehen?“   „Nicht absichtlich! Ich hab so rumgeschaltet und dann hab ich es gesehen.“   Es war typisch für Bokuto, dass er Dinge im Fernsehen sah und sie nachmachte. Meist waren es irgendwelche Szenen, die er mit Komi nachspielte, weil sie so lustig oder cool waren. Manchmal waren es irgendwelche verrückten Ideen, die er dank Fantasyfilmen bekam, sei es der Versuch mit einem Besen zu fliegen oder am Ende des Regenbogens einen Schatz suchen zu wollen. Aber das hier war neu.   „Bokuto-san... Das passiert nur in Liebesfilmen für Frauen. Niemand tut so etwas wirklich.“ Jedenfalls nicht zwei Männer, schoss es ihm noch durch den Kopf, aber sein Gegenüber wollte sich auch davon nicht abbringen lassen. Man konnte es ihm im Gesicht ablesen, das angespannt und mit festem Blick zu Akaashi gerichtet war.   „Ich kann nicht einmal tanzen“, kam es teilweise resignierend, teilweise in der Hoffnung es würde Bokuto von seiner Idee abbringen. Vermutlich konnte Bokuto das selbst auch nicht. Er war der Letzte, den Akaashi sich tanzend vorstellen konnte. Das Bild in seinem Kopf wurde absurd...   „Ich auch nicht!“, bestätigte Bokuto Akaashis Einschätzung. „Ist doch egal!“ Voller Tatendrang sprang er auf die Beine und fixierte Akaashi eisern. In den großen Augen konnte er vor Dunkelheit nicht einmal mehr die ihm so bekannte goldbraune Farbe ausmachen – nur ein seichtes Leuchten des Nachthimmels. Schnell allerdings wurde sein Blick abgelenkt von der Hand, die ihm entgegengestreckt wurde. „Die Leute in dem Film sahen so glücklich aus dabei. Ich will, dass Akaashi auch so glücklich aussieht.“   Die Worte und das dümmliche Grinsen auf Bokutos Gesicht dabei waren zu viel für ihn. Er konnte nicht mehr Nein sagen und griff reflexartig die Hand vor sich, die ihn fest in Bokutos Arme zog. So fest, dass er nicht einmal hätte fliehen können, wenn er gewollt hätte. Akaashi konnte Bokutos Hände ruhig auf seinem Rücken fühlen, seine eigenen landeten auf den durchtrainierten Oberarmen. Sie tanzten nicht einmal wirklich wie das Pärchen aus dem Film. Alles was sie taten, war das Gewicht immer wieder von einem Fuß auf den anderen zu verlagern und in der ruhigen Musik mit zu wanken. Es mochte das Peinlichste und Dümmste gewesen sein, das er jemals getan hatte und je tun würde, aber aus irgendeinem Grund konnte Akaashi sich ein Lächeln nicht verkneifen. Es ließ sich auch nicht mehr aus seinem Gesicht radieren und so bettete er den Kopf lieber auf Bokutos Schulter, wo es nicht weiter gesehen wurde.         Bokuto hatte sein Ziel erreicht. Akaashi sah genau so glücklich aus wie er es in dem Film gesehen hatte. Und er war glücklich, weil Akaashi glücklich war.  Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)