Last Golden Summer von Aphrodi (Tanabata-Aktion 2016) ================================================================================ Showdown In Kôfu ---------------- Bald erreichten sie wieder die Obstbäume, die hinter einer wadenhohen Steinmauer piekfein aufgereiht standen. Akaashis Blick schweifte an ihnen entlang, fing die verschiedenen Früchte ein, die daran zu finden waren. Sie waren genau zur richtigen Zeit hier, denn im Spätsommer trugen alle Bäume reichlich davon. Pflaumen, Mirabellen, Zwetschgen, Äpfel, Birnen, er hatte noch gar nicht alle Obstsorten wahrgenommen, da bemerkte Akaashi den Blick von Bokuto, der unruhig auf ihm lag, so wie er es immer tat, wenn er irgendetwas wollte, von dem er wusste, dass er es nicht bekommen würde.   „Bokuto-san“, begann Akaashi und schon weiteten sich die Augen des angesprochenen ein Stück und er wurde nur noch hibbeliger. „Nein.“ Natürlich wusste er, was der andere wollte, aber es war gegen die Regeln, dass er sein Handy benutzte. Ohne jeden Protest wendete Bokuto seinen Blick erst einmal wieder ab und ließ ihn ziellos durch die Gegend wandern. Er blieb verdächtig still, auch als sie sich einen Platz auf der Aussichtsplattform sicherten, um ihre mitgebrachten Bentos zu essen. Mit Skepsis in seinem Blick sah Akaashi erneut einen Moment länger als normal zu seinem Freund, während er ihm die Lunchbox auf seinen Schoß legte. Sofort fing dieser den Augenkontakt ein und schaute wieder mit diesem eulenhaft stierenden Blick, der nur eines bedeutete.   Unter einem Seufzen begann Akaashi zu essen und ignorierte ihn dabei so gut er konnte. Doch es war unmöglich. Er spürte, dass Bokutos Blick immer wieder auf ihm lag und konnte ihn vor seinem geistigen Auge sogar sehen, so gut kannte er ihn. Er sah aus dem Augenwinkel, wie die Essstäbchen in dem Reis stocherten, der schon völlig zerrupft aussehen musste und er hörte nur sporadisch ein Kauen von nebenan.   Eigentlich wollte Akaashi nicht nachgeben oder seine Regeln lockern, doch das hier war kein Zustand, den er die restlichen Tage ertragen würde. Ruhig legte er die Essstäbchen auf sein Bento und blickte zur Seite, wo seine Augen natürlich sofort wieder von großen, ungeduldig wartenden, goldenen anvisiert wurden. Wüsste er es nicht besser, könnte er meinen, Bokuto versuchte ihn damit zu hypnotisieren.   „Ist gut, Bokuto-san“, resignierte Akaashi doch bevor Bokuto voller Hast sein Handy greifen konnte, sprach er weiter und unterbrach die vorhergesehene Bewegung: „Aber du musst dir deine Handyzeit verdienen.“ Alles andere wäre schließlich auch zu einfach gewesen und Regel Nr. 1 hätte für den Rest ihres Ausflugs an Wirkung verloren. Dass Bokuto ihn allerdings ansah wie ein Auto, kam nicht überraschend. Die stumme Frage wurde schnell beantwortet.   „Für jede richtig erratene Frucht an den Bäumen gewinnst du eine Nachricht, die du nutzen kannst, wie du willst.“   „Hey hey hey! Ich errate alle richtig!“   „Bestimmt, Bokuto-san“, bestätigte Akaashi den euphorischen Ausbruch von Bokuto, doch sein Blick sagte etwas Anderes. Er war sich sicher, dass da nicht viel bei rumkommen würde und so nutzte er die Situation ebenfalls für seine Zwecke. „Aber für jede Frucht, die du nicht richtig errätst...“, fuhr er fort und beugte sich ein Stück weit zu Bokutos Ohr herüber. „... darf ich einen Bissabdruck an deinen Oberschenkeln hinterlassen.“   „Akaashi!“   „Ja, Bokuto-san?“   „Abgemacht! Ich werde gewinnen!“, tönte Bokuto und fing an, das Essen in sich reinzuschaufeln. Gefühlte Sekunden später musste Akaashi ihm etwas zu trinken reichen und ihm auf den Rücken klopfen.   Nachdem der restliche Teil ihres Essens ohne weitere Probleme verschlungen worden war, machten sie sich erneut auf zu den Obstbäumen, wo schließlich noch Bokutos Obstwettstreit ausstand. Dass Akaashi alle Obstsorten kannte, stand außer Frage, daher trat er natürlich nicht ebenfalls an sondern setzte auf Bokutos Unfähigkeit. Und der erste Baum wurde schon zu einer harten Nuss – im wahrsten Sinne des Wortes.   „Das soll Obst sein?“, fragte Bokuto skeptisch und sah zu den kleinen, von Stacheln übersäten Früchten. „Ist das etwa eine Stachelfrucht?“ Akaashi vermutete, dass er diesen Begriff einmal irgendwo aufgeschnappt hatte und die Information, dass es sich um Obst handelte, gepaart mit dem stachligen Äußeren hatte ihn sicherlich zu diesem Schluss kommen lassen.   „Nein, Bokuto-san. Das sind Kastanien.“   „Unmöglich!!! Ich weiß doch, wie Kastanien aussehen!“   „Das, was du als Kastanie kennst, ist in der stacheligen Hülle. Tut mir leid, aber der Punkt geht an mich.“   „Das ist nicht fair, Akaashi!“, beklagte sich Bokuto empört. Es war nicht zu überhören, dass er sich getäuscht und betrogen fühlte. Der Punktverlust befeuerte ihn allerdings, auch wenn er ein wenig trotzig in der Gegend herum guckte.   „Ha, die hier kenne ich! Das sind Äpfel.“   „Das ist richtig“, bestätigte Akaashi tonlos. Äpfel zu erkennen war allerdings auch das Mindeste und kam nicht überraschend für ihn. Auch die Birnen erriet Bokuto richtig – natürlich. Beim nächsten Baum musste er allerdings wieder länger überlegen. Seine Früchte wurden lange angestarrt, so als würden sie ihm ihren Namen verraten, wenn er nur lange genug angespannt schaute.   „Akaashiii! Das ist unfair! Das ist alles noch total unreif. Das hier sieht aus wie eine grüne Tomate. Wie soll man das alles raten? Das hat gar nichts mit Wissen zu tun!“, beklagte sich Bokuto lautstark, der sich schließlich völlig übers Ohr gehauen fühlte.   „Soll ich dir etwa Tipps geben, Bokuto-san?“   „Das ist das Mindeste!“   „Wie du willst. Wenn sie reif ist, ist diese Frucht orange.“   Akaashi konnte mitverfolgen, wie Bokuto unruhig wurde und sich sein Mund immer wieder an- und entspannte. Dass ihm die Antwort allerdings auf der Zunge lag, bezweifelte er. Vielmehr sah es so aus, wie immer, wenn man ihn unter Druck setzte, und er intensiv nach einer Lösung suchte. In den meisten Fällen endete sie damit, dass ihm jemand die Antwort vorsagte, die er dann als seine eigene verkaufte. Oder damit, dass er etwas völlig Abstruses riet.   „Tomaten!“, platzte es aus ihm heraus und Akaashis Mundwinkel zuckten kurz nach oben – gleichzeitig amüsiert und zufrieden. Hier war niemand, der Bokuto hätte vorsagen können. Die kreative Antwort war dennoch irgendwie liebenswert.   „Bokuto-san, Tomaten sind rot.“   „Aber es gibt auch welche in Orange!“   „So speziell sind meine Tipps nicht. Das hier sind Persimmons, daher geht der Punkt an mich.“   „Das ist total unfair!“, maulte Bokuto noch einmal unzufrieden und es war deutlich, wie seine Stimmung kippte. Wenn Akaashi nicht aufpasste, dann würde er sich in wenigen Augenblicken in ein bockiges Federvieh verwandeln. Womöglich wäre dann sogar ihr Ausflug gelaufen, denn Bokuto mit so einer Stimmung davon abzuhalten beleidigt nach Hause zu fahren, war sogar für ihn schwer. Noch ein Fehlschlag würde eventuell sogar seinen Emo-Mode auslösen können.   Ein weiteres Erfolgserlebnis musste her.   „Sieh mal, Bokuto-san. Ich bin mir sicher, die hier kennst du“, ermutigte ihn Akaashi und ließ ihn den Blick in einer Mischung aus Trotz und Grimmigkeit heben. Die Früchte, die da prall und in hellem Rosa am Baum hingen, hellten seinen Ausdruck schnell wieder auf. Er kannte sie wirklich und im Gegensatz zu manch anderem Obst hier waren sie weder unreif noch irgendwo drin versteckt.   „Pfirsiche!“   „Das ist richtig. Der Punkt geht an dich.“   „Hey hey hey! Ich bin wieder im Spiel!“   „Natürlich bist du das, Bokuto-san.“, bestätigte Akaashi trocken und mit seiner typischen ausdruckslosen Miene. Er atmete einmal tief durch – ein bockiger Bokuto oder der sogar noch schlimmere Emo-Mode wurden mit Erfolg abgewendet. Und insgeheim war es schon längst beschlossene Sache, dass die kommenden Tipps das Raten noch einfacher machen würden.   „Und die hier, Bokuto-san?“   „Das ist einfach! Gingkofrüchte, sieht man ja schon an den Blättern!“   „Wieder richtig. Das macht vier Punkte für dich und zwei für mich.“   „Hey hey hey!“, jubelte Bokuto begeistert und warf seine Fäuste in die Luft. „Ich bin immer noch der Beste!“   „Bist du, Bokuto-san. Und es sind immer noch zwei Obstsorten übrig“, merkte Akaashi an, als er weiter voranging, um zur nächsten Gruppe von Obstbäumen zu gelangen. Die letzten zwei Sorten waren relativ einfach zu erraten, aber bei Bokuto konnte man sich nie sicher sein. Tatsächlich scheiterte er am Granatapfel und trat so einen weiteren Punkt an Akaashi ab. Es blieb das finale Meer aus kleinen, kompakten Bäumen, um zwischen Sieg und Unentschieden zu entscheiden. Sie waren deutlich weniger massig als die Bäume, die sie schon abgearbeitet hatten und wirkten mit ihren vergleichsweise dünnen Ästen filigran.   Bokuto schien ein wenig ratlos nebst dem Gestrüpp vor seiner Nase.   „Also, Bokuto-san?“   „Das ist total schwer!“   „Ist es nicht. Ich bin mir sicher, du weißt, was es ist“, ermutigte Akaashi seinen Freund. Bokuto sah die winzigen Früchtchen an, die sich nah aneinander tummelten und machte weiterhin ein ratloses und auch ein wenig unzufriedenes Gesicht.   „Die sehen wie Blaubeeren aus.“   „Ich geb dir einen Tipp. Man macht Wein aus ihnen.“   „Oh, dann sind es Pflaumen!“   Akaashi verzog das Gesicht ein wenig fassungslos. Gut, sein Tipp war nicht ganz lupenrein, schließlich gab es wirklich Pflaumenwein, aber aufgrund ihres Äußeren hätte man das seiner Meinung nach so leicht ausschließen können, dass er am Ende keine Ausnahme mehr machen wollte und es als Misserfolg wertete.   „Bokuto-san... Richtig wäre Weintraube gewesen.“   „Unmöglich!!!“, rief Bokuto entsetzt aus und ging dramatisch auf die Knie, um seine Schande auszuleben. Er hatte seinen Matchpoint verschenkt und so endete das muntere Früchteraten in einem Unentschieden. Bokuto durfte vier Nachrichten an Kuroo schreiben – oder an jemand anderen, aber das war unwahrscheinlich – und Akaashi konnte sich ebenfalls über vier genussvolle Bisse in Bokutos Oberschenkel freuen.   Der eigentliche Gewinner war allerdings Kuroo, der beides feierte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)