Wanderslust von Kim_Seokjin (MSP Projekt) ================================================================================ Kapitel 1: Gänsehaut -------------------- Meine Güte, warum musste es heute so schwül sein? Die Luft erdrückte einen gerade zu. Um mir Erleichterung zu verschaffen war ich am Fühlinger See, kniete auf dem Steg und streckte meine Hände Richtung Wasser. Ich freute mich schon auf die Abkühlung und ahnte nicht, was gleich passieren würde. Mein Gleichgewichtssinn war eigentlich gut und daher hatte ich mir gar keine Sorgen gemacht, als ich mich hinabbückte. Doch nun machte mir mein Körper einen Strich durch die Rechnung, vielleicht auch weil ich meine letzte Nebenhöhlenentzündung nicht auskuriert hatte und immer noch Probleme mit meinen Ohren hatte. Ich verlor mein Gleichgewicht und fiel Kopfüber in das kalte Nass. Mein erschrockener Aufschrei ging vollkommen unter und ich schluckte stattdessen Wasser. Jenes war eiskalt und sorgte nicht gerade dafür, dass ich die Ruhe bewahrte, sondern eher das Gegenteil. In Panik ruderte ich wild um mich und verlor dabei vollkommen die Orientierung. Was dann passierte, kann ich nicht genau sagen, aber ich spürte einen dumpfen Schmerz am Hinterkopf, mir wurde schwarz vor Augen und ich sank, zumindest glaubte ich das. Woran ich mich mit Sicherheit erinnere, ist, dass die Kälte verschwand, und ich eine schützende Wärme spürte. Als nächstes erinnere ich mich an das Rauschen des Meeres, wobei dies absurd war. Gerade noch war ich am Fühlinger See und er war nicht groß genug, dass man von Rauschen sprechen konnte, wenn das Wasser höhere Wellen schlug. Bei diesem Gedanken schreckte ich hoch, kämpfte einen Moment mit schwarzen Punkten vor meinem Blickfeld und musste nachdem es sich geklärt hatte, feststellen, dass ich einen tollen Blick auf das Meer hatte. „Wow!“, murmelte ich begeistert und gleichermaßen irritiert. So toll die Aussicht auch war und ich konnte sie nicht vollkommen genießen, war ich doch gerade noch an einem ganz anderem Ort gewesen. Mein Mann sollte an meiner Seite sein. Ich stellte mir vor, dass er mich aus dem Wasser gezogen hatte und notfalls auch wieder beatmet. Es war eine tolle Vorstellung, wobei eine kleine Stimme in meinem Kopf sagte, dass er eventuell schockiert da gestanden hat und nichts tun konnte. Trotzdem es gab eine Menge Menschen, die da wären um mir zu helfen. Es gab also gar keinen Grund, warum ich an so einem Szenario aufwachte und ich weigerte mich, mir vorzustellen, wie ich klitschnass und bewusstlos am Fühlinger See lag und meine Augen nicht öffnete. Mir schnürte sich die Kehle zu, da half leider auch nicht das Meer, welches ich so sehr liebte. „Hey! Alles ok bei dir?“, hörte ich eine weibliche Stimme. Es dauerte einen Moment, bis ich mich aus meiner düsteren Gedankenwelt befreien konnte und nachsah, wer da eigentlich mit mir sprach. Es war eine junge Frau mit braunen Haaren, einem offenen Gesicht und wachsamen Augen, die mir irgendwie bekannt vorkam. „Ist mit dir alles in Ordnung?“ „Ja, alles in Ordnung“, log ich und fragte mich einen Moment, warum ich das Gefühl nicht los wurde, dass ich sie kennen müsste. Ihre Augen musterten mich von oben bis unten und da ich eigentlich nass sein müsste, aber dies nicht spürte, tat ich es ihr gleich. Ich machte sicherlich einen absolut guten Eindruck. Meine Kleidung war trocken und meine Tasche, die ich bei mir hatte, lag auch neben mir und war mir Sand gefüllt, als ich hineinsah. „Wenn ich ehrlich bin, geht es mir nicht gut. Nein“, gestand ich dann doch, als ich wieder zu ihr sah. „Ich weiß nicht, wie ich hier gelandet bin, geschweige denn wo ich bin und wie lange ich schon hier liege. Es muss schon eine Weile sein, weil ich ins Wasser gefallen bin und...“ Ich kniff meine Augen zusammen und versuchte mich zu erinnern. „Ich glaube, dass ich mir den Kopf gestoßen habe und bewusstlos wurde. Aber es macht keinen Sinn, dass ich hier aufwache, ich bin in einen See gefallen.“ Tief Luft holend sah ich zu der Person, die mich gefunden hatte, die zwar überrascht schien, aber ein warmes Lächeln für mich hatte. Es erinnerte mich ein schwach an die Wärme, die ich glaubte zu spüren, als ich das Bewusstsein verloren habe. „Mach langsam“, bat sie mich, während sie sich in den Sand kniete. „Ein bisschen kann ich dir helfen. Du bist in Oliviana City, ich bin Jasmin...“ „Die Arenaleiterin!“, platzte es da schockiert aus mir heraus, als mir dämmerte, wo ich mich befand. Ich hatte mich ganz klar zu fest gestoßen oder zu viel Wasser in die Lungen bekommen, aber ich konnte unmöglich in der Welt der Pokémon gelandet sein. Jasmin nickte mir aufmunternd und bejahend zu. Ich zog eine Grimasse und murmelte etwas, dass dies nicht sein konnte. „Ganz ruhig!“, versuchte sie mich wieder zu beruhigen und die Aufmerksamkeit auf sie zu richten. Es war unwahrscheinlich nett, dass sie das tat, auch wenn ich es ihr jetzt im Moment nicht danken konnte, dazu war ich zu aufgewühlt. „Bist du sicher, dass es ein See war und kannst du dich an noch etwas erinnern?“ „Es war ein See und er liegt nicht in Johto“, bestätigte ich meine Worte von vorhin noch einmal. „Ich komme nicht von hier. Mein Mann und meine Tochter waren bei mir. Was passiert nun, da ich hier bin und nicht dort?“ Wieder war meine Kehle wie zugeschnürt und ich spürte, dass Tränen in meinen Augen brannten, daher schloss ich sie kurz und konzentrierte mich auf eine ruhige Atmung. Ich spürte ihre Hand auf meinem Arm. „Ich weiß es nicht, aber ich kenne jemand, der dir vielleicht helfen könnte.“ Ein kleiner Grashalm, so kamen mir ihre gesagten Worte vor und ich wäre dumm, wenn ich nicht danach greifen würde. Egal, was das hier gerade war. Es würde keinen Sinn machen, wenn ich hier sitzen bleiben würde und im Selbstmitleid bade. So etwas konnte ich gut, ebenso wie mir die schlimmsten Szenarien ausmalen, aber sie brachte mir nichts. Außerdem bildete ich mir ein, wie zwei Freundinnen mir gedanklich in den Arsch treten würden, wenn sie mich so sähen. Ich musste schmunzeln. Auf in den Kampf, oder wie sagte man so schön? „Ok“ Ich zog eine Grimasse, die eigentlich ein Lächeln werden sollte. „Und wie soll das von statten gehen?“ Jasmin schien es positiv zu werten und nickte wieder. Ich stand endlich auf, schüttelte den Sand von meiner Kleidung. Den aus meiner Tasche zu bekommen, war schwieriger. Erstaunlicherweise war noch alles dort drin, was auch vor meinem Sturz ins Wasser in ihr war. Nur leider mein Handy und Geldbörse nicht, die lagen im Kinderwagen. „Komm mit, dazu müssen wir zum Pokémon Center.“ Auf dem Weg dorthin, klärte sie mich über ihre Überlegungen auf. Ich sollte mir eine Trainerlizenz zu legen, damit wäre es für mich einfacher zu reisen und das müsste ich laut ihrem Plan auf jeden Fall. Sie war der Meinung, dass der Arenaleiter aus Teak City, Jens, mir vielleicht helfen könnte. Ich erinnerte mich daran, dass er sich auf Geist Pokémon eingeschossen hatte, dann hörte es auf. Jasmin meinte, dass er sich ebenfalls auf im Mystischen spezialisiert hatte. Mir lief ein kalter Schauer den Rücken hinab und es sollte nicht der letzte an diesem Tag bleiben. Ich hatte es nicht so mit Geistern und gruselte mich wirklich schnell. Ich erwähnte es ihr gegenüber, aber sie schmunzelte nur und meinte, dass er nicht so schlimm sei. Er vielleicht nicht, aber seine Pokémon? Im Pokémon Center erwartete mich eine ganze Menge Papierkram, den ich auszufüllen hatte und Jasmin ließ mich vorerst allein. Es war beruhigend diese Fragen zu beantworten. Ich stutzte nur einen Moment bei dem Punkt mit meinem Namen. Ich könnte mir hier eine ganz neue Identität erschaffen, wenn ich an die Spiele zurück dachte, die ich gespielt hatte, war ich selten bei meinem Namen geblieben. Komischerweise wollte mir, aber nicht einfallen, wie ich mich jeweils genannt hatte. Unschlüssig fuhr ich mir durch mein Haar und beobachtete kurz das Treiben im Center. Es waren zwei Trainer dort, die ihre Pokémon gerade abgegeben hatten. Eine weitere Person saß an der gegenüberliegenden Wand und schien zu schlafen, zumindest hatte er sich nicht bewegt, seit ich hergekommen war. Ich räusperte mich, weil ich ihn schon eine Weile angestarrt hatte, auch wenn er es nicht bemerkt hatte und entschied mich für Lynn. Wenn ich mich recht erinnerte, gab es diesen Namen als Kosenamen für Carolyn und der war meinem eigentlichen doch recht nahe. Endlich fertig, gab ich den Zettel am Schalter ab und bekam dafür einen Pokédex und sechs Bälle. Die zwei Trainer waren in ein hitziges Gespräch über die Vor- und Nachteile über Gesteinspokémon verwickelt und daher ging ich davon aus, dass sie wahrscheinlich hier waren um Jasmin heraus zu fordern. Ich wünschte ihnen viel Glück, bevor ich das Pokémon Center verließ und mir die Oliviana City anschauen wollte. Als ich eben mit Jasmin vom Strand hergekommen war, hatte ich keine Augen dafür. Ich entdeckte, dass Café und tatsächlich tummelten sich einige Matrosen dort, als nächstes wollte ich mir den Hafen noch einmal ansehen, aber mein Blick fiel zuvor auf den Leuchtturm. Im Spiel musste man Jasmin helfen, dass es ihrem Ampharos besser ging, doch das schien jetzt noch kein Problem zu sein. Ich glaubte, ein Pokémon dort oben zu sehen und da es helllichter Tag war, brauchte es nicht den Seefahrern zu leuchten. Endlich am Hafen angekommen, genoss ich die Meerluft und entspannte mich tatsächlich endlich etwas. Was auch immer das war, was mir hier gerade passierte, ich musste mich darauf einlassen. Vielleicht würde ich einfach aufwachen und es waren nicht mal fünf Minuten vergangen, während ich hier ein ganzes Abenteuer erlebte. Möglich war es, oder? Meine Gedanken wurden unterbrochen, als ich Krächzen und Geflatter hörte. Ich drehte mich zur Seite, konnte aber nichts erkennen, also folgte ich den Geräuschen. Nach wenigen Schritten entdeckte ich ein Pokémon, was ich nicht sofort erkannte, dass sich vor Angriffen eines Schwarms Kramurx zu schützen versuchte. Ich mochte diese Pokémon schon nicht im Spiel, weil sie meist im Schwarm angriffen, wenn ich kein Elektropokémon dabei hatte und der Kampf sich dann zog und nicht selten eines meiner kampfunfähig wurde. Ich brummte und überlegte, was ich machen konnte. Sie aufzuscheuchen, wie Tauben, brachte sicherlich nicht viel. Nachher gingen sie noch auf mich los und ich bezweifelte, dass Schnabelhiebe so toll waren. Also strich ich dies lieber von meiner Liste. Mein Pokédex half mir auch nicht wirklich. Schwarze Tiere wurden immer als Unglücksbringer gesehen, was wirklich unfair war. Ich mochte die Kramurx dennoch nicht. Ich musste mich bewegt haben, da ich auf einmal die Aufmerksamkeit von zwei der Vögel auf mich gezogen hatte. Sie stierten mich gerade zu an. Es dauerte einen Moment, bis ich merkte, dass nicht ich es war, sondern das silberne Bettlerarmband an meinem linken Armgelenk. Vorsichtig bewegte ich ihn damit sich die Sonnenstrahlen darin spiegelten. Es funktionierte. Sie ließen das Pokémon gehen und starrten zu mir. Super! Oder auch nicht? Ich sollte dringend dafür sorgen, dass ich das Armband los wurde. Die Kramurx breiteten ihre Flügel aus und schienen sich auf mich stürzen zu wollen. Genau das wollte ich doch nicht. Hektisch fing ich an dem Verschluss herum zu fummeln. Da waren sie auch schon näher gekommen, während andere sich in die Luft erhoben haben. Endlich bekam ich es ab und warf es einfach nur fort von mir. Es war erschreckend zuzusehen, wie sie sich alle auf einmal darauf stürzten. Aber immerhin ließen sie mich und das Pokémon in Ruhe. Apropos, was war es eigentlich für eins? Mir lief es zum zweiten Mal an diesem Tag eiskalt den Rücken runter, als sich ein Banette auf mich zu bewegte. Ich kicherte. Es war mir unheimlich mit seinen starren Augen und dem Reißverschluss als Mund. „Ich hoffe, sie haben dich nicht zu schlimm erwischt“, plapperte ich drauf los. „Ähm, halt dich von den Kramurx fern, ja?“ Ich drehte mich um, damit ich verschwinden konnte, bevor es sich überlegte noch mich anzugreifen. Ja, ich hatte Vorurteile gegenüber diesem Pokémon, aber Aufregung hatte ich heute doch auch schon genug, oder? Also beeilte ich mich zurück zum Pokémon Center zu gelangen. Vielleicht konnte ich ja herausfinden, wie ich zu etwas Geld kommen würde. Wenn ich nach Teak City wollte, brauchte ich definitiv welche, zudem noch ein Pokémon. Ohne wollte Jasmin mich doch sicherlich nicht losgehen lassen? Andererseits hatte ich Pokébälle und konnte mir in der freien Wildbahn eins fangen, ob es mit mir zusammen arbeiten würde, war zwar fraglich. Ausprobieren konnte ich es dennoch. Aber vielleicht gab es auch eine Gruppe, der ich mich anschließen konnte? All diese Gedanken gingen mir durch den Kopf, während ich versuchte die Gänsehaut zu verdrängen und das dumpfe Gefühl verfolgt zu werden. Ich drehte mich nicht um. „Lynn?“, hörte ich jemanden rufen, verband es aber nicht sofort mit mir. Erst bei einem weiterem Rufen, sah ich in die Richtung und entdeckte Jasmin, die zu mir kam. Sie wollte wissen, ob alles geklappt hatte, was ich ihr bestätigen konnte. Gerade als sie mir davon erzählte, wie ich am Besten nach Teak City kommen würde, blickte sie an mir vorbei. Wieder verspürte ich eine Gänsehaut und sah aus dem Augenwinkel einen Schatten. Ganz langsam drehte ich meinen Kopf zur Seite und entdeckte das Banette nicht allzu weit entfernt. „Gehört es zu dir?“, fragte die Arenaleiterin. „Ja. Nein. Ich weiß es nicht.“, stolperte ich über meine eigenen Worte. „Ich habe es vor einem Schwarm Kramurx gerettet und nun scheint es mir zu folgen.“ „Es scheint sich dir angeschlossen zu haben. Herzlichen Glückwunsch!“ „Äh ha ha“, stammelte ich verlegen und sah zu dem Banette, welches mich gleichermaßen anstarrte, als wüsste es noch nicht, was es von mir hielt. Sollte ich einen Ball nach ihm werfen? Ich kramte einen aus meiner Tasche, doch als ich aufsah, war es verschwunden. „Wo ist es hin?“ „Dort!“ Jasmin deutete hinter mich. Da war es auch. Direkt hinter mir und ich quiekte. Vielleicht sollte ich es nicht in einen Ball sperren, zumindest bildete ich mir ein, dass es mir dies mitteilen wollte. Daher steckte ich ihn wieder ein und schon sorgte das Banette wieder für etwas Abstand. Ich fühlte mich deutlich wohler. „Bist du bereit?“, wollte Jasmin dann wissen und lenkte meine Aufmerksamkeit auf sie. „Ich denke schon. Mir fehlen … ähm, Tränke und so etwas.“ Ich spürte, wie meine Wangen glühten, weil ich nicht nach Geld fragen wollte. Es kam mir wie betteln vor, aber wie sollte ich es anstellen. Die Trainer in den Spielen hatten immer schon etwas Geld. Vielleicht konnte ich ihn Teak-City schauen, ob ich mir eine Arbeit suchte. Je nachdem, wie lange mein Aufenthalt dort wäre. „Ach, dass hätte ich fast vergessen.“ Jasmin schien einen Moment verlegen, ehe sie mir ein Päckchen gab, dass zwei Tränke und ein Gegengift enthielt. „Danke schön!“ Ich war vollkommen überrascht, da ich damit nicht gerechnet hatte und verbeugte mich, als ich das Päckchen annahm. Nun sah es so aus, als wäre ich wirklich bereit. War es Nervosität oder Neugierde, die sich in mir breit machte? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)