Kuroko und ich von Puraido ================================================================================ Kapitel 1 ---------   Akabane Karma   Die Probleme mit meiner neuen ‚Schwester’ fingen schon am Sonntag an.          Die letzten Tage war ich immer vor ihr wach, da ich zur Schule musste. Wir waren also nie zur gleichen Zeit wach – zumindest nicht morgens, wie ich es mitgekriegt hatte, war sie eine Langschläferin.          Tja, der Sonntag war der erste Tag, an dem wir ungefähr Zeitgleich wach waren. Na ja, ich hatte schon was gegessen und war gerade fertig mit Duschen und wollte mir gerade die Zähne putzen, als plötzlich die Badezimmertür aufging.          Da ich überwiegend alleine im Haus war, hatte ich es mir abgewöhnt, die Tür abzuschließen, ich sollte das wohl noch einmal überdenken.          Kuroko stand im Türrahmen. Ihre Haare waren ein einziges durcheinander, ein schwarzes, zottiges Vogelnest, wenn man so wollte. Sie war wohl gerade erst aufgestanden. Ihre blauen Augen blickten mich wie immer gelangweilt an.          Wir starrten uns einige Zeit an. Erst nach einigen Sekunden wurde mir bewusst, was für eine Situation das war. Ich stand nur im Handtuch vor ihr. Und sie starrte mich an. Jeder normale Mensch würde sich doch jetzt entschuldigen und sich schnell verziehen – oder?          „Warum klopfst du nicht vorher?“, fuhr ich sie an.          „Warum schließt du nicht die Tür ab?“, schoss sie unbeeindruckt zurück.          „Hab ich vergessen, normalerweise lebe ich hier ja alleine“, knurrte ich. „Zudem haben wir noch ein weiteres Bad, warum benutzt du nicht das?“          „Vater sagte mir, ich könne das hier benutzen“, antwortete sie.          Innerlich schlug ich mir die Hand vor die Stirn. „Klar, mein Vater weiß wahrscheinlich nicht mal, welches Bad ich benutze“, murmelte ich vor mich hin. „Egal, verschwinde einfach.“          „…“          „Ja, worauf wartest du?“          Allen ernstes trat sie jetzt auch noch ein. Was stimmte mit der nicht? „Ich muss nur meine Zahnbürste holen“, teilte sie mir unbeeindruckt mit.          „Das musst du unbedingt jetzt machen?!“          Sie wandte ihren Blick jetzt wieder zu mir und musterte mich von oben bis unten. Danach drehte sie sich zum Badezimmerspiegel. „Ja.“          Kuroko holte ihre Zahnbürste hervor. „Gib mir die Zahnpasta rüber.“ Sie deutete auf die Tube.          Die wollte mich doch verarschen … Ich griff danach und drückte sie ihr unsanft in die Hand. „Und jetzt raus hier.“          „Meine Güte, bist du empfindlich …“          „Entschuldigung, was hast du gesagt?“          „Ich sagte: Meine Güte, bist du empfindlich. Ich dachte, dass nur Mädchen so überreagieren. Du brauchst keine Angst zu haben, dass ich meinem kleinen Bruder was abgucke“, erklärte sie.          Wut kochte in mir hoch und eine Ader pochte an meiner Schläfe. „Ich glaub, ich hab mich  gerade verhört, oder? Und hör auf, mich ‚kleiner Bruder‘ zu nennen. Und jetzt verschwinde.“          Ich schob sie zur Tür raus, sie ließ sich diesmal auch problemlos weg schieben. Ich setzte sie vor die Tür und knallte diese zu. Diesmal schloss ich auch gleich ab, nicht das die wieder hier drin stand.          Mit einer Hand fuhr ich mir durch die Haare, das war zu viel um diese Uhrzeit, noch dazu an einem Sonntag.          „Ach scheiße, jetzt hat sie die Zahnpasta“, knurrte ich auf.       Einige Zeit später saß ich unten im Wohnzimmer, ich zappte lustlos durch das Fernseh-Programm, auch wenn ich mir sicher war, dass nichts kam und ich eigentlich Wichtigeres zu tun hatte.          Als ich in die Küche ging um mir etwas zu trinken zu holen, begegnete ich Kuroko wieder, sie saß am Küchentisch und machte … irgendetwas.          „Hast du eigentlich keinen Anstand?“, fragte ich sie, noch immer verstimmt.          „Was meinst du?“          „Na, normalerweise entschuldigt man sich, wenn man aus Versehen in ein besetztes Badezimmer läuft und da einer nur im Handtuch steht.“          Sie hob ihren Blick. „Entschuldigung.“          „Das ist zu spät!“          „Ich habe so das Gefühl, das gerade du mir nichts von Anstand zu predigen brauchst. Zudem, was regst du dich so auf? Du hattest doch was an.“          Ich zuckte zusammen. Gut, zugegeben, ich war jetzt auch kein Unschuldsengel, aber so viel Anstand hatte ich noch … glaube ich.          „Zudem hab ich schon mehr männliche freie Oberkörper gesehen … von daher“, sie zuckte mit den Schultern.          Oh?! „Ach ja, wo denn da?“          „Ob du es glaubst oder nicht, auch ich hatte Freunde.“          Unweigerlich schoss mir ein Bild von Kuroko umgeben von einem Harem in den Kopf. Schnell schüttelte ich den Kopf. „Ach, wirklich? So siehst du mir nicht aus.“          „Hmpf, nicht solche ‚Freunde‘. Die meisten Mädchen haben mich gemieden, weil ich ‚so gruselig‘ bin. Und ich hab die meisten Mädchen gemieden, weil sie mir zu … ‚mädchenhaft‘ waren. Ich war schon immer mehr mit Jungs befreundet. Und im Sommer waren wir schon mal am Strand und da man dort normalerweise keine Winterkleidung trägt, hab ich schon mehr als einen Jungen oberkörperfrei gesehen“, erklärte sie.          Danach starrte sie mich wieder desinteressiert an. „Und viele von ihnen waren aus meiner Karate-Gruppe und wesentlich besser trainiert als du.“          Die wollte mich doch verarschen! „Du hast eine ganz schön große Klappe“, knurrte ich.          „Nicht ansatzweise so groß wie deine“, sie wandte sich wieder ihrer Tätigkeit zu, die sie für die Dauer des Gespräches unterbrochen hatte.          Mit seltsamerweise ziemlich schlechter Laune ging ich ins Wohnzimmer. Ich hatte mich gerade auf die Couch gesetzt, als mir etwas einfiel. „Ach, verdammt, ich wollte mir ja was zu trinken holen“, grummelte ich vor mich hin. Erneut begab ich mich in die Küche, schnappte mir schnell was aus dem Kühlschrank und machte dann wieder kehrt. Dieses Mädel brachte mich vollkommen aus dem Konzept …       Heute war Montag. Schon als ich aufwachte, wusste ich, das der Tag einfach nicht gut werden konnte.          An diesem Montag würden die anderen wohl erfahren, dass ich eine Schwester hatte, seit zwei Tagen.          Gestern hatten sie und ich kaum noch ein Wort miteinander gewechselt.          Heute würde sicherlich noch etwas passieren. Zwar war ich kein abergläubischer Mensch, aber trotzdem hatte ich so etwas im Gefühl.          Ich stand in der Küche und machte mir etwas zu essen. Von meiner Schwester war keine Spur zu sehen. Ob sie wohl verschlafen hatte? War mir recht. Sie kannte den Weg zur Schule noch nicht – vor allem nicht den Weg zum Gebäude der 3-E, vielleicht verlief sie sich ja so hoffnungslos dass sie nie wieder auftauchte …          „Morgen, Karma.“          Ich seufzte. Das war ja dann wohl nichts mit dem Verlaufen. „Morgen“, gab ich verstimmt von mir.          Sie saß am Küchentisch, den Kopf hatte sie in die Handfläche gestützt. Sie schien fast wieder einzuschlafen, vielleicht hatte ich ja doch Glück …          Kuroko schielte zu mir, ich war noch immer von ihrem Blick genervt. „Was denn? Noch nie gesehen, wie sich jemand ein Frühstück macht?“, knurrte ich gereizt.          „Hab ich tatsächlich schon seit Jahren nicht mehr gesehen, ich frühstücke nicht. Wenn ich vor neun Uhr was esse, wird mir nur schlecht“, sie rümpfte die Nase.          „Hmpf.“          Sie saß weiterhin nur da und sah mir dabei zu, wie ich mir einige Scheiben Toast zurecht machte. Sie hatte ihre Schuluniform an, korrekt angezogen und bis oben hin geschlossen, wie eine brave kleine Schülerin. Ihre Haare waren wieder offen, sie hatte nur ein Haarband oben im Haar, diente mehr zur Zierde, als dass es die Haare zurück hielt.          Gedankenverloren spielte sie mit einem der einfachen Edelstahl-Ringe, die sie sonst an ihren Zeigefingern trug. Sie hatte ihn ein Stück hoch geschoben und drehte ihn um ihren Finger, sie sah mir immer noch zu.          Ich saß ihr gegenüber am Tisch, zwischen uns herrschte eine seltsame Stille. Allerdings wollte ich sie ganz sicher nicht brechen. Ich wollte so wenige Worte wie möglich mit ihr wechseln …       Nach diesem seltsamen Frühstück waren wir auf dem Schulweg. Die Stille herrschte auch weiterhin. Sie hatte ihre Tasche geschultert und lief neben mir her. Sie hielt Abstand, mehr als gewöhnlich.          Als wir uns dem Hauptgebäude näherten, begegneten uns auch Schüler aus der A-Klasse. Ich konnte hören, wie sie lautstark über mich herzogen. Ich dummer, dummer E-Schüler … Das ich bei der Zwischenprüfung besser abgeschnitten hatte, als die meisten von ihnen, schien sie nicht zu kümmern.          Kuroko blickte die Gruppe, die über mich her zog, fragend an, danach sah sie zu mir, sie verstand anscheinend nicht, was hier abging. „Wo zum Teufel kommst du her? Hast du noch nie was von der schlimmen, schlimmen E-Klasse der Kunugigaoka Junior High School gehört? Wir sind die absolute Loser-Klasse“, erklärte ich ihr.          „Das hab ich tatsächlich noch nicht“, gestand sie. „Und in so eine Klasse soll ich gehen? Hm, super …“          „Tja, tut mir ja schrecklich Leid, wenn es nicht das richtige für dich ist, hab ja keine Ahnung, wie du vorher so abgeschnitten hast“, ich schnaubte.          „Nein, das meinte ich nicht. Ich passe wahrscheinlich ganz gut in die Klasse“, antwortete sie.          „Huh?“          Sie sah mich einige Zeit an. „Ich bin die absolute Niete in allem, was nicht mit Sport zu tun hat.“          „Das überrascht mich jetzt doch …“          „Hab ich tatsächlich einen intelligenten Eindruck gemacht? Da muss ich dich enttäuschen, deine neue Schwester ist absolut grottig in der Schule“, sie seufzte. Bei dem Wort ‚Schwester‘ zuckte ich noch immer zusammen.          „Ich kann mich einfach nicht auf den Unterricht konzentrieren, es interessiert mich nicht wirklich und ich komme sowieso nicht hinterher. Mathe ist am Schlimmsten, selbst im Kopfrechnen bin ich wirklich schlecht.“          „… Okay …“, ich starrte sie an. War das ihr ernst? Andererseits, warum sollte sie mir was Falsches sagen, das machte ja keinen Sinn.          „Bist du wegen schlechter Noten in der E-Klasse? Vater sagte, du seiest ziemlich intelligent.“          „Nein, meine Noten waren nicht das Problem, eher mein gewalttätiges Verhalten. Nach meiner Suspendierung wurde ich auch in die E-Klasse versetzt“, ich zuckte mit den Schultern.          „Ein brutaler Schläger also … warum muss so jemand nur mein Bruder sein?“, sie sog schockiert die Luft ein und hatte ihre linke Hand über ihren Mund gelegt, es sollte ihren Schock wohl noch mehr zum Ausdruck bringen.          „Nenn mich nicht ‚Bruder‘, klar?! Und sooo gewalttätig bin ich nun auch nicht, aber der Kerl hatte es halt verdient gehabt. Ich zieh nicht abends los und suche mir ein passendes Opfer aus, klar?“          „Was war vor einigen Tagen? Da hast du dich auch geprügelt.“          „… Das war, weil ich ziemlich wütend war, klar?“          „Also doch ein brutaler Schläger“, sie brachte noch mehr Abstand zwischen uns. Ich knurrte auf und beschleunigte meinen Schritt schließlich. Sollte sie doch denken was sie wollte.       Wir erreichten das Gebäude und ich brachte sie zum Lehrerzimmer. Karasuma nahm sich ihrer an und ich machte mich schon mal auf den Weg ins Klassenzimmer.          Dort angekommen war noch alles normal – die Betonung lag auf ‚noch‘.          „Hey, Karma-kun, du bist ja heute so überpünktlich hier“, meinte Nakamura. „Gibt’s dafür einen Grund?“          Ja, meine ‚Stiefschwester‘. Das schoss mir zumindest durch den Kopf. „Nö“, erwiderte ich allerdings. Noch sollten sie es nicht wissen. Am besten wäre es, wenn Kuroko so sehr von Korosensei geschockt wäre, dass sie vor Angst das Weite suchte.          Aber auch diese Hoffnung wurde zunichte gemacht, als der gelbe Oktopus zusammen mit besagter ‚Stiefschwester‘ im Schlepptau den Raum betrat.          Sofort ging das Getuschel los. Na, das war ja ganz super. „So klasse, wir bekommen heute eine neue Schülerin. Es ist ziemlich überraschend, dass sie hierher kommt, wir haben nicht damit gerechnet, aber natürlich ist es schön, dass sie jetzt hier ist. Möchtest du dich selbst vorstellen?“ Er sah zu Kuroko. Diese nickte nur kurz.          Sie neigte kurz den Kopf und meinte dann. „Ich heiße Kamijou Kuroko und ich bin erst am Wochenende endgültig hier nach Kunugigaoka gezogen.“          Kuroko stoppte kurz. Ihr schien erst jetzt wieder einzufallen, dass sie jetzt einen anderen Nachnamen hatte „Ah, nein, tut mir Leid, seit kurzem ist mein Nachname nicht mehr Kamijou. Ich habe mich nur noch nicht an den neuen Nachnamen gewöhnt“, sie seufzte kurz auf. „Ich heiße jetzt Akabane Kuroko.“          Einige Sekunden herrschte im Raum absolute Stille. Sämtliche Schüler starrten Kuroko an, danach wandten sich ihre Blicke zu mir um. „AKABANE?!“, stießen sie fast zeitgleich aus.          „Akabane so wie in Akabane Karma?“, wollte Maehara wissen, er sah verwirrt zwischen mir und Kuroko hin und her. Auch die Anderen starrten uns abwechselnd ungläubig an.          Kuroko schielte zur Seite. „Ja, Karma ist mein Stiefbruder. Meine Mutter hat seinen Vater geheiratet und so habe auch ich den Nachnamen ‚Akabane‘ angenommen.“          „Moment Mal, Karma-kun, deine Eltern haben sich getrennt?“, fragte Nagisa mich. „Warum weiß ich davon nichts?“          „Wahrscheinlich weil ich es letzte Woche selbst erst erfahren hab. Ich war genauso überrumpelt, als die da“, ich deutete auf Kuroko, „plötzlich auf meiner Couch saß und sagte, dass sie meine Stiefschwester wird. Weder mein Vater, noch meine Mutter schienen es für nötig zu halten, mich darüber auch mal zu informieren“, brummte ich.          „Aye, das ist heftig“, murmelte Nakamura. „Das muss echt verdammt schlimm sein.“          „Das kannst du laut sagen“, schnaubte ich.          „Nein, dich meinte ich nicht“, entgegnete Nakamura.          „Was?“          „Ich meinte … Akabane …-chan. Immerhin musste sie in eine neue Stadt ziehen, alle ihre Freunde zurück lassen, sogar ihren Nachnamen ändern und zu allem Überfluss bekommt sie jemanden wie dich als ihren Bruder. Wenn das kein Worst-Case-Szenario ist, weiß ich es auch nicht“, sie schnaubte.          „Wie bitte? Ich hab mich wohl verhört, was heißt denn ‚so jemand wie ich‘?“          „Na ja, Karma, ein Charmebolzen bist du ja jetzt nicht gerade“, Nakamura seufzte und wandte ich an Kuroko. „Wenn er dir mal Probleme macht, komm einfach zu mir, ja?“          Kuroko wirkte ein wenig überrascht. „Danke, wobei ich glaube, dass er mir nicht sonderlich viele Probleme bereiten wird“, sie lächelte leicht.          Dann stockte sie aber. „Oh, ähm, ich wäre wirklich sehr froh darüber, wenn ihr mich beim Vornamen nennen würdet, ich glaube nicht, dass ich auf ‚Akabane‘ überhaupt reagieren würde.“          „Alles klar, Kuroko-san“, meinte Korosensei. „Setz dich bitte hin, nach dem Unterricht wird noch genügend Zeit für eine ausführliche Vorstellungsrunde sein“, er deutete mit einem seiner Tentakel nach hinten, neben mich.          Kuroko nickte und machte sich auf den Weg. Sie ging an Hazama vorbei und auf den Platz zwischen Terasaka und mir zu. Doch Hazama stoppte sie plötzlich. „Hey, was ist das dort an deiner Tasche?“          Ich legte den Kopf schief, was meinte sie? „Das? Das ist eine Voodoo-Puppe“, antwortete Kuroko.          Eine Voodoo-Puppe? Ernsthaft?          „Die ist ja cool, wo hast du die her?“          „Oh, die hab ich selbst gemacht. Das ist mein Hobby, ich hab zu Hause noch ganz viele davon. Wobei die hier mehr ein Schlüsselanhänger ist … oder für Notfälle, wer weiß schon, wann ich mal jemanden spontan verfluchen muss“, sie lächelte.          Aha, das meinte sie also mit ‚verfluchen‘.          „Wirklich sehr cool, wir müssen nachher unbedingt darüber reden“, meinte Hazama fest.          Kuroko lächelte und setzte sich dann zwischen Terasaka und mich. Sie stellte ihre Tasche auf den Boden, wobei sie noch einmal kurz die Voodoo-Puppe betrachtete.          Ich fragte mich einmal mehr, warum gerade so jemand meine Stiefschwester sein musste. Voodoo-Puppen? Verfluchen? Glaubte sie wirklich daran?          Während des Unterrichts beobachtete ich sie einige Male und von dem, was ich sagen konnte, schien sie hoffnungslos überfordert. Ihr Kopf rauchte förmlich.          Allerdings schien sie mit Korosensei kein Problem zu haben, lediglich mit dem Unterricht.       Nach dem Unterricht war sie natürlich der Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Die Mädchen, allen voran Nakamura hatten sich um sie gescharrt. Aber auch Hazama schien relativ interessiert zu sein.          „Und du machst die Puppen alle selbst?“          „Hm, ja. Das ist eine gute Ablenkung. Meine Mutter hasst es, aber mir ist das relativ egal. Soll sie doch denken was sie will.“          „Wie kommt man eigentlich auf so was?“, wollte Nakamura wissen.          „Mein Vater hat mich drauf gebracht. Er liebt Horrorfilme und alles was damit zu tun hat. Damals war ich gerade mal zarte sechs Jahre alt, als mein Vater mit mir ‚Ring‘ geschaut hat. Ich weiß noch, dass ich damals so unsagbar viel Angst danach hatte … Meine Mutter hat noch nie so geschimpft gehabt.“          „Hattest du mehr Angst vor dem Film oder vor deiner Mutter?“, fragte Hazama.          „Hm, damals wohl mehr vor meiner Mutter. Obwohl mir der Film auch schon ganz schön zugesetzt hatte. Aber irgendwann habe ich gefallen daran gefunden. Mittlerweile schaue ich nur noch Horrorfilme.“          „Urgh, wirklich?“, Okuda erschauderte kurz.          „Ja, zugegeben, früher musste ich nach jedem Horrorfilm etwas Witziges schauen, damit ich keine Alpträume bekam, heute gucke ich – wie sich das gehört – gleich den nächsten hinterher“, sie lächelte leicht.          „A-aber in irgendeiner Sekte bist du nicht, oder? Ich meine, wegen den Voodoo-Puppen“, hakte Kurahashi nach.          „Nein, keine Sorge.“          Kurahashi wirkte beruhigt.          „Hast du denn schon mal jemanden verflucht?“, fragte Isogai nach.          „Ja, gerade gestern. Ich hab eine Voodoo-Puppe für meine Mutter gemacht.“          „Was?!“          „Sie zwang mich bei ihrer Hochzeit, einen Zopf zu tragen, dafür musste sie bestraft werden, ich mag keine Zöpfe. Da sie jetzt aber fort ist, weiß ich leider nicht, was ihr Schlimmes zugestoßen ist.“          „Aber dass ist doch deine Mutter!“, meinte Okuda.          „Na und?“          „Pah, als ob das überhaupt funktionieren würde“, mischte sich Terasaka ein.          „Willst du es austesten?“, Kuroko wandte sich zu ihm um.          Ich weiß nicht, wie ihr Gesichtsausdruck aussah, sie saß mit dem Rücken zu mir, aber Terasaka schien sich darunter unwohl zu fühlen. Zumindest im ersten Moment, danach kehrte sein arrogantes Grinsen zurück. „Pah, das funktioniert doch sowieso nicht. Von mir aus.“          „Oh, Terasaka-kun, du solltest nie die Macht eines Fluches unterschätzen“, meinte Hazama, sie beugte sich zu Terasaka und sah ihn ebenfalls finster an.          „Ich werde eine Voodoo-Puppe für dich anfertigen. Das Verfluchen dauert also noch ein wenig, aber stell dich schon mal drauf ein“, Kurokos Stimme klang wieder gelangweilt. Sie war überzeugt, dass sie ihn wirklich verfluchen konnte.          „Wo hast du eigentlich vor deinem Umzug gewohnt?“, fragte Sugaya.          „In Ikebukuro. Das war eine verrückte Stadt. Irgendwie bin ich auch ganz froh, von dort weg zu sein“, sie stieß die Luft aus.          „Na ja, dafür musst du jetzt mit Karma-kun in einem Haus leben“, meinte Nakamura.          „Stimmt, ich weiß noch nicht, was ich besser finde“, sie seufzte.          Leicht knurrte ich auf. „Das Opfer bei alldem bin ja wohl ich.“          „Ach du, stell dich nicht so an. Du durftest deinen Nachnamen ja behalten“, brummte Kuroko. „Ich glaub, ich muss auch eine Voodoo-Puppe für dich anfertigen.“          „Pah, das wird nicht funktionieren.“          „Noch so einer … du wirst ja schon sehen, was du davon hast“, sie lächelte mich plötzlich ganz lieb an.          … Okay, zugegeben, das war jetzt gruseliger als alles zuvor. Sie plante doch was. Aber wenn sie glaubte, sie könnte ihre Spielchen mit mir spielen, dann hatte sie sich gewaltig geschnitten, ich würde ihr schon zeigen, wo ihr Platz war …   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)