P.S. Fuck You von abgemeldet (F**k your clever titles!) ================================================================================ Prolog: Prolog. --------------- Es war heiß, so verdammt heiß, in dieser Nacht und die Fenster eines ganz spezifischen Mädchens waren sperrangelweit offen. Eine sanfte, warme Briese wehte hindurch und ließ ihre Gardinen tänzeln. Besagtes Mädchen war in Embrionalstellung zusammen gerollt auf ihrem Bett, das Gesicht zu einer Grimasse verzogen. Die Träume, die sich durch ihr Unterbewusstsein flochten waren nicht von der schönen Art, nein, es waren jene, von denen man schweißgebadet und mit einem lauten Schrei erwachte. Diese Art von Träume verschlangen sie schon seit etwa zwei Jahren. Zumindest, wenn der Schlaf sie mit seinen ungnädigen Händen in seine unendlichen Tiefen entführte. Ihr Atem war schwer und arhythmisch, Schweißperlen rollten ihr von der Stirn, die ungewöhnlich groß war. Eine Bewegung. Die Decke, die ihren bleichen Körper verhüllt hatte, rutschte fast wie in Zeitlupe von ihr herunter auf den Boden. Das fahle Mondlicht fand nun direkten Zugang zu ihrer Haut und ließ es fast schon weißlich leuchten. Wie bei einem Gespenst. Noch eine Bewegung. Ihren Lippen entfloh ein geräuschvoller, tiefer Seufzer und ihre Augenlider flatterten unkontrolliert, als würde sie verzweifelt versuchen aufzuwachen. Stöhnen. Sie bewegte sich schon wieder. Plötzlich- “Scheiße”, fluchte sie halblaut, “Scheiße. Scheiße. SCHEISSE!” Das letzte war schon fast geschrien. Eine Sekunde lang vergewisserte sie sich, dass es im Hause still blieb, dann richtete sie sich auf. Mit ihrer Hand fuhr sie sich fahrig über die Stirn, um sich den kalten Schweiß wegzuwischen. Noch ein “Scheisse”. Mit einer schnellen Bewegung sammelte sie ihre Decke vom Boden und bedeckte sich mit ihr. Aus ihr nicht erklärlichen Gründen fror sie plötzlich. In ihrem Kopf pulsierte es und müde, wie sie immer noch war, versuchte sie ihre Sicht zu klären um einen Blick auf den Wecker erhaschen zu können. 4 Uhr morgens. Wow. Soweit sie sich entsinnen konnte, war heute Samstag, was bedeutete, dass ihre Mutter vor 10 Uhr nicht aufstehen würde und an Schlaf war für sie jetzt nicht mehr zu denken. Sie wollte sich nicht noch einmal ihren Albträumen überlassen, also beschloss sie, eine Runde durch die nächtliche Dunkelheit zu joggen. Es würde sie auf andere Gedanken bringen, sicherlich. Als das Mädchen mit dem sonderbar rosa Haar nach Hause kam war es immerhin schon halb sechs. Leichtfüßig, um ihre Mutter nicht zu wecken, tapste sie ins Badezimmer und hüpfte unter die Dusche. Obgleich draußen bereits jetzt tropische Temperaturen vorherrschten, drehte sie den Hahn auf beinahe komplett heiß. Seltsamerweise mochte sie keine kalten Duschen, egal wie heiß es war und egal, wie verlockend gerade jetzt eine Abkühlung war. Das heiße Wasser floss ihr in Strömen über den zarten Rücken und entspannte ihre beanspruchten Muskeln nahezu augenblicklich. Ein Seufzer entwich ihr, doch diesmal war es ein angenehmer. Sie entspannte sich zusehends unter dem Wasser und lief ihren Gedanken freien Lauf (das war nicht immer die beste Idee, da zumeist keine schönen Gedanken kamen, aber ihr fiel nunmal nichts besseres ein). Es war fast Ende August und das bedeutete nur eines: bald war September. Ja, keine wirklich atemberaubende Leistung ihres Hirns, aber das war nicht der springende Punkt. Der springende Punkt war, dass ihre Mutter jetzt noch viel hartnäckiger darauf pochen würde, wieder zurück zu gehen. Zurück zu dem, wovor sie geflohen war. Zwei Jahre lang. Äußerst erfolgreich. Erneut ein tiefer Seufzer. Soviel zu dem Thema Gedanken frei laufen lassen. Zurück zum sturen Ausblenden jeglicher Gedanken abseits von trivialen Banalitäten. Nur allzu früh würde sie extern daran erinnert werden. “Sakura” Eine glockenhelle Stimme trällerte glücklich durch das Haus. Besagtes Mädchen drehte sich auf ihrem Schreibtischstuhl um und fixierte die Tür mit einem undeutbaren Blick. “Sakura? Liebes?” Die Stimme war deutlich näher als noch gerade eben. Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen und verliehen ihrem Gesicht etwas derart Kritisches, wie es auf dem Gesicht einer 20-jährigen nicht zu sehen sein sollte. Ein lautes Klopfen an der Tür. In Sakuras Ohren hörte es sich schon fast vorwurfsvoll an und, wer weiß, vielleicht sollte es das auch sein. Sie seufzte kurz und gab sich geschlagen, da es nicht so schien, als würde ihre Mutter einfach wieder gehen, würde sie sie nur lange genug ignorieren. “Ja?”, antwortete sie durch zusammengepresste Lippen, “Was gibt's?” “Ah, Liebes, du bist wach. Möchtest du mit mir frühstücken?” Übersetzung: Komm runter. Das, was ich mit dir besprechen möchte, möchte ich nicht mit der Tür abklären. “Wieso?”, fragte sie scheinheilig, “Ich bin schon länger wach und habe bereits gefrühstückt!” Lüge. “Dafür ist die Küche zu sauber, Sakura, netter Versuch.” Verdammt. Die Frau kannte sie, selbst für eine fürsorgliche Mutter, zu gut. “Weil ich sie wieder sauber gemacht habe, eventuell?” Schlechter Bluff. Alles was sie als Antwort hören konnte war ein sarkastisches “Pff”. Na gut, nicht einmal sie selbst hätte sich das abgekauft. “Na gut, ich komm ja schon”, gab sie sich geschlagen und erhob sich, obgleich ihre Mutter es durch die Tür nicht sehen konnte, provokativ langsam und schlurfte lustlos zur Tür. Sie konnte ihre Mutter noch die Treppe herunter trippeln hören. Sie war also wieder in die Küche verschwunden in der es jetzt gerade bestimmt ganz verlockend roch. Sakura fühlte sich, als würde sie nicht lediglich eine Treppe herunter laufen, sondern vielmehr, als wüde sie sich gerade auf den Weg zu ihrem Sterbebett machen. Wie vermutet roch es in der Küche derart gut, dass ihr tatsächlich und sprichwörtlich das Wasser im Munde zusammen lief. Erst jetzt fiel ihr auf, wie hungrig sie wirklich war. Ihre Mutter war so, wie man sich eine perfekte Mutter vorstellte. Sie war so liebenswürdig, dass sie die einzige Person war, zu der Sakura so freundlich war, wie es ihr möglich war. Die Wäsche, die von ihr gemacht wurde, war nicht nur faltenfrei, sonder roch unbeschreiblich gut. Dazu konnte sie kochen wie niemand, den Sakura jemals kannte und wahrscheinlich kennen lernen würde. Sie war wirklich ein Geschenk Gottes und Sakura wusste mehr als oft genug darum Bescheid, dass sie sie mit keiner Sekunde verdient hatte. Und mehr als oft genug war dieses Bescheidwissen mit einem unfassbar schlechten Gewissen verbunden, in Anbetracht der Tatsache, wie ähnlich sie einem kleinen Pitbullterrier war. Ihre Mutter hatte ein halbes Buffet vorbereitet, fast so, als würden noch Gäste kommen. Berge von Wurst und Käse, frisches Brot und lecker duftende Brötchen hatte sie anscheinend auch geholt, Pfannkuchen mit den verschiedensten Beilagen und, schließlich, Eier und Speck. Mebuki hat sich wirklich ins Zeug gelegt, sämtliche Lieblingsnahrungsmittel Sakuras an einem Tisch zu vereinen. Das bedeutet, sie fuhr nun die großen Geschütze auf (Sakuras größte Schwäche war tatsächlich das Essen). Bei näherer Betrachtung wurde ihr aber auch klar, was das über ihr Essverhalten aussagte: nichts Gutes. Das Buffet war ein Angriff auf jeden Cholesterinwert und sofortiger Auslöser von Diabetes. Ein fast unmerkliches Lächeln erfasste Sakuras Lippen, wurde jedoch mit dem nächsten Atemzug schon wieder verweht. Mit den zügigsten Schritten, ohne eilig zu wirken, lief sie auf den nächstbesten Stuhl zu und ließ sich fallen. Mit einem tiefen Zug sog sie sämtliche betörende Gerüche ein und schloss genüsslich die Augen. Ja, ihre Mutter war wirklich ein Segen, wenngleich Sakura natürlich wusste, dass dieser extraordinäre Frühstückstisch nicht nur pure Nächstenliebe war. “Also...” Mit der Tür direkt ins Haus, huh? “Sakura, Liebes...” Zurückhaltung. Sie weiß nicht, wie sie es sagen soll. Aus Angst, Falsches zu sagen. “Ich weiß was du willst” Offensive ist die beste Defensive oder wie war das? “Äh- öhm... ja?” “Ma, du nervst mich damit seit fast einem Jahr. Wie sollte ich bitte nicht Bescheid wissen?” Sakura legte ihren Kopf etwas schief und schaute ihre Mutter mit einem “Ist-das-dein-Ernst?” -Blick an. “Also...” Wieder diese Zögerlichkeit. “Okay, wenn das so ist... Hast du dann also auch endlich mal darüber nachgedacht?” Sie schaute Sakura unverwandt an. Die wiederum war gerade damit beschäftigt, möglichst viele verschiedene Delikatessen auf einmal in ihrem Mund zu vereinen. Trotzdem schaute sie ihre Mutter immer noch an. Langsam nickte sie. “Ja, hab ja 'ne Menge Zeit zum Denken”, antwortete sie, nachdem sie den letzten Happen herunter geschluckt hatte, “und du weißt auch, was ich davon denke. Ich gehe nicht zurück. Ich will nicht zurück. Nicht auf diese Schule.” “Aber Liebes, es sind inzwischen zwei Jahre vergangen, die Leute von damals sind-” “Weg? Oder meinst du sie sind auf der Uni 500m weiter? Das ist ein gewaltiger Unterschied, Ma und mit gewaltiger Unterschied meine ich kein Unterschied!” “Zwei Jahre Schatz, niemand wird mehr an damals denken”, versuchte Mebuki Sakura zu beruhigen. “Doch. Ich.” “Sakura, so kann's nicht weitergehen und das weißt du auch. Du hast keinen Abschluss. Dass du noch nicht dazu gezwungen worden bist, zurück zu gehen, ist ein pures Wunder. Früher oder später wirst du wieder hin müssen! Und mir wäre deutlich lieber dabei, wenn du es freiwillig tust!” Mebuki zog ihre Stirn in Falten. Das tat sie immer, wenn sie sich in ihrer Haut unwohl fühlte. Sie liebte ihre Tochter aufrichtig und es bereitete ihr Kummer derart mit ihr diskutieren zu müssen. Aber noch mehr bekümmerte sie Sakuras Zustand. Nicht körperlich, nein. Seelisch. Als Mutter wusste sie von Dingen, die man von außen nicht bemerken konnte. Sakura legte ihr Besteck zur Seite und machte Anstalten aufzustehen, doch ihre Mutter berührte sie sanft am Arm und bat sie wortlos darum, sitzen zu bleiben. Eine Sekunde lang starrten die beiden Frauen sich in die Augen, ein stummes Gespräch. Sakura atemte geräuschvoll auf. “Und was, wenn ich es nicht schaffe? Wenn ich scheitere?” Ihr Gesicht sah seltsam leer aus. Der Appetit schien ihr auch vergangen. Die Lust an der Gegenwehr vergangen. “Ich glaube an dich. Wenn jemand das schaffen kann, dann du. Und wenn du es schaffst wächst du daran, da bin ich mir sicher. Sakura, dein Leben ist noch lange nicht vorbei. Im Gegenteil, es fängt erst an. Liebes, ich bitte dich...” Ein flehender Ausdruck lag in Mebukis Zügen. Sakuras Finger trippelten auf den Tisch, eine nachdenkliche Geste. Ihr Blick verdeutlichte ihre Geistesabwesenheit. Nichts deutete darauf hin, dass die das gerade Gesprochene gehört hatte. Ihr Blick richtete sich auf ihre Mutter, immer noch undeutbar. “Ich hab Angst, Ma”, gestand sie ihr ganz leise. Ihre Augen glitzerten. Einen Anblick, den Mebuki schon seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Mitsamt sämtlicher anderer Gefühlsregungen. “Ich weiß” Mebuki stand auf, um ihre Tochter in den Arm zu nehmen, immer noch verblüfft von Sakuras plötzlicher Offenheit. “Ich bin immer für dich da, das weißt du. Also, was sagst du? Willst du's versuchen?” Sie streckte ihre Arme von sich, Sakura zwischen ihren Händen und schaute sie hoffnungsvoll an. Sakura hatte sich wieder gefasst, ihre Augen hatten sämtlichen glitzernden Schimmer verloren und sie wirkte wieder so ernst wie eh und je. Sekunden verstrichen, vielleicht auch Minuten. Vielleicht auch metaphorische Jahre. “Okay. Meinetwegen.” Sakura hatte schon vor einem Jahr gewusst, dass sie diesen Kampf früher oder später verlieren würde. Dass sie zurück gehen werden müsse. Aber bei dem Anblick ihrer glückstrahlenden Mutter kam es ihr vor, als müsse es richtig sein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)