Entfernung von iome ================================================================================ Kapitel 3: Erkenntnis --------------------- 3. Kapitel: Erkenntnis Chakotay sah niemanden auf der Brücke an, als er zum Turbolift ging. Vor der Tür blieb er kurz stehen. „Tuvok, Sie haben die Brücke. Bitte übernehmen Sie ab sofort meine Schicht. Ich bin ab jetzt nicht mehr Mitglied dieser Crew. Alles Weitere wird Ihnen der Captain mitteilen.“ Damit trat er, ohne auf eine Antwort zu warten, in den Lift und fuhr zu seinem Quartier. Erst als sich die Tür bereits hinter ihm geschlossen hatte, erwachten auf der Brücke nacheinander alle aus der Schockstarre, in die sie nach seiner Mitteilung verfallen waren. Tom Paris drehte sich zu Harry Kim um und schien ihn stumm fragen zu wollen, ob er etwas wüsste. Doch dieser schüttelte nur den Kopf und auch alle anderen sahen nur fragend in die Runde. Selbst Tuvok, der sehr schnell reagierte und anwies: „Meine Herren, bitte arbeiten Sie weiter. Sie werden sicherlich früh genug erfahren, warum Mr. Chakotay nicht mehr zur Crew gehört.“, war erstaunt gewesen. Eigentlich war er es immer noch. Ein kurzer Impuls zum Captain zu gehen und nachzufragen, was vorgefallen sei, durchlief ihn, doch er gab ihm nicht nach. Zum einen schien es ihm logisch, dass der ehemalige erste Offizier freiwillig gegangen war, denn das Verhältnis des ehemals gut funktionierenden Kommandoduos war seit der Aufbringung der Equinox merklich abgekühlt. Zum anderen aber empfand er zwar selbst keine Emotionen, hatte aber den Verdacht, dass der Captain derzeit lieber in Ruhe gelassen werden sollte. Also wandte er sich seiner Konsole zu und prüfte wieder den Sicherheitsbericht vom Deck 14. Chakotay war unterdessen in seinem Quartier angekommen und wies den Computer an, seine Tür zu sperren und auch keine Rufe zu erlauben. Er brauchte jetzt Ruhe und vor allem keine Nachfragen seitens der Crew, warum er ginge. Wenn sich sein Verdacht bestätigte, dann würden innerhalb einer Stunde sämtliche Besatzungsmitglieder der Voyager wissen, dass er nicht mehr Kommandooffizier war und nicht wenige würden wissen wollen wieso. Doch er wollte sich nicht erklären. Die einzige Person, der er reinen Wein hätte einschenken wollen, hatte ihn eben abgekanzelt. Er verstand sie. Das Gespräch war nicht gut gelaufen. Er hatte gewusst, dass es schlimm werden würde, aber es zu erleben; es zu fühlen, war doch etwas ganz Anderes. Er ließ sich auf die Couch fallen und beugte sich nach vorn. Mit auf den Knien abgestützten Ellbogen hielt er sich die Hände vor die Augen und seufzte laut. Es fühlte sich falsch an. Und doch auch wieder nicht. Einerseits hatte er bewusst versucht, das Gespräch auf einer sehr sachlichen Ebene zu halten, weil er Kathryn nicht verletzten wollte und auch nicht noch mehr verletzt werden wollte, als er es ohnehin schon war. Zum anderen aber hatte ein Teil von ihm gehofft, dass sie aus der Rolle des Captains fallen würde und ihm einen Grund gäbe zu bleiben. Als es dann aber aussah, als würde das tatsächlich passieren, hatte er ihr nicht geantwortet. Wer konnte schon wissen, was geschehen wäre, wenn er ihr ehrlich gesagt hätte, warum er ging? Stattdessen war er der Frage ausgewichen und das Gespräch hatte den bekannten hässlichen Verlauf genommen. Er drückte seine Handballen so fest gegen die Augen, dass er Sterne hinter den Lidern tanzen sah. Das alles hatte keinen Sinn. Er stand auf und ging ins Bad. Das Gespräch war Vergangenheit und ließ sich nicht mehr ändern. Außerdem war er sich nicht mehr sicher, ob er etwas hätte ändern wollen. Sein Entschluss zu gehen war nach reiflicher Überlegung gefallen. Nun zurück zu rudern war nicht seine Art. Entschlossen streifte er also ein letztes Mal im Leben seine Sternenflottenuniform ab, entfernte den Kommunikator und entsorgte die Uniform im Recycler. Es war ein seltsames, aber auch befreiendes Gefühl und Erleichterung erfüllte ihn, als die Uniform verschwunden war. Ab jetzt gehörte er wieder nur sich selbst. Unterdessen saß sein Captain noch immer hinter dem Schreibtisch und starrte auf seine Rangabzeichen, die verstreut vor ihr auf dem Teppich lagen. Die anfängliche Wut war nun Fassungslosigkeit gewichen und je länger sie darüber nachdachte, was hier und heute geschehen war, desto unwirklicher erschien es ihr. Ging Chakotay tatsächlich? Und wenn ja, warum? Nur wegen der Sache mit der Equinox? Oder gab es da noch mehr, dass er vielleicht nicht ausgesprochen hatte? War sie daran schuld oder wäre er sowieso irgendwann gegangen? Die Fragen kamen und gingen in reger Folge immer wieder und sie wusste keine davon zu beantworten. Die wichtigste Frage aber war: Wie zur Hölle sollte sie ohne ihn weiterleben? Ohne seine Stärke, die er sogar ausstrahlte, wenn er gar nicht in ihrer unmittelbaren Nähe war. Ohne seine Kameradschaft; seine Freundschaft, auf die sie sich immer verlassen und stützen konnte. Und letzten Endes auch ohne die Option einer Beziehung. Sie schloss resigniert die Augen, als sie an diesem Punkt angelangte. Gerade war ihr eingefallen, was Chakotay vorhin gesagt hatte. Er könne an Bord des Schiffes nicht das haben, was er sich für sein Leben wünsche. Meinte er sie? Ging er, weil sie nie auf seine unaufdringlichen, aber stetigen Avancen eingegangen war? Verflucht, wahrscheinlich war das tatsächlich der Grund. Das gepaart mit ihrem Verhalten ihm gegenüber in der Equinox Angelegenheit. Sicherlich hatte er daraus geschlossen, sie empfände nichts für ihn. Welch eine Fehleinschätzung! Es war nicht so, dass sie gewillt war, eine Beziehung mit ihm zu führen. Das konnte und durfte sie auf diesem Schiff nicht, aber das hieß nicht, dass sie nichts für ihn empfand. Ganz und gar nicht! Kathryn Janeway atmete tief ein, stand auf und sammelte Chakotays Rangabzeichen wieder ein. Sie ließ sie in ihre Hosentasche gleiten und blieb kurz unschlüssig stehen. Wie sollte es jetzt weitergehen? Sie konnte doch nicht vor die Crew treten und ihnen erklären, dass Chakotay sie alle verlassen würde. Nein, für sie stand noch nicht fest, dass er wirklich ging, solange sie nicht noch einmal mit ihm gesprochen hatte. Sie sah auf die Uhr. Ihre Schicht ging gleich zu Ende und heute würde wohl der erste Tag seit sehr langer Zeit sein, an dem sie keine Überstunden machte. Entschlossen fuhr sie sich mit der Hand durchs Haar, strich ihre Uniform glatt und wusste genau, was sie nun zu tun gedachte. TBC Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)