Without You von CharleyQueens (There is no Me) ================================================================================ Kapitel 1: -----------   ~*present*~   Michirus Waffe, ihr Deep Aqua Mirror, rutschte aus ihren Händen und fiel klappernd zu Boden. Erschrocken stolperte die junge Kriegerin zurück und starrte fassungslos auf das Wesen vor ihr. Ein riesiger Geier saß vor ihr und schien sie eingehend zu beobachten, so als wäre sie ein köstlicher Leckerbissen. Eine kleine Maus, mit der er spielen konnte. Bis ihm langweilig war und er sie einfach verschlingen würde. Dieser Geier, deren Flügel zerfetzt waren. Seine Federn waren an mehreren Stellen ausgerissen und der lange, dürre Hals war wund gescheuert. Seine Augen leuchteten in einem grellen Gelb und sein Schnabel sah spitz und gefährlich aus. Langsam atmete Michiru ein und aus und versuchte dabei keine ruckartigen Bewegungen zu machen. Dabei stand ihr die Angst genau ins Gesicht geschrieben und sie wünschte, sie könnte einfach weglaufen. Weit weg und einfach vergessen, was sie gerade erlebt hatte. Doch sie konnte nicht weglaufen. Michiru hatte immer gewusst, welches Schicksal die Puella Magi ereilen würde, wenn sie nicht vorher in einem Kampf gegen die Hexen ihr Leben ließen. Nein, das stimmte nicht ganz. Denn dann hätte sie niemals den Pakt mit dem Wesen Kyubey geschlossen. Erst als eine gute Freundin von ihr vor ihren Augen zu einer Hexe wurde, hatte Kyubey ihnen die Wahrheit offenbart…   ~*first view into past*~   “Chibi-Usa!!!” Ein lauter Schrei durchdrang die Stille und vor ihnen stürzte eine junge Frau mit langen, dunkelgrünen Haaren zu Boden. Ihr Arm war ausgestreckt in Richtung eines kleinen Mädchens, dass mehrere Meter entfernt vor ihnen lag. Tot. Erneut schrie die junge Frau ihren Namen und fasste sich dabei an die Brust, als ein stechender Schmerz durch ihren Körper fuhr. “Setsuna, reiss dich zusammen!”, fuhr Haruka sie an. Die junge Puella Magi hatte ihr Schwert erhoben und raste nun auf die Hexe vor ihnen zu, deren langen, dürren Arme immer wieder um sich schlug. Sie war schnell, immer wieder wich Haruka den Armen aus, die wie aus dem Nichts willkürlich aus dem Bündel Haare hervorschossen und nach der jungen Kriegerin schnappten. Immer wieder gelang ihr ein Hieb und die Hexe verlor Finger, mehrere Hände, ein - nein, zwei - Arme. Dann endlich gelang ihr das, was die drei schon die ganze Zeit geplant hatten. Mit einem entschlossenen Kampfschrei sprang sie hoch und stürzte sich dann, das Schwert nach vorne gerichtet, auf die Hexe, die nun keine Möglichkeiten mehr hatte, sich zu verteidigen. Mit einem einzigen, sauberen Schnitt durchtrennte sie das Wesen. Ein grelles Licht blendete sie kurz, dann fiel das Labyrinth der Hexe in sich zusammen. Und dort, wo gerade eben noch die Hexe stand, schwebte nun eine schwarze Kugel in der Luft, die mit zwei Nadel durchstochen war. Haruka schnappte sich den Grief Seed und drehte sich dann um. Michiru, ihre geliebte Michiru, hockte besorgt neben Setsuna und hatte tröstend einen Arm um sie gelegt. “Ich hätte sie beschützen müssen!”, presste Setsuna hervor, während heftige Schluchzer ihren Körper durchfuhren. Sie war die kleine Tsukino Chibi-Usa, ein junges Mädchen aus der Nachbarschaft, dem Setsuna Nachhilfe gab. So auch heute, doch da Chibi-Usas letzte Arbeit mit einem Sehr gut ausgefallen war, hatte Setsuna beschlossen, die Nachhilfe ausfallen zu lassen und sich stattdessen ein Eis im Park zu gönnen. Dabei regnete es und der Park war menschenleer, doch Chibi-Usa hatte sich nicht daran gestört, die wenigen Regentropfen konnten sie nicht daran hindern, ihr Eis zu essen. Und dann war die Hexe aufgetaucht, die ihre süße, kleine Chibi-Usa ohne Weiteres getötet hatte. “Mach dir keine Vorwürfe, Setsuna!”, sprach Michiru beruhigend auf sie ein. “Du kannst nichts dafür. Es war ein Unfall…” “Wenn wir doch einfach nur gelernt hatten”, unterbrach Setsuna sie. “Aber nein, ich musste ihr ja vorschlagen, dass wir das ausfallen lassen könnten… Was soll ich denn jetzt ihren Eltern erklären? Sie haben mir vertraut und ich … ich konnte nicht…” Sie verwandelte sich zurück und aus ihrer Hand fiel ein eiförmiges Juwel, dass normalerweise in einem dunklen Rot erstrahlte. Nun aber war der Soul Gem glanzlos und trüb und das Rot wurde von einem Schwarz verdrängt, dass immer dunkler wurde. “Haruka!” Michiru deutete auf den Grief Seed, den diese in der Hand hielt. Sie brauchten das Hinterbleibsel der getöteten Hexe um das Juwel wieder zu reinigen. Haruka hob den Soul Gem auf und hielt diesen an das Hexenei. Doch nur wenige schwarze Tropfen wurden dem Juwel entzogen, doch die Schwärze blieb. “Michiru? Du hast nicht zufällig einen auf Reserve übrig?”, fragte Haruka besorgt, doch der trübe Blick ihrer Partnerin verriet ihr alles. Verflixt! Dieser eine Grief Seed hatte nicht ausgereicht, um Setsunas Soul Gem zu reinigen. “KYUBEY!” Laut brüllte sie nach demjenigen, der sie alle drei zu Puella Magis gemacht hatte. “Zeig dich, du widerwärtige Ratte!” “Haruka, du solltest wirklich Manieren lernen. Ohne ein Bitte werde ich beim nächsten Mal nicht mehr auftauchen!” Die Stimme, die kalt und doch gut gelaunt zu gleich, in ihren Köpfen erklang, gehörte einem weißen, fuchsähnlichen Wesen, dass nun auf einer Parkbank saß und sie interessiert beobachtete. “Also, was kann ich für euch tun?” “Setsunas Soul Gem ist komplett schwarz”, erklärte Haruka ihm und zeigte auf das dunkle Juwel. “Sorge dafür, dass es wieder rein wird...” Sie zögerte kurz und fügte dann ein leises “bitte” hinzu. Für einige Sekunden herrschte vollkommene Stille und nur das Prasseln der Regentropfen war zu hören. Dann erklang wieder Kyubeys Stimme per Telepathie in ihren Köpfen. “Selbst wenn ich es wollen würde, aber ich kann ihren Seelenstein nicht reinigen. Nur die Grief Seeds sind dazu in der Lage.” “Dann sag uns, wo wir noch mehr Hexen finden, die wir töten können!” Harukas Blick wirkte entschlossen und gefährlich. Sie umklammerte ihren eigenen, dunkelblauen Edelstein. “Ich glaube, dafür ist nicht mehr genug Zeit”, entgegnete Kyubey seelenruhig. “Wofür?” Michirus Stimme zitterte und trotzdem versuchte sie mutig zu klingen. Ihre Hände tasteten nach vorne und berührten leicht Harukas Finger. Sie fürchtete sich vor dem, was Kyubey ihnen nun sagen wollte. Beide ahnten, dass es nichts Gutes sein würde. “Nun, das könnt ihr gleich selbst erleben”, erklärte Kyubey ihnen und deutete mit seiner Pfote, auf den schwarzen Seelenstein, den Haruka noch immer in ihrer Hand festhielt. Als sie genauer hinsahen, bemerkten sie, dass das Glas voller Risse war. Ein leises Knacken war zu hören und mit einem Mal ließ Haruka den Soul Gem fallen, als hätte er ihr die Haut verbrannt. Setsuna kippte vornüber. Besorgt beugte sich Michiru über und versuchte ihre Freundin zu wecken. “Michiru!” Haruka schob der bewusstlosen Setsuna das Haar aus dem Gesicht und erschrak, als sie die Augen der Kriegerin sah. Denn diese waren von dem gleichen Schwarz wie ihr Soul Gem. “Ich würde nicht mehr Soul Gem sagen”, erklang nun wieder Kyubeys Stimme in ihren Köpfen. “Das, was dort liegt ist ein Grief Seed!” Es fühlte sich an, als hätte jemand einen Schalter in ihr umgelegt. Harukas Körper handelte von selbst, noch ehe sie selbst einen klaren Gedanken fassen konnte. Ihr eigener Soul Gem verwandelte sich in ihre Waffe, das Space Sword. Sie hörte noch, wie Michiru ängstlich rief, sie solle es aufhören, doch da war es schon zu spät. Erbarmungslos hatte sich die Spitze des Schwertes in den dunklen Soul Gem gebohrt und das Juwel löste sich im Nichts auf. “Nun, so kann man das Problem natürlich auch lösen…”   ~*present*~   An diesem verregneten Sommertag vergangenen Jahres hatten Michiru und Haruka erfahren müssen, welch grausames Schicksal eine Puella Magi ereilen konnte. Sie konnten nicht einfach irgendwann sagen, dass sie genug hatten und einfach aufhörten. Wenn sich der Soul Gem eines Mädchens komplett verfinsterte, dann wurde sie, die einst ein Symbol für Hoffnung gewesen war, selbst zu einer Hexe. Den Wesen, die sie jagten und töteten. Wie viele Mädchen hatte sie getötet? Wie viele hatten unwissend ihre Freundinnen, ihre Gefährtinnen getötet und wie viele hatten es nur getan, damit diese neugeborene Hexe keine unschuldigen Seelen töten konnte? Michiru hatte es nicht gewusst und sie würde wahrscheinlich niemals eine Antwort darauf finden. Nachdem Setsuna tot war, hatte sich Michiru tagelang in ihrem Zimmer eingesperrt. Erst Haruka hatte sie wieder herausholen können.   ~*second view into past*~   “Michiru? Darf ich reinkommen?” Nichts war zu hören. Enttäuscht ließ Haruka ihre Hand sinken und wollte gerade wieder gehen, als sie von drinnen Schritte hörte. Ein Schlüssel wurde umgedreht und dann wurde die Tür geöffnet. Zögernd betrat sie das Zimmer ihrer Geliebten. “Wie geht es dir?”, fragte sie Michiru, die mit niedergeschlagenem Blick vor ihr stand. Sie hatte ihre Haare nicht gewaschen und trug den Pyjama, den Haruka nach eigener Aussage “einfach extrem abtörnend und unerotisch” fand und trotzdem war sie für sie das schönste Wesen auf der Erde. Sanft berührte sie ihr Gesicht. “Michiru, ich weiß, dass es weh tut”, erklärte sie ihr. “Glaub mir, es tut mir genauso weh wie dir auch. Setsuna war auch meine Freundin.” Michiru zwang sich zu einem Lächeln, dann sanken ihre Mundwinkel wieder nach unten. “Du hattest keinerlei Probleme damit, als du sie getötet hast”, erinnerte Michiru sie. “Ich hatte keine andere Wahl”, erwiderte Haruka. “Wenn ich Setsuna nicht getötet hätte, dann hätte sie uns getötet. Und nichts wird mich daran hindern, dich zu schützen.” Haruka nahm Michirus Gesicht in beide Hände und küsste sie sanft auf die Wangen. Dann auf ihre geschlossenen Lider, ihre Nasenspitze und schließlich fanden ihre Lippen zueinander. Ihr Kuss war erst zart und sanft und wurde dann immer verlangender und wilder. Michiru wurde nun selbst tätig, ihre Hände glitten zwischen ihre Körper und mit flinken Zügen hatte sie Harukas Hemd aufgeknöpft und es ihr heruntergezogen, sodass ihre Partnerin nur im BH obenrum gekleidet vor ihr stand. Haruka seufzte und zog ihre Freundin dann Richtung Bett.   [later]   “Versprichst du mir etwas, Michiru?” Ihre Fingerspitzen zeichneten sanft die Linie ihrer Wirbelsäule nach. Michiru, die nackt auf dem Rücken lag, blickte Haruka fragend an. “Wenn mein Soul Gem sich verfinstert und ich zur Hexe werde, dann töte mich. Versuch nicht, dich in Gefahr zu bringen, versuch nicht mich zu retten. Wenn ich schon sterben muss, dann wenigstens durch deine Hand…” Michiru sagte gar nichts. Harukas Rationalität war die eine Eigenschaft an ihr, die sie gleichzeitig liebte und hasste. Ihr Verstand sagte ihr, dass es das Beste wäre. Sie konnten nicht wissen, ob es eine Möglichkeit gab Hexen zurückzuverwandeln. Kyubey hatte ihnen gesagt, es gäbe keine und selbst wenn er log, sie wussten nicht, wie sie die Wandlung rückgängig machen könnten. Ihnen blieb nur dieser eine Ausweg. “Und wenn ich es bin, die zur Hexe wird? Wirst du mich auch töten ohne mit der Wimper zu zucken?” Ihre Stimme klang belanglos, doch ihr Blick war ernst und entschlossen. “Das wird nicht passieren.” Haruka beugte sich vor und drückte einen Kuss auf ihre Schulter. “Ich werde dich beschützen.” “Und wenn doch?” “Dann wird es ein schneller Tod werden und du wirst nichts spüren”, versprach sie ihr.   ~*present*~   Michiru hatte es nicht gekonnt. Als sie gesehen hatte, wie Harukas Soul Gem immer schwärzer wurde, hatte sie nichts getan. Selbst als Harukas Soul Gem sich in einen Grief Seed verwandelte und ihre geliebte Haruka zu diesem grässlichen Geier wurde, hatte Michiru es nicht über sich gebracht, sie einfach zu töten. Haruka hatte sie angefleht es zu tun, doch etwas hinderte Michiru. Sie konnte es einfach nicht. Auch wenn sie wusste, dass es ihre Pflicht war als Puella Magi und weil sie es Haruka versprochen hatte. Denn sie konnte Haruka nicht töten, wenn sie danach in einer Welt ohne sie leben musste. Ohne sie war sie gar nichts. Es fühlte sich an, als würde ihr ein wichtiger Teil zum Leben fehlen und Michiru konnte ohne Haruka nicht leben. Sie wollte nicht. Langsam bückte sie sich und hob ihren Spiegel wieder auf. Ein Gedanke reichte und schon verwandelte sie sich zurück, in ihrer Hand lag nun anstelle des Spiegels ihr Soul Gem, der einst in einem strahlenden Türkis erstrahlte. Doch nun war der Glanz weg und der Stein grau und trüblos. Und immer mehr Schwärze breitete sich im Inneren aus. Wenn Haruka jetzt hier wäre - ihre Haruka - dann würde sie alles tun, um Michiru daran zu hindern, was sie jetzt vorhatte. Aber Haruka war nicht mehr und Michiru hatte sich entschlossen. Sie spürte, wie ihr Soul Gem pulsierte und machte langsam einen Schritt nach vorne. Sie würde eher sterben, als in einer Welt ohne Haruka zu leben. Sie würde nicht kämpfen, sie würde sie nicht töten. Mit Tränen in den Augen hob sie ihren Kopf und sah dem Geier in die Augen, versuchte in dem starren Blick noch etwas von ihrer Haruka zu finden. Wieder vernahm sie das Knacken des Juwels, dass ihr schon so bekannt war. Ein Lächeln spiegelte sich auf ihren Lippen und für einen kurzen Moment fragte sich Michiru, ob die Puella Magi, die sie finden würde, mit zwei Hexen zurechtkommen würde. Dann wurde sie in die Finsternis gezogen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)