Legende aus Schatten geboren von Rowanna ================================================================================ Kapitel 8: Vergiftet -------------------- Die Schatten um mich her fühlten sich krank und vergiftet an. Sie waren voll von den unheiligen Kräften, die Ganondorf am Todesberg heraufbeschworen hatte. Er hatte getan, was die Göttinnen verboten hatten. Er hatte, was tot sein sollte, zu neuem Unleben erweckt. Und ich hatte ihm dabei geholfen. Die Schatten sahen alles. Und sie logen nicht. Ich hatte sie verunreinigt mit meiner Tat. Nun klebten sie an mir wie Flecken alten Blutes. Und es würden mehr werden, wenn ich in Ganondorfs Diensten blieb. Wenn unsere Körper aus Schatten bestanden, konnten dann auch wir vergiftet werden? War es das, was Ganondorf bezweckte? In meinem Innern spürte ich Zeldas tröstende Berührung. Noch war es nicht so weit, dass ich mich selbst verlor.   Ich traf Halani im leer gefegten Goronia. Mit widerwilligen Respekt ging sie mir entgegen. „Gute Arbeit, Shiekah. Die Goronen sind gefangen. Und das Brüllen gerade hörte sich tatsächlich nach einem Drachen an.“ Sie nickte zufrieden. „Unser Werk hier ist beendet.“ Ich neigte den Kopf. „Ich kümmere mich noch darum, dass die Gefangenen bis zum Transport sicher untergebracht sind.“ Sie zog eine gezupfte Augenbraue hoch. „Hat da jemand Mitleid?“ Ich sah sie ungerührt an. „Ganondorf mag sie unbeschädigt. Dann hat er länger etwas von ihnen.“ Ich weiß nicht, was sie in meinen Auge gesehen hatte, aber sie wurde blass. „Gut“, sagte sie gepresst. Ohne ein weiteres Wort ging ich an ihr vorbei, betrat Darunias Räumlichkeiten. War sie es am Ende, die Mitleid hatte? Oder trieb sie ein Spiel mit mir?   Den Rest des Tages brachte ich damit zu, Verpflegung zu organisieren und Wunden zu verbinden. Das Schlimmste war, dass ich nur jene verbinden konnten, die körperlich verwundet waren. Gegen den Schmerz und die Angst in den Augen der Gefangenen war ich hilflos. Bei der Verartztung versuchte ich Bemerkungen darüber einfließen zu lassen, dass nicht alle Goronen gefangen waren. Dass dank der Hilfe einiger Widerständler, Darunia entkommen war. Denn wenn die Hoffnung starb, dann waren wir bereits verloren.   Ganondorfs Truppen zogen ab. Der König der Finsternis vertraute darauf, dass der mit seiner dunklen Kraft gestärkte Drache den Helden der Zeit töten würde. Den Transport der Goronen zögerte ich hinaus mit der Begründung, sie seien noch nicht in der Verfassung zu reisen. Ich wusste, dass ich mich auf dünnen Eis bewegte. Doch ich konnte sie Ganondorfs Grausamkeit nicht ausliefern. Ich hoffte, dass Link sie befreien und Vulvagia töten würde. Eingehüllt von der glühenden Hitze des flüssigen Feuers wartete ich auf die Ankunft des Helden der Zeit.   „Shiek!“ Er lief auf mich zu. Seine Stimme und die leuchtenden Augen jagten die vergifteten Schatten fort. „Link.“ Lachend fiel er mir in die Arme. „Ich bin so erleichtert!“ Perplex legte ich ihm eine Hand auf die Schulter. „Schon gut, Link.“ Er strahlte mich an. Doch dann verlosch das Lächeln wie die Sonne, die hinter Wolken verschwindet. „Fast alle Goronen sind fort, Shiek. Und Ganondorf hat Vulvagia erweckt. Darunia ist zum Tempel gegangen, um den Drachen zu besiegen, aber er ist noch nicht zurückgekehrt.“ Eine Welle von Reue und Schuldgefühlen rollte über mich hinweg. Hatte ich das richtige getan? Vielleicht hätte es eine andere Lösung gegeben. Eine, die weniger Goronen ins Unglück gestürzt hätte. Ich drückte seine Schulter fester. „Ich glaube an dich, Link. Du wirst die Goronen befreien. Und du wirst Vulvagia besiegen.“ Ich sah, wie die Hoffnung in seinen Augen leuchtete. „Kannst du nicht mitkommen?“ Unsicher fuhr er sich durchs Haar, mied meinen Blick. „Wenn du dabei wärest, wäre es viel leichter...“ „Wenn ich es könnte, würde ich es tun“, sagte ich ehrlich. Wenn ich weiterhin in Ganondorfs Diensten bleiben wollte, konnte ich mir nicht leisten, bei der Befreiung der Goronen gesehen zu werden. Link nickte, als hätte er mit dieser Antwort gerechnet. „Schon...okay...ehrlich.“ Ich lächelte ihm zu. „Es ist schon spät. Vielleicht können wir ja zusammen rasten?“ Links Miene hellte sich ein wenig auf.   Wir verließen den Todesberg, entkamen dem Qualm und der Hitze. An der Spitze des Todesbergs war die Hitze einer angenehmen Wärme gewichen. Ein frischer Wind zerrte an Kleidern und Haaren. Wenn wir den Blick schweifen ließen, sahen wir Hyrule hinter den schroffen Felsen vor uns ausgebreitet. Ich sah das tiefe Grün der verlorenen Wälder, Das blaue Blitzen des Hylia-Sees. und all die grünen und braunen Schattierungen der Hylianischen Steppe vor uns ausgebreitet. Hyrule war noch immer schön. Ein Ort, für den es sich zu kämpfen lohnte. Wir setzten uns nebeneinander, genossen schweigend die Aussicht. „Es freut mich, dass es dir besser geht“, sagte Link schließlich. Ich sah ihn an. Er blickte noch immer unsicher. Schien sich vorsichtig vorzutasten, um zu schauen, wie weit er gehen konnte, ohne dass ich zurückwich. Ich lächelte traurig. „Danke.“ Es war nur ein Wort. Und es war zu wenig. Ich spürte es, sobald ich es ausgesprochen hatte. Link griff nach meiner Hand. Die Berührung war unschuldig, kindlich. Und vollkommen unerwartet. Ich zuckte. Aber zurückziehen tat ich sie nicht. Link lächelte glücklich. „Vielleicht sagst du es mir eines Tages.“ Ein warmes Gefühl breitete sich in mir aus. „Wenn all das hier vorbei ist, werde ich das.“ „Ist das ein Versprechen?“ „Wenn du das möchtest.“ Link strahlte. Ich wurde aus diesem Jungen nicht schlau. Nicht einmal das Fragment der Weisheit hatte mich auf einen solchen Menschen vorbereiten können. Auf einen Menschen, der das sonnige Gemüt eines Jungen mit dem Mut und dem Verstand eines Erwachsenen kombinierte. Er verwirrte mich ständig. Und er brachte mich aus der Fassung. „Darunia ist mein Blutsbruder“, sagte Link plötzlich. „Meinst du, wir können auch so was machen?“ Ich riss die Augen auf. „Blutbruderschaft?“ „Ja, warum nicht?“ Wieder war da wieder diese Unsicherheit. „Oder...hast du etwas dagegen?“ Ich schüttelte den Kopf. „Nein, überhaupt nicht.“ Link strahlte. Ich zog einen Dolch hervor. Nacheinander schnitten wir uns in den Finger und drückten die blutigen Stellen aneinander. Link sah mich erwartungsvoll an. „Kannst du etwas tiefsinniges sagen? So wie immer?“ Ich lächelte. „Wahre Freundschaft wächst, je länger sie besteht. Sie wächst im Herzen und wird mit jeder Minute stärker...Die leidenschaftliche Blüte der Freundschaft, die jetzt schon in dir reift, wird dir weisen den richtigen Weg...“ Link sah mich glücklich an. Sein fein geschnittenes Gesicht wurde vom Rot des Sonnenuntergangs beleuchtet. Sein unbeschwertes Lachen berührte mich auf eine Weise, wie ich noch nie berührt worden war. Ich holte meine Lyra hervor. „Diese Melodie sei der Kraft der Freundschaft gewidmet. Lausche nun dem Bolero des Feuers.“ Kaum flohen die ersten Töne wie Funken in die Nacht, hatte Link bereits in mein Spiel eingestimmt. Wir ergänzten uns perfekt in diesem Lied, waren wie zwei Seiten einer Medaille, wie Licht und Schatten verschieden, doch im Feuer zusammen geschmiedet.   Link schlief schon lange. Doch ich war noch wach, schaute hinauf in den Sternenhimmel. Federleicht ließ sich ein glühender Lichtpunkt auf meiner Decke nieder. „Navi“, sagte ich leise, um Link nicht zu wecken. Die kleine Fee schaute mich lange an. Ich wusste nicht, wonach sie Ausschau hielt und ob sie es fand, doch schließlich begann sie zu sprechen. „Link liebt Hyrule“, sagte sie ebenso leise. „Seine Flüsse und Wälder, seine Berge und Seen. Doch noch mehr liebt er die Menschen, die darin leben. Der Grund, warum er sich nicht entmutigen lässt, ist , weil er für die Menschen kämpft, die er liebt, Shiek. Aber das macht ihn auch verletzbar. Verletze ihn nicht Shiek.“ In der Stimme der kleinen Fee lag ein ungewöhnlicher Ernst. Und in dem schalkhaften „Sonst bekommst du es mit mir zu tun“, lag auch so etwas wie eine Drohung.   Obwohl ich noch viele Stunden wach gelegen hatte, wachte ich vor Link auf. Die Morgensonne verwandelte den Himmel in ein Farbenspiel aus rosa und Gold. Die Luft war noch kühl, doch es versprach ein schöner Tag zu werden. Ich fachte das Feuer vom Abend wieder an, begann getrocknetes Fleisch darüber zu braten. Link erwachte von dem Geruch. Mit zerzaustem Haar setzte er sich verschlafen auf. Als er mich sah, schlich sich ein warmes Lächeln auf seine Züge. Dann glitt sein Blick weiter zu dem brutzelnden Fleisch. „Ah, essen“, sagte er begeistert. Ich reichte ihm einige fertige Stücke. „Verbrenn dich nicht.“ Ich sah Link einige Zeit beim essen und pusten zu.  Er wurde wacher, begann ebenfalls mich zu beobachten. „Warum verbirgst du eigentlich immer dein Gesicht? Gehört das auch zu deinem großen Geheimnis?“ Ich lächelte. „Das ist ein anderes Geheimnis, Link.“ "Wie viele davon hast du eigentlich?“, wollte Link kauend wissen. „Das ein oder andere.“ „Mhmm.“grummelte er, „Und ich muss damit leben, ja?“ Ich grinste. „Vielleicht tue ich ja auch nur so, als wenn ich Geheimnisse hätte. Um eine mystische Aura zu erzeugen.“ Lachend warf Link eine Decke nach mir. „Ich gebe dir gleich deine mystische Aura!“ Eine verschlafene Navi schwebte aus Links Mütze hervor. „Was gibt es denn zu schreien, am frühen morgen?“ Anklagend, aber immer noch ein Grinsen im Gesicht, zeigte Link mit einem Finger auf mich. „Shiek ärgert!“ Navi gab ein klingendes Lachen von sich. „Was?! Niemand ärgert Link, wenn ich in der Nähe bin!“ Im nächsten Augenblick hatte ich es mit einem jungen Mann und seiner Fee zu tun. In unserem lachenden Gefecht vergaßen wir für einen Augenblick die Last auf unseren Schultern. „Gib... auf“, sagte Link schnaufend, als ich gegen die Übermacht gefallen war. „Ich...bin euch... nicht gewachsen“, brachte ich hervor, als er den Schwitzkasten ein wenig lockerte. „Begleitest du mich zum Eingang des Feuertempels, wenn ich dich los lasse?“ Noch immer spielte ein Lächeln um seine Lippen. Aber in seinen Augen sah ich, wie ernst ihm die Frage war. Ich nickte und seine Augen begannen zu leuchten. Plötzlich wurde mir bewusst, wie nah wir uns waren. Ich konnte seinen noch immer heftigen Atem warm auf meinen Wangen spüren. Ich hätte nur die Hand heben müssen, um sein Gesicht zu berühren. Verwirrt von meinen eigenen Empfindungen befreite ich mich aus seinem Griff. „Bist du so weit?“ Eine leichte Röte hatte sich auf Links Wangen geschlichen. Er wandte sich von mir ab, trat das Feuer aus. „Na klar. Immerhin gibt es einen Drachen zu töten.“ Gemeinsam gingen wir den Weg zurück in den Todesberg. Die Hitze wurde mit jedem Schritt unerträglicher. Rote Flammen leckten über den ausgebrannten Stein und das Magma tauchte das Innere in ein rötliches Licht. Als wir die Brücke erreichten, die zum Eingang des Feuertempels führte, flirrte die Luft und der Atem stockte. Dort vernahm ich Ganondorfs Ruf wie einen kalten Griff um mein Herz. Ich versteifte mich. Link hatte die Veränderung in meinem Gesicht bemerkt. „Was ist los?“ „Link...“, sagte ich wehmütig. „Wir werden uns wiedersehen.“ Wir standen uns gegenüber, schauten uns an. Dann schien Link eine Entscheidung zu treffen. Er rannte auf mich zu. Ich hatte vor, in die Schatten zutreten, wie ich es immer tat. Doch die Schatten um mich her waren noch immer verseucht. Sie gehorchten mir nicht, wie sie es sonst taten. Auf einmal war da eine Wand aus Feuer. Link konnte gerade noch stoppen, bevor die Flammen ihn erreichten. Verwirrt blickte er mich an. Ich war genauso ratlos wie er selbst. Doch dann folgten die Schatten meinen Ruf. Und sein fragendes Gesicht verschwand mitsamt dem Feuer und dem Todesberg. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)