Legende aus Schatten geboren von Rowanna ================================================================================ Kapitel 4: Verraten ------------------- Ganondorfs Turm lag wie eine Pestbeule in der Landschaft. Der Hauch von Hass und Tod, der von ihm ausging, hatte das Land ringsum vergiftet. Nichts Lebendiges gab es mehr. Nur der Wind heulte verloren über dem blanken Gestein. Dort, wo einst Schloss Hyrule inmitten blühender Wiesen gestanden hatten, schwebte nun ein Hort des Wahnsinns, eingehüllt von dem fahlen Licht einer Lava-Grube. Es gab weder Weg noch Steg zu dieser Festung des Grauens. Keine Armee, nicht einmal ein einziger Mensch, konnte dort eindringen, wenn der Herr der Finsternis es nicht wünschte. Nun, aber ich war kein Mensch. Schnell war der Wurfhaken in dem schwarzen Gestein der Feste verhakt. Ich schwang mich über den Abgrund. Rauch und der Gestank nach Schwefel nahmen mir Luft und Sicht. Fast blind pralle ich gegen das Gestein der Feste, konnte mich nur mit Mühe halten. Doch schließlich fanden meine Hände und Füße halt und ich begann mich an der Fassade hinauf zu ziehen. Immer wieder wurden Feuerflatterer auf mich aufmerksam, versuchten mich in den Abgrund zu stoßen. Doch meine Wurfsterne waren schneller als ihre brennenden Flügel. Dennoch war ich mir nur zu bewusst, dass unter mir eine Grube aus Feuer wartete, die mich zu vernichten drohte, sollte ich meine Füße ein einziges mal falsch setzen. Ich atmete auf, als ich ein Fenster erreichte und mich endlich in das Innere ziehen konnte. Ich stand auf einer hohen Treppe, die mit einem roten Teppich ausgelegt war. Auf dem weißen Marmor schimmerte das Rot wie frisches Blut. Fackeln knisterten an den Wänden und warfen schillernde Lichter über das weiß. Ich folgte der Treppe hinauf, folgte ihren zahlreichen Windungen, bis es nicht mehr weiter ging. Ich wusste, bald würde ich dem König der Finsternis gegenüberstehen. Ihn zu töten war zwecklos, nun, da er das Fragment der Kraft in Händen hielt. Einzig das Master-Schwert wäre in der Lage, Ganondorf noch etwas anzutun. Doch es gab andere Dinge, die getan werden mussten. Dinge, die dafür sorgten, dass das Master-Schwert eines Tages sein Ziel finden konnte. Der Held der Zeit musste geschützt werden. Gleichgültig, was ich von ihm hielt. Er war die Hoffnung Hyrules. Und wichtiger als jeder andere. Ich klopfte und öffnete die Tür. Rote Augen, in denen kein Hauch von Menschlichkeit mehr lag, blitzten in meine Richtung. Eine unsichtbare Macht drückte mich gegen die Wand und presste mir die Luft aus den Lungen. Ich fühlte mich wehrlos. Hier waren keine Schatten, die mich schützten. Denn selbst diese flohen vor dem König der Finsternis, wenn er sie nicht mit seinem Gift verseuchte. Ohne sichtliche Mühe hielt er mich schwebend gegen die Wand gedrückt. Auf dem grünen, nur entfernt menschlichen Gesicht, erschien ein verzerrtes Grinsen. Doch die Augen blickten kalt, berechnend in die meinen. Er ging auf mich zu. Sein rot-goldener Königsmantel schwebte hinter ihm, ohne den Boden zu berühren. Die Aura, kalter, roher Macht, ohne Mitleid, ohne Menschlichkeit, schlug mir entgegen. Ich bebte. Noch immer versuchte ich vergeblich nach Luft zu schnappen. Punkte tanzten vor meinen Augen. „Ein Shiekah...“ Er sprach die Worte mehr zu sich selbst als zu mir. Dennoch schnitten sie durch die Stille wie kaltes Glas. „Solltest du es nicht besser wissen, als mich töten zu wollen?“ Diesmal waren die Worte an mich gerichtet. Doch der Druck auf meinen Hals war zu stark für eine Antwort. Er trat noch näher heran. Ich konnte seinen heißen Atem über meinem Gesicht spüren. „Kein Blut fließt durch meine Adern. Kein Messer kann meine Haut ritzen. Ich bin mehr göttlich als menschlich, kleiner Shiekah.“ Was hast du dir dabei gedacht, hierher zu kommen?“ Seine Stimme klang jetzt fast sanft. Ein fast verträumtes Lächeln lag auf seinen Lippen, während er mir bei meinem Kampf um Luft zusah. Mein Blickfeld verschwamm immer mehr. Nur noch entfernt drang seine Stimme an mein Ohr. „Was erhebt ihr Schatten euch gegen den König der Finsternis?“ Plötzlich ließ der Druck nach. Ich wurde zu Boden geschleudert. Keuchend und nach Luft ringend lag ich zu Ganondorfs Füßen. Ein Tritt presste mich erneut gegen die Wand, presste das bisschen Luft aus meinen Lungen, dass ich gerade wieder eingesaugt hatte. „Wer schickt dich?“ Er sprach nicht laut, doch seine Stimme klingelte in meinen Ohren. „Niemand, Herr“, würgte ich hervor. Ein erneuter Hieb ließ mich aufkeuchen. „Wer schickt dich?“ Kein Shiekah arbeitet aus eigenem Antrieb!“ „Doch, Herr“, brachte ich mühsam hervor. „Ich bin hier, um Euch zu dienen.“ Die unsichtbare Macht hob mich vom Boden, so dass ich vor Ganondorf in der Luft schwebte. „Mir dienen? Interessant? Warum solltest du das wollen?“ Die Schläge und der Luftmangel hatten meine Gedanken konfus und unzusammenhängend gemacht. Verzweifelt kämpfte ich darum, die Augen offen zu halten. „All die Jahre“, würge ich hervor, „haben uns die Hylianer versklavt und an sich gebunden. Wir haben ihre Schlachten gekämpft und sind für sie gestorben. Ohne ein Wort des Dankes, haben wir unsere Leben für sie gegeben. Sie sind Sklavenhalter. Doch du kämpfst gegen die Hylianer. Wenn du siegst, dann sind wir frei.“Ich betete zu den Göttinnen, dass sich der König der Finsternis nie mit uns Shiekah auseinandergesetzt hatte. Wir gaben unsere Geheimnisse nicht preis, doch wer wusste, welche Geheimnisse einer Folter standhielten? Wir Shiekah waren die ständigen Begleiter der Hylianer, ganz so, wie die Kokiri Feen besaßen. Jeder Kampf der Hylianer war auch der unsrige. Es gab keine Sklaven. Ich wartete bang. Hoffte, dass Ganondorf mir glauben würde. Der König der Finsternis schwieg. Seine Augen waren glühende Kohlen, die sich in meine bohrten „Beweis es“, sagte er ruhig, Ich zwang mich, seinen Blick zu erwidern. „Der Held der Zeit wurde in Kakariko gesichtet. Ich vermute, dass er den Schattentempel aufsuchen wird.“ Wie der Held der Zeit schien auch Ganondorf etwas in meinen Augen zu finden. Er hob eine Hand und strich mit seinem grünen Finger über meine Wange. „Das ist alles? Du kannst für mich nicht mehr tun, als ein gewöhnlicher Späher?“ Ich kämpfte um die Ordnung meiner Gedanken. Spielte er mit mir? Diese Information konnten ihm seine Diener noch nicht gebracht haben. Link konnte gerade erst dort angekommen sein. Und er würde fort sein, noch ehe Ganondorfs Truppen Kakariko aufgesucht hatten. Ich zwang mich fortzufahren. „Ich kann Euch als Spion dienen, Herr. Impa, die Clan-Führerin der Shiekah, wird mir ihr Vertrauen nicht verwehren. Ich kann Euch über ihre Bewegungen informieren.“ Gedankenverloren strichen Ganondorfs Finger über meine Wange. „Impa...sie ist vor wenigen Tagen aus ihrem Kerker in der Gerudo-Festung ausgebrochen. Du weißt davon?“ Ich nickte. „Sie beabsichtigt, Truppen zu sammeln und einen Widerstand gegen euch zu organisieren.“ Ganondorfs Finger sanken zu meinem Hals herab. Einen Augenblick glaubte ich, dass er zudrücken würde, doch er begann nur weiter, mich zu streicheln. Bei jeder Bewegung konnte ich die Klauen an seinen Fingern spüren, während ich noch immer wehrlos in der Luft schwebte. „Ein Doppelagent also. Das wäre in der Tat nützlich...“ Er beugte sich näher zu meinem Ohr. „Ich glaube dir“, sagte er mir zu. Seine Stimme klang fast sanft. „Doch ich werde deine Informationen prüfen lassen. Und sollten sie nicht der Wahrheit entsprechen...“Seine Kralle fuhr zu meinem Hals herunter. Ich spürte einen brennenden Schmerz. Der Riss war nicht tief, doch er begann sofort zu bluten. Er beugte sich über meinen Hals und ich spürte wie seine Zunge über die Wunde glitt. Er beugte sich zurück, die Zunge blutig von meinem Blut. Genießerisch schleckte er sich über die Lippen. „Glaube mir, ich habe mehr Verwendung für meine Gefangenen, als du denkst.“ Er ließ mich los. Kraftlos taumelte ich dem Boden entgegen. „Ich werde dich rufen, wenn ich dich brauche. Willkommen in meinem Gefolge, kleiner Shiekah.“ Sein kaltes Lachen hallte noch von den Wänden wieder als er den Raum längst verlassen hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)