Legende aus Schatten geboren von Rowanna ================================================================================ Kapitel 2: Erlöst ----------------- Einst hatten Ungeheuer aus Knochen des nachts die hylianische Steppe heimgesucht. Alles, was wir jetzt fanden, war Leere. Das Schnauben der Pferde und das Trampeln der Hufe auf dem trockenen Gras waren die Geräusche, die uns durch die Stille trugen. Das Land blutete. Aus den Wunden, die Ganondorf gerissen hatte, floss unablässig das Leben des einst so fruchtbaren Landes. Hyrule starb. Ich hatte es schon zuvor gewusst. Doch es mit eigenen Augen zu sehen, war anders. Die Zugbrücke, die in die einst glänzende Stadt geführt hatte, lag zerbrochen in dem trüben Wasser des Schlossgrabens. Verseuchte Schatten zuckten geisterhaft um die kärglichen Mauerreste dahinter. Dieser Ort war bereits tot. Hier hatten die Kräfte des Lichts versagt. Ich holte tief Luft, bevor wir die zerstörte Stadt betraten. Die Kälte kroch mir in die Glieder. Es war keinen natürliche Kälte, jene, auf die irgendwann wieder ein Frühling folgt. Diese war feindlich, tödlich. Schützend verschränkte ich die Arme vor der Brust. In weißen Wolken schwebte unser Atem vor uns in der Luft. Ich begegnete Impas flammenden Blick. Stumm nickte sie mir zu. In ihren Augen las ich, das Ganondorf bereuen würde. Vor einem der zerstörten Häuser hieß ich ihr abzusteigen. „Das Wächterhaus Hyrules“, sagte sie leise, als wir auf das Gebäude zuhielten. Ich konnte die Kälte in ihren Worten spüren. „Einst war der Eigentümer dieses Ladens eine Wache Hrules“, sagte ich. „Als die Schlacht um Hyrule verloren war, ergab er sich, um sein Leben zu retten. Was wir nun sehen werden ist das, was die Finsternis aus ihm machte.“ „Ich kannte die Wache, die hier Ihren Dienst versah. Er interessierte sich schon immer für Geister. Sein Name war Jensen.“ „Und so heißt er noch.“ Ich öffnete die Tür. Fackellicht zuckte über den steinernen Boden, über eine große Anzahl tönerner Krüge. Auf einem Bett saß eine Gestalt in zerrissener Kutte. Die weißen Fetzen wurden von einem roten Gürtel zusammengehalten, auf dem das Triforce-Symbol prangte. Bleiche Gliedmaßen streckten sich daraus hervor, wippten zu einem Lied, das weder wir noch die Schatten hörten. Im Takt aber schlug ein langer Stock, den das Wesen in der Hand hielt. Eine violette Kapuze hatte es tief über die Stelle gezogen, an der sein Gesicht sein sollte. Doch da war nichts, außer pulsierendem Schatten aus dem ein einziges rotes Auge ragte. Obwohl der Käfig, der über seinem Kopf angebracht war, ein geisterhaftes Leuchten verströmte, reichte es nicht aus, um diese Schwärze zu erhellen. „Zwei so hübsche Gesichter...willkommen...hehehe. Willkommen in meinem Gespensterladen.“ Die Stimme erstarb und das Auge weitete sich, als er Impa erkannte. In der plötzlichen Stille fiel klappernd ein Stock zu Boden. „Bei den Göttinnen! I-ihr lebt!?“ „Sei mir gegrüßt, Jensen.“ Impas Gesicht verriet nichts, als sie es über den Händler gleiten ließ. Doch Zelda wusste es besser. In der Shiekah kämpften zahlreiche Gefühle um ihre Vorherrschaft. Abscheu, Mitleid, aber vor allem Wut. Hilflose Wut. Ein Zittern durchlief den unförmigen Körper des Wesens. „I-ihr habt mich erkannt?“ Auffordernd sah Impa auf ihn herunter. „Das hat man Euch zu entgegnen gelehrt, Wachmann?“ Jensen sprang von dem Bett auf, nahm Haltung an. „Nein, Kommandantin.“ Noch immer zitterte die Rührung in seiner Stimme. „Hört zu, Wachmann. Ich habe folgende Befehle an Euch: Erstens: Ihr werdet mir und Shiek Unterschlupf gewähren. Zweitens: Keine Informationen über unseren Aufenthalt hier werden Ganondorf oder seinen Schergen zu Ohren kommen. Und drittens: Sollten Hylianer oder andere Gegner Ganondorfs auftauchen, werdet Ihr sie nach bestem Wissen und Gewissen unterstützen. Habt Ihr mich verstanden, Wachmann?“ Ich vermeinte in dem einen Auge der Kreatur Tränen zu erkennen. „Jawohl, Kommandantin. W-wartet...ich sorge rasch für zwei weitere Lager. Und zu essen natürlich...“ Er hastete zur Tür. Bevor er sie aufstoßen konnte, hielt Impa ihn zurück. „Wachmann? Ich danke Euch, das Ihr bis heute Stellung gehalten habt.“ Die Erwiderung war nichts als ein brüchiges Flüstern. „Und ich Euch für das Wunder, das Ihr überlebt habt.“ hastig fiel die Tür hinter ihm ins Schloss. Nachdenklich sah Impa ihm nach. „Früher habe ich ihn für einen Schwächling gehalten.“ „Manche bewähren sich erst, wenn die Not am größten ist.“ Impas Blick fuhr zu mir herum. „Shiek! Wir müssen den Widerstand organisieren! In ganz Hyrule muss es Wesen geben, die willens sind zu kämpfen! Finden wir sie! Kämpfen wir für die Freiheit Hyrules!“ Ich lächelte ihr zu. „Ich hatte gehoffft, dass du das sagen würdest. Dein Schwert und deine Entschlossenheit wird viele daran hindern, die Hoffnung zu verlieren. Ich werde dir helfen, wo ich nur kann. Aber meine Aufgabe wird eine andere sein.“ Sie blickte mich an. „Was hast du vor?“ Ich erwiderte ihren Blick. „Unsere erste Aufgabe muss es sein, den Held der Zeit zu schützen. Er ist der einzige, der Ganondorf, Kraft seines Mutes, mithilfe des Master-Schwertes besiegen kann. Nur er kann das Böse vernichten! Der Widerstand muss so koordiniert werden, dass er Ganondorf nicht nur empfindliche Schläge versetzt. Er muss den Blick des Herrn der Gerudos vom Auserwählten fern halten. Nur wenn wir ihn ablenken, wenn wir seine Aufmerksamkeit von Link fern halten, wird es gelingen, das er die Weisen befreien und eines Tages den Großmesuter des Bösen selbst zu vernichten vermag.“ Ich sah, das Impa meinen Gedanken folgte. „Das wäre wünschenswert. Funktionieren wird es aber erst, wenn es uns gelingt, einen Spion in Ganondorfs Reihen zu integrieren.“ Sie maß mich mit Blicken. „Das ist es, was du vor hast?“ Ich lauschte in mich hinein, spürte Zeldas Zustimmung. „Die Prinzessin wünscht es so.“ „Mir ist nicht wohl bei dem Gedanken, die Prinzessin so nahe bei Ganondorf zu wissen.“ „Sie wird dort sicherer sein, als bei dir, Schwester. Auf dir wird Ganondorfs Blick liegen, während der Held der Zeit die Weisen befreit.“ Wir sahen uns lange an. Dann senkte sie den Blick. „Ich würde mein Leben geben, um sie zu schützen“, sagte sie leise „Ich weiß“, sagte ich. „Und sie weiß es auch.“ Eine Weile war nur das Knistern der Fackeln zu hören. „Du wirst ihm Informationen liefern müssen, um deine Stellung zu halten“, sagte sie schließlich. Ich nickte ihr zu, dankbar, dass sie mich und Zelda gehen ließ. „Ich hatte vor, mich in dein Vertrauen zu schleichen und deine Pläne dann an Ganondorf weiter zu geben. Mit kleiner Verspätung, versteht sich.“ Ein leises Lächeln war in ihren Mundwinkeln zu erahnen. Ohne Zeldas Hilfe hätte ich es nicht erkannt. „So könntest du uns jederzeit über seine Pläne unterrichten, ohne Verdacht zu erregen.“Dann verschwand das Lächeln. „Das wird ein gefährliches Spiel, Bruder.“ Ich sah sie ernst an. „Habe ich deine Unterstützung?“ „Ich bin nicht glücklich, über diese Entscheidung. Aber ich werde tun, was getan werden muss.“ Ich verneigte mich nach Art der Shiekah, indem ich die Fäuste aneinanderlegte. „Ich danke dir, Schwester.“ Die Tür öffnete sich. Jensen balancierte ein Tablett mit Töpfen herein. Ein wenig beklommen sah ich ihm zu, wie er das Tablett vor uns abstellte. „Es ist das beste, was ich auf die Schnelle auftreiben konnte, Kommandantin. Die Betten kommen sofort.“ Gleich verließ er das Haus aufs neue. Ich sah zu, wie Impa unsere Schalen füllte. Der Eintopf wirkte essbar, wenn ich das denn beurteilen konnte. Es war das erste mal, das ich in einem Körper essen würde. Impa warf mir einen amüsierten Blick zu. „Mit der Zeit gewöhnt man sich daran.“ Dann fiel sie über ihre Portion her wie ein verhungerter Wolf. Ich hantierte mit dem Löffel herum und spürte Zeldas schalkhaftes Kichern. Darauf bekam ich beim Schlucken einen Hustenanfall, der erst durch einen beherzten Schlag Impas auf meinen Rücken unterbrochen werden konnte. Es war ein glorreiches erstes Mal. Mit Zeldas Erinnerungen abgeglichen, hatten die Fleischstreifen eine lederne Konsistenz. Ich tippte auf Ratte Bevor Impa ein drittes Mal nach nehmen konnte, erschien Jensen mit Decken und Strohmatten. Als sie sich auf eine der Matten bettete, fiel mir ein, wie erschöpft sie eigentlich sein musste. Auch wenn sie wie ich ein Schatten war und ihr Körper anderen Gesetzen unterworfen, Jahre der Gefangenschaft, dann ein Ritt durch die ganze Nacht. Auch für eine Shiekah war sie großen Strapazen ausgesetzt gewesen. Als ich mich erhob, war sie schon fast eingeschlafen. „Wohin gehst du?“, murmelte sie in das Stroh ihrer Matratze. Ich lächelte. „Es gibt da jemanden, den ich in der Zitadelle der Zeit willkommen heißen muss.“ Zum ersten mal sah Impa wirklich erleichtert aus. „Sind die sieben Jahre endlich vorüber?“ „Der Fluss der Zeit ist unaufhaltsam. Und Tosend werden seine Wellen über der Festung der Ignoranz zusammenschlagen, die der König der Finsternis errichtete.“ Langsam atmete Impa auf. „Dann können wir wieder hoffen. Pass auf sie auf, Shiek. Auf die Prinzessin...und auf den Held der Zeit.“ Ernst neigte ich den Kopf. „Mit meinem Leben.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)