Via Inquisitoris - Cum tacent clamant von Hotepneith ================================================================================ Kapitel 2: ----------- Sarah war ein wenig verwundert, als sie in ihrem Hotelzimmer feststellte, dass es sogar im Bad einen Fernseher gab, aber nun gut, sie musste ihn ja nicht anmachen. So beeilte sie sich nur mit dem Duschen und Umziehen, da Daniel unten wartete. In der Annahme, dass das besser ankäme, zog sie sich Jeans und T-Shirt an. Warm genug war es ja. Und die Pistole des Kadash ließ sie, sorgfältig gesichert, zurück. So kam sie in die Halle. „Tut mir Leid, ich bin später dran“, entschuldigte sie sich sofort, als sie den FBI-Agenten in der Vorhalle sitzen sah. „Vierzig Minuten, oder?“ „Ja, aber dafür habe ich Neuigkeiten. Dr. Philips und der Sheriff wollen zu einem Tatort fahren. Wir sind über die Interstate in ungefähr zwei Stunden da.“ „Übernachten wir dann in … Fort George?“ Sie folgte ihm. „Nein, da können Sie schon wieder her. Und hier ist mein Büro. Die Informationen gehen hier ein.“ „Gut.“ Sie musste sich wohl an die Entfernungen in Texas gewöhnen. „Welche Informationen? Wie die drei Opfer starben?“ „Das ist klar, die Berichte der Gerichtsmedizin liegen vor. Ich kann Ihnen später auch Fotos zeigen, wenn Sie wollen.“ „Oh, ich habe genug Tote schon gesehen, keine Sorge. Leider. - In Edinburgh waren Kinder dabei.“ „Ich verstehe.“ Schön sie war wohl wirklich Profi. Nun gut, anders hätte Interpol sie auch kaum geschickt. Sie wirkte vermutlich nur so harmlos, ja, damenhaft. Wobei, hatte er nicht in der Ausbildung in Quantico gelernt, dass man nie nach dem Äußeren gehen sollte? Sie arbeitete als Beraterin der Polizei – da war ihr Verstand sicher wichtiger als ihr Aussehen. „Hier, mein Auto. - Auf der Fahrt kann ich Ihnen ja etwas über die toten Frauen erzählen. Oder lesen Sie die Akte?“ Es gab genug Leute, die in einem Auto nicht lesen konnten. „Ja, ich lese.“ Sarah waren menschliche Schwächen wie Übelkeit seit mehr als einem Jahrhundert fremd. „Gut, ich mache nur einen kleinen Umweg bei mir zuhause vorbei, wenn es Sie nicht stört. Ich brauche einen neuen, aufgeladenen, Handyakku und habe ihn heute Morgen vergessen, als die Nachricht aus Europa kam.“ „Natürlich, wie Sie wollen, Daniel.“ Sie klang wirklich sehr europäisch, altmodisch, dachte er. Nett, irgendwie. „Hier, jedenfalls, die Akte.“ „Danke, ich lese dann auf der Interstate, das ist die Autobahn hier, ja?“ „Ja.“   Eine halbe Stunde parkte der Agent vor seinem Haus und Sarah sah sich neugierig um. Gerade Straßen, hier auch mit Bäumen, alle Häuser gleichförmig, die Giebel der Straße zugewandt, gleich große Gärten, die Vorgärten einfach mit Rasen bedeckt. Da sie englische Cottages kannte, vermisste sie Blumen, Rosen, aber das war hier wohl so. Sehr … grün … Und sehr gleich. Irgendwie. Sie sollte jedoch solche Vorurteile beiseite lassen. Sie war der Inquisitor und sie hatte ihre Pflicht zu tun. So schlug sie die Fotos während der Wartezeit nach. Ja, eindeutig. Bisswunden, die denen eines Vampirs nur zu ähnlich waren, dazu Schnittspuren. Edinburgh, Mexiko … Ein Vampir und Gebissene? Oder wollte das jemand vortäuschen? Sie benötigte dringend Informationen über die Vampire hier und im Umfeld. Drei tote Frauen waren genug.   Auf der gleichförmigen, geraden Interstate las sie weiter. Die jungen Frauen waren alle zwischen zwanzig und fünfundzwanzig gewesen, aber das war auch die einzige Gemeinsamkeit. Verheiratet oder nicht, Bedienung in einem Café und Ärztin ... Sie sah zu ihrem Fahrer. „Die Frauen kannten sich definitiv nicht.“ „Nein. Keine gemeinsame Schulen, nicht einmal die gleiche Apotheke oder ein gemeinsamer Arzt. Nichts zu finden.“ „Was an sich schon fast verdächtig ist“, murmelte Sarah. Der Agent warf ihr einen überraschten Blick zu. „Ja, das klingt nach Dr. Philips, der meinte auch, dass es einen gemeinsamen Punkt geben muss, wir haben ihn nur noch nicht gefunden. - Ich habe übrigens in allen Bundesstaaten nach ähnlichen Morden angefragt, aber das dauert. Ich weiß ja nicht wie das in Europa ist, aber hier werde ungelöste Kriminalfälle nach einem Jahr als cold cases geschlossen und nur dann und wann wieder bearbeitet.“ „Sie glauben, es gäbe weitere Morde?“ „Wenn es wirklich ein Serientäter ist ...“ „Ja, natürlich. Und auf jeden Fall ist es gut, das zu überprüfen. Sie verstehen Ihr Handwerk.“ „Danke.“ Daniel McGraw lächelte etwas. Bei ihr klang das so fern von jeder Anmache, einfach ehrlich. Sie war wirklich sehr europäisch. Er sollte aufpassen, dass er sich nicht blamierte. Das war eine echte Lady. Sie schloss die Akte. „Waren die Frauen vor oder nach den Schnittwunden tot?“ „Nach, aber das war nicht die Todesursache. Das war Herzversagen, insgesamt der Blutverlust und der Schock. Und diese Bisse sind besorgniserregend.“ „Aber die können nicht nachgemacht sein?“ „Was meinen Sie, Sarah?“ „Ich hatte in Nordengland einen Fall, in dem ein Mörder solch ein Gebiss aus Stahl nachmachte, damit es wie ein Vampirbiss aussah.“ „Oh. Nein, es wurden offenbar Speichelreste gefunden. Es muss … wirklich zugebissen worden sein. Und das ist bestimmt ein schmerzhafter Tod.“ „Ohne Zweifel.“ Sarah erinnerte sich nicht an die Gebissenen, die sie überfallen hatten, aber sie konnte es sich vorstellen. „Umso wichtiger wäre es den Schuldigen zu finden. Oh, damit ich nicht nochmal blättern muss – hatten die drei Frauen die gleiche Blutgruppe?“ „Nein, nicht einmal das.“ Sie hatte wirklich Ahnung. Sarah hörte ihr Handy klingeln und nahm es. Ein fremder Rufton. Wer? Sie las die vorsichtig formulierte Nachricht. „Alte Freunde meinten Sie suchen eine Adresse. Falls Sie mehr wissen wollen, fragen Sie in Houston im Club Friends of Night. Die Besitzerin wird Sie erkennen.“ Der Absender stammte anscheinend aus den USA und Sarah bewunderte unwillkürlich ihren Vater. Der hatte sich über den Rat oder als Ratsmitglied mit einem der ältesten Vampire hier in Verbindung gesetzt. Und von diesem kam das garantiert. Sie hob den Kopf. „Daniel, sagt Ihnen der Club Friends of Night etwas, hier in Houston?“ „Oh, Sie haben in der Tat gute Verbindungen. Ja, wir haben diesen so genannten Vampirclub schon überprüft. Aber es ist natürlich nicht verboten abends trinken zu gehen, tanzen zu gehen und sich dabei als Vampir zu verkleiden. Die Besitzerin ist eine Dolores d´Arberville. Unauffällige Frau, keine Vorstrafen, was in der Branche was heißen will. Aber gerade auch keine Prostitution, nichts.“ Da wahrte jemand anscheinend die Regel der Unauffälligkeit. Und für diese Morde würde die Vampirin kaum etwas können. „Mal sehen, aber ich werde ihn mir angucken.“ „Natürlich, wie Sie wollen. Sie sind hier die mit den Verbindungen. Mit Polizeischutz.“ „Ich denke nicht, dass ich ihn benötige. Miss d´Arberville ... Sagen wir, ich bin sicher, sie würde mir nie etwas tun.“ Können. „Nun, wir werden sehen.“ Sarah nickte und sah aus dem Fenster. Irgendwie ein wenig eintönig, die Landschaft. Sie hatten inzwischen die Ausläufer Houstons hinter sich gebracht und jetzt war die Gegend kaum besiedelt. Sie zählte mehr Feigenkakteen und manchmal sogar Rinder als Orte. So fragte sie danach. „Ja, hier der Nordwesten Texas´ ist Teil der High Plains, sehr dünn besiedelt. Rüber nach New Mexiko ist es dann auch so. Das ist hier ziemlich trocken und außer Rinderzucht gibt es praktisch keine Landwirtschaft.“ „Moment. Sagten Sie nicht, die Toten wären in zwei Nachbarorten gefunden worden, einer in Texas, einer in New Mexiko?“ „Ja. Oh, Nachbarorte für hiesige Verhältnisse. Sie liegen hundertfünfzig Kilometer auseinander. Und es sind … kleine Orte. Bedenken Sie dort, östlich von uns, liegt der Llano Estacado. Und das ist definitiv eine Wüste. Die High Plains sind eine Prärie – wenn auch eine … wie heißt es so nett: Kurzgrasprärie. Aber immerhin noch Gras. Wir kommen jetzt bald nach Fort George. Nach hiesigen Maßstäben. Ich rufe mal an.“ Daniel drückte einige Tasten auf seinem Handy, das er in einer Freisprecheinrichtung stehen hatte. „Agent McGraw, Sheriff. Ich bin mit der Beraterin in ungefähr einer halben Stunde da.“ „Ah, gut“, sagte eine weibliche Stimme. „Dr. Philips ist auch schon hier. Dann treffen wir uns gleich an dem Tatort am Kanal. Sie wissen ja, wo.“ „Ja, danke, Sheriff. Bis gleich.“ Er legte auf. „Susan Parson ist der Sheriff der Stadt. Das war der erste Tatort. Opfer die vierundzwanzigjährige Maddalena Corazon.“ „Hispanischer Abstammung, Ärztin am Krankenhaus in Houston, Internistin, unverheiratet. Was machte sie hier?“ „Gute Frage. Aber anscheinend hat Dr. Philips sich den Tatort herausgepickt. Er wollte sich einen typischen Tatort vor Ort ansehen anstatt nur auf den Fotos.“ „Und was daran ist so typisch?“ „Sie halten die Bilder in der Hand“, deutete der FBI-Agent an, verwundert, dass sie es sich nicht angesehen hatte. Sie schüttelte über sich selbst den Kopf. „Entschuldigung. Erst will ich es mir nicht ansehen um es vor Ort zu sehen, und dann frage ich so etwas. Ich bin doch müder als angenommen.“ „Nach der Besichtigung gehen wir einen Kaffee trinken“, bot Daniel prompt an. „Hunger werden Sie auch haben.“ „Ein wenig. Sie nicht?“ Ja, doch, sie hatte Hunger, wenngleich nicht so, dass er es verstehen würde. Sie hatte in London eigentlich auf die Jagd gehen wollen, bereits da den Durst nach Blut verspürt, aber dann war der Anruf gekommen, sie im nächsten Flugzeug gesessen – und hatte ihre Jagd verschieben müssen. Unter den Augen eines FBI-Mannes und eines Profilers jagen zu wollen würde die Regel der Unauffälligkeit wohl mehr als nur verletzen. Das musste noch warten. Hoffentlich nicht zu lange, denn sie wusste, dass sie zu jung war um den Drang allzu sehr beherrschen zu können. Lord John hätte es weitaus weniger ausgemacht auch mal Monate nicht zu jagen – aber er besaß Jahrtausende Erfahrung und sein Körper begann sich umzuwandeln, erneut, bis er eines Tages, wie alle uralten Vampire, auch ohne Blut auskommen würde, gespeist nur aus den Kräften der umgebenden Natur. Auch sie würde das einst schaffen, aber mit nicht einmal zweihundert Jahren lag das noch in weiter Ferne. So lenkte sie ihren Blick lieber von dem Hals des Mannes neben ihr auf die Straße. „Aber ja, ein Kaffee später klingt gut. - Übrigens: wieso ein Kanal? Zur Versorgung der Stadt?“ „Nein. Aber die Rinder auf den Farmen müssen ja auch versorgt werden. Dieser Kanal kommt von einer Quelle und leitet Wasser zu einer Station. Es ist kaum das, ich meine, so groß, wie Sie glauben.“ Er hatte schließlich im Fernsehen mal etwas von einem Kanal zwischen England und Frankreich gesehen. DAS war groß.   Daniel bog von der Interstate auf eine geteerte Landstraße, auf deren Seiten gleich wieder die halbaride Kurzgrasprärie begann. Nur die Masten mit den Leitungen rechts und links zeigten die Anwesenheit von Menschen an – und ab und an Einfahrten zu weit ab liegenden Häusern oder Ranches. Endlich erreichten sie ihr Ziel und Sarah befand, dass das ein wahrlich sehr kleiner Ort war. Eigentlich bestand er aus einer schnurgeraden Hauptstraße, an der rechts und links Geschäfte und ein oder zwei Lokale aufgereiht waren, offenkundig das Rathaus und Sheriffsbüro, einige Häuser noch dahinter. Am Ortsende lag ein riesiger Parkplatz, scheinbar viel zu groß für das Städtchen, mit einem Einkaufsladen und einer Tankstelle. Der Agent wich ein Stück dahinter erneut auf eine kleine Straße ab, eher einen Feldweg, wie die englische Lady befand, Richtung Westen. Einige hundert Meter weiter bog das Sträßchen ab, sozusagen zurück. Ein Stück weiter vor ihnen parkte ein Auto am Rand, mit den kaum zu übersehenden Merkmalen des Dienstwagens des Sheriffs. Eine langhaarige Frau in der entsprechenden Kleidung stand daneben und unterhielt sich mit einem Mann in Jeans und dunkelrotem Hemd. Beide trugen Hut. Sie drehten sich um, als sie das Auto hörten. Dabei sah Sarah, dass neben diesem Feldweg, oder wie immer man das nennen wollte, gleich links der sogenannte Kanal lief, eine kleine, künstliche Wasserstraße, kaum einen Meter breit. Rechts von ihr befand sich ein breites Stück dieser Kurzgrasprärie, gewiss fünfhundert Meter, dann erkannte man bereits den großen Parkplatz des Einkaufszentrums. Abgelegen und doch eigentlich nahe an der Stadt. War es das, was diesen Tatort so typisch machte? Der FBI-Agent stieg aus und so tat sie es ebenso, ein wenig erschrocken aus der klimatisierten Kühle in die pralle Sonne zu gelangen. Das war unangenehm, aber wohl nicht zu ändern. Sie bräuchte auch einen Hut. Dringend. „Guten Morgen, Sheriff, Dr. Philips“, sagte Daniel McGraw. „Das ist Lady Sarah Buxton von Interpol.“ „Sarah“, korrigierte sie sofort lächelnd und nahm die angebotene Hand des Sheriffs Die Frau war ungefähr so groß wie sie, blond mit grauen Einfärbungen im Haar, sicher Mitte Vierzig, eher älter. Ihr Gesicht war sonnengebräunt und kleine Fältchen verrieten, dass sie viel an der Sonne gewesen war. Ihr Handgriff war sehr fest. Ritt sie? „Susan Parson. - Sagen Sie nur auch Susan. Sie haben ja die Unterlagen gesehen. Das ist Dr. Philips.“ „Danke - Dr. Philips?“ Sie wandte sich an den Mann mit kurzen, schwarzen Haaren, der jetzt höflich seine verspiegelte Sonnenbrille abnahm. Sie vermutete, dass er Indianer, nein, Ureinwohner, nein, native american, war, aber wohl auch noch etwas anderes Blut dabei war. Schlecht zu sagen, für sie. Jedenfalls mochte er Mitte Dreißig sein, vielleicht auch Vierzig,und ganz sicher kein Schreibtischhengst. Er war durchtrainiert und gesund, entsprach, wie auch Daniel, ihrem Beuteschema. Es ließ sie ihren Durst erneut spüren und sie verdrängte es, ärgerlich über sich selbst. „Matho“, erwiderte der sofort. „Erfreut Sie kennen zu lernen. Ich habe mir die Sache hier bereits angesehen. Was ist Ihre Meinung?“ Oh. Eine kleine Prüfung für sie? Wie nett ... Aber natürlich wollten die Amerikaner wissen, wen sie sich da eingeflogen hatten. So meinte sie nur: „Die Reifenspuren waren hier auf dem Weg?“ „Ja, praktisch direkt vor meinem Auto.“ Susan deutete nach vorn. „Der Wind hat sie aber schon ziemlich zerstört. Um Glück haben wir die Abdrücke gleich gemacht – nun, der Kriminaltechniker.“   Vermutlich vom Wagen des Täters, hatte es geheißen, denn es gab keine anderen Spuren hier. Außer dem Rancher, dem der Kanal gehörte, fuhr hier niemand. Eigentlich. Sie brauchte nicht zu fragen, wo die Tote gefunden worden war. Selbst in dem kurzen Gras war alles niedergetreten, sicher von der Polizei und der Spurensicherung. So warf sie einen forschenden Blick herum und ging dann langsam zum Ende der Fährte. Ihre feinen Sinne als Jäger der Nacht, zumal hungrig, ließen sie die fast unsichtbaren Reste finden, wo Blut in das Gras gesickert war. Sie blieb stehen und drehte sich erneut um die eigenen Achse. Die Tote lag auf direktem Weg zwischen der Stelle an der der mutmaßliche Täter gehalten hatte, und dem Parkplatz des Supermarktes. Zur Tatzeit war es dunkel gewesen, aber das Einkaufszentrum hatte rund um die Uhr auf und da standen Lampen. Dort war es hell. War es der Ärztin gelungen aus dem Auto zu fliehen und sie hatte dorthin wollen, Hilfe finden? Und der Täter hatte sie eingeholt? Aber, was hatte er hier überhaupt mit ihr wollen? Die Leiche im Kanal verschwinden lassen? Der war kaum tief genug und außerdem wäre ein Grab in der Halbwüste sinnvoller. Das hätte doch niemand gefunden. Die Tote sollte also gefunden werden, oder aber es war dem Mörder egal. Doch ein Vampir, verrückt geworden, genug, um Gebissene zu erschaffen? Denen wäre es vollkommen gleich, ob da eine Leiche gefunden würde oder nicht. Und ihrem Schöpfer wohl auch. Hm. War das Opfer gar nicht geflohen, sondern er hatte es hergebracht, damit sich seine Gebissenen an ihr satt trinken konnten? Wenn ja, wie sahen die anderen Tatorte aus? Wie dachte man, wenn man jemanden Gebissenen vorwarf? Und: wo blieb das Jagdvergnügen des Vampirs selbst? Die drei Toten sahen ja gleich aus. Oh. Sie drehte sich noch einmal um, ehe sie zu den Anderen zurückging, die sie neugierig erwarteten. Nein, sie durfte nichts von einem Vampir sagen, aber sie konnte in die richtige Richtung deuten. „Ein Jäger“, sagte sie. Der Tracker lächelte flüchtig. „Ja, das denke ich auch. Er brachte sie hierher – der Kanal, zumal bei Dunkelheit, verhindert, dass sie in diese Richtung läuft. Er konnte also ihre scheinbar zufällige Flucht gut überwachen.“ Sarah nickte. „Jeder Mensch, zumal in Angst, sucht das Licht. Wäre sie in das Dunkel geflohen, hätte er sie kaum gefunden, aber ... - Die anderen Tatorte zeigen ähnliche Aufbauten?“ „Ja. Ähnlich genug um sorgfältig ausgesucht worden zu sein.“ „Sie meinen beide, dass sie nicht zufällig fliehen konnte, sondern er sie laufen ließ, wobei er den Ort so auswählte, dass es nur eine Richtung gab, in der sie fliehen konnte und er sie so genau einholen konnte?“ Daniel seufzte. „Das hört sich nach einem Sadisten an. Wir sollten den Kerl wirklich schnell aus dem Verkehr ziehen.“ Immerhin waren sich seine beiden Berater einig. Das war deutlich besser, als wenn sie sich stritten. „Sadist, möglich, auch nach den Verletzungen“, erwiderte Matho. „Aber ich denke, er sucht auch das Jagdvergnügen, er hat Spaß darin, dass sich die Beute bis zum letzten Moment noch Hoffnung macht.“ Sarah nickte,mit nur einem Gedanken im Kopf: Ja, sie hatten recht. Hier war ein erbarmungsloser Jäger am Werk.Und sie war der Jäger der Jäger.     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)