Hide & Seek von Sauron ================================================================================ Kapitel 1: 3.17 am ------------------ Es war genau 3.17 Uhr in der Früh, als Jax von dem Klingeln seines Handys aus einem tiefen Schlaf gerissen wurde. Er brauchte einen Moment, um sich bewusst zu werden, was für Geräusche er dort überhaupt hörte; doch als er sich kurz die Augen gerieben hatte, tastete er blind nach seinem Handy und nahm ab. „Was'n los... Is' nicht mal vier.“, gähnte er in den Hörer. „Jax? Wir brauchen deine Hilfe. Santa Barbara Drive, in zehn Minuten.“ Jax horchte auf. Es war Clay, Präsident des Clubs. Was er jedoch mitten in der Nacht um drei Uhr wollte, war Jax suspekt, bis er leise fragte. „Warum?“ „Frag' nicht, sei einfach da.“ Das Dröhnen des Besetztzeichens rauschte in Jax' Ohren, doch er hatte keine Wahl. Clay's Stimme war angespannt gewesen und ernst. Und das konnte nur eines heißen: Er hatte seine Waffe zu nehmen, sie zu laden und gefälligst aufzustehen. Und zwar rasch. Er brauchte keine zwei Minuten, um sich seine Kutte überzustreifen und eine Jeans anzuziehen. Seine Waffe fand er wie immer gut gesichert in einer seiner Boxen, die er unter dem Sofa liegen hatte. Und im Dunkel der Nacht schwang er sich nicht einmal fünf Minuten nach dem Anruf auf sein Motorrad und rauschte in die Nacht hinein. Der kühle Nachtwind half ihm, wieder wach zu werden; obwohl es so spät war, roch die Luft schwer und sommerlich, wie nach einem Tag am Strand mit Freunden. Jax genoß die seltene Ruhe, auch wenn er schnell fuhr. Er brauchte nach den anderen keine Ausschau halten, denn im Schutze der Nacht waren sie sofort an der Kreuzung zu finden. Zehn Männer, alle in Kutte, das dicke, weiße „Sons of Anarchy“ auf dem Rücken, wie auch Jax, der mit seinem Motorrad unmittelbar neben Clay hielt und erst dann den Motor ausstellte. „Also, was gibt es, dass ihr mich an meinem einzigen freien Tag mitten in der Nacht herausklingelt?“ Clay grinste leicht und deutete mit einer nickenden Kopfbewegung die Straße herunter. „Sie sind heute Abend alle da, diese Arschlöcher. Großes Familientreffen, wenn ich nicht irre. Wir stürmen rein, nehmen, was wir kriegen können, und hauen wieder ab.“ Jax verzog sein Gesicht. „Wegen einer Nichtigkeit? Wir brauchen ihr Geld doch nicht.“ „Nicht das Geld, Jax. Du verstehst doch: Familientreffen.“ „Seine ganze Familie ist da? Ich dachte, du meintest den Club...“ „Nein, diesmal sind nur ein paar aus dem Club da, aber um die geht es nicht. Nicht dieses Mal. Wir werden sicher den ein oder anderen Wachposten in den Tod nehmen, aber es geht mir um sein höchstes Gut.“ Jax stieß einen Seufzer aus und schüttelte den Kopf. Er wusste, was Clay vorhatte. Eigentlich hatte er es schon gewusst, seitdem die RCO im letzten Monat all ihre Waffen und zudem ihr Lagerhaus angezündet hatten; es war bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Zudem waren bei dem Feuer zwei gute Leute ums Leben gekommen, die Jax seit Kindheitstagen kannte. Er erinnerte sich noch genau an das Feuer in der Nacht, an die Schreie in den Flammen, die von so brachialer Gewalt gewesen waren, dass Jax sich zu Hause hatte übergeben müssen. Nie wieder wollte er solche Schreie hören – Schreie von Menschen, die qualvoll und bei lebendigem Leibe verbrannt waren. Freunde. Die Familie. Der Club. Er hob seinen Blick und begegnete dem von Clay; dieser erwiderte. „Nicht dein Ernst. Clay, der Junge ist 21. Der hat doch kaum etwas mit dem Club zu tun. Wie ich höre, will er nicht mal der Präsident werden. Der ist nur aus Familientreue im Club.“ „Gerade deshalb werden wir ihn mitnehmen.“ „Clay, meinst du nicht... dass das zu weit geht? Er wird seine schlimmsten Leute auf uns ansetzen.“ „Stellst du meine Entscheidung in Frage?“ Stille, auch von den anderen. Jax biss sich auf die Unterlippe und stieß einen weiteren Seufzer aus. Warum musste er nur immer die Stimme der Vernunft sein? Doch das Wort war Gesetz, und aus diesem Grund schüttelte Jax nach einer Weile den Kopf. „Nein, nein. Ist schon gut. Wer packt den Bastard?“ Clay grinste. „Du.“ „Warum ich?“ „Weil ich ein ernsthaftes Wort mit seinem Daddy reden muss.“ Jax wagte nicht, noch ein Wort des Widerstandes zu äußern, deshalb tat er es den anderen nach und startete seine Maschine erneut. Es war nicht weit bis zu dem abgelegenen Haus am Ende des St. Barbara Drive; fast wie ein kleines Schloss stand es in der langsam aufgehenden Sonne, hölzern und elegant, jedoch umzingelt von übel dreinblickenden Bikern, alle Mitglieder des RCO. Jax wusste jedoch, dass dieser ungeplante Angriff mitten in der Nacht Folgen haben würde. Denn keiner würde damit rechnen, dass gerade die Sons of Anarchy sich in die Nähe trauen würden. Schon gar nicht die Nähe des Oberhauptes. Sie nahmen ihre Positionen schon während des Anfahrens auf das Haus ein; Jax, dem die Aufgabe der Entführung des Sohnes aufgetragen worden war, hielt sich im Hintergrund. Obwohl er bewaffnet war und schon des Öfteren solche Kämpfe gehabt hatte, so löste innerlich jede Tat eine hitzige Welle der Aufregung in ihm aus. Der Angriff verlief schnell und hart. Jax bekam nicht wirklich alles mit: Schüsse fielen, die RCO's schossen, sie schossen. Eine Kugel traf Jax fast in die Schulter, er konnte jedoch geschickt ausweichen. Die Bikes wurden achtlos zurückgelassen, und der Ansturm auf das Haus begann. Clay und die anderen gingen äußerst rasch vor – trotz eines ausgeglichenen Verhältnisses waren die Sons schneller im Haus als Jax damit gerechnet hatte. Er selbst trat die Eingangstür ein und ließ einen Schuss los, um einen Wachposten hinter der Tür eiskalt zu erwischen. Der Mann sackte so schnell tot zur Seite, dass er wahrscheinlich nicht einmal mitbekam, was eben geschehen war. „Jax!“, rief Clay, der dicht hinter ihm war und ihm Feuerschutz gab; „Such ihn. Wenn du ihn hast, hau ab, so schnell du kannst!“ Jax nickte nur. Die Familie war schon bei dem ersten Lärm in die oberen Räume geflüchtet. Jax rannte die Stufen hoch, wich einem Schuss aus, der blind von oben kam, und machte nur eine kurze Pause, um sich einen Überblick zu erschaffen. Eine Tür am Ende des Flurs knallte zu, und Jax, mit einem Grinsen auf dem Gesicht, rannte durch den Flur auf die Tür zu. Er trat die Tür ohne Mühe ein, hielt seine Waffe starr geradeaus. Ein kleiner Aufschrei entwich dem jungen Mann, der nun ins andere Ende von Jax' Knarre starrte und vor lauter Schreck die Augen weit aufgerissen hatte. „Auf den Boden!“, schrie Jax, und der junge Mann gehorchte auf's Wort. Jax hatte sich den Sohn des Präsident's anders vorgestellt – der Präsident der RCO's war relativ dick, hatte eine Glatze und war nicht gerade das, was Jax einen attraktiven Mann nennen würde. Doch dieser junge Mann, der nun zu Jax' Füßen auf dem Boden lag und heftig zitterte, war ganz anders. Er hatte so große und tiefblaue Augen, dass Jax Mühe hatte, den Blick abzuwenden; gezeichnet von sehr attraktiven und feinen Gesichtszügen, hatte der Sohn des Präsidenten dunkelbraunes Haar, das seine Augen fast noch mehr strahlen ließ. Er war relativ klein und schmal gebaut; Jax würde ihn um einiges überragen. „Bitte...“, stieß der Sohn hervor, von dem Jax wusste, dass er nur 21 war – doch er sah aus wie 18. Viel zu zart für dieses Business. Jax, der unten aus dem Haus weitere Schüsse vernahm, trat dem jungen Mann heftig in die Rippen. Er spürte genau, wie er zusammenzuckte und sich krümmte – doch Jax kannte kein Erbarmen. „Muss ich dir einen Schlag auf den Kopf verpassen, oder kommst du freiwillig ohne Gebrüll mit?“ „Mitkommen?“, stieß der Sohn hervor; mühsam und gequält. Jax verdrehte die Augen, packte den Sohn so hart im Nacken, dass dieser erschrocken aufkeuchte. „Tut mir leid, aber ich kann das nicht riskieren.“, sagte er, und noch bevor die blauen Augen seinem Blick begegnen konnten, schlug Jax dem Sohn so hart mit der Waffe auf den Kopf, dass dieser augenblicklich das Bewusstsein verlor. Ohne zu zögern warf sich Jax den jungen Mann über die Schulter und ging über die zertretene Tür hinweg, den Flur entlang und die Treppe herunter. Er konnte Clay und die anderen im Haus hören, doch er wusste, dass er nicht helfen konnte. Sein Auftrag war klar: finde den Sohn, schnapp' ihn und hau ab. Er war froh, dass die Posten alle so beschäftigt waren, dass er ohne weitere Zwischenfälle entkommen konnte. Er lud sich den Sohn vorne auf den Bock, damit dieser während der Fahrt nicht herunterfiel, und machte sich auf in die heller werdende Nacht, hinein in die Sonne Kaliforniens. Sein Ziel war klar: das Clubhaus der Sons of Anarchy. Kapitel 2: Striking blue eyes ----------------------------- „Wie lange ist er schon bewusstlos?“ Clay's Stimme war nicht mehr als ein heiseres Flüstern; noch immer hielt er die blutige Kompresse gegen seinen Arm, der durch eine tiefe Schusswunde verletzt worden war. Angeschossen, jedoch nur gestreift – Clay hatte sich geweigert, ins Krankenhaus zu fahren. Er und Jax starrten auf den jungen Mann, der nach wie vor den Kopf gegen seine Brust gesunken hatte und nur ein Lebenszeichen von sich gab – ein leises, regelmäßiges Atmen. Jax hatte ihn an einen der alten Sessel gefesselt, doppelt und dreifach. Fest genug, damit er sich nicht befreien konnte. Er hatte genau gesehen, wie sich die harten Fesseln in die viel zu zarte Haut gepresst und rote Striemen hinterlassen hatten. Doch das musste egal sein. Denn wenn er fliehen konnte, waren sie verloren. „Ich weiß nicht, vielleicht eine Stunde. Aber er atmet, das heißt, er ist nur weggetreten.“, antwortete Jax und zog sich einen der Stühle heran, die im Raum des Clubhauses herumstanden. Sie hatten den jungen Mann im Konferenzraum gefesselt – einem Raum, der nur selten benutzt wurde, aber warm und schallisoliert war. Falls er schrie, würde ihn niemand hören können. „He, Junge – wach auf!“, rief Clay; der junge Mann rührte sich jedoch nicht. Clay warf Jax einen Blick zu und nickte in die Richtung, in die der Junge gefesselt saß. „Jax, beweg' deinen Arsch und weck' ihn.“ Jax stieß ein leises Stöhnen aus, stand jedoch auf und klatschte dem jungen Mann zwei,- wenn nicht sogar dreimal sachte ins Gesicht. Als die Wangen sich von den Schlägen langsam röteten, hörte er auf und verschränkte die Arme, während er auf den eher hageren Körper blickte. Der junge Mann begann zu blinzeln, erst langsam, dann heftiger – große, blaue Augen starrten Jax an, mit einem Mal, und man sah genau, dass er sich nur dunkel an das erinnerte, was geschehen war. „Was.. Wo bin ich?“, sagte der junge Mann leise und augenblicklich verwirrt; Jax konnte jedoch sein Zittern sehen, das leise Zucken des Gesichts, als er sich schmerzerfüllt der dicken Fesseln bewusst wurde, die ihn in Schacht hielten. „Wo du bist, ist egal. Wie heißt du?“, herrschte Jax ihn an, der immer noch vor dem Jungen stand; seine Augen waren leicht verengt. Obwohl er nicht wütend war, ließ er seine Stimme jedoch so erscheinen. „El.. Elijah. Hören Sie, ich habe nichts gemacht, könnte ich...“, begann der junge Mann, doch ein wütender Schrei unterbrach ihn zitternd. „Halt's Maul, du Pisser!“, stieß Clay hervor, der seine Kompresse mittlerweile weggeworfen hatte und auf Elijah zuging, der sichtlich eingeschüchtert war. Eine schallende Ohrfeige folgte, bei der Elijah erschrocken aufkeuchte. „Was hat dein Vater mit dem Brand unseres Lagerhauses zu tun, hm? Was habt ihr gesucht, ihr verdammten Wixer?“, brüllte Clay dem völlig eingeschüchterten Elijah zu, der sich versuchte von Clay wegzudrücken – was jedoch unmöglich war. „Ich.. Ich weiß nicht einmal, um welchen Brand es geht, ich habe nichts mit meinem Vater...“, begann er, doch Clay unterbrach ihn mit einem harten Schlag gegen die Schläfe. Jax fuhr sich durch die etwas längeren, blonden Haare und seufzte leise. Das konnte ja eine lange Nacht werden, denn er kannte Clay's Verhörmethoden. Er zündete sich eine Zigarette an, während er Clay und den Jungen betrachtete. „Lügner, verdammter! Ich will jedes verdammte Detail hören, oder ich schneide dir deine Finger ab und schick' sie deinem Vater zu. Und bei jeder weiteren verfickten Lüge kommt ein Körperteil hinzu, du kleiner Bastard!“ Clay's Stimme war wutverzerrt. „Ich.. ich weiß nicht mal, um welches Lagerhaus es geht, ich schwöre es!“, stieß Elijah hervor, und einzelne Tränen rollten ihm dabei über die Wangen, die einen roten Streifen von Jax' Ohrfeigen trugen. Jax setzte sich erneut auf den Stuhl und verfolgte die Szenerie von weiter weg. Er konnte es nicht beurteilen – der Junge war Sohn eines RCO, und Jax wusste, wie diese Leute ihre Kinder erzogen. Machten sie zu Maschinen, die jedem Zwangsverhör ausweichen konnten und logen wie gedruckt. Doch dieser war irgendwie anders. Ängstlich, bebend. Wirkte fast noch wie ein unbeholfener Teenager. „Clay – lass' ihn doch erstmal runterkommen. Der weiß ja nicht mal, wo er ist.“, sagte Jax leise und zog an seiner Zigarette, während Clay sich zu ihm umdrehte. „Willst du mich verarschen, Jax? Wer weiß, wie lange wir den Pisser noch halten können.“ „Ich hab' ihn gut festgebunden, keine Sorge. Der kommt nicht weg. Der heult doch jetzt schon. Da kriegst du gar nichts aus dem raus.“, sagte er und stieß den Rauch aus; mit einem Nicken deutete er auf Clay's Arm. „Und du solltest dich erstmal verbinden lassen, man. Das sieht übel aus. Fünf Minuten bei Terrance bringen dich nicht um.“ Clay starrte Jax mit einer Mischung aus Wut und Zustimmung an; Jax wusste, dass sein Arm ihm zu sehr weh tat, als dass er die Befragung noch weiter fortsetzen wollte. Doch Clay war ein Dickkopf. „Ach, hör auf so einen Unsinn zu reden.“ Jax hob nur beschwichtigend die Hände und nickte zu Elijah, dem immer noch stumme Tränen über die Wangen liefen. Doch er sah Jax an – ängstlich, verstört und doch so, als hätte er ihn gerade vor mehr Ärger bewahrt. „Na dann“, antwortete Jax; „dann tob' dich aus, Clay.“ Clay murmelte etwas, das Jax nicht verstand, und drehte sich wieder zu dem Jungen um, der zusammenzuckte, als Clay ihm eine weitere, harte Ohrfeige verpasste. „Du siehst aus wie ein verficktes Weichei, so etwas war ja klar als Sohn dieses fetten Trottels... Sag schon, was ihr mit dem Brand bezwecken wolltet?“, brüllte Clay. Das Blut lief ihm mittlerweile aus dem Ärmel heraus, doch Jax sagte nichts. „Hören Sie doch.. ich habe nichts damit zu tun. Ich weiß nicht mal, wo ich bin, wer ihr seid und welches Lagerhaus abgebrannt ist.“, wimmerte Elijah, und Clay stöhnte; als Jax ihn ansah, bemerkte er aber, dass es mehr aus Schmerz als aus Wut über den Jungen war. „Ach, verdammter.. Jax, übernimm' du ihn. Ich geh' eben zu Terrance. Und wag' es jetzt was zu sagen!“, keifte Clay und drückte sich mit der Hand des unverletzten Arms auf die Wunde, während er aus dem Raum ging und dabei leise fluchte. Jax lachte leise, nahm die letzten Züge seiner Zigarette und drückte sie dann auf dem Boden aus, bevor er erneut aufstand und näher an Elijah trat, der leichenblass war und zitterte. „Hör zu“, sagte er, während er Elijah von oben ansah, die Arme vor der Brust verschränkt; „Clay macht keine Scherze. Echt nicht. Wenn du etwas weißt, musst du es ihm oder mir sagen. Oder soll ich dir einmal die Geschichte von Bernard erzählen?“ Elijah schluckte; das Zittern war mittlerweile auf den ganzen Körper übergegangen. Die blauen Augen waren weit aufgerissen vor Angst; dennoch antwortete er Jax nicht. Jax seufzte, zog sich seinen Stuhl nah zu Elijah; er drehte den Stuhl so, dass beide sich ansehen konnten und blickte ihn direkt an. „Also, Clay hat schon einmal den Sohn eines anderen Clubs entführt – Bernard. Er war ungefähr so alt wie du, wenn nicht etwas jünger. Und er wusste viel, hat jedoch nie etwas verraten. Bis Clay ihm eines Tages...“, Jax grinste leicht, während Elijah gebannt vor Angst den Blick erwiderte; „... die Eier abgeschnitten hat. Einfach so. Der Junge hat nur noch ein paar Stunden gelebt, aber das waren die schlimmsten Stunden seines Lebens. Ein grausamer Abgang, wenn du mich fragst – er redete, verstarb jedoch kurz darauf. Wie du dir denken kannst, ist mit Clay nicht zu scherzen. Also erzählst du mir besser gleich, was du weißt.“ Elijah seufzte schwer, und Jax sah noch eine Träne die Wange hinabrollen; die blauen Augen starrte auf den Boden. „Ich weiß wirklich nichts. Gucken Sie mich doch an. Ich bin nicht wie mein Vater.“ Die Stimme war leise und wirkte verstimmt. Jax atmete tief ein. „Wenn du wegsiehst, fällt es mir schwer das zu glauben.“, sagte er, und sogleich hob Elijah den Blick seiner blauen Augen wieder. Er sah Jax einen Moment lang an, die dicken Tränen standen schon wieder kurz vor dem Ausbruch. „Ich weiß nichts.“ Jax erwiderte den Blick für einen Moment – jedoch konnte er es nicht lange. Etwas zog in seinem Innern, knapp unter der Brust. Er hatte Geiselnahmen noch nie gemocht, und irgendwie sah man Elijah an, dass er nicht log. „Okay.“, sagte Jax knapp und stand auf, um den Stuhl wieder beiseite zu schieben. Elijah's Blick folgte ihm, das spürte er auch ohne dass er hinsehen musste. „Was werdet ihr mit mir machen?“, fragte er, und Jax sah ihn an. „Ich weiß es nicht. Aber es ist besser, wenn sie dir auch glauben. Ich kann Clay nicht im Zaum halten – wenn er dich töten will, dann macht er das.“ Es fiel ihm nicht leicht, den Jungen mit diesen Worten alleine im Raum zu lassen, doch er musste die starke Seite zeigen. Er konnte nicht anders und hatte es nie anders gelernt – hart und kalt bleiben, auch wenn ein Unschuldiger vor einem sitzt, mit den ehrlichsten Augen, die Jax je begegnet waren. Eiskalt bleiben, auch wenn dieses Blau etwas in einem auslöste, das sich wie Mitleid anfühlte. Bevor er die Tür hinter sich zuzog, hörte er ein Schluchzen – doch er tat so, als hätte er es nicht gehört. Man musste sein Herz und seine Güte verschließen in diesem Business, egal, wie hart das auch manchmal war. Kapitel 3: Struggle with emotions --------------------------------- Es war außergewöhnlich still und ruhig, als Jax am nächsten Tag mit seinem Motorrad beim Clubhaus ankam. Obwohl die Sonne schien und draußen mehr als gemütliches Wetter war, konnte er nur zwei Leute draußen vorfinden. Er stellte sein Motorrad nahe der Terrasse ab und stieg ab. „Nick, was ist los? Sind die alle unterwegs?“, fragte er, als er an Nick vorbeikam, der an seinem eigenen Motorrad am basteln war. Er hob den Blick, als Jax sich vor ihn hinstellte; mit einem Seufzen nickte er. „Sind heute alle unterwegs. Ärger mit den RCO anscheinend, ich weiß es nicht. Clay klang geheimnisvoll. Hat er dir nichts gesagt?“ Jax verschränkte die Arme und warf die Stirn in Falten. „Nein, er meinte gestern nur, ich solle weitermachen mit dem Verhören. Eigentlich weiht er mich in alles ein.“ „Naja, er hatte es auch eilig, um ehrlich zu sein. Ich glaube, er hat es schlichtweg vergessen. Er sagte zu mir nur, dass du dich um den Typen kümmern sollst.“ „Was? Warum ich? Verdammte Scheiße, ich bin doch hier kein Babysitter. Ich wollte den nicht mal hier haben!“, schnaubte Jax; seine gute Laune war im Keller. Es war typisch für Clay, sich wieder einmal vor den Befragungen zu drücken, nur weil er nicht an den Jungen herankam. „Jax, ich weiß es doch auch nicht. Ich soll den ganzen Tag draußen stehen, das find' ich auch nicht gerade bezaubernd. Ist ne Scheißhitze.“ „Stell dich nicht so an, man.“ Mit einem erneuten, wütenden Schnauben rauschte Jax an Nick vorbei und stieß die Tür zum Clubhaus auf. Drinnen war es warm, wie aufgestaut, und er brauchte wahrhaftig nicht lange, um herauszufinden, warum: die Klimaanlage war ausgefallen. „Nick! Warum kümmert sich keiner von euch Idioten um die Anlage? Muss ich hier eigentlich alles selbst machen? Das nächste Mal köpf ich euch!“ „Jason holt schon neue Teile, wir haben nichts auf Vorrat, tut mir leid!“, war die klägliche Antwort, die Jax gerade so durch das offene Fenster mitbekam, während er gegen die hölzerne Theke trat, die unweit des Eingans lag. So konnte der Tag ja beginnen. Obwohl er nicht einmal ansatzweise die Laune dazu auftreiben konnte, ging er nach einem Schluck warmen Bier in die hinteren Räume, in denen auch der Konferenzraum lag. Selbst hier war die Hitze unerträglich. Als er die hölzerne Tür auftrat und geräuschvoll eintrat, sah er den jungen Elijah heftig zusammenzucken. Er war schweißgebadet, als er Jax sah. „So, Freundchen. Ich habe weder die Zeit noch die Lust mich heute lange mit dir zu befassen, also rück' raus mit der Sprache oder es setzt Schläge. Wozu der Brand?“ Elijah stand der Schweiß auf der Stirn, und trotz der heftigen Hitze in dem Raum zitterte er am ganzen Leib. Ob es aus Angst war, das vermochte Jax nicht zu beurteilen; die blauen Augen sahen jedoch eingeschüchtert aus, und ein blanker Spiegel aus purer Angst war darin zu sehen. „Ich.. ich weiß es nicht, ehrlich nicht. Ich.. ich kann doch nichts dafür, was alles passiert ist. Kann ich.. kann ich vielleicht etwas zu trinken haben?“, stammelte Elijah, und Jax, der seinen düster verzogenen Blick auf ihn richtete, schnaubte. „Ist das dein scheiß Ernst? Sehe ich etwa aus wie ein Kellner?“ „Nein, ich habe nur seit gestern nichts mehr getrunken....“, presste Elijah unter einem heftigen Schlucken hervor, während Jax ihn geringschätzig musterte. „War keiner hier?“ „Seitdem Sie gegangen sind nicht mehr.“ Jax atmete zischend aus und raufte sich durch die blonden Haare; das durfte doch alles nicht wahr sein. Und es sah Clay nicht ähnlich, dass er Geiseln nahm und sie dann quasi verenden ließ. Irgendetwas stimmte hier nicht. Doch Jax bewegte sich nicht, obwohl Elijah ihn flehend ansah. „Ich kann Ihnen nur sagen, was ich einmal mitbekommen habe, aber bei den Gesprächen selbst war ich nicht dabei, ich halte mich daraus. Ich möchte nur danach ein Glas Wasser haben.“, sagte Elijah, als Jax sich immer noch nicht gerührt hatte. „Wenn du bluffst, wird es dir übel ergehen. Und hör' auf mich zu siezen, ich komme mir ja uralt vor.“, stieß Jax mit zusammengebissenen Zähnen hervor und ließ sich auf einen der Stühle nieder, den Kopf in den Nacken gelehnt. Er spürte Elijah's Blick auf sich. „Entschuldigung, ich bin einfach so. Dann duze ich dich jetzt. Also, ich weiß nur so viel: Mein Vater hat sich mit den ranghöchsten Mitgliedern in den Saal gesetzt, und sie sprachen über einen Waffenhandel der Sons of Anarchy und dass dieser schlimme Auswirkungen auf die Westgrenze der Stadt haben könnte. Von dem anderen Kram habe ich nichts mitbekommen, ehrlich nicht, weil dann meine Mutter dazu kam und sagte, ich solle gehen. Das ist alles, was ich weiß.“, sagte Elijah leise, den Blick der großen Augen immer noch ängstlich und schüchtern auf Jax gerichtet, welcher sich während der Worte aufgesetzt und Elijah's Blick erwidert hatte. „Soso, die Westgrenze also...“, stieß er hervor und kaute sich auf der Unterlippe herum; ja, das konnte richtig sein; die Geschäfte des Clubs waren den RCO anscheinend zu erfolgreich gewesen. Und wegen dieser Lappalie hatten sie das Lager abgebrannt, mitsamt seiner Wachen.... Jax stand auf und ging auf Elijah zu, der sich mehr in den Sessel presste und schluckte, als Jax vor ihm stehen blieb und ihn musterte. „Und du sagst die Wahrheit?“, fragte er, und Elijah nickte heftig. „Ja, ich würde nicht lügen. Ich habe da gar keinen Grund zu. Ich verabscheue diese Gewalt.“ „Okay.“, sagte Jax und drehte sich zur Tür. „Nick!“, rief er, doch er wusste auch schon vorher, dass Nick mysteriöser Weise wahrscheinlich wieder nichts hören würde. Von draußen hörte man das Geräusch einer Schleifmaschine. Mit einem leisen Fluchen und ohne sich noch einmal umzudrehen ging Jax erneut in den vordersten Raum des Hauses; es ging ihm gehörig gegen den Strich, jetzt auch noch Wasser holen zu müssen, doch er hatte etwas aus dem Kleinen herausbekommen und Jax war nun einmal ehrlich – er hielt sein Wort, immer. Auch wenn er sich fragte, warum er eigentlich die Drecksarbeit erledigen sollte. Das Wasser, dass er aus dem Kühlschrank nahm, war kühl und tat gut, als er es gegen seine erhitzte Haut für einen Moment presste. Er nahm sich noch ein Bier und ging dann wieder zurück. Elijah's blaue Augen wurden ganz groß, als er sah, dass Jax kühles Wasser mitgebracht hatte. „Ich werde dich jetzt losmachen, aber nur zum Trinken. Denk dran, ich hab' ne Waffe, also versuch gar nicht erst, wegzurennen.“, murmelte Jax und stellte die Flaschen auf dem Boden ab, während er an die Rückseite des Stuhls ging und Elijah langsam losband. Das Seil hatte tiefe Kerben in Elijah's Haut geschnitten; Jax hörte genau das leichte Stöhnen, als er die Fesseln abnahm und die geschundene Haut endlich wieder frei war. Als wüsste er genau, was ihm drohte, blieb Elijah ruhig sitzen und rieb sich seine Handgelenke, während Jax wieder um den Stuhl ging und Elijah das Wasser hinhielt. „Danke.“, keuchte Elijah leise und schraubte die Flasche auf. Er trank sie in fast einem Zug leer, so durstig war er, und Jax, der ihn beobachtete, während er sein Bier trank, lächelte leicht. „Die Jungs sind eigentlich nicht so. Ist im Moment nur stressig. Du hättest dir dein Wasser vielleicht einteilen sollen.“, grinste Jax. Elijah nahm auch die letzten Züge aus der kleinen Wasser und schnappte danach erst einmal nach Luft; die Flasche schraubte er wieder sorgfältig zu, während er einen Blick in Jax' Gesicht wagte. „Anscheinend haben sie dich ja auf mich angesetzt, deswegen glaube ich, dass ich morgen wieder etwas bekomme. Außerdem kann ich mit den Fesseln nicht trinken.“, antwortete Elijah. Er blieb immer noch auf dem Sessel sitzen; vielleicht traute er sich gar nicht aufzustehen. Jax stieß ein leises Lachen aus und nahm noch einen Schluck Bier. Obwohl es kühl war und gut tat, spürte Jax immer noch eine wallende Hitze in seinem Innern. „Wo du recht hast, hast du recht. Ich kann nicht sagen, ob Clay nachher nochmal wiederkommt, aber wenn... tu' einfach so, als hätte ich dir kein Wasser gegeben.“ „Ist okay.“, seufzte Elijah. Auf seinen Wangen zeichneten sich noch die Schläge von gestern ab; die sonst so blasse Haut war bläulich verfärbt, und an manchen Stellen war sie aufgeplatzt. Das getrocknete Blut war jedoch nichts, was in Jax Mitleid auslöste. Es war eher der Ausdruck in diesen Augen. Seltsam, er hatte nie wirklich etwas mit Geiseln zu tun gehabt – und wenn, dann war er ähnlich mit ihnen umgesprungen wie Clay. Schläge und Misshandlungen, Gewalt, Tod. Doch sie brauchten den Jungen. Im Moment war er Gold wert. Ohne ein weiteres Wort stellte Jax sein Bier ab und drückte Elijah in den Sessel; der Junge stieß ein leises Keuchen aus. Mit geschickten und festen Bewegungen band Jax das Seil wieder fest, fester als beim ersten Mal, und Elijah stieß einen leisen Schmerzensschrei aus. „Halt die Klappe.“, fauchte Jax. Innerlich kochte er, von einer Minute auf die andere. Wut war da, und ein Gefühl, dass er nicht zuordnen konnte. Aber es drückte von innen gegen sein Brustkorb. Er band die Fesseln so stark, dass die Striemen an den Handgelenken fast wieder aufrissen. Als er wieder um den Sessel herumkam, schlug er Elijah fest ins Gesicht. „Schluss mit der Freundlichkeit. Bis morgen will ich mehr wissen, und Gnade dir Gott wenn du bis dahin nicht mehr rausrückst. Dann bringe ich dich eigenhändig um.“, fauchte Jax, während sein Gesicht sich wieder verdüsterte. Elijah war so perplex, dass er keinen Laut mehr ausstieß. Von seinem eigenen Wandel verwirrt und wütend, stürmte Jax aus dem Raum, nicht ohne vorher die Flaschen mitzunehmen: Er biss sich so hart auf die Lippe, dass er Blut schmeckte. Irgendetwas war da, was er nicht verstand. Der Junge hatte sich nicht gewehrt und hatte freiwillig erzählt, was er wusste. So verhielten sich keine Geiseln, die Schuld trugen an etwas. So verhielten sich Unschuldige, die nicht einmal ansatzweise mit dem Business etwas zu tun hatten; Menschen, die vielleicht einfach nur in die falsche Familie geboren worden waren. Der Gedanke an die blauen Augen schoss Jax heftig in den Kopf, und er schlug den nächstbesten Spiegel ein, den er erblickte. Die Flaschen fielen klirrend zu Boden und zerbrachen. Doch das Bluten seiner Fingerknöchel interessierte ihn nicht. Er spürte es gar nicht. Alles, was er merkte, war, dass er den Anblick dieses Menschen nicht ertragen konnte, ohne Mitleid zu empfinden – ohne etwas zu empfinden, dass in seinem Innern klopfte und ihn weich werden ließ. Als er sich gerade seine Schnitte an der Hand säuberte, kam Clay in den Raum. „Hast du etwas?“, schnarrte er, während er Jax' Hand ansah und dann in seine Augen blickte. „Ja. Und es wird dir nicht gefallen.“, stieß Jax hervor, und er sah Clay den Mund zusammen kneifen. „Dann werde ich morgen wohl zu härteren Maßnahmen greifen müssen.“ Jax antwortete nicht; er richtete seinen Blick fest auf seine Hand und versuchte seine aufsteigenden Gefühle niederzukämpfen. Er wusste, was das hieß. Denn Clay trug sein Messer nicht ohne Grund jede Minute bei sich und hatte es noch gestern schärfen lassen. Kapitel 4: Burning Blood ------------------------ Ein Schrei drang durch den Raum, laut und durchdringlich. Jax konnte weder hin, noch wegsehen, als das dunkelrote Blut über Elijah’s zierlichen Arm lief, den Unterarm herunter tropfte und an seinen Fingern hängen blieb, sich sammelte und dann letzten Endes auf den Boden tropfte. Clay hatte ihm erbarmungslos und ohne Vorwarnung ein Messer in die Schulter gerammt, nachdem Elijah ängstlich alles wiederholt hatte, was er Jax erzählt hatte – und Jax, der es schon geahnt hatte, konnte nicht einmal etwas sagen, da war es auch schon passiert. Clay stieß ein Schnauben aus, schlug Elijah erneut ins Gesicht und grunzte: „Halt’s Maul, oder deine andere Seite bekommt die gleiche Packung ab. Du weißt mehr, du willst es aber nur nicht zugeben!“ Elijah wimmerte so kläglich, dass Jax sich wegdrehen und den Blick abwenden musste – er hätte nicht gedacht, vor allem nicht nach seiner gestrigen Wutattacke, dass ihm der Schmerz von Elijah so nahe gehen würde. Wobei er es nicht als nahe gehen bezeichnen würde – viel mehr löste es eine so heftige Welle von Mitleid und Mitgefühl aus, dass Jax sich richtig beschmutzt fühlte. „Clay!“, stieß er hervor, und drehte sich dem Oberhaupt des Clubs zu; er biss sich auf die Lippen, ließ jedoch nicht seine innerliche Anspannung durchschimmern. Es dauerte einen Moment, bis Clay sich zu Jax umdrehte und ihn wütend anstarrte; das blutige Messer war noch in seiner Hand, und er ließ es nicht einmal sinken. Fast so, als wäre er bereit, noch einmal zuzustechen. „Was, verdammt nochmal, Jax? Gibt es ein Problem?“, raunte er Jax zu, der sich vor lauter Anspannung eine Zigarette nach der anderen angezündet hatte und erneut wieder an einer sog. „Lass‘ ihn doch mal Luft holen, verdammt. Ich krieg die Krise von diesem Psycho-Scheiß.“ „Was? Sag mal, hast du zu viel geraucht, oder was? Ich erinnere dich einmal daran, was du noch letzten Monat mit dem Wixer von den Hell’s gemacht hast!“ „Der war aber einen Meter größer und kein verfickter Teenie, Clay. Der stirbt dir so weg, guck‘ doch wie er rumheult… Lass‘ mich mit ihm reden.“ Clay stieß ein grobes Lachen aus, während er in seinen Jeans nach einem Taschentuch suchte, um damit das Messer zu säubern. „Mit dir? Letztes Mal…“ „Letztes Mal konnte ich dir mehr Info geben als du aus ihm herausgeholt hast. Also lass‘ mich eben für zwei Minuten mit ihm alleine.“ „Du bist ein verdammter Spinner. Wenn du bis heute Abend nichts Neues hast, töte ich den Jungen.“ Es waren harte Worte, die Elijah im Hintergrund ein heftiges Schluchzen entlockten, doch Jax nickte nur und behielt Clay im Auge. Schon lange gingen ihm die Späßchen mit den Geiseln gegen den Strich, weil es nicht der Ursprung des Clubs war, so mit Unschuldigen umzugehen. Doch seit einiger Zeit schon schien Clay den Blick dafür verloren zu haben, wer Freund war und wer Feind – und wer einfach nichts mit ihnen zu tun hatte und garantiert niemals haben wollen würde. Clay entfernte sich aus dem Raum, nicht ohne Elijah noch einmal einen so drohenden Blick zuzuwerfen, dass dieser in ein Zittern ausbrach. Als die schwere Tür hinter ihnen zuging, atmete Jax aus. „Er wird mich wirklich umbringen, oder?“ Elijah’s Stimme kam wie aus dem Nichts, war leise und ängstlich; doch als Jax sie hörte, drehte er sich um und begegnete den blauen Augen mit Missmut. „Ja, wird er.“, war das Einzige, was Jax sagen konnte. Er nahm sich ein Tuch, welches er auf einer Kommode im Raum liegen sah, und begann damit, Elijah’s Schulter vorsichtig abzutupfen, damit der immer noch starke Blutfluss aufhörte. Er wollte den Jungen nicht noch unnötig leiden lassen, wenn Clay sowieso bereit war, ihn zu töten. Elijah zuckte bei jeder Berührung zusammen und wimmerte leise, doch Jax fasste seinen Oberarm nur stärker an und stieß ein leises „Sht!“ aus. „Warum bist du hier, wenn du eigentlich nicht so bist wie die?“, fragte Elijah, obwohl er spürte, dass Jax seinen Griff verstärkte. „Woher willst du bitte wissen, dass ich nicht so bin wie die anderen?“, war seine Antwort, und obwohl er die blauen Augen genaustens auf sich spürte, sah er den Jungen nicht an. „Du bist nicht so wie sie, das weiß ich ganz genau. Du willst das hier genauso wenig wie ich. Bitte, lass‘ mich gehen. Ich gehe nicht nach Hause zurück….“ „Nein.“ Jax Stimme war fest und bestimmt, und nachdem er Elijah’s Arm gesäubert hatte und die Wunde mit dem Tuch fest zugeknotet hatte, erst dann sah er Elijah an. „Hör zu, ich will nicht sterben. Bitte.“ „Nein, verdammt. Ich kann nicht.“ Elijah schwieg einen Moment, kaute auf seiner leicht rötlichen, vollen Unterlippe herum, ohne Jax anzusehen. „Kann ich wenigstens etwas Wasser haben? Meine Schulter schmerzt so sehr…“ Jax stieß zwar ein Seufzen aus, holte jedoch eine kleine Flasche Wasser vom Tisch, die Clay vergessen hatte. Er stellte die Flasche neben Elijah ab, und begann damit, den Jungen loszubinden. Gerade als er den letzten Knoten gelöst hatte, spürte er einen so harten Tritt gegen seinen Unterleib, dass er sich unweigerlich zusammenkrümmte. Blitzschnell nahm er wahr, wie Elijah sich aus dem Stuhl befreite und auf die Tür zurannte, doch Jax, der so etwas schon öfters mitgemacht hatte, kannte keine Gnade und riss Elijah von den Füßen auf den Boden, und drückte seine Handgelenke so brutal auf den harten Boden, dass Elijah einen erstickten Schrei ausstieß. „Wolltest mich ablinken, was? Verdammter Hurensohn, ich…“, begann Jax zu toben, doch Elijah dachte nicht daran, still zu halten – er spuckte Jax entschlossen ins Gesicht. „Fick dich, keiner bringt mich einfach so um!“, sagte er erstickt, und obwohl er keine Chance gegen Jax hatte, der mittlerweile fest auf ihn gedrückt war, so gab er nicht auf. Drängend wand er immer wieder seinen zierlichen Körper, der fest mit Jax‘ bedeckt war, und stieß einen wutentbrannten Laut aus. „Ich werde dich eigenhändig umbringen, und wenn es das letzte ist, was ich tue!“, brüllte Jax und drückte Elijah’s Handgelenke noch fester auf den Boden. Beide atmeten heftig, spürten die Angespanntheit des anderen, die Wut, den Hass. Doch als Jax in die blauen, wutgefüllten Augen sah, spürte er unter all der Wut und Raserei auch etwas anderes. „Dann mach’s jetzt, bevor das Arschloch wieder kommt, ich sterbe lieber durch deine Hand als durch seine.“, flüsterte Elijah giftig, und Jax, der sich plötzlich bewusst wurde, wie nah ihre Körper wirklich aneinander waren, musste schlucken. Etwas heißes stieg seine Kehle hoch, schnürte ihm die Luft ab. Er festigte den Druck noch einmal und gab Elijah einen Ruck, auf den Elijah leise keuchte. „Durch meine Hand willst du sterben? Ich bin schlimmer als er, glaub‘ mir. Ich werd‘ dich leiden lassen…“, raunte Jax, dessen Hände leicht zu zittern begannen, als er Elijah’s festes Herzklopfen gegen seine Brust spürte. Elijah erwiderte Jax‘ Blick, und er musste schlucken, ebenso wie Jax. „Beweis‘ es…“, war die leise Antwort, die Elijah fast keuchend ausstieß, ein Keuchen, dass Jax ein Kribbeln die Wirbelsäule entlang spüren ließ – bis in seine Lenden. Verdammt, was lief hier falsch? „Ich werd’s dir auch beweisen, du verdammtes Miststück. Ich sollte es jetzt tun.“ Er ließ Elijah einen weiteren Ruck spüren, einen weiteren Ruck, der die Handgelenke wieder fester drückte, doch Elijah wand sich diesmal nicht vor Schmerz, zumindest nicht nur. „Tu‘ es, wenn du dich traust!“ Elijah’s Stimme war fest, jedoch gepaart mit etwas, dass Jax ganz genau spüren ließ, dass das hier ein ganz anderes Spiel war. Er spürte genau, wie ihn die ganze Sache hier auf unerklärliche Weise kochen ließ – und zwar nicht nur vor Wut. „Ja, du willst, dass ich es tue?“, keuchte Jax, beugte sich näher an Elijah, an dessen makelloses Gesicht, an dessen mittlerweile gerötete Wangen. „Tu’s…“ Und mit einem Mal war zwischen ihnen keine Distanz mehr, kein Abstand, und Jax‘ Körper drängte sich grob und hart auf Elijah’s, der ein Stöhnen ausstieß, bevor er seine vollen Lippen gierig gegen Jax‘ Mund presste und ihn so verlangend küsste, dass Jax ganz schwindelig wurde. Grobe, bissige Küsse, so atemlos, dass beide immer wieder nach Luft schnappen mussten, während Jax Hände sich einen Weg durch Elijah’s Hemd bahnten und Elijah sich so fest an Jax krallte, dass dieser die blanken Nägel auf seiner Kutte spürte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)