Der Plan von Xenoly (Wie mein Leben ein besseres werden kann) ================================================================================ Kapitel 1: Jedes Buch hat ein Ende ---------------------------------- Ich dachte damals öfter, dass was ich wollte, nur ein Schritt zum guten sei. Ich kämpfte nicht hart, doch bedacht darum, dass die Vergangenheit keinen Hechtsprung in die Gegenwart erzielen konnte. Ich war froh. Mit dem Beginn meiner Zeit als Oberschüler wurde ohnehin alles besser. Und kaum stand ich auf besserem Grund, strebte ich schon nach der nächsten Höhe. Könnte ich doch meine Zeit mit einer Freundin wie ihr verbringen. Gewiss wäre jede Freundin eine bessere gewesen als keine, doch ich bestand auf den Luxus der Exklusivität. Ich hätte das wohl nie so ausgedrückt, denn praktisch war ich einfach nur verliebt. An jenem ersten Tag, den ich als Oberschüler verbringen durfte, ertrank ich in ihrem Anblick. Sie war konzentriert, saß ruhig in der Bibliothek der Schule und las. Die Sonne, die draußen für eine angenehme Wärme sorgte, spielte einen beinahe grünlichen Schimmer in ihr braunes Haar. Beinahe will ich graubraun sagen, doch trifft das viel mehr mein Haar als das ihre. Ihre Augen, die wohl am ehesten violett zu nennen wären, tasteten die Zeilen des Werkes ab, dass sie in ihren Händen hielt. Und obwohl sie so vertieft in die Geschichte gewesen ist, dass sie weder den Kopf hob, noch grüßte, als wir den Raum betraten, spiegelte sich der Segen einer guten Geschichte auf ihrem Gesicht wieder. Doch als ich zwischen den Regalen stand und über meinen unverrichteten Dienst hinweg jenes wunderschöne Mädchen betrachtete, ließ sie einen Moment von ihrem Buch ab und schaute auf. Und es war mir, als würde eine Welle warmen Wassers über meinen Kopf zusammenbrechen. Als hätte der erste Wind des Sommers die Wände ignoriert und wäre mit seinem verheißungsvollen Duft in die Bibliothek gesaust. Ich bemerkte die leichte Röte ihrer Wangen, die zeigten, wie aufgeregt sie sein musste. Sie hatte den Mund leicht geöffnet, als wolle sie etwas sagen. Während sie jedoch weiter schwieg, strich sie sich mit der Linken einige lose Strähnen hinter das Ohr und drohte gleichzeitig mir mit ihren wunderschönen Augen den Boden unter meinen Füßen zu rauben. In jenem Moment verliebte ich mich in jenes Mädchen. Selbst wenn der Weg in meine zukünftige Wohnung und das Eintreffen dort von einigen Unannehmlichkeiten begleitet wurden, war ich doch sehr erfreut zu erfahren, dass jenes Mädchen in dem gleichen Komplex wohnen würde wie ich: dem Kawai Komplex. Und dann? Dann ging es drunter und drüber. Mein Verstörender, doch im Grunde gutherziger Zimmerkamerad hat das eine oder andere Abenteuer ins Haus gebracht. Und wenn es nicht an ihm lag, dann brachten die anderen Mädchen, die in jenem Haus wohnten, die „Abwechslung“ mit. Doch über all das Chaos, dass Shiro, Mayumi und Sayaka zu mir trugen - oftmals zweifelte ich schon, dass ich meine schwierige Vergangenheit nie hinter mir lassen könnte - versuchte ich stets Ritsu näherzukommen. Es klappte teilweise so gut, dass ich selbst überrascht war. Schnell stellte sich jedoch heraus, dass ich jeden Schritt, den ich ihr näher kam, wohl mit diversen Schritten, die wir uns wieder von einander entfernten, bezahlen musste. Jeder Schritt der mir jedoch wieder in ihre Richtung gelang stärkte meinen Mut und hinderte mich am Verzweifeln. Und obwohl ich das Gefühl hatte, dass wir immer wieder zahlreiche Kilometer zwischen uns bekamen, kamen wir einander doch näher. So verquer und chaotisch es doch war, der einfache Teil des Weges war wohl jener, der uns zu einem stummen Verständnis brachte. Wir würden zusammen zur Schule und zurück gehen. Die offizielle Begründung war, dass ich auf sie aufpassen würde, während sie las. Sie ertrug es nicht, nicht zu lesen, insbesondere auf dem angenehm langen Schulweg. Das andre war, dass ich - der ich versuchte mich an jene Literatur anzunähern, die sie so sehr schätzte - Protokolle und Gedanken aufschrieb, wenn ich ein schwieriges Buch las. Sie nahm sich immer wieder diese Notizen vor und kommentierte meine Kommentare. Oftmals erklärte sie mir etwas, noch öfter fügte sie meiner Ansicht etwas hinzu oder stellte Fragen. Doch diese Einigung fand ein Ende an dem Tag, da das Buch ein Ende hatte. Glücklicherweise war es erst der erste Teil einer Reihe, doch es rief mir etwas in Erinnerung. Ich musste mir etwas einfallen lassen. Irgendwie mussten wir diese zwei Konstanten in unserer Beziehung bewahren. Jedes Buch würde irgendwann enden und damit jedes Mal ein Wegstück sein Ende finden. Allerdings gab es für jedes endende Buch stets ein neues. Für Pessimismus gab es also keinen Grund. Kapitel 2: Ein Date? -------------------- Im wirren Treiben der dahinfliegenden Tage kam mir ein praktischer Gedanke. Es war nicht wirklich meine Brillanz, die jenen Gedanken hervorrief, doch ich wähnte mich schon einen glücklichen Mann, dass mir solch ein Gedanke überhaupt gekommen war. Ja, ich war euphorisiert. Doch ich musste mich zügeln! Jener Gedankenreicher Moment war ein warmer Tag des frühen Sommers. Wie so oft auf dem Weg von der Schule zum Wohnkomplex lief ich an der Seite meiner wunderschönen Mitbewohnerin und passte auf sie auf. Es klingt selbstverständlich etwas seltsam, wenn ich das so sage, aber tatsächlich brauchte Ritsu jemanden der auf sie acht gab, wenngleich sie eine Klasse über mir war. Insbesondere wenn sie ein besonders gutes Buch gefunden hatte war sie vom Lesen nicht abzuhalten. Und obwohl jeder andere es wohl für eine törichte Sache halten mochte, las sie wirklich gern auf dem Heimweg. Und ich passte auf! So gesehen klingt es sehr viel jämmerlicher als es war. Für mich zumindest. Für mich war es etwas großes. Nicht nur, dass ich - was mich persönlich schon genügend erfreute - in ihrer Nähe sein durfte, Zeit bekam sie zu beobachten, viel mehr noch wirkte es nach außen, als wären wir ein Paar. Ich, der ich am Zaun des Schulhofes auf sie wartete, ich der sie nicht selten in die Schule begleitete. ... Es sah aus, als wären wir ein Paar. Wirklich! Wie all die anderen Paare sahen wir aus. Zumindest bis zu dem Moment in dem Sie das Buch aus der Tasche zog und zu lesen begann. Dann sah ich wohl mehr wie ein dummer Mensch aus, der einer Lesenden hinterher trottete. Es gab so schrecklich viele! Paare meine ich. Insbesondere an jenem frühsommerlichen Tag hagelte es gerade zu Paare. Nicht, dass auch nur ein Einziges vom Himmel gefallen wäre! Doch trüge der Wind - aus allen Richtungen wehend - die Hagelkörner horizontal durch die Gassen, dann wären die Hagelkörner wohl in Paaren und die Paare wohl als Hagelkörner aufgetreten. Aber es störte mich nicht ... sehr. Tatsächlich fand ich Schönheit in jenem Moment und, was mich noch viel mehr aufbaute, Stolz. All diese Pärchen ... sie strahlten. Natürlich hatten sie etwas, was mir sehr fehlte, was uns fehlte: eine Knisternde Atmosphäre zwischen sich. Die Mädchen leuchteten gerade zu. Grell und auffällig waren die meisten. Und selbst wenn sie Schlicht wie jeder andere Mensch in der Gegend waren schrie ihr Aussehen den Wunsch hinaus die Aufmerksamkeit ihres Gegenübers an sich zu reißen. Der Anblick packte mich und krönte sich selbst mit einer gewissen Absurdität. Mit einem Mal schien es mir, als könnten die Frauen ebenso Nackt durch die Gasse stolzieren und ein großes Schild über ihrem Kopf halten auf dem in dicken Lettern geschrieben stünde: „Lieb mich!“ Und doch, während ich über jenen sonderbaren Gedanken schmunzelte, sah ich, dass er übertrieben war. Auch den Herren hätte ich das vorwerfen können. Auch dort wäre es übertrieben gewesen. Hatte ich selbst Schwierigkeiten die Schönheit eines Mannes anzuerkennen oder ähnlich zu definieren wie es Frauen oft taten, konnte ich doch beim Anblick vieler verstehen, dass es Menschen geben mag, die Schönheit in ihnen sehen. Egal ob grob, gefährlich, schlicht, zurückhaltend, schüchtern, zaghaft oder eben doch aufbrausend. Jeder Charakter wurde in Zaum gehalten, um ihr zu gefallen. Als wöllten sie ihrem Gegenüber, sagen, dass sie gesehen werden, geliebt werden. Beim Anblick ihrer Kleidung wurde ich teilweise stutzig. Natürlich waren die meisten schlicht, wie es die Mode derzeit vorgab, doch hatten viele etwas Extremes an sich. Minimalextremismus. Es trug doch ein junger Mann, dessen einziges Abweichen von dem Allgemeinbild - abseits jener Sonderbarkeit - die etwas dunklere, jedoch keineswegs schwärzliche, Kleidung war, eine Kette am Gürtel. Ja, gewiss. Es war aber keine Schlüsselkette in Messingtönen oder Silber, wie es üblich war, sondern eine Kette von runden Gliedern und dickem Material. Eine Kette, die wohl an einen kleinen Kran eine Last geschlagen hätte. Und blickte ich weiter, sah ich mehr: ein Totenkopf als Manschettenknopf, ein Fahrradventil als Anhänger am Handy, ein Anker an der Halskette, ein Kreuz als Niete in der Kapuze. Und während ich weiter nach Zeichen von Minimalextremisten schauen wollte, traf mich eine Erkenntnis: Es waren alles Paare! Toll, dachte ich da bei mir und mein Gedanke triefte vor Sarkasmus. Ich schlenderte an diesem frühsommerlichen Tag dem schönsten Mädchen der Welt hinterher und alle anderen gingen aus. So sah es zumindest für mich aus. Ausgehen! Das klang doch mal nach einem Plan. Es piepte. Die Melodie für Blinde, die jede Ampel spielte, wenn sie von Rot auf Grün wechselte, hatte Ritsu schon oft durch den Straßenverkehr geführt. Auch dieses Mal reagierte sie, wollte loslaufen, doch ich hielt sie zurück. Dankbar war ich für die Melodie, denn sie hatte meinen Kopf aus seinem Universum der Eindrücke zurück in die Realität und somit zurück zu meiner Aufgabe geholt. Als der Strom der Fußgänger von links stoppte und kurz darauf die Ampel vor uns auf, grün schaltete, gab ich Ritsu einen kleinen Schups. Ganz sanft, nur ein Stups mit den Fingerspitzen gegen die Schulter. Das reichte meistens. Wenn sie stehen blieb, musste ich mir etwas mehr Aufmerksamkeit verschaffen. Manchmal war sie so vertieft. Ein Date also. Das war eine gute Idee. Um meiner angebeten einen Schritt näherzukommen - seelisch betrachtet - als bisher. Ich hielt es für eine schlaue Sache, sie um ein Date zu bitten. Ein Date sollte jedoch gut geplant sein. Außerdem hatte ich nicht vor sie zu überrumpeln. Vorlauf! Organisation! Inhalte! Während ich sicher war, dass gute Organisation und ein ausreichend frühzeitig gemeldeter Termin gut waren, gab ich der Frage nach der Frage wenig Beachtung - und fragte: „Ritsu.“ Sie reagierte nicht sofort, doch bevor ich sie noch einmal ansprechen konnte, legte sie das Lesezeichen zwischen die Seiten und schloss das Buch. „Ja?“ Nervosität überfiel mich und ich begann, an meiner Entscheidung zu zweifeln. Hier? Jetzt? „Ein schöner Tag, nicht wahr?“ Innerlich schimpfte ich mich einen Dummkopf. Nicht nur einen Dummkopf, den Dummkopf. „Morgen soll es noch besser werden.“ Ich dankte innerlich für diese Steilvorlage. „Dann sollten wir vielleicht was unternehmen.“ „Morgen?“ Panik: nein! Blödsinn, natürlich nicht direkt am nächsten Tag, wo bliebe da der Vorlauf? Doch gab es ein zurück? Nicht wirklich! „Ja, ich hatte gedacht, vielleicht würdest du mit mir ausgehen.“ Wir waren noch immer recht langsam unterwegs, etwa in dem gleichen Tempo in dem Ritsu schlenderte, während sie las, doch wie vom Blitz getroffen rannte sie los. Sie rannte nicht wirklich, doch machte sie plötzlich so schnelle so große Schritte, dass es mich etwas mühe kostete wieder aufzuholen. „Ritsu?“ „Nein!“ Nein? Einfach nur nein? Ich fasste nach ihrer Schulter. „Warum nicht?“ Sie kam abrupt zum Stehen und wand das Gesicht von mir ab. So sehr war sie errötet, dass selbst ihre Ohren die Schamröte trugen. „Das ...“, begann sie, zögerte und setzte von neuem an, verschluckte sich jedoch und hustete leicht. „Das geht nicht“, sagte sie schließlich etwas ruhiger. „Verstehe.“ Nichts verstand ich! Ritsu zögerte noch einen Moment, schaute über den Kanal, der unter der Brücke verlief, auf der wir standen, und öffnete schließlich doch wieder ihr Buch. Sie hielt es sehr dicht vor ihr Gesicht, als wollte sie sich verstecken. Ich wollte mich auch verstecken. Eigentlich eher begraben, aber verstecken hätte es auch getan. Für den Moment zumindest. Im Komplex angekommen verkroch ich mich in mein Zimmer. Ich ließ die warme Mahlzeit aus die Sumiko für uns zubereitet hatte und lag niedergeschlagen auf meinem Futon. Während sich meine Gedanken um nichts als meine Niedergeschlagenheit drehten, ließ ich die Zeit einfach dahin plätschern. Es raschelte im Nebenraum. Nebenraum war noch immer eine etwas fehlerhafte Beschreibung, denn noch immer trennte nur eine textile Schiebewand die eine von der anderen Hälfte des großen Zimmers. Ich fragte mich, ob es denn wirklich schon so spät war, dass Shiro schlafen gehen würde und griff nach meinem Wecker. Doch noch in der Bewegung hielt ich inne. Wollte ich es wirklich wissen? Die Zeit wäre erstaunlich schnell vergangen, wenn es tatsächlich schon so spät wäre. Ich wollte es wissen. Grade als meine Fingerspitzen den Wecker erreichten, kam ein Stöhnen aus dem Nebenraum. Ein Stöhnen, dass einem Schauer über den Rücken jagen konnte. Nicht, weil es so schaurig war, nicht weil es so wohlig war, sondern einfach, weil es klang, als würde Shiro im Raum neben mir etwas ... bekommen, was ihm gefiel. Im raum nebenan! Aber ich war gewiss, dass er allein war. Stimmen hatte ich keine gehört. Ich war mir absolut sicher, dass ich mindestens Shiros Stimme gehört hätte, wenn er in Gesellschaft gewesen wäre. Er stöhnte wieder. Wollte ich es wissen? Bestimmt nicht! Es folgte Stille. Ich hieß die Stille willkommen und blickte auf den Wecker. 20:03 Uhr. Keine besondere Uhrzeit. Ein erneutes Stöhnen, so laut und ... verstörend, dass ich vor Schreck den Wecker fallen ließ. Ob ich es wissen wollte? Nein! Ob ich etwas dagegen tun wollte? Ja verdammt! Ich sprang auf, riss die Faltwand zur Seite und ließ meinem Zorn freien Lauf. „Shiro“, doch weiter kam ich nicht, denn Verwirrung überfiel mich. „Was machst du da?“ „Usa, guten Abend, nichts.“ Und so seltsam diese Aussage von ihm auch klang, insbesondere nach seinen komischen Geräuschen, tat er tatsächlich nichts. Ich hatte eigentlich erwartet ihn liegend zu sehen, sich selbst in irgendeine seiner selbstschnürenden Konstruktionen verknotet. Doch er saß nur dort, in der Mitte seines Raumes und tat nichts - außer natürlich mit mir zu sprechen. Ich schüttelte den Kopf. „Ist bei dir alles Okay? Du warst nicht beim Abendessen.“ „Es ist alles Okay?“ Er zögerte, änderte seine Frage. „Was ist los?“ „Nichts ist los!“ „Nichts hm?“ „Nichts.“ „Fand Ritsu deine Kommentare doof?“ „Nein. Und selbst wenn, würde ich mit dir nicht darüber sprechen wollen!“ Er stützte einen Ellenbogen aufs Knie und legte sein Kinn in die Hand. Nachdenklich sah er aus. „Du hast also mal wieder etwas verbockt.“ „Gar nichts hab ich verbockt.“ Das war selbstverständlich gelogen. Er legte den Kopf etwas schief und überlegte einen Moment. „Du hast sie zu einem Date eingeladen und sie hat abgelehnt.“ Woher konnte er das wissen? „Volltreffer“, bestätigte er sich selbst. Er musste es an meiner Reaktion gemerkt haben. „Erzähl mir davon.“ „Ich will nicht.“ Es verwirrte mich etwas, dass er ruhig blieb. Er sprang nicht auf, er drängte nicht, er war nicht wie sonst. Ruhig. „Dann nicht.“ Ich zögerte. Dann erzählte ich. „Okay, ich verstehe.“ Den Sachverhalt vielleicht, den Hintergrund eher nicht - glaubte ich. „Du solltest dich mal in ihre Lage versetzten. Stell dir vor, sie hätte dich zu einem Date eingeladen.“ „Ich hätte sofort ja gesagt.“ Grade dieser Umstand machte mich ja so betrübt. „Und wenn sie gesagt hätte, dass sie Morgen mit dir auf ein Date gehen will.“ „Ich hätte sofort ...“, ich zögerte, denn ich verstand, „Nein gesagt.“ „Siehst du.“ Ich hörte nicht weiter zu. Noch ehe Shiro zu seiner Erklärung ausholen konnte hatte ich mir schon das Buch, das ich derzeit las, und mein Notizheft geschnappt und war aus dem Raum gerannt. Ich ging in das Esszimmer und entschuldigte mich bei Sayaka für meine Abwesenheit während der Mahlzeit. Mir wäre nicht so gut gewesen. Dann sagte ich ihr, dass ich mich raus setzen würde, um dort zu lesen. Ich sagte es ihr in dem Zimmer ganz bewusst, denn in der Ecke - ihrer Ecke - saß Ritsu und las selbst. „Draußen ist eine so schöne Luft, da wird das wohl das Beste sein.“ Ich habe die alte Haushälterin sehr ins Herz geschlossen. Sie hat stets gut für alles gesorgt. Für Ordnung, das Haus und uns. Ich musste nicht all zu lange, auf was Warten was ich mir erhofft hatte. Ritsu kam heraus, setzte sich nicht all zu weit weg, aber gewiss nicht zu dicht bei mir hin und las selbst. Auf irgendeine Art, die sie vor sich selbst rechtfertigen musste, suchte sie von Zeit zu Zeit den Kontakt zu mir. Und immer wenn es etwas schwieriger für uns war und es noch etwas zu klären gab, landeten wir auf genau die Weise, nach nicht all zu langer Zeit beieinander. Ich las nicht mehr. Eigentlich hatte ich selbst gar nicht gelesen. Ich hatte nur gewartet, halbherzig einige Sätze immer wieder angesehen. Als Ritsu dann in meiner Reichweite war, nicht zu nah und nicht zu fern, hatte ich aufgehört zu lesen. Ich hatte das Buch auf meine Beine gelegt und sah sie an. Der Wind spielte sanft mit ihrem Haar. Dann blickte sie auf. „Entschuldige bitte.“ Sie zögerte. „Es muss nicht morgen sein.“ Sie lehnte den Kopf leicht schief und schien ihn für einen Moment hin und her zu wiegen, wenngleich sie ihn wohl stillhielt. „Morgen ist okay.“ Ich war verwirrt, aber erfreut. „Also gehen wir morgen auf ein Date?“ Hatte ich noch vor ein paar Stunden festgestellt, dass es doch etwas arg kurzfristig wäre, am nächsten Tag auszugehen, flog mir dieser Gedanke erst mit dem Ende des Gesprächs in den Kopf. „Nein.“ Jetzt war ich noch viel verwirrter. „Wir gehen, aber nicht auf ein Date. ... Wenn das Okay ist.“ Während sich mein Hirn noch mit der Frage beschäftigen wollte, was wir denn sonst am nächsten Tag tun würden, tat mein Mund einfach, was er für richtig hielt und bejahte: „Okay.“ Sie lächelte zur Antwort. „Wann und wo treffen wir uns?“ „Nach der Schule, am Schulhof.“ Wie üblich also. Ich wollte sie noch fragen was wir machen würden, doch sie war bereits in das Haus verschwunden. So blieb ich allein und zermarterte mir die Denkeinheit. Was wir wohl tun würden? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)