Familyproject von myamemo ================================================================================ Kapitel 1: Eins - Teil Eins --------------------------- Im gemütlichen Garten, welcher hinter ihrem Studio lag, auf einer dunkelbraunen Holzbank, saß der Sänger Dir en grey’s und schrieb in seinem kleinen Block, welchen er immer dabei hatte. Es war Ende April und das Wetter zeigte sich seit ein paar Tagen von seiner schönsten Seite. Überall in der Stadt blühten die ersten Knospen und verzauberten die tristen Bäume in wunderschöne Gewächse. Die Vögel sangen ihre Lieder und hier draußen konnte er am besten seinen Gedanken freien Lauf lassen. Die Sonne schien herrlich warm auf ihn herunter und kitzelte Kyo sachte an der Nase, sodass er sich sogar ein Niesen verkneifen musste. So passte es ihm sogar ganz gut, dass seine vier Bandmitglieder heute alle selbst außerhalb Termine hatten. Kaoru drückte sich mal wieder bei einem Gitarristentreffen herum, diesmal die Frühlingsversion, wie er letztens noch erklärt hatte, aber das hatte Kyo nicht wirklich interessiert. Ihr zweiter Gitarrist Dai hatte einige Pressetermine mit seinem Soloprojekt und tingelte durch die Gegend. Toshiya, ihr Bassist, hatte diesmal privat etwas zu erledigen, schließlich kommt sowas auch mal vor und was Shinya machte, tja, da musste Kyo passen, da hatte er seinen Gehörgang mal wieder auf Durchzug gestellt. Ihm störte nicht mal das Schreien, Lachen und Toben der Kinder, welche in dem Garten des benachbarten Kinderheims spielten. Nein, irgendwie beruhigte es ihn sogar und das sollte schon was heißen, da er mit Kindern sonst nicht viel anfangen konnte. Nach einem weiteren Schluck Tee, den er sich in einer Thermostasse mit nach draußen genommen hatte, lehnte der blonde Sänger sich wieder zurück und richtete sich noch einmal seine Sonnenbrille, dann schrieb er weiter auf seinem Block seine Gedanken nieder. Sehr weit kam er dabei allerdings nicht, da ein Aufprall ihn aufschrecken ließ und kurz darauf ein bunter Ball vor seine Füße gekullert kam. Verwundert zog er seine Augenbrauen zusammen und er schaute auf, wo er am Zaun des angrenzenden Kinderheimes ein paar Kinder wegrennen sah. Nur einzig ein Mädchen blieb stehen und schaute ihn an. Sie stand wenige Meter vom Zaun entfernt und wandte ihren Blick nicht ab. Stumm hielt das kleine Mädchen seinem Blick stand, bis Kyo es erst mal dämmerte, auf was sie überhaupt wartete. Da ihm das Stieren jetzt aber selbst ein wenig mulmig auf der Bank herum rutschen ließ, löste Kyo sich davon und schaute stattdessen auf den bunten Ball, der unschuldig vor seinen Füßen lag. Langsam beugte er sich nach unten und hob ihn auf, drehte das schmutzige Teil etwas in seinen Händen, bevor er aufstand und langsam zum Zaun ging. Ein paar Kinder kamen neugierig wieder angerannt, blieben aber mit ordentlichem Abstand stehen. „Los, frag ob wir den Ball wieder bekommen“, meldete sich einer zu Wort, doch das Mädchen reagierte gar nicht. Sie machte lediglich ein paar Schritte auf ihn zu und blieb direkt am Zaun stehen. „Nun frag schon.“ „Ach was, die traut sich doch eh nicht.“ „Pass auf, bald rennt die wieder weg und heult“, die Kinder grölten und zeigten mit dem Finger auf das Mädchen. „Kommt, da holen wir uns eben einen neuen Ball“, machten sie sich aber vom Acker und Kyo sah wieder zu dem Mädchen. Sie hatte ihre kleinen Finger in einzelne Maschen des Zaunes gekrallt und der Sänger konnte ganz genau sehen, wie die kleinen Nasenflügel sich immer wieder aufblähten, ganz so, als müsste sie sich beherrschen. Nun wusste er auch wieder, warum Kyo nie darüber nach gedacht hatte mal selbst Kinder zu bekommen. Zwar hatte er nichts gegen Kinder, aber das bestätigte ihn mal wieder, dass er ohne sehr gut dran war und sie wirklich grausam sein konnten. Da Kyo immer noch nicht wusste was er sagen sollte, oder eher, weil er das Kind nicht verschrecken wollte, da ihm einige böse Wörter auf der Zunge langen, musterte er sie etwas genauer. Sie dürfte drei oder vier, höchstens fünf Jahre alt sein. Ihre Jeans waren verschmutzt und an einigen Stellen aufgerissen, bunte Flicken waren drauf genäht worden, die aber schon wieder begannen sich zu lösen und allgemein war sie nicht mehr im besten Zustand. Die rote Stoffjacke schien ein wenig groß zu sein, aber sie machte noch einen ganz guten Eindruck. Am Saum blitzte ein gelbes Oberteil hervor und ein bisschen unordentlich kam die Garderobe der Kleinen schon rüber. Sie trug noch ein buntes Tuch um den Hals, was auch schon ziemlich verrutscht war, aber scheinbar tat es trotzdem seinen Dienst. Bei der Frisur von dem Mädchen musste Kyo dann aber schmunzeln. Wahrscheinlich waren es am Anfang des Tages mal zwei gleichhohe Zöpfe gewesen, allerdings war der eine schon mächtig nach unten gerutscht und bei dem anderen hingen mehr Haare draußen, als drinnen. Das machte das Mädchen dann doch zuckersüß, wenn nicht ihr Gesichtsausdruck wäre. Die Kleine wirkte alles andere als glücklich. Ihre großen, dunkelbraunen Augen blickten ihn traurig an, sie waren matt und Kyo vermisste den kindlichen Glanz in ihnen. Die kleinen Mundwinkel hingen leicht nach unten und allgemein hatte sie einen ziemlich harten Ausdruck um den Mund. Kyo fragte sich unweigerlich, was ihr zugestoßen sein musste, zudem sie noch nicht lange in dieser Einrichtung zu sein schien, da er oft hier draußen saß, sie aber noch nie hier gesehen hatte. „Natsuki, kommst du?“, genauso wie Kyo, zuckte das Mädchen zusammen und ihre Augen bekamen einen flehenden Ausdruck. Was war dem Mädchen nur zugestoßen, dass sie so schreckhaft und verzweifelt geworden war? Aber zumindest wusste er jetzt ihren Namen und den würde er sich auch merken und wenn es nur deswegen war, damit überhaupt mal jemand an sie dachte. Scheinbar wollte sie sich ihrem Schicksal nun stellen und das Mädchen ließ den Zaun los, drehte sich um. Da fiel Kyo erst mal wieder der Ball ein, den er ja noch immer in den Händen hielt. „Natsuki-chan“, rief er sie nun und hielt den Ball hoch. „Ich habe da noch etwas“, sagte er und Kyo stellte sich nah an den Zaun und machte sich lang, damit er den Ball darüber fallen lassen konnte. Sofort kam sie ebenfalls wieder nah an den Zaun und streckte ihre Arme aus. „Pass auf, ich lass ihn fallen“, warnte Kyo sie noch einmal, bevor er den Ball los ließ und Natsuki genau im richtigen Moment ihre kleinen Arme darum schloss. „Natsuki!“, wieder wurde sie gerufen und Kyo konnte genau sehen, dass sie nicht zurück wollte, aber genauso konnte er Resignation lesen, als sie sich umdrehte und mit dem Ball davon rannte. Schweigend stand er noch etwas am Zaun, sah in das nun kinderfreie Gelände. Natsukis Verhalten ließ ihn nachdenken und nach vielen Sekunden drehte er sich wieder herum und machte es sich erneut auf der Bank bequem, nahm sich erneut seinen Block zur Hand und sein Stift flog nur so über die leeren Seiten, die an diesem Nachmittag noch gefüllt wurden. Kapitel 2: Zwei --------------- Einige Tage waren wieder ins Land gezogen und die Arbeiten für neue Projekte und Songs gingen ganz gut voran. Tagsüber war vor allem Kyo immer im Studio zu Gange und am Abend stand er meistens auf der Bühne. Im Moment weniger mit Dir en grey, dafür mehr mit Sukekiyo. Während der Zeit im Studio hatte er sich immer wieder erwischt, wie er heimlich aus dem Fenster geschielt hatte, in der Hoffnung einen Blick auf das Mädchen erhaschen zu können. Aber schon an dem Tag nach ihrem ‚Treffen‘, hatte es angefangen zu regnen und seit dem nicht mehr aufgehört. Also konnten die Kinder auch nicht raus und mussten sich drinnen im Gebäude herum schlagen. Langsam schlug ihm selbst das triste Wetter aufs Gemüt, aber laut dem Wetterbericht sollte es spätestens in zwei Tagen wieder besser werden und Kyo nahm sich vor genau da sich wieder in den Garten zu setzen. Er wusste nicht warum, aber irgendwie hatte er das Bedürfnis das Mädchen erneut wieder zu sehen. Wahrscheinlich deswegen, weil er einen anderen Ausdruck in ihrem Gesicht lesen wollte. So ernst und traurig wie sie aussah, so sollte kein Kind in die Welt blicken, so grausam sie und auch andere Kinder manchmal waren und die anderen – jetzt hätte er doch tatsächlich fast Arschlochkinder gedacht – waren sicherlich auch zum Teil an ihrem Gemütszustand schuld. Da die Arbeit aber immer noch rief, schob Kyo die Gedanken an Natsuki erst mal wieder ganz nach Hinten in sein Hirn und er kümmerte sich zuerst darum, bis es Zeit wurde zum Aufbrechen. Der Soundcheck lief gut und zufrieden hopste der blonde Sänger wieder von der Bühne, um sich für den Auftritt frisch zu machen und auch umzuziehen. Das Konzert selbst verlief dann super und Kyo konnte seine Gefühle allen freien Lauf lassen und er wirbelte über die Bühne, tanzte passend zur Musik und feuerte die Fans an, dass sie mitmachen sollten. An die Zeit nach dem Auftritt konnte Kyo sich dann nicht mehr wirklich erinnern, da er sich vollkommen ausgepowert hatte und irgendwie nach Hause gekommen war. Wie wusste er nicht, aber das war auch nicht wichtig, denn Hauptsache er war da. Den Tag danach hatte er dann fast komplett verschlafen und da der Sänger erst am Nachmittag überhaupt wieder begann sich zu regen, beschloss er einfach mal zu Hause zu bleiben und sich einen freien Tag zu gönnen, da heute eh nur ein Dir en grey – Interview an stand und dort glänzte er ja eh ganz gerne mal mit Abwesenheit, weswegen es ja nichts Ungewöhnliches war. Am darauffolgenden Tag war er dann auch schon wieder voller Energie und seine Arbeit lief gut von der Hand. Sie kamen ziemlich weit und waren alle gut drauf, da es nicht immer so gut lief, aber so war es nun mal, es gab gute und schlechte Tage. Am Nachmittag beschlossen sie eine Pause einzulegen und da es nun endlich aufgehört hatte zu regnen, zog Kyo sich seine Jacke über und wickelte sich seinen Schal um den Hals, da ein frischer Wind wehte und die Sonne noch nicht wieder durch die Dicke Wolkendenke gedrungen war. Aber das störte ihn nicht, Hauptsache er kam hier mal raus und konnte etwas an die frische Luft. Gut verpackt und mit Block, Stift und Thermostasse bewaffnet marschierte Kyo durch den Flur und stieß letzen Endes die schwere Hintertür auf. Sofort kamen die Kinderschreie bei ihm an und Kyo dachte sofort an Natsuki und ob sie wieder so alleine war. Ruhig durchquerte er den Garten, bis er wieder bei der Bank ankam. Kurz testete er ob sie auch wirklich trocken war, bevor er sich nieder ließ und seine Beine überschlug, damit er besseren Halt für seinen Block hatte. Diesmal dauerte es, bis er überhaupt ein paar Worte zu Papier brachte. Doch dann lief es ganz gut und gerade als Kyo richtig in Fahrt war, schlug wieder etwas neben ihm auf. Ein bisschen grummelig, da er unterbrochen wurde, sah er wieder auf und spürte im nächsten Moment etwas an seinen Schuh. Kurz sah er nach unten und entdeckte den bunten Ball, von vor ein paar Tagen. Neugierig, wer denn diesmal geschossen hatte, sah er zum Zaun. Dort standen einige Kinder und schubsten jemanden zum Zaun. Kyo kniff die Augen zusammen und er bereute es seine Brille oben im Studio liegen gelassen zu haben, aber auf Kontaktlinsen hatte er heute keine Lust gehabt. Da er aber eine Ahnung hatte, wer denn da durch die Gegend geschubst wurde, legte er seinen Block, samt Stift, weg und schnappte sich den Ball, ehe er aufstand und zum Zaun ging. Dort sah er auch endlich, dass die Rabauken doch tatsächlich die kleine Natsuki durch die Gegend schaukelten. „Hey, was wird das?“, fragte er sofort und blieb direkt vor dem Zaun stehen. Die Kinder sahen auf, lachten und schubsten das Mädchen zuletzt noch gegen den Zaun, wo sie den Halt verlor und auf ihrem Po landete. Die Kinder lachten und zeigten erneut mit dem Finger auf sie. „Was soll denn das?“, fragte Kyo wieder und er verstand diese Monster einfach nicht. „Das macht der nichts aus“, sagte ein Junge und grinste ihn frech an. Kyo schätzte ihn vielleicht auf sieben oder acht, was es nicht besser machte. „Woher willst du das wissen?“ „Die sagt doch nie was, also stört sie es doch nicht.“ Fassungslos sah Kyo auf den Jungen herunter und die anderen nickten auch noch. Natsuki selbst hatte ihr Gesicht in den Händen vergraben und schluchzte leise vor sich hin. Wenn Kyo könnte, würde er die Kleine am liebsten in den Arm nehmen, aber da war leider noch der Zaun dazwischen. „Das gibt euch doch aber nicht das Recht die Kleine zu ärgern. Wie würdet ihr euch denn fühlen, würde man nur auf euch herum hacken?“, fragte Kyo und sah die anderen ernst an. „Uns ärgert aber keiner. Selber schuld, dann muss die doch mal den Mund aufmachen. Kriegen wir jetzt den Ball wieder?“ „Auf keinen Fall“, schüttelte Kyo den Kopf. „Der ist aber uns, den können Sie doch nicht einfach so behalten“, beschwerte sich der Älteste von ihnen und Kyo hatte so das Gefühl, dass er so etwas wie der ‚Anführer‘ der Bande war. „Ich kann und werde“, warum sollte er solch etwas Ungehobeltes auch noch belohnen? Da waren sie bei Kyo aber an der ganz falschen Adresse. „Das gehen wir petzen“, das beeindruckte Kyo jetzt nicht im gegrinsten. „Mach doch, Feiglinge müssen halt petzen“, sagte er und dann war Mister Großkotz plötzlich still. Kyo konnte sehen, wie er die Lippen aufeinander presste und sein Kopf rot anlief. Allerdings verkniff Kyo sich ein triumphierendes Grinsen, dass konnte er später noch raus lassen. „Kommt mit“, raunte der Junge dann und sein Gefolge wackelte ihm hinterher, wie treudoofe Hunde. Dann sah er aber erst mal wieder auf Natsuki hinab und er hockte sich hin. „Sie sind weg, Natsuki-chan“, sagte er sanft und nach einigen Momenten nahm sie langsam ihre Hände herunter. Rote und verweinte Augen sahen Kyo an und gegen seine Gewohnheit versetzte es ihm einen Stich. Sie schaute noch verzweifelter aus, als noch bei ihrem letzten Treffen und Kyo beschloss, dass er sie da drinnen nicht lassen konnte. Zwar hatte er noch keinen Plan, wohin genau mit ihr, aber in diesem Heim … sie würde jämmerlich zu Grunde gehen. „Natsuki?... Natsuki, wo steckst du schon wieder?... argh dieses Kind macht mich noch wahnsinnig. Natsuki?… Natsuki, nun komm endlich raus!... Natsu – ah da bist du ja endlich! Wieso kommst du nicht, wenn ich dich rufe?“ Stumm sah Kyo diese olle Schreckschraube an und zog eine Augenbraue nach oben. Kein Wunder, dass die Kinder so derbe drauf waren, wenn die Aufsichtspersonen, Erzieher oder wie auch immer diese Personen sich schimpften, einen genauso schlechten Charakter hatten. Sie bekamen es nicht anders vorgelebt und somit passten sie sich an. „Oh“, schien die Alte endlich zu bemerken, dass Natsuki nicht alleine war. „Entschuldigen Sie, wenn Sie belästigt wurden. Ich habe schon so oft gesagt, dass sie vorsichtig mit dem Ball sein soll, aber sie hört einfach nicht.“ „Der Ball ist wirklich das kleinste Problem“, sagte Kyo. Die Frau sah ihn nur komisch an, packte Natsuki dann aber an einer Hand und zerrte sie auf ihre Beine. „Wie du schon wieder aussiehst. Musst du dich immer so dreckig machen?“, meckerte sie gleich weiter und Kyo spürte schon, wie die Wut in ihm aufstieg. „Können sie eigentlich mal was anderes, außer meckern? Sehen Sie denn nicht, dass es der Kleinen überhaupt nicht gut geht? Sie wird schikaniert, von den anderen beleidigt, herum geschubst und darf sich dann auch noch Ihr Gemecker anhören“, fuhr Kyo sie an und es tat ihm wirklich leid, das Natsuki das mit erleben musste, aber anders wusste er sich im Moment nicht zu helfen. „Na hören Sie mal. Nur weil Sie jemand mit viel Geld und soooo viel Erfolg sind, können Sie sich noch lange nicht so ein Urteil erlauben.“ „Das hat mit Geld und meinem Status nichts zu tun. Hier geht es um das Wohl eines Kindes und ich konnte lange genug beobachten, dass es ihr alles andere als gut geht“, auch wenn er sie bis jetzt erst zwei Mal zu Gesicht bekommen hatte, aber das musste er der Schnepfe ja nicht auf die Nase binden. „Das ich nicht lache“, schnaubte die Dame und zerrte Natsuki dann davon. Zwar wollte Kyo noch etwas sagen, aber er ließ es. Schnaubend drehte er sich auf seinem Absatz um, schnappte sich seine Sachen und marschierte wieder ins Studio. „Oi Kyo, was ist denn dir über die Leber gelaufen? Und wo hast du den Ball auf einmal her?“, war Kaoru sofort Kyos Launenumschwung aufgefallen und der Sänger benötigte erst einen Moment, bis er merkte, dass er ja noch den Ball in den Händen hielt. Schweigend stand er kurz da, schmiss den Ball dann auf das kleine Sofa und ließ sich daneben fallen. „Der Ball ist von nebenan“, deutete er mit seinem Daumen auf das Fenster, wo durch man das Kinderheim sehen konnte. „Aber die werden dich doch nicht etwa so lange mit dem Ball beschmissen haben, bis du den nicht mehr zurück gegeben hast?“, runzelte Kaoru seine Stirn. „Nein, natürlich nicht. Den Ball hat scheinbar Natsuki rüber geworfen.“ „Natsuki?“ „Natsuki“, nickte Kyo und erzählte den anderen dann einfach, was er beobachten durfte und dass er irgendwas unternehmen wollte, nur wusste er noch nicht genau was, aber bleiben konnte sie dort drüben auf keinen Fall. „Das mag vielleicht jetzt ein bisschen doof klingen, aber hast du schon darüber nach gedacht, sie zu adoptieren?“ Kapitel 3: Drei --------------- 10.04.2016 1.459 „Das mag vielleicht jetzt ein bisschen doof klingen, aber hast du schon darüber nach gedacht, sie zu adoptieren?“ Mit großen Augen sah Kyo zu Daisuke, der ganz lässig auf seinem Stuhl saß und ihn unschuldig ansah. „Adoptieren? Ich?“, fragte Kyo und wenn er es nicht schon längst wüsste, würde er Daisuke doch tatsächlich für bescheuert erklären. „Warum denn nicht? Dir scheint die Kleine ja wirklich nicht mehr aus dem Kopf zu gehen und bevor du anfängst mit: ‚Aber ich bin doch immer so viel unterwegs‘“, äffte Daisuke ihn nach. „Du wärst nicht der erste mit einem Kind und die kriegen es alle hin.“ Kyo öffnete seinen Mund, nur um ihn dann wieder zu schließen. Das eben war eigentlich seine ultimative Ausrede gewesen, aber Daisuke hatte ihn, wie so oft schon, durchschaut. „Ich weiß nicht. Ihr wisst doch, dass ich nicht viel mit Kindern am Hut habe.“ „Ja, weil keiner den du gut genug kennst eines hat. Das heißt aber nicht, dass du nicht gut mit Kindern umgehen könntest“, sah Daisuke es scheinbar immer noch nicht als Problem an und auch die anderen drei nickten. „Geh doch mal rüber und erkundige dich, wie das aussieht, wegen adoptieren und so. Und wenn du arg große Zweifel hast, dann frage mal, ob du dir die Kleine für einen Tag ausleihen kannst, sozusagen auf Probe. Wenn es nicht klappt, dann soll es nicht sein, aber du hast es versucht und das zählt doch“, so gern Kyo dem Gitarristen widersprechen wollte, er hatte Recht. Nach dem kurzen Krisengespräch machten sie sich aber wieder an die Arbeit, wobei der Sänger nicht wirklich die Konzentration aufbringen konnte, wie er es sollte. Die traurigen Augen des kleinen Mädchens hatten sich mittlerweile so in sein Gedächtnis gebrannt, dass es fast unmöglich war an etwas anderes zu denken. Irgendwann hatte er deswegen auch die Nase einfach voll und er ließ alles stehen und liegen. Mit den Worten „Bis Morgen“, verabschiedete er sich und war dann schon verschwunden. Zu Hause bekam er zwar auch nicht die Ruhe rein, die er für einen erholsamen Schlaf benötigte, aber die Energie reichte dafür aus, um zu schauen, was er vorzugsweiße alles für eine Adoption benötigte. So wie es schien, standen seine Chancen nicht mal schlecht, aber das konnte er nicht entscheiden. Dennoch fasste Kyo den Entschluss, dass er sich zumindest danach erkundigen und auch, dass er das Mädchen mal aus der Hölle herausholen wollte. Selbst wenn es nur für einen Tag wäre, er hatte das Gefühl, Natsuki wäre mit allem zufrieden. Nach seiner Recherche genehmigte Kyo sich eine wohltuende Dusche und durchzog ein ordentliches Wellnessprogramm. Sein Körper bekam nur das Beste zu spüren und am Schluss war seine Haut wunderbrach weich und seidig, so dass Kyo zufrieden war und sich nur mit Shorts in sein Bett schmiss. Nur mit schlafen wollte es nicht wirklich funktionieren, da der heutige Tag ihm so sehr im Kopf herum kreiste, dass er ihn einfach nicht ausschalten konnte. Bei Sonnenaufgang hatte Kyo dann endgültig die Faxen dicke und genervt schlug er seine Bettdecke zurück. Ziemlich übermüdet fuhr er sich durch Gesicht und blieb für einen Moment auf seiner Bettkante sitzen. Noch immer beherrschte die Adoption seine Gedanken, dabei war es bei weitem noch nicht soweit. Mit einem genervten Seufzen wuschelte Kyo sich durch seine Haare und stand dann auf. Im Bad schaute er gar nicht erst in den Spiegel, da er wusste, dass er grauenvoll aussah. Beim Rasieren musste er dann allerdings doch mal aufsehen, da es sonst zu unschönen Verzierungen kam und darauf stand Kyo dann doch nicht. Nach einer Stunde war er fertig und nun genehmigte er sich nur noch einen Kaffee, danach konnte es ja los gehen… Kyo stürmte schon fast in das kleine Büro. Er wollte es unbedingt hinter sich bringen und mit der forschen Art wollte er einfach nur seine Unsicherheit überspielen, was ganz gut zu funktionieren schien, denn die alte Frau sah ihn erschrocken an. „Morgen“, begrüßte Kyo sie einsilbig und er hatte das Gefühl die Frau stand nicht so auf kurze und knackige Antworten, da sie so aussah, als würde sie auf eine Entschuldigung für die Störung warten… da musste sie sich allerdings an andere wenden, von ihm würde sie keine bekommen. „… Guten Morgen… kann ich Ihnen helfen?“, schien sie das Warten Leid zu sein und das graue Monster schaute Kyo abwartend an. „Ja.“ „Und womit?“ „Ich möchte ein Kind adoptieren“, daraufhin ließ sie sich nach hinten in den Bürostuhl sinken, der laut knarrte, als ob er es leid wäre dieses lästige Gewicht tragen zu müssen. „Aha. Und wie stellen Sie sich das vor?“ „Sie geben mir die Unterlagen, ich fülle alles aus, Sie prüfen, ich nehme Kind mit“, daraufhin lachte sie. „Sie stellen sich das ja ganz einfach vor.“ „Wenn Sie nicht fragen, sondern handeln würden, wäre es das auch“, sagte Kyo und setzte sich dann auch mal hin, da er keine Lust mehr auf stehen hatte. Sie schnaubte nur und kramte einen Ordner hervor, scheinbar um wirklich endlich die Unterlagen heraus zu holen. „An welches Kind haben Sie denn gedacht?“ „Natsuki.“ „Nats – davon würde ich Ihnen abraten.“ „Warum?“, fragte Kyo und er zog seine Augenbrauen zusammen. Da war er ja jetzt mal gespannt. „Wissen Sie überhaupt wer Natsuki ist? Ich meine, haben Sie das Mädchen überhaupt schon mal kennen gelernt?“, kurz atmete Kyo durch und er stützte seine Ellenbogen auf die Knie, sah die Leiterin des Kinderheimes dann an. „Nein, ich kenne Natsuki nicht. Aber ich weiß, dass sie sich hier nicht wohl fühlt. Oft konnte ich beobachten, wie sie von anderen Kindern und auch von ihrem Personal schlecht behandelt wurde. Das Mädchen ist so traurig und total verloren. Machen Sie, was Sie wollen, aber ich werde nicht zulassen, dass das Mädchen noch länger hier bleibt.“ „Und da haben Sie beschlossen es einfach so zu adoptieren?“ Ja, Kyo wusste selbst, dass das total verrückt klang. Das war es im Grunde auch, aber wenn es dem Mädchen helfen würde, warum nicht? Also nickte er. „Wie alt ist Natsuki?“, fragte er dann, da er etwas mehr über das Kind erfahren wollte. „Erzählen Sie etwas von ihr.“ „Sie scheinen es wirklich ernst zu meinen, also gut. Natsuki kam vor knapp einem Monat zu uns. Ihre Eltern sind bei einem schweren Autounfall ums Leben gekommen. Sie selbst saß auch mit im Auto, hat den Unfall aber ohne Blessuren überstanden. Sie hatte verdammt viel Glück.“ Na ja… Kyo wusste nicht, ob es wirklich Glück war, dass ihre Familie ausgelöscht wurde, sie aber als einzige zurück blieb. „Weitere lebende Verwandte hat sie nicht, zumindest auf freiem Fuß. Ein Onkel ist in der Psychiatrie und ein weiterer im Gefängnis. Seit dem Natsuki hier ist, hat sie noch kein Wort gesprochen, was es sehr schwierig macht mit ihr zu Kommunizieren“, erzählte sie einfach weiter. „Und sie ist drei, wird in zwei Wochen aber vier Jahre alt… ja, das war es erst mal.“ Das musste der Sänger auch erst mal auf sich sacken lassen. Für ihr junges Alter musste sie ja schon ganz schön was einstecken. „Wäre es denn möglich, dass ich mit ihr mal etwas unternehmen kann?“, fragte Kyo nach einer ganzen Weile und er sah die Leiterin fragend an. „Sicher, wenn sie wirklich Interesse an dem Kind haben, wäre es schon vom Vorteil, wenn sie sich vorher etwas kennen lernen würden“, stimmte sie Kyos Vorschlag zu. „Sehr gut, wo ist sie? Da können wir ja gleich los.“ Und Kyo stand schon auf. „Moment mal, was meinen Sie damit?“, stand nun auch die Leiterin auf und kam um den Tisch herum. „Was war daran jetzt nicht richtig zu verstehen? Ich werde Natsuki jetzt mitnehmen und den Tag mit ihr verbringen und heute Abend bringe ich sie wieder her“, sagte Kyo selbstverständlich und er ignorierte den Blick, denn die Leiterin ihm zuwarf. Sah ein bisschen so aus, als dachte sie darüber nach, ob er verrückt oder gar total ohne Verstand wäre. „Sie stellen sich das wirklich sehr einfach vor, oder?“, fragte sie und schüttelte den Kopf. „Ja, ehrlich gesagt schon und wenn sie nicht immer zehn Mal nachfragen würden, hätten Sie schon ihre Ruhe vor mir und ich könnte mit Natsuki einen schönen Tag verbringen und sie ein bisschen kennen lernen“, daraufhin atmete sie tief durch, schaute Kyo intensiv an. „Okay, einverstanden. Ich überlasse Ihnen für heute Natsuki und wenn sie am Ende des Tages sagen, dass sie mit ihr klar kommen, dann kümmere ich mich um die Adoption.“ „Alles klar, aber um die Adoption können Sie sich jetzt schon kümmern“, sagte Kyo und ging dann zur Tür. „Dann hole ich mir jetzt mal das Mädchen. Zum Abend ist sie wieder da“, teilte er ihr noch mit und dann war Kyo aus dem Büro verschwunden und er machte sie auf die Suche nach Natsuki. Kapitel 4: Vier --------------- Kyo betrat das sogenannte Spielzimmer und wäre es nicht so traurig, würden ihm bei dem Begriff wirklich ganz andere Dinge durch den Kopf wandern… Suchend scannte er den ganzen Raum ab, bis er sein Objekt der Begierde endlich gefunden hatte. Natsuki saß alleine und zusammen gekauert in einer Ecke. Sie versteckte sich halb hinter einer Kommode und ihre Arme waren fest um einen großen Teddy geschlungen. Schon wieder spürte er den Stich in seinem Herzen und nach einem tiefen Atemzug setzte Kyo seinen Weg fort und schlängelte sich zu Natsuki durch. Die anderen Kinder schauten ihm alle nach und Getuschel konnte er auch ausmachen, aber das war ihm egal. Als er vor ihr stand, hockte Kyo sich hin und sah sie an. „Hallo Natsuki-chan“, murmelte er und er wartete, bis sie eine Reaktion zeigte. Es dauerte zwar einen Moment, doch dann sah sie auf und ihre braunen Augen fixierten ihn. Sie schien nicht ganz zu verstehen, was er von ihr wollte, dennoch schwebte Neugier in ihrem Blick mit und ganz wenig legte sie ihren Kopf schief. „Hättest du Lust heute etwas mit mir zu machen?“, fragte er sanft, aber ohne drum herum zu reden und da das Hocken langsam auf seine Beine ging, setzte er sich vor sie in den Schneidersitz. Als Antwort bekam er aber nur ein Schweigen und einen durchdringenden Blick, doch dann bewegte sich ihr Kopf ganz zaghaft hoch und runter und der verkrampfte Griff um ihren Teddy ließ auch langsam nach. „Wie siehst aus, wollen wir da gleich los?“, fragte er wieder. Er wusste nicht warum, aber Kyo wollte so schnell wie möglich wieder von hier verschwinden, deswegen hielt er ihr vorsichtig die Hand hin, in der Hoffnung, dass sie seine Hand auch annahm. „Ganz in der Nähe gibt es einen tollen Tierpark, der gefällt dir bestimmt“, versuchte er sie weiter zu locken und es schien zu fruchten, denn Natsuki streckte zaghaft ihre Hand aus und legte diese in seine. Erleichtert darüber nahm er sie nur zu gerne an und Kyo half Natsuki auf die Beine, bevor er selbst aufstand und mit ihr an der Hand langsam aus dem Raum ging. Vor dem Zimmer wartete schon die Leiterin mit einer Jacke und Schuhen, die scheinbar zu Natsuki gehörten. Diese Sachen nahm Kyo dankend an und half der Kleinen beim Anziehen. Kyo wurde noch mit einigen Auflagen zu getackert, aber außer die Zeit, zu der er sie wieder zurückbringen musste, merkte er sich nichts. Er wollte jetzt nicht schon wieder an den Abend denken, sondern der Kleinen einen tollen Tag bereiten, bei dem vielleicht sogar etwas Glanz in ihren Augen auftauchen würde. Nachdem Natsuki ordentlich für die frühlingshaften Verhältnisse eingepackt war, nahm Kyo sie wieder an die Hand und lächelte zu ihr herunter. „Dann lass uns heute mal Spaß haben“, versuchte er es ihr zu versprechen. Zusammen traten sie dann aus dem Gebäude und er achtete immer darauf, dass Natsuki gut mit ihm Schritt halten konnte und ihr Teddy auch nicht auf dem Boden landete, denn den hielt sie immer noch fest umklammert. Aber kaum dass sie aus der Tür getreten waren, begann es zu regnen und Kyo zog seine Schultern hoch und Natsuki schnell die Kapuze über den Kopf. „Okay, das kommt jetzt unerwartet“, murmelte er und überlegte kurz, was er denn jetzt mit dem Mädchen machen sollte. Doch dann lief er einfach los und erreichte wenige Meter später mit ihr die Tür des Studiogebäudes. „Solange es regnet, können wir nicht in den Tierpark gehen. Wir warten einfach hier, bis es aufgehört hat und in der Zeit trinken wir einen Kakao“, erklärte er dann einfach und ohne zu zögern lief Natsuki weiter neben ihm her. Mit großen Augen sah sie sich um, blieb aber immer brav an seiner Seite, was Kyo doch beruhigte. Die schiefen Blicke der anderen, die hier im Haus herum wuselten ignorierte er und nach einigen Gängen standen sie vor dem Studio von Dir en grey. „Ich stelle dir jetzt mal meine Freunde vor, die sind auch hier“, sagte er noch, bevor Kyo die Tür öffnete und mit Natsuki den Raum betrat. Diesmal war Natsuki schon etwas schüchterner und Kyo grinste, als er die Gesichter der anderen sah, die scheinbar wirklich nicht damit gerechnet hatten, dass er das Mädchen so schnell bei sich hatte. Bevor er aber etwas sagte, zog er ihr die Kapuze vom Kopf und öffnete ihre Jacke, die sie auch gleich auszog. Dann hängte er seine ebenfalls an den vorgesehenen Haken und nahm sie wieder an die Hand, um etwas weiter in den Raum zu gehen. Als sie alle vier Mitglieder seiner Band genau sehen konnten, hockte er sich wieder zu ihr und sah sie an. „Mir fällt gerade ein, ich habe ganz vergessen mich vorzustellen. Also, ich bin Kyo“, musste er das erst mal nachholen und er lächelte, als sie nickte und sogar recht fröhlich aus der Wäsche guckte. „Und nun stelle ich dir mal die anderen vor. Der große da hinten, das ist Toshiya. Der ist ein ganz ruhiger, aber nett. Daneben, der mit der roten Gitarre, das ist Daisuke. Du kannst ihn aber ruhig Dai nennen, das machen wir alle“, daraufhin kam Daisuke zu ihnen rüber und hockte sich vor Natsuki hin. „Hallo Natsuki-chan. Freut mich dich kennen zu lernen“, lächelte er. Natsuki sah ihn erst nur an, verbeugte sich dann aber leicht, dennoch etwas ungelenk. Daisuke tat es ihr gleich und Kyo fand es unheimlich niedlich. „Dai ist ganz lustig drauf, aber wenn er dich ärgert, sag einfach Bescheid, wir anderen rächen uns dann in deinem Namen, oder wir helfen dir, wenn du ihm eins überbraten willst. Manchmal braucht er das einfach“, grinste er und streckte Daisuke dann frech die Zunge raus, der nur lachend wieder aufstand. „Dann machen wir mal weiter. Der blonde da hinten ist Shinya“, sagte Kyo und daraufhin zog Natsuki ihre Augenbrauen zusammen. „Ich weiß was du denkst. Aber ja, er ist wirklich ein Mann, auch wenn es nicht gleich danach aussieht“, erklärte er ruhig, musste sich aber ein breites Grinsen verkneifen, aber ihr Drummer wollte ja nicht auf sie hören, wenn sie meinten, dass er sehr weibisch in letzter Zeit war und nun hatte er den Beweis, dass sogar schon Kleinkinder so dachten. Natsuki zumindest sah immer noch nicht ganz überzeugt aus, aber sie würde ihm schon noch glauben. „Und der mit den braunen Wuschelhaaren, das ist Kaoru. Wenn du Probleme hast, du musst ihm nur etwas sagen, dann hilft er dir“, redete Kyo weiter. „Erzähl nicht so was, Kyo.“ „Wieso denn? Es stimmt doch.“ „Aber auch nur, weil ihr anderen zu faul seid es selbst in die Hand zu nehmen.“ „Und? Hab ich je was anderes behauptet?“, fragte er und Kaoru schüttelte nur seinen Kopf. „Hör nicht auf Kaoru, zwar regt er sich immer auf, aber helfen tut er trotzdem immer. Außerdem kann man ihn auch total gut ärgern“, sagte er frech. „Jetzt hast du meine Freunde und Arbeitskollegen kennen gelernt.“ Und nun? Ein Blick durchs Fenster verriet ihm, dass es immer noch regnete. „Okay, Zeit für unseren Kakao. Es regnet leider immer noch“, murmelte Kyo. Kurz überlegte er, doch dann führte er Natsuki einfach zu ihrem Sofa, auf dem Daisuke schon saß und setzte sie drauf ab. „Ich mache uns jetzt den Kakao, bin gleich wieder da. Wenn dir langweilig ist, ärgere Dai einfach“, schlug er ihr vor, strich Natsuki ungelenk eine Strähne aus der Stirn und verkrümelte sich dann in die kleine Küchennische, wo er gleich sechs Tassen Kakao zubereitete. Immer wieder schaute er zu ihrem Gitarristen und dem kleinen Mädchen. Daisuke tat so als würde er Arbeiten und Natsuki schaute schüchtern zu ihm auf. Allerdings immer wenn Daisuke zu ihr guckte, zuckte ihr Kopf in eine andere Richtung und sie tat so, als würde sie nie in seine Richtung schauen. Als Shinya sich allerdings ans Klavier setzte, da er scheinbar wieder etwas ausprobieren wollte, guckte sie neugierig vom Sofa in die Richtung und Natsuki verrenkte ihren Kopf fast schon, um ja alles sehen zu können. Wenn dem so war... Das Wetter wurde nämlich nicht besser, sondern eher schlechter und bevor sie gelangweilt hier herum sitzen würden, da konnten sie doch etwas Klavier spielen, zumindest soweit wie sie Interesse daran hegte. Bevor es aber soweit sein würde, gab es erst mal einen heißen Kakao, der gerade fertig geworden war. Sich auf die Zunge beißend balanciert Kyo gleich die sechs Tassen an den Henkeln zum Couchtisch. Wie durch ein Wunder kleckerte er kein einziges Mal und erleichtert atmete er aus, als er die Tassen auf dem Tisch abgestellt hatte. Zuerst schob Kyo Natsuki eine Tasse hin. Diese rutschte vorsichtig an den Rand und schaute wieder schüchtern aus der Wäsche. Die nächste bekam Daisuke und dieser zog sich die Tasse gleich heran und schnupperte genüsslich an dem süßen Gebräu. „Den musst du unbedingt probieren, der ist echt lecker“, hob er seine Tasse Natsuki entgegen, die ihre nun auch vorsichtig nahm, aber dann wieder fragend zu Daisuke sah. „Musst bloß bisschen aufpassen, der Kakao ist noch heiß, nicht das du dir die Zunge verbrennst“, schmunzelte er. Kyo war froh, dass die Jungs Natsuki ganz normal behandelten und nicht irgendwie komisch taten, nur weil er sie spontan mit hier her genommen hatte. Die anderen drei hatten sich dann auch endlich mal am Tisch eingefunden und sie alle stießen vorsichtig ihre vollen Tassen an Natsukis an, die das mit großen Augen beobachtete. Sie Erwachsenen pusteten allesamt in ihre Tassen und Kyo konnte aus dem Augenwinkel heraus sehen, wie sie selbst etwas in ihre Tasse pustete. Allerdings hatte sie etwas zu viel Power und ein Schwall Kakao landete auf dem Tisch. Sofort spannte sich das kleine Mädchen an und Kyo erkannte, wie sie sich wieder in ihr Schneckenhaus zurück zog, so als wartete sie darauf dafür getadelt zu werden. Das bestärkte Kyo gleich noch mehr in seinem Vorhaben sie aus dem Kinderheim heraus zu holen. „Oi, du willst unseren Tisch verschönen?“, fragte er sie frech und grinste Natsuki an. Die blinzelte irritiert und schien es gar nicht glauben zu können, dass es keine Schelte gab. „Keine Angst, du bekommst dafür keinen Ärger und nun trinke deinen Kakao, bevor er kalt wird“, sagte er sanft, nahm selbst einen Schluck aus seiner Tasse, bevor Kyo aufstand und einen Lappen holte, damit er die kleine Pfütze aufwischen konnte. Den Lappen ließ er dann auch einfach auf dem Tisch liegen, falls ein anderer kleckern sollte. Nachdem alle Tassen geleert waren, stellte Kyo sie einfach nur in die Spüle und schnell setzte er sich zu Natsuki, die schon wieder zu Shinya schielte, der erneut am Klavier saß. „Willst du mal rüber gehen?“, fragte er Natsuki. „Der zeigt dir ganz bestimmt etwas“, redete er weiter und sah Natsuki an. Diese hatte wieder ihren Teddy umklammert und kaute sich auf der Unterlippe herum. „Du brauchst auch keine Angst haben, der beißt nicht. Na komm“, ergriff Kyo dann selbst die Initiative und nahm Natsuki an die Hand und zog sie sanft vom Sofa. Schüchtern tapste sie hinter Kyo her und er lächelte selig vor sich hin. Beim Klavier angekommen hob er das Mädchen einfach auf den ledernen Hocker und stellte sich hinter sie, damit er ihr nicht im Weg stand, sie aber wusste, dass er noch irgendwo war, wenn was sein sollte. Shinya selbst tat erst mal so, als würde er sie nicht bemerken und spielte sein Lied zu Ende. Doch dann schaute er sie an und lächelte. „Möchtest du es mal versuchen?“, fragte der schmale Drummer und Kyo grinste, als er die großen Augen von Natsuki sah. Doch dann nickte sie ganz zaghaft und umfasste den Teddy wieder nur mit einer Hand. Shinya sah es als Zeichen und tippte mit einem Finger auf eine Taste. Er wartete kurz und tippte dann die nächste an, danach folgte die dritte Taste. Währenddessen hob Natsuki langsam ihren Arm immer weiter bis zur Tastatur, bis sie selbst ganz vorsichtig auf eine Taste drückte. Von dem tollen Klang angelockt drückte sie bald auf die zweite und dritte, bis sie bis zum Rand angelangt war. Kurz sah sie sich um, bis sie Kyo erblickte und ihm einfach ihren Teddy hin hielt. Sofort kam Kyo ihrer Bitte nach und nahm den Teddy entgegen, setzte sich mit ihm aufs Sofa und schaute den beiden einfach zu und er war wirklich froh, dass Natsuki Spaß zu haben schien und einfach mal Kind sein konnte. Kapitel 5: Fünf --------------- Natsuki schien sich bei Shinya wirklich wohl zu fühlen, weswegen Kyo sich nach einer Weile seiner eigentlichen Arbeit widmete, von der er nicht gedacht hatte, dass er sie heute überhaupt anrühren konnte. Immer wieder schaute er aus dem Fenster und wurde jedes Mal aufs Neue enttäuscht, da die Wolken nicht heller, sondern immer dunkler wurden. Wenn das so weiter ging, musste er die Kleine eher zurück bringen, da es wirklich nach einem kräftigen Unwetter aussah. Aber noch hatte Kyo Hoffnung und er widmete sich wieder seinen Texten, die heute relativ gut flossen. Somit merkte er nicht, wie das Sofa sich neben ihm senkte und der Teddy wieder seinen Besitzer wechselte, da er ihn nah neben sich gesetzt hatte. Erst als er sich ein wenig beobachtet fühlte, sah er auf und schaute in die großen und braunen Augen des kleinen Mädchens. „Na, keine Lust mehr dem Chibi beim Klimpern zuzusehen?“, fragte er schmunzelnd und Kyo legte seinen Block samt Stift weg. Kurz schaute Natsuki auf das Geschriebene, sah aber bald wieder Kyo an. „Magst du was trinken?“, fragte er sie, doch die Kleine schüttelte ihren Kopf. „Was essen?“, wieder ein Kopfschütteln. Kyo wollte schon fragen ‚Was willst du dann?‘, aber er ließ es. Fragend schaute er sie an, bis Natsuki schüchtern auf das Fenster zeigte, wo sich große Wassertropfen abbildeten. Kyo wusste sofort was sie wollte und er seufzte. „Ich weiß, dass ich gesagt habe, dass wir in den Tierpark gehen. Aber das Wetter ist so schlecht, das müssen wir leider verschieben“, sagte er leise. Natsuki sah ihn daraufhin traurig an und Kyo könnte sich dafür selbst eine reinhauen, aber er blieb ruhig und strich ihr eine Strähne aus der Stirn. Angestrengt überlegte er, wie er das zumindest wieder etwas gut machen konnte und es kam schon beinahe Rauch aus seinen Ohren, so sehr musste er seine Gehirnwindungen beanspruchen. Hin und her überlegte er, bis er dann doch einfach seine Schultern zuckte. „Was hältst du davon, wenn wir mal runter gehen und bei einer guten Freundin von uns einfallen. Die hat einen ganz süßen Hund und der freut sich bestimmt, wenn du etwas mit ihm spielst“, schlug er vor und Kyo fragte sich, seit wann er Whisky, so hieß der Hund, süß nannte. Das war ein fauler Mops, der mehr in der Ecke lag, als das er sich bewegte. Aber so lange Natsuki damit zufrieden wäre, würde er es auch akzeptieren. Außerdem sollte er sich wirklich mal wieder bei Yuna blicken lassen und das wäre doch die beste Gelegenheit dazu. Natsuki sah ihn noch immer nicht ganz überzeugt an. „Das ist nur eine Notlösung, versprochen, das nächste Mal, sobald das Wetter schön ist, hole ich dich ab und wir gehen in den Tierpark“, sagte er ernst, aber ruhig und Kyo legte eine Hand auf die Höhe seines Herzes und die andere hielt er in die Luft, damit sie wusste, dass er es ernst meinte. Kyo hielt die Luft an, doch dann nickte sie und er war wirklich erleichtert. „Dann komm, Whisky braucht Bewegung“, schmunzelte Kyo und nahm Natsuki an die Hand, um sie nach unten zu führen, wo Yuna sicherlich wieder hinter ihrem Schreibtisch saß und irgendwelchen Schriftkram erledigte, von dem Kyo nicht mal die Hälfte verstand. Hand in Hand liefen sie durch die Gänge und schon wieder hatte Kyo alle Blicke auf sich gerichtet, die auch Natsuki spürte, das konnte der Sänger ganz deutlich sehen, da sie ihren Teddy beinahe erwürgte. „Kümmer dich nicht um die Blicke, die sind alle nur neidisch, das ich mit so einer hübschen Lady unterwegs bin“, sagte er und schenkte Natsuki ein sanftes Lächeln. Dann zuckte es sogar bei ihr an einem Mundwinkel und sie entspannte sich wirklich etwas. Damit fühlte Kyo sich gleich etwas besser und zusammen stiegen sie dann in einen Fahrstuhl, der sie nach unten brachte. Schnell machte es Bing und Kyo verließ mit dem kleinen Mädchen den Aufzug, um gleich nach rechts abzubiegen und an die nächstbeste Tür zu klopfen, bis ein ‚Herein‘ ertönte. Sofort schob Kyo sie auf und steckte seinen Kopf durch die Tür. „Hi, Yuna“, sagte er und trat dann ganz mit Natsuki ein. „Kyo? Was für eine Überraschung. Wen bringst du denn da mit?“, fragte sie mehr als überrascht und Yuna kam hinter ihrem Schreibtisch vor. „Das ist Natsuki. Wir wollten mal nach Whisky sehen“, sagte er und er musste grinsen, da Yuna sehr überfahren wirkte, das er hier war und dann auch noch mit einem Kind. Ihr Weltbild schien zerstört zu sein und wenn Kyo ganz ehrlich war, würde er wohl genauso reagieren, da er selbst eigentlich immer noch nicht wusste, wieso er das überhaupt tat. „Hallo Natsuki-chan“, begrüßte Yuna sie auch gleich. Wie zuvor bei seinen Bandmitgliedern auch, drückte sie ihren Teddy wieder mehr an sich und sie sah die junge Frau aus großen Augen an. „Sie ist ein bisschen schüchtern.“ „Ich merk schon, was treibt euch zu mir?“, fragte sie dann und Yuna schenke ihre Aufmerksamkeit wieder Kyo, der sich leicht durch den Nacken fuhr. „Ich hab ihr eigentlich gesagt, dass wir in den Tierpark gehen, aber das Wetter ist so mistig, das bringt nichts. Na ja und nach kurzer Überlegung fiel mir Whisky ein.“ „Wusste ich es doch, du würdest nie einfach so ohne Grund hier her kommen“, seufzte Yuna gespielt, grinste dann aber. „Also willst du meinen faulen Hund missbrauchen um die Kleine ein bisschen zu bespaßen?“, fragte sie dann und nickte. „Ehm… ja“, sagte Kyo und zuckte dann mit den Schultern. „Okay, versuchen kann sie es ja mal“, schien Yuna einverstanden zu sein und sie hockte sich vor Natsuki hin.“ Soll ich dir mal Whisky vorstellen?“, fragte sie sanft und erntete ein schüchternes Nicken. „Du musst auch keine Angst haben, der tut nichts“, schmunzelte sie und nahm Natsuki an die Hand, die Kyo schon los gelassen hatte. Langsam führte sie das Mädchen zu ihren Mops, der gleich seinen Kopf hob und aus neugierigen, schwarzen Knopfaugen sein Frauchen und das Mädchen ansah, sich aber keinen Zentimeter aus seinem Körbchen bewegte. „Natsuki, das ist Whisky, Whisky, das ist Natsuki, sei nett zu ihr, ja?“, fragte sie und kraulte dem hellbraunen Mops kurz hintern den Ohren, der gleich darauf entspannt seine Augen schloss. Yuna holte noch ein paar Spielzeuge hervor, bevor sie sich erhob und sich wieder zu Kyo gesellte, der das alles nur stumm beobachtete. Nach kurzer Zeit robbte Natsuki an den Hund heran und sah ihn an, bevor sie vorsichtig eine Hand hob und ihn ein wenig ungelenk streichelte. Kyo wartete noch die Reaktion von dem Hund ab, der aber ganz entspannt an die Sache heran ging. „So und nun sag mir, wie ist der Herr Prophet zum Kind gekommen?“, zügelte Yuna ihre Neugier keinesfalls und Kyo schmunzelte etwas. „Es ist nicht so, wie du denkst“, sagte er. „Was denke ich denn?“ „Das sie von einer Liebschaft abstammt.“ „Gut, so hätte ich es nicht ausgedrückt, aber du hast recht, das dachte ich, wobei ich schon zugeben muss, dass sie keinerlei Ähnlichkeit mit dir hat“, sagte die junge Frau und setzte sich auf ihren Schreibtisch. Daraufhin musste Kyo lachen. „Kein Wunder. Sie ist vom Kinderheim nebenan“, sagte er dann und das ließ Yuna noch verwunderter aus der Wäsche gucken. „Hast du irgendwelche Bewährungsauflagen, die du erfüllen musst, von denen wir alle nichts wussten, oder hast du die kleine Entführt?“, fragte sie. „Weder noch. Sie wird übel von den anderen Kindern und auch Betreuern gemobbt. Nur weil sie so klein und schüchtern ist und nicht redet.“ „Aha… okay, das ist wirklich nicht schön, aber warum bist du dann in der Heldenrolle? Verstehe mich nicht falsch, aber das passt nicht zu dir… Wobei nein, das ist falsch ausgedrückt, man kennt es nicht von dir.“ „Ich habe keine Ahnung“, zuckte Kyo mit den Schultern. „Ich weiß selbst nicht, warum ich das mache. Aber ich konnte sie ein paar Mal beobachten, als ich draußen im Garten saß und die Kinder sie fertig gemacht haben. Sie sah so verzweifelt aus, so traurig und ihre Augen… Yuna, da war kein einziger Funken Glanz drin…“ „Und du willst den Glanz wieder bringen?“ „Warum nicht?“, fragte er. „Ich weiß nicht, ob ich es wirklich schaffen werde, aber was hält mich davon ab es zu versuchen? Ihre Eltern werde ich sicher nie ersetzen können, aber vielleicht schaffe ich es ja ihr trotzdem ein wenig Geborgenheit zu vermitteln, bei dem sie einfach Kind sein kann und sich nicht dauernd beherrschen muss, weil Weinen uncool ist, oder als schwach angesehen wird“, murmelte er und sah zu dem kleinen Mädchen, welches sogar geschafft hatte den Hund aus dem Körbchen zu locken… zumindest mit den Vorderpfoten. „Da hast du dir ganz schön viel vor genommen. Und die Eltern? Oder nähre Verwandte?“ „Eltern sind tot und die letzten zwei Onkel sind im Knast und Psychiatrie“, erzählte der Sänger. „Also willst du sie ab und an aus dem Kinderheim holen und ihr ein paar schöne Stunden bereiten“, sagte sie und nickte, so als ob sie es noch gar nicht richtig glauben konnte. „Nur vorübergehend.“ „Das heißt?“, fragte sie und Yuna zog verwundert ihre Augenbrauen zusammen. „Ich werde sie adoptieren.“ Danach herrschte erst mal Stille und Yuna sah Kyo einfach nur an. Der Sänger konnte genau sehen, wie es in ihr arbeitete und er fand es doch schon ein bisschen amüsant, dass er sie so aus dem Konzept bringen konnte. „Sorry, ich hatte gerade so ein Rauschen im Ohr, kannst du das noch mal wiederholen?“, fragte sie blinzelnd und Yuna grinste. „Ich werde Natsuki adoptieren“, wiederholte er und verschränkte die Arme vor seiner Brust. „Du bist doch verrückt.“ „Aber nicht erst seit heute“, schmunzelte er. „Nein, ich meine es wirklich ernst. Ich kann sie da nicht lassen. Das wäre ihr Untergang. Und warum sollte ich ihr die Chance verbauen ordentlich aufzuwachsen, wenn ich es doch möglich machen kann?“, fragte er und sah Yuna ernst an. „Ehm… du hast recht. Sie hat ein Recht darauf“, nickte sie, bevor ein Lächeln auf ihre Züge wanderte „Du wirst ein wundervoller Daddy sein.“ Kapitel 6: Sechs ---------------- Der Nachmittag war dann sehr schnell vergangen, wie Kyo irgendwann mit einem Blick auf seiner Uhr festgestellt hatte. Natsuki hatte Whisky wirklich sehr gut beschäftigt und der faule Hund hatte sich sogar mal dazu bringen lassen aus seinem heiß geliebten Körbchen zu steigen und etwas mit dem Mädchen zu toben. Zumindest mehr oder weniger. Allerdings musste Kyo das Mädchen langsam wieder zurück bringen und da Whisky sich erneut gähnend in seinem Körbchen nieder gelassen hatte, war dies doch der perfekte Zeitpunkt. „Ich glaube Natsuki hat deinen Hund müde gespielt“, lachte Kyo und auch Yuna musste kurz auflachen. „Der Hund weiß doch schon gar nicht mehr, was Bewegung ist, der schläft bestimmt jetzt zwei Tage durch“, nickte sie. „Ich glaube auch. Aber wir werden uns jetzt wieder verkrümeln, ich muss sie eh wieder zurück bringen“, seufzte Kyo und er schaute zu, wie Natsuki das Spielzeug fein säuberlich auf einen Haufen stapelte. „Recht glücklich wirkst du darüber nicht“, stellte Yuna fest. „Nein, weil ich genau weiß, wie sie gucken wird, wenn sie wieder im Heim ist. Aber noch kann ich sie ja nicht einfach so bei mir behalten“, dropte Kyo und nahm die Kleine wieder an seine Hand, nachdem er gesehen hatte, dass sie ihren Teddy erneut in ihre Arme genommen hatte. „Verabschiedest du dich noch von Yuna, dann müssen wir auch schon wieder gehen“, sagte er sanft und zusammen gingen sie zu der jungen Frau. Natsuki verbeugte sich leicht und Yuna auch. „Machs gut, Natsuki. Wenn du wieder mit Whisky spielen willst, sag einfach Bescheid“, lächelte sie noch. Natsuki nickte und winkte dann noch einmal, dann war Kyo mit ihr schon aus der Tür getreten. Zusammen fuhren sie wieder in den Arbeitsbereich von Dir en grey und als sie durch die Tür traten, kam Kyo schon der Geruch von frischer Pizza entgegen. „Da seid ihr ja endlich. Wollt ihr auch was mitessen? Essen ist gerade angekommen“, fragte Shinya gleich, der sich an der Küchennische ausließ und Teller holte. „Willst du ein Stück Pizza essen?“, fragte er gleich das Mädchen, auch wenn sie langsam zurück musste, ein bisschen Zeit war dann doch noch, zudem er ja nur nebenan durch die Tür treten musste. Natsuki ließ Kyo los und lugte vorsichtig auf die geöffneten Kartons, wo verschiedene Pizzen drin lagen. Mit einem Nicken zeigte sie dann auf die mit dem Brokkoli und Schinken. „Mit Brokkoli? Ernsthaft?“, fragte er und so richtig konnte er nicht fassen, dass sie genau auf solch einen Fraß stand, wie ihr Chibi es tat. Doch die Kleine nickte kräftig und Kyo grinste. „Okay, dann sollst du es haben. Shin, du musst deine Pizza teilen“, rief dann Kyo und Shinya schaute erst etwas verwundert, sah aber wie Natsuki nickte und lachte dann. „Na mit so einer süßen Lady teile ich doch gerne“, zeigte er der Kleinen den Daumen hoch und holte für sie auch noch einen Teller. Keine fünf Minuten später saßen sie alle um den Couchtisch herum, wobei Shinya, Kyo und Natsuki das Sofa für sich beanspruchten und die anderen sich einfach darum herum hocken mussten. Sie sollten sich wirklich noch ein paar Sitzmöbel anschaffen, aber dann würden die bestimmt wieder nur im Weg herum stehen, weswegen sie es bis jetzt noch nicht durch gezogen hatten. Leises Schmatzen erfüllte den Raum und Kyo lugte immer wieder zu Natsuki herunter, die immer wieder kleine Bisse ihrer Pizza nahm, ansonsten aber brav da saß und es sich schmecken ließ. Er brauchte auch gar nicht zu fragen, ob es ihr schmeckte, denn sie sah wirklich zufrieden aus. Sie klaute sich sogar noch ein weiteres Stück von Shinya, als dieser mal nicht hinsah und Kyo musste schon grinsen, da der Drummer es nicht mal zu bemerken schien. Scheinbar schien Natsuki dann zu bemerken, dass er sie etwas beobachtete, denn sie drehte ihr Gesicht zu ihm und öffnete ihren verschmierten Pizzamund und bedeutete ihm anscheinend so, dass sie auch etwas von ihm abhaben wollte. Kurzerhand schob er ihr sein Stück Pizza in den Mund und sie biss ein ordentliches Stück heraus, auf welchem sie zufrieden herum kaute, bis sie dann allerdings ihr Gesicht verzog, es aber dennoch runter schluckte. „Salami nicht so lecker?“, fragte er schmunzelnd und Natsuki schüttelte angeekelt ihren Kopf, bevor sie sich schnell von sich wieder eines in den Mund schob. Lachend aß auch Kyo weiter, bis alle Teller und Pizzakartons leer waren und sie nun wirklich los mussten. „Verabschiedest du dich noch? Ich muss dich jetzt leider wieder zurück bringen“, sagte der Sänger sanft und wischte Natsuki noch ein Krümelchen von der Wange. Diese sah alles andere als begeistert aus und das Mädchen schüttelte sogar ihren Kopf. „Nein?“, fragte die männliche Stimmgewalt und erneut schüttelte Natsuki ihren Kopf. „Leider muss es aber sein“, seufzte er und stand dann schon auf um ihre Jacke zu holen. Kurzerhand krabbelte sie sogar hinter Shinya und versteckte sich da, was es dem Sänger nicht leichter machte. „Komm schon, Natsuki-chan“, murmelte er. „In ein paar Tagen hole ich dich wieder ab und dann gehen wir in den Tierpark, versprochen“, stand er dann neben Shinya und wartete bis sie wieder hervor gekrochen kam. „Außerdem, wenn du jetzt nicht vor kommst, bekommen wir beide Ärger und da darf ich dich am Ende nicht mehr besuchen kommen, weil wir nicht lieb waren“, versuchte er es jetzt mal so rum und das schien Natsuki noch weniger zu gefallen, denn der purzelten fast schon die Augen raus, als sie hinter Shinya hervor lugte. „Nun komm“, hielt Kyo ihr mittlerweile schon die Jacke auf und wartete geduldig auf sie, wobei der schmale Sänger selbst nicht wusste, woher er die Geduld überhaupt her nahm, da es ja sonst immer sofort passieren musste. Es dauerte dann noch einen Moment, doch dann kam Natsuki hinter Shinya hervor gekrabbelt und sie ließ sich freiwillig die Jacke an ziehen. Erleichtert, dass es bis jetzt ohne Geschrei von statten ging, holte Kyo sich selbst seine Jacke und wartete, bis das Mädchen sich von den Jungs verabschiedet hatte, die ihr dann alle freundlich nach winkten. „Deinen Teddy hast du?“, fragte er, nachdem sie schon vor der Tür standen und er lieber noch mal nach fragte, da er genau sah, dass ihr flauschiger Freund eben nicht bei der Kleinen auf dem Arm saß. Mit riesigen Kulleraugen schaute Natsuki nach oben und schien erst gar nicht zu wissen, was sie machen sollte. Kyo erlöste sie dann aber und machte ihr die Tür auf. „Der ist bestimmt noch drinnen, geh ihn schnell holen“, schmunzelte er und der Sänger schaute dem Mädchen nach, wie es zurück in den Raum rannte um sich den Teddy zu schnappen, nur damit sie wenige Sekunden später wieder vor ihm zum Stehen kam. „Dann können wir ja jetzt los“, sagte er und setzte sich schon in Bewegung, nur um wenige Schritte später zu bemerken, dass Natsuki ihm nicht folgte. Innerlich seufzend drehte Kyo sich um und hockte nach einigen Schritten vor ihr. „Tsuki-chan… so gerne ich dich noch hier lassen möchte, aber ich darf nicht. Ich mag auch nicht dass du gehst…“, erklärte er ruhig und biss sich auf der Unterlippe herum. „Soll ich dir mal was sagen?“, fragte er dann aber und sie nickte. „Ich hab die Frau von deinem zu Hause gefragt, ob du bald bei mir wohnen darfst… wenn du das willst?“, schaute er sie fragend an und Natsuki nickte, wenn auch noch etwas zaghaft. „Aber bis du wirklich bei mir wohnen darfst, müssen wir noch ein bisschen Geduld haben, verstehst du?“… das tat sie anscheinend nicht, weil sie ihn fragend anschaute, also setzte er zu einer weiteren Erklärung an. „Die Tante muss noch andere fragen, ob sie auch wollen, dass du bei mir wohnst und das dauert eben ein bisschen. Deswegen muss ich dich heute leider wieder zurück schaffen und die nächsten Male sicherlich auch“, erzählte er und Natsuki schien wirklich zu verstehen, denn sie schob leicht schmollend die kleine, rosige Unterlippe nach vor, nickte aber. „Aber ich verspreche dir, dass du nicht mehr lange da wohnen musst. Außerdem bist du doch schon ein großes Mädchen, oder?“, murmelte er fragend und Natsuki nickte wieder schüchtern. „Na also. Und jetzt hast du auch etwas, auf das du dich die nächsten Tage freuen kannst“, denn er konnte sich wirklich vorstellen, dass sie sonst keine großen Freuden erlebte. Wieder nickte Natsuki und er lächelte, nahm sie dann einfach auf seinen Arm und platzierte sie auf seiner Hüfte. „Und nun versuchen wir beide die nächsten Tage ganz schnell herum zu bekommen, dass wir dann bald schon den Tierpark unsicher machen können“, erzählte Kyo weiter und ehe die Kleine überhaupt etwas dagegen protestieren konnte, trat der Sänger mit ihr auf dem Arm durch das große Tor des Kinderheimes und marschierte mir ihr weiter zum großen Gebäude. „Sie sind spät dran, das Abendessen ist gleich schon beendet“, Kyo war noch gar nicht richtig mit seiner süßen Last in dem Gebäude, da wurde er auch schon nervig von der Seite angesprochen. „Eine Minute ist noch Zeit“, sagte er unbeeindruckt, nach dem Blick auf die große Wanduhr, die mitten auf dem Gang hing und drehte sich zur Heimleiterin um. „Außerdem hat sie schon gegessen, also denke ich, ist es nicht sehr tragisch, oder hast du noch Hunger?“, fragte er dann direkt Natsuki, die aber nur mit ihrem Kopf schüttelte. „Sehen Sie, alles paletti“, sagte Kyo also und ließ das Mädchen dann runter, welches sich aber gleich mit den Ärmchen an seine Beine kettete. Irgendwie hatte Kyo ja so etwas befürchtet und er hatte keine Ahnung, wie er aus der Nummer wieder raus kam, denn er konnte nur zu gut verstehen, dass sie hier nicht bleiben wollte. „Hey Süße, ich bin doch noch gar nicht weg“, murmelte er also. „Natsuki, würdest du bitte zu den anderen gehen, ich muss mit dem Onkel noch einmal kurz reden“, sagte die Heimleiterin und trotz dass das Wort Bitte gebraucht wurde, klang es alles andere als freundlich. „Geht’s noch freundlicher?“, brummte Kyo und nahm dann Natsuki wieder hoch, um mit ihr wieder in das Spielzimmer zu gehen, wo er sie auf einem Stuhl absetzte. „Ich bin gleich wieder da“, sagte er, pattete ihren dunklen Haarschopf und verließ den Raum, um sich in das Gespräch mit der Heimleiterin zu begeben. „Wie ist es gelaufen?“, fragte das graue Monster sofort, nachdem sie in ihr Büro getreten waren. Kyo seufzte, fuhr sich durch die Haare und sah sie dann ernst an. „Was denken Sie denn, wie es gelaufen ist?“, stellte er eine Gegenfrage und mit verschränkten Armen und überkreuzten Beinen lehnte er sich an die schwere Holztür und sah sie abwartend an. „Ich weiß nicht“, sagte sie dann aber ehrlich. „Sonst fällt es mir leicht so etwas zu beurteilen, aber bei Ihnen… das kann ich fast gar nicht einschätzen“, das ließ Kyo innerlich triumphierend grinsen. „Sie wirken recht entspannt, also gehe ich mal davon aus, dass es nicht sehr viele Schwierigkeiten gab“, sagte sie dann aber, was Kyo nicken ließ. „Reduzieren wir es auf keine Schwierigkeiten. Das einzige, was uns beiden, also Natsuki und mir, etwas Probleme bereitet hat war, dass ich sie hier her zurück bringen musste“, brummte Kyo. Nun musste die Heimleiterin allerdings nicken, bevor sie sich räusperte. „Ich gebe zu, ich hätte nicht gedacht, dass Sie das so gut im Griff haben. Allgemein scheint das Mädchen sehr von Ihnen angetan zu sein. Wie machen Sie das? Bei uns fließen immer gleich Tränen…“ „Wenn sie es mal mit Geduld und ein wenig Freundlichkeit probieren würden, dann hätten Sie sicherlich weniger Probleme. Wie dem auch sei. In den nächsten Tagen werde ich Natsuki wieder abholen und nun entschuldigen Sie mich, ich habe noch ein kleines Versprechen einzulösen und muss mich bei der kleinen Lady, leider Gottes, verabschieden“, mit diesen Worten drehte Kyo sich um und steuerte erneut das Spielzimmer an. Kapitel 7: Sieben ----------------- In den darauffolgenden Tagen steckte Kyo bis zum Hals in Arbeit und er merkte kaum, wenn Tag oder Nacht war. Zum Glück war die ganze Zeit äußerst bescheidenes Wetter gewesen und da brauchte er zumindest kein schlechtes Gewissen Natsuki gegenüber haben. Nach fünf Tagen hatte er dann endlich mal wieder eine kurze Verschnaufpause, in Form eines freien Nachmittags. Das Wetter sah auch recht freundlich aus, auch wenn die Sonne sich immer wieder hinten den vollen Wolken versteckte, aber das sollte ihn diesmal nicht von seinem Vorhaben abhalten. Mit seiner Jacke und einem dunklen Hut bewaffnet marschierte Kyo am frühen Nachmittag durch die Türen des Studios, nur um nebenan einzufallen. Mit einem lauten Knallen donnerte die Tür hinter ihm ins Schloss und der blonde Sänger zuckte selbst erschrocken zusammen, da es in dem Heim beinahe beängstigend still war und somit der Schall umso stärker. Den Grund erfuhr er auch schon eine Sekunde später, als die Heimleiterin ihren Kopf durch einen Spalt steckte, nachdem sie ihre Tür geöffnet hatte. „Ach Sie sind es. Hätte ich mir ja denken können. Die Kinder machen gerade Mittagsschlaf, also müssen Sie sich wohl ein bisschen gedulden und vor allem leise sein. Aber wenn Sie einmal hier sind, ich habe die Adoptionsunterlagen endlich erhalten und wenn Sie wollen, können wir das gleich ausfüllen“, quasselte das graue Ding auf ihn ein und Kyo hätte fast schon abgelehnt, wenn es sich nicht um eine so wichtige Sache gehandelt hätte. „Okay“, sagte er deswegen nur und marschierte ins Büro, wo die Tür hinter ihm ins Schloss fiel. Ein halbe Stunde später stieß er sie wieder auf und trat heraus. Sie beide hatten alles ausgefüllt und die Heimleiterin kümmerte sich um den Rest, was jetzt nun einige Wochen dauern konnte. Kyo hoffte innerlich, dass er Glück hatte und es irgendwie schneller ging, aber so wie er sein Schicksal mittlerweile kennen gelernt hatte, war das auch nur ein Wunschtraum. Aber darum ging es jetzt nicht, denn er hatte für diesen Tag eine ganz andere Mission und diese Mission saß wieder zusammen gekauert in ihrer Ecke, als der Sänger das Spielzimmer betrat. Die Kinder wirkten alle noch ein bisschen müde und zerknittert, aber im Großen und Ganzen waren sie schon wieder am Energie hochfahren und schnatterten alle durcheinander. Vorsichtig bahnte sich der blonde Japaner seinen Weg durch die Massen, bis er Natsuki erreicht hatte und vorsichtig den Teddy etwas nach unten schob, den sie sich wieder vor ihr Gesicht gehalten hatte. „Hallo Tsuki-chan“, sagte er sanft und lächelte sie an. „Lust auf den versprochenen Ausflug?“, fragte er weiter und der herzzerreißende Blick verschwand von ihrem Gesicht. Es machte sich Freude darauf breit und sie nickte, wenn auch noch ein wenig schüchtern. „Dann lass uns mal deine Jacke und Schuhe holen“, nickte Kyo und er reichte ihr seine Hand, die sie auch gleich annahm. Zusammen gingen sie durch den Raum, wo die anderen ihnen schon wieder hinterher sahen, aber das juckte Kyo nicht. Nein, er fand es sogar ein wenig triumphierend, wie vor allem diese frechen Kinder dumm aus der Wäsche guckten, dass ausgerechnet Natsuki auserwählt wurde und nicht einer von ihnen. An der Garderobe half Kyo Natsuki in die Schuhe und hielt ihr dann die Jacke hin, in die sie schnell hinein schlüpfte. Kurz besah er sich das Mädchen und fasste gleichzeitig den Entschluss, dass sie ganz dringend neue Sachen benötigte. Da sie ja eh nächste Woche Geburtstag hatte, war das doch die passende Gelegenheit dazu. Sowieso wollte er sich dafür noch etwas einfallen lassen. Zwar war am Abend ihres Geburtstages noch ein Konzert, aber das sollte ihn nicht davon abhalten den Tag mir ihr zu verbringen und ihr einen richtig tollen Geburtstag zu schenken. Am besten er redete mal mit den Jungs drüber. Die schienen ja auch ganz schön von der Kleinen angetan zu sein und da sie selbst manchmal noch Kinder waren, hatten sie bestimmt die Eine oder Andere Idee, was sie da fabrizieren konnten. Als Natsuki angezogen war, nahm Kyo sie wieder an die Hand, richtete seinen Hut und dann ging es auch schon los. Er hoffte inständig, dass seine potentiellen Fans alle schon aus dem Tierparkalter heraus waren, aber wissen konnte man es nie und sie beide somit ihre Ruhe hatten. Allerdings wollte er sich deswegen jetzt auch nicht verrückt machen und wenige Augenblicke später liefen sie schon die Straße hinunter, um zur U-Bahnstation zu kommen, da sie ein paar Stationen damit zurücklegen mussten. Zwar hätte er auch sein Auto nehmen können, aber Kyo hatte noch keinen passenden Kindersitz für Natsuki und bevor er sie irgendwie in Gefahr brachte, nutzte er eben die öffentlichen Verkehrsmittel mit ihr. Zu seinem Glück war der U-Bahnsteig sehr ausgestorben und somit konnte er in Ruhe mit der Kleinen warten, die sich neugierig umsah, aber immer brav an seiner Hand blieb. Nach wenigen Minuten kam die U-Bahn dann auch endlich angefahren und als alle Passagiere ausgestiegen waren, zog der Sänger das Mädchen sanft hinein und dirigierte sie zu einem leeren Platz, auf welchen er sie auch gleich absetzte. Schützend stellte er sich vor ihr hin und hielt sich an einer Stange fest, damit Kyo nicht selbst durch den Wagen kullerte. Mit einem Ruck fuhr die Bahn an und dann legten sie schon ruckelnd den Weg zurück. Natsuki schaute sich immer neugierig um und manchmal hatte Kyo schon die Befürchtung, dass sie gleich vom Sitz rutschen würde, so sehr beugte sie sich nach vorn oder zur Seite. Aber kurz bevor es soweit kommen konnte, setzte sie sich wieder richtig hin und ihm kam es so vor, als wäre die Fahrt ein kleines Abenteuer für sie. „Alles in Ordnung?“, fragte er aber doch mal nach, da sie nach fünf Minuten immer noch in der gleichen Position saß. Kurz biss sie sich auf die Unterlippe, doch dann nickte Natsuki und sie sah wieder aus dem Fenster, wo Kyo genau sehen konnte, wie ihre Augen immer hin und her zuckten. Nur bezweifelte er, dass es sehr interessant war, da das unterirdische Tunnelsystem bestimmt nicht gerade das spannendste war. Nach einigen Stationen hatten sie ihr Ziel erreicht und als sie anhielten, hielt Kyo ihr seine Hand hin und nach einer kleinen Aufforderung, hatte Natsuki diese auch ergriffen und zusammen sprangen sie aus dem Zug. Kurz musste der Sänger sich erst einmal orientieren, da er selbst schon lange nicht mehr hier war, doch dann erkannte er, wo genau sie hin mussten und gemächlich machten sie sich auf den Weg. Kyo erzählte ab und an ein wenig und auch wenn Natsuki kein Wort sagte, wusste er, dass sie ihm zuhörte. Nach knapp zehn Minuten Laufen kamen sie endlich am Tierpark an und Kyo zögerte keine Sekunde und er kaufte für sie zwei Eintrittskarten. Dann konnte es auch schon los gehen. Die ersten Meter lief Natsuki noch an seiner Hand, doch mit einem fragenden Blick löste sie ihre Hand von Kyo und sah schüchtern zu ihm hinauf. „Lauf ruhig, ich hab dich immer im Blick und bin hinter dir“, war er einverstanden, dass sie ein wenig herum laufen würde, solange sie aber in seiner Nähe blieb. Als sie sah, das Kyo nichts dagegen hatte, rannte Natsuki schon zum ersten Gehege und mit großen Augen sah sie zu der weißen Schneeeule auf, die auf ihrem Ast saß und die Augen geschlossen hatte. „Die ist schön, nicht?“, fragte er und das Mädchen nickte. Sie stand noch ein bisschen mit offenem Mund am Gehege, ehe sie sich dann aber doch mal löste und neben Kyo weiter lief. Erneut war ein großer Vogel in seinem Territorium, diesmal allerdings ein großer Adler, der etwas angsterregend ausschaute. Aber Natsuki schien das nicht zu stören, denn sie klebte mit ihrer Nase schon fast am Zaun. „Komm mal bisschen weg da“, murmelte er deswegen und Kyo zog Natsuki zumindest einen halben Meter weg, denn so friedlich das Tier gerade auf seinem Ast hockte, so schnell konnte auch dessen Laune sicherlich umschlagen. Aber scheinbar war Natsuki nicht mehr wirklich an dem Tier interessiert und sie gingen weiter und beschauten sich weitere Vögel. Bei den bunten Papageien blieb Natsuki wieder interessierter stehen. Diese bunten Vögel zwitscherten und plapperten fröhlich vor sich hin und mit einem erstaunten Lächeln im Gesicht sah sie hinauf, wo sie alle wie die Hühner auf der Stange saßen. Dann drehte sie sich zu Kyo um und sie hob ihm seine Arme entgegen. Lachend nahm Kyo sie hoch und platzierte sie auf seiner Hüfte und ging etwas näher an den Käfig heran, so dass sie noch etwas genauer gucken konnte. Fröhlich pfiff sie einige Melodien nach und das war tatsächlich das erste Mal, dass Natsuki ein Geräusch von sich gab, zumindest außer leises Weinen oder Schluchzen und das sah Kyo einfach als einen Fortschritt an. Er ließ Natsuki so lange schauen, bis sie es satt hatte, dann gingen sie weiter. Nun wieder Hand in Hand klapperten sie die Gehege ab und sie bestaunten die Tiere des Waldes, die auf einer weitläufigen Wiese grasten. Irgendwann kamen sie am Streichelgehege an und Kyo schaute auf seinen Schützling hinab. „Willst du mal rein streicheln gehen?“, fragte er und musste ganz schön ankämpfen, gegen das laute Gemecker der Ziegen. Unsicher schaute das kleine Mädchen zu Kyo und scheinbar wusste sie es selbst nicht so richtig. „Soll ich mir rein kommen?“, fragte er deswegen und hockte sich vor Natsuki hin, damit er besser ihre Emotionen lesen konnte. Noch einmal überlegte sie und schaute immer wieder zu den kleinen und großen Ziegen, die schon neugierig am Zaun standen, bis sie nickte. „Okay, aber wenn du raus möchtest, dann sag Bescheid, ja?“, fragte er und erst als Kyo ein Nicken von dem Mädchen bekommen hatte, stand er wieder auf und führte sie in den Streichelzoo. Vorsichtig traten sie ein und dann scharrten sich die Tiere um sie herum, was Natsuki veranlasste sich gleich an ihn zu drücken. Schmunzelnd nahm Kyo sie erst mal hoch und ging ein Stückchen weiter rein, da noch andere nachkamen. Die anderen waren nicht ganz so verschreckt und kichernd ließen die Kinder sich beschnuppern und teilweiße abschlecken. Das sah auch Natsuki und sie guckte immer wieder schüchtern nach unten. Von alleine schien sie sich dann aber trotzdem nicht zu trauen, weswegen Kyo dann einfach mal das Ganze übernahm und er hockte sich langsam mit ihr hin. So war sie auf Höhe mit den Ziegen, aber immer noch auf seiner Hüfte, damit er sie gleich wieder retten konnte, falls irgendwas sein sollte. Hin und her gerissen drückte das Mädchen sich an ihren edlen Ritter, bis eine Ziege sie dann einfach frech anstupste und vollmeckerte. Kyo verkniff sich ein Lachen, doch Natsuki sah die Ziege beinahe empört an. „Die will nur Hallo sagen“, sagte er ruhig. Vielleicht wollte die Ziege auch was zum Futtern haben, aber da mussten sie sie enttäuschen, das hatten sie nicht gekauft. Aber scheinbar reichte es Natsuki dann doch, denn sie legte ihre Arme ganz um Kyo und drückte sich an ihn heran, drehte der Ziege dann sozusagen den Rücken zu. „Gut, dann gehen wir lieber wieder raus, hm?“, schmunzelte der schmale Sänger und mit schnellen Schritten war er wieder aus dem Gehege getreten. Kyo behielt das Mädchen dann einfach oben und lief mit ihr weiter. Bei den Kaninchen ließ er sie aber wieder runter und da man diese auch streicheln durfte, hockte er sich erneut neben sie. „Wollen wir die mal streicheln?“, fragte er und da kam auch schon ein kleiner Hopper an und schnupperte an ihnen. Lächelnd strich Kyo dem Hasen über den Rücken und zeigte so, dass es okay war. Diese kleinen possierlichen Tierchen schienen Natsuki dann doch besser zu gefallen, denn sie hockte sich neben den Sänger und streichelte das Tier ebenfalls. Es dauerte nicht lange und ein zweites Schlappohr kam an gehoppelt und stupste Natsuki an. Kichernd streichelte auch sie den Hasen und Kyo war beruhigt, dass er sie damit etwas aus der Reserve locken konnte. Und er musste zugeben, das leise Kichern war zu niedlich. Er verkrümelte sich dann etwas an den Rand und ließ das Mädchen ein wenig toben und spielen, bis sie mal merkte, dass Kyo gar nicht mehr neben ihr stand. Trotzdem behielt sie den glücklich, verzückten Gesichtsausdruck bei und das brachte den Sänger wiederum zum Lächeln. „Wollen wir weiter gehen?“, fragte er dann aber und da Natsuki seine Hand wie selbstverständlich nahm, sah er das jetzt mal als eine Zustimmung an. Also klapperten sie noch den Rest des Tierparkes ab, bis sie den Ausgang erblickten. Allerdings wollte Kyo nicht einfach so das Territorium verlassen. Zuvor steuerte er mit seinem Mädchen den kleinen Souvenirshop an, damit er ihr noch eine schöne Erinnerung für den Tag kaufen konnte. Kapitel 8: Acht --------------- Am nächsten Tag stürmte Kyo ins Büro zu Yuna, bevor er überhaupt bei sich in den Arbeitsbereich einfiel. Ohne anzuklopfen trat der Sänger in den kleinen Raum und holte die junge Frau scheinbar aus ihrem Tagtraum, denn sie zuckte mächtig zusammen und sie biss prompt den Kugelschreiber kaputt, auf dem sie herum gekaut hatte. So wie es aussah musste sie mächtig zugebissen haben, denn die blaue Tinte verbreitete sich rasend schnell auf ihren Lippen und Kyo vergaß vor Schreck, weswegen er überhaupt zu ihr gegangen war. Das Bild war aber auch zu amüsant, wie sie verzweifelt versuchte sich die Tinte mit einem Taschentuch aus dem Gesicht zu wischen, allerdings machte Yuna es nur noch schlimmer, anstatt besser. „Ehm, geh lieber ins Bad, ich glaube das ist besser“, gab Kyo ihr den Rat und in der nächsten Sekunde wurde er mit einem dermaßen vernichtenden Blick angesehen, dass er dann doch lieber erst mal den Rückzug antrat und später noch einmal in ihr Büro kommen würde, zudem er ja eh gerade vergessen hatte, warum er hier war. „Ich komm später noch mal“, murmelte er also und verpisste sich. Seinen Besuch bei ihr würde er heute ganz nach hinten, an das Ende des Tages verschieben… oder vielleicht auf Morgen…, da sie wirklich sehr angefressen zu sein schien… Fünf Minuten später betrat er auch ihren kleinen Studioraum und dort warf Kyo seine Sachen erst einmal aufs Sofa, zumindest seine Tasche, die Jacke hängte er fein säuberlich an den Haken. Sie begrüßten sich und gingen kurz durch, was für den Tag anstand, als sie dann auch schon los legten. An diesem Tag probierten sie vieles aus, verwarfen aber auch einiges und somit schritten die Stunden gemächlich dahin. Gegen Mittag gönnten sie sich einen kleinen Snack und einen Kaffee, damit sie wieder etwas Energie tankten. „Und, warst du gestern mit der Kleinen im Tierpark?“, beschloss Daisuke anscheinend, dass ein wenig Smalltalk nicht schaden konnte. „Jap.“ „Und wie war‘s?“ „Tierisch“, grinste Kyo und Daisuke verdrehte gespielt seine Augen. „Ach echt? Kann mir gar nicht vorstellen wieso…“, murmelte der große Rote und Kyo grinste. „Dann, lieber DaiDai, solltest du mal ganz dringend einen Besuch in den Tierpark einrichten, da wirst du einiges lernen“, ging Kyo auf das kleine Spielchen ein, während er genüsslich an seinem Kaffee nippte. „Vielleicht sollte ich das mal tun“, nickte Daisuke ernst, grinste dann aber. „Aber mal im Ernst jetzt. Wie war’s?“, worauf Kyo mit den Schultern zuckte. „Also ich fand es ganz okay, ich hoffe sie auch“, gab er zu und fuhr sich durch den Nacken. „Nur okay?“, fragte Daisuke skeptisch. „Ist denn irgendwas passiert?“, denn für ihn klang es so, doch der schmale Sänger schüttelte seinen Kopf. „Nein, alles war in bester Ordnung. Ich wollte damit sagen, dass es wirklich ein schöner Nachmittag war und es tat mal richtig gut“, erzählte er. „Nach meinem Urteilsvermögen hat es Natsuki wirklich gefallen, na ja, bis auf die Ziegen, vor denen hatte sie Angst“, schlich sich ein Grinsen auf seine Züge, als er daran zurück dachte, wie empört das Mädchen die Ziege angesehen hatte, als diese sich erdreistet hatte sie einmal an zu stupsen. „Hast du sie denen zum Fraß vor geworfen, oder was?“, fragte Daisuke frech und musste dann vor der Hand ihres Sängers zurück weichen. „Wo denkst du hin, du Riesenbaka. Wir waren im Streichelzoo, aber wie gesagt, sie hatte da eher Schiss als Spaß drinnen, also sind war da schnell wieder weg. Später bei den Kaninchen sah das ganz anders aus und ich hab sie davon beinahe gar nicht mehr trennen können“, berichtete Kyo ein bisschen und trank seinen Becher aus. Dann fiel ihm eine andere Tatsache ein und bevor sie wieder an ihre Arbeit gingen, wollte er sie zumindest noch einmal ansprechen. „Habt ihr eine Idee für einen Kindergeburtstag?“, fragte er deswegen und Kyo ignorierte gekonnt die schiefen Blicke, die er von seinen vier Freunden und Kollegen zugeworfen bekam. „Ehm…“, sagte Kaoru und er kratze sich an seinem kleinen Kinnbärtchen. „Inwiefern?“, fragte er und schaute dann neugierig ihren Sänger an. „Natsuki hat nächste Woche Geburtstag und ich dachte mir, ich überrasche sie damit etwas“, murmelte Kyo leise, da er sich ja selbst ein bisschen blöd dabei vor kam. Aber das Mädchen veränderte ihn, schon jetzt, dabei hatten sie bis jetzt nur zwei Tage miteinander verbracht. „Wann denn genau? Die nächste Woche hat sieben Tage…“ „Am Donnertag“, antwortete er und seufzend fuhr er sich durch die Haare. Kyo hatte wirklich keinen Plan, wie er das bewerkstelligen sollte, aber trotzdem wollte er es unbedingt machen. „Ich würde sagen, dass du zuerst einmal deinen Terminkalender durch gehst, ob du da überhaupt Zeit hast, nicht dass es gleich von Anfang an zum Scheitern verurteil ist“, war ihr Leader mal wieder der Logischste von ihnen und Kyo fing den kleinen, schwarzen Planer gekonnt auf, als der Wuschelkopf ihm diesen entgegen warf. Schnell suchten die schlanken, langen Finger das gewünschte Datum und Kyo wäre beinahe vor Erleichterung ein Jauchzen über die Lippen gekommen, da nur am Vormittag ein Interview anstand. Also konnte er sie am Nachmittag abholen und der Kleinen eine Party schenken. „Den Nachmittag hab ich Zeit, ihr auch?“, fragte er gleich, denn irgendwie wollte er nicht den Alleinunterhalten spielen, zudem Dai und Toshiya auch gerne mal ihre kindliche Seite raushängen ließen und die wäre sicherlich sehr nützlich. Also ertönte bald allgemeines Rascheln und alle nickten sie nacheinander und Kyo war wirklich froh, dass ihre Termine einmal so nett zu ihnen waren. „Klasse, nun müssen wir nur noch herausfinden, womit wir die kleinen Knopfaugen zum Strahlen bringen können“, nickte der Sänger. „Mit einer Torte“, schlug Toshiya sogleich vor. „Am besten in rosa und vielleicht Pferde drauf, oder Hello Kitty.“ „Nah… alles, nur kein Hello Kitty“, schüttelte Kyo sich, aber die Torte war schon mal ein guter Anfang. „Auf ihrem Rucksack sind viele Einhörner, vielleicht wäre das ja etwas“, nickte er dann aber und grübelnd fasste er sich ans Kinn, so konnte er einfach viel besser überlegen. „Da hast du ja schon mal das Essen gesichert“, grinste Toshiya und dieser schien schon eine genaue Vorstellung zu haben, wir er die Torte futterte, denn kurz darauf leckte sich der Bassist die Lippen. Schnell lenkte Kyo seinen Blick wo anders hin und dachte weiter nach. „Wie wär es, wenn wir mit ihr dann ein paar Spiele machen? Die sind schnell aufgetrieben und machen jetzt auch nicht so einen großen Aufwand“, machte auch Daisuke einen Vorschlag und Kyo nickte wieder. „Ja, du hast recht und fürs Erste kann man sich das ja merken, was anderes machen kann man ja dann immer noch“, war der Sänger damit vollkommen einverstanden. „Willst du ihr denn noch etwas anderes schenken, außer die Party?“, saß nun Shinya neben Kyo. „Na ja, ihre Sachen sind jetzt nicht mehr so die besten, ich dachte ich hole ihr da etwas. Muss ja nix weltbewegendes sein, aber eine Hose ohne Flicken oder eine Jacke, die nicht drei Nummern zu groß ist, wären sicherlich nicht verkehrt und Spielzeug ließe sich bestimmt auch etwas auftreiben“, hatte er sich zumindest darüber schon mal ein paar Gedanken gemacht. „Klingt nicht schlecht, aber ich glaube da nimmst du lieber eine Frau zum Shoppen mit“, lachten sie dann und Kyo konnte sich auch nur schwer ein Grinsen verkneifen. „Wie? Angst in die Mädchenabteilung zu gehen?“ „Nein, eher einen modischen Fauxpas zu begehen“, waren die vier anderen ehrlich und Kyo konnte sie da wirklich verstehen. „Da habt ihr allerdings recht, zudem ich ihre Kleidergröße eh noch herausfinden muss.“ „Frag doch mal eine von der Companie hier. Da ist bestimmt ‘ne Mami bereit dir zu helfen“, das brachte Kyo dann zum schnauben. „Die einzigen Frauen, mit denen ich hier rede sind Nora und Yuna. Und da fängt es ja schon an. Nora ist gerade geschäftlich verreist und Yuna hat keine Kinder.“ „Nora aber auch nicht“, warf Kaoru ein. „Stimmt, das kommt noch erschwerend hinzu“, seufzte Kyo. „Aber hat Yuna nicht zwei kleine Nichten? Da hat sie ja doch etwas, worauf sie zurück greifen kann“, auch wieder wahr. „Okay, aber heute frage ich sie nicht mehr“, murmelte Kyo, da es wohl seine einzige Möglichkeit war und gerade als die anderen vier Luft holen wollten und schon ein halbes Warum heraus gebracht hatten, knallte die Tür auf, rastete mit dem Türknauf in der Wand ein und eine, vor Wut, schäumende Yuna kam herein. Mit koboldblauen Lippen. „DU!“, rief sie zu Kyo und kam schon gefährlich nah mit ihrem drohenden Zeigefinger an ihn heran. „Darum“, dropte Kyo. Kapitel 9: Neun --------------- Kyo drehte sich um seine eigene Achse und konnte somit nur annähernd das Ausmaß erfassen, welchem Yuna ihn ausgesetzt hatte. Nach der kleinen Rauferei waren schon wieder knapp drei Tage ins Land gezogen und so langsam musste er mal ein Geschenk für Natsuki auftreiben, weswegen er mit Yuna verabredet war. Ihre Verabredung fand im Kaufhaus statt, genauer gesagt im Kinderparadies schlecht hin. Erneut drehte Kyo sich im Kreis und er konnte es einfach nicht fassen, dass diese Frau ihn doch tatsächlich in das größte Kindereinkaufcenter ganz Japans geschleift hatte. Okay, eher ganz Tokyos. Aber trotzdem! „Willst du noch länger dich im Kreis drehen? Das Ding schließt in knapp zwei Stunden, also komm, wir müssen uns ein bisschen sputen“, klatschte Yuna auffordernd in ihre Hände und Kyo seufzte ergeben. Wenn er nicht ein paar Kinderaugen leuchten sehen wollte, würde er sofort eine Kehrtwende machen, aber das konnte er einfach nicht mit sich vereinbaren, weswegen er seine Zähne zusammen biss und hinter der jungen Frau her stiefelte. „Hast du denn irgendwie eine Vorstellung, was du ihr schenken willst?“, fragte sie, nachdem sie die ersten zwei Gänge hinter sich gelassen hatten, die von Kuscheltieren nur so überquollen. „Nope“, schüttelte Kyo den Kopf und er machte einen riesen Bogen um eine beinahe metergroße Hello Kitty. „Wow, du bist da ja wirklich gut vorbereitet“, brummte Yuna sarkastisch. „Irgendwas, was es nicht sein sollte?“, fragte sie wieder und beguckte sich dabei eine Plastikfigur von Hello Kitty. „Ja, Hello Kitty“, bekam sie im nächsten Moment ihre Antwort und grinsend stellte Yuna die Figur wieder zurück. „Okay, dann lass uns mal schauen“, sagte sie also und sie setzten ihre abenteuerliche Reise durch das Kinderparadies fort. Bei manchen Dingen fragte Kyo sich allerdings, wofür man so etwas brauchte. Er konnte sich nicht vorstellen, wozu ein Kind ein Plüschtier benötigen sollte, das eigenhändig pinkeln konnte. Für so etwas gab es schließlich Haustiere und keine Spielzeuge dir auch noch irgendwas mit ‚Pipi‘ hießen. „Oi Kyo, beweg deine vier Buchstaben mal hier rüber“, rief Yuna irgendwann quer durch den Laden, da sie schon zwei Gänge weiter war und scheinbar etwas gefunden hatte. „Ja doch“, brummte Kyo und seine Laune wurde immer mieser, da er einfach nichts fand, womit er und vor allem Natsuki glücklich wurde… wobei, die Kleine würde sich wahrscheinlich über alles freuen, aber der Sänger wollte ihr nicht einfach irgendwas schenken. „Was hast du denn gefunden?“, fragte er, als er die junge Frau endlich mal erreicht hatte. Sie stand inmitten von Babypuppen und dem ganzen Zubehör. „Wie wäre es denn mit einer Puppe? Guck mal die hier. Die kann sogar lachen und weinen und brabbeln und sogar in die Windeln machen, wenn man sie füttert“, haute Yunas Euphorie Kyo beinahe um und machte ihn zudem ein bisschen sprachlos. „Ehm…“, wollte er wirklich eine Puppe haben, die ihm ein Ohr abkauen konnte? „Nicht? Also ich finde die echt klasse und für ein Mädchen doch das perfekte Geschenk“, plapperte sie weiter. „Ich weiß nicht. Du sagst das Ding kann sprechen? Das ist doch gruselig“, murmelte er, dennoch nahm er sich ein zweites Model heraus und er beschaute sich die Puppe mal genauer. „Nur für euch Männer, Mädchen lieben es“, grinste sie. „Und du anscheinend auch. Bist du dir sicher, dass wir etwas für Natsuki suchen und nicht vielleicht doch für dich?“, musste Kyo dann aber doch grinsen. „Haha. Sie sind heute ja mal wieder sehr witzig“, brummte sie, woraufhin Kyo erst recht lachen musste. „Also, was ist jetzt?“, brach Yuna die Stille, nachdem Kyo sich einige lange Minuten die Puppe und deren Verpackung angesehen hatte. „Hm…“ „Jaaa?“ „Ich glaub die ist gar nicht mal so übel“, nickte er dann und klemmte sich das Gerät unter den Arm, damit sie endlich diese Abteilung verlassen konnten. „Geht doch“, war Yuna scheinbar glücklicher als Kyo und er konnte darüber nur der Kopf schütteln. Also gingen sie dann weiter, bis Yuna erneut einen Zahn zulegte und Kyo gar nicht so schnell hinterher kam. So etwas konnte er leiden, wenn seine Begleitung auf einmal davon zischte. Somit beschleunigte der Sänger ebenfalls und wäre nach der nächsten Kurve beinahe in die junge Frau hinein gerauscht, da sie kurz danach stehen geblieben war und sie sich die Puppenwagen betrachtete. „Zu der Puppe gehört noch ein ordentliches Gefährt“, sagte sie und spontan zog sie einen weiß pinken Puppenwagen hervor und präsentierte ihn Kyo. „Der hat sogar Einhörner auf dem Stoff, du hast doch gesagt, sie mag Einhörner“, redete Yuna einfach weiter und Kyo atmete tief durch. Dieser Shoppingausflug war bis jetzt der anstrengste, den er je durchgemacht hatte. Während sie das Ding quasi auf Herz und Nieren untersuchte, schaute Kyo nur von weitem, aber er konnte es drehen und wenden wie er wollte, sie hatte Recht. Da blieb ihm ja gar keine andere Wahl, als auch dieses Gefährt mit zu nehmen. „Okay, überredet, schnapp dir das Teil, dann gucken wir noch nach ein paar Sachen und dann raus hier“, gab nun endlich mal Kyo den Ton an und mit einem breiten Grinsen nickte Yuna und sie schnappte sich den Puppenwagen. In der Kleiderabteilung waren sich beide immer recht schnell einig und in dem Puppenwagen lagen bald die Kleidungsstücke nur so gestapelt herum. „Oh schau mal, das musst du ihr auch kaufen“, kam es aus den Tiefen eines Kleiderständers und Kyo verdrehte seine Augen, da er eigentlich dachte, sie hatten alles. „Was denn jetzt noch?“, fragte er leicht genervt, bis ihm ein rosa Kleidchen vor die Nase gehalten wurde. Augenblicklich rümpfte er seine Nase und Kyo war nicht sehr begeistert. „Dein Ernst jetzt?“, fragte er. „Das Ding sieht doch aus wie aus nem Märchenbuch.“ „Das ist es ja, du Baka. Zwar steht da was von Sommerkleid, aber eigentlich sieht es doch eher nach Prinzessin aus“, nickte Yuna und sie war schon wieder verschwunden und wühlte sich durch die anderen Kleidungsstücke dieser Sorte. „Und da sich jedes Mädchen zumindest einmal wie eine Prinzessin fühlen will und auch sollte, wirst du das Kleid kaufen und Natsuki wird es gefälligst auf ihrer Geburtstagfeier tragen“, ließ sie anscheinend nicht mit sich reden und Kyo schlug seinen Kopf imaginär immer wieder gegen die nächstbeste Wand. Allerdings kam er gegen dieses Argument auch nicht an, weswegen dieses Kleid, in der richtigen Größe, auch seinen Weg in den Puppenwagen fand. Sie kauften dann noch ein paar Süßigkeiten und kleine Accessoires, die ja so notwendig für kleine Mädchen waren, dann hatten sie es endlich geschafft und Kyo war wirklich froh, als sie das ganze Zeug in sein Auto geladen hatten. So weit, so gut, jetzt musste er nur noch jemanden finden, der ihm das fein säuberlich einpackte, damit es auch als Geschenk angesehen werden konnte und nicht als Kriegserklärung… Kapitel 10: Zehn ---------------- Noch keine fünf Minuten waren sie dabei Kyos Wohnung für die kleine Party morgen zu dekorieren, da würde er am liebsten die Hälfte seiner Band vor die Tür setzen. „Wieso räumst du meine Kommode aus?“, fragte der blonde Sänger sichtlich genervt und sein Geduldsfaden wurde immer dünner, als er sah, dass Toshiya nacheinander seine Unterlagen und andere Sachen aus der Kommode räumte, die unschuldig in seinem Wohnzimmer stand. „Weil das nicht passt“, sagte der große Bassist und ließ sich nicht weiter stören. „Die steht seit Jahren da, wieso passt das auf einmal nicht mehr?“, fragte er und Kyo atmete tief durch, um nicht gleich auszurasten. „Schon mal genauer hingesehen? Du hast überall rosa Girlanden und Luftballons mit weißen Akzenten, da kannst du doch nicht einfach die schwarze Kommode hier hin stellen, das sieht doch scheiße aus.“ „Toshiya, noch ein Wort und du wirst gleich scheiße aussehen“, sagte Kyo ruhig, aber mit einer gewissen Schärfe. „Selbst wenn die Kommode orange oder olivgrün wäre, es hätte dich nicht zu interessieren und jetzt pack die Sachen wieder da rein“, wies der Sänger ihn an. Kopfschüttelnd machte er sich auf die Suche nach Shinya, der sich um das Verpacken der Geschenke kümmern wollte. Er war mehr als froh, dass er es nicht selbst machen musste, da er dafür kein Talent hatte. Kyo konnte ja wirklich vieles. Singen, Texten, Fotografieren,… aber Geschenke verpacken gehörte definitiv nicht dazu. „Wie sieht es aus?“, fragte Kyo, als er den schmalen Drummer in seiner Küche gefunden hatte. Es lagen etliche bunte Rollen Geschenkpapier herum, Unmengen von Schleifenband und eine ordentliche Rolle Klebeband. „Es ist gut, dass du kommst, du kannst das hier gleich mal festhalten“, ging ihr Jüngster gar nicht darauf ein, sondern er zitierte Kyo gleich zu sich und bedeutete ihn die eine Ecke Geschenkpapier fest zu halten. Kyo wuselte gleich durch seine Küchenstühle hindurch, um eine Sekunde später neben ihm zu stehen, um das Stück auf ein weiteres Stück Geschenkpapier zu drücken. So wie es aussah war es die Puppe, denn es war eindeutig ein Karton, der nun eingewickelt war und er hatte so eine Ahnung, dass das Ding wohl das einfachste von allen war. Schnell klebte Shinya einen Streifen Klebeband auf die Stelle und hätte dabei fast Kyos Daumen mit erwischt, wenn er den nicht noch schnell weggezogen hätte. „Reicht das Zeug, oder brauchst du noch etwas?“, fragte er dann, als er die komplizierte Mission ihres Drummers sah, der aber scheinbar richtig Spaß dran hatte, denn er lächelte zufrieden, schüttelte aber den Kopf. „Im Moment nicht, es dürfte alles reichen und wenn doch nicht, dann sag ich dir Bescheid“, berichtete er und zog eine Spur Schleifenband um das Päckchen und zauberte eine wunderbare Schleife, die Kyo nicht mal nach zehn Jahren Übung hinbekommen hätte. „Alles klar, wenn ich dir helfen kann, ruf einfach, ich geh mal schauen ob die anderen meine Bude auch eingerichtet lassen, Toshi wollte schon meine Kommode raus räumen. Scheinbar passte es nicht ganz in sein Feng Shui“, brummelte der Sänger und er konnte Shinya ganz genau lachen hören. Als er wieder ins Wohnzimmer kam durchströmte ihn aber dann doch die Erleichterung, da alle Möbelstücke noch an ihren Plätzen standen, zudem hingen überall rosa und pinke Girlanden herum, die glitzerten und funkelten. Kyo kam sich ein bisschen fremd in seiner eigenen Wohnung vor, aber was tat man nicht alles für ein kleines Mädchen? Scheinbar wirklich alles, wie er sarkastisch dachte. Eine weitere Stunde später waren sie fertig und seine Bude glänzte wirklich in allen Pinkvariationen und Kyo freute sich schon darauf, wenn er alles wieder abreißen konnte, da er sich nicht mehr wie ein Mann fühlte, sondern eher wie ein Flamingo, nur das er noch auf beiden Beinen stand… „Was gibt’s eigentlich zu essen?“, fragte Daisuke, während sie die Verpackungen zusammen räumten und somit den Boden wieder betretbar machten, ohne dass man Angst haben musste sich die Knochen zu brechen, da man an irgendeiner Packung oder Girlande hängen geblieben war. „Dachte mir, das wir Pizza selber machen und vielleicht auch ein paar Burger. Wollte etwas Westliches machen, da die im Kinderheim sehr viel Traditionelles machen und es soll ja was Besonderes für Natsuki sein“, erklärte er. „Zutaten habe ich schon alle da, muss nur noch das Fleisch morgen holen, aber das mache ich nach dem Interview, die Erdbeertörtchen muss ich ebenfalls noch abholen.“ „Erdbeertörtchen? Du hast wohl keine Lust auf die leckere Torte, die ich für Natsuki bestellt habe?“, fragte der Bassist wieder und Kyo verdrehte die Augen. „Das nicht, aber bisschen Auswahl kann ja nicht verkehrt sein“, meinte er, zudem so ein Stückchen Torte sicherlich schwer im Magen lag und dann zwei erst… nein, da hatte Kyo lieber noch etwas fruchtig Frisches bestellt. „Okay, hast mich überzeugt“, grinste der Bassist. Dann rief Shinya nach Hilfe und sie eilten in die Küche, wo er arg mit dem Puppenwagen zu kämpfen hatte. Das wunderte Kyo allerdings nicht, da der Drummer wirklich alles eingepackt hatte. Jedes Rad, den Griff und dann allgemein die Tragefläche. „Wow, wie kannst du dabei nicht durchdrehen?“, fragte Daisuke und Kyo musste nicken. Er hätte schon beim Griff aufgegeben. „Macht halt Spaß“, zuckte Shinya mit den Schultern und spannte sie dann ein, damit sie noch ordentlich das Schleifenband umwickeln konnten. Die Schleife selbst überließen sie wieder Shinya, der damit auch bald durch war und sich betrachtend vor den Geschenkeberg stellte. „Du hast dich selbst übertroffen“, klopfte Kaoru ihm auf die Schulter und sie anderen nickten, das hätte so wohl kein anderer hin bekommen. „Danke, ich habe mir auch alle Mühe gegeben“, grinste Shinya und er räumte dann die restlichen Schnipsel vom Geschenkpapier zusammen, um sie kurz darauf in den Papierkorb zu schmeißen. „Ich glaube, da sind wir jetzt durch, oder?“, fragte Kaoru und Kyo ging noch einmal kurz alles durch, bis er nickte. „Ja, den Rest können wir ja erst Morgen machen“, nickte der Sänger und streckte sich dann. „Dann danke ich euch und wir sehen uns dann morgen Nachmittag.“ „Wann sollen wir hier aufschlagen?“, fragte Daisuke noch. „Gegen 14 Uhr. Ich werde Natsuki um die Zeit abholen und ihr könnt in der Zeit ja den Kuchen und die Geschenke vorbereiten, damit auch ja alles klappt“, schlug er vor und die anderen waren auch einverstanden. „Alles klar, dann bis morgen“, verabschiedeten sie sich noch und als alle durch die Tür getreten waren und die Tür knackend ins Schloss gefallen, war Kyo endlich wieder allein und er begab sich zurück in seine pinke Hölle. Kapitel 11: Elf --------------- Das Interview zog sich mächtig zäh dahin und ab und an musste Kyo wirklich aufpassen, dass er nicht doch einschlief. Aber jedes Mal konnte er sich davon noch kurz davor abhalten, was die Sache aber auch nicht unbedingt besser machte. Aber kurz vor dem Mittag hatte er es endlich geschafft und erleichtert stürmte er aus dem großen Gebäude, um gleich zum Fleischer zu spazieren. Dort musste er einen Moment warten, da die Verkäuferin sich mit einem ganz speziellen Kunden herumärgern musste, der alles wissen wollte und am Ende doch nichts kaufte. Kyo fühlte seine Zeit verschwendet, konnte es jetzt aber auch nicht mehr ändern. Als er dann endlich an der Reihe war, sagte er seine Bestellung auf und nach nicht mal zwei weiteren Minuten hatte er bezahlt und war aus dem Laden spaziert. Sein nächster Halt war dann die Konditorei, wo die leckeren Erdbeertörtchen schon auf ihn warteten. Schnell hatte die junge Frau ihm die sechs Teilchen eingepackt und Kyo bezahlt, dann konnte er endlich nach Hause gehen und dort noch das nötigste vorbereiten, bis er Natsuki abholen würde. Die Heimleiterin wusste diesmal schon Bescheid, da er um Erlaubnis gebeten hatte, sie länger als normal bei sich haben zu dürfen. Zu Hause angekommen packte er alles in den Kühlschrank, damit die Lebensmittel frisch blieben. Kaum hatte er sie darin gebunkert, klingelte es auch schon wieder an seiner Tür. Ein wenig genervt und auch leicht abgehetzt, öffnete er sie und stand seinen vier Bandmitgliedern gegenüber, die ihn freudig anstrahlten und jeder etwas in den Händen hielt. „Kommt rein“, brummte Kyo und trat zur Seite, damit sie alle nacheinander gemütlich eintreten konnten. Außer Toshiya stellten alle ihr Zeug ab, denn der hatte die Torte in der Hand, weswegen der Bassist von Kyo gleich in die Küche dirigiert wurde. „Ich mach im Kühlschrank etwas Platz, warte kurz“, wuselte sich Kyo zum Kühlschrank durch und kramte wenige Minuten später darin herum, um genug Platz für das gute Stück zu schaffen. Zwei Minuten später hatten sie es geschafft und die Kühlschranktür fiel wieder zu. Danach ging Kyo wieder ins Wohnzimmer zu den anderen, welche schon auf seine Befehle warteten. „Am besten ihr deckt schon mal den Tisch und macht alles fertig, also Kerzen auf die Torte, den andern Kuchen auf eine Platte drapieren, Kakao zubereiten, Kaffee kochen… Geschenke vorbereiten und halt was da alles dazu gehört“, sagte er und Kyo zog sich schon mal das Shirt über den Kopf, da er noch kurz unter die Dusche springen wollte, bevor er Natsuki abholte. „Kerzen?“, fragte Toshiya „Wo soll ich denn jetzt Kerzen her zaubern? Du hast doch gar nichts von Kerzen gesagt“, blubberte der große Bassist und Kyo verdrehte leicht seine Augen. „Muss ich denn immer alles sagen? Das ist doch nicht dein erster Geburtstag, den du mit organisierst oder feierst“, schüttelte der Sänger seinen Kopf. „Aber keine Angst, ich hab welche gekauft“, erklärte er. „Und wie viele soll ich drauf stecken?“, fragte nun der Saiteninstrumentspieler. „Wie viele würdest du denn drauf machen?“, fragte der Sänger zurück. „Ich weiß nicht, eine?“, zuckte Toshiya mit den Schultern und Kyo seufzte. „Toshi, egal wie alt man wird, auf eine Geburtstagtorte gehören so viele Kerzen, wie man alt wird“, schüttelte der Sänger fassungslos seinen Kopf. „Also in Natsukis Fall vier und jetzt entschuldigt mich, ich möchte noch schnell unter die Dusche springen“, wollte Kyo sich schon umdrehen, wurde aber von ihrem Bassisten noch einmal abgehalten. „Aber Kyo, ich weiß nicht, ob ich da überhaupt vier Kerzen drauf bekomme, da ist ein Riesen Einhorn drauf und das kann ich doch nicht einfach so mit Kerzen verdecken“, wirkte der groß gewachsene Mann schon fast weinerlich und Kyo biss sich schnell auf die Zunge, bevor er noch was ganz böses sagte. „Es wird doch wohl mal möglich sein vier Kerzen auf eine Torte zu stecken. Ist doch scheiß egal ob sie im Feng Shui stehen, oder nicht, Hauptsache da sind vier Kerzen drauf“, gestikulierte der Sänger mit seinen Händen, ehe er seine Arme einfach fallen ließ und sich murmelnd ins Bad verabschiedete, vorher aber noch einen Abstecher ins Schlafzimmer machte, um sich da ein paar frische Sachen zu holen. Hilfe, wenn die Kerzen für die Torte schon solche Probleme bereiteten, wie soll dann erst der Nachmittag mit den vier Chaoten ablaufen…? Hoffentlich wollte Natsuki danach überhaupt noch etwas mit ihm zu tun haben… Bevor er sich aber noch verrückt machte, genoss er lieber die kurze, aber angenehme Dusche und wusch sich schnell, aber gründlich. Nachdem der ganze Schaum wieder von seinem Körper gespült worden war, kuschelte sich Kyo kurz in ein flauschiges Handtuch, ehe er sich abrubbelte und sich schnell in schwarze Jeans und ein weißes Sweatshirt schmiss. Seine Haare wurden mit dem Handtuch noch einmal ordentlich trocken gerubbelt, dann war seine Frisur auch schon beinahe perfekt. Er sprühte nur noch ein wenig Haarspray darüber und zupfte an einigen Stellen herum, dann konnte es eigentlich auch schon los gehen. Mit nun viel besserer Laune verließ Kyo das Bad und schnappte sich im Gehen schon seine Jacke. „Ich werde dann jetzt mal die Kleine holen. Lasst meine Bude ganz und benehmt euch“, warnte er noch einmal eindringlich, bevor er in seine Sneakers schlüpfte, sich seine Schlüssel nahm und dann auch schon aus der Tür war. Mit zügigen Schritten lief Kyo durch die Straßen Tokyos. Zwar hätte er auch die Bahn nehmen können, aber darauf hatte er keine Lust gehabt. Ihm war nach frischer Luft und da heute das Wetter eh schön war, war das doch die perfekte Gelegenheit geworden. Umso näher er dem Kinderheim kam, umso aufgeregter wurde er irgendwie. Er hatte keine Ahnung warum, da er ja nun mittlerweile schon zwei schöne Nachmittage mit dem Mädchen verbracht hatte, aber sein Herz schlug aufgeregt in seiner Brust. Scheinbar war er von ihrer Überraschung für das Mädchen aufgeregter, als das Kind selbst, was ja eigentlich auch kein Wunder war, da die Kleine keinen blassen Schimmer hatte. Über sich selbst den Kopf schüttelnd betrat der Sänger nach weiteren wenigen Minuten endlich das Gelände der Einrichtung und keine Minute später trat er durch die Tür, die mal wieder laut hinter ihm ins Schloss fiel. Im Gebäude war wieder Ruhe, aber von draußen schallten immer wieder laute Rufe hinein und da konnte er sich schon denken, dass die Kinder alle im Garten spielten. Bevor er aber raus gehen würde, klopfte er an das Büro der Heimleiterin, woraufhin er gleich herein gerufen wurde. „Oh Sie sind es“, stellte sie fest, sobald Kyo im Raum war. „Ja“, nickte der Sänger. „Wie kann ich Ihnen helfen?“, fragte sie weiter und Kyo zuckte darauf nur mit seinen Schultern. „Wollte nur Bescheid sagen, dass ich Natsuki jetzt abholen werde und wie besprochen sie diesmal bis zwanzig Uhr bei mir lasse“, erklärte er noch. „Okay, aber das hätten sie auch einer der Betreuerinnen sagen können, ich weiß ja schließlich schon Bescheid“, sagte sie. „Lieber Vorsicht, als Nachsicht. In diesem Falle sicher ich mich lieber doppelt ab, nicht dass mir noch irgendwas angedichtet wird…“, ließ er sich davon nicht beirren und drehte sich dann schon wieder herum, damit er aus dem Büro gehen konnte. Das hatte er dann auch verlassen und mit langen Schritten durchquerte er den Gang, bis er endlich den Weg in den Garten gefunden hatte. Wie erwartet rannten Kinder schreiend und quietschend durch die Gegend und Kyo rubbelte sich leicht am Ohr, da das eine Kind besonders laut war. Mit wachen Augen scannte er den Garten ab, konnte aber Natsuki nicht finden. Er ging ein paar Schritte weiter und sah dann wieder den frechen Krümel, der sie letztens so runter geputzt hatte. „Hey, Kleiner“, rief er ihn und der Knirps blieb auch tatsächlich stehen und schaute sich um, bis er Kyo sah. „Was, ich?“, fragte der Junge und Kyo nickte. „Ja, du. Weißt du wo Natsuki ist?“, fragte er gleich, da Kyo keine großartige Lust auf freche Sprüche von dem Kleinen hatte. „Woher soll ich das wissen?“, motzte der Bengel auch gleich. „Weil du hier wohnst, somit jeden Winkel kennst und so wie du letztens die Kleine mit herunter geputzt hast, wirst du es sicherlich wissen, also, wo ist sie?“, war der Sänger gänzlich unbeeindruckt. „Was wollen Sie überhaupt von der? Die heult doch immer nur und seit dem sie mit Ihnen unterwegs war, heult sie sogar noch mehr“, fragte der Knirps weiter, anstatt ihm endlich mal seine gewünschte Information zu geben. „Das geht dich nichts an und vielleicht weint sie ja deswegen so viel, weil sie immer mehr merkt, was für widerliche Knirpse ihr seid“, schüttelte Kyo seinen Kopf, aber innerlich wurde im doch etwas anders, als es hieß, sie würde jetzt sogar noch mehr weinen. „Gut, dann verrate ich eben nicht, wo die Heulsuse steckt“, zuckte der Junge mit den Schultern und rannte dann davon. „Arschlochkind“, murmelte Kyo daraufhin vor sich her und lief weiter durch den Garten, bis er einen weiteren Jungen wieder erkannte, der letztens ebenfalls bei der Scharade dabei war. „Hey“, hielt er ihn auf und hockte sich vor ihn hin, da er nicht viel älter als Natsuki sein konnte. „Weißt du wo Natsuki ist?“, fragte er wieder gleich und er hatte schon befürchtet, wieder so eine Antwort zu bekommen, wie von dem Bengel davor. „Sie sind der Mann, der letztens mit uns gemeckert hat, richtig?“, fragte er aber, anstatt endlich mal seine eigentliche Frage zu beantworten. „Ja. Und ich wüsste jetzt trotzdem gerne wo das Mädchen ist“, blieb Kyo ruhig, obwohl er innerlich schrie. Wie schon einmal zuvor fragte er sich, woher er die Geduld hatte ewig mit Kindern zu diskutieren? Die Geduld hatte er bei Erwachsenen schon nicht… „Die sitzt bestimmt wieder in dem Holzhaus“, zeigte er sich dann endlich mal bereit und Kyo folgte mit seinen Blicken der kleinen Hand, die schräg hinter ihn zeigte. „Okay, danke Kumpel“, richtete er sich wieder auf und klopfte dem Jungen auf die Schulter. „Kannst wieder abzischen“, sagte er noch und schon war er verschwunden. Also steuerte Kyo das kleine Holzhaus an und probehalber lunschte er durch das Fenster und konnte da drin tatsächlich Natsuki entdecken, die sich auf der minimalen Bank zusammen gekauert hatte. Kurz atmete der Sänger durch und beugte sich nach vorn, damit er durch die kleine Tür krabbeln konnte. Am Ende musste er wirklich auf die Knie gehen, aber er passte durch und mit seiner Präsenz in der Hütte wurde es plötzlich mächtig dunkel, da das kleine Fenster jetzt auch nicht unbedingt viel Licht spendete und er ja faktisch vor der Tür saß, sie also versperrte. „Hallo Tsuki-chan, was verkriechst du dich hier?“, fragte er sanft und das Mädchen zuckte kurz zusammen, da sie scheinbar in Gedanken war. Doch dann wurde er im nächsten Moment halb umgehauen, da sie spontan in seine Arme gesprungen war. Ein wenig perplex und vor allem überrumpelt legte er seine Arme um den schmalen Körper und drückte ihn an sich. Augenblicklich spürte er das leichte Beben und Kyo seufzte unterdrückt. „Ist doch alles gut“, murmelte Kyo und strich ihr beruhigend über den Rücken. Es zerriss ihm das Herz und scheinbar hatte der Junge recht gehabt, dass sie mehr weinte und der Sänger hatte so die Ahnung, dass es an ihm lag. Er lehnte sich dann an die Wand und ließ sich einfach auf dem Boden nieder, hielt Natsuki aber auf dem Schoß und tröstete sie so gut er konnte. Kyo gab ihr die Zeit, die sie brauchte und als sie merklich ruhiger geworden war, schob Kyo sie sanft von sich, zumindest so weit, dass er sie richtig ansehen konnte. Zärtlich strich er dem Mädchen über die nassen Wangen und lächelte leicht. „Es ist doch alles gut, du musst nicht mehr weinen“, wusste er einfach nicht, was er sagen sollte. Solch kleine Mädchen konnten einen Mann aber auch wirklich in die Knie zwingen, vor allem mit roten, verweinten Augen. „Was hältst du davon, wenn wir den Nachmittag bei mir zu Hause verbringen? Ich hab lecker Kuchen gekauft, hast du Lust?“, fragte er dann einfach und strich die letzten Reste von den Tränen weg, bevor er ihren Zopf ein wenig richtete. Natsuki schniefte noch einmal kurz, doch dann nickte sie. „Gut, dann schauen wir mal, wie ich aus dem Ding wieder raus komme und dann gibt’s auch schon lecker Kuchen“, grinste er, krabbelte das Mädchen gleichzeitig am Bauch und konnte ihr damit sogar ein leises Kichern entlocken. Kapitel 12: Zwölf ----------------- Nachdem Kyo sich aus dem kleinen Holzhaus gequetscht hatte nahm er Natsuki wieder an die Hand und gemeinsam durchquerten sie den Garten und suchten noch die nötigsten Sachen zusammen, dann konnten sie endlich aufbrechen. Hand in Hand liefen sie durch die Straßen. Kyo erzählte der Kleinen etwas von seiner Woche und was er so alles erlebt hatte. Brav hörte sie zu, das nahm der Sänger zumindest mal an, und blieb immer fein an seiner Hand. Somit war der Weg recht schnell zurück gelegt und sie passierten bald seinen Hauseingang. „Also, hier wohne ich“, erklärte Kyo unnötiger Weise und führt das Mädchen weiter, bis sie vor seiner Wohnungstür standen. Ruhig schloss er die Tür auf und zusammen traten sie ein und ließen zuerst einmal ihre Jacken und Schuhe im Flur, dann nahm Kyo sie einfach hoch und trug sie ins Wohnzimmer, wo schon der Rest von Dir en grey stand und sofort mit einem Geburtstaglied begann, sobald sie über die Schwelle getreten waren. Kyo stieg natürlich gleich mit ein und Natsuki wusste wahrscheinlich gar nicht was sie denken oder fühlen sollte, denn sie sah total entgeistert aus, aber auf einer positiven Art und Weise. Sie fünf sangen wirklich jede Strophe des Liedes, auch wenn es bei vier von den fünf Herren mehr schief als gerade klang und bei den letzten Worten platzierte Kyo das Mädchen vor der rosa Torte, mit akkurat vier drapierten Kerzen und einem riesigen Einhorn drauf. Mit großen Kulleraugen sah Natsuki hinunter, ehe sie total perplex nach oben und in die Runde der Männer blickte, dann schaute sie wieder auf die Torte. „Und jetzt kräftig pusten“, stupste Kyo sie an, doch Natsuki sah nur wieder zu ihm auf. „Du hast doch heute Geburtstag, oder?“, fragte er dann aber mal lieber nach und ein bisschen unsicher wurde er ja schon, da Natsuki selbst total unsicher aussah. Doch dann nickte sie kräftig und Kyo atmete innerlich auf. „Gut, dann hole tief Luft und puste“, forderte er sanft und diesmal kam sie auch wirklich seiner Bitte nach. Natsuki zog tief die Luft in ihre Lungen, bevor sie die kräftig entließ und halb die Kerzen von der Torte fegte. Lachend gaben sie Beifall und Kyo stellte die schiefe Kerze schnell wieder gerade hin, damit es nicht auffiel. „Und jetzt muss sich nur noch jemand finden, der die Torte anschneidet“, verkündete der Sänger und suchte schon nach einem Messer, welches Toshiya aber schon bereit hielt. „Ich mach das“, sagte dieser auch gleich und der Sänger zog das Mädchen etwas zurück, nicht dass sie noch in die Fänge des Bassisten geriet. Während der große Mann die Torte anschnitt, biss er sich gleichzeitig auf die Zunge und Kyo hatte schon beinahe das Gefühl bald ein bisschen Fleisch auf der Torte zu finden, aber zum Glück zog Toshiya seine Zunge noch rechtzeitig zurück bevor noch ein Unglück passieren konnte. Bald schon hatte er auch gleichgroße Stücke geschnitten und Kyo schob Natsuki mit ihren Teller als erste zu dem Bassisten, der ihr auch gleich in Stückchen auftat. Danach waren die anderen dran und als jeder ein süßes Stück auf dem Teller hatte, saßen sie um den Esstisch, in Kyos Wohnzimmer, herum und begannen dann auch schon zu Essen. „Nach dem Kuchen musst du unbedingt deine Geschenke auspacken“, verkündete Toshiya mit vollem Mund und Natsuki sah mit vollen Backen auf, nickte aber, bevor sie das Stück herunter schluckte und neugierig grinste. Somit war das auch beschlossen und nachdem beinahe jedes Krümelchen verdrückt worden war, räumte der Sänger das Geschirr erst mal zusammen. „Ihr könnte ja schon mal mit auspacken anfangen, ich räume das nur noch schnell weg“, sagte er doch Natsuki schüttelte den Kopf. „Nein?“, fragte Kyo und wieder flogen ihre Haare nach rechts und links, während sie den Kopf schüttelte. „Ich darf nicht wegräumen?“, wieder ein Kopfschütteln. „Oder willst du auspacken, wenn alle da sind?“, versuchte er es mal so herum, diesmal bekam er auch ein Nicken. „Okay, ich bringe das Geschirr schnell in die Küche und dann packst du aus?“, wieder ein Nicken und diesmal hielt Natsuki sogar ihre Hände hoch und Kyo benötigte erst einen kleinen Moment, bis er checkte, was sie denn wollte. Es sah aber ganz danach aus, als wollte sie helfen, also stapelte er ein paar Teller zusammen und stellte sie vorsichtig auf ihren Händen ab. „Gleich die Tür da vorn. Stell es einfach auf den Tisch“, nahm er ihre Hilfe dann aber an und während sie die erste Fuhre schon mal in die Küche brachte, stapelte Kyo den Rest auf ein Tablett und brachte es ebenfalls in die Küche, wo er schnell die Spülmaschine mit Natsukis Hilfe fütterte. Jetzt kam das Ding endlich mal zum Einsatz, sonst war das ja eher selten der Fall. „Na dann los“, hielt der blonde Mann der kleinen Dame die Hand hin, nachdem sie alles verstaut hatten und zusammen gingen sie ins Wohnzimmer, wo die Jungs den Geschenkestapel noch etwas mehr in die Zimmermitte gerückt hatten. Natsuki zog Kyo bis zu den Geschenken und zog ihn dann einfach mit auf den Boden, worauf er sich natürlich gleich niederließ. Ganz zaghaft nahm sie sich das erste Geschenk und Kyo hatte keine Ahnung, was es war, da es ein größerer Karton war, es die Puppe aber nicht sein konnte, da dieser Karton dann noch größer war. Behutsam zuppte Natsuki an der Schleife, die aufsprang und das Band sich von alleine von dem Paket löste. Nun war das Papier dran und anscheinend traute sie sich gar nicht die hübschen bunten Bildchen darauf zu zerreißen, aber scheinbar siegte die Neugier doch und Natsuki stürzte sich dann schon fast drauf. Darunter befand sich ein Karton, fein säuberlich mit Klebeband zugeklebt und Kyo seufzte. „Wenn du was nicht auf bekommst, dann deine Beschwerden bitte an Shinya, der ist schuld daran“, flüsterte Kyo Natsuki ins Ohr, die daraufhin schüchtern kicherte und sich das Ohr rieb. „Du bist doch nicht etwa kitzelig?“, fragte Kyo nun grinsend und pustet noch einmal kurz, weswegen sie wieder leise kicherte. Weiter wollte er sie aber nicht ärgern, viel eher angelte er sich seine Schere und zerschnitt das Klebeband, damit das Mädchen endlich mal in die Schachtel gucken konnte. Natürlich waren noch unendliche Laken Papier dazwischen, bis sie eine Packung mit zwei Krönchen heraus zog. Nun wusste auch Kyo, was in dem Karton versteckt war. Keine halbe Minute später zog Natsuki dann auch das Kleid heraus. Mit offenem Mund und großen Augen klebte ihr Blick regelrecht daran und ganz behutsam beschaute sie es sich ganz genau. Der Sänger ließ dem Mädchen die Zeit, bis sie ihn mit leuchtenden Augen ansah und er sofort wusste, was sie wollte, in der Hinsicht waren Mädchen, sowie Frauen wohl immer gleich. „Mal anprobieren?“, fragte er also und Natsuki nickte sofort. Lachend erhob sich Kyo und sie sammelte noch schnell die Krönchen dazu ein, dann folgte sie Kyo, der sie in sein Schlafzimmer führte, wo er einen großen Wandspiegel hatte. Dort half er ihr schnell in das süße, hellrosa Kleidchen und statt wie ein Sommerkleid sah es wirklich aus, wie ein Prinzessinnenkleid, mit etwas Tüll und kleinen Schleifchen und auch ein wenig Spitze. Als es endlich richtig saß zauberte er der kleinen Lady noch eine hübsche passende Frisur und hockte sich kurz darauf vor ihr hin, mit beiden Krönchen in der Hand. „Welche möchtest du aufsetzten?“, fragte er. Kurz überlegte sie, dann zeigte Natsuki auf die größere und leicht schüchtern blickte sie ihn von unten an, was sie gleich noch eine Spur niedlicher machte. „Gut, dann halt mal kurz still“, nickte er und setzte vorsichtig die Krone auf den kleinen Kopf. Ein wenig richtete er sie noch, dann war er zufrieden und Kyo zeigte seinen Daumen nach oben, drehte sie dann zum Spiegel. Das fröhliche, glückliche Lächeln daraufhin war das Beste, was er jemals sehen durfte und er dankte Yuna innerlich dafür, dass sie ihn fast schon zu dem Kleid geprügelt hatte, aber es hatte sich definitiv gelohnt. Bevor er sich aber wieder erheben konnte, hielt Natsuki ihn noch auf und nahm ihm die Krone aus der Hand, nur um sie dann auf seinen Kopf zu setzen. Mit ernstem Blick richtete sie die Krone noch etwas zu recht, doch dann zeigte sie beide Daumen nach oben und grinste ihn im nächsten Moment an. Die kleine Lady deutete auf den Spiegel und Kyo tat ihr den Gefallen, obwohl er sicherlich ziemlich dämlich damit aussah. Als er sich selbst erblickte musste er wirklich derbe grinsen, aber er behielt sie auf. Auf Knien krabbelte er dann neben sie und hielt Natsuki seinen Arm hin. „Holde Maid, wenn ich bitten darf?“, fragte er und führte sie, auf Knien kriechend, ins Wohnzimmer, wo den anderen kurz die Sprache weg blieb, sie dann aber amüsiert lachten und reichlich Fotos geschossen wurden. Kapitel 13: Dreizehn -------------------- Die restlichen Geschenke waren dann recht fix ausgepackt und Natsuki verteilte fleißig das abgerissene Papier zwischen Kaoru, Toshiya, Shinya und Daisuke. Kyo ließ sie aus, denn scheinbar sah sie ihn etwas als ihren Prinzen an, was Kyo doch schmunzeln ließ. Mit Freude hatte sie die Puppe begrüßt und der Puppenwagen wurde gleich mit dieser bestückt, aber erst nachdem jede Funktion der Puppe ordentlich unter die Lupe genommen wurde. Da waren die Kleidungsstücke gar nicht mehr so wichtig, denn die nahm Natsuki nur so nebenbei wahr, genauso wie die Süßigkeiten. Und wieder musste Kyo Yuna innerlich danken. Die Puppe war der Renner schlecht hin und er musste sich bei ihr irgendwie noch erdenklich zeigen, aber wie, das sollte später seine Sorge sein. Das Auspacken hatte dann ganz schön viel Zeit in Anspruch genommen, weswegen sie nicht mehr wirklich Zeit für ein paar Spielchen hatten. Trotzdem setzten sie sich in einer Runde zusammen und bald lagen die ganzen Memorykarten auf seinem Couchtisch verteilt und ihnen starrten die Rückseiten der Karten entgegen. Sie gingen immer Reihum und am Anfang hatte keiner von ihnen Glück, beziehungsweiße die Gabe sich die aufgedeckten Bildchen zu merken. Allerdings brach ausgerechnet Natsuki diesen kleinen Fluch und dann räumte sie gleich richtig ab. Beinahe nach dem halben Feld hörte sie dann doch mal auf die Pärchen nacheinander aufzudecken, so dass sie anderen auch mal die Chance hatten, aber es war am Ende eh egal, das Mädchen hatte sie alle fünf jämmerlich fertig gemacht und Kyo begann sich schlagartig alt zu fühlen. Mit einem breiten Grinsen präsentierte Natuski ihren Stapel noch und hielt ihm jeden unter die Nase, damit sich auch ja jeder davon überzeugen konnte. „Noch eine Runde?“, fragte Kyo und verteilte seine Karten schon wieder. Alle nickten und dann ging es auch schon wieder los, nachdem alles ordentlich gemischt und verteilt worden war. Diesmal punktete Shinya und ganz knapp gewann diesmal er, was Natsuki zum Schmollen brachte. „Hey, nicht schmollen“, stupste Daisuke sie an, doch Natsuki verschränkte erst recht ihre Arme und drehte sich beleidigt weg. Lachend schüttelte Kyo den Kopf und irgendwie hatte er es schon geahnt, dass auch in dieser kleinen Lady eine Zicke steckte, auch wenn sie die ganz gut verstecken konnte. Sie spielten dann noch ein paar Runden, bis es Zeit fürs Abendbrot war. Also verkrümelte Kyo sich in die Küche und bereitete alles so gut es ging vor. Doch lange blieb er nicht allein, da plötzlich die Tür aufging und ganz leise, eine Sekunde später, wieder ins Schloss fiel. Kurz sah Kyo auf und stellte fest, dass es das Geburtstagskind war, welches zu ihm geschlichen kam. „Na, keine Lust bei den anderen zu bleiben?“, fragte er und Natsuki schüttelte den Kopf. Die Kleine kam zu ihm an die Arbeitsplatte und dort musste sie sich tatsächlich auf die Zehenspitzen stellen, damit sie sehen konnte, was er da überhaupt tat. „Magst du helfen?“, fragte er sogleich und wieder nickte sie. „Dann warte mal kurz“, legte er zuerst den Paprika und das Messer an die Seite und wischte sich kurz die Hände an einem Handtuch ab. Aus einer Schublade holte Kyo eine Schürze und band sie Natsuki um, die darin etwas verloren aussah, aber das Kleid durfte schließlich auch nicht dreckig werden. Danach zog er sich einen Stuhl heran und stellte diesen vor das Waschbecken, damit sie richtig ran kam. Zuletzt hob er sie einfach hoch und stellte sie auf den Stuhl. „Geht das so?“, fragte er und Natsuki nickte, schaute jetzt neugierig auf die ganzen Sachen die Kyo da auf dem Tresen liegen hatte. „Ich putze und die wäschst den Paprika dann ab“, sagte er und entfernte schon das Kerngehäuse bei dem ersten, reichte dann Natsuki die eine Hälfte von dem roten Gemüse und drehte ihr das lauwarme Wasser auf. Sofort wischten die kleinen Hände über das Gemüse und entfernten wirklich jedes Stück Dreck und jedes Kernchen. Schmunzelnd beobachtete der Sänger sie etwas, reichte ich kurz darauf die Champignons, welche Natsuki auch gleich mit Hingabe von allem befreite, was da nicht drauf gehörte. Die kleinen Cherrytomaten wurden von ihr ebenfalls verwöhnt, so dass Kyo sich schon um das Schnippeln des Gemüses und um den Pizzateig kümmern konnte und diesen ausrollte und in sechs Stücke Teilte. Zwar waren die Stücke jetzt nicht die größten, aber sie hatten nach diesem Abend noch ein Konzert und mit überfüllten Bauch wäre das nicht gerade angenehm, weswegen sie nur etwas zur Grundlage haben wollten und das würde bis nach dem Konzert auf jeden Fall reichen. Als alle sechs Stücke auf zwei Bleche aufgeteilt waren, rief er nach seiner Band, die kurz darauf wie vier kleine Hunde nacheinander in die Küche getrottet kamen. Natsuki war auch wieder vom Stuhl geklettert und guckte diesmal über den Rand von seinem Küchentisch. Schnell stellte Kyo alle Zutaten auf seinen Tisch, so dass jeder gut ran kam und dann konnte sich jeder seine Pizza so zukleistern, wie er wollte. Bevor es los ging, hob er die kleine Lady wieder auf einen Stuhl und dann ging es auch schon los. Das Tomatenmark wurde gleich aufgeteilt und dann ging die Rangelei schon los. Salami und Schinken war als erstes aufgebraucht, danach waren die Champignons verteilt. Die Paprika war scheinbar nicht so der Renner, wobei Shinya da ordentlich zu schlug, genauso wie Natsuki, die außer Paprika gar nix drauf hatte. „Du willst nur Paprika?“, fragte Kyo verwundert, doch sie schüttelte den Kopf und zeigte auf die Schüssel, wo die Champignons drin waren. Kurz scannte Kyo jede Pizza, bis er die sah, die vor Champignons beinahe überlief. „Oi Dai, rück mal paar Pilze raus, du bist doch sonst nicht so verfressen“, pfiff er diesen gleich zusammen und zog das Blech zu Natsuki ran, damit diese sich ein paar runter nehmen konnte. Das tat sie auch gleich und mit Fingerspitzen mopste sie sich einige, bis sie selbst zufrieden war und Daisuke das Blech wieder entgegen schob. „So haben, wir jetzt alles, was wir brauchen?“, fragte der Sänger dann wieder und stapelte die leeren Schüsseln zusammen. „Der Käse fehlt noch“, meldete Kaoru sich dann mal zu Wort und die anderen nickten. Den Käse hatte Kyo wirklich vergessen und schnell holte er ein ordentliches Stück aus dem Kühlschrank. „Wir müssen den noch selber reiben?“, fragte Daisuke, sobald er sah, dass es doch noch etwas mit Arbeit verbunden war. „Natürlich, du denkst wohl auch, dass du hier zum Eierschaukeln bist?“, schüttelte Kyo den Kopf und kramte im Schrank nach einer Reibe, damit sie den Käse raspeln konnten. Zur gleichen Zeit schaute Natsuki Daisuke fragend an, der dann grinsen musste. „Er meinte, dass ich nicht so faul sein soll“, erklärte er ihr dann mal lieber, ehe er sich an den blonden Japaner wendete. „Pass mal auf was du sagst, hier sind noch Minderjährige dabei“ und er deutete unauffällig zu Natsuki, die immer noch mit neugierigen Augen die Männer verfolgte. „Oh, stimmt, sorry“, entschuldigte sich Kyo gleich und grinste ein wenig schief. „Daran werde ich mich wohl noch etwas gewöhnen müssen“, musste er zugeben. Den Käse packte er dann noch schnell aus der Packung und keine Sekunde später hatte Natsuki sich die Reibe und den Käse geschnappt. „Sollen wir das nicht lieber für dich machen?“, war er sich nicht so sicher, ob er sie das machen lassen durfte, doch das Mädchen schüttelte den Kopf und beinahe wie ein Profi rieb sie sich den Käse über ihre Pizza. Scheinbar machte sie das wirklich nicht zum ersten Mal und da sie doch sehr sicher aussah, ließ Kyo sie dann einfach machen. Nachdem Natsukis Pizza beinahe vor Käse überlief gab sie den restlichen Laib frei, was gar nicht mehr so viel war. Amüsiert schüttelten alle fünf den Kopf und notdürftig teilten sie sich in den Käse rein, der bald gerecht auf allen Teigstückchen verteilt war. Keine Minute später schob Kyo die Bleche in den Ofen und nun mussten sie nur noch warten, bis sie fertig waren. Fertig waren sie dann doch schnell und freudig rieben sich alle ihre Hände, als sie vor ihrem Pizzastück saßen. Sie ließen es sich alle schmecken und außer Schmatzen und leises Schnattern war nicht viel zu hören. In Null Komma nichts waren die Pizzastücke verdrückt und ziemlich glücklich saßen sie alle da, bis Kyo auf die Uhr blickte und leise seufzte. Langsam musste er Natsuki zurück bringen, auch wenn er es eigentlich nicht wollte. Aber Vorschriften waren nun mal Vorschriften und manchmal sollten man sie wirklich nicht brechen. Also räumte er das Geschirr wieder zusammen und angelte sich dann Natsuki, die er kurz auf seinen Schoß zog, nachdem er sich auf sein Sofa gesetzt hatte. „Willst du deine Sachen alle mit nehmen?“, fragte er sie, doch Natsuki schüttelte gleich ihren Kopf. „Was magst du denn mitnehmen?“, wollte er weiter wissen und ließ sie dann los, woraufhin sie gleich auf ihre Geschenke stürzte und sich nur die Anziehsachen nahm. „Deine Puppe nicht?“, fragte er und schnell schüttelte das Mädchen ihr Haupt. „Na gut, ich pass drauf auf, aber wenn du es haben willst, sagst du Bescheid, okay?“, schließlich wollte er ihr nichts vorenthalten, wobei er sich schon denken konnte, dass sie nicht alles mitnehmen wollte, da er einige andere Kinder ja auch schon kennen gelernt hatte und die gingen mit den Sachen anderer nicht gerade sorgsam um. Nach zehn Minuten hatten sich dann alle von der kleinen Lady verabschiedet und Hand in Hand brachte Kyo sie wieder nach Hause und er fand es wirklich Schade, dass der Tag schon vorbei war. Kapitel 14: Vierzehn -------------------- Dir en grey steckten gerade inmitten der Produktion von ihrem neusten Album und waren daher voll konzentriert und vollkommen in ihrer Arbeit vertieft, so dass sie gar nicht merkten, dass die Tür vom Studio leise auf ging und jemand Kleines hineingeschlichen kam, bevor die Tür mit einem leisen Klacken wieder zu ging. Brav zog sich das kleine Wesen die Schuhe und Jacke aus und auch der Rucksack wurde brav in die Ecke gestellt, damit niemand drüber fallen konnte. Auf Socken bewegte sich die kleine Lady gleich noch leiser durch den Raum und irgendwann stand sie direkt neben Kyo und schaute ihm dabei zu, wie er mit einer Hand scheinbar eine Tonleiter hoch und runter spielte und sich nebenbei einen Text durchlas, gleichzeitig noch Kopfhörer auf hatte. Kyo selbst war so sehr in der Musik versunken, das er gar nichts um sich herum mitbekam, neben ihm könnte eine Bombe hoch gehen, er würde es nicht merken. Blind suchte er wenig später einen Stift und ohne hin zu sehen tastete er sich über seinen Tisch, bis er endlich einen zwischen den Fingern hatte, wobei es ihm doch leicht komisch vorkam, dass der Stift so weit vorn gelegen hatte. Kurz sah er deswegen auf und zuckte im nächsten Moment mörderisch zusammen, als Natsuki direkt neben ihm stand. Sie selbst erschrak sich ebenfalls. Sofort nahm Kyo seine Kopfhörer runter und legte seine Sachen beiseite. „Tsuki-chan, was machst du denn hier? Du kannst mich doch nicht so erschrecken“, war Kyo wirklich platt und er musste sein Herz erst mal wieder irgendwie beruhigen. Statt einer Antwort kuschelte die Kleine sich nur an ihn und Kyo zog sie kurzerhand auf seinen Schoß. Zärtlich fuhr er ihr durch die Haare und musste dann doch schmunzeln, da sie so anschmiegsam war. Irgendwann löste sie sich dann wieder etwas von ihm und der Sänger lächelte sie an. „Hast du denn Bescheid gesagt, dass du hier bist?“, fragte er und strich ihr eine verirrte Strähne aus der Stirn. Schüchtern kaute Natsuki sich auf der Unterlippe herum, schüttelte dann aber ihren Kopf. „Oh man, du kannst doch nicht einfach so abhauen, was ist wenn wir Ärger bekommen?“, murmelte er, doch die kleine Lady zuckte nur mit den Schultern. „Aber ich muss jetzt zumindest Bescheid sagen, dass du bei mir bist, nicht das du gesucht wirst“, erklärte er noch und zog dann sein Handy vom Tisch, um die Nummer vom Kinderheim zu suchen, die er sich vor einer kleinen Weile schon einmal eingespeichert hatte. Kurz darauf hatte er das Telefon am Ohr und wartete bis abgenommen wurde. Freundlich begrüßte er die Heimleiterin und schilderte ihr die Situation. Natürlich war diese nicht erfreut, doch Kyo konnte es jetzt auch nicht ändern, allerdings stellte er sich quer, dass er Natsuki wieder zurück bringen sollte, zumindest nicht vor dem Abend, auch wenn es jetzt erst später Vormittag war. „Nein, ich lasse sie heute bei mir… ja, natürlich hat sie meinen Tagesplan durcheinander gebracht… ja… nein… na und? Nur weil es spontan war, werde ich sie jetzt ganz sicher nicht wegschicken… ja… ja ich weiß, spätestens achtzehn Uhr… aber sicher doch… nein… Okay… Bis später“, debattierte er noch etwas mit der guten Dame herum, aber zumindest war jetzt alles geklärt. „Wir haben Glück, du darfst heute hier den Tag verbringen“, teilte der Sänger ihr gleich mit. „Allerdings muss ich auch noch ein bisschen Arbeiten“, stellte Kyo aber auch gleich klar, damit Natsuki sich nicht gleich zu viele Hoffnungen machte. Sofort schob sie die kleine Unterlippe schmollend nach vorn. „Hey, doch nicht gleich schmollen, hätte ich gewusst, dass du mich heute unbedingt sehen willst, hätte ich mir die Zeit genommen“, stupste er die rosige, winzige Unterlippe mit seinem Zeigefinger an. „Aber noch muss ich etwas arbeiten, verstehst du?“, fragte er sanft. Natsuki sah wirklich noch etwas beleidigt aus, doch dann nickte sie. „Aber was machen wir denn da mit dir?“, fragte er eher sich selbst, als Natsuki. Die zuckte nur mit den Schultern und schenkte ihm ihren liebsten Blick, so als würde sie ihn bestechen wollen, dass er das Arbeiten vielleicht doch lassen würde, aber da kannte sie Kyo noch nicht. „Huh, wann hast du denn Natsuki geholt?“, durfte Kyo erneut zusammen zucken, als Shinya sich diesmal von der anderen Seite angeschlichen hatte. „Gar nicht, sie ist ausgebüchst“, grinste der Sänger schief. „Sag mal, bist du soweit mit deinem Zeug durch?“, fragte er weiter und kaute überlegend auf seiner Unterlippe herum. „Ja, bis ihr den Song alle eingespielt habt“, nickte der schmale Drummer und Kyo nickte. „Könntest du die kleine Lady da etwas beschäftigen? Ich muss das unbedingt noch fertig bekommen“, erklärte Kyo und Shinya verstand sicherlich auch sein Anliegen ohne großartige Details. „Klar, kein Problem, was will sie denn machen?“ „Ich habe keine Ahnung, aber wäre toll, wenn du das vielleicht heraus bekommen könntest?“, kratze sich Kyo verlegen im Nacken und schaute dann kurz zu dem kleinen Mädchen auf seinem Schoß die sich neugierig sein Blatt vor die Nase gezogen hatte. „Alles klar“, lachte Shinya und schien auch kurz zu überlegen, bevor er sich vor das Mädchen hockte. „Hallo Natsuki“, begrüßte er sie zuerst und wartete, bis sie ihn an sah „Hast du Lust etwas Klavier zu spielen?“, fragte er. Etwas skeptisch sah sie den Drummer an und schaute dann zu Kyo, der zustimmend nickte, ehe sie auch den Kopf hob und senkte und dem so zustimmte. „Dann komm mal mit“, nahm der Chibi das Mädchen an die Hand und führte sie zum Klavier, wo sie letztens schon saßen. „Kennst du das Lied von der Eiskönigin? Wie wäre es denn damit…?“, hörte er nur noch, bevor sich der Sänger wieder auf seine Arbeit konzentrierte und sie jetzt gleich noch viel schneller fertig bringen wollte. Zwei Stunden später trat er dann endlich wieder aus der Aufnahmebox und musste sich zunächst erst mal strecken. Seine Knochen krachten, doch dann fühlte er sich besser. Eine leise, nicht ganz so perfekte Melodie erklang noch immer und Kyo folgte ihr und blieb dann ein Stück weit entfernt stehen, denn zu der Melodie erklang noch ein leises, hohes Stimmchen und Kyo benötigte einen Moment um zu begreifen, dass Natsuki tatsächlich leise vor sich hin sang. Ganz leise nur, aber dennoch konnte er alles verstehen und Kyo bekam gleich eine Gänsehaut, da es das erste Mal war, dass sie überhaupt etwas sprach, oder in diesem Falle sang. Kurz sah er um die Ecke, konnte Shinya aber gar nicht mehr bei ihr erkennen. Ein wenig verwundert sah er sich um und erkannte ihren Drummer in einer ganz anderen Ecke, wieder total in seiner Arbeit vertieft. Scheinbar saß Natsuki alleine am Klavier und spielte und sang in Ruhe vor sich hin. Schmunzelnd setzte sich Kyo dann einfach aufs Sofa, wo er Natsuki bestens im Blick hatte und hörte ihr zu. Als sie zum dritten Mal das Lied wiederholte, hatte er sich den Text soweit gemerkt und so setzte Kyo einfach mit ein und unterstützte sie. Für den ersten Moment sah Natsuki erschrocken auf, sah kurz unsicher zu dem Sänger, der sich dann einfach langsam neben das Mädchen setzte und sie auch bei ihrem Klavierspiel unterstützte. So spielten die beiden ihr erstes Duett zusammen und es sollte bei weitem nicht das Letzte sein. Kapitel 15: Fünfzehn -------------------- Mit Sonnenbrille und Hut betrat Kyo an einem sonnig Frühsommertag das Kinderheim und er freute sich schon wieder wahnsinnig seine, hoffentlich bald, Tochter abzuholen. In den letzten Wochen hatte er immer versucht sie ein bis zwei Tage pro Woche abzuholen, was zwar nicht immer klappte, aber zumindest hatte er es versucht. Bevor er aber in den Garten gehen konnte, um sie sich zu schnappen, wurde er von der Heimleiterin abgefangen, die ihn zuerst in ihr Büro zitierte. „Setzen Sie sich bitte“, bedeutete sie ihm Platz zu nehmen. Kyo konnte nicht anders, irgendwie war er misstrauisch und nur ganz langsam setzte er sich auf den freien Stuhl. „Ist… irgendwas passiert?“, fragte er vorsichtig und er steckte sich seine Sonnenbrille in den Ausschnitt seines weißen T-Shirts, worüber er noch eine dunkle Weste trug, seine Beine steckten in einer einfachen Bluejeans. „Das würde ich gerne von Ihnen wissen“, lehnte sich die bebrillte Dame zurück und Kyo runzelte die Stirn. „Inwiefern?“, verstand er das Problem immer noch nicht. Kurz ging er die letzten Wochen mit Natsuki durch, aber er konnte nichts finden, was auf irgendeinen Fehler hindeuten würde. Zudem Natsuki sicherlich nichts erzählte, was ihr oder Kyo schaden würde. „Denken Sie mal nach, war in den letzten Wochen immer mal etwas anders bei Natsuki, als sonst?“, fragte sie weiter und bei dem Sänger schwebten die Fragezeichen nur so über seinem Kopf. „Eh… nein, nicht das ich wüsste“, schaute er sie weiterhin verwirrt an. „Was ist denn nun los?“, wollte er es endlich wissen, da er keine Lust hatte den ganzen Tag in dem muffigen Büro verbringen zu müssen, da hatte er mit Natsuki dann doch noch besseres vor. Außerdem machte sich in ihm Sorge um das Mädchen breit und das war wirklich kein tolles Gefühl. „Gut, Ihnen scheint es ja gar nicht aufgefallen zu sein, aber in den letzten Wochen hat sie bei der gemeinsamen Musikstunde angefangen mitzusingen, was sie sonst vorher nie gemacht hat“, wie sollte er das denn auch mitkriegen, schließlich war er zu dieser Zeit immer selbst arbeiten, aber das war doch gut. „Und was ist da jetzt das Problem an der Sache?“, fragte Kyo irritiert. „Das hat sie wie gesagt vorher nie gemacht, weder gesprochen noch gesungen und ich würde einfach gerne wissen, wie Sie sie dazu gebracht haben?“, beugte die Dame sich nach vorn, stützte sich auf ihrem Schreibtisch, mit den Ellenbogen ab und Kyo lehnte sich automatisch nach hinten. „Ich hab gar nichts gemacht, das war Natsuki schon ganz alleine“, fühlte er sich immer mehr einem Verhör ausgesetzt. Aber wenn er so daran zurück dachte, da hatte Natsuki in den letzten Wochen wirklich immer mehr von ihrem Gesangstalent preis gegeben und von ihrer Fingerfertigkeit gleich noch mehr. Jedes Mal bei ihren Treffen waren sie früher oder später doch am Klavier gelandet und mittlerweile hatten sie schon beinahe alle Disney-Film-Melodien durch, die es gab. Einschließlich den Texten, die Natsuki Kyo beigebracht hatte. Und der Sänger war erstaunt, dass sie wirklich jeden Text drauf hatte. Gesprochen hatte sie bis jetzt allerdings noch nicht, aber das würde auch noch kommen. Die kleine Lady brauchte einfach nur Zeit und die würde Kyo ihr geben und so lange geduldig warten, bis sie bereit war ihre ersten Worte mit ihm zu wechseln. Durch ein Räuspern schaute er dann aber wieder auf und blickte in das misstrauische Gesicht der Heimleiterin, die alles andere als überzeugt wirkte. „Sind Sie sich sicher? Irgendwas müssen Sie doch gemacht haben, dass sie singt. Bei uns hat sie sich immer quer gestellt und selbst das beste Gutzureden hatte bei Natsuki keine Wirkung erzielt“, da wunderte Kyo sich allerdings nicht, dass das Mädchen keinen Laut von sich gegeben hatte, wenn er bedrängt oder halb zu tote bequatscht wurde, da stellte er auch auf Durchzug. „Ich hab wirklich nichts gemacht. Wir haben mit ihr Klavier gespielt, was sie übrigens sehr gerne macht, vielleicht können Sie Natsuki ja dabei etwas fördern, und dann fing sie von alleine an zu singen. Gut, wir haben sie mal einen Moment allein gelassen, aber genau das hatte sie in dem Moment vielleicht gebraucht und da purzelten die Worte von ganz alleine über ihre Lippen“, schilderte der Sänger die Situation. „Mehr nicht?“, fragte die Heimleiterin und Kyo schüttelte den Kopf. „Nope, aber sagen Sie mal, sind Sie hier der Pädagoge, oder ich? Sie müssten doch am besten wissen wie man mit Kindern umgeht, oder eben nicht umgeht“, wurde er dann doch leicht aufbrausend, da er sich ein wenig verarscht vorkam. „Na hören Sie mal“, plusterte sie sich auch gleich auf. „Ist doch wahr, Sie müssten mir, einem mit Kindern unerfahrenen Mann, doch Tipps geben und nicht anders herum“, sagte er und Kyo verstand gerade die Welt nicht mehr. Aber eigentlich wollte er darüber auch gar nicht weiter nachdenken. „Haben Sie denn eigentlich schon etwas wegen der Adoption in Erfahrung gebracht? Das zieht sich ja doch ganz schön lange“, lenkte er das Thema dann auf etwas anderes zu. Kurz schien die Dame auch leicht sprachlos zu sein, doch dann fing sie sich wieder recht schnell und sie nickte. „Ja, das dauert eben alles seine Zeit und das ist ja auch keine Entscheidung, wie für eine neue Hose.“, sagte sie „Aber soweit es mir zu Ohren gekommen ist, sieht es für Sie im Moment ganz gut aus. Und das Sie sich, trotz ihres Jobs, immer so viel Zeit nehmen, das scheint sehr gut anzukommen. Ich muss Ihnen sicherlich nicht sagen, dass die Behörden am Anfang wirklich sehr skeptisch waren, aber dennoch müssen Sie noch etwas Geduld haben.“ Damit konnte der Sänger doch etwas anfangen. „Alles klar. Da weiß ich in etwa Bescheid“, sagte er und Kyo erhob sich schon. „Da würde ich mir jetzt Natsuki schnappen und bin dann auch schon wieder weg“, sagte er und nach einer kurzen Verabschiedung spazierte er endlich aus dem Büro und draußen musste der Sänger erst mal kurz durchatmen. Aber auch diese Hürde wurde geschafft und nun konnte er sich endlich wieder dem Goldstück widmen, welches sein Leben seit Wochen jedes Mal ein bisschen heller und fröhlicher machte. Kapitel 16: Sechzehn -------------------- Ein lautes „Hatschiii~“, schallte durch Kyos Küche und man konnte nur noch eine große Mehlwolke ausmachen, die die halbe Küche milchig weiß einfärbte. Ein zweites Niesen folgte, diesmal leiser und beinahe schon lieblich. Erneut gab es eine kleine Wolke, die nur noch ein paar Details weiß einfärbte. Lachend schaute Kyo zu Natsuki, die sich ebenfalls die Nase rieb, da sie beide eine ordentliche Ladung Mehl ins Gesicht bekommen hatten. Der Sänger hatte eine Tüte Mehl aus seinem Schrank holen wollen, dabei rutschte diese aber aus seinen Händen und die Papiertüte schlug auf seiner Theke auf und war regelrecht in einer Mehlatomwolke explodiert. Somit war es unmöglich gewesen dem Mehl auszuweichen und nun sah Kyos Küche aus wie nach einer halben Mehlschlacht. Ein bisschen verdutzt hatten sich der Sänger und das kleine Mädchen angesehen, ehe beide anfingen mit lachen. „Du siehst aus wie ein kleiner Poltergeist“, grinste Kyo die Kleine an und wischte ihr etwas Mehl von der Wange und pustete es weg. Das bisschen machte den Braten nun auch nicht mehr fett. Natsuki kicherte und wischte sich über die andere Wange, wo sie auch weiße Finger von bekam. Mit einem amüsierten Kopfschütteln klopfte Kyo ihr vorsichtig das Mehl von den Sachen und schüttelte es aus ihren Haaren. Dann befreite er sich so gut es ging von dem weißen Zeug und fegte es auf seiner Theke zusammen. „Hilfst du mir kurz beim Aufkehren?“, fragte er dann und hielt Natsuki einen Besen hin. Sogleich fegte sie es auf ihre niedliche Art und Weiße zusammen, sodass Kyo es dann schon auf seine Kehrschaufel aufladen konnte. Nachdem das größte Dilemma beseitigt war, begab sich der Sänger erneut auf die Suche nach Mehl und fand dann welches, allerdings diesmal Dinkelmehl. Kurz verzog er das Gesicht, zuckte dann aber mit den Schultern. So schlimm konnte das schließlich nicht sein, wie es allerdings in seinen Schrank kam, das war Kyo dann aber doch ein Rätsel. „Jetzt kann es weiter gehen“, grinste er und hielt Natsuki die volle Tüte vor die Nase „Diesmal hoffentlich ohne neue Küchenverkleidung“, zwinkerte er. Schnell suchte er noch die restlichen Zutaten zusammen und keine fünf Minuten später standen Eier, Butter, Mehl, Zucker, Schokodrops, Blaubeeren, und was man nicht noch alles für Muffins benötigte, auf dem Tisch. Eine große Schüssel suchte Kyo sich auch noch heraus, genauso wie eine Küchenwaage und mehrere kleine Schüsseln. „Dann mal hoch mit dir“, murmelte er kurz drauf zu Natsuki und der blonde Japaner hob das Mädchen auf einen Stuhl, damit sie fleißig mit helfen konnte. „Nimm dir mal die Waage“, forderte er sie auf und nahm sich schon mal die große Schüssel. Die Waage wurde dann an geschalten und dann ging es auch schon los. Kyo half Natsuki bei dem Abwiegen und als alle Zutaten abgewogen waren, gaben sie alles zusammen und keine fünf Minuten später hatten sie einen schönen fluffigen Teig, eine Hälfte mit Schokodrops und die andere mit Blaubeeren gespickt. „Die blauen Förmchen für die Blaubeeren und die braunen für die mit Schoko?“, fragte der Sänger lieber noch einmal nach, bevor er die Papierförmchen in die Backform gab und sah dann auf. Ein Grinsen breitete sich prompt auf seinem Gesicht aus, da die Kleine sich heimlich an dem Teig bedient hatte und sie sich gerade die Finger leckte. Kyo musste ihr zugestehen, sie sah ehrlich ertappt aus, was die Szenerie gleich noch niedlicher machte. Wäre das nicht schon Zucker genug, war sie wohl etwas überschwänglich, denn ihr klebte an der Wange und sogar in den Haaren etwas Teig und man sah sofort, was ihre heimliche Mission gewesen war, als er die Backform und die Förmchen heraus gesucht hatte. „Schmeckt‘s?“, musste er also fragen und wischte ihr mit dem Zeigefinger etwas Teig von der Wange. Ertappt und mit roten Wangen schaute Natsuki nach unten, nickte dann aber. „Ist doch nichts dabei, machen wir alle mal“, war das nun wirklich nichts Schlimmes und wie zur Demonstration dippte er selbst einmal in die eine Teigschüssel und schleckte seinen Finger ab. „Oh, der ist lecker“, wurde er von ihrem Können gleich mal positiv überrascht und Natsuki nickte sofort kräftig, da sie das wohl selbst schon heraus gefunden hatte. „Jetzt sollten wir aber wirklich die Förmchen füllen, sonst bekommen wir am Ende noch Bauchschmerzen, von zu viel Teig“, nuschelte der Sänger vor sich hin und gemeinsam teilten sie den Teig auf, bis sie beide zufrieden waren. Kyo stellte das Blech danach in den Backofen und stellte die kleine Eieruhr. Währenddessen hatte die kleine Lady sich die Teigschüsseln angenommen und sie doch tatsächlich ausgelegt, so dass Natsuki diesmal von oben bis unten mit Teig beschmiert war. Ihre Haare waren wunderbar verklebt und Kyo seufzte leise, da das eigentlich nicht sein Plan gewesen war. „Tsuki-chan, jetzt siehst du selbst aus wie ein Muffin“, piekte er sie kurz in die Seite. Schuldbewusst sah sie ihn daraufhin an und da hörte Kyo auch schon wieder auf arg böse mit ihr zu sein. Das ging einfach nicht, da sie ihn mit ihren braunen Kulleraugen jedes Mal wieder herum bekam. „Bevor wir dich aber wieder erkenntlich machen, erledigen wir den Abwasch“, entschied der Sänger aber für sie und dann wuselten die beiden schon herum und säuberten die Schüsseln und Rührgeräte. In dieser Zeit wuchsen die kleinen Teighaufen zu ordentlichen Muffins heran und genau bei dem Klingeln der Eieruhr, waren sie beide mit dem Abwasch fertig und Kyo holte die goldbraunen Dinger aus ihrem heißen Gefängnis. Sofort durchströmte die Küche ein herrlicher Duft nach Schokolade und Blaubeeren und bei Kyo gluckerte es gleich wie verrückt im Bauch. Mit Bedacht stellte er die süßen Stücke auf seinen Tisch, so weit entfernt, dass Natsuki von keiner Seite heran kam, und schloss dann wieder den Backofen, damit nicht noch ein Unfall geschah. „Die müssen jetzt noch auskühlen und in dieser Zeit stecken wir dich mal in die Badewanne, so wie du aussiehst, kann ich dich später nicht abgeben“, schmunzelte er. Der Teig in ihrem Gesicht und auf den Haaren begann schon zu trocknen und bei genauerem Hinsehen, waren ihre Arme auch ganz schön verschmiert. „Lass uns mal gucken gehen, was wir hier noch für Sachen für dich haben“, entschied Kyo und nahm das Mädchen an die Hand und führte sie in sein Gästezimmer, wo schon ihre Puppe, der Puppenwagen und andere Habseligkeiten von ihr verstaut waren, die sich in den letzten Wochen schon bei ihm angesammelt hatten. Sie schauten sich die wenigen Kleidungsstücke durch und Kyo musste grinsen, als er das Dir en grey – Kindershirt entdeckte. Das hatten die Jungs extra für sie anfertigen lassen, es trudelte allerdings ein paar Tage nach ihrem Geburtstag erst ein. Seine Band hatte doch tatsächlich ein pinkes Shirt gewählt, ein ordentliches Bandfoto ausgesucht und nicht zuletzt mit kleinen Einhörnern dekoriert. Das Shirt fand Kyo so skurril, dass es ihm schon wieder gefiel. Natsuki scheinbar auch, denn sie nickte und dazu krallte sie sich noch einen Jeansrock, den sie bei ihrem letzten Ausflug erstanden hatten, worauf auch kleine Einhörner verarbeitet waren, wie in dem Knopf oder den Nieten an den Seiten. „Haben wir jetzt alles?“, fragte Kyo noch einmal nach, schaute kurz die Kleidungsstücke durch, konnte aber nichts ausmachen, was noch fehlen könnte. „Gut… dann lass uns mal ins Bad gehen und Wasser einlassen“, beschloss er und zog Natsuki mit sich. Im Bad legte Kyo zunächst die Sachen auf seiner Waschmaschine ab und drehte das warme Wasser auf. Das Schaumbad war schnell hinzu genommen und vorsichtig gab er etwas ins Wasser, welches gleich ein bisschen zu schäumen anfing. „Behältst du es im Auge? Ich gehe nur schnell ein Handtuch für dich holen, ja?“, fragte er und die kleine Lady nickte sogleich. Also stürmte Kyo in sein Schlafzimmer und durchwühlte seinen Schrank, bis er ein fluffiges Handtuch fand und dazu noch seinen Bademantel. Bei dem würde sie zwar wohl durchfallen, aber Natsuki sollte damit auch keinen Schönheitswettbewerb gewinnen, sondern trocken werden und nicht auskühlen. Nach wenigen Minuten ging Kyo zurück und bekam fast einen Schlag, als er die Schaumwust in seiner Badewanne sah. Unschuldig blickte Natsuki ihn an und genau da wusste er, dass sie wohl noch etwas Badezusatz in die Wanne gekippt hatte. „Meinst du nicht, das ist ein bisschen viel?“, fragte Kyo immer noch leicht überrannt und drehte dann erst mal das Wasser ab, bevor der Schaum noch aus der Badewanne kroch, denn es fehlte dafür wirklich nicht mehr viel. Sofort schüttelte Natsuki den Kopf. „Na wenn du meinst“, murmelte Kyo und versuchte mit einer Hand ein Loch in die Schaumwand zu buddeln, um mal zu gucken, wie viel Wasser überhaupt schon drinnen war. Viel schien es nicht zu sein. „Ist da überhaupt Wasser drin?“, fragte er weiter und Natsuki zeigte einen Abstand mit ihrem Daumen und Zeigefinger, der vielleicht zwei Zentimeter betrug. „Und das ist nicht ein bisschen wenig?“, hatte der Sänger immer noch seine Zweifel, doch das Mädchen war erneut der Meinung, dass die Badewanne gut so war, wie sie zurzeit aussah. „Das sieht mir aber eher nach ‘ner Schaumparty aus und nicht nach einem Bad“, musste er es noch einmal los werden und da schlich sich ein freches Grinsen auf die Gesichtszüge der kleinen Lady. „Okay, alles klar, ich sehe schon, genau das war dein Ziel“, nickte er dann ebenfalls grinsend. Nach fünf Minuten saß Natsuki dann auch tatsächlich in der schaumigen Wanne und es war doch etwas mehr Wasser drin, als nur zwei Zentimeter. Glücklich pustete sie den Schaum immer wieder quer durchs Bad und Kyo musste der einen oder anderen Schaumwolke ausweichen, sonst hätte er schon mehr als eine Schaumkrone auf gehabt. Dann erst bemerkte er ein ganz anderes Problem und Kyo sah ein bisschen unsicher aus der Wäsche. „Weißt du was mir gerade einfällt?“, fragte er sie und Natsuki sah ihn mit schiefgelegtem Kopf an. „Ich hab nur Shampoo für Männer“, sagte er und angelte sich die Tube, die er sogleich öffnete. Zuerst schnupperte er selbst daran, bevor er Natsuki die Öffnung unter die Nase hielt und leicht drückte, damit sie mal riechen konnte. Erst zog sie ihre Nase etwas kraus, doch dann nickte sie. „Du meinst, das geht?“, fragte er lieber doch noch einmal nach und Natsuki nickte. „Na gut, wenn du das sagst“, zuckte er mit den Schultern und tat sich dann etwas auf eine Hand. Ganz vorsichtig schäumte er ihr danach die Haare ein und wusch somit die ganzen Teigreste aus ihr heraus. Bevor er sich ganz die Hände wieder abwusch, schnappte sich Kyo noch eine riesige Schauwolke und drapierte sie frech auf Natsukis Kopf, die ganz komisch guckte, als es plötzlich über ihr knisterte, da die Bläschen alle platzten. „Gut siehst du aus“, grinste Kyo frech und angelte sich einen Spiegel, den er ihr dann schon vor die Nase hielt. Erst bekam Natsuki große Augen, doch dann musste sie lachen und Kyo stieg in dieses mit ein, bevor er ihr den Schaum aus den Haaren spülte. Nach einigen Minuten war das Mädchen dann auch wirklich sauber und Kyo bedeutete ihr den Stöpsel zu ziehen, was sie auch gleich tat. Das Wasser verschwand im Abfluss und bald war nur noch Schaum in der Wanne. „So du Schaummonster, jetzt wickeln wir dich in den Bademantel und wenn du wieder trocken bist, gibt’s lecker Muffins“, sagte er und hob sie aus der Badewanne. Wie erwartet war der Bademantel Meter zu groß, aber er hielt sie warm. Somit saß Natsuki, mit viel zu langen Ärmeln und vollkommen in dem flauschigen Stoff versunken, auf seinem geschlossenen Toilettendeckel und Kyo rubbelte ihr so gut es ging die Haare trocken. Nachdem ihm das halbwegs gelungen war, schnappte er sich seinen Föhn und trocknete ihre Haare komplett, bevor er ihr in die frischen Sachen half und zuletzt noch zwei Zöpfchen auf ihren Kopf zauberte. Das Handtuch und den Bademantel hing Kyo noch über die Heizung, dann spülte er den restlichen Schaum aus der Badewanne. Als das erledigt war, griff er nach der kleinen Hand und führte wie ins Wohnzimmer. „Dann lass uns mal schauen, ob die Muffins genauso lecker schmecken, wie der Teig.“ Kapitel 17: Siebzehn -------------------- Während Kyo sich um den Tee kümmerte, hatte er Natsuki dazu aufgefordert den Tisch zu decken. Bereitwillig hatte sie das Geschirr genommen und kurz drauf nach zwei weiteren Tellern und Tassen verlangt. Ein bisschen verwundert darüber, hatte Kyo es ihr gegeben und er war wirklich schon gespannt, was ihm dann im Wohnzimmer erwarten würde. Eine kleine Ahnung hatte er ja schon, dennoch hoffte er, dass es nicht so sein würde. Während der Tee noch etwas durchzog, stellte Kyo die Muffins auf einen großen Teller und reichte diesen dann auch an Natsuki weiter, die damit gleich wieder ins Wohnzimmer abzischte. Dort hörte er sie zwar etwas herum rücken und machen, aber er ging nicht nachsehen, da wollte er sich viel lieber überraschen lassen. Nach knapp fünf Minuten war der Tee dann auch endlich durch und die Teebeutel landeten kurz darauf im Mülleimer. Mit der vollen Teekanne ging Kyo dann ins Wohnzimmer und er blinzelte leicht, als er um den Couchtisch herum ihren großen Teddy und auch die Puppe sitzen sah. Beide hatten einen Teller auf ihrem Platz stehen, genauso wie eine Tasse. Na das konnte ja was werden. Genau das hatte Kyo befürchtet und da musste er jetzt wohl durch. Also gab er sich einen Ruck und straffte die Schultern. „Du hast Kaffeegäste eingeladen“, stellte der Sänger also fest und schmunzelte, als Natsuki euphorisch nickte. Vorsichtig goss Kyo in jede der vier Tassen Tee ein und stellte die Kanne dann auf den Tisch. „Und nun?“, fragte er das Mädchen, welche jedem einen Muffin auf den Teller stellte und sich dann an den Tisch kniete. Sie bedeutete Kyo sich neben sie zu begeben und der gehorchte auch gleich und kniete sich auf die freie Seite. Dann wollte er schon nach seiner Tasse greifen, doch die kleine Lady griff ein und sah ihn tadelnd an, nachdem sie ihm doch tatsächlich leicht auf die Finger geklapst hatte. Perplex zog er seine Hand wieder zurück und legte sie wieder in seinen Schoß. Ein bisschen überfahren sah er zu dem kleinen Mädchen, die ihre Hände verschränkte und die Position eines Tischgebetes einnahm. Damit hatte Kyo nun überhaupt nicht gerechnet und nach einem mahnenden Blick seitens Natsuki, tat er es ihr gleich und Kyo nahm die gleiche Position ein. Sie schloss ihre Augen und ohne dass ein Wort ihre Lippen verließ, betete sie. Kyo schielte immer wieder aus dem Augenwinkel zu ihr und stimmte dem zu, was auch immer Natsuki von sich gegeben hatte. Als sie fertig war, erlaubte sie dann endlich Kyo etwas zu trinken und immer noch leicht unsicher griff er dann zu seiner Tasse, nippte kurz dran. „Gut dann… lasst es euch mal… schmecken“, kam ihm die ganze Sache immer noch total verrückt vor. Natsuki dagegen schien glücklich zu sein und sie biss herzhaft in den Muffin. Zufrieden kaute sie drauf herum, bis sie sich erneut ein Stückchen in den Mund schob. Als sie zirka die Hälfte gegessen hatte, rutschte sie zu ihrer Puppe und schnappte sich den Muffin von deren Teller, hielt ihn ihr immer wieder an den Mund und reichte der Puppe ab und an die Tasse Tee. Gerade als Kyo sich seinen eigenen Muffin genommen hatte, wurde er auch schon wieder unterbrochen, da Natsuki meinte, dass der Teddy auch gerne ein wenig essen wollen würde. Innerlich dropte Kyo, doch er riss sich zusammen und nickte. „Dann mal los“, nuschelte er in seinen nichtvorhandenen Bart und rutschte zum Sofa, wo er sich den Muffin vom Teddy schnappte und diesen an den felligen Mund hielt. Natsuki machte dazu Schmatzgeräusche und Kyo presste seine Lippen aufeinander, da er sonst angefangen hätte mit lachen. Nebenbei biss sie selbst auch immer mal ab, was der Sänger ihr dann auch nach machte, da er wirklich langsam Hunger hatte. Scheinbar schien die Puppe dann auch satt zu sein, denn Natsuki verzog sich auf ihren eigenen Platz wieder und das nahm Kyo als Zeichen und tat es ihr gleich. Dort mümmelte er endlich mal seinen eigenen Muffin, welcher wirklich gut geworden war. Nach etwa einer viertel Stunde, waren sie soweit fertig und Kyo leerte nur noch seine Tasse. „Waren die lecker?“, fragte er und wischte ein Krümelchen von Natsukis Wange, die gleich darauf nickte. „Dann ist ja gut“, grinste er und gemeinsam räumten sie den Tisch dann wieder ab. Den Abwasch ließ Kyo diesmal Abwasch sein. Natsuki kümmerte sich dann noch rührend um den Teddy, welcher den Mund sauber gewischt bekam und der Puppe verpasste sie noch eine frische Windel. Grinsend schaute der Sänger ihr zu, wie sie sie betütelte und mit einem Kuss stopfte sie die Puppe kurz darauf in den Puppenwagen und Natsuki deckte sie noch bis zu den Ohren zu. Zufrieden schob sie den Wagen wieder ins Gästezimmer, woher sie den vorher bestimmt geholt hatte und kam danach wieder zurück. Natsuki hüpfte zu ihm aufs Sofa und Kyo legte ganz automatisch seine Arme um den schmalen Körper. Viel Zeit hatten sie heute leider nicht mehr, weswegen Kyo leise seufzte, zudem er im Moment auch gar nicht wusste, was er mit der Kleinen die letzte Stunde anfangen sollte. Überlegend summte er leise vor sich hin, bis Natsuki von alleine anfing zu singen und Kyo erst einen Moment brauchte, bis er das Lied erkannte, da sie am Anfang sehr leise, beinahe schon schüchtern sang. „Furihajimeta yuki ha ashiato keshite masshiro na sekai ni hitori no watashi kaze ga kokoro ni sasayaku no kono mama ja dame nan da to Tomadoi kizutsuki dare nimo uchiakezu ni nayandeta sore mo mou yameyou Ari no mama no sugata miseru no yo ari no mama no jibun ni naru no nanimo kowakunai kaze yo fuke sukoshi mo samukunai wa Nayandeta koto ga uso mitai ne datte mou jiyuu yo nandemo dekiru Dokomade yareru ka jibun wo tameshitai no sou yo kawaru no yo watashi Ari no mama de sora he kaze ni notte ari no mama de tobidashitemiru no nidoto namida ha nagasanai wa Tsumetaku daichi wo tsutsumikomi takaku maiagaru omoi egaite hanasaku koori no kesshou no youni kagayaiteitai mou kimeta no Kore de ii no jibun wo suki ni natte kore de ii no jibun shinjite hikari abinagara arukidasou sukoshi mo samukunai wa“* Nur beim Refrain unterstützte der Sänger sie, ansonsten ließ Kyo sie alleine singen. Nebenbei beschloss er, dass er den Film Frozen demnächst mit Natsuki ansehen würde. Zum Einen hatte er ihn selbst noch nicht gesehen, zum Anderen schien sie wirklich Gefallen daran zu haben. Also war seine nächste Mission die Besorgung des Filmes. Nach ihrer kleinen Gesangseinlage musste er sie allerdings schon wieder zurück bringen und nur unter großem Geschmolle bekam er das Mädchen aus seiner Wohnung, was er durchaus verstehen, aber leider noch nicht ändern konnte. ~~~ *https://www.youtube.com/watch?v=cvj3-MZO9Tw Kapitel 18: Achtzehn -------------------- Aufmerksam studierte Kyo seine Termine für die nächsten drei Wochen und er war erstaunt, dass er mal zwei freie Tage am Stück haben sollte. Vor Schreck wusste er gar nicht, was er da mit seiner Zeit anfangen sollte, doch da schlich sich ein kleines Gesichtchen vor sein inneres Auge und Kyo begann breit zu grinsen. „Also wenn du so grinst, machst du mir Angst“, sprach es und Kyo schaute auf und in das verängstigte Gesicht seines Bandkollegen. Der Bassist hatte seine Augenbrauen leicht besorgt zusammen gezogen. Daraufhin grinste Kyo noch mehr, da er wusste, dass Toshiya es noch eine Spur gruseliger fand, da er ja sonst nicht einfach so grinsend da saß, also war es alles andere als normal. Aber was war denn in den letzten Wochen schon normal gewesen? Nichts, wenn man mal genau darüber nachdachte. Sein Leben war viel reicher an Erfahrungen geworden, was einzig und allein Natsuki zuzuschreiben war. „Oi Kyo, bist du noch unter uns oder schon wieder in deiner eigenen Welt? Was grinst du denn so bescheuert?“, fragte nun auch Daisuke und Kyo streckte den beiden Saiteninstrumentenzupfer einfach die Zunge raus. „Lasst mich doch auch mal grinsen, könnt doch nicht immer nur ihr sein, wo die Mundwinkel hinter den Ohren fest getackert sind.“ „Stimmt schon, aber du siehst gruselig dabei aus“, na seine Kollegen waren heute ja auch mal wieder reichlich nett zu ihm. „Da muss ich mich an Halloween wenigstens nicht verkleiden“, verdrehte er seine Augen. „So gruselig bist du dann doch wieder nicht“, lachte Daisuke aber und klopfte dem Sänger auf die Schulter. „Aber ich bin trotzdem neugierig, warum du so grinst wie ein zu gedröhntes Honigkuchenpferd?“, konnte der große Rote es einfach nicht lassen. „Oh man, was müsst ihr eure Nasen immer in andere Angelegenheiten rein stecken? Ich hab mich nur gefragt was ich an meinen zwei freien Tagen mache, mehr nicht“, zuckte er mit den Schultern und beschaute sich weiter seine Termine, in der Hoffnung Daisuke würde sich damit zufrieden geben, aber so wie er den Gitarristen kannte, würde das wohl nicht der Fall sein. „Okay“, nickte Daisuke „Und was wäre das?“, fragte er weiterhin neugierig nach. „Oh man Dai, hast du kein eigenes Privatleben?“ „Schon, aber deines ist in den letzten Wochen interessanter geworden“, grinste er, was Kyo aber zum Lachen brachte. „Was du nicht sagst. Und woran liegt das?“ „Ich weiß nicht, an einer kleinen Lady, die dir reichlich den Kopf verdreht hat?“, gab sich Daisuke unschuldig. „Tse… und wer steckt ihr immer Bonbons zu, wenn sie hier ist?“, fragte er und Kyo schaute zu ihrem Rhythmusgitarristen, der grinste, wie ein Unschuldsengel. „Keine Ahnung wovon du redest“, pfiff er nun so ganz nebenbei und der Sänger schüttelte grinsend den Kopf. „Ist klar DaiDai, ist klar…“ „Du hast aber immer noch nicht gesagt, was du nun vor hast“, ließ man ihm einfach keine Ruhe und Kyo atmete kurz durch. „Ich hab mir überlegt, ob sie vielleicht mal bei mir übernachten könnte. Das wir den Tag so klar kommen, das haben wir ja nun zur Genüge bewiesen, aber wie sieht das nun mal Abends aus?“, zuckte er mit den Schultern und rückte nun wirklich mit der Sprache raus. „Du meinst, wegen Schlafenszeit und so?“, schien Daisuke es verstanden zu haben und der blonde Japaner nickte. „Genau. Wer weiß ob sie mir die Augen auskratzt, nur weil ich sage: Jetzt geht’s ins Bett?“ „Meinst du? So macht sie mir ehrlich gesagt nicht den Eindruck“, gab Daisuke zu und Kyo lachte. „Mir auch nicht, aber das sie auch zu einer Zicke mutieren kann, das habe ich schon mitbekommen“, musste er zugeben und kratzte sich verlegen im Nacken. „Da passt ihr doch zusammen“, rief es aus einer ganz anderen Ecke und Kyo funkelte Kaoru an, der das ihnen zugerufen hatte. „Sei du mal ganz ruhig dahinten“, rief Kyo zurück und schüttelte seinen Kopf. „Keine Ahnung haben, aber sich schön rein hängen“, murmelte er vor sich hin und bekam prompt ein „Das habe ich gehört“, an den Kopf geknallt, woraufhin Kyo nur noch seine Augen verdrehte. Die Erlaubnis für seinen Plan wollte der Sänger dann auch gleich schon am Nachmittag einholen und nach seiner getanen Arbeit marschierte er, wie in letzter Zeit so oft, ins Kinderheim und klopfte gleich energisch an die Bürotür der Heimleiterin, woraufhin er auch rein gerufen wurde. Kyo begrüßte die ältere Dame sogleich und diese sah erstaunt auf, als sie erkannte, wer sie besuchen kam. „Guten Tag, was machen Sie denn hier?“, sie legte gleich ihre Unterlagen beiseite. „Hallo“, nickte er zuerst und pflanzte sich dann einfach auf den freien Stuhl vor dem Schreibtisch. „Eigentlich habe ich nur eine Frage“, sagte er sogleich. „Okay, was kann ich für Sie tun?“, schien sie heute mal sehr kooperativ zu sein und Kyo räusperte sich zuerst, bevor er mit der Sprache heraus rückte. „Na ja, ich habe in knapp drei Wochen mal zwei Tage frei und wollte fragen, ob Natsuki da mal bei mir übernachten könnte. So als Test sozusagen. Ich mein, wir kommen ja am Tag super aus, aber wie klappt das nachts?“, erzählte er gleich und sah die Heimleiterin fragend an. „Sind Sie sich da sicher, dass sie das wirklich nötig haben?“, fragte sie skeptisch und Kyo bemühte sich nicht gleich wieder die Augen zu verdrehen. „Ja, ich denke schon“, sagte er also. „Wie gesagt, ich würde gerne mal den Härtetest versuchen und wenn sie bald eh bei mir wohnen wird, kann ich mich dann ja schon mal drauf einstellen, was auf mich zukommen wird, oder eben nicht“, wollte er sich nicht von seinem Plan abbringen lassen. „In diesem Falle kann ich Sie, denke ich, beruhigen. Natsuki macht in dieser Hinsicht keine Probleme, aber wenn Sie es probieren wollen, bitte. Sagen Sie nur Bescheid wann genau und dann sollte dem eigentlich nichts mehr im Wege stehen“, sagte sie und Kyo war sichtlich erleichtert. „Cool, ich werde noch Bescheid sagen, wann genau.“ „Sie sollten aber Natsuki vorher noch fragen“, bedeutete sie ihm und der Sänger nickte, auch wenn er die Antwort von dem Mädchen eigentlich schon kannte. „Mache ich“, sagte er also und stand wieder auf. „Dann schönen Abend noch. Bis zum nächsten Mal“, hob er noch seine Hand und verschwand wieder aus dem Büro, erleichtert darüber, dass seinem Plan nichts mehr im Wege stand. Kapitel 19: Neunzehn -------------------- Knappe drei Wochen später betrat der Sänger wieder das Kinderheim. Es war schon Mitte Juli und die Sonne prasselte hemmungslos auf sie herab. Somit hatte er sich mal wieder an einen seiner Hüte bedient und auch eine Sonnenbrille thronte auf seiner Nase. Mit lockerem T-Shirt und kurzen Hosen versuchte er sich so luftig wie möglich zu kleiden, aber das war beinahe unmöglich, denn nur alleine vom Atmen schwitzte man sich schon halb tot. Aus diesem Grund wollte er heute auch mit seinem Mädchen ans Meer fahren. Selbst der Rest von Dir en grey war dabei, da sie sich bei diesen Temperaturen auch nicht in den eklig, muffigen Studioräumen herum treiben wollten, zudem sie sich alle mal einen entspannten Tag verdient hatten. Im Inneren des Gebäudes nahm er die Sonnenbrille von der Nase und stopfte sie sich, wie des Öfteren, in seinen Ausschnitt und grüßte im Vorbeigehen die Heimleiterin, die ihm auf dem Gang entgegen kam. „Da haben Sie sich ja ein Wetter ausgesucht. Achten Sie bitte drauf, dass sie genug Flüssigkeit zu sich nimmt“, rief sie ihm noch zu, dann war die ältere Dame schon wieder in ihrem Büro verschwunden. Somit hielt niemand mehr Kyo auf und er marschierte in den Garten, der großzügig von Schatten bedeckt wurde, da überall große Bäume mit ihren dichten Kronen herum standen. Suchend schaute Kyo sich um, aber bei den kreischenden Kindern, die sich um die kleinen Planschbecken halb prügelten, war sie nicht dabei. Kurz überlegte er, wo Natsuki sich versteckt haben könnte, bis ihm das kleine Holzhaus wieder einfiel. Also marschierte er dahin, doch auch da war sie nicht drinnen zu finden. „Wo bist du denn?“, murmelte er vor sich hin und schaute sich weiterhin um. Nur durch Zufall entdeckte er eine Hängematte, die versteckt zwischen zwei kleinen Bäumen aufgespannt worden war und seicht vor sich hin schaukelte. Auf gut Glück tappte er dahin und konnte tatsächlich Natsuki ausmachen, die mit pinker Sonnenbrille und bunten Sommerkleidchen in der Hängematte lag und sich gechillt die heiße Briese um die Nase wedeln ließ. „Dir kann es aber auch nicht besser gehen, oder?“, fragte er frech und grinste das Mädchen an, welches tierisch zusammen zuckte und beinahe aus der Hängematte purzelte. Schnell fing der Sänger sie auf und drückte das Mädchen gleich an sich. „Hallo Tsuki-chan“, begrüßte er sie dann erst mal richtig und strich ihr durch die weichen Haare, während sie sich an ihn schmiegte. „Hast du Lust mit meinen Kollegen und mir ans Meer zu fahren?“, fragte er gleich weiter und Kyo wusste gar nicht wie ihm geschah, als sie wie verrückt anfing mit Nicken und auf und ab hüpfte. „Das nenne ich mal eine Zustimmung. Hast du denn schon deine Sachen gepackt?“, wollte er noch wissen, denn sie hatten ihr gesagt, dass sie diesmal bei Kyo übernachten würde und wie der Sänger sich schon gedacht hatte, war sie sehr begeistert gewesen und hatte keine Sekunde überlegen müssen. Erneut nickte sie und Kyo lachte. „Okay, dann lass uns deine Sachen holen. Die Jungs warten schon“, gab er einfach mal den Ton an und nahm Natsuki an die Hand, welche ihn gleich ins Innere führte, wo ihre Sachen schon bereit standen. Diesmal war es ein größerer Rucksack, allerdings komplett ohne Einhörner, wie Kyo sofort auffiel. „Wo sind denn deine Einhörner geblieben?“, fragte er deswegen gleich nach und bekam sofort eine Unterlippe entgegen geschoben, da Natsuki schmollend vor ihm stand. Schnell biss er sich auf die Zunge, da es einfach zu niedlich aussah. Sie zeigte dann einen großen Berg mit ihren Armen und Kyo überlegte, was sie damit meinte. Es dauerte auch wirklich einen Moment, doch dann machte es klick. „Der war zu klein?“, erkundigte er sich und bekam sofort ein Nicken als Antwort. „Das ist natürlich doof“, zeigte er Mitleid, nahm den Rucksack dann aber auf und setzte Natsuki den kleinen Sonnenhut auf, der oben drauf gelegen hatte. Danach nahm er wieder ihre Hand und führte sie nach draußen, wo ihnen sofort die schwüle, heiße Luft entgegen kam und einem wirklich den Atem rauben konnte. Zum Glück mussten sie erst mal nur nach Nebenan, da Kyo vor hatte ihre Tasche für den Tag im Studio zwischen zu lagern. Im Studio angekommen legte er ihre Tasche ab und nahm sich erst mal eine Flasche Wasser. „Willst du einen Schluck?“, fragte er zunächst Natsuki, die auch gleich angelaufen kam und nach der Flasche griff. Also überließ er ihr das kühle Getränk und wartete, bis sie fertig war, ehe er die Flasche selbst ansetzte und einen ordentlichen Schluck nahm. Die Flasche war schnell wieder zugedreht und er stellte sie zurück. „Hast du Badesachen dabei?“, fragte er und Natsuki schaute ihn ein bisschen überfordert an, zuckte dann mit den Schultern. „Dann lass uns mal gucken“, fand er die Antwort jetzt nicht wirklich schlimm und zusammen durchsuchten sie ihren Rucksack, der wirklich alles drinnen verbarg und Kyo so auch verstand, warum der Rucksack mit den Einhörnern zu klein war. Nach kurzer Zeit zog er dann wirklich etwas kleines Buntes hervor und es schien ein Oberteil zu sein. Nach kurzen Tasten fühle es sich an wie Stoff von einem Bikini oder Badeanzug und Kyo fühlte sich auf der sicheren Fährte. Also kramte er weiter und hatte irgendwann eine kleine Badehose in den Händen. „Ist das dein Bikini?“, fragte er sogleich und Natsuki nickte sofort. „Alles klar. Dann packen wir den noch in meine Tasche und dann kann es auch schon los gehen.“, nickte er und schickte seinem Leader noch kurz eine Nachricht, dass sie nun mit dem Auto vorfahren konnten, da das noch in der Garage stand, damit sie nicht gleich einen Hitzeschock erleiden mussten. Ihre Sachen waren dann auch tatsächlich schnell verstaut und der Sänger reichte dem Mädchen die Sonnenbrille wieder, die sie sich abgesetzt hatte und platzierte ihr den Sonnenhut wieder auf dem Kopf. Danach fand auch sein Hut wieder den Weg auf seinen Wuschelkopf und gemeinsam traten sie wieder nach draußen, wo sie erneut von der Hitze in Empfang genommen wurden. Schnell setzte Kyo sich auch wieder seine Brille auf die Nase und schaute zu dem weißen Van, der soeben aus der Tiefgarage angefahren kam. „Unser Taxi ist da“, sagte Kyo und führte Natsuki zum Auto, wo die Schiebetür auch gleich aufging und ein frisch gefärbter Rotschopf sie anstrahlte. „Wow, Natsuki, du hast ja eine coole Sonnenbrille“, sagte dieser gleich und hob sie einfach ins Auto, während er Kyo sich selbst überließ. „Dir auch einen schönen guten Tag“, murmelte der blonde Japaner und stopfte die Tasche zu den anderen in den Kofferraum, welcher schon gut gefüllt war. Er ignorierte die Tatsache, dass es aussah wie bei einem Umzug da drinnen und ließ die Kofferklappe wieder zu fallen, um dann auch endlich in das klimatisierte Auto zu steigen. Natsuki saß schon brav angeschnallt in einem Kindersitz und Kyo setzte sich auf den freien Platz neben Daisuke, der freudig auf Natsuki einredete. Er ließ ihn einfach machen und lehnte sich zurück. Die Fahrt bis zum Meer würde an die zwei Stunden dauern, aber das Fleckchen war eher unbekannt und somit ein Geheimtipp. Deswegen war dort meistens sehr wenig los und das war ihnen allen nur recht, da sie keine Lust auf Fanaufläufe hatten. Zwar könnten auch die fehlenden Sanitäranlagen ein Minuspunkt für die meisten sein, aber wenn man wirklich mal musste, konnte man auch mal hinter einen Busch pinkeln, das sah Kyo dann nicht so verbissen. Die zwei Stunden vergingen am Ende doch ziemlich schnell und alle waren erleichtert, als sie endlich wieder aufstehen und ihre Beine ausstrecken konnten. Nacheinander krochen sie aus dem Van und streckten sich. Ihre Sachen luden sie kurz darauf auch aus und Kyo schulterte seine Tasche und nahm Natsuki wieder an seine Hand. Als Gruppe liefen sie dann auch endlich mal den kleinen Weg entlang, der sie durch ein kleines Feld führte, bevor der Weg am Strand endete. Wie erwartet war fast gar nichts los, dabei war das Meer Türkisblau und der Sand schon fast weiß. Kyo liebte diesen Ort, weswegen er die Aufenthalte hier immer besonders genoss, da sie nun mal sehr rar waren. Sie sechs suchten sich ein gemütliches Plätzchen und mit vereinter Kraft bauten sie eine Strandmuschel auf, damit sich zumindest Natsuki darin verkriechen konnte, da keiner von ihnen wollte, dass die Kleine eventuell noch einen Sonnenstich erlitt. Nach dem sie ihr Plätzchen dann beinahe häuslich eingerichtet hatten, ließen die Jungs schon ihre Sachen fallen und bald standen zumindest vier von ihnen nur noch in Badehosen da. Der Sänger suchte in der Zeit Natsukis Badesachen heraus und reichte sie ihr. „Du kannst dich da drin umziehen“, zeigte er auf die Strandmuschel und hing sogar noch ein Handtuch davor, nachdem sie sich darin verkrochen hatte. „Habt ihr eigentlich Schwimmflügel, oder einen Schwimmreifen mit?“, fragte der Sänger dann mal, da er daran bis jetzt gar nicht gedacht hatte. „Na klar, sogar ein Boot, was aussieht wie ein Einhorn“, nickte Shinya und sogleich hielt er Kyo alles vor die Nase. „Und da du der bist, mit den besten Lungen kannst du das auch gleich alles aufblasen“, grinste der Drummer frech und hielt ihm zumindest das kleine Boot vor die Nase. „Habt ihr denn keine Luftpumpe mit?“, fragte dieser leicht entgeistert und nahm das schlappe Boot entgegen, woraufhin ihn ein sehr traurig aussehendes Einhorn anstarrte. „Nope, die haben wir vergessen“, mischte sich nun Kaoru ein und Kyo dropte. „Ihr macht mich fertig“, murmelte er, bevor er sich selbst von seinen Klamotten befreite und sich zuletzt noch seine Badeshorts richtete, bevor er das Ventil an seine Lippen hob. Kräftig fing er an zu pusten, bis es ihm in den Wangen knisterte und er eine Pause machen musste. In dieser Zeit kam Natsuki auch schon wieder aus der Strandmuschel. Sie hatten ihren Bikini angezogen und sie sah darin wirklich bezaubernd aus. Da nutzte Kyo gleich mal die Gelegenheit und rieb sie ordentlich mit der Sonnenmilch ein, da konnte er auch weitere Kräfte tanken, für die nächste Aufblasaktion. Gemütlich präparierte er sie also und setzte ich zuletzt wieder den Hut auf, auch wenn sie den schon wieder von ihrem Kopf nehmen wollte. „Nein, der bleibt bitte da oben drauf sitzen. Ich hab meinen auch noch auf“, deutete er auf seinen Kopf „Das schützt uns vor der Sonne“, erklärte er noch und setzte ihr die Brille wieder auf die Nase. „Natsuki-chan“, wurde sie im nächsten Moment gerufen und das kleine Mädchen lenkte ihre Aufmerksamkeit auf die Stimme, die zu Toshiya gehörte, der eine riesige Wasserspritzpistole in den Händen hielt. „Na los, zisch ab, ich puste dein Einhorn in der Zeit weiter auf“, schmunzelte der Sänger und sah ihr nach, bevor er sich daran machte das Gummiding zu seiner vollsten Größe zu bringen. Kapitel 20: Zwanzig ------------------- Eine halbe Stunde später hatte er es endlich geschafft das riesen Vieh aufzublasen und Kyo wischte sich den Schweiß von der Stirn. Sein Mund war trocken und bevor er irgendwas anderes tat, nahm er sich eine Flasche Wasser und leerte sie beinahe in einem Zug. Das war ein Mordsteil und er konnte es immer noch nicht fassen, dass seine Jungs die Luftpumpe vergessen hatten. Viel eher waren sie einfach zu faul gewesen die aus irgendjemandes Keller zu holen, da war er sich sicher. Aber aufregen brachte da jetzt auch nichts mehr. Kurz ließ er seinen Blick über den Strand schweifen und konnte erkennen, das Natsuki Toshiya mittlerweile quer über den Strand jagte, da sie nun die Wasserpistole in den Händen hielt. Grinsend schüttelte er den Kopf und benetzte seine Haut so gut es ging mit Sonnenmilch, einzig beim Rücken benötigte er Hilfe und die holte er sich von Shinya, da der noch am normalsten von ihnen allen war. Nachdem auch wirklich alles von ihm geschützt war, rieb er Shinya ebenfalls den Rücken ein, bevor Kaoru an der Reihe war, welcher sich schon gemütlich den Pelz von der Sonne bräunen ließ. „Wie sieht es aus, ne Runde ins Meer?“, fragte der Sänger dann, da ihm der Schweiß schon wieder am Rücken herunter lief und er dringend eine Abkühlung brauchte. „Ich bin dabei“, nickte Shinya und auch Daisuke war sofort Feuer und Flamme. Kyo nickte und rief dann die beiden Spielkinder zu sich, die von seinem Plan auch gleich begeistert waren. „Gut, was willst du haben? Die Schwimmflügel oder den Schwimmreifen?“, drehte er sich dann zu Natsuki und hielt ihr beides unter die Nase. Diese überlegte kurz und deutete dann auf das Gummiboot. Lachend schüttelte Kyo den Kopf. „Ja, das nehmen wir auch mit ins Wasser, aber zuerst musst du dich für eines der beiden Dinge entscheiden“, sagte er ruhig und wartete geduldig. Dann kam aber ihr Fandom wieder durch und Natsuki zeigte auf den Schwimmreifen mit Einhörnern drauf. „Warum frage ich überhaupt?“, wuschelte er ihr durch die Haare, da der Sonnenhut soeben herunter gefallen war. Aber da konnte er ihr auch gleich in den Schwimmreifen helfen und keine zwei Sekunden später hielt sie diesen brav um ihre Taille fest. „Gut, dann lasst uns mal in die Fluten stürzen“, rieb Kyo sich seine Hände und schnappte sich das Einhornboot. Daisuke hatte diesmal Natsuki an die Hand genommen und sie liefen vor Kyo her, welcher zugeben musste, dass ein Kind ebenfalls wunderbar zu Daisuke passen würde. Er musste bei dem Roten dringend mal nachhaken, was eigentlich aus Noriko geworden war, da die beiden eigentlich wunderbar zusammen gepasst hatten. Kyo beobachtete die beiden dann etwas, die mittlerweile schon am Wasser angekommen waren und Natsuki hatte sich leicht nach vorn gebeugt und schaute zu ihren Zehen, die immer wieder vom Wasser umspielt worden. „Kalt?“, fragte Daisuke und schaute zu ihr. Die kleine Lady guckte nach oben und nickte. „Das geht gleich wieder weg, man gewöhnt sich recht schnell dran“, redete der große Rote munter drauf weiter und ging einen Schritt tiefer ins Wasser. Das Mädchen zögerte noch etwas, folgte dann aber und musste für Daisukes Schritt zwei machen. Bei der nächsten Welle torkelte sie allerdings etwas zurück, da das ein ganz schöner Brummer gewesen war, doch sie hielt sich, war nun aber bis zum Bauchnabel nass und sie schaute ein wenig überfahren. Lachend zog Daisuke sie wieder an seine Seite und bedeutete ihr, dass sie keine Angst haben musste. Sie wären da und ihr würde nichts passieren, wofür Kyo auch sorgen würde. Er folgte den beiden dann auch endlich mal und blieb kurz drauf neben ihnen stehen, wobei die beiden schon ziemlich weit vorgedrungen waren, da zumindest schon mal der Schwimmreifen auf dem Wasser lag und freudig um ihre Hüfte herum tanzte. Natsuki schaute zu ihm rauf, als er neben ihr zum Stehen kam und Kyo schmunzelte. „Alles gut?“, fragte er und sie nickte. Zu dritt gingen sie dann langsam weiter, bis Natsuki in dem Schwimmreifen hing und sich damit durchs Wasser paddelte, aber er blieb immer einer an ihrer Seite. Vom Paddeln hatte sie aber scheinbar bald die Nase voll, denn sie hielt sich an dem Boot fest, welches Kyo die ganze Zeit schon hinter sich her zog. „Willst du dich rein setzten?“, fragte er also und kaum hatte Natsuki zum Nicken angesetzt, da hatte Daisuke sie schon hinein gewuchtet. „Den Schwimmreifen lässt du aber bitte um“, bat der Gitarrist auch gleich und Kyo sah genau, dass sie schon protestieren wollte, doch Daisuke zeigte seinen erhobenen Zeigefinger und schon nahm sie die Situation so hin, wie sie nun mal war. „Wow, Big Red, woher kannst du denn so gut mit Kindern umgehen?“, fragte Kyo und nahm endlich mal bisschen Schwung, damit er ein paar Bahnen drehen konnte. Das Boot hatte er weiterhin mit einer Schnurr an seinem Handgelenk befestigt, weswegen er Natsuki damit auch weiter durchs Wasser zog, wobei er immer darauf achtete, dass sie nicht in zu tiefes Gewässer kamen. „Keine Ahnung, aber es scheint zu funktionieren“, lachte er und gesellte sich zu Kyo. „Sag mal, läuft eigentlich noch etwas zwischen dir und Noriko?“, packte der Sänger dann einfach mal die Gelegenheit beim Schopf und quetschte den Roten etwas aus. „Wieso?“, ging dieser aber erst mal gar nicht drauf ein, sondern stellte eine Gegenfrage. „Weil ich sie lange nicht mehr gesehen habe.“ „Wie denn auch? Deine meiste Freizeit geht doch jetzt für Natsuki drauf. Was ich gut finde, nicht dass du mich da falsch verstehst“, erklärte er gleich und lunschte kurz zu Kyo, während sie weiterhin gemütlich durch das Wasser paddelten. „Okay, der Punkt geht an dich, aber du hast meine Frage immer noch nicht beantwortet. Läuft da noch etwas zwischen euch?“, ließ der Sänger sich nicht abschütteln und bohrte einfach weiter. Kurz blickte er nach hinten, um zu sehen ob bei Natsuki alles in Ordnung war und so wie es schien ging es ihr bestens, denn sie hatte sich gemütlich zurück gelehnt und winkte ihm dann sogar frech. „Wieso willst du das denn wissen?“, wollte Daisuke scheinbar einfach nicht mit der Sprache rausrücken. „Weil du vorhin echt gut mit der kleinen Lady ausgehsehen hast und ich mir dachte, dass du auch ein toller Vater wärst. Deswegen. Und da kam mir der Gedanke an Noriko“, erklärte Kyo ruhig und schwamm gemütlich weiter. „Woah Kyo… sag doch sowas nicht“, blubberte der Gitarrist und holte wieder auf, da Kyo ein bisschen voran geschwommen war. „Wieso? Ist doch die Wahrheit. Außerdem warst du es, der mir die Idee mit der Adoption ins Ohr gesetzt hat, also ist es nur fair, wenn ich dir auch einen kleinen Floh verpassen kann“, antwortete Kyo frech und grinste. „Daher weht also der Wind“, grinste Daisuke ebenfalls, seufzte dann aber. „Ich weiß ehrlich gesagt nicht so wirklich wo wir stehen“, sagte er dann ehrlich. „Wie meinst du das?“, hakte Kyo nach und tauchte kurz unter, damit sein Schädel auch eine kleine Abkühlung bekam. „Sie weiß nicht, ob sie mit meinem Status klarkommen kann. Was ich ja auch verstehe, aber sie wollte es noch nicht einmal richtig probieren“, murmelte er und Kyo nickte verstehend. „Hättest du es denn versuchen wollen?“, wollte er dann wissen. „Ja und ich will es immer noch versuchen“, seufzte Daisuke. „Dann rede noch mal mit ihr. Ihr müsst ja nichts überstürzen und wenn es wirklich nicht klappt, könnt ihr ja immer noch einen Schlussstrich ziehen“, versuchte er seinen Kumpel etwas aufzubauen. „Hmm… mal schauen.“ „Nix mal schauen, ich will für Natsuki gerne noch ein paar Spielkameraden haben, bevor sie in die Pubertät kommt“, grinste Kyo dann und streckte Daisuke frech die Zunge entgegen. Der musste erst mal lachen und verschluckte sich dabei halb am Meerwasser. „Das willst du also damit bezwecken, jetzt verstehe ich“, hustete er immer noch lachend, schien es Kyo aber nicht krumm zu nehmen. „Sicher doch, was dachtest du denn?“, lachten sie noch einmal, bevor sie wieder zurück an den Strand gingen. Natsuki ließ sich bis zum Strand ziehen und sie stieg erst aus, nachdem das Boot auf dem Sand zum Liegen kam. Sie schleppten alles wieder an ihren Platz, dann mussten sie sich erst mal mit Wasser und etwas Wassermelone stärken. Der Sonnenschutz wurde auch noch einmal aufgetragen, damit auch ja nix passieren konnte, dann gingen alle zum gemütlichen Teil des Strandausfluges über. Na ja fast alle. Natsuki spielte lieber im Sand und baute eine riesige Burg, aber sollte sie ruhig, solange sie in der Nähe blieb und immer Sichtkontakt bestand. Außerdem war sie eh nicht mehr lange alleine, da in Toshiya und auch in Dai das Spielkind wieder durchkam und sie sich bald zu der Kleinen gesellten und ihre Burg gleich noch größer werden ließen. Einige Ausflüge ins Wasser waren dann auch noch drin, bevor es schon langsam wieder Abend wurde und sie sechs ihre Zelte abbauten, alles ins Auto luden und bald schon wieder auf dem Heimweg waren. Natsuki saß ziemlich erschöpf in ihrem Kindersitz und auch sie anderen waren ziemlich knülle, aber ausgeglichen. „Wollen wir noch einen Abstecher zur Frittenbude machen? Ich hab keine Lust zu Hause noch nach Essen jagen zu müssen“, fragte Kaoru vom Fahrersitz nach hinten und alle waren einverstanden. Also fuhren sie kurz vorm Studio in das gewünschte Restaurant und brachten da die Bedienung halb zur Verzweiflung, was es ihnen allerdings wert war, denn sie hatten zumindest ihren Spaß. Das Essen selbst verlief dann genauso spaßig und auch Natsuki hatte wieder etwas Energie mobilisiert, denn sie machte jeden Quatsch mit, den die Jungs anfingen. Satt und sehr erheitert kletterten sie daraufhin wieder in den Van, um die letzten Kilometer endlich hinter sich zu bringen. In der Tiefgarage stiegen sie wieder aus und Kaoru gab ordnungsgemäß die Schlüssel wieder ab. Kyo holte noch schnell Natsukis Sachen, dann stand er wieder bei seinen Jungs und sie verabschiedeten sich voneinander. Hand in Hand lief er mit dem Mädchen diesmal zu sich nach Hause und er war irgendwie froh, als sie endlich seine Wohnung betraten. Natsuki gähnte auch schon und Kyo hatte so die Ahnung, dass es heute ein leichtes war, sie ins Bett zu kriegen. „So, da duschen wir dich jetzt noch einmal ab, damit du den Sand los wirst und danach geht’s ins Bett, okay?“, fragte er sie. Ein bisschen komisch sah die Kleine ihn daraufhin ja schon an, aber scheinbar war sie wirklich zu müde um zu protestieren, denn sie nickte und Kyo atmete erleichtert auf. Zusammen suchten sie ihr die Schlafsachen noch aus der Tasche und der Sänger führte sie ins Bad, wo er extra ein Kindershampoo besorgt hatte, zwar nicht mit einem Einhorn, dafür wenigstens mit einer Prinzessin auf der Flasche. Das Duschen ging recht schnell und während sie sich die Zähne putzte, föhnte Kyo ihr die Haare trocken. Der kleine Mund war dann auch fix von der Zahnpasta befreit und der Sänger nahm sie dann einfach auf seine Arme, da Natsuki kräftig gähnte und ihre Augen schon ganz schön klein und verschlafen waren. Vorsichtig setzte er sie in dem großen Gästebett ab und als sie unter der Decke lag, musste man Angst haben, dass sie da drin verloren gehen könnte. Aber darüber machte Kyo sich jetzt keine Gedanken. „Ich lass deine und meine Tür angelehnt, falls etwas sein sollte, okay?“, fragte er und holte noch ihren Teddy von der Bettkante und legte diesen neben Natsuki, welche auch gleich ihre Arme darum schlang. Sie nickte und gähnte wieder. Jetzt wusste Kyo allerdings auch nicht, wie er sich verhalten sollte und ein bisschen nervös nestelte er an der Decke herum, da er sich auch nicht einfach so verkrümeln wollte. Er atmete dann einfach durch und begann leise ein Schlaflied zu singen, was er noch irgendwo in seinem Kopf verkramt hatte. Das Lied war gerade mal zur Hälfte vorbei, da schlief das Mädchen schon tief und fest, was Kyo schmunzeln ließ. Dennoch sang er noch zu Ende und stand erst dann leise auf, lehnte die Tür nur an. Im Flur streckte er sich und schlüpfte selbst unter die Dusche, da er Sand an Stellen an seinem Körper spürte, wo er wirklich nichts zu suchen hatte. Summend ließ er sich berieseln und warf sich dann einfach in ein weites Shirt und eine bequeme Hose, bevor er selbst sein Bett ansteuerte, da auch er sehr knülle von diesem Tag war. Wie bei Natsuki lehnte er seine Tür nur an und kuschelte sich zufrieden in seine Kissen, driftete in einen ruhigen Schlaf ab, welcher mitten in der Nacht von einem jämmerlichen Schrei unterbrochen wurde. Kapitel 21: Einundzwanzig ------------------------- Kyo brauchte einen ganzen Moment, um zu realisieren was, oder eher wer ihn da aus seinem Schlaf geholt hatte. Mit müden Augen schaute er zur digitalen Anzeige seiner Uhr und stöhnte leise, da es gerade mal kurz nach ein Uhr nachts war. Danach sickerte erst mal in sein Hirn, dass Natsuki sicherlich einen guten Grund hatte, um so zu schreien und nun kam auch endlich mal Bewegung in seine müden Knochen. Schnell warf er sich die Decke von den Beinen und tapste gleich barfuß aus seinem Schlafzimmer. Auf Licht verzichtete er ebenfalls, das würde die Kleine vielleicht nur noch mehr erschrecken. Auf leisen Sohlen schlich er durch seine Wohnung, bis er beim Gästezimmer angelangt war und vorsichtig schob er die Tür weiter auf, wo er leises Schluchzen vernehmen konnte. „Tsuki-chan“, murmelte er leise und schlich zu ihr ans Bett, da er wirklich jede schnelle oder laute Bewegung verhindern wollte. „Was ist denn los?“, fragte er leise und knipste bei ihr dann doch mal die Nachttischlampe an, damit er überhaupt wusste, wo genau sie sich verkrochen hatte. Kurz mussten seine Augen sich zunächst an das Licht gewöhnen, aber das ging recht schnell und Kyo konnte eine kleine Beule unter der Bettdecke entdecken, die seicht bebte. Vorsichtig setzte der Sänger sich auf die Bettkante und zog ganz langsam und bedacht die Decke zurück, bis zumindest ein paar schwarze Haare zu sehen waren. „Hey, Süße“, murmelte Kyo leise und strich dem Mädchen ein paar Strähnen aus dem Gesicht, die schon reichlich von Tränen durchnässt waren. Die Kleine so sah verloren aus, dass es ihm in der Brust gleich ganz eng wurde und am liebsten würde er sich gleich mit zu ihr legen und selbst ein paar Tränen verdrücken. Allerdings würde es ihr bestimmt nicht helfen, weswegen Kyo seinen Kloß hinunter schluckte, sich aber trotzdem etwas neben ihr ausstreckte, damit er wenigstens halbwegs auf Augenhöhe mit ihr war. Immer weiter kullerten die Tränen und der blonde Japaner fühlte sich etwas überfordert, da er einfach keinen Schimmer hatte, was er jetzt tun oder sagen sollte. Sanft strich er ihr durch die Haare, bis er es einfach nicht mehr mit ansehen konnte und der Sänger sie kurzerhand an seine Brust zog. Im ersten Moment versteifte sie sich und schien wieder von ihm weg zu wollen, doch dann schien Natsuki zu bemerken, dass er es war, oder das er ihr nichts böses wollte und sie schmiegte sich dann viel bereitwilliger an ihn heran. „Du hast wohl schlecht geträumt, hm?“, fragte er eher rhetorisch und fuhr ihr weiterhin durch die verwuschelten Haare, hoffte sie so beruhigen zu können. „Von Mama“, murmelte sie allerdings und Kyo hielt für einen Moment die Luft an, da er nun wirklich nicht mit einer Antwort gerechnet hatte, schon gar nicht in so einer Situation. Außerdem wusste er nun gar nicht, was er jetzt darauf antworten sollte. „War das denn ein schöner Träum?“, fragte er nach einer Weile und er war wirklich froh, dass sie scheinbar langsam ruhiger wurde, da das Beben ein wenig nachgelassen hatte. Auf seine Frage hin nickte sie erst, schüttelte im nächsten Moment aber ihren Kopf. „Bisschen was von beidem also“, stellte er leise fest und er biss sich auf die Unterlippe. „Willst du mir denn sagen, was du geträumt hast?“, hoffte er vielleicht auf Informationen, doch sie schüttelte den Kopf und blieb still. „Du vermisst deine Mama bestimmt ganz doll, hm?“, brach der Sänger wieder die Stille. Ein leichtes Nicken vernahm er und auch wie die Schultern wieder mehr anfingen zu beben. „Aber weißt du was? Das ist überhaupt nicht schlimm. Deine Mama und auch dein Papa, die beobachten dich jetzt immer von den Sternen aus und sie passen auf, dass es dir gut geht und du immer schön gesund bleibst. Du hast jetzt zwei Schutzengel…“, blubberte er dann etwas vor sich hin um sich wahrscheinlich auch selbst ein bisschen abzulenken, da die Tränen bei ihm auch immer weiter zur Oberfläche versuchten durchzudringen. „Und es ist auch nicht schlimm wenn du weinst, manchmal muss man einfach weinen“, nuschelte er und dann kullerte doch eine Träne, die er aber ganz schnell weg wischte. Danach herrschte wieder Stille zwischen ihnen, bis er feststellte, dass Natsuki aufgehört hatte zu weinen. Kyo löste sich etwas von ihr und schaute ihr ins Gesicht, welches total verweint und ein bisschen aufgequollen aussah. Sanft wischte er ihr die letzten Tränchen weg und lächelte ein wenig, auch wenn sie überhaupt nicht danach aussah. „Hast du denn ein Bild von deiner Mama, was du mir vielleicht zeigen möchtest?“, fragte er vorsichtig, denn vielleicht half es ihr ebenfalls, wenn er Interesse an ihr zeigte und sie somit für voll genommen wurde. Doch leider schüttelte sie den Kopf und ihr Blick wurde noch eine Spur trauriger, was ihn was ganz blödes vermuten ließ. „Du hast kein Foto von deiner Mama?“, fragte er diesmal direkt und die kleine Unterlippe fing schon wieder an zu beben. „Ist doch alles gut“, sagte er gleich und zog sie wieder an sich heran. Diesen Umstand musste er aufs dringendste ändern und er wusste auch schon, wem er dafür mal wieder auf die Nerven fallen würde. Sanft wiegte er die kleine Lady wieder in seinen Armen hin und her und ließ sie so lange weinen, bis wirklich alle Tränchen getrocknet waren, nebenbei kraulte er ihr leicht den Nacken und hoffte, dass sie sich dadurch noch etwas mehr entspannte. Nach einer ganzen Weile sah er wieder zum digitalen Radiowecker im Gästezimmer und ein bisschen erschrocken stellte er fest, dass es schon gleich drei Uhr nachts war. Kurz überlegte er, zuckte dann aber innerlich mit den Schultern, da die Uhrzeit jetzt eigentlich auch egal war. „Wollen wir eine heiße Milch mit Honig trinken?“, fragte er also und wartete geduldig auf eine Antwort von Natsuki, die aus einem schüchternen Nicken bestand. „Na dann, halt dich gut fest“, schmunzelte Kyo und trug sie aus dem Bett, wie eine kleine Prinzessin. Vorsichtig schaltete er im Flur das Licht an und er achtete penibel genau darauf, dass er ihr nicht noch irgendwo den Kopf ein donnerte, was zum Glück nicht passierte. Vorsichtig setzte er sie dann auf dem Tresen ab und knuffte ihr kurz freundlich in die Wange, bevor er die Milch aus dem Kühlschrank holte und etwas in einen Topf goss, nur um sie dann auf den Herd zu stellen. Während die Milch langsam warm wurde, gab er jeweils in eine Tasse einen ordentlichen Löffel Honig und widmete sich wieder der Milch, damit die nicht zu heiß wurde, oder gar überkochte. Als er diese für warm genug befand, füllte er die beiden Tassen und rührte kräftig um, bis sich der Honig aufgelöst hatte. Dann erst hob er Natsuki wieder von seiner Anrichte und stellte sie auf dem Boden hab. „Such dir schon mal den besten Platz auf dem Sofa aus, ich bringe die Milch mit“, schickte er sie ins Wohnzimmer und folgte ihr eine Sekunde später mit den vollen Tassen. Mit Bedacht stellte er sie auf seinen Tisch und angelte sich noch eine Decke heran, die er der Kleinen auf den Schoß legte. Zwar waren am Tag weit über dreißig Grad, aber nachts wurde es dann doch ziemlich frisch und bevor sie froren, kuschelte er sie lieber gleich in eine Decke. „Achtung, ist noch ein bisschen heiß“, warnte Kyo das Mädchen mal lieber, als er ihr ihre Tasse reichte und nahm sich dann selbst seine, nachdem er sich ebenfalls etwas in die Decke gehüllt hatte. So saßen nun beide da und schlürften ihre heiße Milch mit Honig, die die Stimmung merklich entspannte. Sie saßen vielleicht dann noch eine Stunde auf dem Sofa und draußen wurde es schon langsam wieder hell, doch das war Kyo egal, denn langsam kehrte die Müdigkeit wieder und auch Natsuki zeigte ihm ihre Milchzähnchen, als sie einmal kräftig gähnte. „Ich würde sagen, wie verkriechen uns wieder ins Bett, okay?“, murmelte er und fuhr sich selbst einmal über die Augen, ehe er zu dem kleinen Mädchen sah. Diese nickte, krabbelte aber gleich auf seinen Schoß und hielt sich an ihm fest, während sie ihr Gesicht an seinem Hals vergrub. „Sollen wir deinen Teddy holen und du schläfst die restliche Zeit bei mir?“, schlug er vor und ganz schüchtern nickte Natsuki, was ihn schmunzeln ließ, da das scheinbar ihr Plan gewesen war. Also wurde es auch so gemacht und nach einem kleinen Abstecher ins Gästezimmer, lagen sie nun bei Kyo im Bett, Natsuki halb auf seiner Brust und den Teddy fest an sich gedrückt. „Schlaf gut“, gähnte Kyo noch einmal, dann merkte er schon, dass sie eingeschlafen war und erleichtert darüber, dass sie diese Hürde gemeinsam überstanden hatten, folgte er ihr nur wenige Augenblicke später. Kapitel 22: Zweiundzwanzig -------------------------- Ein nervendes Geräusch weckte Kyo am nächsten Tag und er wollte es wirklich ignorieren, aber das nervige Klingeln wurde immer lauter und genervt tastete er blind auf seinem Nachttisch herum und griff dann nach seinem Handy, als er es endlich unter seinen Fingerspitzen spürte. „Hmmm“, brummte er in den Hörer und der Sänger war noch nicht gewillt seine Augen zu öffnen. „Was für eine überschwängliche Begrüßung“, schallte es ihm entgegen und Kyo fragte sich, wer ihn denn in seinem Schlaf störte, da er die Stimme nicht zuordnen konnte. „Hmmm“, antwortete er also wieder und musste danach zunächst einmal gähnen. „Jetzt sag nicht, ich hab dich geweckt!?“, klang die Frauenstimme jetzt sogar sehr… ja, geschockt konnte man es schon nennen. „Hmhmm“, war er nicht gewillt seine Stimmbänder zu nutzen, allerdings fragte er sich insgeheim, wie spät es überhaupt war. „Oh man, aber nun raus aus den Federn. Was soll Natsuki denn sonst anstellen, wenn du bis in den Nachmittag schläfst?“, plapperte die Stimme einfach weiter und Kyo fragte sich erneut, wer denn eigentlich an der Leitung war. „Wie spät is’n das?“, bewegten sich zumindest mal seine Lippen, seine Zähne bekam er aber noch nicht auseinander. „Kurz nach vierzehn Uhr“, war gleich die Antwort und jetzt schlug er doch mal seine Augen auf. „Du verarschst mich doch“, sagte der zerwuschelte Sänger und setzte sich etwas auf, um auf seinen Radiowecker zu gucken, der wirklich vierzehn Uhr dreizehn anzeigte. „Oh Fu-mist“, verbesserte er sich sofort und guckte sich im Schlafzimmer um, wo er gleich neben sich Natsuki entdeckte, die auch noch recht verschlafen aus der Wäsche schaute. Das ließ ihn dann doch aufatmen und das schlechte Gewissen war sofort verschwunden, da sie scheinbar auch durch das Handy geweckt worden war. „Scheinbar hast du es jetzt doch mal gemerkt“, lachte es am anderen Ende und Kyo fuhr sich durchs Gesicht. „Ja und ich frage mich, wer mich da überhaupt um meinen Schlaf bringt?“, brummte er und strich gleichzeitig Natsuki eine Strähne aus dem Gesicht, welche sie anscheinend an der Nase kitzelte, da sie die gleich kraus zog. Er grinste und kitzelte sie kurz hinterm Ohr, woraufhin das Mädchen sich leise lachend unter die Decke verkroch. „Ist die Frage jetzt ernst gemeint?“, wurde er aber wieder auf die Frau aufmerksam und er verdrehte die Augen. „Ja, sonst würde ich doch nicht fragen.“ „Oh man, wir kannst du denn eine gute Freundin von dir nicht erkennen? Ich bin‘s, Yuna“, klärte sie die Sache aber endlich mal auf. „Gute Freundin würde ich es jetzt nicht gerade nennen, eher bekannte Person“, blubberte Kyo es mehr zu sich selbst, bevor er diesmal direkt in den Hörer sprach. „Und weswegen rufst du nun an?“, wollte er es jetzt aber auch wissen und schlug nebenbei seine Decke weg, da an schlafen nun eh nicht mehr zu denken war, zudem sie ja sonst gar nichts mehr von dem Tag hatten. „Ach so, ja. Also ich hole gleich meine Nichten ab und wollte fragen, da du ja erwähnt hattest, dass du Natsuki bei dir hast, ob wir mit den Kindern nicht ein Eis essen gehen wollen?“, hielt sie ihr Vorhaben nicht weiter hinterm Berg. „Hm… warte mal, ich frag Natsuki“, war es ihm ehrlich gesagt recht egal und er zog ihr die Decke wieder von dem Kopf. „Wie sieht’s aus, Tsuki-chan, wollen wir dann gleich ein Eis essen gehen?“, richtete er die Frage nun an das Mädchen und die überlegte erst, nickte dann aber. „Okay, wir kommen mit“, nahm er das Angebot dann aber an und nach weiterem Geplänkel legten sie dann wieder auf. Endlich konnte er sich erst mal richtig strecken, was Kyo auch gleich tat. „Na dann, ziehen wir uns an und dann können wir auch schon los“, verkündete er seinen Plan und half Natsuki aus dem Bett. Zusammen gingen sie ins Bad und gleichzeitig putzten sie ihre Zähne und machten sich für den Tag fertig. Zuletzt platzierte Kyo dem Mädchen noch einen Zopf mitten auf den Kopf und auf Drängen der Kleinen hin, band er ihr sogar noch mit einem Band eine Schleife um den Zopf. „So gut?“, fragte er am Ende und Natsuki beäugte sich wirklich kritisch, bevor sie den Daumen nach oben zeigte. „Dann bin ich ja beruhigt“, lachte er und schickte sie dann sich anziehen, was er auch gleich machte. Nachdem sie beide hübsch genug für die Gesellschaft waren, verließen sie auch recht schnell die Wohnung. Beide hatten wieder ihre Sonnenbrille auf der Nase und auch diesmal hatte jeder einen Hut auf dem Kopf, wobei der bei Natsuki diesmal ziemlich locker saß. Aber das war jetzt nicht ganz so tragisch, zudem sie nach ein paar Straßen eh an dem kleinen Café ankamen, wo Yuna schon mit zwei kleinen Mädchen und ihrem Mops wartete. Whisky hatte sich gleich auf seinen Bauch fallen lassen und genüsslich streckte dieser sich in der Sonne aus, wobei er seinen Kopf an eine schattige Stelle gelegt hatte. „Hallo“, wurden sie sofort begrüßt, als sie noch gar nicht ganz angekommen waren. „Hey“, nickte Kyo und begrüßte alle drei. Auch die Mädchen begrüßten sich untereinander, wobei Natsuki da sehr zurückhaltend war und sie sich halb hinter Kyo versteckte. Der ließ sie machen und strich ihr leicht über die Schulter, zeigte damit, dass es so okay war. „Dann lasst uns mal schauen, was für lecker Eis die hier haben“, nahm Yuna das Zepter gleich in die Hand und Kyo war es nur recht. Sie gingen zur Eistheke und schauten sich in Ruhe um. Da Natsuki noch ein bisschen zu klein war, um selbst einen Blick hinein zu werfen, hob Kyo sie einfach hoch und dann klebte die kleine Nase schon fast an der Scheibe. Der Sänger ließ ihr die Zeit, die sie brauchte und wartete geduldig. „Hast du dich entschieden?“, fragte er aber doch irgendwann und während die Nichten von Yuna direkt mir riesigen Eisbechern zuschlugen, begnügte sich sein Mädchen nur mit zwei Kugeln Eis. Gemeinsam teilten sie der Dame dahinter mit, dass sie Erdbeere und Banane wollte und darauf noch ein paar Blaubeeren. „Vielleicht noch ein paar Smarties?“, fragte die Verkäuferin nach, doch Natsuki schüttelte den Kopf. „Bunte Streusel?“, wieder ein Kopfschütteln. „Gummibärchen?“, diesmal überlegte Natsuki erst und nickte sogar am Ende. Schmunzelnd ließ Kyo diese also auf ihr Eis geben und selbst bestellte er sich nur einen Kaffee, Hunger hatte er noch keinen. Dann bekam er schon den Becher mit Natsukis Eis gereicht und auch seinen Kaffee konnte er gleich mitnehmen. Also ließ er das Mädchen runter und bedeutete ihr, sich einen Platz bei Yuna und den anderen Mädchen zu suchen, was sie eher wiederwillig tat. „Na komm, die beißen nicht“, stupste er sie dann einfach an, aber statt vornweg zu laufen, verkrümelte Natsuki sich hinter ihn, was ihn lachen ließ. „Du bist eine Maus“, konnte er es gerade nicht fassen, da sie bei seinen Jungs ja wesentlich aufgeschlossener war, zudem sie Yuna ja eigentlich auch schon kannte, und stellte die bestellten Sachen auf dem Tisch ab, an dem Yuna und die Mädchen saßen. Ganz langsam kam Natsuki an ihn heran geschlichen und Kyo zog sie dann einfach auf seinen Schoß, als er sich gesetzt hatte. „So, hier hast du dein Eis, nun lass es dir schmecken“, sagte er und hielt ihr den Becher hin, woraufhin sie aber nur den kleinen Löffel nahm und den richtig ins Eis tunkte, um ihn sich dann in den Mund zu stecken. Scheinbar war er ihr lebendinger Eisbecherhalter, was er schmunzelnd so hin nahm. Also futterte sie in Ruhe ihr Eis, während die anderen beiden damit eher spielten und mehr herum tobten, als sich wirklich auf die Süßigkeit zu konzentrieren. Als die Nichten von Yuna dann schon mit ihren Stühlen um den halben Tisch gerutscht waren, konnte er dann auch nicht mehr seine Klappe halten. „Könnt ihr nicht erst mal euer Eis essen und danach den Tisch umrücken?“, fragte er also und sah die beiden an, die etwas verdutzt nach oben sahen. „Guckt nicht so, ihr habt doch nur noch Suppe darin“, konnte er das Gestarre nicht ertragen. „Was ist denn bei dir gerade verkehrt?“, fragte nun auch Yuna und Kyo verdrehte die Augen. „Ich frage mich nur gerade, ob die beiden Tischmanieren haben? So wie die hier herum rutschen, scheint es aber eher nicht der Fall zu sein“, sagte er gleich und fing eine Blaubeere auf, die Natsuki vom Löffel gerutscht war. Er hielt der Kleinen die Beere vor die Nase, doch die schüttelte nur den Kopf und da schmiss er sie sich selbst kurzerhand in den Mund. „Ja, aber das sind doch Kinder, da macht es doch nichts.“ „Kind hin, oder her. Beim Essen wird ruhig am Tisch gesessen, so hat man es mir zumindest bei gebracht und dir sicherlich auch. Und so wie ich das sehe, weiß das sogar Natsuki“, ließ Kyo sich nicht von seiner Meinung abbringen und war stolz auf die kleine Lady. Sie war jünger als die beiden anderen, hatte aber bei weitem mehr Manieren, denn sie saß ruhig da und löffelte gemächlich ihr Eis. „…“, daraufhin sagte Yuna nichts mehr und sie rührte stattdessen in ihrem Kaffee herum… da hatte Kyo wohl einen wunden Punkt getroffen. Nachdem Natsuki mit ihrem Eis fertig war, rutschte sie diesmal bereitwillig von seinem Schoß und sie steuerte Whisky an, der seinen Kopf hob, als sie vor ihm hockte. Vorsichtig streckte sie die Hand aus und streichelte den kleinen, faulen Hund, der gleich anfing wie verrückt mit dem Schwanz zu wedeln. „Du lässt sie den Hund streicheln?“, wurde er dann von dem jüngeren der beiden Mädchen angesprochen. Ihr fehlten die vorderen Schneidezähne, weswegen Kyo vermutete, dass sie um die sechs Jahre alt sein musste. „Ja, warum denn nicht?“, stellte er eine Gegenfrage und sah sie an. „Der Hund könnte beißen“, wurde ihm gleich erklärt. „Und? Das könntest du auch…“, zuckte er mit den Schultern und schaute kurz zu Natsuki, die sich nun vor dem Hund hinkniete. „Und sie sitzt im Dreck.“ „Ja, das hast du richtig erkannt“, nickte Kyo dem Mädchen zu. „Aber da wird sie doch dreckig“, schien sie es nicht fassen zu können. „Das könnte dabei durchaus passieren.“ „Schimpfst du da nicht?“, wurde Kyo weiter gelöchert und er atmete kurz durch. „Nein, warum sollte ich?“, musste er nun selbst dumm zurück fragen. „Weil die Sachen doch dreckig werden und sie wird doch auch dabei schmutzig“, sagte sie und schaute Kyo neugierig an, was ihm etwas unwohl werden ließ. „Dann stecke ich die Sachen in die Waschmaschine und Natsuki in die Badewanne“, war es für ihn logisch, doch das Mädchen sah noch nicht überzeugt aus. Allerdings schien sie nun auch endlich zu begreifen, dass sie Kyo mit ihrer Fragerei nervte und sie wandte sich wieder ihrer Schwester zu. „Sorry, ihre Mutter ist ein wenig… wie sagt man so schön…?“ „Spießig?“, schlug Kyo vor und Yuna nickte. „Ja, ich gebe es ungern zu, aber meine Schwester ist spießig.“ „Was du nicht sagst“, grinste Kyo nun und trank einen Schluck von seinem Kaffee. „Wäre ich nie von alleine drauf gekommen.“ „Wie war eigentlich die Nacht? Alles gut gewesen?“, durchbrach Yuna nach ein paar Minuten die Stille, die sich kurz um sie ausgebreitet hatte. „Wenn ich ehrlich bin, nein“, sagte Kyo und seufzte leise. „Wieso, was war los?“, musste sie natürlich gleich nachhaken und Kyo haderte mit sich, ob er ihr wirklich davon erzählen sollte, aber darüber zu sprechen tat bestimmt auch gut. „Sie hatte einen, ich vermute mal, Albtraum. Zumindest kam ihre Mutter darin vor und Natsuki war total aufgelöst. Sie vermisst ihre Mutter fürchterlich, aber so wie ich sie verstanden habe, hat sie noch nicht mal ein Bild von ihr“, erzählte er dann einfach drauf los „Zumindest saßen wir bis vier Uhr wach und sind dann erst wieder ins Bett gekommen.“ „Nicht mal ein Bild?“, war auch Yuna davon sehr geschockt. „Die arme Maus“, sah sie Kyo erschüttert an und der nickte. „Ja, aber ich habe beschlossen, dass es nicht so bleiben wird“, erzählte er noch und leerte seine Tasse. „Wieso, was hast du vor?“ „Ach, nichts Bestimmtes… ich werde meiner Lieblingsheimleiterin nur mal wieder einen unangemeldeten Besuch abstatten“, zuckte er mit den Schultern und grinste verschmitzt. „Klingt so, als wäre es nicht das erste Mal.“ „Oh ja, wie recht du doch hast.“ Kapitel 23: Dreiundzwanzig -------------------------- Wie abgemacht brachte Kyo das Mädchen am Abend dann wieder zurück und ausgiebig verabschiedeten sie sich. Am liebsten wäre Natsuki wieder mit zu ihm gegangen, aber sie mussten sich leider immer noch gedulden. Ein letztes Mal drehte der Sänger sich um und hob seine Hand zum Abschiedsgruß. Dann wurde Natsuki schon in den Speisesaal gezogen und Kyo selbst enterte mal wieder das Büro der Heimleiterin. Mit einem energischen Klopfen meldete er sich an, bis ein „Herein“ ertönte und Kyo somit die Türklinke nach unten drückte, um gleich einzutreten. Sofort hörte er ein leicht genervtes Seufzen und innerlich grinste der Sänger sich einen ab, denn genau so eine Reaktion hatte er sich auf sein Erscheinen gewünscht. „Ich müsste lügen, würde ich sagen ich wäre überrascht Sie zu sehen“, gestand sie auch gleich und die ältere Frau deutete auf den leeren Stuhl vor sich. Lachend nahm Kyo Platz und machte es sich auf dem Stuhl bequem. „Dann muss ich mir ja keine Sorgen machen Sie bei irgendwas gestört zu haben“, antwortete Kyo und selbst wenn, wäre es ihm auch egal. „Das sowieso nicht“, schmunzelte sie ein wenig verbissen und schaute den Sänger dann genau an.“Wie ist es gelaufen? Deswegen werden Sie ja sicherlich hier sein“, versuchte sie sich wahrscheinlich zu erklären, warum er schon wieder bei ihr auf dem Stuhl saß. „Also an sich, wirklich gut. Wir haben uns zwei schöne Tage gemacht und es gab eigentlich keine wirklichen Schwierigkeiten“, berichtete er ihr gleich. „Aber?“, zog sie eine Augenbraue nach oben und musterte ihn genau. „Ein Aber gibt es nicht direkt“, sagte er und er ordnete seine Armbänder ordentlich auf sein Handgelenkt. „Ich wollte wissen, ob Sie nicht noch ein paar Fotos von ihren Eltern haben?“, fragte er dann und schaute wieder auf, worauf die Frau diesmal ihre Augenbrauen an ihren Haaransatz tackerte, da sie so überrascht wirkte. „Ich glaube schon, was wollen Sie denn damit?“, wirkte sie wirklich überrascht, dennoch suchte sie scheinbar schon die Akte von Natsuki heraus, zumindest hoffte er das. „Ihr die Erinnerungen an ihre Eltern nicht wegnehmen“, seufzte er. „Sie hatte einen Albtraum und da ging es scheinbar um ihre Eltern, oder zumindest kam die Mutter drin vor. Ich hab sie kaum beruhigen können, da sie sie so sehr vermisst“, erklärte Kyo weiter und sah, wie sie weiterhin Akten durchsah. „Sie ist vier Jahre alt, in ein paar Jahren wird sie sich eh nicht mehr dran erinnern können“, klang sie nicht sehr überzeugt und Kyo atmete tief durch. „Ja und deswegen soll sie sie einfach vergessen? Sie muss doch wissen wo sie herkommt, nach wem sie kommt, was ihr von wem vererbt wurde“, konnte er es nicht fassen. „Wie würden Sie sich denn fühlen, hätte man Ihnen die Erinnerungen an ihre Eltern quasi gewaltsam entzogen?“, wurde er doch ein bisschen lauter und er musste sich wirklich beherrschen nicht noch mehr Lautstärke in seine Stimme zu legen. „Ich persönlich würde durchdrehen, wenn ich herausfinden würde, dass mir genau das genommen wurde, worin ich meine Wurzeln finden könnte“, sagte Kyo wieder gefasster und schaute die Heimleiterin an. „Aber sie ist doch nur ein kleines Mädchen“, sah sie ihn an, beinahe von oben herab. „Ja und genau deswegen. Noch hat sie ihre Eltern in ihrer Erinnerung, aber das wird immer weniger, umso älter sie wird und ich möchte gerne, dass Natsuki sie solange in Erinnerung behält, wie nur möglich“, schüttelte er fassungslos über die Meinung der Frau den Kopf. „Außerdem ist sie nicht NUR ein kleines Mädchen. Natsuki ist ein Goldstück, falls sie das alle noch nicht begriffen haben“, wollte er sich gar nicht beruhigen. „Also, was ist nun, haben sie Fotos?“, beharrte Kyo weiter darauf und sah sie auffordernd an. „Moment“, murrte sie etwas angefressen, aber das war dem Sänger egal. Schweigend schaute er ihr regelrecht auf die Finger, was ihr ein bisschen unangenehm zu sein schien, denn sie wurde zusehends nervöser und griff meist bei Blättern daneben. Kyo grinste in sich hinein, sagte aber nichts. „Ah, hier ist die Mappe“, zog sie endlich eine dunkelblaue Pappmappe heraus und Kyo schaute sie weiterhin an, bis es ihm zu doof wurde, da sie erst einmal nur die Außenseite studierte. „Ja, dann schlagen Sie das Teil doch auch mal auf, ich will hier keine Wurzeln schlagen“, forderte er sie auf und trommelte mit der Fußspitze auf den Boden, damit sie gleich noch etwas nervöser wurde. Das tat sie dann auch endlich und nach ein paar Blättern hatte sie einen dickeren Umschlag in der Hand, den sie Kyo gleich reichte. „Mehr haben wir nicht“, sagte sie. „Das reicht mir. Die kriegen Sie demnächst wieder“, war er endlich zufrieden und stand gleich auf, natürlich mit dem Umschlag in der Hand. Ohne Verabschiedung war Kyo dann auch verschwunden und schlug gleich seinen Heimweg ein. Zu Hause setzte er sich ohne Umschweife aufs Sofa und öffnete den Umschlag, wo doch reichlich Fotos drinnen waren. Nacheinander holte er sie heraus und besah sie sich. Es schien wirklich eine kleine Bilderbuchfamilie gewesen zu sein. Erst nur die Eltern, dann eine schwangere Frau, bis irgendwann ein kleines Baby auf den Bildern auftauchte, welches eindeutig Natsuki war. Bis auf das sie den Babyspeck verloren hatte, hatte sie sich kaum verändert, außer natürlich die Körpergröße und die Haarlänge. Auf dem letzten Foto, wo die gesamte Familie abgebildet war, entdeckte Kyo, dass ihre Mutter scheinbar erneut schwanger gewesen sein musste, denn der stattliche Bauch deutete drauf hin. Das machte es natürlich nicht gerade besser und er musste zunächst tief durchatmen. Nachdem er sich wieder halbwegs im Griff hatte, suchte er sich ein Foto aus, was alle drei freudig strahlend zeigte, die anderen steckte er wieder in den Briefumschlag, mit dem Vorhaben daraus ein Fotobuch zu machen, das andere würde er einrahmen und das nächste Mal Natsuki geben, damit sie wenigstens etwas zum Anfassen hatte und da war es ihm egal was das Kinderheim dazu sagte, denn einem Kind schöne Erinnerungen wegzunehmen empfand er als Folter, schlimmer noch als jegliche körperliche Gewalt. Kapitel 24: Vierundzwanzig -------------------------- Dieser kurze Abstecher zu Natsuki würde heute sicherlich nicht der Beste sein. Der Sänger hatte doch durch den ganzen Trubel und Spaß mit der Kleinen total vergessen, dass es ab übermorgen Früh nach Übersee ging. Fast drei Wochen würden sie unterwegs sein und Kyo hatte tatsächlich ein wenig Schiss vor Natsukis Reaktion, wenn sie es heute erfahren würde. Außerdem machte er sich jetzt schon Sorgen, wie sie und auch er die nächsten drei Wochen überstehen sollten. Okay, Kyo selbst wird sicherlich genug Ablenkung und Auslastung haben, aber um das Mädchen machte er sich schon so seine Gedanken. Aber es ging nun mal nicht anders und nur weil er gerade sein Privatleben quasi auf den Kopf stellte, konnten sie nicht die Europatour absagen. Noch einmal straffte der blonde Japaner seine Schultern, dann nahm er die kleine Geschenktüte von der rechten in die linke Hand und atmete durch, bevor er die Tür zum Kinderheim aufstieß. Er war noch gar nicht richtig eingetreten, da wurde diesmal Kyo von der Heimleiterin angesprochen. „Huh? Was machen Sie denn hier? Sie haben doch gar keinen Ausflug angemeldet“, war sie gleich verwirrt und Kyo bemühte sich nicht gleich zu offensichtlich genervt auszusehen. „Nein, ich will Natsuki nur schnell etwas geben. Außerdem muss ich ihr noch beichten, dass ich die nächsten drei Wochen nicht da sein werde“, verzog er dann das Gesicht und am liebsten würde er wieder kehrt machen, aber das hatte die Kleine nicht verdient. Er wusste zwar nicht, ob sie es wirklich verstehen würde, aber zumindest versuchen wollte er es. „Da wünsche ich Ihnen viel Erfolg, ich glaube sehr begeistert wird sie nicht sein“, sagte die Heimleiterin trocken und Kyo brummte. „Danke, das weiß ich selbst. Aber ich kann mich ja schlecht drei Wochen lang einfach aus dem Staub machen, danach hat sie mich erst recht gefressen“, sagte er. „Außerdem kann ich ihr ja etwas aus Europa mitbringen“, fuhr er fort. „Ah, ein Bestechungsversuch also“, nickte sie und das ließ die alte Schachtel tatsächlich schmunzeln, was Kyo allerdings ein bisschen als gruselig empfand. „Mh… ja, man muss ja sehen wo man bleibt und der Groll eines kleinen Mädchens, der ist nicht ganz ohne…“, grinste er nun selbst etwas. „Da haben sie recht, vor allem wenn dann noch eine Zicke drinnen steckt“, was Kyo nun nicht als das Problem sah. „Mädchen müssen zickig sein, sonst wären es ja keine richtigen Mädchen“, zuckte er mit den Achseln. Er fand das machte die kleinen Zwecken sogar noch einen ticken niedlicher. „Na wenn Sie meinen…“, ließ sie den Satz offen und Kyo nickte. „Jap, ich meine.“ „Dann möchte ich Sie mal nicht weiter aufhalten. In drei Wochen sind Sie wieder da, ja?“, erkundigte sie sich aber noch einmal und der Sänger nickte. „Ja, fast genau drei Wochen“, bestätigte er noch einmal. „Gut, also wenn sie mal unerträglich werden sollte, dann weiß ich woran es liegt und kann dementsprechend handeln“, murmelte sie und Kyo zog eine Augenbraue nach oben. „Ich hoffe für Sie, dass Sie sie in Ruhe lassen. Die drei Wochen werden kein Zuckerschlecken sein, aber dennoch möchte ich nicht, dass sie angeschrien oder durch die Gegend gezerrt wird. Zwar bin ich nicht hier, aber meine Augen habe ich überall“, warnte er sie und es sollte beabsichtigt bedrohlich klingen und er konnte die ältere Frau tatsächlich schlucken sehen. „Wir werden sehen, was die drei Wochen bringen, nun entschuldigen Sie mich“, war sie dann auch davon gewuselt und Kyo seufzte. Diese Frau war einfach komisch und er war wirklich froh, wenn die Sache mit der Adoption endlich durch war und er keinen Fuß mehr in das Gebäude setzen musste. Bis es aber soweit war, musste er erst einmal eine ganz andere Hürde nehmen. Also marschierte er weiter und betrat bald den Garten, wo die Kinder wieder alle spielten. Erneut scharrten sich alle um die kleinen Planschbecken und genau wie das letzte Mal, war Natsuki nicht mit dabei. Allerdings fand sie ihn diesmal, denn plötzlich sah er, wie jemand auf ihn zugeschossen kam und Kyo hatte sich gerade so noch bücken können, da lag Natsuki schon in seinen Armen. „Hey Tsuki-chan“, begrüßte er sie gleich und hob sie hoch, um sie gleich noch etwas mehr zu knuddeln. „Du bist ja überschwänglich heute“, schmunzelte er und strich ihr über den Rücken. Das Mädchen kicherte, nickte aber, was Kyo grinsen ließ. Vorsichtig ließ er sie dann wieder runter und zusammen steuerten sie eine kleine Bank an, die im Schatten und recht versteckt herum stand. Jetzt kam das Schwierigste an der ganzen Sache und Kyo hatte keine Ahnung, wie er am dümmsten anfangen sollte. Und das Natsuki ihn mit ihren neugierigen Augen beinahe zum Zusammenbrechen brachte, machte es auch nicht leichter. „Ich hab was für dich“, sagte er dann stattdessen und hielt ihr die kleine Papiertüte hin, wie sollte es anders sein, mit Einhörnern drauf. Selbst das Geschenk hatte er in Geschenkpapier mit Einhörnern gewickelt. Es sah bei weitem nicht so stylisch aus, wie letztens bei Shinya, aber Kyo hatte sich wirklich alle Mühe gegeben. Die kleine Lady selbst sah erst etwas komisch zu ihm auf, da sie scheinbar keine Ahnung hatte, warum sie überhaupt ein Geschenk verdient hatte und der Sänger musste ja auch selbst zugeben, dass es ein kleines Bestechungsgeschenk war, aber das musste sie ja nicht unbedingt wissen, wobei er eh die Ahnung hatte, dass sie ihn schon längst durchschaut hatte. „Mach schon auf“, sagte er nach einer Weile, nachdem Natsuki ihn immer noch stumm angesehen hatte. Dann zog sie wirklich das kleine eckige Ding aus dem Beutelchen und gab diesen Kyo, damit der ja nicht abhandenkam. Ganz vorsichtig knibbelte sie das Klebeband ab und er wurde langsam immer nervöser, da er ja auch nicht wusste, wie sie denn überhaupt darauf reagieren würde. Nachdem sie alles Klebeband ab gefummelt hatte, wickelte sie das Päckchen vorsichtig aus und die Spannung wurde immer größer, da zuerst die Rückseite zu sehen war. Wie zuvor die Tüte übergab sie auch Kyo das Geschenkpapier und dann drehte Natsuki ihr Geschenk rum. Mit großen Augen starrte sie auf das Bild ihrer Familie und der Sänger saß einfach stumm neben ihr, da er eh gerade keine Worte über hatte. „Mama… Papa…“, flüsterte Natsuki irgendwann und mit verwässerten Augen schaute sie Kyo an. Diesem blieb zunächst das Herz stehen, doch dann nickte er. „Ja, deine Mama, dein Papa und du“, erklärte er. „Du hast mir ja gesagt, dass du kein Bild hast und ich fand das nicht gerade schön, deswegen habe ich dir eines von deinen Eltern besorgt“, sagte er und strich ihr vorsichtig eine Träne von der Wange. „Jetzt kannst du dir das Bild immer anschauen, wenn du sie vermisst oder traurig bist, oder einfach wann immer du willst“, konnte er gerade so noch sagen, ehe sie sich an ihn schmiegte und bitterlich mit weinen anfing. Daraufhin zog er die kleine Lady ganz auf seinen Schoß und Kyo wiegte sie sanft hin und her und tröstete sie. Er flüsterte Natsuki immer wieder liebe und aufbauende Worte zu und hoffte, dass es ihr wenigstens etwas half. Er konnte sich bei weitem nicht vorstellen, was in ihr vor ging, aber er konnte ihr helfen da ein wenig Licht hinein zu bringen. Kyo wusste am Ende nicht, wie lange er mit seinem Mädchen auf der Bank gesessen hatte, doch irgendwann war sie wieder ruhiger geworden und schaute bald wieder zu ihm auf. „Freust du dich denn?“, wollte er dann aber trotzdem wissen und nachdem sie sich selbst noch die letzten Salzreste von den Wangen gewischt hatte, nickte sie und Kyo war zufrieden. Allerdings hatte er immer noch nicht mit ihr gesprochen, dass er ja nun bald im Flieger nach Europa sitzen würde. „Tsuki-chan?“, fragte er und kaute sich auf der Unterlippe herum, wartete nebenbei bis sie ihn wieder ansah. „Ehm…“, Hilfe, war das schwer, sonst sagte er doch auch immer geradeaus, was er dachte. „Die nächsten drei Wochen kann ich dich leider nicht abholen, oder besuchen kommen“, sprach er es dann einfach aus und atmete schwer. Wie erwartet wurden die Augen der kleinen Lady riesen groß und Kyo hatte fast Angst, dass sie hinausfallen könnten. „Ich muss wegen meiner Arbeit verreisen und das macht es mir unmöglich hier her zu kommen, verstehst du?“, blieb er ruhig und fuhr ihr sanft durch die Haare. Aufmerksam beobachtete er das Mädchen auf seinem Schoß und achtete auf jede Reaktion. Dann verfinsterte sich schon ihr Blick und sie wollte doch tatsächlich von seinem Schoß rutschen. „Hey, bleib hier“, hielt er sie aber gleich fest umschlungen und ließ sie nicht herunter. „Nach den drei Wochen komme ich sofort wieder her, versprochen und ich bringe dir auch etwas von meiner Reise mit. Außerdem habe ich eh noch etwas für dich, aber bis das fertig ist, dauert es noch ein bisschen, deswegen müssen wir uns sogar nach den drei Wochen wieder sehen, hörst du?“, blubberte er dann einfach drauf los und aus dem finsteren Blick wurde nun ein schmollender, zu dem sich noch die kleine Unterlippe gesellte, die sich nach vorn schob. Erleichtert, dass es nicht zu einem Schreikrampf gekommen war, atmete Kyo aus und zog das Mädchen noch ein bisschen näher an sich heran, um sie zu knuddeln. „Du glaubst doch nicht, dass ich dich jetzt einfach so verlasse?“, fragte er und nach kurzem Überlegen schüttelte sie sogar den Kopf. „Na siehst du, aber die Reise gehört nun mal zu meiner Arbeit und die kann ich nicht absagen. Aber die drei Wochen kriegen wir hin, oder?“, wollte er wissen und sah sie fragend an. Erst ein bisschen zweifelnd sah sie ihn an, doch dann nickte Natsuki und Kyo lächelte. „Das ist mein Mädchen“, sagte er und krabbelte sie etwas, wo sich sogar ein kleines Lächeln auf ihr Gesicht zauberte. Die beiden saßen dann einfach noch etwas da und Kyo erklärte ihr noch ein bisschen, was genau er denn auf seiner Reise machen wird und scheinbar schien sie es sogar etwas zu verstehen und Kyo war wirklich froh, dass sie das im Guten hatten klären können. Wie er die drei Wochen aber tatsächlich ohne Natsuki herum kriegen würde, das wusste er bis jetzt immer noch nicht. Kapitel 25: Fünfundzwanzig -------------------------- Seit nun mehr als einer Woche waren sie schon unterwegs und so grillig wie dieses Mal, war Kyo sonst noch nie auf einer Tour gewesen. Ihm ging alles auf den Pinsel und wenn einer nicht schnell genug davon gerannt war, wurde er mächtig von ihm angepflaumt, sobald auch nur irgendwas Minimalistisches nicht stimmte. Mittlerweile gingen ihm alle aus dem Weg und Kyo hatte auch nicht gerade das Bedürfnis sehr viele Menschen um sich herum haben zu wollen. Es wunderte ihn eh schon, das Kaoru ihn noch nicht zusammen gedonnert hatte, aber seine Blicke hatte er schon auf ihn abgeschossen, doch das juckte den Sänger nicht. Er war unzufrieden und vermisste seine kleine Lady und da konnte er nun mal unausstehlich werden. Die Fans interessiert das allerdings herzlich wenig, weswegen er sich zumindest für die zwei Stunden auf der Bühne zusammen riss und dort alles gab. Vielleicht gab er diesmal sogar noch mehr als so schon, denn seine Performance war düsterer als sonst und der ein oder andere Schrei klang noch verzweifelter, noch schmerzhafter als zuvor. So auch heute und nach dem Konzert flüchtete er schon gleich in seine Koje. Erneut waren sie mit einem Bus unterwegs und außer einem Vorhang vor seinem Bett, schützte ihn nichts und das verbesserte seine Laune auch nicht unbedingt, da Privatsphäre gleich null war. Aber da musste er nun mal durch. Weitere Tage zogen ins Land und nach zwei Wochen war er immer noch chronisch cholerisch und dauer schlecht gelaunt. Außer für den Auftritt selbst verließ er nicht seine Schlafkoje und er ignorierte alles und jeden, der ihm auch nur irgendwie aus dem Bus locken wollte. Seine Gedanken schwebten einfach nur noch um Natsuki, da sich Yuna zwischenzeitlich mal bei ihm gemeldet hatte. Sie musste wohl mal mit Whisky hinter dem Studio im Garten gewesen zu sein. Natürlich hatte Natsuki sie irgendwann bemerkt und war zu ihr hin gelaufen, zwar wohl eher wegen dem Hund, als wegen ihr, aber das war ja Nebensache. Scheinbar hatte das den anderen Kindern nicht gepasst und sie hatten das Mädchen kategorisch immer weiter an den Rand getrieben, bis sie gar nichts mehr von dem Hund hatte und sich die anderen Kinder quasi auf Whisky stürzten. Dem hatte das aber anscheinend auch nicht wirklich gefallen, denn das faule Vieh bekam sogar mal ein Bellen hin. Natürlich hatte das die anderen Kinder nicht im Geringsten gejuckt und da Yuna sie nicht auch noch mit einem Tier belohnen wollte, war sie mit Whisky wieder gegangen. Yuna hatte ihm noch erzählt, dass Natsuki gar nicht gut aussah und von dem fröhlichen Mädchen gar nichts mehr zu erkennen gewesen war. Also drehte der Sänger beinahe durch vor Sorge und am liebsten würde er alles stehen und liegen lassen und sich einfach in den Flieger nach Japan setzen. Aber er konnte seine Band schließlich nicht einfach so im Regen stehen lassen und die Fans natürlich auch nicht, weswegen er sich unaufhörlich durch jeden Tag quälte. „Kannst du dich wenigstens die letzten Tage mal bisschen zusammen reißen?“, hatte Kaoru diesmal lange auf sich warten lassen und Kyo sah von seinem Block auf, der schon beinahe überquoll, als sein Vorhang aufgezogen wurde und ein brauner Wuschelkopf in der Lücke auftauchte. Sagen tat er nichts, schaute stattdessen wieder nach unten. „Kyo, ich rede mit dir“, wich der Leader nicht von seinem Bett. „Aber ich gerade nicht mir dir“, sagte Kyo tonlos und schrieb weitere Wörter auf seine halbleere Seite. „Trotzdem kann es so nicht weiter gehen. Die anderen haben auch ihre Familien und vermissen sie, du bist nicht der einzige, der jemanden zurücklassen musste“, sprach Kaoru dann einfach unaufgefordert weiter, doch Kyo ignorierte ihn. „Kneif deine Arschbacken zusammen und hör endlich auf so eine miese Stimmung zu verbreiten“, schien es dem Gitarristen dann doch zu reichen und Kyo schmiss genervt seinen Block in die Ecke. „Du hast doch überhaupt keine Ahnung, wie es sich anfühlt, jemanden zurück zu lassen, wenn man genau weiß, dem geht’s da, wo er jetzt ist, nicht gut“, keifte er dann los und funkelte gefährlich. „Sie ist doch in dem Heim gut aufgehoben“, wurde Kaoru ebenfalls lauter, doch Kyo schüttelte mit dem Kopf. „Hast du eine Ahnung, Kao. Sie ist dort drinnen alles, nur nicht gut aufgehoben. Die Kinder machen sie regelrecht fertig und die Erzieher sind keinen Deut besser. Hör auf über Dinge zu sprechen, von denen du keinen Dunst hast“, wurde der Sänger dann aber doch wieder leiser, aber mit einer gefährlichen Tonlage in der Stimme. „Und nun zieh Leine und lass mich in Ruhe“, zerrte er seinen Vorhang wieder zu und widmete sich seinen Texten, die weiterhin aus ihm flossen wie Blut. Die restlichen Tage vergingen nicht gerade harmonischer und Kyo hatte den Eindruck, dass alle froh waren, als sie sich auf dem Weg zum Flughafen machten und sogar recht schnell auf ihren Sitzen im Flieger saßen. Mit jedem Meter, welchen er näher an Japan kam, wurde seine Laune besser und er wünschte sich, dass er schon da wäre, oder dass er zumindest an der Uhr drehen konnte. „Beam me up, Scotty“, murmelte er mit geschlossenen Augen… man konnte es ja zumindest versuchen… Kapitel 26: Sechundzwanzig -------------------------- Einen Tag nachdem sie wieder in Japan gelandet waren, quälte Kyo sich aus seinem Bett und durch den Jetlag war er immer noch total im Arsch. Er sah aus wie ausgekotzt und fühlen tat er sich gleich noch schlimmer. Und die Hitze, die immer noch draußen herrschte, als wäre er nie weg gewesen, machte es nicht besser, da Schlafen dabei fast unmöglich war. Trotzdem musste er nun endlich mal seinen Arsch hoch kriegen, da er dringend ins Studio musste. Zunächst etwas arbeiten und zum anderen hatte er die kleine Überraschung für Natsuki an Yunas Adresse in die Firma schicken lassen, da diese schließlich in der Companie weiterhin tagtäglich gearbeitet hatte. Also schlürfte er ins Bad und ließ sich kurz darauf von seiner Dusche wenigstens ein bisschen wacher machen. Noch schnell rasieren und Zähne putzen, dann war alles erst mal geschafft. Seine Haare durchfuhr er nur einmal kurz mit seinen Fingern, dann war er chic genug und schlüpfte in seine Slipper. Er beeilte sich, da er ins klimatisierte Studio wollte und war ziemlich schnell im Gebäude, auch wenn er schon wieder mächtig verschwitzt war. Aber das war ihm jetzt egal. Seine Tasche landete auf der Couch in ihrem Arbeitsbereich und dann war er auch schon wieder verschwunden und machte sich auf den Weg zu Yuna. Schnell war Kyo in den Fahrstuhl gehüpft und brachte die Strecke hinter sich. Zwar klopfte er dann an ihrer Tür an, doch auf eine Antwort wartete er nicht, sondern er riss sie gleich auf. „Hab ich denn herein gesagt?“, wurde er auch gleich begrüßt und Kyo grinse ein wenig. „Nein, aber ich hab ja auch nicht gefragt, sondern mich nur angemeldet, nicht dass du wieder einen Stift zerbeißt, weil dich mein Antlitz so aus der Bahn wirft“, säuselte er und schmiss sich auf den Stuhl, der vor ihrem Schreibtisch stand. „Neuen Humor auf der Tour gelernt, oder doch einen Clown gefrühstückt?“, fragte Yuna trocken. „Weder noch“, musste er sie da leider enttäuschen. „Schade, ich hatte schon Hoffnung. Aber egal, du wirst ja sicherlich nicht nur hier sein, um mich mit deinem umwerfenden Antlitz bereichern zu wollen, oder?“, nahm sie dann seine Worte in den Mund und Kyo griente. „Nein, ich wollte mein Paket abholen“, kam er auch gleich zum Punkt. „Dachte ich es mir. Was ist denn da drin?“, war sie natürlich viel zu neugierig und holte es unter ihrem Schreibtisch hervor. „Nichts was für neugierige Frauen bestimmt ist“, schnappte der Sänger sich gleich das Paket und stand schon wieder auf. „Hey, ich habe dich mein Postfach missbrauchen lassen, nun will ich aber auch wissen wofür!?“, beschwerte sie sich gleich und stand ebenfalls auf, um es sich wieder zu schnappen, doch Kyo war schneller. „Ja und? Du kannst alles essen, musst aber nicht alles wissen“, juckte ihn das nicht im Geringsten und ging schon wieder zur Tür. „Wenn ich weiß, wie es angekommen ist, sage ich es dir vielleicht“, wollte er zumindest so tun, als würde er ihr es verraten. „Und was ist, wenn es von vorn herein ein schlecht überlegtes Geschenk ist?“, formulierte sie ihre Worte genau, doch Kyo schüttelte den Kopf. „Vergiss es, auf diese Masche falle ich nicht rein“, grinste er aber und hatte schon die Klinke in der Hand. „Also, vielen Dank fürs Annehmen“, hob er seine Hand, bevor er die Tür schon öffnete. „Aber du sagst mir, was es ist, sobald es ausgepackt wurde, ja?“, versuchte sie es noch mal und Kyo zwinkerte. „Vielleicht“, dann war die Tür schon zu und Kyo machte sich wieder auf, um in ihre Einrichtung zu kommen. Die Stimmung zwischen ihm und der Band war auf Tour wirklich nicht die beste gewesen, weswegen er sich jetzt wieder zusammen reißen und nicht gleich wieder den ersten Tag stark strapazieren wollte. Oben angekommen waren die anderen auch schon gut dabei und der Sänger klemmte sich hinter seine Arbeit. Am frühen Nachmittag ließ er dann aber wieder alles fallen, da er seine Natsuki abholen wollte. Zu seinem Glück hatte Kaoru auch nichts dagegen, da er scheinbar eingesehen hatte, da es nichts bringen würde, wenn Kyo weiter hier herum dümpelte, es würde nur wieder eskalieren. Schnell schnappte er sich dann seine Tasche und war im nächsten Moment aus der Tür verschwunden. Allerdings fiel ihm am Fahrstuhl ein, dass er ja noch das Paket mitnehmen musste, also machte Kyo wieder kehrt und nahm sich mit den Worten „Hab noch was vergessen“, den braunen Karton und war dann wirklich auf und davon. Die Fahrt im Fahrstuhl kam ihm ewig lang vor und er war schon sehr erleichtert, als er endlich im Erdgeschoss ankam und der Sänger stürmte schon regelrecht aus dem kleinen Kasten, wo er beinahe einen Anzugträger über den Haufen rannte. Beide konnten zum Glück noch rechtzeitig ausweichen und nach einer kleinen Entschuldigung ging jeder seines Weges. Kaum war er aus dem Gebäude heraus getreten, verschlug es ihm den Atem, da er wie gegen eine heiße Wand gelaufen war. Stöhnend kniff er seine Augen zusammen und versuchte der Helligkeit entgegen zu blinzeln, was gar nicht so einfach war. Zudem hatten sich seine Augen noch gar nicht an die Helligkeit gewöhnt, da trat er schon wieder in das dunkle Innere des Kinderheimes. Das war schon viel besser und mit Vorfreude auf Natsuki schlenderte er durch die Gänge, wobei er schon Angst hatte, wie er sie denn vorfinden würde. Mit Bedacht schaute er sich überall um, auch im Garten, aber die Kleine war nicht zu finden. Scheinbar war sie mal wieder in das Holzhaus gekrochen, da sie auch nicht in der Hängematte lag, wie sie es sonst gerne tat. Vorsichtig näherte er sich also dem kleinen Haus und er lunschte durchs Fenster und erkannte tatsächlich jemanden, der zusammen gekauert drinnen saß. Kurz atmete Kyo noch einmal durch, dann ging er zur Tür und krabbelte wieder auf den Knien herein. „Tsuki-chan, bist du das hier drinnen?“, fragte er und konnte kaum sehen, wer das denn war. Nach wenigen Sekunden erkannte er dann eine kleine Gestalt, die sehr nach Natsuki aussah und Kyo rutschte noch etwas näher heran. „Natsuki? Ich bin wieder da, wie versprochen“, sagte er sanft und fuhr ihr leicht durchs Haar, da sie ein bisschen verschreckt aussah. Er ließ ihr noch ein bisschen Zeit, dann kam sie langsam aus ihrer Ecke gekrabbelt. Erst ein bisschen zweifelnd, dann aber überzeugt, schmiegte das Mädchen sich an ihn und er schloss sofort seine Arme um sie. Er hatte das Gefühl, dass sie ein bisschen schmaler war, als noch vor drei Wochen und die Kleine wirkte richtig zerbrechlich in seinen Armen. „Wie ich dich vermisst habe“, murmelte er dann einfach und der Sänger vergrub seine Nase in dem schwarzen Haar, was ein wenig durcheinander war. Natsuki nickte daraufhin und er schmunzelte leicht. „Ich hab die Erlaubnis dich heute Nachmittag mit zu mir zu nehmen. Möchtest du?“, fragte er, hatte sie aber noch nicht los gelassen. Sofort nickte sie und Natsuki klammerte sich gleich noch mehr an ihn und es tat ihm weh zu wissen, dass es ihr die letzten drei Wochen wirklich nicht gut ging. „Na los, lass uns gehen“, murmelte Kyo irgendwann und schob das Mädchen etwas von sich, doch sie wollte gleich wieder klammern. „Lass uns erst mal hier raus, dann nehme ich dich hoch, ja?“, fragte er vorsichtig und befreite eine Strähne aus ihrem Mund. Erst wollte sie nicht so recht, doch dann nickte die kleine Lady und Kyo kletterte einfach voraus, hielt ihr dann die Hand hin, die sie auch gleich annahm. Draußen, vor dem Häuschen, nahm er Natsuki, wie vorher versprochen, auf seinen Arm und zusammen machten sie sich auf den Weg, zu seiner Wohnung. Dort würde er sich erst mal umziehen müssen, aber das war es ihm wert, solange Natsuki ihn vertraute und sich gerne von ihm tragen ließ. Der Weg war anstrengend und schweißtreibend, aber sie hatten es geschafft und erleichtert und mit schweren Armen ließ er das Mädchen bei sich in der Wohnung wieder runter. „Geh schon mal ins Wohnzimmer. Ich ziehe mich schnell um und hole uns was zu trinken“, sagte er gleich und nach kurzem Zögern tapste sie davon. Schnell wuselte Kyo ins Schlafzimmer, schnappte sich ein T-Shirt, tippelte weiter ins Bad, erfrischte sich da und ging schon in die Küche, während er sich das Oberteil über den Kopf zog. Dort schnappte er sich eine Flasche Wasser und zwei Gläser und steuerte damit das Wohnzimmer an. Natsuki kniete dort auf dem Sofa und schaute ihn an, als er rein kam. „Du willst sicherlich auch etwas, oder?“, fragte er und zeigte ihr die Flasche. Sofort nickte sie und Kyo hielt ihr gleich darauf ein volles Glas Wasser hin. Sein eigenes füllte er auch und mit großen Schlucken war es schnell geleert. Aber nun war der erste Durst zumindest gestillt und der Sänger stand auf, um noch einmal in den Flur zu gehen, da das Paket dort noch herum lag. Schon zwei Sekunden später ließ er sich wieder neben Natsuki fallen, die schon neugierig auf seine Hände schaute, welches die Pappe aufrissen. „Es ist endlich da, was letztens noch auf sich warten ließ“, erklärte er sogleich und hatte die braune Pappe endlich offen. Heraus kam ein Buch, welches rosa schimmerte. Drum herum war noch ein bisschen Blasenfolie gewickelt und eine Schutzfolie, die er auch gleich abriss. „So, hier bitte, da kannst du es dir ansehen“, reichte er es Natsuki die schon wieder große Augen bekam. Vorsichtig nahm er ihr das Glas ab, während sie selbst zu dem Buch griff und es sich auf den Schoß legte. Neugierig blätterte sie die erste Seite und sie konnte sicherlich noch nicht lesen, dass es ein Fotobuch über sie und ihre Familie war. Aber Seite Zwei gab das schon Preis und erstaunt klebte der Blick von dem Mädchen auf den Bildern, die eindrucksvoll in Szene gesetzt wurden. „Ich habe noch mehr Fotos von deinen Eltern bekommen und da dachte ich, so ein Buch wäre doch nicht schlecht“, murmelte er leise und ganz langsam nickte die kleine Lady ihm zu, der regelrecht der Mund offen stand. Sie blinzelte und rutschte dann etwas zu dem Sänger heran und legte das Buch zur Hälfte auf seine Beine. Mit einer Hand hielt er es fest, den anderen Arm legte er um Natsuki und zusammen schaute sie sich das bisherige Leben des kleinen Mädchens an, welches am Anfang wirklich rosig ausgesehen hatte. Kapitel 27: Siebenundzwanzig ---------------------------- Gerade so war Kyo eingeschlafen, da wurde er schon wieder hemmungslos von seinem Handy geweckt, welches er mal wieder auf seinen Nachtschrank abgelegt hatte. Er sollte sich wirklich dringend abgewöhnen das Handy jedes Mal mit ins Schlafzimmer zu nehmen. Man hatte ja doch nie seine Ruhe und wenn es nur dämliche Werbemittel waren. Somit drehte er sich grummelnd und äußerst genervt zur Lärmquelle und ging ohne zu gucken ran. „Wehe es ist nichts Wichtiges“, brummte er sogleich und hatte seine Augen schon wieder geschlossen. „Entschuldigen Sie die Störung“, wurde sich wenigstens entschuldigt und Kyo fragte sich, woher er eigentlich die Stimme kannte. „Hm…“, brummte er nur und unterdrückte ein Gähnen. „Hier ist Nonaka, vom Kinderheim. Könnten Sie eventuell Natsuki abholen?“, wurde nicht lange um dem heißen Brei herum geredet und daraufhin schlug der Sänger auch seine Augen auf. „Was ist denn los?“, fragte gleich nach und war sofort viel wacher. „Wir mussten die gesamte Einrichtung evakuieren, können aber nicht alle Kinder in den Notunterkünften unterbringen und es wäre wirklich hilfreich, wenn sie Natsuki so lange zu sich nehmen würden, bis das Gebäude wieder bewohnbar ist.“ „Klar, wann denn?“, kam Kyo immer noch nicht ganz mit, der er ja immer noch nicht direkt wusste, was nun eigentlich passiert war. „Am besten jetzt sofort“, wurde er schon beinahe angewiesen aufzustehen. „Alles klar, dann mach ich mich mal auf den Weg“, verwirrte ihn das Ganze weiterhin, aber die Sorge um Natsuki war dann doch größer und schnell schlug Kyo die Decke zurück und schlüpfte in seine Jeans, die quer über einen Stuhl hing. Als nächstes schnappte er sich irgendein T-Shirt aus seinem Schrank und ging danach nur mal kurz ins Bad, um sich zumindest etwas Wasser ins Gesicht zu spritzen, damit er nicht komplett verpennt dort erschien. Nun griff er nur noch nach seiner Jacke, da die Nächte doch langsam schon wieder frischer wurden, nahm sich seine Schlüssel und schlüpfte aus seiner Wohnung, nachdem er sich noch schnell ein Paar Schuhe angezogen hatte. Hastig legte er den Weg zum Kinderheim zurück und von weitem sah er überall Blaulicht und etliche Feuerwehrautos stehen, die um das riesige Gebäude herum standen, aus dem es mächtig qualmte. Ein bisschen Panik überkam ihn und er hoffte wirklich, dass mit seinem Mädchen alles in Ordnung war, wobei die Heimleiterin ihn da sicherlich nicht angerufen hätte, ob er sie jetzt beherbergen konnte. Suchend schob er sich durch die vielen Schaulustigen und er konnte nicht verstehen, warum die alle gaffen mussten und sogar Fotos schossen. Kopfschüttelnd quetschte er sich zwischen zwei Jugendlichen durch, die es sich sogar wagten ihn daraufhin anzupöbeln, doch Kyo ignorierte sie, da er im Moment ganz andere Probleme hatte als pubertäre Halbstarke. Nachdem die größte Traube Menschen durchquert worden war, konnte er endlich einen Haufen kleiner Menschen ausmachen, wie sie alle auf dem Bürgersteig hockten und in Decken gehüllt waren. Die Heimleiterin stand bei ihnen, unterhielt sich aber angeregt mit anderen Erwachsenen. Allerdings sah sie auf, als hätte sie seine Anwesenheit bemerkt, und zeigte in eine Richtung, in die er anscheinend gehen sollte. Nickend zeigte er ihr, dass er verstanden hatte und machte einen Haken, genau in die angegebene Richtung. Aufmerksam schaute er sich um, bis er zusammen gekauert sein Mädchen sah. Sofort sprintete er auf Natsuki zu und hockte sich neben sie, sobald er sie erreicht hatte. „Tsuki-chan“, sagte er und drückte sie einfach an sich heran, bevor das Mädchen überhaupt hatte reagieren können. „Geht’s dir gut?“, fragte er und strich dem leicht zitternden Bündel über den Rücken. Ein zaghaftes Nicken spürte er und Kyo atmete erleichtert aus. „Gott sei Dank“, murmelte er und setzte sich mit ihr auf den Schoß auf den Bordstein. „Sie haben sie gefunden, sehr gut“, tauchte mit einem Mal die Heimleiterin vor ihnen auf. Sie sah ziemlich fertig aus und Kyo wollte jetzt wirklich nicht in ihrer Haut stecken. Er konnte sich nicht mal annähernd vorstellen, was es jetzt an Organisationstalent benötigte, um alle Kinder ordentlich unter zu bringen. „Ja. Was ist denn passiert?“, fragte der Sänger erneut nach, da er zuvor ja keine ordentliche Antwort bekommen hatte. „So wie es aussieht, ist eine Betreuerin bei einer Zigarette eingeschlafen… und was dabei raus gekommen ist, sehen Sie ja. Es scheint kein allzu großer Schaden zu sein, aber das Gebäude muss nun erst mal ordentlich wieder durchtrocknen und renoviert werden, zumindest die betroffenen Räume. Wie lange können Sie Natsuki bei sich behalten?“, fragte sie nun wieder und Kyo grinste. „Die Antwort kennen Sie doch schon“, sagte er und fuhr dem Mädchen beruhigend durch die Haare, die sich vertrauensvoll an ihn geschmiegt hatte. „Ja, aber man muss ja noch einmal nachfragen“, schmunzelte nun auch die ältere Dame und sie schien wirklich erleichtert zu sein, dass zumindest dieses Kind eine gute Übergangsunterkunft hatte, wobei Kyo innerlich hoffte, dass Zwischenzeitlich der Adoptionsbescheid kam und sie vielleicht ja gar nicht mehr von ihm weg musste. „Haben Sie denn für sie ein paar Sachen zu Hause? Im Moment können wir nämlich nichts daraus holen“, war die nächste Sorge auf ihrem Gesicht, doch da konnte der Sänger sie beruhigen. „Ja, alles da, ansonsten gehen wir eben mal Shoppen“, war das für ihn nun keine Sorge. „Alles klar. Wenn Sie möchten können Sie auch gerne wieder nach Hause gehen, wir haben ja soweit alles geklärt, wie es weiter geht, da werde ich mich bei Ihnen noch einmal melden“, verabschiedete sie sich dann ziemlich schnell von ihm und Kyo nickte. Ein paar Minuten saß er mit seiner süßen Last dann aber noch da, ehe er ihr eine Strähne aus dem Gesicht strich und sie anlächelte. „Wie sieht’s aus? Wir gehen jetzt zu mir, da stecken wir dich kurz in die Badewanne und danach heiße Milch mit Honig?“, schlug er vor. Langsam nickte Natsuki und sie kuschelte sich wieder an Kyo heran. Der stand mit ihr auf und legte dann seine Hände unter ihrem Po, während sie ihre Arme um seinen Hals geschlungen hatte. Die Decke beließ er auf dem Mädchen, da sie nur ein dünnes Nachthemdchen trug und er wollte wirklich nicht, dass sie sich vielleicht noch eine Erkältung einfing. Diesmal ein bisschen langsamer marschierte er mit ihr nach Hause und jedes Mal wenn Kyo dachte, dass seine kleine Lady eingeschlafen war, räkelte sie sich wieder und änderte ihre Position. „Sind gleich da“, murmelte er irgendwann und nach wenigen Minuten sah er wirklich schon das Gebäude, in dem seine Wohnung versteckt war. „Halt dich mal gut fest“, sagte er, als er an der Haustür angekommen war und vorsichtig suchte er sich seinen Schlüssel aus der Hosentasche. Natürlich war der bis nach ganz unten gerutscht und Kyo war wirklich erleichtert, als er ihn endlich zwischen seinen Fingern spürte. Sofort schloss er die Haustür auf und sprintete mit dem Mädchen nach oben, wo er keine Minute später die Wohnungstür aufschloss. Zuerst wurde das Licht im Flur angeschalten, dann ließ er seine Schuhe fallen und trappte mit seinem Mädchen ins Wohnzimmer, wo er sie auf dem Sofa absetzte. „Ich lass dir bisschen Wasser in die Wanne, ja?“, berichtete er gleich und ein fragender Blick traf ihn, so dass er leicht schmunzeln musste. „Du riechst ein bisschen nach Rauch, verstehst du? Das ist kein toller Geruch“, erklärte er und Kyo nahm ein Zipfel von ihrem Nachthemd und hielt es ihr unter die Nase. Sofort verzog sie das süße Gesicht und er lachte leise. „Genau und deswegen lassen wir dir bisschen was von deinem Prinzessinnenbad ein und dann duftest du wieder ganz toll“, nickte er und auch Natsuki war sofort dabei. Sie nahm sogar Kyos Hand und sie enterten zusammen das Badezimmer, woraufhin der Sänger das Wasser aufdrehte und sie bisschen was von ihrem Schaumbad ins Wasser gab. „Dann lass uns mal ein paar neue Schlafsachen für dich zusammen suchen“, zwar hatten sie hier keine direkten Schlafsachen, aber eine kurze Hose und ein einfaches T-Shirt würde sich auch hier auftreiben lassen. Und tatsächlich hatten sie wenig später was Passendes in den Händen und als das Wasser hoch genug und die richtige Temperatur hatte, setzte er das Mädchen in die Badewanne. Dort spielte sie erst etwas mit dem Schaum herum, aber da das Bad nicht wirklich beheizt war, wurde ihr recht schnell kalt und im Eiltempo shampoonierte Kyo ihr die schwarzen Haare und spülte sie dann auch gleich wieder aus. „Und nun schnell raus mit dir und ins Handtuch“, sagte er noch, bevor er sie einfach heraus hob und auf seine geschlossene Toilette setzte, wo schon ein großes Handtuch ausgebreitet war. Schnell wickelte er sie wie in einen Kokon und ein bisschen entrüstet sah sie ihn daraufhin auch an, was Kyo lachen ließ. „Tut mir leid, das wollte ich nicht“, grinste er weiterhin und zog zunächst den Stöpsel aus der Badewanne, bevor er sie gleich trocken rubbelte. Mit einem weiteren, kleineren Handtuch rubbelte er ihre Haare auch noch trocken, dann konnte sie sich auch schon wieder anziehen. Vorsichtig bürstete er noch die feuchten Haare glatt und zog daraufhin seinen Föhn hervor und blies sie trocken. Nachdem auch das erledigt war, nahm er sie wieder hoch und nahm sie mit in die Küche, wo er, wie beim letzten Mal, das Mädchen auf seinen Tresen setzte, während er die Milch warm machte. Jeweils ein Löffel mit Honig landete in den zwei Tassen und es dauerte nicht mal lange, da war die Milch warm genug und der blonde Japaner gab sie in die Tassen. „So, dann husch, aufs Sofa, ich folge“, hob er sie mit diesen Worten wieder runter und er nahm sich die beiden Tassen und brachte sie ins Wohnzimmer, wo Natsuki schon brav auf dem Sofa kniete. Vorsichtig reichte er ihr eine und behielt seine eigene in der linken Hand. „Ist dir kalt?“, fragte er noch, bevor er einen Schluck nahm, doch Natsuki schüttelte den Kopf. Probehalber hielt er kurz seine Hand an ihre kleinen Füße und merkte schon, dass sie nicht mehr wirklich warm waren. „Aber warme Füße hast du trotzdem nicht“, stellte er also klar und musste seine Tasse nun doch erst mal auf dem Tisch abstellen. Dann nahm er sich eine Decke und legte sie zumindest über die nackten Füße der Kleinen, schließlich wollte er danach keine Beschwerden haben. Nun zufrieden nahm er sich wieder seine Tasse und lehnte sich zurück, um seine Milch zu genießen. Gleichzeitig überlegte er sich, ob er Kaoru nicht noch Bescheid sagen sollte, dass er Morgen, oder eher dann später, wohl nicht rechtzeitig im Studio sein würde. Kurzerhand stand er noch mal auf und holte sein Handy aus dem Schlafzimmer, welches er vorhin einfach nur auf sein Bett geschmissen hatte. Im Gehen schrieb er seinem Leader nun, dass er morgen nicht pünktlich sein wird und auch, dass sie die kleine Lady mit dabei haben werden, warum, dass würde er ihm morgen vor Ort erklären. Als das erledigt war, nahm er seinen Platz wieder ein und grinste, als er sah, das Natsuki einen ordentlichen Milchbart hatte und als dann noch die kleine Zunge hervorschnellte und es abschleckte, war es um ihn geschehen. Schnell zückte er sein Handy und konnte gerade noch rechtzeitig ein Foto schießen, woraufhin Natsuki ihn leicht pikiert ansah. Lachend zerwuselte er ihr die Föhnfrisur und nahm sich dann endlich wieder seine Tasse, um sie ebenfalls zu leeren, genau wie die kleine Lady es schon getan hatte. Die leeren Tassen ließ er diesmal einfach auf dem Tisch stehen und Kyo sah zu dem Mädchen. „Lass uns schlafen gehen, ich muss morgen wieder arbeiten“, seufzte er und breitete seine Arme aus um ihr zu bedeuten, dass sie auf seinen Schoß krabbeln sollte. „Und du kommst morgen mit mir mit. Wenn es klappt, kannst du da bestimmt den ganzen lieben, langen Tag am Klavier sitzen“, erzählte er weiter, während sie tatsächlich zu ihm kam und dann auch gleich kräftig nickte und ihn anstrahlte. „Sehr gut, willst du in deinem Zimmer schlafen?“, fragte er und bekam sofort ein energisches Kopfschütteln. „Na gut, aber nur noch heute, weil das eine doofe Nacht bis jetzt war“, grinste er und stand mit ihr auf. Immer wollte er sie nicht bei sich schlafen lassen, da er es nicht gut fand, auch wenn ab und an mal eine Nacht kein Problem darstellen sollte. Also lief er mit ihr in seine vier heiligen Wände und schloss hinter ihnen die Tür. Vorsichtig ließ Kyo Natsuki auf dem Bett runter und hob dann seine Decke an, unter die sie sich gleich verkroch. „Aber bisschen Platz brauche ich auch noch“, lachte er, da sie sich wirklich ganz auf seiner Seite breit gemacht hatte. Frech grinsend schüttelte sie den Kopf, krabbelte dann aber doch ein Stück zur Seite, damit er sich wenigstens an den Rand quetschen konnte. Kyo legte sich auf den Rücken und das kleine Mädchen kuschelte sich einfach auf seinem Oberkörper ein. Schnell stellte er den Wecker wenigstens auf um Neun, damit er zumindest nur zwei Stunden zu spät kam, und driftete nach einem kurzen Gähnen recht schnell in den Schlaf ab, genau wie Natsuki, die auch recht flott eingeschlafen war. Kapitel 28: Achtundzwanzig -------------------------- Von lautem Vogelgezwitscher wurde Kyo am Morgen aus dem Schlaf gekitzelt und noch ein bisschen faul drehte er sich etwas, um noch einmal eine gemütliche Position zu finden. Daraufhin driftete er wieder ein wenig weg und rührte sich erst eine gute halbe Stunde später wieder. Dann gähnte und streckte er sich zunächst, bis er endlich mal seine Augen aufschlug und Natsuki neben sich im Bett sitzen sah, die ihr Buch auf dem Schoß hatte und sich die Bilder ihrer Familie ansah. Ein Schmunzeln legte sich auf sein Gesicht und er beobachtete sie zunächst etwas, bis er sie leise begrüßte. Daraufhin sah Natsuki auf und lächelte ihn an. Erfreut darüber streckte Kyo sich noch einmal und richtete sich dann auf, um zu sehen, wie spät es war, da der Wecker sich noch gar nicht gemeldet hatte. Als er auf seine Uhr sah, bekam er allerdings einen mörderischen Schreck, da es schon kurz nach elf war und er schon vor zwei Stunden aufstehen wollte. Fassungslos, wie das überhaupt passieren konnte, sprang der Sänger aus dem Bett, hüpfte in Windeseile unter seine Dusche und durchzog sein Hygieneprogramm in einem atemberaubenden Tempo. Mit der Zahnbürste im Mund schnappte er sich dann Natsuki, die ein bisschen bedröppelt in seinen Armen hing, als er sie ins Badezimmer schleppte und ihr dort ebenfalls die Zahnbürste hin hielt. „Wia müffen unf biffen beeiln“, versuchte er so deutlich wie möglich zu sprechen und schrubbte sich ordentlich seine Hauer, bis er seinen Mund ausspülte. „Ich geh mich schnell anziehen und bringe dir auch gleich an paar Sachen mit“, sagte er noch, da Kyo bis jetzt nur ein Handtuch um seine Hüften hatte und verschwand erneut in seinem Schlafzimmer, wo er sich wieder die Jeans schnappte und sich ein frisches Shirt aus dem Schrank zog, zuvor sich aber noch eine Shorts an den Körper warf. Dann war er mit wenigen Schritten schon in Natsukis Zimmer, welches er schon lange nicht mehr als eigentliches Gästezimmer ansah und suchte ihr auch ein paar Sachen raus, die er ihr gleich ins Bad brachte. Zum Glück war diese dort schon mit Zähneputzen fertig und da sie zum Gesicht waschen noch etwas zu klein war, half er ihr dabei, bevor ihr Gesicht trocken gelegt wurde und Natsuki ihre Sachen anzog. Schnell zauberte er ihr noch einen kleinen Zopf an den Hinterkopf, dann waren sie beide fertig und bereit zum Aufbruch. Das Frühstück blieb allerdings auf der Strecke, was Kyo nicht so richtig passte. Aber da mussten sie sich unterwegs eben was besorgen, wobei er da sicherlich gleich für alle etwas mitbringen könnte, da es bereits Mittag war und die Jungs sicherlich auch langsam Kohldampf bekamen. Hand in Hand liefen sie also durch die Straßen und bei seinem Lieblingsschnellrestaurant machten sie kurz einen Abstecher und Kyo holte für sie Sechs was Ordentliches zum Essen. Das dauerte allerdings auch wieder seine Zeit und nach einer guten halben Stunde und mit vollen Tüten, verließen sie den Laden wieder. Natsuki half freiwillig beim Tragen und nach ein paar Minuten hatten sie es endlich bis zum Studio geschafft. Kyo konnte sehen, dass das Kinderheim noch nicht wieder frei gegeben war, da mittlerweile Polizisten drum herum standen und eine Feuerwehr war immer noch da. Aber das sollte ihm jetzt egal sein, denn er lotste das Mädchen in den Fahrstuhl und damit in die passende Etage. Auf der Richtigen waren sie denn recht schnell aus dem Fahrstuhl geklettert und ohne zu klopfen schmiss Kyo die Tür zu ihrem Arbeitsbereich auf, so dass Toshiya beinahe von seinem Stuhl flog, da dieser sich so erschrocken hatte. „Boah Kyo, jeder normale Mensch schiebt die Tür human auf“, beschwerte er sich gleich und fasste sich an die Brust. „Wie gut, dass ich nicht normal bin“, zuckte er mit den Schultern und stellte das Essen auf den Tisch. „Sorry für die Verspätung, ich hab den Wecker wohl überhört, aber dafür haben wir was zu essen mit gebracht“, entschuldigte er sich dann erst mal und nahm Natsuki die Tüte ab, die damit herum stand. „Wir?“, fragte Daisuke, der aus seiner dunklen Ecke kam, grinste dann aber, als er das Mädchen sah. „Tsuki-chan, was machst du denn hier? Schlag ein“, störte ihn die kleine Lady anscheinend überhaupt nicht, denn er hielt ihr seine Hand hin und grinsend schlug sie dagegen. Grinsend schüttelte der Sänger seinen Kopf, aber ihm war es ganz recht so. „Schön, dass du auch mal den Weg hier her findest“, brummte Kaoru ein wenig und Kyo seufzte. „Sorry, ich hab mir den Wecker auf neun gestellt, ehrlich, aber irgendwie…“, zuckte er mit den Schultern „… als ich wach geworden bin, war es schon kurz nach elf…“, konnte er es nun auch nicht mehr ändern. „Aber jetzt bin ich da“, nickte er und rieb sich die Hände. „Wenn es euch aber nichts ausmacht, würde ich erst mal die Mittagspause in Anspruch nehmen, ich hab mächtig Hunger und bevor es kalt wird…“, sah der Sänger in die Runde und konnte gerade so noch erkennen, wie Kaoru seine Augen verdrehte, dann aber zustimmte. „Meinetwegen, wenn du hungrig bist, bist du schließlich nicht du selbst“, grinste er dann sogar und Kyo lachte. „Genau so sieht‘s aus“, also verteilte Kyo die Boxen, von denen er wusste, was wer gerne aß und reichte dann auch Natsuki ihre, die noch etwas abseits stand. „Na komm her, du kennst die Bande doch schon, nicht so schüchtern“, schmunzelte er und zog sie am Ende an seine Seite. „Warum ist sie nun eigentlich hier? Ist was mit dem Kinderheim?“, fragte Kaoru, nachdem sie einige Minuten schweigend vor sich hin gegessen hatten. „Hm…“, machte Kyo erst, bevor er hinunter schluckte. „Da muss gestern Abend anscheinend eine Erzieherin mit Zigarette eingeschlafen sein. Das heißt, es brannte, soweit ich informiert bin und als die Nacht dort war, um Natsuki zu holen, qualmte es auch noch mächtig“, erzählte er das, was er wusste. „Haben die dich angerufen, oder wie?“, bohrte Kaoru weiter und der Sänger nickte. „Ja, ich lag grad im Bett, da klingelte das Telefon“, murmelte er mit vollem Mund und kaute schnell runter „Die Heimleiterin meinte, ob ich Natsuki aufnehmen könne, ziemlich doofe Frage, wenn ihr mich fragt, aber egal. Ich hab sie abgeholt und fertig. Und solange das Gebäude nicht wieder bewohnbar ist, so lange wird sie auch bei mir bleiben.“ „Und was ist, wenn du vorher den Adoptionsbescheid bekommst?“, mischte Toshiya nun mit und Kyo grinste. „Das wäre umso besser, denn da müsste ich sie nicht erst wieder für eine Weile weg geben, sondern hätte sie gleich bei mir“, wäre es dem Sänger nur recht. „Stimmt“, nickte dann auch der Bassist und machte sich wieder über seine Futterration her. „Aber du weißt schon, dass du sie nicht immer mit hier her nehmen kannst, oder?“, kam der Skeptiker in ihrem Leader wieder durch und Kyo seufzte leise. „Ja, das ist mir schon klar, aber so lange noch nichts konkretes fest steht, wie es nun weiter geht, wird sie wohl erst mal jeden Tag mit hier her kommen. Vielleicht nimmt Yuna sie ja ab und an mal, die Kleine kommt ja ganz gut mit Whisky klar, ansonsten parken wir sie hinter dem Klavier“, befand Kyo es jetzt nicht gerade als schlimm. „Na wenn du das sagst…“, murmelte ihr Leader und der Sänger nickte. „Und wie ich das sage“, grinste er noch und machte sich über den Rest seines Essens her. Und wie gesagt, setzten sie Natsuki nach dem Essen hinter das große Klavier und nach ersten Anlaufschwierigkeiten hatte sie den Dreh auch bald wieder raus. Somit wurden sie mit leiser Melodie berieselt, auch wenn die Kinderlieder manchmal etwas verstörend wirkten, da sie sich nicht so ganz mit ihrer Musik vertragen wollten. Irgendwie regte es aber auch Kyos Muse an und seine Texte flossen mal wieder nur so aus ihm heraus und die ganze Band war an diesem Nachmittag beinahe Produktiver, als wenn sie von früh bis abends im Studio saßen. Ein Herzhaftes, aber liebliches Gähnen ließ Kyo am Abend aufsehen und kurz schaute er sich um, ehe er Natsuki entdeckte, die sich auf dem Sofa zusammen gerollt hatte und gegen ihre schweren Augenlider ankämpfte. Leider waren sie aber noch nicht ganz fertig und sie alle wollten ihre angefangene Arbeit zumindest noch so weit wie möglich zum Ende bringen. Kyo stand dann einfach von seinem Platz auf und schnappte sich die Decke, die immer im Studio herum lag. Vorsichtig deckte er die kleine Lady zu und strich hier kurz durch die weichen Haare. „Du kannst ruhig etwas schlafen, das dauert hier leider noch ein bisschen“, sagte er leise und der Sänger hoffte, dass sie es ihm nicht krumm nahm. Doch sie gähnte nur noch einmal und nickte, bevor Natsuki ihre Augen nun ganz schloss. Schmunzelnd begab Kyo sich wieder auf seinen Platz, damit sie die Arbeit endlich und vor allem schnell hinter sich bringen konnten. Kapitel 29: Neunundzwanzig -------------------------- Müde, aber durchaus befriedigt und glücklich schloss Kyo spät abends die Haustür auf, linste noch einmal in den Briefkasten, wo er doch ein bisschen Post drinnen fand und lief dann die Stufen nach oben, zu seiner Wohnung. Während er eine Stufe nach der anderen hinter sich brachte, schaute er sich die einzelnen Prospekte, welche oben eh gleich in das Altpapier wandern würden, und Briefe an. Einige sahen mal wieder schwer nach Rechnungen aus, welche somit jetzt nicht unbedingt seine Aufmerksamkeit erregten. Einzig der letzte Brief schien von interessanter Bedeutung zu sein, da es da scheinbar um die Adoption ging, zumindest sagte ihm der Absender das. Bevor er aber den Brief noch im Flur aufreißen konnte, ging erst mal das Licht aus und Kyo geriet kurz ins Straucheln, konnte sich aber noch fangen. Blinzelnd stand er nun in vollkommener Dunkelheit und für einen Moment beschleunigte sich sein Herz, bis er sich selbst gut zuredete und nach einem kleinen, orangenen Licht suchte, welches auf einen Lichtschalter hin deutete. Vorsichtig suchte er mit einer Hand die Wand, die er recht schnell fand, indem er sich zunächst ordentlich die Fingerknöchel auf ratzte. „Verdammt“, brummte er ein bisschen zu laut, denn es schallte gleich in dem leeren Hausflur, aber ansonsten blieb alles ruhig und vor allem dunkel. Gut, also die Wand hatte er schon mal gefunden, somit erklomm er ganz langsam Stufe für Stufe und entdeckte sogar recht schnell ein orangenes Leuchten. Da er aber nicht übereilt handeln wollte, zwecks den Spitzen Stufen, die sich sonst bestimmt sehr leicht in seine Haut rammen würden, ging er genauso vorsichtig und langsam weiter, bis er endlich an dem dämlichen Lichtschalter angekommen war. Schnell drückte Kyo drauf und er war mehr als nur erleichtert, als der Flur wieder hell erleuchtet wurde. Nun sputete er sich aber und ließ sich nicht mehr ganz zu viel Zeit, denn Yuna wollte sicherlich auch mal nach Hause. Diese hatte an diesem Abend nämlich auf Natsuki aufgepasst, da Dir en grey ein Konzert hatte und Kyo das Mädchen ja schlecht alleine zu Hause lassen konnte und mit zum Konzert wollte er sie auch nicht nehmen, da die Kleine die halbe Woche schon bei ihnen im Studio geschlafen hatte, zumindest zum Teil. An seiner Wohnungstür angekommen steckte er sogleich den Schlüssel ins Loch und drehte ihn nach rechts, worauf die weiße Tür aufsprang. Leise stieß der Sänger sie weiter auf, schlüpfte schnell hindurch und schloss sie ebenso leise. Im Flur entledigte er sich schnell seiner Schuhe und Jacke und schlich ins Wohnzimmer, wo Yuna vor dem Fernseher saß und Whisky die Ohren kraulte, der doch tatsächlich mit auf seinem sauberen Sofa hockte. „Der Hund gehört nicht aufs Sofa“, war seine Begrüßung und Yuna warf als Antwort die kleine Schüssel Popcorn von ihrem Schoß, so dass alles ordentlich durch sein Wohnzimmer flog. „Meine Güte, erschreck mich doch nicht so“, war für einen Moment alle Farbe aus ihrem Gesicht gewichen und Yuna atmete schnell ein und aus. „Ich dachte du hast mich gehört, aber wenn ich mich bei anderen auch so häuslich einrichten würde, dann würde ich wahrscheinlich auch die Tür nicht wahr nehmen“, antwortete der Sänger nur trocken und ging in die Küche, um Besen und Schaufel zu holen, die er der immer noch überfahrenden Yuna in die Hand drückte. Die starrte die Geräte nur komisch an und schenkte denselben Blick dem Älteren. „Was?“, fragte er nach und sah sie verständnislos an „Ich hab die Sauerei nicht veranstaltet, also kehre ich den Mist auch nicht auf“, deutete er auf das Popcorn am Boden. „Und den Staubsauger kann ich ja jetzt schlecht raus holen“, fügte er noch hinten dran und scheuchte dann zunächst den dicken Hund von seinem Sofa, da der immer noch drauf thronte, als wäre er der King schlecht hin. Der blaffte ihn kurz an und Kyo funkelte zurück. „Hör auf zu meckern, such dir dein eigenes Sofa, das ist meins und da hast du nix drauf zu suchen“, blubberte er den Hund an und strich ein paar Hundehaare herunter. Toll, nun durfte er morgen erst mal sein Sofa von dem lästigen Fell befreien, das hatte ihm noch gefehlt. „Ist denn alles in Ordnung gewesen?“, fragte Kyo nach, nachdem endlich jedes Krümelchen Popcorn von seinem Boden aufgekehrt worden war und er die Kehrschaufel und den Besen wieder in die kleine Nische verstaut hatte, wo er sie immer aufbewahrte. Er nahm sich ein Wasser aus dem Kühlschrank und ging wieder ins Wohnzimmer, in welches sich Yuna auch wieder verzogen hatte. „Ja, am Anfang war sie ein bisschen zickig, meiner Meinung nach, aber es ging dann, ich glaube Whisky hat da auch bisschen geholfen“, schilderte sie sogleich und Kyo zog eine Augenbraue nach oben. „Wieso zickig?“, fragte er nach, denn bei ihm war Natsuki ja eher pflegeleicht. „Erst stand ihr das Abendessen nicht an, dann wollte sie nur ungern in die Badewanne und ins Bett ging sie auch nur, weil Whisky mit hinein gesprungen ist.“ „Dein Hund war in ihrem Bett?“, fragte Kyo. „Ja?“, fragte sie und Yuna sah doch ein bisschen eingeschüchtert aus. „Das Tier hat weder auf meinem Sofa, noch in irgendeins meiner Betten etwas zu suchen“, stellte er klar. Prinzipiell hatte er nichts gegen den Mops, trotzdem war er gegen Tiere in oder auf seinen Möbelstücken. „Okay, ist ja gut, ich hab‘s verstanden“, hob sie dann abwehrend ihre Hände „Kann ich ja nicht wissen.“ „Für mich ist das eine Selbstverständlichkeit, wenn ich irgendwo anders bin“, grummelte Kyo und fuhr sich durchs Gesicht. „Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich dich jetzt auch bitten zu gehen“, sagte er dann, auch wenn es nicht die feine englische Art war, eine Frau nachts und vor allem alleine nach Hause zu schicken. Aber er wollte noch einmal nach Natsuki sehen, den Brief öffnen und dann nur noch seine Ruhe haben. „Nein, ist okay“, schien es Yuna aber zum Glück nicht viel auszumachen und sie erhob sich sogleich. „Kannst dich ja kurz melden, wenn du zu Hause bist, nicht dass sie dich irgendwo noch weg schnappen“, bot er ihr an, damit er zumindest nicht ganz so unbesorgt wirkte. „Glaubst du wirklich? Die bringen mich doch gleich wieder, mit noch ein paar Geldscheinen dazu, damit sie mich ja los werden“, grinste sie frech und Kyo erwiderte es. „Das hast du jetzt gesagt“, wies er aber gleich jede Schuld von sich und führte Yuna zur Tür, wo Whisky schon wartete, der beleidigt in den Flur getrottet war, nachdem Kyo ihm vom Sofa geschubst hatte. „Dann kommt gut nach Hause und danke, dass du auf Natsuki aufgepasst hast“, hatte er trotzdem nicht seinen Anstand vergessen und bedankte sich höflich. „Kein Problem, immer wieder gerne“, lächelte Yuna und umarmte den Sänger einfach. Kyo versteifte sich und wusste vor Schreck gar nicht, wie er sich verhalten sollte. Ein wenig steif klopfte er Yuna auf den Rücken und schob sie dann sanft von sich. Leicht räuspernd nickte er und schloss kurz darauf die Tür hinter sich und atmete tief durch. Das eben war ein bisschen schräg, aber gut, sicherlich nur eine spontane Aktion von Höflichkeit von ihr gewesen. Kyo drehte sich wieder um und bekam den nächsten Schreck, als er Natsuki hinter sich stehen sah, die ihn ein bisschen komisch anschaute. „Tsuki-chan, du bist ja wach“, stellte er fest und hockte sich vor sie hin. Ihr Blick wanderte noch einmal kurz zur Tür, als bestünde die Gefahr, dass noch jemand herein kommen könnte, dann nickte sie und schmiegte sich an Kyo, der natürlich gleich seine Arme um sie schloss. „Na komm, bringen wir dich wieder ins Bett“, murmelte er, bevor er mit ihr einfach aufstand und sie wieder in ihr Zimmer trug, wo die benutzte Betthälfte mächtig zerwühlt war. Sanft setzte er sie auf dem Bett ab und hielt die Decke hoch, damit sie drunter kriechen konnte. Als sie bequem lag, deckte der Sänger das Mädchen wieder richtig zu und strich ihr eine Strähne aus der Stirn. „Soll ich dir noch etwas vor singen?“, fragte er und blieb weiterhin auf der Bettkante sitzen, auf welcher er sich nieder gelassen hatte. Sofort nickte sie und Kyo schmunzelte, woraufhin er dann auch gleich ein leises Lied anstimmte, welches Natsuki wieder ziemlich schnell ins Land der Träume schickte. Zärtlich drückte er ihr noch ein Küsschen auf die Stirn und verließ leise das Zimmer, ließ die Tür aber wieder angelehnt. Kurz streckte der Sänger sich, ehe er sich den Brief von der Kommode im Flur schnappte und ihn mit ins Wohnzimmer nahm, wo sein Brieföffner irgendwo herum lag. Nach kurzer Suche war der schnell gefunden und ritzte den Umschlag auf. Mit flinken Fingern zog er den dünnen Brief heraus und so schnell sie konnten überflogen seine Augen die Zeilen, bis Kyo alles gelesen hatte und grinsend den Brief wieder sinken ließ. Bingo, ab dem 16. Oktober würde sie endlich für immer bei ihm sein. Kapitel 30: Dreißig ------------------- Zwei Tage nach dieser erfreulichen Nachricht, saß Kyo mit seinen Jungs wieder in ihrem Studio und sie hörten sich aufmerksam die letzten Vorkehrungen für ihr nächstes Musikvideo ‚Unraveling‘, von ihrem Produzenten, an. Soweit war alles geklärt, bis auf eine Sache. Sie hatten immer noch nicht ein passendes Mädchen gefunden, welches einzelne Szenen mitspielen sollte. Sie hatten schon einige vorgestellt bekommen, doch keines hatte sie überzeugt und sie waren doch alle recht frustriert, da der Dreh morgen eigentlich schon los gehen sollte. „Und was ist mit Natsuki?“, schlug Toshiya irgendwann vor und alle sahen ihn an. Dir en grey überrascht, der Produzent eher verwirrt. „Wer ist denn Natsuki?“, wollte dieser auch gleich wissen, wirkte dann aber recht neugierig. „Das ist meine… Adoptivtochter, zumindest in fünf Wochen…“, antwortete Kyo und nun sah seine Band aus wie vom Blitz getroffen. „Wann wolltest du uns das denn erzählen?“, war das Video natürlich gleich zur Nebensache geworden und Kyo seufzte. „Keine Ahnung, in einer ruhigen Minute wahrscheinlich“, gab er zu. „Und seit wann weißt du das?“, hakten sie weiter nach und nun musste Kyo grinsen. „Seit vorgestern Nacht.“ „Geht’s vielleicht ein bisschen präziser?“, verdrehte Kaoru seine Augen, wahrscheinlich, weil er dem Sänger wieder jedes Wort aus der Nase ziehen musste. „Mein Gott, was ihr auch immer alles wissen wollt“, verdrehte er nun die Augen. „Wir sind deine Freunde, Kyo, natürlich wollen wir alles wissen“, grinste Daisuke ihn jetzt an. „Freunde? Ihr seid Hyänen, wenn es um Tratsch geht“, schüttelte er seinen Kopf, musste aber doch grinsen, da er ihre Fürsorge ja trotzdem zu schätzen wusste. Da es dem Produzenten scheinbar aber langsam zu bunt wurde, räusperte er sich etwas lauter und erhaschte somit endlich mal wieder die Aufmerksamkeit der Band, die gerade eher wie kleine Kinder wirkten und nicht wie erwachsene Männer, die hier eigentlich ein Problem zu klären hatten. „Was ist nun mit dieser Natsuki?“, fragte er und schaute zu den anderen fünf. „Moment, ich hole sie“, stand Kyo gleich auf und wuselte zu Yuna, da er sie dort geparkt hatte, weil ihr Klavierspiel nicht unbedingt passend gewesen wäre, zumindest nicht bei diesem Gespräch. Wie immer klopfte Kyo an, wartete aber auf keine Antwort. „Immer rein, du weißt, die Tür steht dir jederzeit offen“, sah Yuna nicht mal von ihrer Arbeit auf, was Kyo nun auch nicht gerade interessierte. „Ich weiß, mein Glück, sonst wäre ich schon öfters gegen die Tür gedonnert“, erwiderte der Sänger nur und hockte sich gleich zu Natsuki, die Whisky schon wieder in der Mache hatte und ihn scheinbar beibrachte, wie man Pfötchen gab. Tatsächlich war der Hund gar nicht so doof, wie er aussah, er schien einfach nur faul zu sein. „Tsuki-chan, würdest du mal kurz mir rauf kommen, wir wollen dich etwas fragen?“, sofern der Produzent einverstanden war. Daraufhin sah die Kleine auf, nickte dann aber und sie tätschelte noch schnell den Kopf des Hundes, bevor sie aufstand und Kyo an die Hand nahm. Ein bisschen bedröppelt schaute der Hund ihr hinterher und der Sänger lachte. „Du kriegst sie gleich wieder, aber ich brauch sie mal kurz“, sprach er zu dem Hund und verließ dann das Zimmer, mit Natsuki. Der Weg zum Studio war schnell zurück gelegt und wenige Minuten später betrat Kyo mit dem Mädchen das Zimmer. „So, das ist Natsuki“, sagte er sogleich und ging mit ihr zu dem großen Tisch, wo alle rings herum versammelt saßen. Schüchtern schaute sie hoch und Kyo zog sie dann einfach auf seinen Schoß, als er sich niedergelassen hatte. „Hallo Natsuki“, wurde sie von ihrem Produzenten auch gleich begrüßt und nach schweigendem Starren winkte sie dem älteren Mann dann einfach. „Vom Alter her würde sie passen“, sagte dieser nach kurzem Überlegen und beschaute sich das Mädchen, welches sich etwas mehr an Kyo drückte. „Ja“, nickte er nur und strich dem Mädchen etwas beruhigend über die Seite. „Soll ich sie mal fragen?“, wollte der Sänger dann aber wissen und bekam gleich zur Antwort ein Nicken. „Tsuki-chan?“, fragte er also und wartete ab, bis sie ihn ansah. „Hättest du Lust morgen mit uns ein Video zu drehen?“ Mit großen Augen sah sie ihn daraufhin an, wirkte aber ein bisschen unsicher. „Du musst nicht, wenn du nicht willst“, blieb Kyo ruhig, sah sie aber weiterhin fragend an. Doch dann nickte sie und murmelte ein leises „Ja“, was den Sänger grinsen ließ. „Da haben wir unser Mädchen“, griente er dann in die Runde und war doch schon ein bisschen stolz auf sie. Als das nun geklärt war, durfte der blonde Japaner sie wieder zu Yuna schaffen, die nun gar nichts mehr sagte, als der Sänger wieder in seiner üblichen Manier in ihr Büro geplatzt kam. Das Mädchen verkrümelte sich gleich wieder zu Whisky und Kyo sprintete wieder zurück zum Meeting, wo noch die letzten Kleinigkeiten geklärt wurden. „Ich gehe dann übrigens noch zum Friseur“, teilte er gleich mit, bevor sie sich auflösten, nicht das es am nächsten Tag wieder Theater gab, wenn er aus einer Laune heraus mal wieder seine Haarfarbe oder seinen Haarschnitt verändert hatte. Zwar passierte das nicht mehr so oft, wie noch vor zehn Jahren, aber manchmal kam diese Angewohnheit doch noch durch und da konnte Kyo auch nichts dagegen machen, außer seinen Friseur des Vertrauens besuchen. „Na das kann ja noch was werden“, murmelte ihr Produzent daraufhin wenig begeistert und war mit diesen Worten dann auch aus der Tür verschwunden, was Kyo grinsen ließ. „Ich glaube der hat jetzt Angst, wie du morgen da auftauchen wirst“, schaute Kaoru auch leicht amüsiert aus der Wäsche, ließ sich davon aber nicht weiter anheben, kannten sie ihren Sänger doch nur so. „Ach was, der tut ja gleich so, als würde ich morgen plötzlich mit Glatze ankommen“, machte Kyo eine wegwerfende Bewegung. „Ganz so unwahrscheinlich ist das ja schließlich auch nicht“, konnte der Leader ihren Produzenten da scheinbar sogar verstehen. Kapitel 31: Einunddreißig ------------------------- Tatsächlich hatte der Sänger sich nicht für eine Glatze entschieden, sondern lediglich seine Seiten ließ er sich ausrasieren und sein Haar wieder schwarz färben. Da seine Haare schon wieder ziemlich lang gewachsen waren, passte das ganz gut zu einem Undercut und dafür hatte er sich letztlich auch entschieden. Also wurde ihm ein Umhang verpasst und dann ging es auch schon los. Natsuki wurde neben ihm in einen Frisierstuhl verfrachtet und sie hatte einen Berg Kinderbücher auf den Schoß bekommen, welche sie auch geduldig durchblätterte, sie aber scheinbar nicht vom Hocker rissen, denn sehr begeistert sah sie dabei wirklich nicht aus. Kyo war noch gar nicht zur Hälfte fertig, da schob das Mädchen die Bücher auf die Ablage vor sich und beguckte sich dann im Spiegel. Einzelne Strähnen hob sie hoch, legte ihren Kopf ab und an schief und am Ende streckte sie sich selbst sogar die Zunge raus. Der Sänger beobachtete das aus dem Augenwinkel und er musste sich wirklich ein Lachen verkneifen, als er das Mädchen so herumalbern sah. „Bekommen Sie eigentlich nur einen neuen Haarschnitt, oder die kleine Maus auch?“, wurde er gefragt, während die Friseurin ihm die Farbe einmassierte und Kyo musste zugeben, darüber hatte er noch gar nicht nach gedacht. „Eigentlich nur ich, aber vielleicht möchte sie ja auch die Haare geschnitten haben“, murmelte er und rief dann Natsuki zu sich, die sogleich vor ihm auftauchte. „Möchtest du deine Haare auch ein bisschen schneiden lassen?“, fragte er sogleich und fuhr ihr durch die weiche Mähne, die in den letzten Wochen auch schon an Länge zugenommen hatte. Allerdings wirkte sie auch immer etwas zerzaust, was dem Sänger selbst auch schon aufgefallen war, da ihr Friseur scheinbar nicht gerade der Ordentlichste war. Mit glänzenden Augen sah sie ihn daraufhin an und Natsuki nickte, was Kyo jetzt doch zum Lachen brachte. „Das heißt wohl ja, also bekommt die kleine Lady auch einen neuen Schnitt“, beschloss er. Fünf Minuten später saß Natsuki dann wieder auf dem Nachbarstuhl und sie wurde auch schon ordentlich fürs Haareschneiden präpariert. Ganz geduldig saß das Mädchen im Stuhl, hatte aber jede Bewegung der Friseurin im Blick, damit auch ja nichts schief gehen konnte. Kyo amüsierte das prächtig, doch er griff nicht ein, schließlich tat es ja niemanden weh. Wenig später wurde ihm dann schon die Farbe aus den Haaren gewaschen und eine ordentliche Pflegespülung bekam er auf noch und nicht zu vergessen, die Kopfmassage, die jedes Mal das Beste an der ganzen Sache war. Irgendwann war die Farbe ausgewaschen und Kyo bekam einen Turban aus einem Handtuch auf den Kopf gesetzt, welches alles Wasser auffing. Vorsichtig trocknete die Dame das Haar so gut es ging und als sie soweit zufrieden war, legte sie das feuchte Handtuch weg und kämmte zunächst seine Haare durch, die ihm dann wunderbar in den Augen hingen. Gekonnt teilte sie sein Haar in mehrere Teile und dann fiel das Fell auch schon zu Boden. Als seine Friseurin den Rasierer ansetzte, schaute Natsuki erschrocken zu ihm hinüber und es wirkte beinahe so, als wollte sie von ihrem Stuhl springen und der anderen Frau den Rasierer aus der Hand nehmen. „Alles gut Tsuki-chan, das muss so sein“, beruhigte er das Mädchen, bevor sie wirklich noch vom Stuhl sprang und ihr vielleicht noch ein schrecklicher Schnitt verpasst wurde. Zwar blieb sie daraufhin weiter auf ihrem Stuhl sitzen, aber beruhigt sah trotzdem anders aus. Aber da musste sie nun durch, schließlich waren es ja nicht die Haare des Mädchens, sondern die des Sängers. Außerdem wuchsen die doch eh wieder nach, von daher… Natsuki war dann sogar etwas eher fertig als der Sänger, aber sein Schnitt hatte doch etwas mehr Fingerspitzengefühl verlangt und lieber saß Kyo eine halbe Stunde länger auf dem Stuhl, als wenn er danach aussah wie ein Eichhörnchen, welches unter einen Rasenmäher gekommen war. Doch irgendwann war auch er fertig und nach ein wenig zuppen befand er es für gut und sah dann Natsuki an. „Nimmst du mich so mit?“, fragte er und Kyo drehte seinen Kopf einmal in jede Richtung, damit die kleine Lady auch alles genau beschauen konnte. Diese tat tatsächlich so, als müsse sie stark überlegen, nickte dann aber und zeigte ihm den Daumen nach oben, nachdem sie auch wirklich sehr kritisch drein geblickt hatte. „Na was ein Glück, nun zeig dich mal her“, verlangte er dann und wie er zuvor, präsentierte sich das kleine Mädchen und ihr schien die neue Frisur richtig zu gefallen. „Du bist ja richtig chic“, gefiel ihm die Frisur der Kleinen wirklich gut und der, nun nicht mehr blonde, Japaner musste den Drang niederringen ihr durch die schön frisierten Haare zu wuscheln. Da sie sich beide auch wirklich so der Öffentlichkeit stellen konnten, ging Kyo mit ihr zur Kasse, bezahlte und dann waren sie auch schon unterwegs und steuerten zielsicher seine Wohnung an. Den Nachmittag hatte er frei und Kyo war darüber alles andere als böse. Am Ende waren sie aber dann doch nicht in seiner Wohnung gelandet, sondern sie waren an der Shoppingmall hängen geblieben. Und da Natsuki ja eh bald bei ihm wohnen würde, wuselten sie durch die Geschäfte und die Kleine suchte sich aus, was ihr gefiel. Hauptsächlich waren es erst mal nur Klamotten, aber auch die wurden benötigt, weswegen Kyo sich nicht lumpen ließ. Er ließ Natsuki freie Hand, außer die Klamotten sahen so schräg oder fürchterlich aus, dass sie ihm überhaupt nicht gefielen. Zu seinem Glück machte sie dabei auch nicht mal großartig Theater und somit hatte der Sänger leichtes Spiel. Am späten Nachmittag brauchte er dann aber doch mal eine Pause und er lockte die kleine Lady in ein verstecktes Eiscafé, wo er sie mit einem Biene-Maja-Eisbecher ruhig stellte und er sich in der Zeit einen Kaffee gönnte. Sie knusperte in Ruhe die Smarties, die im Becher vorhanden waren und Kyo selbst beobachtete sie ein wenig. Er konnte es immer noch nicht richtig glauben, dass sie in knapp fünf Wochen wirklich seine Tochter sein sollte. Aber er freute sich auf die Zeit mit ihr, auch wenn sie bestimmt nicht immer einfach werden würde. Aber hey, er war als Kind auch nicht immer wirklich leicht zu handhaben gewesen, aber seine Eltern haben auch ihn groß bekommen und er würde sich sogar soweit aus dem Fenster lehnen und sagen, dass aus ihm ja doch noch was recht anständiges geworden war. „Weißt du, was ich dir noch gar nicht erzählt habe?“, fragte er sie dann, nachdem sie erneut einen Smartie zerbissen hatte und genüsslich drauf herum kaute. Bisschen verwundert, dass er sie nach einer ganzen Weile ansprach, sah sie auf und schüttelte dann ihren Kopf, so dass ihre Haare nur so flogen und sogar eine Strähne an den kleinen Lippen hängen blieb. Schmunzelnd strich er sie bei Seite und ihr die Haare hinters Ohr. „In fünf Wochen darfst du offiziell bei mir wohnen. Das heißt, du musst nicht mehr zurück ins Kinderheim“, erklärte Kyo ruhig und wartete gespannt ab, was sie dazu sagte. Er hatte von vornherein mit Natsuki geklärt, dass sie jetzt nur vorübergehend bei ihm wohnte, bis das Heim wieder bewohnbar war. Zwar hofften sie beide, dass es gar nicht erst wieder dazu kommen würde, aber man steckte da eben nicht drin und selbst wenn Natsuki nur für eine Woche wieder ins Heim musste, mussten sie das akzeptieren, so schwer es ihnen dann auch fallen würde. Ungläubig starrte das Mädchen ihn auf sein Geständnis an, dann fing sie an zu strahlen und das Eis wurde Nebensache, denn Natsuki krabbelte quer über die Bank und warf sich ihm fast schon auf den Schoß. Lachend fing Kyo das Mädchen auf und drückte es an sich. „Ich hatte gehofft, dass du dich so freust“, murmelte er in ihr weiches Haar und wiegte die kleine Lady sanft hin und her, die leicht nickte und sich so in sein Oberteil krallte, als wollte sie ihn nie wieder los lassen. Kapitel 32: Zweiunddreißig -------------------------- Gähnend saß Kyo in seinem Bett und versuchte wach zu werden. Sein Wecker hatte ihm gerade unmissverständlich mitgeteilt, dass es Zeit zum Aufstehen war, wobei der Sänger nicht ganz der gleichen Meinung war. Es war kurz nach sechs am Morgen und ihm fiel wirklich besseres ein, als jetzt schon aus seinem gemütlichen Bett zu kriechen. Dennoch musste er jetzt aufstehen und nur wiederwillig stellte er seine nackten Füße auf den kalten Laminatboden. Seine Hausschuhe lagen bestimmt mal wieder irgendwo in der Wohnung herum, da er nicht wirklich ein Freund von den Dingern war, aber manchmal brachten sie trotzdem ihren Nutzen, weswegen er weiterhin welche im Hause hatte. Noch einmal kräftig gähnend schlurfte er durch seine Wohnung und er hoffte inständig, dass er nicht noch irgendwo dagegen lief, da seine Augen mehr geschlossen als offen waren. Ohne Blessuren schaffte er es tatsächlich ins Bad und dort spritzte der Sänger sich zunächst kaltes Wasser ins Gesicht, damit zumindest seine Augenlider mal oben blieben und nicht weiterhin zuklappten. Den Anblick im Spiegel daraufhin hätte er sich zwar gern erspart, aber nun musste er damit leben. Mit der Ruhe putzte er sich seine Zähne und rasierte sich gleich mit, bevor er seine Sachen fallen ließ und, schon wieder gähnend, in die Dusche stieg. Der erste Schwall war kalt und Kyo konnte gerade so noch ein mädchenhaftes Quietschen unterdrücken. Zum Glück wurde das Wasser dann recht schnell warm und das war doch schon viel besser. Genüsslich wusch er sich und ließ sich Zeit, auch wenn er damit drohte wieder zu spät zu kommen, aber das war ja nichts neues, von daher hob ihn das auch nicht wirklich an. Irgendwann war jede Schaumblase von seinem Körper abgespült und er verließ die Nasszelle und kuschelte sich gleich in ein Handtuch, bevor er sich dann gleich abtrocknete. Erst jetzt fiel ihm auf, dass er seine Klamotten mal wieder im Schlafzimmer vergessen hatte, weswegen der Sänger sich eben erst seinen Haaren widmete, die er trocken föhnte. Das war recht schnell erledigt und dann lief er wirklich in sein Schlafzimmer, wo er nebenbei erneut bereute, dass seine Hausschuhe wieder irgendwo, nur nicht an seinen nackten Füßen, waren. Ein paar Sachen waren schnell gefunden und in einfacher Jeans und schwarzem Pullover verließ er seine vier Wände wieder und steuerte das Zimmer von Natsuki an, da diese schließlich auch mit zum Videodreh musste. Vorsichtig lugte er in das Zimmer, wo das Mädchen immer noch friedlich vor sich hin träumte und Kyo brachte es fast gar nicht übers Herz sie zu wecken, aber er hatte auch keine Wahl, weswegen sie mitziehen musste. Leise setzte er sich auf die Bettkante und strich ihr durch die Haare, was dem Mädchen gar nichts auszumachen schien. „Tsuki-chan, aufstehen“, murmelte Kyo, doch er war dabei viel zu leise, da sich Natsuki weiterhin nicht rührte. Schmunzelnd, da sie scheinbar so gerne und fest schlief wie er selbst, kitzelte er das Mädchen bald an der kleinen Wange und der niedlichen Stupsnase. Daraufhin zeigte sie wirklich mal eine Regung und die kleine Lady zog sich die Decke noch höher, was Kyo lachen ließ. „Komm schon, mach es mir nicht so schwer“, sagte er sanft und zog die Decke wieder runter, woraufhin Kyo ein Murren kassierte. „Aufwachen, Süße“, probierte der Sänger es wieder und kitzelte sie erneut an der Wange. Man sah richtig, dass das Mädchen überhaupt keine Lust hatte auch nur minimal die Augen zu öffnen. „Ich seh doch, dass du wach bist“, schmunzelte er und machte einfach weiter, bis er von ganz kleinen und müden Augen angesehen wurde. „Du siehst genauso aus, wie ich mich fühle“, musste er dann doch grinsen und strich ihr sanft durch die Haare. „Wir müssen aufstehen, da wir bald los müssen“, sagte er ruhig und wartete geduldig, bis etwas Leben in das Kind gekrochen war, was ganz schön lange dauerte. Doch nach etwa zehn Minuten hatte Kyo sie so lange bequatscht, dass Natsuki sich aufsetzte und sich streckte. Schmunzelnd zog er ihre Decke etwas zurück und hob sie dann einfach hoch, brachte sie so gleich ins Bad, wo er ihr beim Waschen und Zähneputzen half. Das Frisieren ließ er heute mal bleiben, da sie bei dem Videodreh eh noch einmal vorher in die Maske ging und da musste er sich ja jetzt nicht unnötige Arbeit machen. Nachdem das Mädchen angezogen war, bereitete Kyo in der Küche einen Kakao und einen Kaffee vor und jeder bekam zusätzlich noch eine Schüssel Müsli vor die Nase gestellt. Schweigend, da es einfach noch zu früh für lange Gespräche war, vertilgten sie ihr Essen und eine gute halbe Stunde später verließen sie gemeinsam Kyos Wohnung und sie machten sich auf den Weg zum Videodreh. Da er immer noch keinen Kindersitz für sie im Auto hatte, mussten sie wieder die öffentlichen Verkehrsmittel nehmen und da er ohne Styling und zusätzlich mit neuer Frisur unterwegs war, fiel er zum Glück niemanden auf und nach knapp fünfundvierzig Minuten waren sie beim Drehort, einer leer stehenden Wohnung, die für den Dreh extra hergerichtet worden war, angekommen. Sie begrüßten alle, die ihnen über den Weg liefen und Kyo brachte das Mädchen gleich in die Maske, da sie den Dreh zuerst durchziehen wollten, der sie und die anderen Statisten beinhaltete. Der Japaner blieb immer an ihrer Seite und er wachte mit Argusaugen über das, was sie mit ihr veranstalteten, auch wenn einige Leute sich von ihm belästigt fühlten. Aber er war nun mal für sie verantwortlich und da konnte er sich keine Unachtsamkeit erlauben, am Ende würde ihm das noch die Adoption kosten und das konnte Kyo beim besten Willen nicht zulassen. Das Herrichten der kleinen Lady dauerte nicht wirklich lang und die anderen Statisten waren dann auch schon fertig, so dass die Schauspieler sich alle beim Manager einfanden der in Ruhe erklärte, wer wie und wo zu stehen hatte. Alle nickten und auch Natsuki schien verstanden zu haben. Natsuki schlug sich gar nicht mal so schlecht und die bekam die Szenen ganz gut hin. Zunächst sollte sie in einem Bett liegen, dann mit ihren ‚Eltern‘ am Tisch sitzen und essen, daraufhin spielte sie mit einem anderen Jungen in der Wohnung, malte etwas und allgemein setzte sie alles ziemlich schnell um, was sie von ihr verlangten. Zwar mussten einige Szenen ab und an wiederholt werden, aber das war bei ihnen ja nicht anders, weswegen alle sehr geduldig waren. Da aber nicht nur Natsuki ein Statist war, zog der Dreh sich ganz schön hin und erst am Nachmittag wurden sie fertig. Zwar war noch geplant gewesen, dass sie als Dir en grey ebenfalls ihren Dreh noch hinter sich bringen sollten, aber das wurde ganz gekonnt auf den nächsten Tag verschoben, da es dort alle einrichten konnten und sie somit nicht bis in die Puppen arbeiten mussten. Also machten sich alle wieder auf den Weg nach Hause und ehe sie sich versahen, war der nächsten Morgen da und erneut ging die Prozedur los, was hieß, zeitig aufstehen. Wie den Tag zuvor musste Kyo ganz schön mit Natsuki kämpfen, aber mit viel Geduld und auch Verständnis, da es ihm genauso ging, hatte er sie dann doch aus dem Bett bekommen. Das Frühstück hatten sie auch schnell hinter sich gebracht und dann waren sie schon wieder unterwegs. Die öffentlichen Verkehrsmittel hatten sie auch an diesem Tage wieder und gemeinsam fuhren sie einige Stationen, bis sie an der richtigen angekommen waren und die letzten paar Meter liefen. Diesmal hatten sie sogar recht wenig Requisiten, einzig eine riesige dunkle Holzplatte lag auf dem Boden, wo die Räume wie Living Room oder Bath Room drauf eingezeichnet worden waren, eine Treppe, ein paar Wände, Spiegel, Lampen und ein Esstisch mit Stühlen standen herum. Nicht zu vergessen das Schlagzeug von Shinya und sein Mikrofon. Kyo traf seine Band in der Maske an und während er für den Dreh hergerichtet wurde, saß Natsuki auf einem Sofa und schaute sich mit großen Augen um. Schmunzelnd konnte Kyo sie durch den Spiegel beobachten, ließ sie sich aber umsehen, großartig etwas kaputt machen konnte sie nämlich nicht. Eine knappe Stunde später waren sie dann auch soweit fertig für den Dreh und zunächst wurden die einzelnen Bandmitglieder extern gefilmt, während sie den Song performten. Das Mädchen saß gespannt auf seinem Schoß und mit großer Neugier beobachtete sie seine Bandmitglieder, die wirklich alles gaben, bis Kyo an der Reihe war und er sie auf seinem Stuhl platzierte. „Bin bald wieder da“, sagte er noch und begab sich dann auf seine Position. Kurz darauf schallte zum wiederholten Male ‚Unraveling‘ durch den Raum und der Sänger sang ihn so, wie er es immer tat. Scheinbar war es auch gut so, denn das Drehteam hatte nicht wirklich etwas auszusetzen, worüber Kyo auch ziemlich froh war. Nachdem seine Aufnahmen im Kasten waren, waren sie als Band gemeinsam noch dran und genau wie bei ihm ertönte das Lied von neuem. Jeder legte sich mächtig ins Zeug und nach zwei weiteren Durchläufen waren sie alle durch und auch sichtlich zufrieden. Nun musste es nur noch geschnitten werden und dann hatten sie erneut erfolgreich ein Musikvideo auf den Markt gebracht. Kapitel 33: Dreiunddreißig -------------------------- Drei Tage später stürmte Kyo auf seinen Arbeitsplatz und die halbe Belegschaft war ihm schon aus dem Weg gesprungen, sobald sie ihn erblickten. Seine Aura musste tiefschwarz sein, denn seine Laune war, gelinde gesagt, zum Kotzen und der Sänger hatte keine Ahnung, wann sich das wieder ändern würde… aber wahrscheinlich frühestens erst in vier Wochen… „Guten Mor-“, fing Kaoru an, als er ihren Arbeitsraum betrat, brach aber mitten drin ab, da Kyo einfach nur an ihm vorbei und in eine ruhige Ecke schoss, nachdem er mit einem Handgriff seine Utensilien an sich genommen hatte, die er zum Arbeiten benötigte. Die restlichen vier Bandmitglieder sahen sich fragend an, denn so hatten sie ihren Sänger schon eine ganze Weile nicht mehr erlebt. „Wo ist eigentlich Natsuki?“, schaute sich Daiuke daraufhin suchend um, da wenigstens einem das Fehlen der kleinen Lady aufgefallen war. Daraufhin drückte Kyo seinen Stift gleich noch etwas fester aufs Papier. Seine Hand fuhr rasend schnell über das, nun nicht mehr ganz so leere, Blatt und er schmierte mehr die Schriftzeichen hin, als dass er sie wirklich schrieb. Aber er musste erst die bösen Gedanken aus seinem Kopf bekommen, bevor er noch was Unüberlegtes seinen Bandkollegen an den Kopf warf, die dafür ja nun überhaupt nichts konnten. „Stimmt, die Kleine fehlt“, hatte es nun auch Kaoru bemerkt, der nun auch ein bisschen verwundert aus der Wäsche guckte. „Das kann ja nur eines bedeuten…“, murmelte Daisuke und er biss sich unwohl auf seiner Unterlippe herum. „Sie ist wieder im Heim“, nickte Kaoru gleich und er warf kurz einen Blick zu Kyo, der wie wild auf seinem Block herum schrieb, dass man Angst haben musste, dass entweder das Papier riss, oder der Stift zerbrach. Deswegen ließen die anderen vier ihren Sänger mal lieber in Ruhe und sie konzentrierten sich auf ihre Arbeit, was diesmal gar nicht so einfach war, da man die schlechte Stimmung regelrecht in dem Raum greifen konnte. Und irgendwie fehlte auch das leise, manchmal ziemlich fehlerhafte, Klavierspiel, an das sie sich alle mittlerweile gewöhnt hatten. Schon komisch, aber selbst die anderen vier vermissten das Kind, mit dem sie eigentlich nicht wirklich großartig viel am Hut hatten. Der Vormittag kroch auch in dieser ekelhaften Stimmung langsam dahin und gegen Mittag schnappte der Leader sich zwei volle Tassen Kaffee, setzte sich neben Kyo aufs Sofa und hielt eine Tasse davon ihrem Sänger hin, der immer noch wie besessen seinen Block in Mitleidenschaft zog. Kaoru wurde auch die ersten zwei Minuten gekonnt ignoriert, doch dann wurde der Kaffeegeruch so penetrant, dass Kyo genervt seinen Block, samt Stift, auf den Tisch feuerte und die Tasse entgegen nahm. „Danke“, nuschelte er, da er seine Erziehung deswegen trotzdem nicht vergessen hatte. Kaoru nickte nur und zeigte ihm so, dass er verstanden hatte. „Willst du uns jetzt sagen, wo Natsuki ist?“, versuchte er es mal ganz vorsichtig, nachdem er einen Schluck aus seiner Tasse genommen hatte. „Das wisst ihr doch schon“, murrte Kyo und stierte brodelnd auf den flachen Holztisch, ein Wunder dass der daraufhin nicht in Flammen auf ging. „Also wirklich wieder im Heim. Kam ja ziemlich plötzlich“, befand es Kaoru und er sah den Sänger fragend an. „Das kannst du aber laut sagen. Gestern Abend kam der Anruf, das Kind bitte sofort wieder zurück“, fuhr Kyo sich übers Gesicht. Er hatte die ganze Nacht nicht schlafen können, da er immer noch den Blick von Natsuki vor seinen Augen hatte, wie sie ihn angesehen hatte. Als wäre sie enttäuscht von ihm gewesen, dabei hatten sie beide gewusst, dass das passieren konnte, allerdings hatte nun wirklich keiner damit gerechnet, dass es dann doch so schnell so weit war. „Schöne Scheiße“, bemerkte Kaoru und Kyo brummte, da er das schließlich selbst auch wusste. „Aber ihr habt euch ja bald wieder. Du wirst sie ja sicherlich wieder an einigen Nachmittagen zu dir holen, oder nicht?“, fragte der Leader vorsichtig an und nahm einen weiteren Schluck von dem starken Koffeingebräu. „Pfft… Kao, die Kleine war jetzt knapp zwei Wochen bei mir. Halte mich für bescheuert, aber ohne sie, ist es nicht mehr das Gleiche, auch wenn ich sie an einigen Nachmittagen natürlich zu mir holen werde.“ „Komm schon, lass dich davon doch nicht so runter ziehen, sie ist doch nicht aus der Welt und bald hast du sie ja sowieso bei dir.“ „Ich will sie aber nicht bald bei mir haben, sondern jetzt. Kapierst du das nicht?“ „Ehrlich gesagt, nein. Kyo, du konntest dein ganzes Leben nichts mit Kindern anfangen, aber jetzt so plötzlich? Tut mir leid, das verstehe ich einfach nicht. Und bevor du mir die Tasse an den Kopf schmeißt“, sprach er gleich weiter, da der Sänger ihm einen mörderischen Blick entgegen warf. „Ich unterstütze dich wirklich bei allem, wenn sie erst mal bei dir ist, aber das ist sie nun mal noch nicht. Gut, ihr habt jetzt zwei Wochen miteinander verbracht, aber mehr ist da einfach noch nicht“, gestikulierte der Älteste von ihnen und schaute den Sänger an. „Mag sein, dass Kinder mich nie interessiert haben, aber ich hab sie gesehen und musste ihr einfach helfen, frag mich nicht wieso, es ist einfach so und wahrscheinlich hat sie mich auch bisschen mürbe im Hirn gemacht, aber dann lieber so, als das ich ihr nicht geholfen habe, wenn ich es doch konnte und vielleicht ist für dich da noch nicht mehr, aber für Natsuki und verdammt, auch für mich, ist da viel mehr. Du hast ja keine Ahnung, wie sie mich gestern Abend angesehen hat, als ich ihr mitteilte, dass sie nun ins Heim wieder zurück muss“, knurrte er und seine Fingerknöchel traten schon weiß hervor, so sehr umfasste Kyo die Tasse. „Sie sah mich mit einem Blick an, als hätte ich sie verraten, als hätte ich sie nur verarschen wollen“, flüsterte er dann nur und seine Hände zitterten schon regelrecht, so sehr strengte Kyo sich an, dass er nicht die Fassung verlor. „Gott, ich muss hier raus“, stellte er seine Tasse fiel zu grob auf den Tisch, so dass das dunkle Gebräu am Rand raus schwappte und er schnappte sich seine Jacke und war dann schon verschwunden. Mit schnellen Schritten durchquerte er das Gebäude und stieß kurz vor dem Fahrstuhl mit einer anderen Person zusammen. Da Kyo ein ganz schönes Tempo drauf hatte, landeten beide auf ihrem Hintern und der Sänger musste sich kurz sammeln. „Sorry“, nuschelte er und sah dann auf, erkannte, dass er Yuna über den Haufen gerannt hatte. „Bist ja ganz schön stürmisch, hätte ich gewusst dass du es so eilig hast, um zu mir zu kommen, da hätte ich mir die Mühe bis in diesen Stock gar nicht machen brauchen.“, zwinkerte sie frech, ehe sie die Hand von Kyo annahm, der schon aufgestanden war und ihr aufhelfen wollte. „Oi, was ist los?“, fragte sie dann aber, da diesmal kein spitzer Spruch zurück kam, wie sie es sonst von dem Sänger kannte. „Nichts, ich muss nur mal kurz raus“, wehrte er gleich ab und drängelte sich an ihr vorbei in den Fahrstuhl, wo die Türen gerade geöffnet waren. „Das kannst du mir nicht erzählen“, ließ Yuna sich aber nicht abwimmeln und schon hatte sie den Platz neben dem Sänger eingenommen. Der verdrehte nur seine Augen und zuckte mit den Schultern, mehr aber auch nicht. Allerdings wusste Kyo auch nicht wirklich in welche Etage er überhaupt wollte, weswegen sie immer noch im Fahrstuhl standen, welcher sich aber noch keinen Millimeter bewegt hatte. „Du musst schon eine Etage drücken“, sagte sie und Yuna wartete einen Moment, doch der Sänger rührte noch immer keinen Muskel. „Nicht? Gut, dann entscheide ich mal für dich mit und wir setzen uns jetzt oben in die Cafeteria und dort erzählst du mir in aller Ruhe, was dir so den Tag verhagelt hat“, plapperte sie fröhlich weiter und Kyo holte einmal tief Luft und schloss seine Augen. In was hatte er sich denn jetzt schon wieder rein geritten? Der Tag wurde ja immer beschissener. Statt seine Ruhe hatte er jetzt diese elendige Quatschbacke am Arsch kleben. Zu seinem weiteren Pech wollte gerade diesmal niemand weiteres zu ihnen zu steigen, so dass er eventuell aus dem Fahrstuhl hätte fliehen können, und wirklich erst im Stockwerk, wo die Cafeteria sich befand, öffneten sich die Türen. „Dann mal los, am Fenster ist bestimmt noch ein Plätzchen frei“, lief sie vorneweg und Kyo war wirklich in der Versuchung einfach auf einen anderen Knopf zu drücken und in die nächste Etage zu fahren. Aber da bestand wieder die Gefahr, dass er Kaoru, oder einen seiner anderen Jungs, in die Arme lief, also seufzte er sehr tief und trat dann aus dem Fahrstuhl. Einigen Leuten schenkte er ein kurzes Kopfnicken, als Begrüßung, beachtete sie ansonsten nicht weiter. Yuna hatte dann auch wirklich schon einen Platz am Fenster gefunden und er setzte sich ihr Gegenüber. Sein Blick glitt wie automatisch über die Stadt, die ihnen jetzt zu Füßen lag. Die Menschen auf den Straßen sahen aus wie kleine Ameisen und wuselten wild umher, blieben nur ab und an mal stehen, wenn die Ampeln rot erstrahlten. Seufzend wand er sich nach einer Weile wieder ab und schaute direkt in zwei rehbraune Augen, die neugierig, aber auch ziemlich besorgt zu ihm schauten. „Irgendwas hast du doch“, sprach Yuna sanft und sie wirkte jetzt gar nicht mehr so aufgedreht, wie noch im Fahrstuhl. „Hab ich eben nicht…“, murmelte er, sah sie aber weiterhin an und Kyo fragte sich unweigerlich, ob sie schon immer solch schöne, glänzende Augen hatte. Hilfe, solche Gedanken gehört ja nun überhaupt nicht hier her. „Hm… wie meinst du das?“, fragte sie, während sie leicht nervös begann ihre Hände zu kneten, wie ihm auffiel. „Denk mal genau nach“, seufze er und löste endlich mal seinen Blick von ihr. Wie zuvor fuhr er sich müde über die Augen und Kyo unterdrückte ein Gähnen, was sich hartnäckig hervor kämpfte. „Mhh… weiß nicht, aber du siehst ziemlich müde und auch ein bisschen fertig aus“, legte Yuna leicht den Kopf schief und Kyo lachte freudlos auf. „Hab die letzte Nacht auch nicht geschlafen, also kein Wunder.“ „Dann sag doch endlich was los ist, vielleicht kann ich dir ja helfen. Gibt’s Stress mit der Band?“, bohrte sie weiter, doch der Sänger schüttelte nur mit dem Kopf. „Ärger mit Natsuki? Will sie nicht so wie du? ... Moment, wo ist die Kleine überhaupt?“, schien sie es erst jetzt zu bemerken, dass Kyo gar nicht das Mädchen im Schlepptau hatte. „Merkst du jetzt, was ich nicht mehr habe?“, fragte er tonlos. „Oh nein, sie ist wieder im Heim! Wieso denn das?“, wirkte wenigsten sie ehrlich betroffen und sie sah ihn gleich ganz panisch an, was Kyo komischerweise etwas zum Schmunzeln brachte, wobei ihm eigentlich überhaupt nicht danach war. „Weil das Gebäude wieder bewohnbar ist und sie ja schließlich erst ab dem 16. Oktober offiziell zu mir gehört.“ „Und nun?“ „Ja, was nun?“, fragte Kyo und richtete seinen Blick wieder über die Dächer von Tokyo. „Nun hoffe ich, dass sie mich überhaupt noch sehen will“, war das wirklich seine größte Angst und ihm schnürte es ein wenig die Brust zu. „Warum soll sie dich denn nicht mehr sehen wollen? Das Mädchen vergöttert dich. Du bist ihr Fels in der Brandung, wahrscheinlich sogar ihr Held“, sah sie ihn nun verständnislos an. „Weil du ihren enttäuschten Gesichtsausdruck nicht gesehen hast, als ich sie gestern abgegeben habe“, atmete Kyo schwer und richtete wieder sein Augenmerk auf die junge Frau vor ihm, die in einer modischen weißen Bluse steckte und ihn mit ihren großen rehbraunen Augen ungläubig anschaute. „Hast du denn mit ihr darüber gesprochen, dass es passieren könnte, dass sie wieder ins Heim muss, bevor sie eben bei dir wohnen kann?“, fragte sie und diesmal knibbelte sie an der Serviette auf dem Tisch herum. „Ja, ich hab es ihr erklärt, ich denke sie hat es auch verstanden, aber wenn es nun tatsächlich soweit ist, dann ist es eben doch was anderes“, sagte er und ein leichtes Lächeln zupfte an seinem Mundwinkel, als er sah, dass Yuna schon ein Viertel der Serviette in kleine weiße Fetzen zerrupft hatte, sie wirkte ein bisschen so, als wäre sie nervös und das kannte er bis dato auch noch nicht von ihr. Aber die junge Frau war ja doch ganz in Ordnung und ein bisschen seiner miesen Laune hatte sie tatsächlich verscheuchen können, was er ihr hoch anrechnete. Aber wahrscheinlich hatte sie einfach nur die passenderen Worte gehabt als Kaoru. „Hm… verstehe ich. Trotzdem glaube ich nicht, dass sie dich nicht mehr sehen will. Vielleicht schmollt sie ein bisschen, aber auch das wird sich legen“, bekam er dann ein aufbauendes Lächeln geschenkt. Mit einem Mal wurde Kyo ziemlich flau im Magen und er musste seinen Blick von ihr abwenden, das Gefühl verschwand aber dennoch nicht ganz und der Sänger hatte keine Ahnung, was das jetzt nun schon wieder zu bedeuten hatte…? Kapitel 34: Vierunddreißig -------------------------- Ein bisschen komisch kam Kyo sich ja schon vor, als er vor dem großen Wohnkomplex stand, in dem Yuna eine Wohnung bewohnte und an der Fassade, bis beinahe zum Dach, hinauf blickte. Ehrlich gesagt wusste er auch nicht, warum er überhaupt hier davor stand. Okay, das war nicht ganz richtig, er stand hier, weil Yuna ihn zum Abendessen eingeladen hatte. Kyo hatte nur keinen blassen Schimmer, warum er ihre Einladung überhaupt angenommen hatte. Scheinbar, weil sie so lange auf ihn eingeredet, bis er entnervt nachgeben hatte. Sie hatten noch lange in der Cafeteria gesessen und über den Verlust von Natsuki gesprochen. Ja, auch wenn es nur vorübergehend war, dass sie bei ihm unter gekommen war, befand er es als einen herben Verlust, den er gestern Abend erlitten hatte. Und genau das machte ihm auch ein schlechtes Gewissen. Die kleine Lady musste sich wieder in die unfähigen Hände der Erzieher begeben und er ging zu einer Frau und machte sich einen Bunten. Trübsal blasen brachte ihn allerdings auch nicht weiter und bevor er in seinen eigenen vier Wänden noch auf dumme Gedanken kam, dann fiel er eben jemand anderen auf die Nerven. Also atmete der Sänger noch einmal durch, zog sich seine Hose noch etwas zu recht, dann suchte er Yunas Namen auf den vielen Klingelschildern und drückte den Knopf tief durch. Der Knopf knackte ganz schön gefährlich und er hoffte, dass er ihn nicht kaputt gemacht hatte. Aber als er seinen Finger wieder von dem kleinen weißen Blättchen nahm, kam ihm der Knopf entgegen, was ihn doch beruhigte. Ein erneutes Knacken, diesmal aus dem Lautsprecher, der sich neben den Klingelschildern befand, ließen ihn aufsehen und kurz darauf ertönte schon Yunas Stimme. „Hi, ich bin’s, Kyo“, sagte er und dann ertönte schon der Summer und Kyo warf sich schon fast gegen die Tür und stieß sie somit auf. Suchend fuhren seine Augen durch den Flur, bis er den Fahrstuhl entdeckt hatte und mit schnellen Schritten auf diesen zu ging. Der dazugehörige Knopf wurde auch gleich betätigt, dann dauerte es nicht mehr lange und die Türen öffneten sich. Kyo tat zwei Schritte, stand dann schon im Fahrstuhl und drückte die Zahl, für die Etage, die ihn Yuna zuvor noch genannt hatte. Langsam schlossen sich die Aufzugtüren und schon fuhr der Sänger mit dem Kasten nach oben. Gemütlich ruckelte der Fahrstuhl vor sich hin und Kyo zählte leise die Etagen mit. Die Fahrt zog sich ziemlich und gerade als er gähnte, gab es ein leises Bing und die Türen glitten auf. Endlich konnte er wieder aus dem Ding treten, jetzt musste er nur noch die passende Tür finden, aber bei den dreien, die hier waren, konnte es nicht ganz so schwierig sein. Aufmerksam studierte er jedes Namensschild, welche an den Türrahmen angebracht waren und drückte bei der letzten Tür endlich den Knopf, da dort ihr Name dran stand. Es dauerte dann nicht mal eine Minute und die Tür wurde aufgerissen. „Hast du hinter der Tür gewartet, oder wie?“, fragte er sogleich. „Erwischt“, grinste ihn Yuna entgegen und öffnete die Tür dann ganz, damit er eintreten konnte. „Komm rein, das Essen ist auch gleich fertig.“ Kyo kam der Aufforderung nach und folgte ihr in den schmalen Flur und zog die Tür hinter sich ins Schloss. Seine Schuhe ließ er im Flur stehen und die Jacke hängte er einfach an einen Kleiderhaken, der noch frei war, da Yuna anscheinend einen Faible für Jacken hatte, denn es stapelten sich die Kleidungstücke schon fast auf den Haken. Da seine Gastgeberin schon wieder davon gewuselt war, bahnte der Sänger sich nun auch den Weg ins Innere und er folgte dem Duft, der schon in der Luft hing. Vor sich hin schnuppernd tapste er umher und fand recht schnell die Küche, in der Yuna geschäftig herum hantierte. „Ich hoffe Ramen ist okay? Ich hatte leider keine Zeit um großartig etwas aufzufahren“, entschuldigte sie sich und Kyo winkte einfach ab. Er hatte eh nicht wirklich Appetit, weswegen es ihn nicht störte. „Was magst du trinken? Ich hab Wasser, Cola, Bier, Tee, Kaffee,… ehm… Kakao?“, blubberte sie und Kyo kam es so vor, als wäre sie total nervös. „Wenn du einen Tee für mich hättest“, schmunzelte er ob ihrer Nervosität. Sie hatte es tatsächlich geschafft ihn aus seinem negativen Gedanken zu locken und langsam begann er sich auf diesen Abend zu freuen, obwohl das komisch, flaue Gefühl wieder da war. „Na klar. Ist grüner Tee in Ordnung?“, hielt sie ihm ein paar lose Blätter hin und Kyo nickte. Daraufhin machte die junge Frau den Tee fertig und fünf Minuten später goss sie kochendes Wasser hinzu, so dass er durchziehen konnte. „Setz dich doch schon mal ins Wohnzimmer an den Tisch, ich bringe gleich alles“, schob sie den Sänger schon beinahe aus ihrer Küche, sobald er seinen Tee in der Hand hielt. Ein bisschen verwundert ließ er es geschehen und er ging weiter in die Wohnung, wo er als nächstes wirklich im Wohnzimmer landete. Statt sich aber zu setzen schaute Kyo sich ein bisschen um, wobei es nicht viel zu sehen gab, da es ziemlich klein war. Ein kleiner quadratischer Esstisch stand an der Wand, gedeckt mit zwei Tellern, Stäbchen und Porzellanlöffeln. Eine Kerze stand mittig, die warmes Licht spendete und zwei Stühle waren noch an den Tisch gestellt worden. Es wirkte ein bisschen kitschig auf Kyo, aber das bildete er sich ganz sicher nur ein. Er nahm einen weiteren Schluck Tee und trat zu dem Regal, welches über der Fernseherkommode angebracht war. Viele Fotos standen in Rahmen drauf und unter anderem konnte er die zwei Nichten von ihr erkennen und eine andere Frau, die Yuna sehr ähnlich sah, aber viel steifer und spießiger wirkte. „Hatte ich nicht gesagt, du sollst dich setzen?“, lenkte ihn eine Frauenstimme ab, die es leicht tadelnd, aber dennoch nicht böse sagte. „Hattest du, aber das heißt nicht, dass ich es auch mache“, sagte Kyo frech, steuerte dann aber den Tisch an, worauf sie schon das Essen gestellt hatte. „Das sieht wirklich gut aus“, gestand er und setzte sich endlich. „Danke, ich hoffe es schmeckt auch so“, bekam sie einen leichten Rotschimmer auf den Wangen und sie senkte schnell den Kopf, damit die Haare ihre Wangen verdeckten. Daraufhin schoss Kyo doch tatsächlich das Wort süß durch den Kopf und er war davon selber so sehr erschrocken, dass er kurz wie entgeistert auf dem Stuhl saß. Süß. Wann hatte er denn das letzte Mal süß im Zusammenhang mit einer Frau gedacht? Das war wahrlich schon eine ganze Weile her. Am besten er schüttelte die Gedanken ab und konzentrierte sich lieber auf das Essen. So taten sie es dann auch und das Essen verlief ziemlich schweigend. Kyo hatte keine Lust zu reden und Yuna wirkte ein bisschen so, als würde ihr auch mal nichts Passendes einfallen. Somit waren die Schälchen bald leer und beide satt. „Das war wirklich lecker“, lobte der Sänger die junge Frau und schenkte ihr ein kleines Lächeln. „Danke, freut mich, dass es dir geschmeckt hat“, schien sie wirklich erleichtert zu sein. Kurz herrschte wieder Schweigen, doch dann räusperte sich Yuna und sah ihn an. „Musst du eigentlich noch irgendwas machen, bis Natsuki bei dir einzieht?“, fragte sie und Kyo sah auf. „Müssen nicht direkt, aber ich hatte eigentlich vor das Gästezimmer noch umzugestalten“, gab er zu und er krempelte sich die Ärmel seines Hemdes hoch, da ihm langsam aber sicher ziemlich warm wurde. „Sie hat doch alles in dem Zimmer“, schaute Yuna verwundert und sie stützte sich mit den Ellenbogen auf dem Tisch ab. Erst jetzt fiel Kyo auf, dass sie einen ziemlich weiten Ausschnitt hatte und er musste kurz schlucken, da er solche tiefen Einblicke, zumindest privat, schon lange nicht mehr hatte. „Schon“, zwang er sich von ihrem Dekolleté aufzusehen. „Aber so wirklich Kind gerecht ist es nicht. Ich wollte mir demnächst Natsuki schnappen und sie soll sich dann die Farbe ihrer Wahl aussuchen. Die würde natürlich an die Wände kommen und mal schauen, ob das Bett drinnen bleibt. Ich hab ja ehrlich gesagt immer bisschen Angst, dass ich sie am nächsten Morgen nicht mehr wieder finde, da das Bett ja doch ziemlich groß ist“, erzählte er einfach und trank den letzten Schluck von seinem Tee. „Stimmt, das Bett ist für die kleine Maus ja doch ziemlich groß, aber wohin stellst du es dann, schließlich ist es ja dein Gästezimmer?“ „Genau das ist das Problem. Am besten ich frag sie das nächste Mal einfach selber, ob sie ein neues Bett will oder das jetzige behalten“, zuckte er kurz mit den Achseln und sah wieder zu Yuna. Sie unterhielten sich dann noch eine ganze Weile und gegen elf in der Nacht beschloss Kyo dann doch mal wieder nach Hause zu gehen. „Willst du wirklich schon gehen? Wir können doch noch einen Film zusammen schauen“, versuchte Yuna ihn zum wiederholten Male mit ihren rehbraunen Augen zu bestechen, doch der Sänger schüttelte seinen Kopf. „Nein, ich bin ziemlich fertig und will eigentlich nur noch ins Bett“, lehnte er erneut ab. „Dann schläfst du halt hier, da macht es nichts, wenn du vor dem Fernseher einschläfst“, ließ diese Frau einfach nicht locker und Kyo musste nun tatsächlich schmunzeln. „Yuna~“, ermahnte er sie „Vielleicht beim nächsten Mal, aber nicht heute“, wobei er nicht mal wusste, ob es überhaupt ein nächstes Mal geben wird. „Ist ja gut“, schmollte sie dann tatsächlich, doch sie begleitete ihn nun zur Tür, wo er sogleich in seine Schuhe schlüpfte und sich seine Jacke nahm. „Also, wir sehen uns“, wusste er jetzt nicht so richtig, was er sagen sollte, zumal ihm schon wieder so flau wurde. Yuna stand ziemlich nah bei ihm und sie nickte. „Ja, ich denke auch. Komm gut nach Hause.“ „Danke, war ein schöner Abend“, gab Kyo sich einen Ruck und öffnete im nächsten Moment schon die Tür und trat hinaus. „Fand ich auch, danke dass du da warst“, lächelte die junge Frau und bevor Kyo gehen konnte, umarmte sie ihn wieder, wie schon das letzte Mal. Zwar versteifte er sich auch dieses Mal, aber diesmal nur kurz und dann strich er ihr sogar über den Rücken und das flaue Gefühl in seinem Bauch wurde durch leichtes Kribbeln abgelöst. Bevor er aber weiter drauf eingehen konnte, löste Yuna sich wieder von ihm. „Meld dich, wenn du zu Hause bist, ja?“, fragte sie, genauso wie er letztens und Kyo nickte. „Mach ich.“ Gerade als er sich zum Gehen abwenden wollte, hielt sie ihn noch einmal auf und bevor der Sänger wusste, was ihm geschah, hatte Yuna ihre Lippen für eine Sekunde auf seine Gedrückt und dann im nächsten Moment schon die Tür vor seiner Nase zu geschlagen. Blinzelnd stand er nun vor der Tür und ihm wurden seine Beine ganz weich, als er genau darüber nachdachte, was denn da gerade passiert war. Kapitel 35: Fünfunddreißig -------------------------- Der Sänger stand noch einige Minuten einfach nur vor der geschlossenen Tür und starrte das helle Holz an. Hatte dieses verrückte Weib ihn wirklich geküsst? Auf die Lippen? Kyo konnte es noch immer nicht richtig fassen. Irgendwann stand er mal wieder im Dunkeln und das holte ihn erst mal wieder aus seiner Starre. Diese Frau würde noch einmal sein Grab bedeuten, aber warum kribbelte es dann so verrückt in seinem Bauch und wieso waren seine Knie so weich wie Butter in der Sonne? Er drohte schon wieder in seine Gedanken abzurutschen, weswegen nun doch mal Leben in seine Knochen kam und Kyo sich in die Richtung drehte, in der er den Fahrstuhl vermutete. Zu seinem Glück hing das Licht an einem Bewegungsmelder und bald stand er wieder in einem erhellten Raum. Jetzt drückte er allerdings schnell den Knopf für den Aufzug und diesmal öffneten sich die Türen viel schneller, so dass Kyo gleich eintrat. Der Aufzug ruckelte allerdings genauso langsam wieder nach unten, wie er nach oben fuhr. Aber wenn der Abgang plötzlich schnell ging, dann wäre sicherlich etwas verkehrt… Im nächsten Moment war aber was ganz anderes verkehrt, denn es stockte heftig, das Licht flackerte, dann war es stock duster und der Fahrstuhl ruckelte nicht mehr gemütlich vor sich hin. „Scheiße, das ist jetzt nicht dein Ernst?“, fragte Kyo in die Dunkelheit, doch Antwort bekam er keine. „Dieses verdammte Ding ist jetzt nicht wirklich stecken geblieben?“, war er immer noch sehr ungläubig. Nach der anfänglichen Überraschung machte sich langsam Unbehagen breit und sein Herz nahm das Schlagen nun ernster und legte mächtig los. „Okay, Kyo, ganz ruhig“, redete er sich selbst zu und schnell angelte er sich sein Handy aus seiner Jackentasche und er wischte schnell drauf herum, bis er mit einem Tippen die Taschenlampenfunktion anstellte und so zumindest ein bisschen Licht hatte. Schnell schaute er nach dem Notfallknopf im Fahrstuhl, doch als er diesen drückte passierte nichts. „Das war ja mal wieder klar“, schüttelte er seinen Kopf und er überlegte wirklich, was er jetzt machen sollte. Kurzerhand suchte er dann einfach Yunas Nummer heraus, und nachdem er auf den grünen Hörer gedrückt hatte, hielt er sich das Telefon ans Ohr und lauschte dem Freizeichen, bis endlich mal abgenommen wurde. „Bist du etwa schon zu Hause?“, ertönte gleich die irritierte Stimme. „Ehm … nein…“, sagte er und Kyo atmete noch einmal durch und er dankte im Stillen, das er zumindest Empfang in diesem Ding hatte. „Nur könntest du eventuell deinen Vermieter kontaktieren, damit wäre mir sehr geholfen“, versuchte er Ruhe zu bewahren, was gar nicht so einfach war. „Kyo, es ist mitten in der Nacht, der lyncht mich.“ „Mir doch egal, ich stecke in diesem Gott verdammten Fahrstuhl fest und dieser dämliche Notfallknopf funktioniert auch nicht“, war ihm der Schlaf anderer Menschen jetzt wirklich egal. „Bitte was?“, fragte nun Yuna. „Du hast schon richtig gehört. Das Ding ist scheinbar auf halber Strecke ins Stocken geraten und ich wäre dir wirklich sehr verbunden, wenn du irgendjemanden dazu bringen könntest dieses Ding wieder zum Laufen zu bringen. Meinetwegen kletter ich auch irgendwo raus, aber lass mich hier drinnen nicht verrecken“, redete er sich dann schon fast in Rage und Kyo fuhr sich durch die Haare. Er wollte doch einfach nur ins Bett, war das denn zu viel verlangt? Es hatte doch wahrlich schon gereicht, dass ihm diese Woche sein Mädchen genommen wurde, da musste ihm das Schicksal doch nicht jetzt noch so kommen. Aber da hatte er es mal wieder, das Schicksal war eben doch ein Arschloch. „Okay, bleib ruhig, ich frage beim Hausmeister nach und der weiß bestimmt was zu machen ist.“ „Ist mir egal, nur mach irgendwas“, brummte er und legte dann wieder auf, schließlich konnte Yuna niemanden anrufen, wenn er selbst noch in der Strippe hing. Die nächsten Minuten vergingen gefühlt gar nicht und Kyo leuchtete immer mit seiner Taschenlampe zum Notfallknopf, der aber immer noch kein Lebenszeichen von sich gab. Mit vernichtenden Blicken sah er das dämlich Ding an und trat dann einfach genervt mit voller Wucht gegen die geschlossene Tür, worauf es einen kurzen Ruck gab und dem Sänger das Herz beinahe komplett in die Hose rutschte. „Okay, du setzt dich da jetzt einfach in die Ecke und wartest brav, bis sie dich hier raus holen. Früher oder später muss ja mal einer merken, dass hier etwas nicht stimmt“, redete er sich gut zu und pflanzte sich dann wirklich in eine Ecke. Der Boden war kalt und überall war feiner Sand verteilt, der sicherlich an den Straßenschuhen der ganzen Passanten hing. Hoffentlich dauerte es nicht mehr so lange, denn er saß noch keine fünf Minuten, da kroch ihm die unangenehme Kälte von dem Boden den Rücken hinauf. Nach zehn Minuten musste er dann auch wirklich wieder aufstehen, da es einfach zu unangenehm wurde und seine Jacke wollte er nicht in den Dreck schmeißen, auch wenn man in einer misslichen Lage wirklich nicht so pingelig sein sollte. Aber er hoffte mal das Beste, wobei er sich darauf wohl nicht zu sehr verlassen sollte. Erschrocken zuckte Kyo zusammen, als die Stille im Fahrstuhl von seinem Handy unterbrochen wurde, da es laut anfing mit klingeln. Mit pochenden Herzen ging er ran. „Also, ich hab den Hausmeister erreicht, der guckt gleich mal an was es liegen kann. Er vermutet mal, dass die Sicherung raus gesprungen ist“, erzählte Yuna ihm gleich, was Sache war und Kyo brummte. „Hätte die nicht bei wem anders raus springen können? Das ist ja mal wieder typisch.“ „Ach komm schon, es gibt da wirklich Schlimmeres.“ „Das sage ich das nächste Mal auch, wenn du mitten in der Nacht mal irgendwo fest steckst, vorzugsweiße in einem Fahrstuhl“, sah Kyo da jetzt wirklich nichts Positives an der Sache. „Okay, du hast ja Recht“, räumte sie dann doch ein und es herrschte wieder kurz Stille. „Was ist eigentlich, wenn es nicht die Sicherung ist?“, fragte der Sänger irgendwann und brach somit die Stille. „Dann wirst du wohl noch ein bisschen da drinnen ausharren müssen“, versuchte Yuna es wenigstens nicht mehr schön zu reden. „Toll, dabei wollte ich eigentlich nur noch in mein Bett“, seufzte Kyo. „ …War der Abend wirklich so … schlimm?“, konnte der Sänger sie kaum verstehen und es dauerte einen Moment, bis er begriff, was sie damit sagen wollte. „Quatsch!“, wehrte er so gleich ab „Der Abend war das Beste vom ganzen Tag, aber das Ende hätte ich persönlich ein bisschen anders gestaltet“, musste er zugeben, was Yuna leise zum Lachen brachte. „Danke. Ich hatte schon Angst, dir hätte der Abend nicht gefallen“, sagte sie leise und Kyo hatte wieder zu tun sie richtig zu verstehen. „Hätte es mir nicht gefallen, wäre ich schon eher gegangen, also keine Angst“, musste er nun auch einen sanfteren Ton anschlagen „Wenn ich nicht so müde wäre, hätte ich wahrscheinlich sogar noch einen Film mit dir geschaut“, räumte er auch noch ein und das leichte Kribbeln kam langsam wieder zurück. Oh man, irgendwas lief hier nicht so, wie es laufen sollte. „Wirklich?“[/] „Wirklich“, nickte er, obwohl die junge Frau es natürlich nicht stehen konnte. „Wieso hast du eigentlich mich angerufen und nicht die Polizei?“, war sie dann neugierig. „Weil die auch nur den Hausmeister aus dem Bett geklingelt hätten.“ „Stimmt.“ Bevor sie aber weiter reden konnten, gab es einen erneuten Ruck und der Fahrstuhl setzte sich wieder in Bewegung, ehe noch als das Licht anging. Statt nach unten, fuhr er aber nach oben und letzten Endes kam er sogar an seiner Ausgangsposition an. Verwirrt stand er da, als die Türen sich öffneten und Yuna vor ihm stand, mit dem Telefon am Ohr, genau wie er. „Eh… eigentlich wollte ich nach unten“, kam er nicht ganz mit. Trotzdem trat der Sänger aus dem Fahrstuhl und nahm dann endlich mal sein Handy vom Ohr, genauso wie Yuna die auch ein wenig überrascht aus der Wäsche schaute, sich aber bald Freude in ihrem Gesicht abzeichnete. „Wenn dein Angebot noch steht, ich glaube deine Couch klingt für diese Nacht gar nicht mal so übel…“ Kapitel 36: Sechsunddreißig --------------------------- „Bist du dir sicher, dass du wirklich auf dem Sofa schlafen willst?“, fragte Yuna Kyo ein bisschen vorsichtig, als sie vor dem weichen Polster standen und Whisky sich darauf ausgestreckt hatte. Der faule Hund hatte alle viere von sich gestreckt und er machte wirklich nicht den Eindruck, als würde er sich vor Sonnenaufgang noch einmal davon herunter bewegen, zudem schnarchte er schon fast ohrenbetäubend laut. „Was wäre deine Alternative?“, fragte er und Kyo kratze sich leicht im Nacken, da ihm die Idee nun gar nicht mehr so wunderbar vorkam. „Mein Bett“, sagte Yuna und sah Kyo an. „Und wo schläfst du dann?“, zog er eine Augenbraue nach oben. „In meinem… Bett?“, fragte sie nun und die junge Frau sah ihn wirklich entschuldigend an. „Das war doch dein Plan“, zog der Sänger seine Augenbrauen zusammen und musterte sie, wie sie da stand, in einer weiten, hellen Hose und einem engen Shirt, was er als ihre Schlafsachen identifizierte. „Vielleicht…“, stritt sie es nicht einmal ab und der Japaner konnte nur seinen Kopf schütteln. „Na gut, dann zeig mir mal dein Bad“, konnte er es eh nicht mehr ändern, zudem Kyo auch keine Lust mehr hatte nach Hause zu laufen. Dazu war er viel zu müde und für ein Taxi war er im Moment ehrlich gesagt zu geizig, zudem er auch eine schlimmere Schlafmöglichkeit hätte haben können. Wie den Aufzug zum Beispiel. Yuna führte ihn dann auch gleich in das kleine, aber doch recht gemütliche, Badezimmer und sie legte ihm auch gleich eine neue Zahnbürste und ein Handtuch raus. Dankbar nahm er die Sachen entgegen und nachdem Kyo die junge Frau aus dem Bad gescheucht hatte, putzte er sich auch sogleich seine Zähne und wusch sich das Gesicht, bevor er seine Sachen auszog und sie ordentlich auf die Waschmaschine legte, damit er sie am nächsten Tag gleich wieder griffbereit hatte. Einzig seine Boxershorts behielt er an und er hätte jetzt auch nichts gegen ein T-Shirt gehabt, aber da hatte er keines bei sich, weswegen es heute mal so gehen musste. Kyo hoffte nur, dass Yuna nicht gerade ein schmales Bett hatte, sonst würde er wohl doch aufs Sofa ausweichen. Nach einem letzen prüfenden Blick in den Spiegel verließ er das Bad und Kyo steuerte das einzige Zimmer an, in welchem er noch nicht war und das konnte dann nur noch das Schlafzimmer sein. Vorsichtig lugte er durch die Tür und Yuna hatte schon zwei Kissen und zwei Decken ins Bett geschafft, was dann doch recht einladend und vor allem groß aussah. Grinsend klopfte sie dann auf die freie Seite neben sich, was Kyo ebenfalls lachen ließ. „Ich will ja mal nichts sagen, aber das wirkt doch sehr geplant“, wurde er das Gefühl einfach nicht los und daraufhin schoss Yuna doch tatsächlich eine ordentliche Röte ins Gesicht. „Also doch“, wurde es dem Sänger damit nur bestätigt. Aber ändern konnte und wollte er es nicht mehr, also kroch er auf die freie Seite und er zog sich die Decke bis unters Kinn. Zwar rannte er auf der Bühne meistens ohne Oberteil herum, aber da hatte er wenigstens noch seine Hosen an und die fehlten ihm jetzt, weswegen er sich dann doch ziemlich nackt fühlte. Yuna machte es sich dann auch bequem und nach einer kurzen Erkundigung, ob er nicht noch etwas bräuchte, löschte sie das Licht und dann raschelte es noch etwas kurz, dann war es ruhig. Kyo hörte sein Herz in den Ohren schlagen und sein Blut rauschen, zusammen mit dem Ticken einer Uhr, die hier irgendwo im Zimmer versteckt war. Plötzlich war er gar nicht mehr so müde, wie erst, sondern er lag mit aufgerissenen Augen da und fragte sich, wie es so weit kommen konnte, dass er tatsächlich in dem Bett einer jungen Frau lag, die auch noch weit entfernt eine Arbeitskollegin war, auch wenn sie beruflich dann doch nicht so viel gemeinsam hatten. In sich seufzend drehte der Sänger sich auf die Seite und schloss seine Augen und keine Minute später raschelte es ebenfalls noch einmal neben ihm und die Matratze wackelte leicht. „Kannst du auch nicht schlafen?“, wurde die Stille zaghaft, durch ein leises Flüstern durchbrochen. „Nicht wirklich“, antwortete Kyo ihr ebenso leise und ehrlich. „Mir geht die ganze Zeit etwas durch den Kopf, dass lässt mir einfach keine Ruhe“, murmelte Yuna weiter. „Und was?“, fragte er aus Höflichkeit nach, aber er hielt weiterhin seine Augen geschlossen, da seine Augenlider so verdammt schwer waren. „Das hier“, hörte er, vor einem weiteren Rascheln, bevor er erneut weiche Lippen auf seinen spürte, die da zwar nicht hin gehörten, aber trotzdem wunderbar dahin passten. Augenblicklich riss Kyo seine Augen auf, nur um wieder in völliger Dunkelheit zu sein. Was machte dieses Weib denn nun schon wieder? Und wieso kribbelte es wieder so krass in seinem Bauch? Zumindest waren seine Knie jetzt nicht so weich… wobei, ganz so sicher konnte er sich dabei nun auch wieder nicht sein, da er ja nicht auf seinen Beinen stand. Ein leichtes Bewegen der Lippen ließen seine Augen langsam wieder zu flattern und zaghaft bewegte nun auch Kyo seine Lippen und bei Gott… fühlte sich küssen schon immer so gut an? Wenn ja, warum hatte er da so lange darauf verzichtet? Weiterhin zaghaft und auch ein wenig neugierig erkundeten sie die Lippen des anderen, ohne Hast oder jegliche Gier. Das war wie ein sanftes Kennenlernen und Kyo musste zugeben, es gefiel ihm außerordentlich gut Er wusste nicht, wie lange sie dann noch so dalagen, doch langsam wurden die Berührungen immer leichter und weniger, bis sie gänzlich aufhörten und das Schlafzimmer von leisen, tiefen Atemzügen ausgefüllt wurde. Kapitel 37: Siebenunddreißig ---------------------------- Ziemlich zeitig am nächsten Morgen wurde der Sänger wach. Eine enorme Wärme umfing ihn und für den ersten Moment hatte er keinen Plan, wo er sich überhaupt befand. Nur langsam dämmerte zu ihm durch, dass er nicht in seinem Bett lag und es auch nicht seine Wohnung war. Zudem war seine Bewegungsfreiheit sehr eingeschränkt. Noch ein bisschen benebelt drehte Kyo sich ein wenig, bis er einen Schrecken bekam als er ein Gesicht ganz nah vor seinem sah. Eine Sekunde später erkannte er in dem verstrubbelten Wesen Yuna, die noch friedlich schlief und ihn tatsächlich umklammert hielt. Von ihr kam scheinbar auch die enorme Wärme. Kurz atmete Kyo durch, dann löste er langsam die dünnen Ärmchen und deckte sie mit ihrer eigenen Decke richtig zu. Dank seiner neu gewonnen Freiheit konnte er unbemerkt aus dem Bett schlüpfen und schlich ins Bad, wo er sich an der geliehenen Zahnbürste bediente und sein Gesicht notdürftig mit Wasser abspritzte. Nachdem der Schlaf aus seinen Augen gewaschen war, schnappte sich der Sänger seine Sachen, die noch immer auf Yunas Waschmaschine lagen, und mit wenigen Handgriffen hatte er sie angezogen. Seine Haare sahen zwar ein bisschen wüst aus, aber bis nach Hause wäre das egal, da erkannte ihn vielleicht niemand, wofür der Bartschatten in seinem Gesicht sicherlich auch nicht gerade schlecht war, denn so kannte ihn erst recht niemand. Als er alle seine Habseligkeiten eingesammelt hatte, schlich Kyo weiter durch die Wohnung und noch immer konnte er Whisky vom Sofa aus schnarchen hören. Kopf schüttelnd lief er dran vorbei und zog sich flink seine Jacke an, bevor er in seine Schuhe schlüpfte. Kurz horchte Kyo noch einmal in die Wohnung, falls Yuna in der Zeit wach geworden war, doch außer den faulen Mops konnte er keinen Ton vernehmen, was wahrlich auch besser war. Also öffnete er die Tür, switschte hindurch und ließ sie wieder einrasten, was allerdings ein bisschen zu laut war. Für einen Moment zog der Sänger seinen Kopf ein und lauschte wieder. Diesmal schnarchte der Hund nicht mehr, sondern er bellte. „Okay, das ist mein Zeichen“, murmelte er vor sich hin und steuerte diesmal die Treppen an, den Fahrstuhl würde er ab sofort meiden. Die Stufen hüpfte er schnell hinab und er quetschte sich gerade noch durch den offenen Spalt der Tür, da ebenfalls gerade jemand aus dem Haus getreten war und die Tür scheinbar nur hinter sich zu fallen ließ. Draußen atmete er die frische Morgenluft ein, dann nahm er große Schritte und legte den Weg zu seiner Wohnung ziemlich schnell zurück. Die ganze Zeit über zwang er sich nicht an den letzten Abend zu denken, denn er würde ihn zu Tode analysieren und darauf hatte er im Moment keine große Lust. Nachdem Kyo den gesamten Weg zurück gelegt hatte, steuerte er bei sich gleich als erstes das Bad an und stellte sich unter die Dusche, damit auch wirklich alle Lebensgeister geweckt wurden. Nach der angenehmen Dusche fühlte er sich auch endlich wieder wie ein richtiger Mensch und nach einer Rasur sah er auch wieder so aus und mit neuer Energie machte er sich eine Schale Müsli fertig und schaufelte diese sich in Ruhe in den Mund. Kaum war der letzte Tropfen Milch in seinem Rachen verschwunden, da landete die Schüssel in der Spüle und Kyo machte sich auf den Weg zu seiner Arbeitsstelle. Nach einem Blick auf seine Uhr, würde er dieses Mal sogar mit einer der ersten sein, was er sonst immer tunlichst verhinderte, aber wenn er sich jetzt wieder in sein Bett schmeißen würde… das wäre fatal. Im Eiltempo war er wieder im Studio und machte sich sogleich an die Arbeit, da diesmal wirklich noch niemand da war, nicht mal Kaoru, der ja sonst immer mit seiner Arbeit verheiratet war. Nun, da er langsam zur Ruhe kam und ihm noch keiner ein Ohr abkaute, da schlich sich wieder die junge Frau in seine Gedanken und statt sich auf seine Arbeit zu konzentrieren, konzentrierte er sich eher an die Erinnerungen des letzten Abends. Er hatte sich wirklich sehr gut unterhalten gefühlt und auch wenn sie eigentlich nur geredet und sich ab und an ein paar freche Floskeln an den Kopf geschmissen hatten, hatte er nichts vermisst. Nein, viel mehr fühlte er sich rund um wohl. Zwar hatte er die einen oder anderen Avancen von ihr wahrgenommen, doch die hatte er nicht wirklich auf sich wirken lassen wollen. Kyo fühlte sich mehr als unwohl, dass er seine Zeit und Gedanken nicht für Natsuki aufbrachte, sondern für eine ganz andere Frau. Doch warum wurde ihm dann immer so flau im Magen? Oder warum kribbelte es immer so merkwürdig, wenn sie ihn anlächelte, oder gar berührte, egal wie kurz und lapidar die Berührung war? Außerdem waren die weichen, puddingartigen Knie auch noch eine merkwürdige Nebenwirkung. Das Schlimmste an der ganzen Sache war allerdings, dass er wusste, was es mit den ganzen Symptomen auf sich hatte, doch er wollte sie nicht akzeptieren. Er hatte keine Zeit für eine Frau in seinem Leben… genauso wenig, wie eigentlich für ein kleines Mädchen. „Ach verdammte Kacke, das kann doch nicht wahr sein“, feuerte seinen Block durch die Kante und traf damit beinahe den Leader, der in diesem Moment durch die Tür marschiert kam. „Deine Begrüßungen werden ja auch von Tag zu Tag besser“, murmelte dieser. „Sorry“, war das nun wirklich nicht Kyos Absicht gewesen und er stand auf, um sich sein zerfleddertes Buch wieder zu holen. „Schlechte Nacht gehabt?“, schien der Gitarrist es ihm zum Glück nicht allzu krumm zu nehmen, denn er setzte nebenbei Kaffee auf und suchte schon einmal genügend Tassen aus dem Schrank. „Hm… nein, eigentlich nicht. Zumindest die zweite Hälfte nicht“, musste er eingestehen und Kyo ließ sich auf das Sofa fallen, worauf er zuvor schon gesessen hatte. „Erzähl, was war denn?“ Kyo wusste nicht, ob er es Kaoru wirklich erzählen sollte, aber früher oder später würde es doch mal ans Tageslicht kommen, weswegen er einmal tief Luft holte und dann mit dem Abend begann, den er bei Yuna verbracht hatte. „Also habt ihr euch einen schönen Abend gemacht und dann bist du weg? Warum war dann die Nacht schlecht?“, war der Leader neugierig und Kyo schnaubte. „Weil der dämliche Fahrstuhl stecken geblieben ist, nachdem ich eingestiegen bin und auf dem halben Weg nach unten war.“ „Du hast die Nacht in einem Fahrstuhl verbracht?“, guckten ihn nun zwei große, fragende Augen an, was den Sänger kurz zum Lachen brachte. „Das hättest du wohl gerne. Nein, ich hab Yuna angerufen und die hat dann den Hausmeister aus dem Bett geschmissen. Bis das Ding dann endlich wieder in Bewegung kam, hatte es allerdings noch etwas gedauert“, erzählte er weiter und beobachtete nebenbei, wie Kaoru zur Kaffeemaschine ging und ihnen beiden Kaffee einschenkte, da der erste Durchlauf schon fertig war. „Und was ist dann passiert?“ „Dann… habe ich doch tatsächlich zu gesagt, bei ihr zu übernachten, da ich keinen Nerv mehr hatte um nach Hause zu laufen“, schilderte er seinem Leader und nahm dankend die dampfende Tasse entgegen, die ihm hingehalten wurde. „Und dann bist du mit ihr in der Kiste gelandet“, ertönte es aus den Tiefen des Sofas, da Kaoru sich eine Sekunde vorher auf das Sofa hat fallen lassen. „Ja, aber nicht so wie du denkst“, schmunzelte er und hielt kurz Kaorus Tasse fest, da das Sofa nachbebte und der Kaffee drohte hinaus zu schwappen. „Wie denke ich denn?“ „Dass wir Sex hatten.“ „Und, hattet ihr?“ „Nein, hatten wir nicht“, schüttelte der Sänger seinen Kopf und gönnte sich einen Schluck Kaffee. „Warum nicht?“ „Weil ich sie kaum kenne?“ „Für Sex muss man sich nicht kennen, Kyo.“ „Wie dem auch sei, ich hab die Nacht jedenfalls in ihrem Bett verbracht“, murmelte er dann und Kyo konnte spüren, wie ihm die Wärme in die Wangen schoss, da er unweigerlich an den Kuss denken musste. „Oi, du verheimlichst doch noch etwas, von wegen kein Sex. Du wirst nicht einfach so rot. Was habt ihr die Nacht getrieben, raus mit der Sprache?!“, wirkte Kaoru irgendwie sehr amüsiert und verdammt neugierig, was den Sänger seufzten ließ und am liebsten würde er jetzt gar nichts mehr sagen, aber nun hatte der Leader Lunte gerochen und er würde nicht mehr locker lassen, bis er alles aus dem Sänger heraus gekitzelt hatte. „… scheinbar haben wir uns… geküsst.“ „Scheinbar? Wie kann man sich scheinbar küssen? Entweder man tut es, oder nicht“, wirkte Kaoru ein bisschen verwirrt und so schaute er Kyo auch an, der seine Augen verdrehte und nun doch die Flinte ins Korn warf. „Okay, ist ja gut. Wir haben uns geküsst. Ganz lang und ausgiebig, wenn du das auch noch wissen willst“, gab Kyo zu und ihm wurde noch ein bisschen wärmer, als er an das schöne Gefühl zurück dachte, was er zu dieser Zeit in seinem Bauch gespürt hatte und er es nun auch wieder annähernd wahr nahm. „Scheiße, Kyo, du hast dich verknallt, aber mal so richtig“, platze es aus Kaoru heraus, der es kaum fassen konnte, aber trotzdem strahlte wie ein Honigkuchenpferd, als ob es ihn selbst betreffen würde. „Was? Nein, das kann nicht sein“, wehrte der Sänger gleich ab und schüttelte vehement seinen Kopf. „Oh doch, mein Lieber“, grinste der Leader immer noch. „Red doch nicht so einen Unsinn, das glaubt dir sonst noch jemand“, zeigte Kyo ihm den Vogel und er verfluchte Kaoru, dass er ausgerechnet das ausgesprochen hatte, was er die ganze Zeit versuchte zu verdrängen. Doch Kaoru juckte das nicht im Geringsten, der grinste immer noch und machte damit ihrem zweiten Gitarristen mächtig Konkurrenz. „Was ist denn hier kaputt?“, ertönte kurz darauf eine weitere Stimme und Sänger, sowie Gitarrist zuckten ertappt zusammen, da sie niemand hatten kommen hören. „Was soll denn los sein?“, fragte auch gleich das Leadertier und hob die Tasse wieder an seine Lippen. „Na ja, zum Einen grinst du wie ‘nen debiler Idiot und zum Anderen ist Kyo schon da, also muss was im Argen liegen“, erklärte ihr Bassist Toshiya gleich und sein erster Handgriff ging zur Kaffeemaschine, an der er sich gleich bediente. „Keine Ahnung, was du meinst“, hielt Kaoru aber wenigstens dicht und erzählte nicht gleich dem anderen, was er vor wenigen Minuten in Erfahrung gebracht hatte. „Doch du weißt es, willst es nur nicht erzählen“, schmunzelte der Bassist und hielt sich dann an seiner Kaffeetasse fest, die ihn aufrecht zu halten schien. „Warum fragst du dann überhaupt?“, grinste Kaoru wieder und begrüßte dann die letzten beiden, die zwar auch verwundert aus der Wäsche guckten, dass Kyo schon da war, aber Shinya und Daisuke hielten brav die Klappe und schnappten sich lieber zuerst eine volle Tasse Kaffee. Somit war das die erste Aktion, die sie an diesem Morgen bewältigten, ehe Kaoru seine Schäfchen auf ihre Positionen scheuchte, damit sie endlich mal was Produktives zustande brachten als sich nur mit Koffein auf den Beinen zu halten und über eventuelle Liebesromanzen zu tratschen. Kapitel 38: Achtunddreißig -------------------------- Bis in den späten Abend hatte der Sänger Dir en grey’s sich im Studio verkrochen und sogar Kaoru hatte schon den Abflug gemacht. Er hatte vorgegeben, dass er unbedingt den einen Text noch zu Ende bringen wollte, dabei versuchte Kyo nur der jungen Frau aus dem Weg zu gehen, die er heute Morgen sozusagen sitzen gelassen hatte. Auch wenn es keine Erklärung dafür war, aber er fühlte sich auch ziemlich mies dabei, da sie eigentlich total in Ordnung war und nicht so eine unmögliche Behandlung von ihm verdient hatte. Aber der Sänger hatte sich einfach nicht anders zu helfen gewusst und bevor er wohlmöglich noch mehr Gefühle für sie entwickelte, war er eben geflohen. Umso länger er darüber nachdachte, umso mehr fühlte er sich zugegebenermaßen wie ein riesen großer Feigling. Allerdings hatte er jetzt auch nicht den Mumm in den Knochen um es ihr zu sagen, oder überhaupt sich ihr erst einmal zu stellen. Tja, so war das, auf der Bühne den großen Macker heraus hängen lassen, aber privat gleich den Schwanz ein ziehen, sobald mal bisschen was in seinem Leben passierte. Dafür könnte er sich manchmal selbst in den Hintern treten. Nachdem die Sonne dann schon fast ganz unter gegangen war, sammelte Kyo dann doch mal seine Sachen zusammen und er stopfte das meiste davon in seine Umhängetasche, die er sich auch gleich über seine Schulter warf, nachdem er sich seine Jacke angezogen hatte. Seinen Hut nahm er auch noch von dem Kleiderhaken und setzte diesen gekonnt auf sein schwarzes Haupt, dann verließ er den Raum, knipste das Licht aus und marschierte durch den ausgestorbenen Flur zum Fahrstuhl. Sofort überkam ihn ein mulmiges Gefühl, doch er unterdrückte es und stieg ein, sobald die Türen sich geöffnet hatten. Im Fahrstuhl selbst wurde das Gefühl dann noch eine Spur stärker und er atmete tief durch. Dieser würde ganz sicher nicht stecken bleiben, denn er vertraute darauf, dass er mehr als regelmäßig gewartet wurde, zudem es ein schlechter Ruf wäre, wenn es hieß, dass regelmäßig die Fahrstühle in der Companie stecken bleiben würden. So ganz in seiner Grübelei versunken, bekam er fast gar nicht mit, wie der Fahrstuhl das Erdgeschoss erreichte und schnell schlüpfte er hinaus, als die Türen sich schon wieder schließen wollten. Seinen Reißverschluss der Jacke zog Kyo noch etwas höher, da ein unangenehmer Wind aufgekommen war und kaum trat er durch die Glastür auf die Straße, musste er seinen Hut festhalten, da er ihm sonst vom Kopf geflogen wäre. „Da bist du ja endlich, ich dachte du kommst da heute nie mehr raus“, tauchte hinter einer dunklen Ecke plötzlich eine Gestalt hervor und der Sänger zuckte mächtig zusammen, da er mit so etwas nun überhaupt nicht gerechnet hatte. „Bist du denn wahnsinnig? Du kannst mich doch nicht so erschrecken“, musste er sein Herz wieder zusammen puzzeln, da es in tausend Teile zersprungen war. „Was machst du überhaupt hier? Hast du nicht schon längst Feierabend?“, fragte er und schaute dann zu Yuna, die schon ein wenig zerzaust aussah, da sie scheinbar nicht erst seit einer Minute hier draußen stand. „Ich hab auf dich gewartet“, sagte sie und Yuna schloss gleich zu ihm auf, da der Sänger sich schon wieder in Bewegung gesetzt hatte. Dadurch fühlte Whisky sich scheinbar ein bisschen gehetzt, denn er kläffte kurz schnaufend auf und versuchte mit Yuna Schritt zu halten. „Um diese Uhrzeit solltest du aber nicht hier draußen stehen, sondern zu Hause sein.“ „Ja, aber es gibt einen Grund, warum ich hier draußen auf dich gewartet hab“, oh bitte nicht, genau das hatte er sofort vermutet, als er erkannt hatte, wer denn da den Schrecken der Nacht spielte. „Aus deinem Schweigen entnehme ich, dass du genau weißt, worum es geht.“ Ja, er wusste es, aber er wollte damit nicht konfrontiert werden, da er sich eh schon wie der letzte Vollidiot vorkam. „Hey, ich rede mit dir“, ließ diese junge Frau sich einfach nicht abschütteln und sie stupste Kyo doch tatsächlich in die Seite, woraufhin er schon wieder leicht zurück zuckte. „Ja, aber ich habe gerade keine Lust mit dir zu reden.“ Kyo, du bist so ein Arschloch, ich hoffe, das weißt du, schallte er sich und am liebsten würde er sich selbst eine vor den Latz geben. „Pech für dich, ich will aber mit dir reden und hätte auch gerne, dass du nicht nur schweigend neben mir her läufst, als wärst du gerade auf den Weg zum Scheiterhaufen“, juckte es Yuna gar nicht und Kyo seufzte leise. „Was willst du von mir hören?“, blieb er dann einfach stehen und sah sie an. „Dass ich mich aufgeführt habe, wie der letzte Idiot? Dass ich dich damit wahrscheinlich verletzt habe? Dass ich nicht zu meinen Gefühlen stehen kann? Dass ich so dumm bin und nicht einfach akzeptieren kann, dass mich mal jemand als Mensch mag und nicht als Person des öffentlichen Lebens?“, platze es aus ihm heraus und Kyo holte tief Luft, da er doch ziemlich in Rage war. Aber nicht über Yuna, sondern einzig über sich selbst. Statt aber eine große Rede zu schwingen, lächelte Yuna nur und trat einen Schritt näher zu ihm heran, so dass ihre Oberkörper sich beinahe schon berührten. Kyo war der Versuchung nahe einfach wieder einen Schritt nach hinten zu treten, aber er war den ganzen Tag schon wie ein Feigling umher gekrochen, da musste er jetzt seinen Mann stehen. Zudem war das Kribbeln schon wieder entfacht und diesmal war es nicht nur in seinem Bauch, sondern es schien schon bald überall in seinem Körper zu sein. Seine Knie verwandelten sich auch schon langsam wieder in Pudding, doch Kyo riss sich zusammen und ließ sich nichts anmerken, wobei seine Atmung noch immer nicht ganz gleichmäßig ging und solange Yuna so nah bei ihm stand, würde sich das bis auf weiteres auch nicht ändern. „Einsicht ist doch der erste Weg zur Besserung, oder?“, flüsterte sie und der Sänger hatte alle Mühe sie richtig zu verstehen, da der Wind gerade wieder um sie herum pfiff und das Laub auf den Bäumen mächtig zum Rascheln brachte. Statt zu antworten nickte er und musste schlucken, da ihre Augen ihn schon wieder versuchten zu überreden Dinge zu tun, die er eigentlich gar nicht tun wollte. Okay, eigentlich wollte er schon, aber er traute sich nicht. Über sich selbst aufregend, ballte er seine Hände zu Fäusten, blieb aber einfach an ihren rehbraunen Augen hängen. „Und so wie ich es verstanden habe, gefällt es dir sogar, oder nicht? Dass ich mich für dich interessiere, dass ich dich besser kennenlernen möchte, dass ich dir mit Natsuki helfen möchte und … dass ich dich küssen … möchte.“ Kyo schluckte, und biss die Zähne aufeinander, sagte aber nichts. Diese Frau hatte in allen Punkten recht. Auf was wartest du dann? Sie mag dich, du magst sie. Wenn du es dir jetzt verbaust, dann bist du wirklich dümmer als ein Laib Brot, redete sein Gewissen immer weiter auf ihn ein und langsam bröckelte seine Fassade und seine geballten Fäuste lösten sich ein wenig. Seine verkrampften Finger ließen locker, doch seine Arme bewegten sich nicht. Alter, küss sie nun endlich, bevor jemand anderes es tut und das würde bei der hübschen Lady wahrlich nicht lange dauern, plapperte es schon wieder in seinem Kopf und das legte dann wahrscheinlich auch den Schalter um, denn Kyo beugte sich die letzten Zentimeter nach vorn und drückte zaghaft seine Lippen auf die von Yuna. Sie hatten sich noch gar nicht richtig berührt, da waren seine Augen schon von alleine zugefallen. Die junge Frau schien davon aber selbst ein bisschen überrumpelt zu sein, denn sie hielt merklich für einen Moment die Luft an. Dann schien sie aber auch zu bemerken, was denn überhaupt hier vor ging und mit einem leisen, äußerst niedlichen Seufzen, schmiegte sie sich mit ihrem Körper noch ein kleines bisschen mehr an seinen heran. Zaghaft hob Kyo eine Hand und strich vorsichtig über die weiche Wange, die eine enorme Wärme ausstrahlte. Aus dem leichten Kribbeln in seinem Bauch war in der Zeit ein regelrechtes Inferno geworden und er musste sich ein bisschen an Yuna fest halten, was einen Arm um ihre Hüfte bedeutete, da ihm drohten die Beine wegzusacken. Wie in der letzten Nacht küssten sie sich zärtlich, ein bisschen zaghaft und wie beinahe zum ersten Mal, bis Kyo selbst so neugierig wurde und mit seiner Zungenspitze ihre Lippen an stupste. Er spürte, wie Yuna kurz zögerte, doch dann gab sie nach und vorsichtig tippten sich im nächsten Moment ihre empfindlichen Zungenspitzen an. Die Hitze schoss dem Sänger in den gesamten Körper und er war wirklich froh, dass er sich von seiner inneren Stimme dazu hatte überreden lassen. Ihre Zungen schienen Gefallen an der jeweils anderen gefunden zu haben und immer wieder trafen sie aufeinander, bis sie feurig umeinander tanzen und die beiden Besitzer ganz schön in Wallung brachten. Die Zeit schien stehen geblieben zu sein und Kyo zog die junge Frau mit seinem Arm noch etwas mehr an sich heran, so dass sie ihre Hände auch auf seinen Oberkörper legen musste, damit sie genug Halt hatte. Durch immer stärkeres Ziehen an der Hundeleine, mussten sie den Kuss dann doch lösen und nur ganz langsam flatterten Kyo die Augen auf. Seine Lippen fühlten sich seltsam geschwollen an und sie waren regelrecht heiß, aber der süße Geschmack von der Frau vor ihm, machte das alles wieder wett und es zupfte doch tatsächlich ein Lächeln an seinem Mundwinkel. Durch einen erneuten starken Ruck an der Leine, wurde sie dann auseinander gerissen und der Sänger musste sie wohl oder übel los und gehenlassen. „Gute Nacht“, hörte er noch von Yuna, bis sie von ihrem Hund um die nächste Ecke gezogen wurde und Kyo allein zurück blieb. Kapitel 39: Neununddreißig -------------------------- Für einen Moment stand Kyo wie benebelt da und er konnte einfach nicht fassen, wie gut sich das alles angefühlt hatte. Ihr Lippen, ihr Körper an seinen geschmiegt, ihre Wärme... Als ein kräftiger Windstoß ihm den Hut vom Kopf pustete, kam der Sänger dann endlich mal wieder zu sich und mit einer kleinen Verwünschung, den Wind betreffend, rannte er seinem Hut hinterher und hatte ihn nach einigen Metern zum Glück wieder eingefangen. So gut es die Dunkelheit zu ließ, klopfte er ihn sauber und setzte diesen wieder auf seinen Kopf, diesmal ein wenig fester und immer darauf bedacht, dass der Hut nicht noch einmal zum (un)bekannten Flugobjekt wurde. Da ihm der Wind langsam aber sicher ins Mark ging, sputete er sich nun und stellte seinen Jackenkragen gleichzeitig noch etwas auf. Im nu war Kyo zu Hause und da gönnte er sich zunächst ein beruhigendes Schaumbad. Seine Gefühlswelt war immer noch in reger Aufruhr und da war an schlafen nicht zu denken. Seufzend ließ er sich weit in das Badewasser gleiten, bis seine Zehen am anderen Ende der Badewanne wieder aus dem Schaum lugten, und das leise Platzen der kleinen Schaumbläschen an seinen Ohren, hatte eine seltsam entspannende Wirkung auf ihn. Er könnte wirklich stundenlang in seiner Badewanne liegen, doch da die menschliche Haut die dumme Eigenschaft hatte eklig schrumpelig zu werden, beschränkte er sich meist auf eine halbe, bis Stunde. Nach diesem Zeitraum kletterte er dann wirklich wieder heraus und langsam rutschten einige Schaumfetzen an seinem Körper hinab, was ihn grinsen ließ. Das sah schon irgendwie lustig aus, wie sie die Konturen seiner Muskeln nachfuhren, oder an manchen einfach hängen blieben, da die Überwindung zu groß war. Als sich eine zähe Gänsehaut über seinen Körper zog, angelte er sich schnell ein Handtuch und wickelte sich beinahe wie eine Frühlingsrolle ein, aber so war ihm wenigstens warm und nebenbei trocken würde er auch noch werden. Trotzdem musste er an manchen Stellen dann doch mal nachhelfen und als wirklich alles von ihm trocken war, hängte Kyo das feuchte Handtuch über seine Heizung und da er ja wieder – leider – alleine war, nutzte er die Freiheit und spazierte nackt in sein Schlafzimmer, wo er schon in der Versuchung war, sich einfach so ins Bett zu schmeißen, aber dann entschied er sich doch für eine Shorts und ein Shirt. Das wäre angenehmer, wenn seine Bettdecke wieder den Abflug machen sollte, denn das tat sie wirklich zu gerne und der Sänger tastete regelmäßig in der Nacht nach seiner weichen Wärmequelle. Bis zu den Ohren in der Decke vergraben, schloss er seine Augen … und öffnete sie im nächsten Moment wieder. Sofort hatte er Yuna vor seinem inneren Auge gehabt und ein heftiges Kribbeln hatte sich schlagartig in seiner Magengegend ausgebreitet, da er automatisch an den süßen Kuss denken musste, der dann doch ganz schön feurig geworden war. Oh man, ein einzelner Kuss und er war schon wie ein hormongesteuerter Teenager. Okay, nicht ganz so schlimm, dass er gleich mit einem Ständer im Bett lag war es zwar noch nicht, aber Kyo hatte das Gefühl, sehr viel dazu fehlte allerdings nicht mehr… „In was habe ich mich da nur wieder hinein geritten?“, murrte er in die Dunkelheit und von sich selbst bedient zog er sich das Kissen unter seinem Kopf hervor und drückte es sich aufs Gesicht. „Du bist ein erwachsener Mann und führst dich auf wie fünfzehn. Als ob du vorher noch nie eine Frau geküsst hättest“, blubberte er weiter ins Kissen. „Frag mich sowieso, was die an mir findet?“, war das für ihn immer noch das Unbegreiflichste, aber Yuna hatte nicht so auf ihn gewirkt, als hätte sie es nur so dahin gesagt. Zwar konnte man sich immer mal irren, aber so schlecht konnte seine Menschkenntnis dann hoffentlich doch nicht sein. Da aber auch sonst niemand auf seine Fragen antwortete, würde er es wohl selbst herausfinden müssen, bevor er das aber angehen konnte, musste Kyo sich das Kissen vom Gesicht ziehen, da die Luft da drunter doch schon mächtig dünn wurde. Japsend lag er in seinem Bett und starrte seine Zimmerdecke an, die er kaum erkennen konnte. Zum Einen lag es an der Dunkelheit und zum Anderen an seiner Kurzsichtigkeit. Doch auch die Decke weigerte sich beharrlich eine Antwort auf seine Fragen zu geben und seufzend drehte Kyo sich wieder auf die Seite und zog sich die Bettdecke wieder richtig über die Ohren. Störrisch, da er nun endlich schlafen und für morgen ausgeruht sein wollte, schloss er erneut seine Augen und mit einem lauten Murren befahl er seiner inneren Stimme endlich die Klappe zu halten, da sie ihm den ganzen Tag schon auf die Nerven ging und er nichts mehr hören wollte, über sein Gefühlschaos, was er sich zwar zum Teil selbst zuzuschreiben hatte und zum anderen Teil Yuna dran schuld war. Zumindest war es seine Meinung, sie war Schuld und fertig. Eine halbe Stunde später schlug er seine Bettdecke wieder zurück, stellte seine Füße auf den Boden und mit tapsenden Schritten ging Kyo in die Küche und er kochte sich einen Tee. Schlafen konnte er noch immer nicht und wenn er sich zwang an nichts zu denken, dachte er an doppelt so viel. Während das Wasser zu sieden begann, trommelte er leicht mit seinen Fingern auf die Arbeitsplatte, was ihn zwar selbst nervös machte, aber das ignorierte er gekonnt. Kaum war der Wasserkocher mit seiner Arbeit fertig, goss der Sänger das Wasser in seine vorbereitete Tasse und ungeduldig wartete er bis auch der Tee durchgezogen war, damit er endlich den Beutel entfernen konnte. In seiner Standzeit bekam er langsam kalte Füße und mit einer regelrechten Ungeduld suchte er seine Küche nach seinen Hausschuhen ab, die dort aber nirgends zu finden waren und da der Tee eh noch einen Moment benötigte, bequemte er seine müden Knochen bis ins Wohnzimmer, wo der eine Schuh neben dem Sofa und der andere halb unter seinem Esstisch lag. Er wollte gar nicht wissen, wieso sie so dahin geschmissen aussahen, dazu waren seine Füße zu kalt und außerdem war es ihm eigentlich auch egal. Da seine Füße noch rechtzeitig vor dem Kältetod bewahrt worden waren, schlürfte Kyo wieder in die Küche und angelte gleich den Teebeutel aus seiner Tasse und klitschte ihn fast schon in seinen Mülleimer, so dass die Klappe ein paar Runden drehte, ehe sie langsam zur Ruhe kam und nur noch leicht hin und her schwang. Mit der Tasse bewaffnet steuerte er dann wieder sein Wohnzimmer an. Dort stelle er die volle Tasse auf seinen Wohnzimmertisch, nahm sich seine kuschelige Decke vom Sofa und wickelte sich in diese ein, ehe er sich auf dem weichen Polster nieder ließ und sich seine Tasse wieder zur Hand nahm. In das heiße Gebräu pustend nahm er immer wieder einen Schluck. Die Entspannung aus der Badewanne war schon wieder gänzlich verflogen, da seine innere Stimme sie schon wieder mürbe gemacht hatte. Kyo klammerte sich nun an die Hoffnung, dass der Tee wieder ein wenig Entspannung in seinen Körper bringen würde. Vor sich hin schlürfend ging er immer und immer wieder die Szene in der Dunkelheit nach und immer und immer wieder wurde das Kribbeln in seinem Bauch neu entfacht, wie wenn man ein Feuerzeug gegen ein Stück Papier hielt. Wusch und schon stand alles erneut in Flammen… Selbst als die Tasse schon längst keinen Tropfen Tee mehr beinhaltete, saß der Sänger stierend auf seinem Sofa und war total in seiner eigenen kleinen Welt versunken, die alle möglichen Szenarien mit Yuna ausmalten. Sogar Natsuki schwirrte mit drin herum und die Vorstellung, sie als kleine süße Familie, war beinahe eklig kitschig, aber sie war lange nicht mehr so beängstigend, wie noch vor ein paar Jahren, als er sich so etwas überhaupt noch nicht vorstellen konnte. Und als Erklärung dafür gab es auch nur zwei Möglichkeiten. Entweder Natsuki hatte ihn in den Monaten, in der sie schon verkehrten so sehr verändert, oder aber er wurde einfach älter, reifer und seine Prinzipien änderten sich langsam. Aber eigentlich war es auch egal, ändern konnte er es so oder so nicht mehr, zudem es ihm ja auch auf skurrile Weise gefiel. Apropos Natsuki. Kyo wollte doch eigentlich schon längst in seinem Bett liegen und den Schlaf der Gerechten schlafen, da er morgen Vormittag nur einen geschäftlichen Termin hatte und den Rest des Tages eigentlich mit der kleinen Lady verbringen wollte. „Dann los jetzt“, redete er sich nun selbst gut zu und mit Mühe wickelte er sich aus seinem Kokon und in einem Haufen ließ er die Decke auf dem Sofa zurück. Seine Tasse schaffte er allerdings noch in seine Küche und erst auf dem Weg in sein Schlafzimmer, fiel ihm wieder auf, dass seine Hausschuhe ganz unschuldig im Wohnzimmer zurück gelassen worden waren. Da er nun aber auch zu faul war wieder zurück zu gehen, lief er barfuß weiter und bald lag er schon wieder ordentlich in seiner Decke eingehüllt. Wie zuvor nahm er seine Position auf der Seite ein und langsam aber sicher entspannte er sich wirklich und auch die Stimme in seinem Schädel schien endlich mal Ruhe zu geben. Seiner Blase schien die Entspannung allerdings nicht ganz so gut zu gefallen, denn Kyo hatte sich gerade soweit zur Ruhe gebracht, dass er kurz vorm Einschlafen war, da meldete diese sich unangenehm und mit einer ganz schönen Penetranz. „Das ist jetzt echt nicht wahr?“, konnte er es einfach nicht fassen und selbst der Versuch es einfach zu ignorieren brachte nichts. Also wickelte der Sänger sich zum gefühlt hundertsten Mal in dieser Nacht, aus seiner Decke und stand wieder auf, um diesmal aufs Klo zu wackeln. Innerlich verfluchte er sich schon wieder, dass er sich noch einen Tee hinter gekippt hatte, aber ändern konnte er es letzten Endes auch nicht mehr, egal wie viel er da vor sich hin zetern würde. Somit erledigte er endlich das Nötigste und ohne weitere Umwege steuerte er danach wieder sein Schlafzimmer an und ließ sich stur wie ein Esel auf seine Seite fallen. Er hatte erhaschen können, dass es kurz vor zwei Uhr nachts war und nun wurde es wirklich endlich Zeit, dass er sich seinem Schönheitsschlaf widmete. Schnell war die Bettdecke wieder bis über die Ohren gezogen, dann wurde es relativ zügig mucksmäuschenstill im Schlafzimmer und der Sänger bekam seine verdiente Erholung. Kapitel 40: Vierzig ------------------- Es wäre gelogen, würde Kyo behaupten, er wäre ausgeschlafen und hätte eine tolle Nacht gehabt. Aber er war leider nicht zum Meckern hier, sondern zum Arbeiten. Also kniff er sich seinen niedlichen Hintern zusammen und er zerrte seine Konzentration am Zipfel ihres zerflodderden Hemdes zurück, da dieses elendige Biest sich gerade wieder verabschieden und dafür seine ablenkenden Gedanken vor das Loch schieben wollte. Aber nicht mit dem Sänger und da seine Geschäftspartner heute eh alle schon so komisch guckten, wollte er nicht noch für weiteren, unnötigen Gesprächsstoff sorgen. Dennoch zog sich die Zeit, bis alles nötige geklärt war, ellenlang dahin und langsam aber sicher wurden ihm die Augenlider schwer. Das ein oder andere Mal musste er sich wirklich zwingen die schweren Teile wieder aufzuschieben und Kyo wünschte sich mit jeder weiteren Sekunde ein paar Streichhölzer her. Doch auch die längste Zeit hatte mal ein Ende und mit einem Strecken, was sich zeigen lassen konnte, wuchs der Sänger um sagenhafte fünf Zentimeter an, nur um dann wieder in seine Ausgangsgröße zu schrumpfen. Aber das war egal, denn nun konnte er zum gemütlichen Teil des Tages übergehen. Zu seinem Glück war die Heimleiterin auch einverstanden gewesen, dass er Natsuki heute schon vor dem Mittagessen abholen würde. Zwar war das gestern am Nachmittag ziemlich kurzfristig gewesen, aber da hatte er erst von seinem freien Nachmittag erfahren und bevor andere ihn in die Mangel nehmen konnten, hatte er lieber schnell im Heim angerufen und einen Termin mit seiner kleinen Lady ausgemacht. Er hoffte immer noch, dass sie ihn weiterhin sehen wollte, denn auch wenn Yuna – seit knapp zwei Tagen – den größten Teil seiner Gedanken besetzte, war der Blick von Natsuki noch nicht vergessen. Als sich die anderen Herrschaften dann alle verdrückt hatten, schnappte Kyo sich seine dünne Adidasjacke und verließ mit schnellen Schritten das Studio. Es dauerte keine fünf Minuten, da passierte er das Tor vom Kinderheim und schob dann auch die große Eingangstür auf. Noch immer konnte er eine ganz leichte Spur von Rauch riechen, aber das war eher nur für den ersten Moment und nicht wirklich penetrant. Zudem hing der Geruch sicherlich in den Möbeln und Holztüren und das alles zu ersetzten hätte bestimmt Millionen verschlungen. Mit einem Handgruß begrüßte er die Heimleiterin, die ihm zunickte und danach gleich in ihr Büro verschwand. Kyo war das nur recht, denn er wollte keine Zeit verschwenden, sondern sein Mädchen wieder in den Armen halten und sie ordentlich durch knuddeln. Hilfe, scheinbar wurde er wirklich langsam weich im Hirn, wenn er so etwas, wie durch knuddeln, schon dachte. Eine auffliegende Tür ließ ihn abrupt zurück springen, da er diese beinahe an den Kopf bekommen hätte. Laut schreiend kam ein kleiner Junge hindurch gerannt und nach ihm gleich noch zwei weitere, die scheinbar versuchten den Knirps zu fangen. Als die drei aus seiner Sicht verschwunden waren tastete der Sänger sich vorsichtig wieder an die Tür heran, nicht dass sie ihn noch einmal versuchen wollte außer Gefecht zu setzen, dann öffnete er sie ganz und wie die letzten Male auch, stand er wieder im Garten, da heute das Wetter mal wieder recht schön war, auch wenn die Temperaturen nicht mehr die dreißig Grad Marke erreichten. Aber das brauchte er auch nicht unbedingt, da war es sonst auch kein schönes Unternehmen, wenn sie schon schwitzten, ohne überhaupt etwas gemacht zu haben. Langsam gewöhnte er sich auch an das Bild, von kreischenden Kindern, die im Garten herum rannten und manche wirklich aussahen wie die Schweine. Aber das sollte mal nicht seine Sorge sein, denn er musste die Sachen ja zum Glück nicht waschen. Sein erster Weg führte ihn diesmal zur Hängematte, aber die war verwaist und er war schon ein wenig enttäuscht, dass er Natsuki darin nicht schaukeln sah, denn da ließ sie sich immer so wunderbar erschrecken und er konnte sie immer auffangen, da sie dabei jedes Mal ihr Gleichgewicht verlor. Das mag vielleicht ein bisschen gemein klingen, aber Kyo meinte es alles andere als böse und er würde ihr wirklich niemals etwas gemeines tun wollen. Gut, wenn sie in der Hängematte nicht war, dann musste er eben weiter suchen und seine nächste Station würde das kleine Holzhaus sein. Also ging er den bekannten Weg und er sah schon von weitem, dass da jemand drinnen saß. Zu seinem Pech war es diesmal aber nicht Natsuki, sondern bloß ein anderes Mädchen, welches sich gerade ein wenig mit einem Jungen stritt. Bevor Kyo noch den Schiedsrichter spielen musste, verdünnisierte er sich da auch mal lieber und im Moment war er ein wenig ratlos, wo er das Mädchen noch finden könnte, da die beiden Plätze eigentlich ihre Lieblingsplätze waren. Langsam machte der Sänger wieder kehrt und gerade als ihm die Tür wieder ins Augen fiel, sah er Natsuki hinaus treten und wie sie zielsicher auf die Hängematte zu ging. Schmunzelnd, da sie gar nicht auf ihre Umgebung achtete, zielte er die Hängematte auch wieder an und er blieb etwas weiter weg stehen und grinsend beobachtete er, wie sie versuchte sich in das wackelige Ding zu schwingen, was scheinbar gar nicht so einfach war. Vielleicht stellte sie sich auch ein wenig tapsig an, aber das machte sie gleich noch viel niedlicher. Leise schlich er sich immer weiter ran, bis sie beim dritten Versuch angelangt war und auch der jämmerlich zu scheitern drohte. Schnell sprintete er hin und Kyo konnte Natsuki im letzten Moment noch auffangen, denn sie hätte beinahe Bekanntschaft mit dem sandigen Boden gemacht. „Doch nicht so einfach, hm?“, sagte er ruhig, nachdem er sich sicher sein konnte, dass er sie auch ordentlich in seinen Armen hielt. Erschrocken drehte Natsuki ihren Kopf und mit aufgerissenen Augen sah sie ihn an. Zuerst stand wirklich ein kleiner Schock in ihren Augen, dann Erkenntnis, dass sie nicht hart gelandet war, diese wurde abgelöst von Freude, wer sie gefangen hatte, bis die Erinnerung sie wieder einholte und sie ihn schon wieder so ansah, als wäre er dran schuld, dass sie wieder zurück musste. Dieser Blick versetzte dem Sänger einen mächtigen Stich und ihm wurde tatsächlich ein wenig schlecht. Er dachte ja schon, der Umgang mit Yuna wäre schwierig, dank seiner Gefühle, aber mit einem Kind, war es gleich noch einen ticken schärfer und er fühlte sich gerade tatsächlich wie ein kleiner Junge, der etwas ausgefressen hatte. Dieses Werk schaffte nicht mal Kaoru, selbst wenn er ihn bis auf zwei Zentimeter zusammen stutzte, aber Natsuki brachte es mit einem einzigen Blick fertig. Vorsichtig setzte er sie auf ihre eigenen Beine ab und Kyo drehte das Mädchen so, dass sie genau vor ihm stand und ihn ansehen konnte. „Schmollst du etwa immer noch mit mir?“, fragte er vorsichtig und zog ihr Oberteil ein wenig nach unten, da es durch ihre Showeinlage ein wenig verrutscht war. „Ich habe dir doch erklärt, dass das passieren kann. Zwar muss ich zugeben, dass ich auch nicht damit gerechnet habe, dass es so schnell gehen würde, aber da müssen wir beide jetzt noch durch“, sah er sie an und er versuchte sich an einem Lächeln, auch wenn ihm gerade eher zum Heulen zu Mute war. „Außerdem sind es doch nur noch vier Wochen. Dreißig Tage. Das kriegen wir doch noch herum, oder?“, legte er seinen Kopf schief, bedrängte sie aber nicht weiter, in dem er an irgendwelchen Falten an ihren Klamotten herum zupfte, obwohl es ihm in den Fingern juckte die Kleidung ordentlich zu richten. Natsuki sah ihn daraufhin einige Minuten schweigend an und Kyo rutschte das Herz von Sekunde zu Sekunde weiter in die Hose, da er wirklich schiss hatte, sie würde es ihm total krumm nehmen. Doch dann nickte sie und am anderen Ende der Welt gab es genau in diesem Moment sicherlich ein Erbeben, da ihm so ein großer Stein vom Herzen fiel, dass es eher schon eine Gebirgskette war. Eine Schuttlawine kam gleich noch hinterher, als Natsuki sich im nächsten Moment in seine Arme schmiss und fest ihre dünnen Ärmchen um seinen Hals legte. „Danke“, murmelte er leise und sofort umfasste er sie und rückte die kleine Lady an seinen Körper. Da er immer noch hockte, konnte er durch ihren leichten Schwung sein Gleichgewicht nicht mehr halten und mit einem leisen ‚Uff‘, landete er auf seinem Po und saß mit ihr in den Armen im Sand. Aber das war ihm jetzt egal, denn er hatte sein Mädchen wieder und alles andere hatte keine Bedeutung mehr. Langsam schunkelte Kyo mit seinem Oberkörper hin und her und wiegte das Mädchen vorsichtig mit. Er könnte stundenlang mit ihr hier herum sitzen und sie einfach nur halten, solange sie es zusammen taten. Nach etlichen Minuten löste Natsuki sich diesmal zuerst und sie schenkte Kyo ein aufrichtiges Lächeln, welches er nur zu gerne erwiderte. Sie löste sich dann ganz von ihm und wie eine ganz große hielt sie ihm die Hand hin, damit er aufstehen konnte. Selbstverständlich ergriff er sie und mit eigenem Schwung stemmte er sich hoch, tat aber so, als hätte Natsuki die ganze Arbeit gemacht. „Wow, du bist ja schon richtig stark“, grinste er und sie selbst musste kichern. „Ich hab bisschen was mit dir vor, hast du Lust?“, fragte er, klopfte sich den Dreck vom Hintern und suchte gleichzeitig sein Handy, was er aber nirgends finden konnte. Auch das noch. So wie es aussah, hatte er es tatsächlich im Studio liegen lassen, denn da hatte er es vorhin noch gehabt. Auf seine Frage nickte sie aber gleich und ohne zu zögern zog sie Kyo mit ins Innere, wo ihr kleiner Rucksack mit den Einhörnern schon auf sie wartete. Der Sänger schnappte sich das kleine Ding und nahm ihn in seine freie Hand, damit sie auch endlich mal los gehen konnten. Doch sie kamen nicht mal bis zur Tür, denn da wurden sie von einer Erzieherin abgehalten, die ihm noch darauf hinwies, dass sie bald zu Mittag essen sollte und auch ihr Mittagsschlaf wurde angesprochen. Kyo nickte und meinte, dass er verstanden hatte. Dann endlich konnte es auch schon los gehen und sie wirkten beide mehr als nur befreit, als sie auf dem Gehweg standen und sie sozusagen in die Freiheit entlassen wurden. „Ich muss nur noch mal kurz ins Studio, ich hab da vorhin was vergessen“, murmelte Kyo entschuldigend, doch Natsuki schien das nicht im Geringsten zu stören, denn sie blieb brav an seiner Seite und folgte ihm auf Schritt und Tritt. In seinem Arbeitsbereich angekommen, löste die Kleine sich dann allerdings von ihm und der Schwarzhaarige konnte gar nicht so schnell gucken, wie sie am Klavier saß und schon freudig in die Tasten haute. Scheinbar hatte sie das Klavier regelrecht vermisst, denn egal wie oft oder laut Kyo nach ihr rief, Natsuki ignorierte es gekonnt. Seufzend, aber doch irgendwie grinsend, setzte er sich neben sie und setzte an einer passenden Stelle ein. Mit roten Wangen sah sie ihn daraufhin an und nun konnte er gar nicht mehr anders, als neben ihr zu sitzen und sie spielen zu lassen, auch wenn das überhaupt nicht sein Plan gewesen war. Wie immer durfte ‚Let it go‘ natürlich nicht fehlen. Statt aber einem Mal, spielte Natsuki es etliche Male an und Kyo konnte es fast schon nicht mehr hören, aber er sagte nichts, sondern ließ ihr den Spaß und machte immer fleißig mit. Doch irgendwann taten nicht nur Kyo die Hände weh, auch Natsuki sah ein wenig leidend zu ihm auf. Lachend zog er sie vom Hocker und dirigierte sie auf das Sofa. Bevor er sich selbst setzte, holte er zwei Flaschen Wasser und öffnete beide, hielt eine davon Natsuki hin. Vorsichtig hob sie die Flasche an und dann floss schon die Flüssigkeit ihre Kehle hinab. Dem Sänger erging es nicht anders, sobald er sich auf dem Sofa nieder gelassen hatte und erst nach der halben Flasche setzte er sie wieder ab. Natsuki hatte dagegen nur winzige Schlucke genommen, was aber auch nicht weiter schlimm war. „Was hältst du von einer Runde ausruhen und dann erzähle ich dir, was ich für heute geplant habe?“, fragte er und Kyo streckte sich auf dem Sofa schon aus, nachdem er sich die Schuhe von den Füßen gestreift hatte. Zwar musste Natsuki dafür von ihrem Polster herunter klettern, aber sie fand auf dem Sänger eine neue Sitzgelegenheit. Nickend gähnte sie dann sogar und er ließ sich davon auch gleich anstecken. „Gut, dann mach es dir bequem, ich könnte nämlich auch ein Nickerchen vertragen“, murmelte er und wie üblich zog er sich die Decke heran und breitete diese über seine Beine und dann über Natsuki aus, die sich in dieser Zeit auf seinem Oberkörper ausgestreckt hatte und mit ihrem Kopf auf seiner Brust lag. Zärtlich strich er der kleinen Lady über den Rücken, bis er leise, gleichmäßige Atemzüge vernahm und dadurch selbst ins Land der Träume geschickte wurde. Zwar wurde somit die Reihenfolge ein wenig verschoben, aber Mittagessen konnte man nach dem Mittagsschlaf auch noch wunderbar… Kapitel 41: Einundvierzig ------------------------- Fahrig wischte Kyo sich mit dem Handrücken über seine Nase, aber wirklich Linderung verschaffte das nicht. Unaufhörlich kitzelte ihn etwas an seiner Nasenspitze, sogar so dreist, dass er letzten Endes niesen musste. Nur so nebenbei bemerkte er ein freches Kichern, ehe das Gekitzel von neuem los ging. Grummelnd, da er es gar nicht witzig fand, öffnete er seine Augen einen Spalt und konnte Natsuki direkt vor seinem Gesicht erkennen. Sie hatte von sich selbst eine Haarsträhne in der Hand und fuhr damit immer wieder unter seiner Nase entlang. Kein Wunder, dass das Kribbeln nicht aufgehört hatte, wenn eine kleine freche Göre auf ihm saß und alles aus ihm heraus kitzelte. „Mou~“, murmelte er vor sich hin, anstatt der Kleinen eine Ansage zu machen. „Womit habe ich das verdient?“, fragte er weiter und hielt dann aber ihre Hand fest, da es schon wieder verdächtig in seiner Nase krabbelte, Kyo aber nicht seine Bazillen durch den ganzen Raum schleudern wollte. Wieder kicherte Natsuki, aber sie ließ ihre Haare dann los und setzte sich auf, so dass sie auf seinem Schoß saß, ihn aber immer noch genauestens im Blick hatte. Gähnend streckte sich Kyo noch einmal, bevor er schmunzelnd zu dem Mädchen sah. „Du hättest mich auch ruhig sanfter wecken können“, schmollte er ein wenig gespielt und kitzelte sie an den Seiten durch, zumindest so weit wie er an sie heran kam. Lachend versuchte sie seinen Fingern zu entkommen und wandte sich regelrecht auf seinem Schoß. Da der Sänger sie aber nicht weiter quälen wollte, hörte er relativ früh wieder auf und ließ Natsuki zu Atem kommen. Langsam setzte er sich auf und rutschte mir ihr, auf seinem Schoß, bis an die Sofakante, damit er seine Füße wieder auf den Fußboden stellen konnte. Bevor er aber aufstand, fuhr er der kleinen Lady sanft durch die Haare und versuchte es ein wenig glatt zu streichen, da sie doch ein wenig zerzaust aussah. Bereitwillig ließ sie es über sich ergehen und Kyo knuffte ihr kurz in die Wangen, bevor er sie absetzte und selbst aufstand. „Ich müsste hier irgendwo noch eine Bürste herum liegen haben“, murmelte er suchend und kramte in einigen Schubladen des einen Schreibtisches herum, bis er wirklich eine Bürste fand, die er gleich mit zu ihr hin nahm. „Lass mich deine Haare mal bürsten, dann gehen wir etwas essen, ja?“, fragte er, als er sich hinter sie hockte und vorsichtig einzelne Strähnen bürstete, bis ihr Haar wieder fluffig auf ihren Rücken fiel. Kurzerhand kämmte er seine Haare auch noch einmal durch, dann legte er die Bürste weg und zog sich seine Schuhe wieder an, die vor dem Sofa quer herum lagen. „Dann lass uns mal was futtern und nebenbei erzähle ich dir, was ich mir für heute Nachmittag überlegt habe, ja?“, fragte er und freute sich schon auf den Rest des Tages, doch Natsuki schüttelte ihren Kopf. Verwundert sah Kyo sie an und er legte seinen Kopf leicht schief. „Was nein?“, verstand er nicht ganz. „Magst du nichts essen?“, war er überrascht und wieder schüttelte sie den Kopf. „Aber du musst doch was essen? Es ist schon längst die Mittagszeit vorbei. Ich kann dich doch nicht verhungern lassen“, wunderte es ihn wirklich und er hörte auf sich seine Schuhe zu zubinden, sondern zog Natsuki zu sich ran, dass sie nah bei ihm stand. Doch wieder schüttelte sie ihren Kopf und schmiegte sich an ihn. „Das gefällt mir jetzt nicht so richtig“, gab er zu und fuhr ihr leicht über den Bauch. „Du hast doch sonst auch ordentlich gegessen“, gab es vorher wirklich nie Probleme und ein bisschen machte es ihn schon Sorgen, doch er wollte nicht gleich den Teufel an die Wand malen, vielleicht hatte sie heute allgemein keinen Appetit, aber im Heim nachfragen, das würde er trotzdem noch. „Will aber nicht“, murmelte sie leise und es klang tatsächlich mächtig bockig und bevor Kyo noch einen Streit vom Zaun brach, gab er eben nach. „Okay, fürs erste belassen wir es dabei, aber später wird trotzdem noch etwas gegessen, ganz ohne Essen verbringst du mir den Tag nicht“, sagte er ernst, aber ruhig, nicht dass sich das Mädchen noch in die Ecke gedrängt fühlte. „Ziehst du deine Schuhe an? Dann können wir gleich los“, fragte er sie und strich noch einmal zärtlich über den kleinen Bauch, bevor er sie auf ihr Nicken hin los ließ. Die Chance nutzte er und der Sänger band sich seine Schuhe selbst noch zu Ende, bevor er sich wieder seine Adidasjacke überwarf und sein Handy diesmal wirklich in seine Hosentasche steckte. Natsuki bekam auch noch eine Strickjacke verpasst, dann konnten sie auch schon den Raum verlassen und durch das Studio schleichen, bis sie wieder auf der Straße standen. Mit Natsuki an der Hand steuerte Kyo schon die Richtung an, in der sein Ziel lag und während sie langsam den Weg hinter sich brachten erzählte er ihr, was eigentlich sein Plan für heute war. „Ich habe mir gedacht, da du ja bald bei mir wohnst, dass wir das Gästezimmer zu deinem Zimmer machen. Das heißt, du darfst dir die Farbe für die Wände aussuchen, die Lampen, Bilder, den Teppich und was es nicht noch alles gibt“, erklärte Kyo und blieb mit ihr an einer roten Fußgängerampel stehen und sah zu ihr herunter. „Klingt das gut?“ Sofort nickte sie und Natsuki schien die Idee wirklich sehr gut zu gefallen, denn ihre Augen strahlten richtig. „Da bin ich ja beruhigt. Heute gehen wir deine Farbe aussuchen und mal schauen, was dir sonst noch so gefällt, was du gerne in deinem Zimmer hättest“, sagte er und dann sprang die Ampel auf Grün um und sie setzten ihren Weg fort. Der Weg zum Baumarkt war dann auch nicht mehr wirklich lang und gemeinsam traten sie durch die große Schiebetür und suchend liefen sie durch die vollgestopften Gänge, bis sie bei den Wandfarben angelangt waren. „Na das kann ja noch lustig werden.“, murmelte er leise vor sich hin, als er die gefühlt tausend verschiedenen Farben sah, die am Ende doch nicht so verschieden waren, aber jede Nuance einen ganz anderen Namen hatte. „Dann schau mal, was die gefällt.“, ließ er ihre Hand los, behielt das Mädchen aber immer im Blick, nicht das durch ein Missgeschick noch eine Farbtube auf ging, oder was auch immer. Natsuki schlich schon beinahe bei den Farben lang und sie schien genauso überfordert zu sein, wie er. Wenn er damit schon solche Probleme hatte, wie musste das erst auf ein kleines Mädchen wirken, die das noch gar nicht so verarbeiten konnte? Nach einer knappen halben Stunde hatte die Kleine zumindest schon mal drei Farben in die nähere Auswahl genommen. Grübelnd stand sie vor den drei Tuben und Kyo hockte sich neben sie. Es waren alles drei typische Mädchenfarben, aber er hatte damit schon gerechnet. „Die drei kommen in die nähere Auswahl?“, fragte er also und wartete auf eine Antwort, die in Form eines Nickens dann auch kam. Er nahm die drei Farben genau in Augenschein und Kyo hoffte, dass er sie zu der humansten davon überreden konnte. „Also, wenn du mich fragst, finde ich die viel zu dunkel“, gab er einfach mal seine Meinung kund und wedelte mit einer ziemlich dunkelvioletten Plastikflasche, worin die Farbe aufbewahrt wurde. "Da musst du ganz oft das Licht anmachen und auch nachts ist das immer total dunkel und ich würde da bestimmt Angst im Dunkeln kriegen“, sagte er ganz scheinheilig und wie die Unschuld in Person drehte er seinen Kopf zu ihr. Kyo konnte sehen, wie Natsuki nachdenklich auf ihrer Unterlippe herum kaute, behielt die Flasche aber weiterhin in der Hand, da sie ja selbst entscheiden sollte, aber ein bisschen in die richtige Richtung lenken konnte er sie ja trotzdem. Doch dann riss sie ihm die Flasche schon fast aus den Fingern und schnell hatte das Mädchen den dunklen Farbton wieder in das Regal geschoben. Der Sänger musste sich dabei wirklich das Grinsen verkneifen, aber als sie mit dem Rücken zu ihm stand, kam es trotzdem für eine Sekunde auf seinem Gesicht zum Vorschein, bevor er schnell wieder seine Unschuldsmiene aufsetzte. Gut, die erste Farbe war damit schon mal aus dem Rennen, jetzt musste er ihr nur noch das grelle Pink, was schon beinahe an Neon grenzte, mürbe reden. Akribisch nahm Kyo auch diese Farbe unter die Lupe und umso länger er sich diesen Farbton ansah, umso mehr taten ihm die Augen weh und er musste dann sogar weg sehen. „Damit würde dein Zimmer aussehen wie ein übergroßes Bonbon“, nuschelte Kyo und freudig nickte ihm das Mädchen zu. „Mir schon klar, dass dir das gefällt, aber ich finde die Farbe nicht toll“, spielte er dieses Mal mit Ehrlichkeit. „Da habe ich dann immer Angst in dein Zimmer zu gehen, da man ja befürchten muss, dass man von Bonbons und Zuckerwatte angegriffen wird“, redete er weiter und Natsuki kicherte hinter vorgehaltener Hand. „Das ist nicht witzig“, knuffte er sie in die Seite „Da kann ich dann nicht mehr zu dir kuscheln kommen, da ich mich nicht in dein Zimmer traue“, sagte er ernst und er sah Natsuki auffordernd an. Ihre Augen wurden tellergroß und ehe Kyo noch reagieren konnte, hatte sie auch diese Farbe aus seinen Fingern gerissen und schon fast ins Regal zurück geschmissen. Triumphierend tanzte Kyo innerlich einen Freudentanz, zeigte nach außen hin aber nur ein Lächeln. „Die Farbe finde ich dagegen toll.“, deutete er auf die Flasche, wo ein heller Fliederfarbton drinnen war. Begeistert nickte Natsuki und sie drückte dem Sänger die volle Flasche in die Hand, was ihn lachen ließ. „Die Flasche wird für dein Zimmer nicht ausreichen, dafür brauchen wir dann doch ein bisschen mehr.“, schmunzelte er und da gerade ein Verkäufer an ihnen vorbei lief, hielt er diesen gleich auf und Kyo ordnete an, dass sie doch bitte einen großen Eimer dieser Farbe für ihn zurück legen sollten. Er wollte in den nächsten Tagen die Farbe abholen kommen, da er heute nicht mit dem Auto unterwegs war. Immer noch fehlte ein passender Kindersitz für das Mädchen und mit dem schweren Farbeimer durch die Gegen rennen, das wollte er auch nicht. Nachdem die Sache mit der Farbe geklärt war, liefen sie weiter durch den Baumarkt und bei den Lampen blieben sie noch einmal hängen. So wirklich was Tolles für Kinder gab es dabei allerdings nicht, weswegen sie die Abteilung schnell wieder verließen und Kyo mit Natsuki an die Kasse ging, wo er die Farbe schon bezahlte und die Sache mit der Abholung gleich noch einmal klärte. Seine Geldbörse war schnell wieder in einer Gesäßtasche von seiner Hose verschwunden und wie zuvor schnappte er sich die kleine Hand und zusammen traten sie wieder auf die Straße. „Willst du eigentlich das große Bett behalten, oder lieber ein neues haben?“, fragte er, nachdem sie schon den Weg zum Möbelhaus eingeschlagen hatten, welches zum Glück gleich nebenan lag. „Behalten“, kam es wie aus der Pistole geschossen und Kyo musste lachen. „Okay, da haben wir das auch geklärt und eine Arbeit weniger“, grinste er zu dem Mädchen runter und betrat mit ihr das Möbelhaus. „So, jetzt gucken wir noch, was es hier so schönes gibt und dann gehen wir aber wirklich etwas essen“, legte er fest, da der Sänger schon tierischen Kohldampf hatte. Aber er wollte nun zuerst die eine Sache hier zu Ende bringen, bevor er nach dem Essen am Ende noch viel zu träge dafür war. Gemütlich schlenderten sie also durch die verschiedenen Abteilungen und hier und da gab es wirklich schon schöne Sachen, aber Kyo brauchte nicht unbedingt neue Möbel, weswegen er sich das nur so nebenbei besah. In der Kinderabteilung wurde er allerdings etwas aufmerksamer. Zusammen suchten sie einen Teppich aus, der wunderbar zu Natsukis Wandfarbe passte und auch ein riesiger Himmel schaffte es in den Einkaufsbeutel. Natürlich durfte eine Lampe im Design wie ein Einhorn auch nicht fehlen und der Sänger fing gar nicht erst an mit Diskutieren, als sie damit vor ihm stand. Somit wurde der Einkaufsbeutel immer voller und langsam aber sicher tat ihm die Schulter weh. Zum Glück waren sie dann auch bald durch und genau wie im Baumarkt, ließ er sich die Sachen zurück legen und würde sie auch später abholen. Kapitel 42: Zweiundvierzig -------------------------- Zusammen hatten sie sich in einem kleinen Sushirestaurante nieder gelassen und bei Misosuppe und Sushi ließen sie den gemütlichen Nachmittag ausklingen. Die Zeit war wie immer sehr schnell vorbei gezogen und Kyo verspürte eine immense Unlust das Mädchen in nicht mal mehr einer Stunde wieder zurück bringen zu müssen. Gott sei Dank sie mussten erst in knapp dreißig Minuten los laufen, weswegen er sich zumindest im Moment nicht hetzen ließ, sondern ihr beim Essen zusah. Zwar wollte sie noch immer nicht so richtig etwas zu sich nehmen, aber wenigstens hatte er sie dazu gebracht ein paar Sushihappen zu essen, auch wenn davor beinahe ein paar Tränen geflossen wären. Das musste er ganz dringend noch lernen. Kyo hatte beinahe panische Angst, wenn sie mal aus Trotz in Tränen ausbrechen sollte. So wie er im Moment drauf war, würde er ihr da sofort jeden Wunsch erfüllen, aber genau das war ja der Fehler. Zwar hatte er immer noch die Hoffnung, dass es nie so weit kommen würde, aber das war nur ein dämlicher Wunschtraum, denn früher oder später würde es soweit sein. Darüber nachdenken wollte er nun aber auch nicht weiter, da sie ja im Moment friedlich beinander saßen und Natsuki ihren Rest der Misosuppe schlürfte. Kyo selbst war schon eine Weile fertig und genoss einfach die Ruhe. „Bist du satt?“, fragte er, als sie sich gerade die letzten Tropfen von den Lippen leckte und sie ganz unladylike ein Bäuerchen machte. Lachend schüttelte er den Kopf und hielt ihr eine Serviette hin, die sie gleich annahm und sich harsch über den Mund wischte, bevor sie nickte. „Das ist gut“, war er aber dennoch zufrieden. Sie saßen dann noch ein paar Minuten da, bevor Kyo die Rechnung beglich und sie sich langsam wieder auf die Socken machten. Gemütlich liefen sie durch die Straßen und der Sänger würde sich Natsuki am liebsten schnappen und sich mit ihr bei sich zu Hause verschanzen, aber das würde allen Parteien nichts bringen, ganz im Gegenteil, da wäre sicherlich alle Mühe und Geduld dahin gewesen, die sie bis jetzt investiert hatten. Als sie an einem kleinen Schreibwarenladen vorbei kamen, zog Kyo das Mädchen sanft hinein, da er eine kleine Idee für Natsuki hatte. Er kaufte zwei Kalender, in Postkartenformat und einen dünnen Permanentmarker. Dankend steckte er sich das Zeug ein und nahm Natsuki dann wieder an seine Hand, damit sie weiter laufen konnten. Während sie weiter liefen, erzählte Kyo, dass das Musikvideo auch super geworden war und Natsuki wirklich alle Arbeit geleistet hatte und er richtig stolz auf sie war, dass sie sich das getraut hatte. Die strahlenden Kinderaugen daraufhin beflügelten Kyo dann doch schon und er war wirklich froh, dass er ihr damit auch eine Freude machen konnte. Durch das viele Reden war der Weg dann aber doch recht schnell überbrückt und ehe sie sich versahen, standen sie schon wieder vor dem Kinderheim. „Da wären wir wohl wieder“, seufzte Kyo und sah zu seiner kleinen Lady hinunter, die mehr als unglücklich aus der Wäsche guckte. Als er sich wieder in Bewegung setzen wollte, kam der Sänger allerdings nicht sehr weit, denn Natsuki weigerte sich beharrlich da wieder hinein zu gehen und sie hatte regelrecht ihre Fersen in den Boden gestemmt, damit sie ja keinen Millimeter näher an dieses Gebäude kam. Irgendwie hatte er damit ja schon gerechnet und Kyo wappnete sich schon für das Bevorstehende. „Tsuki-chan…“, murmelte er und hörte auf zu ziehen. „Egal wie sehr du dich da jetzt gegen wehrst, du musst da wieder rein“, sagte er ruhig und hockte sich wieder vor sie hin. „Ich will ja auch nicht, dass du gehst, aber es ist nun mal so“, versuchte Kyo die richtigen Worte zu finden. Doch davon ließ sich das Mädchen nicht beruhigen und vehement schüttelte sie ihren Kopf und die Unterlippe fing auch schon mächtig an zu beben. Kyos Herz zerbröckelte mal wieder in tausend Stücke und wenn das so weiter ging, musste er demnächst eine neue Tube Sekundenkleber besorgen, da seine jetzige bald zur Neige ging, so oft wie in den letzten Tagen sein Herz zu Bruch gegangen war. „Vier Wochen nur noch…“, murmelte er schon fast verzweifelt und stand langsam wieder auf, um Natsuki an seine Hand zu nehmen. Doch die zog sie schnell zurück und stampfte fest mit dem Fuß auf dem Boden auf und dann fing sie richtig an zu heulen. Beinahe wie eine Sirene jaulte sie auf und der Sänger hoffte wirklich, dass die Leute nicht jetzt sonst etwas von ihm dachten, schließlich hatte er das Kind nicht einmal angefasst. „Süße!“, versuchte er gegen die Lautstärke anzukommen, doch Natsuki wollte nichts von all dem wissen, denn sie weinte sich schon richtig in Rage und ihre Wangen waren schon total nass, sowie das kleine Gesicht krebsrot. „Natsuki, ich kann dich ja verstehen, aber wir dürfen noch nicht“, war Kyo überfordert und nun wusste er, wie sie reagieren würde, wenn sie nicht ihren Willen bekam. Das war wirklich erschreckend. Vorsichtig schnappte er sich dann das heulende Bündel und kaum war der Boden unter ihren Füßen weg, fing Natsuki an zu strampeln. „Das macht es jetzt nicht besser, wenn du hier herum schreist und trittst“, brummte Kyo und unter Anstrengung trat er mit ihr durchs Tor. „Neiiiin~“, versuchte sich die Kleine lautstark und mit aller Kraft zu wehren und wenn sie so weiter machte, hatte sie den Sänger wirklich bald soweit, dass er sie komplett einsackte und mit zu sich nach Hause nahm. Doch er musste stark bleiben und das noch vier elende Wochen lang... Bei dem Gebrüll kam sogar die Heimleiterin aus ihrem stickigen Büro gekrochen und als sie sah, wer denn da so einen Terz machte, erkannte Kyo regelrechtes Erstaunen auf ihrem Gesicht. Doch darum konnte er sich jetzt nicht kümmern, denn Natsuki bekundete immer noch lautstark, dass sie lieber bei ihm und nicht im Heim bleiben wollte. Langsam tat ihm die Lautstärke sogar in den Ohren weh, doch er riss sich zusammen und brachte sie in ihr Zimmer, wo er sie sanft aufs Bett setzte, sie aber fest hielt. „Komm schon, mach es uns beiden nicht so schwer“, bettelte er regelrecht und wischte ihr die vielen Tränen von den Wangen, die aber sofort wieder nachliefen. „Ich mag dich nicht so traurig sehen“, seufzte er und der Sänger musste sich wirklich einen Moment sammeln, da bei ihm auch langsam Hochwasser drohte. Doch er schluckte den Kloß runter und fummelte dann mit einer Hand in seiner Jackentasche herum, während die andere beruhigend über Natsukis Arm strich. „Ich hab noch etwas für dich, willst du es sehen?“, fragte er und schaute sie an, woraufhin sie schluchzend nickte. „Aber erst musst du aufhören mit weinen“, forderte Kyo sanft und ließ ihren Arm los, befreite dafür ihre Wangen wieder von den salzigen Tränen. Herzzerreißend schniefte die kleine Lady noch einmal und Kyo säuberte zunächst mit einem Taschentuch ihre Nase, da er, statt seiner gesuchten Sachen, seine Taschentuchpackung aus der Jackentasche gezaubert hatte. Zuletzt tupfte er mit dem weichen Papier noch ihre Wangen richtig trocken, dann steckte er es wieder weg und holte stattdessen die zwei Postkarten hervor, die er vorhin erst gekauft hatte. „Guck mal“, murmelte er und setzte sich neben sie auf das Bett, zog Natsuki aber erst mal auf seinen Schoß, ehe er weiter sprach. „Ich hab hier zwei Kalender. Und ab heute machst du in jeden Tag ein Kreuz, bis du zu mir kommst. Da kannst du sehen, dass es immer weniger Tage werden und sie runter zählen“, erklärte er und den 16. Oktober umkreiste er kräftig mit dem Edding, den er auch mit erstanden hatte. „Bis hier hin“, ein kurzes Tippen mit dem Finger auf den Kreis, „musst du bloß die Kreuze machen, das sind…“ leise zählte er die Tage rückwärts, „noch genau dreißig Tage. Meinst du, du kriegst das hin?“, fragte er sie nun direkt und sah sie an. Schniefend beschaute Natsuki sich zunächst die Karte, doch dann nickte sie. „Gut, dann kannst du ja schon ein Kreuzchen machen“, schlug er auch gleich vor und deutete auf das heutige Datum. „Ich hab auch so einen Kalender und darauf zähle ich die Tage, bis du endlich bei mir bist“, setzte er noch hinten dran und malte auch auf der zweiten Karte einen Kreis um den 16. Oktober und hielt dem Mädchen dann wieder den Stift hin, damit sie das heutige Datum ab kreuzen konnte. Das tat sie auch gleich und Kyo zog ihr sanft die Kalender aus der Hand und legte diese mit dem Stift auf den kleinen Nachttisch, der neben ihrem Bett stand. „Und nun sei nicht mehr traurig. Wenn ich dich das nächste Mal abhole, da streichen wir dann dein Zimmer, damit es auch rechtzeitig fertig wird, wenn du zu mir kommst“, schaukelte er sie langsam und blieb noch ein Weilchen bei ihr sitzen, bis er sich sicher sein konnte, dass sie nicht wieder in Tränen ausbrach. Mit einem letzten Kuss auf Natsukis Stirn verabschiedete er sich dann von ihr und mit einem Winken ließ er sie im Zimmer zurück. Leise schloss er die Tür und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Er musste erst einmal tief durchatmen und wieder runter kommen. „Das haben Sie ja ganz gut gemeistert“, erkannte er die Stimme sofort und Kyo seufzte innerlich. „Na wenn Sie das sagen“, murmelte er und fuhr sich noch einmal mit seinen Händen übers Gesicht, bevor er die Heimleiterin ansah. „Ja, wobei ich ehrlich zugeben muss, dass ich Natsuki so auch noch nie erlebt habe.“ „Da sind Sie nicht die einzige“, konnte er sich das Kommentar nicht verkneifen, bis ihm was anderes einfiel. „Wissen sie eigentlich, in welchen Kindergarten Natsuki gegangen ist, bevor sie hierher kam?“, fragte er, da er sie ja auch in einen Kindergarten schicken musste, wenn sie bald bei ihm wohnte und wenn der in der Nähe war, würde er sie höchstwahrscheinlich dahin schicken, da sie dort sicherlich noch ein paar Leute kennen dürfte und das würde ihr dann sicherlich auch helfen, als wenn er sie wieder wo rein steckte, wo sie wieder total fremd war. „Sicherlich. Folgen Sie mir in mein Büro, es müsste alles in den Unterlagen stehen“, machte die Heimleiterin eine Handbewegung, die so viel hieß, dass er ihr folgen sollte. Kapitel 43: Dreiundvierzig -------------------------- Mit einem leisen Klacken fiel die Tür hinter Daisuke zu und Kyo blieb als letzter in dem kleinen Raum zurück, welcher sich sein Arbeitsplatz schimpfte. Seine vier anderen Dir en grey – Mitglieder hatten heute alle mal wieder außerhalb Termine und nur der Sänger selbst blieb davon, zumindest heute, verschont. Er tüftelte noch etwas an der Melodie, die sie neu komponiert hatten und gegen frühen Abend ließ er dann auch alles stehen und liegen und suchte sich seine Habseligkeiten zusammen, die er alle in seine Tasche stopfte. Heute Abend wollte er noch den Boden abdecken und auch die Möbel von den Wänden wegrücken, da er morgen mit Natsuki ihr Zimmer neu streichen wollte. Zunächst hatte er es ja allein machen wollen, aber mit dem Mädchen zusammen machte es bestimmt mehr Spaß, außerdem hatte er noch eine andere Mission, mit der er die Kleine später überraschen wollte, aber dafür mussten die Wände zunächst fertig gestrichen sein. Kurz scannte er den Raum noch einmal ab, damit er ja nichts liegen ließ, dann schnappte er sich seine Jacke, schlüpfte mit den Armen in die Ärmel und warf sie sich galant über seine Schultern, bis sie richtig saß und er sich seine Tasche auch noch über warf. Kyo stand gerade vor der Tür, als diese mit Schwung auf ging und er diese gezielt an den Kopf gedonnert bekam. „Geht’s noch?“, keifte er gleich und rieb sich seine pochende Stirn. Er hatte das Gefühl, seine Stirn wurde gespalten, da es auch noch die Türkante war, die Bekanntschaft mit seinem Gesicht gemacht hatte. Zum Glück wurde aber nicht seine Nase getroffen, die wäre bei dem Schwung sicherlich zertrümmert gewesen. „Oh Gott, hast du dir weg getan?“, knallte die Tür nach diesem Ausbruch auch schon wieder zu und in der nächsten Sekunde stand Yuna vor ihm, die ihn ganz geschockt ansah. „Wenn du meinst, ob ich noch alle scharf sehe, dann ja“, brummte er. Was musste diese Frau auch mit solch einem Schwung hier herein gefegt kommen? „Zeig mal her“, zog sie im nächsten Moment seine Hand weg, aber nur um dann scharf die Luft einzuziehen. „Was?“, fragte der Sänger gleich und er löste sich aus ihrem Griff und ging zu dem kleinen Spiegel, der etwas versteckt in einer Ecke hing. Mit großen Augen beschaute er sich die akkurate, knallrote Schramme auf seiner Stirn, die sogar schon leicht blau an den Rändern wurde. „Du hast mich misshandelt!“, stellte er geschockt fest und ganz vorsichtig tastete er um die geschwollene Stelle herum, was ihm aber nur ein schmerzerfülltes Zischen einbrachte. „Itai~“ „Hab ich gar nicht, ich kann doch nicht ahnen, dass du hinter der Tür stehst“, plusterte die junge Frau ihre Wangen auf und Kyo drehte sich wieder zu ihr herum. „Ja, aber man klopft vorher an, wenn man einen Raum betritt“, war das für ihn keine Ausrede. „Als ob du dich da immer dran halten würdest“, blubberte sie und trotz der Schmerzen fing Kyo an zu grinsen. „Zu meiner Verteidigung muss ich aber sagen: Ich klopfte zumindest an“, dass er nie eine Antwort abwartete, das war eine andere Geschichte. „Dass du aber auch immer das letzte Wort haben musst“, verschränkte sie dann ihre Arme und schmollte kurz. Schulterzuckend richtete er seine Tasche wieder und sah sie an. So war er nun mal. „Was willst du eigentlich hier?“, fragte er und es klang strenger, als es eigentlich gemeint war. Innerlich freute er sich nämlich einen Keks, das er sie heute noch zu Gesicht bekommen hatte, auch wenn er es, zumindest jetzt noch nicht, zugeben würde. „Ach so, ja“, schien sie sich zunächst einmal sammeln zu müssen, bevor sie weiter sprach. „Eigentlich wollte ich fragen, ob du mit mir was essen gehen möchtest?“, fragte sie und sie klimperte mit ihren rehbraunen Augen, die Kyo ganz weiche Knie verschafften. „Uhm… heute geht’s leider nicht“, musste er wohl oder übel ablehnen, da er noch das Zimmer von Natsuki vorbereiten musste und das würde sicherlich noch einige Zeit dauern. „Schade, wann hast du denn mal Zeit?“, wollte sie sich aber nicht ganz so schnell abschütteln lassen und Kyo verkniff sich ein Seufzen. „Kann ich dir ehrlich gesagt noch gar nicht so genau sagen“, musste er zugeben, da er seine Termine alle nicht im Kopf hatte, aber die nächsten Wochen waren doch gut gefüllt. „Du kannst ja Bescheid sagen, wenn du dir ein Bild gemacht hast“, trat sie ein paar Schritte näher und der Sänger nickte. „Alles klar, aber ich muss jetzt wirklich los“, nickte er und kurz haderte Kyo mit sich, aber mit einem enormen Kribbeln im Bauch, gab sich dann einen Ruck und er drückte einen kurzen Kuss auf Yunas Lippen, bevor er schon zur Türklinke griff und diese auch fast erreicht hatte. „Hey, warte mal“, war Yuna aber schneller und sie hatte seinen Arm ergriffen und zog ihn sanft zurück. Mit pochendem Herzen sah Kyo sie an und sein Atem ging ein wenig schneller, da seine Gefühle ihn schon wieder zu überwältigen drohten. „Was ist denn, ich hab nicht so viel Zeit?!“, versuchte er sich aus ihrem Griff zu befreien, doch ihre zarte, aber ganz schön kräftige, Hand schloss sich fester um seinen Unterarm. „Dann mach es gleich richtig und nicht so lapidar“, zog sie ihn sogar wieder weiter in den Raum und Kyo verstand gerade wirklich nicht, was sie von ihm wollte. „Wenn du mich schon küsst, dann richtig und nicht halb auf den Mundwinkel“, schmunzelte sie dann erklärend und wie eine Katze schlich sie zu ihm und legte ihre Arme um seinen Hals. „Denn, damit bin ich wirklich nicht zufrieden und ich glaube du auch nicht“, redete sie weiter und der Sänger musste ihr im Stillen recht geben. Aber er war froh gewesen, dass er überhaupt soweit den Arsch in der Hose gehabt hatte, dass er sich das getraut hatte. Das seine Lippen nicht ganz ihre trafen, okay, das war dann Pech gewesen. Mit klopfendem Herzen ließ er seinen Arm sinken und da er gerade mit den beiden Armen nicht so richtig wusste wohin, legte er sie zaghaft um die schmale Hüfte der jungen Frau, dich sich noch etwas mehr an ihn schmiegte. „Willst du es noch einmal probieren, oder soll ich dir richtig zeigen, wie es geht?“, neckte ihn dieses Biest immer weiter und Kyo musste schlucken. Ihre Augen brannten sich regelrecht in seine und das Blut rauschte ihm in den Ohren. Diese Frau machte ihn wahnsinnig und dabei tat sie nicht mal viel, nur ein wenig mit ihm schunkeln. „Okay, scheinbar war der Schlag gegen deinen Kopf doch ein weniger fester“, und ihre Augen zuckten kurz zu seiner Stirn, die sofort wieder schmerzte, da er durch sie wieder daran erinnert wurde. „Deswegen gewähre ich Nachsehen“, waren ihre letzten Worte, ehe sie ihn am Nacken ein bisschen nach vorn drückte und dann ganz sanft ihre Lippen auf seine legte. Oh Gott. Sofort wurden seine Knie weich und automatisch verfestigte sich sein Griff um sie. Seine Augen fielen von allein zu und nun wollte er einfach nur noch fühlen und den süßen Geschmack von Yuna genießen. Am Anfang waren sie, wie immer, total sanft, aber diesmal kam die Leidenschaft doch etwas eher durch und Kyo zuckte beinahe zusammen, als er Yunas Zungenspitze an seinen Lippen fühlte. Doch das legte sich schnell wieder und seine stupste die ihre an und sie fingen an zu spielen und neckten sich immer wieder gegenseitig. Seufzend fuhr ein Arm an ihrem Rücken rauf und die dazugehörige Hand legte sich in ihren Nacken und drückte sie noch etwas mehr gegen sich. Das Feuer in ihm wurde wieder entfacht und Kyo hatte das Gefühl er würde in Flammen stehen. In seiner Jacke wurde ihm plötzlich viel zu heiß und am liebsten würde er sie sich vom Körper reißen, aber dafür müsste er Yuna los lassen und das war auch keine tolle Option. Nach langen, leidenschaftlichen Minuten lösten sie sich langsam wieder und beide taten sich schwer mit atmen. Langsam flatterten Kyos Augenlider wieder auf und er suchte Yunas Augen, die aber auf was ganz anderes fixiert waren. Seine Lippen begannen zu kribbeln, da sie regelrecht drauf starrte und unweigerlich musste er sich über die Lippen lecken, was ihr doch ein leises Keuchen entlockte. „Hör auf damit“, murmelte sie und kurz huschten ihre Augen zu seinen, bevor sie wieder auf seinen Lippen klebten. „Womit?“, murmelte Kyo und kraulte ihr leicht den Nacken, da loslassen immer noch nicht toll klang. „Damit mich verrückt zu machen…“, wisperte sie leise und ehe Kyo etwas erwidern konnte, hatte sie ihn schon wieder herunter gezogen und schob ihm regelrecht ihre Zunge in den Mund. Vor Überraschung keuchte der Sänger auf und hätte ihr fast auf die Zunge gebissen, doch gerade rechtzeitig konnte er sich noch stoppen und er kam ihrer Zunge lieber mit seiner entgegen. Der Kuss war noch eine Spur feuriger und langsam, aber sicher wuchs die Erregung in Kyo. Die junge Frau hatte ein ganz schönes Tempo drauf und sie drückte sich immer mehr gegen ihn, so dass er kaum noch gegen sie an kam. Nur mit Mühe und Not konnte er sie bald von sich schieben und keuchend sah er sie an, leckte sich die Lippen. „Mou~, das machst du doch mit Absicht“, schob sie ihre blutrote Unterlippe vor und der Sänger musste grinsen. „Vielleicht“, sagte er frech, löste sich nun gänzlich von ihr. „Ich muss nun aber wirklich los“, flüsterte er und drückte ihr erneut einen Kuss auf, diesmal direkt auf die Lippen und so kurz, wie er es vor gehabt hatte, wurde er dann doch wieder nicht. Kapitel 44: Vierundvierzig -------------------------- Kyo war bis mitten in der Nacht mit herumrücken und abdecken der Möbel beschäftigt. Mal wieder war es Yuna gewesen, die ihn vorzüglich von seiner Arbeit abgehalten hatte und als er soweit fertig war, mit umräumen und träumen, hatte er sogar eine kalte Dusche benötigt, da seine Gedanken völlig durchgedreht waren. Langsam aber sicher kam er sich wirklich vor wie ein hormongesteuerte Teenager und er hatte wirklich am Ende seiner Mission mit einer ausgewachsenen Erektion im Zimmer gestanden, da seine Gedanken einfach nicht von Yuna wegkamen. Und die Küsse am frühen Abend hatten es nur noch schlimmer gemacht. Das Schlafen selbst war dann auch nicht wirklich gut von statten gegangen und er hatte wieder die halbe Nacht mit seinem Kopf diskutiert, aber der hatte einfach nicht die Klappe halten wollen und Kyo war am Ende einfach durch Erschöpfung eingeschlafen. Seinen Wecker hatte er am Morgen dann beinahe an die Wand geschmissen, aber gerade so konnte Kyo sich noch bremsen, da er keine Zeit hatte sich um einen neuen zu kümmern. Liegen bleiben durfte er trotzdem nicht und nur mit Müh und Not hatte er sich aus den Federn gequält. Nachdem er sich den meisten Schlaf aus den Augen gewaschen hatte und in den Spiegel sah, bekam er einen mörderischen Schreck. Der Kratzer sah nicht mehr aus wie ein Kratzer, sondern eher wie eine böse Wunde. Seine halbe Stirn war blau, der Kratzer selbst mir Schürf bedeckt und drum herum war er blutrot und von einem dicken Bluterguss umrandet. „Heilige Scheiße, die denken doch, dass ich überfallen wurde“, starrte er sich selbst an und ganz vorsichtig tippte er dran herum, während er ganz nah mit dem Gesicht an den Spiegel ging und alles genauestens unter die Lupe nahm. Da hatte Yuna wahrlich gute Arbeit geleistet und der Sänger beschloss, dass er ihr das ewig vorhalten würde. Bevor der Spiegel noch Risse bekam, weil er mit seiner Nase fast schon dran klebte, richtete er sich wieder auf und angelte sich seinen Rasierschaum und den Rasierer. Gemütlich machte er seine kratzigen Wangen wieder glatt und nachdem wirklich alles zu seiner Zufriedenheit war, wusch er sich den Rest Schaum aus dem Gesicht und griff zu seiner Zahnbürste, damit seine Zähne auch nicht vernachlässigt wurden. Kaum war er fertig, huschte sein Blick schon wieder auf seine Stirn und er seufzte leise. So konnte er unmöglich vor die Tür gehen, das würde nur Gerüchte geben und darauf hatte er keine Lust. Kurz überlegte Kyo, machte sich dann aber daran in seinen Schubladen zu kramen, um zu schauen, ob er nicht noch etwas Make-up da hatte. Zwar konnte er es nicht direkt auf die Wunde geben, aber wenigstens drum herum, damit das Blau etwas getarnt wurde. In der letzten Schublade fand er tatsächlich welches und nach einem kurzen Test befand er es für ganz brauchbar und vorsichtig trug er es auf seiner Stirn auf. Kritisch beäugte er sich, aber besser bekam er es einfach nicht hin und Kyo beließ es einfach dabei. Mit schnellen Schritten lief er danach ins Schlafzimmer und nachdem er sich eine Boxershorts über den Hintern gezogen hatte, verschwand er wieder halb in seinem Schrank und suchte sich eine schwarze Jeans und ein weißes Sweatshirt heraus. In diese Sachen war er schnell geschlüpft und mit einem prüfenden Blick an seinen Wandspiegel, befand er sich für ordentlich genug. Socken suchte er sich auch noch heraus, dann war er wirklich fertig. Also konnte er sich seiner Schale Müsli widmen und einen Kaffee gönnte er sich auch noch. Gestärkt für den Tag machte er sich auf den Weg und war bald im Studio angelangt, wo er sich gleich in ihren Bandbereich zurück zog. Murmelnd begrüßte er seine Kollegen und unauffällig wollte er eigentlich in seine Ecke wuseln, doch natürlich wurde ausgerechnet heute sein Typ verlangt und Kyo brummte vor sich hin, machte aber wieder kehrt und begab sich zu der Ecke, in der seine Jungs saßen und wild diskutierten. „Was ist denn?“, fragte er und quetschte sich mit an den Tisch. „Wie findest du wenn - was ist denn mit dir passiert?“, brach Kaoru mitten in seinem Satz ab und schaute Kyos Stirn an. „Nichts“, murmelte er und er strich sich seine Haare etwas in die Stirn. „Von wegen, wer hat dich denn so zugerichtet?“, ließ der Leader nicht locker. „… die Tür…“, murmelte er. „Was ist denn nun?“, hatte er keine Lust auf großartige Erklärungen. „Die Tür? Kyo, du hast auch schon mal bessere Ausreden gehabt“, schüttelte der Älteste im Bunde seinen Kopf. „Glaub es oder glaub es nicht. Kann ich jetzt meine Arbeit machen? Ich muss bis zum Mittag fertig werden“, stand der Sänger wieder auf und verkroch sich diesmal wirklich auf seinen Platz, da seine Meinung scheinbar eh nicht zählte. Kaoru gab dann scheinbar auch auf und die anderen vier klärten die Sache zunächst unter sich. Bis zum Mittag vergrub der Sänger sich dann auch tatsächlich in seiner Arbeit und kurz vor zwölf legte er seine Sachen bei Seite und schnappte sich wieder seine Tasche. „Bin jetzt weg, bis morgen“, hob er zum Abschied seine Hand und verließ den Raum. Natsuki konnte er erst ab dreizehn Uhr abholen, damit sie dort noch in Ruhe Mittagessen konnte. Trotzdem war der Sänger schon gegangen, denn er machte sich zunächst auf den Weg in Yunas Etage, da er sie mit einem Mittagessen überraschen wollte, sozusagen als Entschädigung, dass er gestern Abend ihren Versuch abgeblockt hatte. Schnell hatte er den Weg hinter sich gebracht und wie es seine Angewohnheit war, klopfte er an ihre Tür und trat ein. „Huh, was machst du denn hier?“, hatte er sie wirklich überrascht und Kyo schloss zunächst die Tür hinter sich, bevor er sprach. „Ich kann auch wieder gehen“, murmelte er, musste aber grinsen, als Yuna sofort abwehrend die Hände hob. „Aber eigentlich wollte ich fragen, ob du … also, wenn du magst, dann…. könnten wir ja zusammen was zum Mittag essen“, sprach er es endlich aus und atmete tief durch. „Ehrlich?“, fragte sie sofort mit großen Augen. „Du bist ja süß“, strahlte sie dann und Kyo brummte. „Ich bin nicht süß“, widersprach er sofort. „Doch, das bist du, aber ich nehme dein Angebot gerne an“, nickte sie und sie kam hinter ihrem Schreibtisch hervor. „Wie geht’s eigentlich deiner Stirn?“, fragte Yuna, nachdem sie sich ihre Tasche genommen hatte und vor Kyo zum Stehen kam. „Ich sehe aus wie überfallen“, gab er ehrlich zu. „Make-up musste her halten“, deutete er auf seine Stirn und Yuna kam tatsächlich ganz nah an ihn heran gekrochen und kniff die Augen zusammen, während sie sich ihr Werk besah. Konzentriert huschten ihre Augen über die Stelle und er selbst konnte seine nicht von ihren nehmen. Kurz schluckte er, dann legte Kyo einfach eine Hand an ihre Wange und zog ihr Gesicht noch etwas näher. Wie von selbst fanden seine Lippen die ihre. Mit einem zufriedenen Seufzen fiel sie ihm dann schon fast um den Hals und Kyo fing sie auf und küsste sie eine Spur inniger. Natürlich tauchten die Schmetterlinge wieder auf, aber langsam gewöhnte er sich daran und den Sänger störte es nicht weiter. Zufrieden knabberte er an ihren Lippen und kostete von Yuna, die ganz süß und lieblich schmeckte. Nur unter größter Anstrengung löste er sich von ihr und räusperte sich. „Wollen wir dann los?“, klang seine Stimme verdammt rau und Kyo erkannte sich fast selbst nicht wieder. „Jap und Whisky bleibt hier, der pennt eh gerade“, deutete Yuna mit ihrem Kopf auf den Hund, der tatsächlich schnarchend in seinem Körbchen lag. Ihre Wangen leuchteten total rot und das stand ihr wirklich gut und am liebsten würde er sie wieder gleich an sich heran ziehen. Doch er riss sich zusammen und nickte stattdessen nur. Zusammen verließen sie ihren Arbeitsbereich und unterwegs überlegten sie, wohin sie denn mal gehen könnten, da sie nicht unbedingt in die hauseigene Kantine wollten. Am Ende entschieden sie sich für ein kleines Café in dem man auch einige Snacks und kleine Gerichte bekommen konnte und kaum hatten sie die kleine Einrichtung betreten, saßen sie auch schon in einer versteckten Ecke und sie suchten sich etwas zum Mittagessen aus. Kyo entschied sich für einen Salat und Yuna suchte sich eine Gemüsesuppe aus. Die Bestellung war fix aufgegeben und nun konnten sie nur noch warten. „Was hattest du denn gestern eigentlich wichtiges vor?“, fragte Yuna neugierig, nachdem sie ihre Getränke schon mal bekommen hatten und sie den Teebeutel leicht in das Wasser tunkte. „Ich hab Natsukis Zimmer präpariert, damit wir es heute streichen können“, gab er auch bereitwillig Auskunft. „Warum hast du denn nichts gesagt, da hätte ich doch geholfen?“, daraufhin konnte er nur mit den Schultern zucken. „Keine Ahnung“, gab er ehrlich zu und fuhr sich leicht durch den Nacken. „Ich wollte es eben alleine machen, außerdem waren die Schränke bisschen schwer und das muss keine Frau durch die Gegend schieben“, und wer weiß was sie angestellt hätten, wäre sie wirklich bei ihm gewesen… nein, es war schon gut so. „Willst du damit etwa sagen, dass wir Frauen schwach sind?“, richtete sie sich nun etwas auf und Kyo verdrehte die Augen. „Nein, natürlich nicht. Aber trotzdem musst du nicht unnötig schweres Zeug durch die Gegend schleppen oder schieben. Da machst du dir nur den Rücken kaputt.“ „Von einem Mal geht mir schon nicht der Rücken kaputt, außerdem kann dir das auch passieren“, zog sie eine Augenbraue nach oben. „Aber ich bin trainierter, als du“, ließ er sich nicht reinreden und da fing Yuna an zu kichern. „Was ist denn jetzt los?“, verstand Kyo es nicht und zog seine Augenbrauen zusammen, allerdings löste er sie gleich wieder, da es mächtig auf seiner Stirn zog. „Du klingst gerade wie so ein Macho“, sagte sie frech und Kyo schnaubte. Widersprechen konnte er aber nicht mehr, da ihr Essen vor ihnen auftauchte und sie sich lieber darum kümmerten. In Ruhe verdrückten sie ihre Mahlzeiten und trotz, dass es nur Grünzeug war, sättigte ihn das ganze Gemüse. Zufrieden lehnte er sich nach dem Essen zurück und er trank seinen Kaffee noch aus. Er hatte noch knapp fünfzehn Minuten Zeit, bis er Natsuki abholen musste und langsam sollten sie wieder zurück gehen, zudem Yunas Mittagspause auch bald vorbei sein dürfte. „Hättest du etwas dagegen, wenn ich nach der Arbeit bei dir vorbei komme und euch unter die Arme greife?“, fragte die junge Frau, als sie sich wieder auf den Rückweg machten und gemeinsam durch die Straßen liefen. Ganz so doof fand er die Idee dann nicht einmal, da Natsuki ja sowieso gegen achtzehn Uhr wieder ins Heim musste und viel eher würde Yuna wahrscheinlich auch nicht da sein, zudem er auch keine richtige Lust hatte am Abend wieder alleine zu Hause herum zu sitzen. „Klar, wenn du dir das in deinem Feierabend noch antun willst?“, nickte er also und Yuna lachte. „So schlimm wird es schon nicht werden“, sah sie es anscheinend nicht so schlimm und Kyo konnte es nur recht sein. „Okay, dann sehen wir uns später, ich hole dann mal die kleine Lady ab“, schmunzelte der Sänger und drückte die junge Frau kurz an sich, bevor er beim Kinderheim abbog und Yuna noch einmal winkte. „Bis nachher“, winkte auch sie und verschwand dann einige Meter weiter im Studiogebäude. Kapitel 45: Fünfundvierzig -------------------------- Scheinbar war das Mittagessen der Kinder gerade fertig geworden, denn Natsuki begrüßte ihn mit Reiskörnchen im Gesicht. Lachend drückte er sie an sich und wischte ihr die weißen Dinger von den Wangen. „Du hast doch noch gar nicht aufgegessen“, hielt er ihr den Finger mit den Körnern vors Gesicht. Kurz guckte Natsuki ein bisschen verwirrt, doch dann nahm sie einfach seinen Finger in den Mund und lutschte mit ihrer kleinen Zunge den Reis von seinem Finger. Nun war es an dem Sänger verwundert aus der Wäsche zu gucken, denn damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet. „Hast du noch ein paar alte Sachen, die du überhaupt nicht gerne hast?“, fragte er nach, als sie zusammen in ihr Zimmer gingen um ihren kleinen Rucksack zu holen. Auf seine Frage hin nickte Natsuki und sie öffnete die Tür von ihrem Kleiderschrank. Sie schaute sich ein bisschen um, ehe sie ihm eine hässliche dunkelblaue Hose und ein verwaschenes Ringelshirt vor die Nase hielt. „Urgs… da kann ich dich verstehen, dass du die nicht leiden kannst“, waren die Sachen wirklich nicht der Burner. „Aber fürs Streichen reichen die, da macht es nichts, wenn du dich mit Farbe bekleckerst“, waren sie dafür genau richtig. Also packten sie die Sachen in den kleinen Rucksack und nur mit Müh und Not ging dieser zu. Dann hatten sie auch schon alles und Hand in Hand verließen sie das Gebäude und machten sich auf den Weg zu Kyos Wohnung. Der Weg war wie immer sehr schnell zurück gelegt und kaum waren sie in seinen vier Wänden, ließen sie ihre Schuhe fallen und Kyo schickte das Mädchen ins Wohnzimmer, sich umziehen, damit sie auch gleich los legen konnten. Er selbst suchte sich auch eine alte Jogginghose raus und ein ausgebeultes Shirt. Die Sachen waren schnell gewechselt und Natsuki war mit Umziehen genauso schnell fertig, wie er. Zusammen enterten sie nun das baldige Kinderzimmer, wo schon die Farbe, eine Leiter und etlichen Farbrollen und Pinsel herum lagen. Das Bett und die Möbel waren vorsorglich mit Malerfolie abgedeckt und den Türrahmen, die Fenster, sowie die Decke hatte er mit Kreppband abgeteilt. Da er den Boden zudem noch mit Zeitungspapier ausgelegt hatte, hatte er noch einige lose Seiten herumliegen und kurzer Hand faltete er zwei Papierhüte und setzte einen davon Natsuki auf den Kopf. Grinsend sah er zu, wie er ihr gleich in die Stirn rutschte und sie nun im Dunkeln stand. „Okay, der ist wohl bisschen zu groß, warte ich mache dir einen Kleineren.“, konnten sie es dann doch nicht so lassen und keine Minute später hatte das Mädchen einen passenderen Hut auf dem Kopf sitzen, der nun wirklich nicht mehr verrutschen konnte. „Dann fangen wir mal an“, zog er sich nun den Farbeimer heran und Kyo bereitete alles vor. Geduldig erklärte er ihr, dass sie nie zu viel Farbe nehmen durfte, es aber auch nicht gerade zu wenig sein sollte. Sie sollte sich Zeit lassen und immer schön nebeneinander an der Wand entlang streichen und nicht zu oft übereinander die Rolle fahren lassen, da die Wand sonst Flecken bekommen könnte. Die kleine Lady zeigte, dass sie verstanden hatte, dann machten sie die ersten Bahnen zusammen, ehe Kyo ihr die kleinere Rolle überließ und er sich zunächst um die Deckenkanten und die Ränder an der Tür und dem Fenster kümmerte. Somit turnte er die nächste Stunde auf der Leiter durch den ganzen Raum. Von oben konnte er Natsuki wunderbar im Auge behalten und er musste immer wieder grinsen, da sie angestrengt das Gesicht verzog und sich immer mal über selbiges wischte, da die Farbe gerne spritzte und sie bald fliederfarbene Sprenkel im Gesicht hatte. Ihm würde es aber auch bald so gehen, denn wenn er mit den Kanten fertig war, würde er mit der großen Rolle den Rest der Wände übernehmen. Aber zunächst strich er die nervigen Kanten und Ecken weiter und er war wirklich froh, als sie endlich geschafft waren, da das Heben der Arme langsam anstrengend wurde. Zumindest beim Teil der Decke hatte er so seine Probleme gehabt und da war die Leiter nur ein kleines Hilfsmittel gewesen. Aber nun war es vollbracht und er nahm sich die große Rolle zur Hand und widmete sich den restlichen Wänden. Auch bei ihm spritzte nun die Farbe und die Rollen gaben immer ein schmatzendes Geräusch von sich, als sie mit der Farbe über die Wände rollten. Zu seiner Überraschung war die Farbe auch schon ziemlich deckend und wenn sie Glück hatten, mussten sie noch nicht einmal ein zweites Mal drüber streichen, oder eher er. Doch dass würden sie erst erkennen, wenn die Farbe trocken war. Nach gut zwei Stunden waren die Wände dann auch soweit fertig und als sie beide zur gleichen Zeit die Rollen sinken ließen, trafen sich ihre Blicke und beide fingen an zu lachen. Natsukis Gesicht war mehr fliederfarben als das man Haut erkennen konnte und so wie sie vor sich hin kicherte, sah er nicht anders aus. Zudem waren ihre Arme ebenfalls schön mit Farbe bekleckert und ihre Schuhe auch. Leider waren das keine alten Schuhe und er musste ihr demnächst wohl ein paar neue Treter organisieren, aber das tat er gerne. „Wir können wohl auch als Wand durchgehen, wie?“grinste er und sie nickte sofort. Vorsichtig nahm er ihr dann zunächst die Rolle ab und auch seine legte er in eine kleine Schale. Danach hob er den Deckel des Eimers an und drückte diesen drauf und verschloss somit die Farbe. „Sieht gut aus, oder was sagst du?“, fragte er das Mädchen und die Kleine nickte sofort begeistert. Die Farbe sah wirklich einladend aus und sie erdrückte das Zimmer auch nicht, wie er zuerst angenommen hatte. Somit war auch Kyo zufrieden mit dem Ergebnis und er bereute keinen einzigen Pinselstrich. „Und jetzt habe ich Hunger“, teilte er seiner kleinen Lady mit und diese nickte gleich, als wäre sie auch schon am Verhungern. „Okay, dann lass uns Hände waschen und dann gucke ich mal, was sich so in meiner Küche finden lässt“, nahm er sie an die Hand und zusammen sauten sie sein Waschbecken im Bad erst mal ordentlich ein. Die Farbe spritzte wirklich überall hin und morgen musste er nach der Arbeit wohl zunächst seine Armatur schrubben. Aber das würde er, wie gesagt, erst morgen machen. Nachdem die gröbste Farbe im Abfluss abgeflossen war, trockneten sie sich ihre Hände und Kyo nahm sich seinen Hut vom Kopf, da er den jetzt nicht mehr benötigte. Als er Natsuki ihren vom Kopf nehmen wollte, hielt sie diesen gleich energisch fest und sie rannte vor ihm weg, da sie den Hut scheinbar noch nicht hergeben wollte. Lachend folgte der Sänger ihr und er traf sie wieder in der Küche an, wo sie mit dem Kopf schon in seinem Kühlschrank hing. Scheinbar fühlte sie sich wie zu Hause, was ihn wirklich freute und er die gemeinsame Zeit mit ihr wirklich kaum noch abwarten konnte. Allerdings schien sie nicht wirklich etwas in seiner Kühlzelle zu finden, denn die Tür ging bald wieder zu und ohne Beute trat Natsuki neben ihn. „Nix für dich dabei?“, fragte er und sie schüttelte den Kopf, so dass der Papierhut beinahe von ihrem Kopf rutschte. Schnell hielt sie diesen fest und Kyo musste schon wieder grinsen. „Hmm…“, machte er, nachdem er seine Schränke weiter durchgesucht hatte, aber auch nicht wirklich was passendes gefunden hatte. „Wollen wir uns einen Apfel und eine Orange teilen?“, hob er ihr beides entgegen und zunächst zog das Mädchen ihre Nase kraus, doch dann nickte sie und sie setzte sich brav an den Tisch, während Kyo das Obst zu bereitete. „Magst du auch ein Stückchen Kiwi haben?“, wedelte er mit der braunen, haarigen Frucht herum, da er die auch noch in seinem Obstkorb entdeckt hatte. Sie nickte wieder und dann schnippelte er wirklich in aller Ruhe die Vitamine zurecht. Gerecht verteilte er alles auf zwei Teller und als alles schön bunt angerichtet war, stellte er die beiden Vitaminbomben auf den Tisch und ließ sich neben Natsuki nieder. „Ach so, willst du was trinken?“, hatte er daran gar nicht gedacht und Kyo stand wieder auf. „Ich trinke einen Tee, du auch?“, fragte er und sie nickte, während schon ein Stückchen Apfel in dem kleinen Mund verschwand und Natsuki schnorpsend drauf herum kaute. Da schon aufgebrühter Tee vorhanden war, füllte der Sänger nur noch zwei Gläser und stellte sie zu ihren Tellern. Danach stärkten sie sich aber wirklich und außer Schmatzgeräusche konnte man nicht viel vernehmen. Kyo schob sich gerade das letzte Stückchen Apfel in den Mund, als es an seiner Tür klingelte. Sein Blick ging zur Uhr und er war doch etwas verwundert, dass Yuna scheinbar schon gegen sechzehn Uhr dreißig ihre Arbeit beendet hatte, denn es war noch nicht mal ganz siebzehn Uhr. Vor sich hin kauend ging der Sänger nun zu seiner Tür und nach dem Klingeln zu urteilen, stand die junge Frau schon direkt vor seiner Wohnungstür, da war sie scheinbar unten unbemerkt hinein geschlüpft, das gab es auch recht selten. Kaum bei dem weißen Holz angekommen, riss er die Tür auf und wie erwartet stand Yuna vor ihm und grinste ihn an. „Hi, da sind wir“, und der Sänger musste wirklich kurz überlegen, wen sie mit ‚wir‘ meinte, aber da schnüffelte schon etwas an seinem Bein und Kyo wusste sofort Bescheid. „Kommt rein“, trat er zur Seite und ließ die Frau und den faulen Mops in seine Wohnung treten. Nachdem sie sich ihre Schuhe ausgezogen hatte, löste sie den Hund von der Leine und Kyo ermahnte den Hund schon mal innerlich, dass er ja nix auf seinen Möbeln zu suchen hatte. „Wie war dein Tag noch so?“, erkundigte sich der Sänger höflich und sein Herz flatterte, als Yuna ihn ganz selbstverständlich in den Arm nahm und frech einen Kuss auf seine Lippen hauchte. Aus unerklärlichen Gründen wurde ihm sogar ganz heiß und er musste sich zur Ruhe ermahnen, da er wirklich nicht mehr fünfzehn war und bei jeder fraulichen Berührung quasi durch die Decke gehen musste. „Ganz gut, ich hab ein bisschen eher heute Schluss gemacht. Irgendwie war die Luft einfach raus“, zuckte sie mit den Achseln und Kyo legte ihr nebenbei eine Hand ins Kreuz und führte sie in die Küche, wo Natsuki noch brav auf ihrem Platz saß und sich ein Apfelstückchen für quer in den Mund schob. Als sie Yuna erblickte, veränderte sich ihr Ausdruck allerdings ziemlich stark und irgendwie wurde ihre Mine ein bisschen finster. Verwundert nahm es Kyo zur Kenntnis, konnte es sich aber wirklich nicht erklären und er sagte deswegen nichts dazu. „Wir haben Besuch“, sagte er stattdessen und deutete auf Yuna, die Natsuki auch gleich freundlich begrüßte. Doch das Mädchen bestrafte sie mit Ignoranz und die Erwachsenen tauschten sich verwunderte Blicke aus. Nach dem Essen räumte Kyo ihr gebrauchtes Geschirr in seine Spüle und er setzte sich zu den beiden Mädels an den Tisch. „Wollen wir dir ein Bad einlassen?“, fragte er sein Mädchen und strich ihr sanft durch die Haare, da der Papierhut nun doch von ihrem Kopf verschwunden war. Gleich darauf nickte Natsuki und sie rutschte an Kyo heran und krabbelte auf seinen Schoß. Schmunzelnd hielt er sie fest und stand dann mit ihr auf. „Wartet mal, soll ich ein Foto von euch zusammen machen?“, hielt Yuna sie aber auf und Kyo sah fragend zu Natsuki, setzte sich wieder. „Klingt das gut?“, fragte er und das Mädchen nickte, angelte sich gleich ihren Hut und setzte diesen Kyo auf. „Okay, hab verstanden. Ich hole meinen und dann treffen wir uns in deinem Zimmer, okay?“, schlug er vor und das Mädchen nickte, klaute sich ihren Hut und rutschte im gleichen Moment von seinem Schoß. Also ließ er das Mädchen ziehen und Kyo ging ins Bad, um sich da seinen Hut wieder zu angeln und setzte ihn auf seinen Kopf. Natsuki stand schon im Zimmer und sie hatte sich schon ihre Farbrolle gegriffen. Lachend, da Kyo die Idee gut fand, nahm er sich selbst einen Pinsel und her hockte sich halb neben und halb hinter dem Mädchen und legte noch einen Arm um sie. So richtig in Pose hielten sie die Gerätschaften nach oben und Yuna drückte auf den Auslöser, da sie mit ins Zimmer gekommen war. So wurden ein paar Fotos geschossen und auch ein paar Fratzen gezogen. Sogar Whisky kam nicht drum herum und der Hund wurde auf einigen Fotos festgehalten, wie er mit dem Papierhut und raushängender Zunge in dem Zimmer saß. Nach dem kleinen Fotoshooting wurde aber endgültig Wasser in die Badewanne gelassen und da Kyo wusste, dass Natsuki viel Schaum liebte, gab er ein bisschen mehr vom Schaumbad hinzu, behielt das Schaummonster aber gut im Auge, da er keine Lust hatte, dass sein Bad davon gefressen wurde. Natsuki hatte in dieser Zeit ihre anderen Sachen geholt und diese ins Bad gelegt. Kyo suchte ihr noch ein Handtuch heraus, dann saß das Mädchen schon in der Badewanne und sie pustete den Schaum durch die Gegend. Grinsend wich der Sänger dem immer wieder aus und befreite nebenbei sein Gesicht halbwegs von der Farbe. Zumindest das Gröbste wollte er los werden, was ihm auch weites gehend gelang. Später würde er sich ausgiebig duschen, aber so viel Zeit hatten sie nicht mehr, da Natsuki in knapp einer Stunde schon wieder im Heim sein musste. Deswegen musste er den Spieltrieb der Kleinen dann auch ein bisschen bremsen und unter murren schrubbte er ihr die Farbe vom Körper. Nachdem sie wieder glänzte, erlaubte er ihr den Stöpsel zu ziehen und sie durfte sogar so lange in der Badewanne sitzen bleiben, bis das Wasser verschwunden war. Nun wurde sie nur noch abgetrocknet und angezogen. Die Haare föhnte Kyo noch schnell trocken, dann mussten sie auch schon aufbrechen. „Verabschiedest du dich noch von Yuna?“, schubste er sie leicht in die Richtung der jungen Frau. Statt aber sich zu verabschieden, bog Natsuki zu Whisky ab und kraulte den hinter den Ohren, was dieser sichtlich genoss. „Natsuki, das ist nicht Yuna“, sagte Kyo und deutete auf die junge Frau, neben ihn. Natsuki sah zu Kyo und dann zu Yuna. Allerdings war das wirklich kein freundlicher Blick und selbst Kyo lief es eiskalt den Rücken runter. Hatte er da etwas nicht ganz mitbekommen? Entschuldigend sah er zu Yuna, die ein wenig wackelig lächelte, aber eine wegwerfende Handbewegung machte. Für den Moment war es vielleicht gut, aber die Sache musste dringend noch geklärt werden. Kyo zog sich auch noch schnell um, dann konnte es schon los gehen. „Bin gleich wieder da, fühl dich wie zu Hause“, murmelte er zu Yuna und verabschiedete sich kurz von ihr. „Na klar, weiß doch noch wo alles steht“, erwiderte diese frech und Kyo lachte. Wie konnte er das vergessen? Schließlich war es erst einige Tage her, als sie es sich mit frischgemachten Popcorn auf seinem Sofa gemütlich gemacht hatte. „Stimmt, da war ja was“, blubberte er vor sich hin und dann fiel die Tür hinter ihm und Natsuki ins Schloss. Kapitel 46: Sechsundvierzig --------------------------- Auf dem Weg zum Heim war Natsuki wieder ganz die Alte und Kyo zerbrach sich wirklich den Kopf, was denn plötzlich in die Kleine gefahren war. Aber auf eine ordentliche Erklärung kam er nicht wirklich. Bevor der Sänger das Mädchen wieder zurück ließ, zeigte sie ihm stolz, dass sie brav die Tage immer abgestrichen hatte und Kyo holte seine Karte ebenfalls aus seiner Brieftasche und sie freute sich danach total, als sie sah, dass auch er immer die Kreuze setzte. Mit einer ganz festen Umarmung und einem Schmatzer auf die Stirn, verabschiedete er sich noch, dann machte Kyo sich wieder auf den Heimweg. Erneut überlegte er, was Natsuki für ein Problem hatte oder ob zwischen Yuna und ihr etwas vorgefallen war, aber das glaubte er eigentlich nicht, da ja weder Yuna, noch Natsuki irgendwelche Anzeichen dafür gegeben hatten. Trotzdem zermarderte er sich das Hirn darüber, bis er schließlich bei seinem Wohnhaus angelangt war und nach dem Öffnen der Haustür die Stufen erklomm und kurz drauf seine Wohnungstür aufschloss. Sofort vernahm er leises Geklapper und ein angenehmer Duft zog sich durch seine Wohnung. Scheinbar war das von Yuna wirklich eine Angewohnheit in anderen Wohnungen zu kochen oder anderweitig Essen zuzubereiten. Aber da das Obst nicht sonderlich viel gesättigt hatte, war er diesmal nicht mal böse, stattdessen folgte er dem Duft und fand sich wenig später in seiner Küche wieder, wo er beobachtete, wie sie summend in einem Topf rührte und ihn scheinbar noch gar nicht bemerkt hatte. Kurz blitze etwas in seinen Augen auf, dann schlich er sich auf nackten Sohlen – seine Hausschuhe lagen schließlich wieder sonst wo herum – an sie heran. „‘Wie zu Hause‘ nimmst du wirklich immer wörtlich, ne?“, fragte er frech und ließ seine Lippen über ihre Ohrmuschel streichen, was ihm selbst einen Blitz durch seine Lippen jagen ließ. Yuna selbst schrie spitz auf und sprang einen Schritt zur Seite. Wie beim letzten Mal wich ihr die Farbe aus dem Gesicht, bis sie Kyo richtig wahr nahm. Dann kehrte die Farbe mit voller Wucht zurück und ihr Gesicht erstrahlte krebsrot. „Oh mein Gott!“, japste sie und eine Hand ruhte auf ihrer Brust, wo Kyo förmlich ihr Herz schlagen hörte. „Bist du lebensmüde?“, fragte sie und schoss dem Sänger einen vernichtenden Blick an den Kopf, was diesen aber nur zum Lachen brachte. „Sorry, aber das war einfach zu verlockend gewesen, als dass ich es hätte ignorieren können“, lachte er sich immer noch ins Fäustchen. „Na herzlichen Dank, das merke ich mir fürs nächste Mal“, schmollte sie dann und Yuna drehte sich wieder zum Herd, damit sie erneut im Topf rühren konnte. „Ach komm schon, das war doch lustig“, sagte er nun sanfter und stellte sich wieder neben sie. „Tse…“, reagierte sie nicht weiter und Kyo strengte sich wirklich an, nicht seine Augen zu verdrehen. Also musste er härtere Maßnahmen ergreifen und mit einem gezielten Griff nahm er ihr den Löffel aus der Hand und drehte ihr Gesicht zu sich. Ohne Worte drückte er sanft seine Lippen auf ihre und das schien auch schon zu reichen, denn sie seufzte leise und drehte sich dann bereitwillig zu ihm herum, so dass er sie ganz umfassen konnte. „Das ist unfair“, murmelte sie leise, hatte ihre Lippen aber nicht von seinen weggenommen, sondern bei jedem Wort berührten sie sich. „Besondere Momente benötigen eben besondere Maßnahmen“, flüsterte er, bevor er sie richtig am Nacken packte und sie leidenschaftlich küsste. Sein Herz hämmerte wie verrückt dabei in seinen Ohren und das Kribbeln in seinem Bauch war mal wieder so stark, dass seine Knie schon wieder weich wurden. Ihre Lippen schienen perfekt für den anderen gemacht worden zu sein und sie wurden immer wieder wie zwei Magnete zueinander angezogen. Das Gleiche galt für ihre Zungen, die immer wieder spielend umeinander tanzten und den jeweils anderen herausforderten. Himmel, die Hitze nahm seinen Körper wieder in Besitz und wäre das nicht schon genug, wanderte sämtliches Blut langsam in seine untere Region. Das konnte doch nicht schon wieder wahr sein. Dennoch wollte Kyo noch nicht aufhören und da Yuna ebenfalls keine Anstalten machte, hielt er den Kuss noch so lange aufrecht, bis sie keine Luft mehr bekamen und sich keuchend trennen mussten. Nur ganz langsam flatterten seine Augenlider wieder auf und ein schiefes Grinsen schlich sich auf seine Züge, als er sah, das Yuna auch ziemlich neben der Spur war. Und es beruhigte den Sänger ungemein, dass es nicht nur ihm so ging. „Ich glaube die Suppe ist jetzt auch fertig“, murmelte Yuna mit geschwollenen Lippen, als sie nach einigen Minuten immer noch so nah beieinander standen und sich einfach nur angesehen hatten. Das erinnerte Kyo erst mal wieder an seinen Hunger und er löste seine Arme von ihr. „Ich… decke den Tisch“, murmelte er und mit gezielten Handgriffen öffnete er seinen Schrank und holte zwei Suppenschüsseln heraus und legte danach zwei Löffel dazu, drapierte so alles ordentlich auf seinem Tisch. Yuna schnappte sich dann den Topf und stellte ihn mittig auf den Tisch, damit sich jeder so viel nehmen konnte, wie er wollte. Kyo füllte noch zwei Gläser mit Tee, dann saßen sie sich schon gegenüber und löffelten schweigend die Suppe, da keiner so richtig wusste, was er nun sagen sollte. „Ist eigentlich etwas zwischen dir und Natuski vor gefallen?“, kam ihm dann aber doch etwas in den Sinn und der Sänger sah seine Tischnachbarin an, die erst schluckte, bevor sie anfing mit sprechen. „Nein, nicht dass ich wüsste“, runzelte sie die Stirn und schien noch einmal genau zu überlegen. „Wirklich? Ich meine, ich will dir nichts unterstellen, aber es war schon seltsam, wie sie dich angesehen hat“, sprach Kyo seine Sorgen aus und er kaute sich nachdenklich auf seiner Unterlippe herum. „Zudem sie auf dem Weg vorhin wieder ganz die Alte war.“ „Mir fällt im Moment wirklich nichts Passendes ein“, entschuldigte Yuna sich und sie sah ehrlich betreten aus. „Aber ihr Blick war wirklich beängstigend. Als ob sie mir gedroht hätte.“ „Ja, das fand ich auch“, nickte der Sänger und er fand es gar nicht lustig, da er nicht wollte, das Natsuki irgendwelche Sorgen hatte. „Irgendwie habe ich das Gefühl, dass sie mich nicht leiden kann“, murmelte Yuna dann und sie rührte unglücklich mit dem Löffel in ihrer Suppe herum. „Meinst du?“, sah Kyo sofort auf und er wollte das gar nicht wirklich glauben. „Ja“, nickte die junge Frau ernst. „Ich meine, als ich in die Küche kam, da guckte sie schon bisschen komisch, als ob es ihr gar nicht passen würde. Die Ignoranz daraufhin war ja auch sehr deutlich und von dem letzten Blick…, Kyo, die Kleine kann mich nicht ausstehen“, seufzte sie dann und sie schob ihren Teller von sich. Überfordert fuhr der Sänger sich durch den Nacken und sah dann zu seiner…, ja, was war Yuna eigentlich von ihm? Bekannte? Freundin? Partnerin? Okay, Bekannte konnte er eigentlich schon ausschließen, denn Bekannte küssten sich nicht einfach so. Für eine einfache Freundin war ihr Verhältnis dann schon wieder zu intim, aber als Partnerin… konnte er sie schon als seine Partnerin ansehen? Sein Herz schrie ihn schon förmlich mit einem ‚JAAA‘ an, aber sein Kopf klöppelte noch etwas dagegen, obwohl der sich die ganze Zeit ja eh nur um diese Frau drehte, also war der so gesehen auch dafür. Oh man, da war er scheinbar einfach so in eine Beziehung hinein gerutscht und Kyo hatte es noch nicht einmal bemerkt. Allerdings kam ihm dabei noch ein ganz anderer Gedanke und nachdenklich schaute er Yuna an. „Was ist? Wieso schaust du so?“, blieb die Sache der jungen Frau natürlich nicht verborgen und Kyo musterte sie, bevor er selbst seine Suppenschüssel auch etwas mehr gen Tischmitte schob und sich mit seinen Armen auf dem dunklen Holz abstützte. „Könnte es sein, dass Natsuki vielleicht eifersüchtig auf dich ist?“, sprach er seine Gedanken dann einfach aus. „Wie… was… meinst du das ernst?“, stotterte Yuna und sie sah ihn mit großen Augen an. „Auf was sollte sie denn eifersüchtig sein?“ „Vielleicht auf unsere … Beziehung?“, hatte er es tatsächlich ausgesprochen und sich somit selbst direkt eingestanden. Yunas Mine änderte sich daraufhin sekündlich und von überrascht, bis peinlich berührt und absoluter Freude konnte er alles lesen. „Du meinst wir haben… du und ich… also wir…?“, deutete sie immer wieder auf ihn und sich und Yunas Mund klappte auf und wieder zu. Das war dann doch ziemlich amüsant und Kyo lachte. „Genau das meine ich“, nickte er und irgendwie fühlte er sich gleich viel besser und befreiter und er war glücklich. „Aber um aufs Thema zurück zu kommen. Als ich sie kennen gelernt habe, war sie sozusagen die einzige Frau in meinem Leben und scheinbar kann sie es gar nicht haben, dass du nun auch immer mehr dazu gehörst, verstehst du, was ich meine?“, erklärte er und Kyo gestikulierte ein bisschen wild mit seinen Händen. Langsam nickte Yuna und sie seufzte. „Sie will dich nicht teilen“, war es nun auch für sie klar und die junge Frau sah den Sänger an. „Genau so sieht es aus“, bestätigte es Kyo und er fuhr sich durch sein Gesicht. „Das nächste Mal werde ich mich mit Natsuki mal zusammen setzen und mit ihr darüber reden“, entschied er dann, denn er wollte die Sache nicht lange im Raum stehen haben, zudem es für alle drei sicherlich eine Belastung war. „Das wird wohl das Beste sein“, stimmte Yuna dem auch zu und sie schenkte Kyo auf kleines Lächeln. Kapitel 47: Siebenundvierzig ---------------------------- Nach dem Gespräch hatten sie beide irgendwie keinen Appetit mehr verspürt und Kyo hatte den Tisch abgeräumt. Die Suppe stellte er zum Auskühlen noch auf den Herd, dann war er schon auf den Weg unter die Dusche. Yuna hatte sich selbst zum Abwaschen verdonnert und der Sänger würde sie davon auch nicht abhalten, da abwaschen wirklich nicht gerade ein Hobby von ihm war. Im Bad ließ er sogleich seine Sachen fallen und gerade als er das Wasser aufgedreht hatte, fiel ihm ein, dass seine Hausschuhe nicht bei ihm waren und seine Sachen lagen auch noch unschuldig im Schlafzimmer herum. Das war ja mal wieder typisch, aber nun nicht mehr zu ändern, da er ganz sicher nicht klitschnass durch seine Wohnung spazieren würde. Also schrubbte er sich zunächst die ganzen Farbkleckse vom Körper, was gar nicht so einfach war, denn die Farbe war wirklich hartnäckig. Aber der Sänger konnte auch stur sein, weswegen er kontinuierlich jedes fliederfarbene Farbpigment von sich entfernte, egal wie lange er dafür unter der Dusche stehen musste. Rot wie ein Krebs kam er irgendwann wieder heraus und er brauchte einen Moment, damit er sein Handtuch ausmachen konnte, denn er hatte so heiß geduscht, dass das Bad in einer richtigen Dunstwolke gehüllt war. Der flauschige Stoff fand dann trotzdem den Weg an seinen Körper und schnell rubbelte Kyo sich trocken. Seine Haare bekamen die gleiche Behandlung und als diese auch so halbwegs getrocknet waren, band er sich das Handtuch um die Hüfte und er fuhr sich kurz mit den Fingern durch seine Haare, damit er nicht ganz so wüst aussah. So richtig wollte er eigentlich auch gar nicht aus seinem warmen Bad treten, zumindest nicht ohne Klamotten, aber die waren nun mal in seinem Schlafzimmer, weswegen es einfach keine andere Möglichkeit gab. Also machte er sich auf den Weg und nebenbei bemerkte er, wie sich einzelne Tropfen aus seinen Haaren lösten und langsam über seinen Oberkörper nach unten liefen. Das jagte ihm den einen oder anderen Schauer über den Rücken und bevor er ins Schlafzimmer ging, holte er sich seine Schuhe aus dem Wohnzimmer, die er sich wieder einzeln zusammen suchen musste. „Bin gleich fertig“, rief er Yuna noch zu, die wie vom Donner gerührt, auf dem Sofa saß und den Sänger mit großen Augen und mit einem leichten Rotstich auf den Wangen hinterher sah. „Der Mann wird noch einmal mein Tod sein …“, hörte er sie noch leise murmeln, dann war Kyo schon in seinem Schlafzimmer verschwunden und zog sich einfach seine Schlafshorts und sein Schlafshirt an. Seine Haare bearbeitete er noch einmal mit dem Handtuch, welches er danach ins Bad schaffte und über die Heizung hing. Kurz durchkämmte er seine Haare noch einmal, dann schaute der Sänger noch ein letztes Mal in den Spiegel und verzog das Gesicht. Seine Stirn schimmerte nun in einem farbenfrohen Violett. Der Kratzer war immer noch rot und krustig und er hoffte wirklich, dass keine großartige Narbe zurück blieb, das wäre wirklich unschön. Da er aber so direkt nichts an dieser Sache ändern konnte, ließ er es dabei und Kyo tapste zurück ins Wohnzimmer, wo Yuna immer noch auf dem Sofa saß, aber wieder eine normale Gesichtsfarbe hatte. „Bin jetzt fertig“, erklärte er unnötigerweise und ließ sich neben Yuna fallen, die erneut mit riesigen Augen zu ihm sah und scheinbar die Luft anhielt. „Ach du scheiße, du siehst wirklich aus wie überfallen“, war sie regelrecht geschockt und wie von alleine schob sie sich näher an ihn heran, um die Wunde genau zu betrachten. „Sag ich doch“, schmunzelte Kyo und ihm war es schon leicht unangenehm, dass sie so nah an ihn heran kroch, obwohl er ihre Nähe genoss, aber so angestiert zu werden, das war einfach nichts für ihn. „Ich hab dich ehrlich gesagt nicht ganz ernst genommen, als du meintest, dass du Make-up benutzten musstest, aber ohne wäre wirklich brutal“, strich sie mit ihrer Fingerspitze ganz zärtlich drüber und der Sänger biss sich auf die Unterlippe, da es kitzelte, gleichzeitig aber auch ein wenig schmerzte. „Oh, entschuldige“, schien es Yuna dann auch endlich mal zu bemerken und sie rutschte wieder etwas weg. „Kein Ding. Wollen wir noch einen Film gucken und so den Tag ausklingen lassen?“, schlug er vor und die junge Frau war auch sofort begeistert. „Sehr gern.“ Somit erhob sich der Sänger und er suchte sich ein paar DVDs aus dem Schrank, die er an Yuna weiter reichte, damit sie schauen konnte, was er alles zu bieten hatte. Diese studierte in Ruhe die Filme, bis sie ihm eine Schachtel entgegen warf und die anderen selbst wieder in den Schrank stellte. Das war dann sein Zeichen und mit wenigen Handgriffen war die DVD im Player und sie startete das Menü von alleine. Bevor sie aber direkt auf Start drückten, besorgte er noch etwas zu trinken und eine Decke schaffte es auch noch zu ihnen, da er nur in kurzen Shorts hier saß und sich nichts verkühlen wollte. Dann konnte es auch wirklich los gehen. Umso weiter der Film vorschritt, umso näher kuschelte die beiden sich zusammen und Kyos Kopf rutschte nach einer Weile immer mal nach unten, nur um dann wieder nach oben zu zucken. Natürlich bemerkte Yuna es und sie grinste jedes Mal in sich hinein, als sie das kleine Schauspiel beobachtete. „Wenn du willst, können wir auch Schluss machen, für heute“, schlug sie freundlicherweise vor, denn der Sänger schien wirklich ziemlich fertig zu sein. „Hm… aber der Film ist doch noch gar nicht zu Ende“, blinzelte er und richtete sich wieder etwas mehr auf, in der Hoffnung er würde jetzt länger durchhalten. „Ist doch egal, ich sehe doch, dass du müde bist“, lächelte sie zu ihm hinauf. „Das bisschen werde ich noch durchhalten“, war er aber stur und drehte dann sanft Yunas Kopf wieder Richtung Fernseher, was sie leise kichern ließ. „Okay, dann schauen wir den Film eben zu Ende, aber wehe du sabberst mir auf den Kopf, wenn du eingeschlafen bist“, konnte sie sich diesen dummen Spruch nicht verkneifen, woraufhin sie sich einen kleinen Stich, von Kyos Zeigefinger, in die Seite einfing, doch damit konnte sie ganz gut leben. Der Sänger hatte aber wirklich Mühe nicht wieder den Kampf gegen seine Augenlider zu verlieren und trotz, dass es noch nicht wirklich spät war, war er einfach nur noch müde. Für ihn war es schon beinahe eine Erlösung, als endlich der Abspann lief und es bedeutet, dass sein Bett nicht mehr sehr weit weg war. Mit einem gezielten Knopfdruck schaltete er das Gerät gleich komplett aus und er musste sich zunächst einmal strecken, bevor er weitere Handlungen vornehmen konnte. Grinsend löste Yuna sich von ihm und stand dann auf. „Dann werde ich jetzt mal nach Hause gehen“, sagte sie. „Okay“, nickte Kyo und er kratzte sich leicht am Bauch, als auch er aufgestanden war und sie in den Flur begleitete, wo auch Whisky herum lag und zu schlafen schien. „Meldest du dich, wenn du zu Hause bist?“, fragte der Sänger und half der jungen Frau in ihre Jacke. „Das bekommst du doch eh nicht mehr mit“, grinste sie frech und richtete ihren Kragen der Jacke. „Ist doch egal, solange ich eine Nachricht auf dem Handy habe, wenn ich das nächste Mal drauf schaue“, zuckte er mit den Schultern, bevor er seine Arme um Yunas Hüfte legte und sie sanft an sich heran zog. „Na gut, wenn du das möchtest“, gab sie sich geschlagen und bereitwillig ließ sie sich an ihn ziehen. Kyo war erfreut, als er ihre dünnen Arme um seinen Nacken spürte und ohne großartig viel Zeit zu vergeuden küsste er sie. Ein zufriedenes Seufzen entwischte ihm, als er sie endlich wieder schmecken konnte und da Yuna sich nicht wehrte, plünderte er sogleich ihre heiße Mundhöhle und räuberte sie regelrecht. Ein bisschen erschrocken darüber krallte sie sich an den Sänger heran und Kyo schloss seine Arme noch ein bisschen fester um den schlanken Körper. Wie ausgehungert küssten sie sich und ohne das der Schwarzhaarige es wollte, drängte er sie an die Tür und schob sanft ein Knie zwischen ihre Beine und bewegte es vorsichtig. Seine Müdigkeit war wie weggeblasen, stattdessen machte sich Erregung und Verlangen nach dieser Frau in seinem Körper breit und die Raumtemperatur schien enorm anzusteigen. Langsam schob er ihr die Jacke wieder von den Schultern und sie beide ließen sie einfach im Flur zu Boden gleiten. „Willst du nicht vielleicht doch noch ein bisschen bleiben?“, murmelte Kyo daraufhin, bevor er seine Lippen wieder auf ihre senkte und jede Antwort im Keim erstickte. Die harten Brustwarzen, die sich daraufhin an seinen Oberkörper drückten, waren für ihn Antwort genug und ganz langsam dirigierte er sie in sein Schlafzimmer. Wie sie sein Bett erreichten, dass wusste Kyo dann zwar auch nicht mehr so genau, aber das interessierte in dieser Nacht eh keinen. Kapitel 48: Achtundvierzig -------------------------- So entspannt und ausgeruht, wie an diesem Morgen, war Kyo schon lange nicht mehr aufgestanden, obwohl er eigentlich nicht viel in seinem Leben zu beklagen hatte. Aber man merkte eben immer erst, dass etwas gefehlt hatte, wenn man es erst einmal besaß. Somit beschimpfte er an diesem Tag ausnahmsweise nicht seinen Wecker, sondern er drückte das nervige Ding einfach aus und sprang dann beinahe schon wie ein junges Reh aus seinen Federn. Dummerweise fiel ihm aber erst Yuna ein, als er schon fast aus der Tür heraus war – jemanden in seinem Bett war er eben einfach nicht gewohnt – und der Sänger drehte sich sofort zu seinem Bett um, welches allerdings verwaist war. Das überraschte ihn jetzt doch und stirnrunzelnd tapste er durch seine Wohnung, aber keine Spur mehr von der jungen Frau. Er konnte sich das doch nicht alles nur eingebildet haben, oder? Schon alleine wenn er nur daran dachte, wie heiß ihre Küsse gewesen waren, stieg in ihm schon wieder eine Hitzewelle auf und er musste aufpassen, dass sich nicht wieder ein anderes Körperteil von ihm meldete. Aber warum war sie dann nicht mehr hier, sondern stillschweigend abgehauen? Yuna würde ihn doch nicht einfach nur verarscht haben und ihn lediglich einmal im Bett gehabt haben wollen? Wenn das wirklich so sein sollte, dann hatte sie es auch verdammt noch mal geschafft! Gut, aber zunächst einmal durchatmen und nicht gleich den Kopf verlieren, vielleicht gab es auch einfach eine ganz simple Erklärung, für ihr Verschwinden. Also redete der Sänger sich gut zu und da er eben sowieso gerade in seiner Küche sinnlos, und zudem noch nackt, herum stand, bereitete er schon mal seine Kaffeemaschine vor und stellte sie dann auch gleich an, damit das braune Gebräu gemütlich durchlaufen konnte, während er sich für den Tag fertig machen würde. Somit angelte er sich eine Filtertüte, tat sie in die Vorgesehene Vorrichtung, löffelte ein paar Häufchen Kaffeepulver hinzu und ließ die Klappe dann zuschnappen. Nun goss er nur noch Wasser in das hintere Teil, dann ging alles seinen Gang und Kyo drehte sich zum Gehen um. Ein weißer Zettel auf seinem Tisch ließ allerdings ihn innehalten und sofort schnappte er sich das Teil. Fein säuberlich stand drauf geschrieben, dass Yuna mit Whisky eine Runde gehen musste, da Kyo das arme Tier sicherlich sonst filetieren würde, würde er in seine Wohnung machen und auch, dass sie danach gleich auf Arbeit gehen würde, da sie schon ziemlich spät dran war und sie doch etwas eher an ihrem Arbeitsplatz sein musste, als der Sänger. Diese Nachricht beruhigte Kyo ungemein und er war wirklich froh, dass sie sich nicht einfach so verpisst hatte, wobei er es schon gerne gehabt hätte, dass sie sich bei ihm wenigstens verabschiedet hätte, dafür hätte er sogar ein paar Minuten seines geliebten Schlafes geopfert. Aber nun war es nicht mehr zu ändern und er kümmerte sich dann lieber mal um sein Äußeres, da der Kaffee schon fast durchgelaufen war und wahrscheinlich schon wieder kalt wäre, würde er noch Ewigkeiten in der Küche stehen bleiben. Das Bad wurde demnach geentert und zügig, aber ohne große Eile duschte, rasierte und putzte er Zähne. Wie immer holte er sich erst danach seine Sachen aus dem Schlafzimmer und diesmal bevorzugte er eine schwarze, kurze Hose, ein weißes Sweatshirt und eine schwarze Weste, die er drüber zog. Da Kyo an diesem Tag irgendwie auch keine Lust auf Kontaktlinsen hatte, suchte er sich eine seiner Brillen aus und bald hatte er ein schwarzes, eckiges Model auf der Nase. Aus der obersten Ablage holte er sich noch einen schwarzen Hut herunter, welchen er gleich in den Flur legte, damit er in dann ja nicht vergaß. Nun konnte er sich endlich seinem Kaffee widmen und das Müsli dazu ließ er sich ebenfalls schmecken. Beinahe schon quietsch fidel verließ der Sänger nach seinem Frühstück das Haus und gemütlich brachte er seinen Arbeitsweg hinter sich. Von weitem sah er schon eine Gruppe Kinder vor dem Kinderheim stehen und zwei große Busse warteten davor. Überrascht über diesen Anblick lief Kyo dann doch etwas schneller und kam wenig später bei den vielen Kindern an, die alle durcheinander quasselten. „Guten Morgen. Was ist denn hier los?“, grüßte er die Heimleiterin, die sich daraufhin überrascht umdrehte und mit ihrer Standpauke inne hielt, da zwei Jungs vor ihr standen, die sie schon ziemlich herunter geputzt hatte, denn die beiden trauten sich kaum noch zu atmen. „Oh, guten Morgen“, nickte sie ihm zu, zischte den Kindern dann noch etwas entgegen, bevor sie ihre Aufmerksamkeit nun ganz auf ihn richtete und die beiden Jungen sich mal lieber auf und davon machten. „Wir machen heute einen Ausflug. Es geht etwas in Richtung Berge und da unternehmen wir eine kleine Wanderung“, erklärte sie nur zu gerne und sie schien sich wirklich zu freuen. Die Kinder waren da allerdings wohl eher anderer Meinung, denn die meisten stöhnten auf, sobald sie die Wanderung auch nur erwähnte. Und Kyo musste zugeben, er konnte die Knirpse da wirklich verstehen, da er selbst lieber Gewichte stemmte oder sich anders auspowerte, aber wandern musste dann wirklich nicht sein. „Die sprühen ja alle vor Begeisterung“, sagte er trocken und konnte seine große Klappe nicht halten und schon bekam er einen tadelnden Blick von ihr entgegen geschossen. „Sie haben doch gar keine Ahnung. Das wird den Kindern gut tun und sicherlich Spaß machen.“ „Gut tun wird es ihnen sicherlich, aber bei dem Spaß wäre ich mir da nicht so sicher“, hob er abwehrend die Hände. „Aber Sie werden schon wissen, was Sie tun“, hatte er leider auch nicht ewig Zeit und nach einem Handgruß ging Kyo weiter und schaute neugierig durch die Kinderreihen. Zu seiner freudigen Überraschung erhaschte er sogar das Gesicht, nach welchem es ihm gestrebt hatte und vorsichtig quetschte er sich durch die schnatternde Kinderscharr, bis er endlich bei seinem Mädchen war und ihr vorsichtig von hinten auf die Schulter tippte. Verwundert sah sie auf und die pure Unlust, die zuvor in ihrem Gesicht gestanden hatte, wurde von absoluter Freude abgelöst. „Du siehst ja genauso begeistert aus, wie ich es wäre“, grinste er und breitete dann seine Arme aus, worin sich Natsuki auch gleich fallen ließ. „Ich will nicht“, murmelte sie und sie drückte ihr Gesicht an seinem Bauch. Zärtlich fuhr er ihr durch die offenen Haare und knuddelte sie ein wenig. „Das kann ich gut verstehen, aber vielleicht macht es dir ja trotzdem etwas Spaß, Tsuki-chan“, konnte er es wirklich nachvollziehen. Doch sie schien nicht wirklich überzeugt davon zu sein, denn die kleine Lady schüttelte nur mit dem Kopf und murrte ein wenig. Schmunzelnd behielt er sie somit im Arm und spendete noch etwas Beistand, wobei das am Ende eh nicht viel bringen würde. „Bitte alle einsteigen. Immer nacheinander und nicht schubsen oder drängeln!“, ging es dann auch schon los und Natsuki verfestigte ihren Griff prompt und sie kniff mit ihren kleinen Fingern sogar leicht in seine Seite, was Kyo auf zischen ließ. „Au~, Tsuki, das tut weh“, murmelte er und löste vorsichtig die kleine Hand. Zwar konnte er wirklich nicht behaupten Speckfalten zu haben, aber scheinbar hatte die Kleine doch eine erwischt und das nicht zu knapp. „Ich will bei dir bleiben“, flüsterte sie leise und sie schob leicht ihre Unterlippe nach vorn, die sogar ein wenig bebte. Von unten schaute sie zu dem Sänger und Kyo hatte zu tun, dass er stark blieb. „Ach Süße…“, seufzte er und hockte sich vor ihr hin. „Das geht heute aber nicht“, wischte er ihr am Ende doch eine Träne von der Wange, die sich frech aus ihrem Augenwinkel gelöst hatte. „Das wird bestimmt ein schöner Tag und wenn du keine Lust auf die anderen hast, dann läufst du eben für dich alleine, okay?“, blieb er ruhig und sah sie an. Ihre Unterlippe bebte immer noch leicht und sie ballte ihre Fäuste zusammen, doch sie nickte dann leicht. „Na siehst du, das ist doch mein Mädchen“, flüsterte Kyo und zog sie noch einmal in seine Arme. „Aber du darfst nie alleine irgendwo hin gehen, verstanden? Du musst immer bei den anderen in der Nähe bleiben und darfst sie nicht aus den Augen lassen“, machte er sich jetzt aber doch so seine Sorgen. Natsuki nickte dann auch gleich und schniefte ein letztes Mal herzerweichend. „Na los, ich bringe dich noch zum Bus“, verdrückte er sich allerdings jetzt auch nicht einfach so, auch wenn er sicherlich schon wieder zu spät war… Er nahm die kleine Hand in seine und zusammen gingen sie zu dem Bus, worauf die Heimleiterin deutete, denn die anderen hatten sich schon aufgeteilt und waren in den Bussen verschwunden. Kyo hob das Mädchen die Erste Stufe nach oben, da diese wirklich sehr hoch war, und blieb noch einmal vor ihr stehen. „Denk dran, was ich dir gesagt habe, immer schön in der Nähe der anderen bleiben“, musste er es einfach noch einmal aussprechen. „Und nun hab ein bisschen Spaß und zieh nicht so ein Gesicht“, drückte er ihn ein Küsschen auf die Stirn und hob mit seinen Fingern ihre Mundwinkel ein bisschen an. Das Mädchen nickte, schaute ihren Baldpapa noch einmal an und tapste dann in den Bus, wo sie sogleich einen Platz am Fenster gefunden hatte, da es von innen plötzlich an die Scheibe klopfte und Kyo sie somit noch einmal erblicken konnte. Lächelnd hob er winkend seine Hand und sobald auch die Erwachsenen alle zugestiegen waren, schlossen sich die Bustüren und die Gefährte setzten sich in Bewegung. Kyo stand noch ein bisschen da und winkte ihnen nach, bis sein Arm langsam schwer wurde und ihm mal wieder ins Gehirn sickerte, dass er ja eigentlich auch schon auf Arbeit sein musste. Deswegen nahm er dann auch gleich seine Beine in die Hand und mit eiligen Schritten stürmte er das Studiogebäude. Nickend grüßte er den einen oder anderen Menschen und außer Atem betrat er ihren Arbeitsbereich, wo schon drei, von den eigentlich erwarteten vier, herum saßen. „Huh, wo ist denn Kao?“, fiel Kyo sofort auf, wer denn da nicht an seinem Platz saß, zudem es bei ihrem Leader wirklich sehr merkwürdig, und vor allem selten, war. „Der kommt später, mehr hat er nicht gesagt“, gähnte Daisuke und der Rote genehmigte sich einen Schluck aus seiner Tasse, die er in den Händen hielt. „Okay, … überraschend, aber okay“, nickte der Sänger und nahm sich auch gleich noch einen Kaffee, da der Duft einfach zu gut in seiner Nase war. „Da fällt zumindest nicht auf, dass du schon wieder zu spät bist“, grinste nun ihr zweiter Gitarrist und Kyo lachte. „Stimmt, mein Glück“, denn ab und an mal etwas später kommen war schon okay, sich aber beinahe täglich verspäten – so wie er die ganze Woche schon –, da hörte der Spaß bei ihrem Leader dann doch mal auf. Mit seiner Tasse setzte er sich neben Daisuke und Kyo lehnte sich zufrieden seufzend zurück. „Freust du dich schon, wenn Natsuki bald bei dir ist?“, brach der größere von ihnen bald darauf die Stille und Kyo nickte. „Definitiv. Ich kann es kaum noch erwarten. Wir beide haben gestern das Zimmer gestrichen und ich will ihr noch etwas anderes auf die Wand zaubern. Ich hoffe ich krieg das auch so hin, wie ich es mir vorstelle“, redete der Sänger und lächelte selig vor sich hin. „Was schwebt dir denn vor?“ „Irgendwas mit einem Einhorn“, redete er lapidar dahin, hatte aber schon eine genauere Vorstellung. „Warum frage ich überhaupt?“, lachte nun der Gitarrist und Kyo grinste. „Tja, wenn du das nicht weißt, wer dann?“, zuckte er mit den Schultern und schaute Shinya zu, wie er in der Luft vor sich hin trommelte. Ihr Bassist blätterte abwesend in einer Zeitschrift und schien darin sehr vertieft zu sein. „Kao braucht aber heute wirklich lange, bei was auch immer“, murmelte Kyo nach einer halben Stunde und er lümmelte schon mehr auf dem Sofa, als dass er drauf saß. „Da hätte ich ja doch noch einmal bei Yuna vorbei schauen können“, nuschelte er weiter und schaute in seine leere Kaffeetasse, wo der letzte Tropfen schon anfing zu trocknen. „Huh? Was willst du denn bei Yuna?“, überging Daisuke Kyos erste Anmerkung und tackerte sich gleich an der zweiten fest. „Hab ich das jetzt laut gesagt?“, blinzelte nun Kyo, der eigentlich mehr mit sich selbst geredet hatte. „Ja, hast du und nun weiche nicht aus, was willst du bei Yuna?“, blieb Daisuke dran und er setzte sich sogar aufrecht hin und drehte sich ein wenig zu ihrem Sänger herum. „Uhm… sie besuchen?“, fragte nun Kyo und er rutschte etwas mehr in die Ecke. Verdammt, da hatte er sich aber mal mächtig verplappert. „Kyo, du besuchst nicht einfach so jemanden und schon gar nicht eine Frau. Außerdem kannst du dieses Mal auch nicht Natsuki vors Loch schieben, denn die Kleine ist ja nicht hier. Also, raus mit der Sprache und zwar dalli“, zog der Gitarrist eine Augenbraue nach oben tippelte ungeduldig mit seinen Fingern auf seinem Oberschenkel herum. „Es geht dich aber nichts an“, war der Sänger nicht gewillt klein bei zu geben. „Mir doch egal, wissen will ich es trotzdem“, war der große Rote unbeeindruckt und Kyo seufzte. „Wenn ich aber nichts darüber erzählen will?“ „Dann muss ich die Sache wohl anders angehen. Was sagst du dazu, dass ihr beide in den letzten Tagen ziemlich oft zusammen gesehen wurdet?“ Oh Shit! „Aha… und wo bitte schön?“, ganz ruhig Kyo, das hat alles noch nichts zu sagen, redete er sich selbst gut zu und versuchte sich nichts anmerken zu lassen. „Da wäre das eine Mal, wo du dich mit Kao so gezofft hast. Da müsst ihr ganz schön lange in der Cafeteria gesessen haben.“ „Stimmt, ich hab sie im Flur über den Haufen gerannt und bevor ich mich wehren konnte, hatte sie mich schon mit nach oben geschleppt“, log er nicht direkt, aber ganz die Wahrheit war es auch nicht, nur musste das Daisuke ja nicht wissen. „Ah… ja… und an diesem Abend wurdest du vor ihrem Haus gesichtet und am Morgen, wie du da wieder raus gekommen bist. Denk mal nach… erst am Morgen kamst du wieder aus der Wohnung…“, sah Big Red ihn wissend an und Kyo fühlte sich gestalkt. „Lasst ihr mich beschatten, oder was?“, verriet er sich damit selbst und Daisuke grinste triumphierend. „Hah! Ich wusste es. Ihr habt was miteinander!“, klatschte Daisuke nun in seine Hände und sah ihn grinsend an. „Aber nein, meine Schwester wohnt nur direkt neben Yuna und sie hat dich gesehen. Als du gekommen bist, ist sie gerade an den Briefkasten gelaufen und am Morgen musste sie auf Arbeit, als du ihr erneut über den Weg gelaufen bist.“ Stimmt, jedes Mal hatte er jemanden getroffen, aber der Sänger hatte nicht Acht gegeben. „Also, was ist nun?“, rutschte Daisuke etwas näher an ihn heran und Kyo verdrehte die Augen. „Was denn? Du weißt doch schon alles“, brummte der Sänger und er gab innerlich schon auf, da er gegen dieses neugierige Wesen eh keine Chance mehr hatte. Was Tratsch anging, da war Daisuke wirklich Weltklasse und er hatte beinahe ein Gespür dafür. Kapitel 49: Neunundvierzig -------------------------- „Komm, ich hole dir noch einen Kaffee, dann erzählst du mir genau, was nun zwischen dir und Yuna läuft“, riss Daisuke ihm plötzlich die Tasse aus der Hand und Kyo konnte gar nicht so schnell reagieren. „Du bist unmöglich, Dai“, seufzte der Sänger und er beobachtete den schlanken Gitarristen, wie dieser mit einer Leichtigkeit die Tassen füllte und sie danach gleich wieder mit zum Sofa nahm. „Aber dafür liebst du mich doch so“, griente dieser und der Sänger schüttelte amüsiert seinen Kopf. „Was willst du denn alles wissen?“, war er von sich selbst geschockt, da er scheinbar bereit war Daisuke wirklich alles zu erzählen. „Alles!“, brauchte der große Rote nicht zu überlegen und Kyo verdrehte, mal wieder, seine Augen. „Keine Angst, zu genau will ich es dann auch nicht wissen. Aber ich bin doch richtig in der Annahme, dass ihr miteinander geschlafen habt?“, wollte er Kyo anscheinend nur aufziehen. „Ja haben wir, aber nicht an dem besagten Tag, wo deine Schwester mich gesehen hat.“ „Du meinst in dieser Nacht?“ „Genau, denn da lief absolut nichts“, wieso erzählte er das überhaupt? Scheinbar weil es gut tat auch mal mit jemanden darüber zu sprechen, anstatt das alles nur mit sich selbst zu verarbeiten. „Du übernachtest bei ihr, ohne mit ihr zu schlafen? Wieso tust du so etwas?“, guckte Daisuke verwundert aus der Wäsche und Kyo lachte. „Entschuldigung, ich muss nicht gleich mit jeder ins Bett hüpfen, nur weil ich mich auf ihrem Sofa ausstrecke.“ „Nein, du musst nicht, aber du solltest“, blitzte der Schelm in den dunkelbraunen Augen des Gitarristen und Kyo zeigte ihm den Vogel. „Aber warum hast du auf dem Sofa geschlafen?“ „Du hast sie doch nicht mehr alle“, schüttelte der Sänger daraufhin seinen Kopf. „Hab ich nicht, aber ich wollte, nur hatte sich da ihr fauler Hund schon häuslich darauf eingerichtet.“ „Der wohnt da, also sollte dich das nicht wundern“, blubberte Daisuke dazwischen. „Du weißt genau wie ich das meine.“ „Genauso, wie du es sagst.“ „Daiii~!“ „Ist ja gut, ich halte ja schon meine Klappe“, verschloss er seinen Mund imaginär mit einem Schlüssel. Geht doch, dachte sich der Sänger und er trank noch einen Schluck Kaffee, bevor er weiter sprach. „Es war ehrlich gesagt noch nicht einmal geplant, dass ich bei ihr übernachte, aber der Fahrstuhl ist stecken geblieben, als ich mit dem nach unten fahren wollte. Yuna hat dann den Hausmeister aus dem Bett geklingelt, nachdem ich sie angerufen hatte und ja… als der das Ding wieder im Gang hatte, fuhr die Kabine komischerweise nach oben und nicht nach unten und ja… ich war müde und zu faul nach Hause zu laufen, also hat sie mir angeboten bei ihr zu schlafen.“ „Sicher, dass sie nicht doch ‚mit ihr‘ gemeint hat?“, reizte Daisuke es schon wieder aus, aber ganz so unrecht hatte er mit seiner Behauptung vielleicht auch gar nicht, nur musste er es dem Gitarristen nicht gleich auf die Nase binden. „Ganz ehrlich, bisschen gehofft wird sie das schon haben, aber na ja…“, zuckte er mit den Schultern. „Aber wenn du nicht auf dem Sofa geschlafen hast, wo dann?“ „In ihrem Bett?“ „In ihrem Bett, mit Yuna? Also sie neben dir?“, hundert Punkte für den Sieger in rot. „Ja, ganz richtig, DaiDai. Ob du es glaubst, oder nicht, man kann auch ohne sexuelle Handlungen in einem Bett liegen und schlafen. Zu zweit, wohlbemerkt.“ „Ha ha, als ob ich das nicht selbst wüsste“, verschränkte Daisuke nun seine Arme ein wenig beleidigt. „Sorry, aber du machst ehrlich nicht den Eindruck, als ob du das wüsstest“, war Kyo sich keiner Schuld bewusst. „Aber falls es dich beruhigt, zumindest haben wir uns da geküsst“, das erste Mal so richtig, aber diese Information behielt er dann doch lieber für sich. „Na immerhin“, schien das den Gitarristen wieder etwas zu besänftigen und er entspannte sich und seine Miene wurde auch wieder heller. „Da ist ja bei dir doch noch nicht ganz Hopfen und Malz verloren.“ „Boah, Daisuke, du brauchst dich ehrlich nicht wundern, wenn du mal eine gescheuert kriegst“, schüttelte Kyo seinen Kopf. „Das ist es mir dann wer.“, störte es den anderen nicht im Geringsten und Kyo sagte am besten gar nichts dazu. „Und wann habt ihr dann miteinander geschlafen? So viel Zeit zwischen eurer ersten Nacht und dem heutigen Tag, liegt da ja nun auch nicht“, konnte der Ältere seine Neugier einfach nicht bremsen. „Gestern, okay? Wir hatten gestern Sex und aus. Mehr sage ich dazu nicht mehr, denn es geht dich nun wirklich nichts mehr an“, hatte Kyo dann auch keine Lust mehr das Thema ewig auszulatschen, zudem der andere sich eigentlich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern sollte, was ihm etwas anderes durch den Kopf jagte. „Hast du mit Noriko eigentlich noch einmal gesprochen? Sie wollte ja nicht so, wie du“, drückte er es ziemlich salopp aus und er erinnerte sich an das Gespräch, was er mit dem Gitarristen geführt hatte, als sie im Meer herum gepaddelt waren und nun war es an ihm, dem anderen Fragen zu stellen. Sofort veränderte sich Daisukes Haltung und er war gar nicht mehr so entspannt, wie zuvor. „Hm… ja, habe ich…“ „Und?“, wollte nun Kyo wissen, was Sache war. „Ich glaube wir können hier auch von einer Beziehung sprechen…“, sagte Daisuke vage und Kyos Ohren wuchsen. „Aber? Ich meine, das ist doch gut, oder nicht?“, war er ein bisschen von dem Verhalten des großen Roten verunsichert. „Ja schon, aber…“, kaute er sich auf der Unterlippe herum und Kyos zog eine Augenbraue nach oben. „Was aber? Was hast du schon wieder angestellt?“ „Wieso schon wieder ich? Dazu gehören immer noch zwei!“, spie er aus und im nächsten Moment fielen dem Gitarristen beinahe die Augen aus dem Kopf und er schlug sich entsetzt die Hand vor dem Mund. Verdattert saß Kyo da und so richtig konnte er mit dieser Information nichts anfangen… „Wie, dazu gehören zwei…?“, fragte er leise und er schaute in das blasse Gesicht seines Freundes, der dann einfach in sich zusammen sackte und schlaff auf dem Polster hing. „Na was kriegt man normalerweise nur zu zweit hin?“, schien es dem Roten jetzt auch egal zu sein. „Noriko ist schwanger, ich werde Papa.“ Kyos Mund klappte auf und wieder zu und er fühlte sich, wie ein Fisch an Land. Das konnte nicht wahr sein. Zwar war Daisuke nie ein Kind von Traurigkeit gewesen, aber in seine Beziehungen hatte er sich immer rein gehangen, dennoch soweit hatte er es dann doch nie kommen lassen, zudem nie ein Wort über Kinder gefallen war. Gut, seine Prioritäten hatten sich ja in dem letzten halben Jahr auch enorm gewandelt, aber nur weil er gerade so eine Wandlung durchmachte, hieß es ja noch lange nicht, dass seine Bandmember ebenfalls mitzogen. Außer Daisuke schien das auch wirklich keiner von ihnen zu tun… „Wow… das ist ja… ich weiß gerade wirklich nicht, was ich sagen soll“, fiel Kyo jetzt wirklich nichts dazu ein und er starrte Daisuke weiterhin an. „Da gibt’s auch nichts dazu zu sagen. Es ist wie es ist und ich werde für das Kind da sein“, sagte er ernst und der Sänger konnte sehen, dass der Gitarrist es wirklich so meinte, wie er es sagte. „Dann seid ihr nicht wieder zusammen?“, war das jetzt komisch, da er vorher ja meinte, dass er auch in einer Beziehung sei, seine letzte Aussage klang allerdings überhaupt nicht danach. „Oh, doch doch, ich meinte dass allgemein. Egal was kommen wird, ich werde immer für den Krümel da sein“, huschte dann sogar ein Lächeln über die schmalen Wangen und Kyo hob auch sachte einen Wundwinkel an. „Das war übrigens der Grund, weswegen sie sich von mir zunächst fern gehalten hat. Noriko dachte, dass ich ihr Vorwürfe machen und sie dann eh verlassen würde. Klar, die Nachricht hat mich auch wirklich zuerst aus den Latschen gehauen, aber das Kind kann ja nun überhaupt nichts für unsere Dummheit richtig zu Verhüten“, sprudelte es dann auch schon aus dem großen Roten heraus und der Sänger hatte die Ahnung, dass er es schon lange mit sich herum trug und er es einfach jetzt einmal loswerden musste. „Nein, dafür kann das Kind wirklich nichts“, nickte er also. „Darf ich fragen, wann es soweit ist?“ „Klar darfst du das. Sie ist jetzt im fünften Monat und Ende Januar soll es soweit sein“, erstattete er auch bald Bericht und Kyo schmunzelte, da Daisukes Wangen mittlerweile rosa schimmerten und er jetzt wieder viel fröhlicher und auch glücklicher aussah. „Solange ist das ja nun auch nicht mehr“, stellte er aber fest und Daisuke fuhr sich leicht beschämt durch den Nacken. „Na ja, wie gesagt, sie hat es erst verheimlich und als ich es erfahren habe, war sie auch schon mitten im vierten Monat“, beichtete der Große. „Wer ist im vierten Monat?“, zuckten sie beiden mächtig zusammen, als plötzlich Kaorus tiefe Stimme im Raum auftauchte. „Niemand. Okay, nicht ganz richtig. Norkio ist schwanger, allerdings schon im fünften Monat“, purzelte es über die Lippen des Rhythmusgitarristen und nach kurzem Schweigen kam die Information dann auch bei Kaoru an und Kyo machte, dass er aus der Schusslinie kam, denn da zeigte Kaoru erst einmal, was er von solchen Hiobsbotschaften alles hielt. Kapitel 50: Fünfzig ------------------- Kaoru war alles andere als begeistert gewesen, als Daisuke ihm die ganze Sache mit seiner baldigen Vaterschaft erklärte. Kyo war ehrlich froh, dass er mit der Adoptionssache nicht auch solch eine Auseinandersetzung mit ihrem Leader gehabt hatte, was wohl daran lag, dass ausgerechnet die Jungs ihm ja diesen Floh ins Ohr gesetzt hatten. Am Ende waren aber alle Wogen wieder geglättet und sie hatten danach auch wirklich mit dem Arbeiten anfangen können. Natürlich hatten sie sich dafür gleich noch mehr ins Zeug gelegt, auch wenn es hieß, dass ihre Pausen diesmal ziemlich auf der Strecke blieben. Aber dem Sänger war es nur recht, wenn er sich heute Abend relativ zeitig verdrücken konnte, denn er hatte noch vor Natsukis Wand zu verschönern und das würde sicherlich nicht in einer Stunde – nicht mal heute – fertig werden. Seine Idee war, dass er ein lebensgroßes Einhorn an die Wand zeichnen wollte. Es würde auf einem kleinen Felsvorsprung und auf seinen Hinterläufen stehen. Das Einhorn stünde genau vor dem großen Vollmond und würde da die Hufe hoch reißen und es glitzerte schon beinahe in der Nacht. Die wallende Mähne und der beeindruckende Schweif kamen in dem Mondlicht erst recht zur Geltung. Zumindest war es in seiner Vorstellung so und er hoffe inständig, dass er sich an der ganzen Maleraktion nicht noch übernahm. Zwar zeichnete er ganz gerne und diese Bilder konnten sich auch sehen lassen, aber an einer Wand war das dann nun wieder etwas total Neues für ihn. Aber Kyo würde es zumindest versuchen und sollte es wirklich komplett schief gehen, er hatte ja noch einen halbvollen Eimer Farbe und Wandtattoos würden sich sicherlich auch besorgen lassen, die er dann ganz unauffällig drüber kleben könnte... „Bist du noch da?“, schnipste plötzlich eine Hand vor seinem Gesicht herum und der Sänger blinzelte verwirrt, da er aus seinen Gedanken gerissen wurde. Bisschen überfahren setzte er sich gerade hin und schaute in das amüsierte Grinsen ihres Bassisten, der sich schon in seine volle Montur geworfen hatte und sich scheinbar verabschieden wollte. „Eh… ja“, brauchte Kyo wirklich noch einen Moment. „Wo warst du denn schon wieder mit deinen Gedanken? Na egal, ich bin weg, schönen Abend noch“, hob Toshiya nur noch seine Hand und war damit verschwunden. Nun erst bemerkte er, dass die anderen auch schon ihr Zeug aufräumten und damit sogar schon recht weit waren. Also kramte sich der Sänger seine Utensilien ebenfalls zusammen und warf sie schon beinahe in seine Ramschecke, zumindest das, was er nicht wieder mit nach Hause nehmen wollte. Mit diesem Verfahren war er recht schnell und gleichzeitig mit Kaoru und Daisuke wurde er fertig. Shinya schien sich auch schon verdrückt zu haben, wie Kyo erst jetzt bemerkte. Zu dritt verließen sie ihre Räumlichkeiten und machten sich auf den Nachhauseweg. „Oi, Kyo, warte mal“, wurde der Sänger recht schnell wieder aufgehalten und er war wirklich kurz gewillt einen Schritt schneller zu laufen, aber die Stimme kam ihm dann doch bekannt vor und er blieb stehen, drehte sich gleichzeitig um. Yuna kam hinter ihm her gerannt und blieb leise keuchend neben ihm stehen, genauso wie Whisky, der sich einfach auf den Boden fallen ließ und alle viere von sich streckte. „Hast du heute Abend schon was geplant?“, fragte sie, nachdem sie wieder halbwegs normal Luft bekam und Kyo schmunzelte, da ihre Wangen rot leuchteten. „Ja, habe ich“, antwortete er dann auf ihre Frage wahrheitsgemäß. „Wieso?“ „Uhm… schade. Ich dachte, wir könnten noch etwas zusammen machen“, murmelte sie und sie sah wirklich ein bisschen enttäuscht aus. „Heute nicht, tut mir leid“, seufzte er und der Sänger wusste gerade nicht so recht, wie er sich ihr gegenüber nun verhalten sollte. Wäre sie heute Morgen noch bei ihm gewesen, dann wäre das sicherlich einfacher. „Was… hast du denn vor?“, fragte sie weiter. „Ich will Natsukis Zimmer noch fertig malen“, hatte er in der Hinsicht auch nichts zu verheimlichen. „Ach so“, war sie gleich viel entspannter und bei Kyos Ablehnung hatte sie anscheinend ganz andere Dinge im Kopf gehabt, die er ohne sie machen würde. „Wenn du willst, kann ich dir dabei helfen, da bist du schneller fertig“, strahlte sie dann und der Schwarzhaarige grinste. „Kannst du denn ein Einhorn an die Wand malen?“, war er nun neugierig und kaum hatte er die Worte ausgesprochen, da sackte ihre Euphorie wieder in sich zusammen. „Ehrlich gesagt endet bei mir alles, was über einen geraden Strich hinaus geht, in einer Katastrophe“, dropte sie und er musste lachen. „Also kein künstlerisches Händchen“, stellte er somit fest und Yuna nickte bedröppelt. „Macht doch nix. Ich selbst weiß ja auch noch nicht, ob es so funktioniert, wie ich es mir vorstelle“, musste er dann auch zugeben und fuhr sich durch den Nacken. „Aber du kannst zumindest einen Kreis malen, da hört’s bei mir ja schon auf“, schmollte sie jetzt tatsächlich. „Mit einem Zirkel würdest du das bestimmt auch hin bekommen“, biss er sich grinsend auf die Unterlippe, damit sein Grinsen nicht ganz so breit über sein Gesicht strahlte. „Na vielen Dank“, fand Yuna es dann wohl doch nicht so lustig. „Also wird das heute nichts mehr“, seufzte sie im nächsten Moment und Kyo nickte, schaute auch ehrlich betreten aus der Wäsche. „Nein, heute definitiv nicht und die nächsten beiden Tage auch nicht, da wir abends Konzerte geben“, erklärte er gleich mit, da sie schon wieder Luft zum Reden geholt hatte. Daraufhin ließ sie ihren Kiefer wieder zuklappen. „Da wird aber auch nicht viel, mit deinem Einhorn“, wurde ihr dann langsam klar und Kyo nickte. „Nicht wirklich. Ich will heute so lange wie möglich dran zeichnen und morgen, sowie übermorgen auch. Geht halt nur vormittags, da ab dem Nachmittag Soundcheck und Make-up ist und ich vorher ja noch zu den Hallen fahren muss“, hatte er es auch schon damit zu tun bekommen. Aber der Sänger war zuversichtlich, dass er es irgendwie hin bekommen würde. „Aber wenn du willst, kannst du mir später beim Einrichten helfen. Ich weiß zwar noch nicht wann genau, aber da Natsuki sich einen Himmel über dem Bett gewünscht hat, muss der, zum Beispiel, noch angebracht werden und das geht zu zweit besser, als alleine“, machte er ihr diesen Vorschlag und die junge Frau schien damit auch zufrieden zu sein. „Okay, das klingt doch mal nach einer Ansage. Aber wolltest du das Zimmer nicht mit ihr zusammen einrichten?“, fragte sie dann. „Hm… ja schon, aber ich glaube es kommt besser, wenn ich sie damit überrasche, zudem ich ja jetzt die nächsten Tage auch keine Zeit habe, um sie abzuholen und wenn ich so lange warten würde, bis sie endlich mal wieder bei mir ist, dann wird’s mit der Zeitplanung echt bisschen eng und den Stress muss ich mir dann auch nicht antun“, hatte er auch schon darüber nachgedacht und Kyo war letzten Endes auf dieses Ergebnis gekommen. Außerdem freute er sich schon, wenn sie das Zimmer sah und ihre Augen hoffentlich leuchten würden. „Auch wieder wahr“, nickte die junge Frau dann. „Da will ich dich mal nicht länger aufhalten, du meldest dich, wenn du mich brauchst?“, fragte sie und Kyo nickte. „Ja, deine Nummer wird die erste sein“, zwinkerte er. „Zu gütig“, schmunzelte sie und Yuna schmiegte sich dann einfach an Kyo heran, der sie gleich sanft in den Arm nahm. „Das gestern Abend war übrigens richtig schön“, murmelte es leise an seinem Ohr und dem Sänger schoss sofort die Röte in die Wangen, aber er befand es ebenso. „Danke, fand ich auch“, nuschelte er leise und so undeutlich, dass er sich selbst fast nicht verstanden hatte. Leise kicherte Yuna und ihm war es dadurch gleich noch unangenehmer. „Du bist so süß, wenn du verlegen bist“, kicherte sie noch immer und der Sänger brummte. „Ich bin nicht süß.“ „Oh doch, ob du es willst oder nicht, selbst wenn du einen Mordsblick drauf hast, bist du süß“, zog dieses Biest ihn dann sogar noch weiter auf und der Sänger wusste gleich gar nicht, was mit ihm geschah. „Yuna!“, murrte er deswegen nur. „Genau das meine ich“, lachte sie dann aber sogar und Kyo löste sich von ihr. „Ich finde das gerade nicht wirklich lustig“, kippte seine gute Laune ein wenig und endlich schien es der jungen Frau auch mal aufzufallen, dass er so etwas absolut nicht hören wollte. „Tut mir leid“, räusperte sie sich und zog den Sänger wieder zu sich, da er einen Schritt von ihr weggetreten war. „Bitte sei mir nicht böse“, blickten ihn dann schon wieder diese rehbraunen Augen an und da konnte er gar nicht anders, als ergeben zu seufzen. „Schon gut“, sagte er also und fuhr ihr mit einer Hand leicht über die Wange. „Ich hab es ja überlebt.“ „Gott sei Dank“, nickte Yuna und stellte sich dann auf ihre Zehenspitzen. Der Sänger kam ihr sogleich entgegen und die sanfte Berührung ihrer Lippen beruhigte ihn sofort und aller Ärger und Groll war mit einem ‚Puff‘ verschwunden. Kapitel 51: Einundfünfzig ------------------------- Dank Yunas wunderbarer – auch wenn es ironisch klang, er meinte es aber wirklich ernst – Ablenkung, kam er nun viel später bei sich zu Hause an, als er es eigentlich vorgehabt hatte. In Windeseile zerrte der Sänger sich seine Klamotten vom Leib, damit er daraufhin in seine alte Jogginghose und dem ausgeleierten T-Shirt schlüpfen konnte. Mit einer Wasserflasche machte er sich auf den Weg ins Kinderzimmer, wo er schon seine Bleistiftzeichnung abgelegt hatte. Konzentriert studierte er das Gekritzel noch einmal, bis er sie wieder auf die abgedeckte Kommode legte und sich die kleine Trittleiter heran zog. So weit oben, wie möglich begann er nun zu zeichnen. Ganz dünn nur ließ er den Stift über die farbige Wand gleiten, so dass kaum Konturen über blieben, aber für den Sänger waren sie genau ausreichend und wenn das Licht drauf fiel, waren sie auch relativ gut zu erkennen. Zu seiner Überraschung kam er ziemlich gut voran und wirklich oft musste er sich nicht verbessern. Aber Kyo wollte sich nicht zu früh loben, denn schief gehen konnte immer noch etwas. Ganz in seiner Arbeit vertieft, flog der Abend und die halbe Nacht nur so an ihm vorbei und irgendwann legte er den Stift weg und der Sänger besah sich seine Skizze an der Wand. Man konnte sehr deutlich das Einhorn erkennen und den Mond, sowie den Felsen. Mit der Farbe würde er heute allerdings nicht mehr anfangen, denn sein Nacken schmerzte und sein rechter Arm war vom Anzeichnen auch ganz schwer geworden. Gähnend streckte er sich und suchend schaute er sich nach einer Uhr um, entdecken konnte er aber keine. Er schnappte sich seine Wasserflasche und drehte den Deckel ab und während Kyo ein paar Schlucke nahm, lief er in sein Wohnzimmer und verschluckte sich prompt, als er die Uhrzeit erblickte. Es war kurz nach drei am Morgen und auch erst jetzt fiel ihm auf, dass es draußen schon dunkel war. Oder sollte er sagen noch? In knapp zwei Stunden würde die Sonne schon wieder langsam aufgehen. „Dann mal ab ins Bett“, führte nun kein Weg mehr dran vorbei und schnell befreite er sich aus seinen Klamotten, um sich nur mit Boxershorts in sein Bett zu schmeißen. Gähnend kuschelte er sich richtig ein und im nächsten Moment war der Sänger schon eingeschlafen. Pünktlich um sechs Uhr riss sein Wecker ihn aus den schönsten Träumen und stöhnend hob Kyo seinen verwuschelten Kopf aus seinem Kissen. Seine Augen waren zugeschwollen und er war noch hundemüde. Und wieso klingelte sein Wecker überhaupt so unglaublich früh? Seine Augen fielen dem Sänger immer wieder zu, während er kurz nach dem Grund in seinem Kopf kramte und nach einigen Minuten hatte er den Grund endlich ergründen können. Er hatte schlicht und ergreifend den Wecker vergessen abzustellen. Bevor er sich aber wieder in sein Kissen sinken ließ, stellte er sich den Wecker auf neun Uhr, damit er nicht zu lange in seinem Bett liegen würde, da sein Tagesprogramm ziemlich straff war. Kaum war die Zeit korrekt eingestellt, sank der Kopf zurück ins Kissen und noch mit dem Arm am Wecker war Kyo schon wieder eingeschlafen. Um neun Uhr konnte man beinahe das gleiche Spektakel bewundern, nur waren die dunklen Augen des Sängers nicht mehr ganz so verquollen. Dennoch war er kurz ohne Orientierung und begriff nicht sofort, warum der Wecker schon wieder so einen Lärm machte. Seine Synapsen im Hirn nahmen diesmal die Arbeit aber schneller auf und wenige Sekunden später rollte er sich aus seinem Bett, da schließlich sein Wandgemälde rief. Vorher sprang er noch unter die Dusche und putzte sich die Zähne, rasieren würde er sich später, da er vor seinem Aufbruch eh noch einmal duschen und es dort erledigen würde. Seine Malersachen zog Kyo sich auch gleich wieder an und danach enterte er seine Küche, wo er seine Kaffeemaschine anwarf und sich nebenbei noch eine Schüssel Müsli einverleibte. Knuspernd verschlang er es schon fast, nur den Kaffee konnte er nicht ganz so schnell hinter kippen, da der noch zu heiß war. Aber das sollte ihm nicht im Weg stehen, denn er nahm die Tasse einfach mit ins Kinderzimmer, wo er sie auf die Kommode stellte, neben seiner Bleistiftskizze. Nun suchte er sich die Farben zusammen, die er schon alle besorgt hatte, und er stellte sie ordentlich nebeneinander auf, damit er sie alle im Überblick hatte und so genau entscheiden konnte, welche Farbe genau wohin passte. Da die Wand selbst fliederfarben war, hielt er sich mehr an violette Farbtöne, damit es auch schön harmonierte. Nur bei dem Mond würde er noch fluoreszierende Farbe verwenden, damit dieser nachts leuchten würde. Für den Schweif und die Mähne des Einhornes hatte er noch zusätzlich Glitzer besorgt, damit das Glänzende auch wirklich richtig zur Geltung kam. Bevor er aber mit den ganzen Schattierungen und Details anfangen konnte, musste das Einhorn zunächst ausgemalt werden und das nahm der Sänger auch gleich in Angriff. Vorsorglich hatte er sich sein Handy noch mit ins Zimmer genommen und sich da den Wecker gestellt, da er seinen Aufbruch schließlich nicht verpassen durfte, das wäre fatal. Das Einhorn, sowie der Mond waren gerade fertig ausgemalt, als sein Handy dann auch schon verkündete, dass er sich jetzt mal lieber um seinen Beruf kümmern sollte. Also schloss der Sänger die Farben und die Pinsel wusch er gründlich in seinem Waschbecken aus. Mit Krepp legte er sie wieder ins Kinderzimmer und ließ sie dort an der Luft trocknen. Wie er vorher schon geahnt hatte, war eine Dusche bitter nötig, da seine Arme nicht mehr nur mit schwarzer Farbe bedeckt waren, sondern auch auffällig viele weiße Flecken befanden sich auf ihnen. Somit rasierte er sich schnell, aber gründlich und sprang danach gleich unter die Dusche. Eine halbe Stunde später verließ er seine Wohnung und Kyo stieg in einen schwarz Van, der schon auf ihn wartete. Das Auto brachte ihn zu dem Veranstaltungsort und dann ging alles seinen Gang und alle Vorkehrungen für das Konzert wurden getroffen. Den bösen Kratzer auf seiner Stirn setzte er sogar noch etwas in Szene, auch wenn es am Ende so aussah, als hätte ihn einer mit einer Axt angegriffen. Dabei rannte die Zeit nur so davon und ehe Kyo sich versah, stand er schon auf der Bühne und brachte, mit den anderen vier, das Publikum zum Kochen. Die Fans rasteten beinahe aus und er war, wie immer, überwältigt, dass sie beinahe jeden Text mitsangen. Auf seine Aufforderungen, dass sie noch mehr geben sollten, kreischten sie wie verrückt und zeigten dann wirklich, was in ihnen steckte. Zirka zwei Stunden später verließ der Sänger endgültig die Bühne und im hinteren Bereich musste er sich zunächst einmal setzten und durchatmen. Wie immer war er erschöpft, aber mehr als zufrieden und er freute sich schon auf den nächsten Abend, wo er wieder dieses wahnsinnige Gefühl erleben durfte. Nachdem sie dann alle ein bisschen runter gekommen waren, gingen sie noch duschen und fuhren dann wieder nach Hause. Dort war Kyos erste und letzte Station sein Bett, welches ihn einladend auffing und erst am nächsten Morgen wieder ausspuckte und zwar pünktlich neun Uhr. An diesem Morgen fühlte er sich ein bisschen wie gerädert und ein dumpfer Schmerz pochte in seiner Stirn. Aber davon ließ er sich nicht aufhalten und wie immer duschte er und machte sich in der Küche sein provisorisches Frühstück. Zwar wollte er diesmal nicht so richtig in die Gänge kommen, aber irgendwie würde es schon gehen. Deswegen verkroch er sich auch gleich wieder in das Kinderzimmer und machte da weiter, wo er den Tag zuvor aufgehört hatte. Überlegend suchte er sich die passenden Farben heraus und schon war er in seiner eigenen Welt verschwunden und ließ seiner künstlerischen Ader freien Lauf. Etwa die Hälfte der letzten Details hatte er geschafft, als sein Handy sich bemerkbar machte und ihn wieder auf die Arbeit schickte. Genauso wie den Tag zuvor rasierte er sich und sprang unter die Dusche, da diesmal nicht nur weiß an seinen Armen klebte, sondern auch alle möglichen Violettvariationen. Die Farbe war sogar ziemlich hartnäckig und nur mit müh und Not bekam er alle Pigmente von seinen Armen geschrubbt. Als das endlich erledigt war, schlüpfte er in eine einfache, braune Kargohose und einen Pullover, dann war der Sänger schon aus seiner Wohnung und in dem schwarzen Van verschwunden, der wieder auf ihn wartete. Der Abend verlief dann beinahe identisch, wie der davor und Kyo merkte mal wieder, dass das genau das war, was er wollte und liebte und für nichts aufgeben würde. Ohne die Musik, ohne die Bühne, da wäre er einfach nicht der, der er jetzt war. Somit hing er sich gleich noch mehr rein und die Startschwierigkeiten, die er am Morgen des Tages gehabt hatte, waren auch alle verschwunden. Zu seinem Glück hatten sie den nächsten Tag sogar frei und Kyo schrieb Yuna, noch in der Nacht, eine SMS, dass sie am nächsten Tag gerne nach ihrer Arbeit vorbei kommen könnte und ihm mit dem Rest des Zimmers helfen, denn die restlichen Einzelheiten würde er am nächsten Vormittag noch fertig bekommen, darin war er sich sicher und wenn sie damit fertig waren, dann würden es nur noch drei Wochen sein, bis Natsuki bei ihm wäre. Kapitel 52: Zweiundfünfzig -------------------------- Ein bisschen nervös führte der Sänger Yuna ins das Kinderzimmer. Es war schon wieder ein Tag vergangen und der Abend war auch schon über sie eingebrochen. Sie wollten noch den Himmel über dem Bett befestigen, aber vorher wollte sie natürlich sehen, was er denn so tolles an die Wand gezaubert hatte. Kyo selbst fand das Bild wirklich ziemlich gut, aber nur weil er es als gelungen betrachtete, hieß das ja noch lange nicht, dass anderen es auch gefiel. Er ließ Yuna den Vortritt und die sah sich auch gleich neugierig in dem Zimmer um, wo Kyo es noch nicht geschafft hatte die Folie von den Möbeln zu nehmen. Zwar hatte er sich den Wecker wieder auf neun Uhr gestellt, aber sein Körper hatte diese Zeit nicht akzeptiert und war keine Sekunde später wieder in den Schlaf über geglitten. Scheinbar hatte er sich in den letzten Tagen doch sehr verausgabt und da musste er seine Batterien zunächst wieder aufladen. Zumindest war das Ende vom Lied: erst am frühen Nachmittag hatte er seine Augen wieder geöffnet. Natürlich war das alles andere als praktisch, da er schon viel weiter sein könnte, aber es war nun nicht mehr zu ändern. Wenigstens hatte der Sänger das Wandbild noch fertig bekommen, bevor Yuna bei ihm aufgetaucht war. Nun lagen nur noch die ganzen Utensilien herum, die er zum Malen benötigt hatte, aber die würde er in den nächsten Minuten wegräumen, er wollte nur zuerst Yunas ehrliche Meinung wissen. „Dann zeig mal her“, murmelte sie und neugierig betrat sie das Zimmer. Kyo erkannte, wie sie sich umblickte und dann mit großen Augen stockte. „Das hast du nicht wirklich selbst gemalt, oder?“, fragte sie und die junge Frau starrte, schon beinahe entsetzt, auf das riesige Einhorn, welches sich im Mondlicht von seiner besten Seite präsentierte. Bei ihrem Gesichtsausdruck wurde ihm ja schon etwas bange. „Doch, gefällt es dir etwa nicht?“, fragte er nun direkt, da sie keine Anstalten machte mal ihre Meinung zu äußern, sondern viel lieber nur auf das Bild starrte. „Nicht gefallen? Machst du Witze? Das Bild sieht wirklich fantastisch aus. Ich kann gar nicht glauben, dass du das wirklich gemalt haben sollst?!“, huschten ihre Augen immer wieder zu der Wand und diese Worte beruhigen den Sänger ungemein. „Danke. Ich dachte wirklich für den ersten Moment, dass es dir nicht gefällt“, lächelte er nun und seine Körperhaltung entspannte sich merklich, da vorher jeder Muskel unter Spannung gestanden hatte. „Wenn es mir nicht gefallen würde, dann wäre ich wirklich total dämlich und noch dazu ohne einen Funken künstlerischen Verständnisses“, lachte sie dann. „Das wird Natsuki definitiv gefallen. Spätestens, wenn sie das Bild sieht, wird sie dich vergöttern. Aber das tut sie ja eh schon, von daher wirst du dann wohl eher nie mehr einen Schritt ohne sie tun können“, plapperte sie und Kyo schmunzelte. „Wenn sie mich einfach nur gern hat, das würde mir schon reichen“, vergöttern musste es ja schließlich nicht sein, da ihm damit zu viel Ehre gezollt werden würde. „Sie liebt dich. Das ist schon längst mehr, als mögen“, schüttelte Yuna ihren Kopf und trat dann an Kyo heran. „Allerdings wäre es nicht so toll, würde sie dir ständig am Bein hängen, denn da hätte ich ja gar nichts mehr von dir“, murmelte sie dann überlegend und scheinbar war das keine so tolle Partie für Yuna. „So, du wirst doch nicht eifersüchtig auf sie sein?“, schmunzelte er und zog sie dann in seine Arme, auch wenn er noch Farbe an seinen Armen hatte, die dürfte weites gehend getrocknet sein, ansonsten würde er ihr eben ein neues Oberteil spendieren, das konnte er wahrlich verkraften. „Wenn es so kommen sollte, dann könnte es durchaus passieren“, schmunzelte sie dann und Kyo grinste. „Okay, wenn ich dann zwei kleine Zicken um mich habe, dann weiß ich ja Bescheid“, streckte er ihr leicht die Zunge heraus und Yuna schlug ihm spielerisch auf den Oberarm. „Ich bin keine Zicke. Vielleicht ein bisschen Verhaltensauffällig, aber keine Zicke“, erklärte sie sofort und nun musste Kyo lachen. „So kann man es natürlich auch umschreiben, trotzdem kommt alles auf das Selbe hinaus“, schüttelte er nun amüsiert seinen Kopf. „Ach, du bist doch doof“, schob sie ihre Unterlippe nach vorn und der Sänger konnte einfach nicht anders, als sie mit seinen Zähnen vorsichtig einzufangen. Seine Zungenspitze fuhr federleicht drüber und er konnte richtig spüren, wie die junge Frau in seinen Armen erzitterte. „Wehe du sagst das noch mal...“, murmelte er, mit seiner süßen Fracht zwischen den Zähnen. „Du bist… doof“, konnte er Yuna kaum verstehen, aber das war auch egal, denn er küsste sie jetzt viel lieber richtig, da er von ihrer unglaublichen Süße gekostet hatte und nun richtig davon naschen wollte. Frech umspielte Kyo ihre Zunge mit seiner und vorsichtig fuhr er ihre Zahnreihen entlang, nur um dann ihre Zunge wieder mit seiner herauszufordern. Die berühmten Schmetterlinge waren auch wieder da, und genau diese brachten ihn dazu, dass er Yuna noch etwas mehr an sich heran zog und ihre Mundhöhle jetzt regelrecht plünderte. Ihre Süße war so unglaublich köstlich, dass er einfach nicht genug davon bekommen konnte und sie am liebsten immer auf seiner Zunge schmecken wollte. Doch ganz so ausschweifend wollte er den Kuss jetzt nicht werden lassen, denn es sollte erst die Arbeit erfolgen und dann das Vergnügen den Tag abschließen. Mit Yunas Anwesenheit bestand allerdings die Gefahr, dass sie das Vergnügen vorzogen und der Arbeit regelrecht vorschoben, nur um dieser zu entkommen. So ungern er es auch tat, aber mit einem leisen Schmatzen löste er ihre Lippen voneinander und Yuna sah ihn ganz verklärt an. Schmunzelnd strich er mit seinen beiden Daumen über ihre Wangen, da er ihr Gesicht gerade eben in beide Hände genommen hatte. Die Hitze konnte er regelrecht spüren und sie hatte eine gesunde Gesichtsfarbe. Kyo wusste gar nicht so richtig, wohin er bei ihr zuerst schauen sollte, denn ihre Augen faszinierten ihn, aber auch wie sie so an ihrer Unterlippe knabberte, dass machte ihn regelrecht an und sein Blut wanderte prompt von seinem Kopf nach unten. „Wir müssen… weiter machen“, murmelte er und damit meinte er nicht ihre Bedürfnisse zu stillen, sondern das Zimmer. „Ja…“, nickte sie und Kyo ließ vorsichtig Yunas Gesicht los, aber nicht ohne vorher noch einmal mit seinem Daumen über ihre Unterlippe zu streichen. Oh man, war die Luft vorher auch schon so stickig und heiß hier drinnen gewesen? Zumindest war sein Hals wie ausgetrocknet und er kratzte unangenehm. Räuspernd löste er sich nun vollständig von ihr und nahm sich die Wasserflasche, die auf der Kommode stand. Er konnte von Glück reden, dass er wieder seine Jogginghose an hatte, die ziemlich weit geschnitten war und seine aufkeimende Erektion so wenigstens versteckt wurde, auch wenn er sich deswegen sicherlich nicht schämen musste, aber den jetzigen Moment empfand er wirklich als ziemlich unpassend. Nach einigen Schlucken stellte er die Flasche wieder weg und dann machten sie sich wirklich daran, dass Zimmer auf Vordermann zu bringen. Kyo war froh, dass er das Kreppband von dem Fenster, der Tür und der Decke schon gelöst hatte, dass sie sich wenigsten darum nicht mehr kümmern mussten. Die Zeitung vom Boden hatte er soweit auch schon aufgeräumt, nur wo er bis zuletzt noch gemalt hatte, hatte er sie liegen lassen. Aber die konnte er jetzt auch aufheben und sie segelte zu der anderen, in den Papiermüll. Vorsichtig entfernten sie dann auch schon die Folie von den Möbeln, nur auf dem Bett ließen sie diese noch drauf, da sie so den Dreck, von der Anbringung des Himmels, auffangen konnten. Schnell holte der Sänger noch seinen Staubsauger und sie reinigten das Zimmer an den Stellen soweit, wo die Möbel stehen würden und sie rückten die Kommode und den Kleiderschrank schon mal an die vorgesehenen Stellen. Dann war das Bett an der Reihe. Sie stellten es ziemlich nah an die Wand, woran das Einhorn nun prangte, ließen aber noch sie viel Platz, dass man gemütlich rechts und links entlang gehen konnte. Als sie es als passend empfanden, suchte Kyo sich seine Bohrmaschine heraus und probierend stieg er mit dieser auf das Bett, um zu testen, ob er so überhaupt an die Decke heran reichte. Er dankte Gott im Stillen, dass es gerade so funktionierte und er nicht extra noch eine Leiter holen und das Bett wieder verrücken musste. Die Bohrmaschine wurde dann auch schon an die Steckdose gestöpselt und mit dem passenden Bohrer stieg er kurz darauf wieder aufs Bett. Yuna bewaffnete sich schon mit dem Staubsauger und dann zeigten die beiden schon ihr Handwerkliches Können. Der Sänger hätte wirklich nicht gedacht, dass sich seine Decke als so sehr widerspenstig herausstellte, aber irgendwie bekam er doch die Löcher in die Decke und kurz darauf schob er die passenden Dübel hinterher, damit auch ja nix wieder runter kam. Nun mussten sie den Himmel nur noch richtig positionieren, dann konnte er den schon festschrauben, während Yuna das Ding, so gut es ging, hoch hielt. Sie musste sich ganz schön strecken, da sie noch ein bisschen kleiner, als der Sänger war. Aber bald hatten sie es geschafft und beide ließen erleichtert ihre Arme sinken. „Gott sei Dank, das Schwierigste ist überstanden“, wischte er sich mit dem Arm den Schweiß von der Stirn, da die ganze Aktion ziemlich anstrengend war. „Oh ja“, stimmte Yuna ihm auch gleich zu, bevor sie vom Bett stiegen und Kyo die Bohrmaschine wieder wegräumte. Danach zogen sie vorsichtig die Folie vom Bett, damit nicht noch Dreck darauf landete und Kyo knüllte sie kurzerhand zusammen, da die Folie an manchen Stellen schon nicht mehr vollständig in Takt war. Die war mit der anderen recht schnell im Müll verschwunden und seine tatkräftige Hilfe saugte das Zimmer noch einmal gründlich durch. Kurz überlegte der Sänger, doch dann gab er sich seinen Ruck und er organisierte sich einen Wischeimer und einen passenden Wischlappen dazu. Vorsichtig trug er den ins Kinderzimmer, nachdem er ordentlich Wasser eingefüllt hatte, und dann wischte er einmal gründlich durch. Er war wirklich erstaunt, dass doch so viel Schmutz und Staub noch vorhanden war und er sollte da vielleicht auch mal den Rest seiner Wohnung gründlich durchwischen. Nur würde er das an einem anderen Tag machen, da er heute garantiert nicht mehr damit anfangen würde. Zu guter Letzt richteten sie den Himmel noch richtig aus und der transparente, fliederfarbene Stoff floss über das Bett und vervollständigte das Gesamtbild. So zusammen betrachtet war das wirklich ein schönes Mädchenzimmer geworden und er hoffte wirklich, dass es Natsuki genauso gut gefiel, wie ihm. „Nun muss nur noch das Mädchen kommen“, seufzte er und am liebsten würde er gleich ins Heim stürmen und das Mädchen sich unter den Arm klemmen und wieder hier her rennen, aber das konnte er ja leider nicht bringen. „Dauert doch nicht mehr lange“, klopfte Yuna ihm aufmunternd auf die Schulter, was den Sänger aber nur wenig tröstete. „Drei Wochen sind aber immer noch zu viel“, war es nun mal seine Meinung und er schnappte sich sein Handy und die Flasche Wasser, die wieder den Weg auf die Kommode gefunden hatten, nachdem sie die Folie abgenommen hatten. Zusammen verließen sie das Zimmer und steuerten sein Wohnzimmer an. Kyo wollte eigentlich fragen, ob er was zu essen bestellen sollte, als ihm jetzt erst mal auffiel, dass nirgendswo der faule Hund herum lag. „Wo hast du eigentlich Whisky gelassen?“, kam ihm das einfach zu komisch vor und er drehte sich zu Yuna um, nachdem er seine Habseligkeiten auf den Wohnzimmertisch gelegt hatte. Diese sah ihn allerdings mit gigantischen Augen an und die Farbe wich ihr aus dem Gesicht. „Was ist los?“, fragte er besorgt, doch sie öffnete und schloss nur immer wieder ihren Mund. Im nächsten Moment klingelte dann auch noch ihr Handy und wie benommen nahm sie ab. Scheinbar lauschte Yuna der anderen Stimme und ihre Haut wurde noch ein bisschen heller, was schon kaum mehr möglich war. „Yuna, was ist denn los?“, fragte er noch einmal, nachdem sie ihr Handy hatte sinken lassen und hielt sie sanft an den Schultern fest. „Ich hab… Whisky im Büro… vergessen…“, sah sie den Sänger entsetzt an und der benötigte erst einen Moment, biss er begriff, was sie da gerade von sich gegeben hatte. „Das ist jetzt nicht dein Ernst?“, schaute er sie fassungslos an, bevor er in schallendes Gelächter ausbrach. „Wie kannst du denn deinen Hund auf Arbeit vergessen?“, japste er, nachdem er sich die ersten Lachtränen aus den Augen gewischt hatte. „Du bist dran schuld“, verschränkte sie ihre Arme beleidigt vor dem Oberkörper und sah ihn schmollend an. „Wieso denn … ich?“, war Kyo noch immer mächtig außer Atem und er bekam schon langsam Seitenstechen, weswegen er einmal tief durchatmete und sich leicht die Seite massierte. Dummerweise war es die Seite, in die Natsuki erst letztens hinein gekniffen hatte und seit dem prangte ein ordentlicher blauer Fleck an dieser Stelle seines Körpers, weswegen er leicht das Gesicht verzog, da es doch ein wenig schmerzte. „Na du hast mich total von ihm abgelenkt“ „Aber ich war doch gar nicht in deiner Nähe, wie soll ich dich denn da abgelenkt haben?“ „Das ist es ja. Du hast mein Hirn scheinbar mit zu dir genommen, oder irgendwie so“, gestikulierte die junge Frau wild mit ihren Armen und Kyo hatte zu tun, dass er nicht wieder lachen musste. „… Irgendwie so, also ... Ich verstehe“, nickte er, grinste dann aber schon wieder. „Ja, du weißt doch wie ich das meine.“ „Nein, wie denn?“, gefiel ihm das Spiel gerade ein wenig, obwohl sie sich eigentlich lieber auf den Weg zu ihrem Hund machen sollte, aber daran dachte Yuna anscheinend gar nicht. „Na… ich hab halt die ganze Zeit an dich denken müssen… da war kein Platz mehr in meinem Kopf, für einen Hund…“, murmelte sie leise. „Und auch nicht für dein Gehirn?“ „Nein, dafür auch nicht“, fuhr die junge Frau sich durch die Haare und brachte sie damit mächtig durcheinander. „Dann solltest du demnächst deinen Kopf ein bisschen aufräumen, auch wenn es mir schon schmeichelt, das muss ich zugeben“, schmunzelte der Sänger und strich die aufgestellten Haare wieder glatt. „Das sagst du so einfach“, seufzte sie und der Schwarzhaarige wusste sofort, was sie meinte und er konnte es sehr gut nachvollziehen. „Ich weiß, aber deinem Hund ist echt nicht geholfen, wenn du den in deinem Büro verhungern lässt.“ Wieso ergriff er eigentlich Partei für das faule Vieh? Er konnte Whisky noch nicht mal richtig leiden. „Der verhungert schon nicht, hast du dir den mal angesehen? Der hat Reserven für die ganze Woche“, schmollte sie wieder, aber Kyo konnte genau sehen, dass ein Grinsen an ihrem Mundwinkel zupfte, was ihn auch grinsen ließ. „Was soll ich denn jetzt machen?“ „Fragst du mich das jetzt ehrlich?“, schaute er nun verwundert zu der jungen Frau, die die Frage scheinbar wirklich ernst gemeint hatte, denn sie schaute ihn ernst, vielleicht auch ein bisschen überfordert an. „Ich würde ja sagen, dass du deinen Hund abholst und zwar pronto.“ „Oh Gott, du hast recht!“, klatsche sie sich die Hand an die Stirn. „Siehst du nun, was du mit mir machst? Du machst mich zu einer hirnlosen Frau!“, war nun er wieder Schuld. „Ja, sicher“, widersprach er diesmal gar nicht, sondern Kyo schob sie an den Schultern sanft in den Flur und angelte sich schon ihre Jacke von seinem Haken, als sie sich ihre Schuhe anzog. „Ja, nur du bist daran schuld“, piekste sie ihm zuletzt noch einmal mit ihrem spitzen Zeigefinger auf die Brust und funkelte ihn an, ehe sie ihn an den Ohren packte und Kyo so nieder knutschte, dass ihm beinahe hören und sehen verging… und da behauptete sie, dass er ihr Hirn leer fegte, hatte sie eigentlich auch mal daran gedacht, was sie alles bei ihm anrichtete? Kapitel 53: Dreiundfünfzig -------------------------- Kaoru würde wahrscheinlich ausrasten, aber das war Kyo egal. Das Kinderheim hatte gestern Abend noch kurzfristig angerufen und gefragt, ob er Natsuki nicht den ganzen nächsten Tag zu sich holen könnte, da das Heim selbst einen Tag der offenen Tür hatte und die Kinder alles organisiert hatten, so dass vielleicht einer auf die Idee kam, eines von den Bälgern zu adoptieren und da Natsuki ja sozusagen schon vergeben war, wollten sie auf Nummer sicher gehen und sie nicht dabei haben. Ziemlich bescheuerte Erklärung, fand er, aber na gut, ihm konnte es dann ja egal sein. Selbstverständlich hatte er sofort zu gesagt, auch wenn es sein Tagesplan nicht wirklich vor sah, da ein anstrengender Tag im Studio bevor stand. Doch wenn sie ihm beinahe schon so an den Hals getackert wurde, da wäre Kyo ja schön doof, würde er diese Chance ausschlagen. So kam es, dass er an diesem Morgen Hand in Hand mit seinem Mädchen das Tor vom Kinderheim verließ und gleich in das nächste, vom Studio, einfiel. Sie beiden wurden freudig begrüßt und Kyo nickte den Leuten brav zu, auch wenn er bei den meisten keine Ahnung hatte, wer das eigentlich schon wieder war. Die Tür zu ihrem Bereich öffnete er und Kyo ließ dem Mädchen den Vortritt. Brav zog sie sich auch gleich die Jacke aus und hielt sie dem Sänger hin, der sie schmunzelnd ab nahm und an den Haken hängte, seine eigene gleich obendrüber. „Tsuki-chan, was machst du denn hier?“, kam ihr roter Gitarrist auch gleich an und statt der üblichen High-Five-Begrüßung, sackte er sie an und wirbelte das Mädchen kurz durch die Luft, ehe er sie sich über die Schulter warf und mit zu seinem Bereich nahm. Verdattert stand der Sänger einen Moment da und sah zu, wie sein Mädchen einfach so entführt wurde. „Ich glaube, der geht voll in seiner baldigen Vaterrolle auf“, nuschelte er kopfschüttelnd vor sich hin und ging zu ihrer kleinen Küchennische, wo er sich einen Kaffee nahm. „Was mich zu der Frage bringt, was sie hier macht?“, stand wie aus dem Nichts Kaoru neben ihm und hielt seine leere Tasse hin, damit Kyo gleich weiter einschenken konnte. „Dafür kann ich nichts, sie wurde mir praktisch aufgedrängt, also war es unmöglich abzulehnen“, erklärte er gleich und stellte die Kaffeekanne zurück in die Kaffeemaschine, da Kaorus Tasse auch noch einmal Nachschub erhalten hatte. „Die im Heim haben irgendwie einen Tag der offenen Tür, frage mich nicht, ich glaube das ist eher so ‘ne Vermittlungsbörse, zumindest ist Natsuki ja schon vergeben und deswegen wollen die sie nicht dabei haben“, setzte Kyo noch hinten an und sah kurz zu der Kleinen, die auf Daisukes Schoß saß und vor sich eine Akustikgitarre hatte. „Oh man und Dai versucht sie auf Gitarren zu polen“, seufzte er. Die Sache mit dem Klavier hatte ihm eigentlich super gut gefallen, da musste nicht noch so ein Saiteninstrument daher kommen. „Lass ihn doch, vielleicht tritt sie ja mal in unsere Fußstapfen“, schmunzelte nun auch Kaoru und nahm einen Schluck Kaffee. „Dafür hat Dai dann sein eigenes Kind und muss meines nicht dafür missbrauchen“, meinte der Sänger es nicht ganz so ernst, denn wenn sie Spaß an der Sache hatte, dann würde er Natsuki sicherlich nicht im Weg stehen. Sie machten sich dann auch endlich an ihre Arbeit und Daisuke hatte das Mädchen nur ungern am Klavier geparkt, aber dort hatte das Mädchen wohl doch etwas mehr Spaß, denn sie legte gleich richtig los und versorgte sie mit all möglichen Disney- und anderweitigen Kinderliedern. Wie immer sang sie leise dazu und die fünf Männer waren diesmal wieder sehr produktiv und auch ziemlich ausgeglichen. So kam es, dass sie ihre Mittagspause ein wenig verpennten und erst am Nachmittag von ihrem Hunger regelrecht zu einer Pause gezwungen wurden. Kaoru, Toshiya, Shinya und Daisuke verkrümelten sich gleich in die Kantine, aber Kyo mochte den Fraß da nicht wirklich und er überlegte, wohin er die Stunde mit Natsuki gehen konnte. Kurzerhand entschied er sich, dass sie schnell in den Supermarkt an die Ecke gehen konnten, um sich ein paar Kleinigkeiten für ein kurzes Picknick im Garten des Studios zu holen. Das machten sie dann auch und nach guten zehn Minuten breiteten sie die Decke, aus dem Studio, auf dem Rasen aus und der Sänger ließ sich gleich auf die Decke nieder, genauso wie Natsuki, die sich regelrecht neben ihn schmiss. Die gekauften Bentoboxen hatten sie schnell an sich gezogen und in Ruhe futterten sie vor sich hin. Ab und an schielte Natsuki zu dem Zaun rüber, der das Heim von diesem Grundstück abgrenzte, aber es schien sie scheinbar nicht weiter zu stören, denn sie aß trotzdem ungestört weiter. „Whisky, warte!“, schallte es wenig später durch den Garten und bevor sie reagieren konnten, kam der, nicht mehr ganz so faule, Mops von Yuna zu ihnen auf die Decke gesprungen und schleckte Natsuki im nächsten Moment von oben bis unten ab. Kichernd versuchte sie sich vor der nassen Zunge zu retten, aber der Hund hatte ganz schön viel Energie und er wurde einfach nicht müde das Kind abzuschlecken. Kurzerhand nahm der Sänger die Leine in die Hand und zog den Vierbeiner von dem Mädchen weg, die sich kichernd das Gesicht trocken wischte. „Tut mir leid, ist dir was passiert?“, kam Yuna keuchend angerannt, die sich gleich an Natsuki wandte. Diese hielt inne und sah die junge Frau einfach nur schweigend an, bevor sie ihre Arme wieder Richtung Whisky streckte. Kyo erinnerte sich an das Gespräch, dass Natsuki eifersüchtig auf Yuna zu sein schien und musterte sie kurz, ehe er die Leine etwas locker ließ und der Hund sich langsam wieder an das Mädchen herantasten konnte. Der Sänger deutete dann neben sich und Yuna nahm die Einladung gleich an und ließ sich neben Kyo nieder. Erst zögerte der Sänger, doch dann drehte er sich soweit zu der jungen Frau, bis er ihr einen Kuss auf die Lippen hauchen konnte. Daraufhin durchlief ihn ein Kribbeln im Körper, welches ausnahmsweise nicht von Freude stammte, viel eher hatte er das Gefühl, dass sich ein Messer in sein Rücken rammte und prompt bekam er Gänsehaut. Nach dem Kuss sah er zu seinem Mädchen und die schaute so finster drein, dass ihm gleich ganz anders wurde und auch Yuna schluckte merklich. „Magst du Yuna nicht mal Hallo sagen?“, fragte er Natsuki, doch die schüttelte nur den Kopf und schaute dann auf den Hund nieder, der sich freudig auf ihren Schoß nieder gelassen hatte und sich den runden Bauch kraulen ließ. „Das ist aber sehr unhöflich“, sagte Kyo. Wenn Natsuki dachte, dass er das so einfach hinnahm, dann war sie aber ganz falsch gewickelt. Doch das Mädchen ignorierte ihn gekonnt und schmuste stattdessen mit Whisky. „Natsuki, ich habe etwas gesagt. Würdest du bitte Yuna begrüßen“, blieb er ruhig, aber ziemlich ernst. Er beobachtete jede Regung von dem Mädchen und wie ihre kleinen Hände sich wieder zu Fäusten ballten und auf dem Hund zum Liegen kamen. Doch sie schüttelte energisch den Kopf und Yuna ließ ihren daraufhin seufzend sinken. Trostspendend legte er seine Hand auf die der jungen Frau und strich zärtlich mit dem Daumen drüber. Sie würden das Schiff schon irgendwie schaukeln, da war er sich sicher… zumindest fast. Lange konnte er allerdings nicht Trost spenden, denn seine Hand wurde von einer Kleineren gepackt und von Yunas runter genommen. Verwundert sah er auf und in das wütende Gesicht von Natsuki, die sich dann auch noch zwischen Yuna und ihn drängte und die junge Frau somit zwang weiter weg zu rutschen. Sprachlos starrte Kyo zu der Kleinen und ihm fiel dazu im ersten Moment wirklich nichts ein. „Okay, dann gehen wir mal besser“, erhob Yuna sich im nächsten Moment und Kyo wollte schon aufspringen und sie aufhalten, aber zunächst musste er mit dem Mädchen reden, welches selbstgefällig und triumphierend aufsah. Diese Seite kannte er wahrhaftig noch nicht und die machte dem Sänger Angst. „Tut mir leid“, fühlte er sich gezwungen eine Entschuldigung auszusprechen und er war wirklich ein bisschen böse auf Natsuki. „Muss es dir nicht, wir sehen uns“, hob Yuna noch ihre Hand und mit einem leichten Ruck zog sie den Mops von der Decke, der kurz aufkläffte, dann aber brav neben ihr her trottete. „Hast du jetzt, was du willst?“, schaute er fragend zu Natsuki. „Was soll denn das?“, fragte er einfach weiter und schaute das Mädchen an, welches auf der Decke saß und mit dem Zeigefinger kleine Kreise drauf zeichnete. „Natsuki, ich rede mit dir“, verlangte er eine Antwort, da er wusste, dass sie sprechen konnte, denn das hatte sie in den letzten Wochen immer mehr getan. „So kenne ich dich doch gar nicht und es macht mich wirklich traurig, wie du Yuna behandelst. Sie hat dir nie etwas getan, nein, sie macht sich sogar Sorgen um dich“, redete er einfach weiter. Natsuki senkte ihren Blick weiter und sie kaute sich auf der Unterlippe herum, bis er schon die erste Träne kullern sah. Seufzend fuhr er sich durch die Haare und raufte sie sich im nächsten Moment, bevor er doch nach gab und das Mädchen auf seinen Schoß zog und sie fest in den Arm nahm. „Du musst doch nicht gleich weinen. Aber ich will einfach wissen, warum du das tust?“, murmelte er und strich ihr über den Rücken. „Du bist meine…“, flüsterte es irgendwann leise und Kyo hatte wirklich mühe es zu verstehen. „Yuna will dich mir wegnehmen“, sprach die leise Stimme weiter und dem Sänger überflog eine ganz dicke Gänsehaut. „Was redest du denn da? Sie will mich dir doch gar nicht wegnehmen.“ „Doch, die ist immer so oft bei dir, jeden Tag. Du holst mich nie jeden Tag ab“, schluchzte es an seinem Ohr. „Das haben wir doch schon besprochen, in drei Wochen bist du dann jeden Tag bei mir, aber die müssen wir noch abwarten und was Yuna angeht…“, sprach er leise weiter. „Wir arbeiten nun mal im selben Gebäude, natürlich sehen wir uns da fast jeden Tag, das ist nun mal so.“ „Aber sie nimmt dich mir weg, du gehörst mir“, schüttelte das kleine Mädchen energisch ihren Kopf. Daraufhin schob er das Mädchen soweit von sich, dass er sie direkt ansehen konnte und ihm tat es richtig im Herzen weh, dass sie so viel Kummer in sich hatte und damit durch die Welt schritt, deswegen musste er jetzt versuchen, den Kummer ein bisschen zu dezimieren. „Das stimmt so nicht…“, leckte er sich die trocknen Lippen und richtete seinen Blick wieder auf das feuchte, rote Gesicht. „Ich gehöre dir nicht und ich gehöre auch nicht Yuna. Ich gehöre niemandem, nur ganz allein mir. Verstehst du? Aber…“, holte er schon wieder Luft, da Natsuki scheinbar vor einem regelrechten Heulkrampf stand. „Ihr beide gehört zu mir. Du gehörst an meine Seite und auch Yuna gehört seit kurzem dazu. Ich mag euch beide sehr gerne und ich werde euch beide auch gleich behandeln“, hoffte er es ihr richtig zu erklären. „Und ich würde mich wirklich freuen, wenn du Yuna nicht mehr so böse behandelst. Damit machst du mich traurig“, atmete er durch und wischte sanft die Tränen von Natsukis Wangen. „Du darfst nicht traurig sein“, schluchzte sie. „Dann mache mich nicht traurig“, es war vielleicht ein bisschen böse gesagt, aber so schien sie es wenigstens zu verstehen, denn das Mädchen zog die Nase hoch und nickte. „Tut mir leid, hast du mich noch lieb?“, klang sie da auch schon wieder nah am Wasser gebaut und Kyo nickte. „Natürlich habe ich dich noch lieb“, schmunzelte er dann aber und zog sie noch einmal fest an seinen Oberkörper. „Wie siehst aus, wollen wir kurz bei Yuna vorbei schauen und du entschuldigst dich?“ „Aber Yuna mag mich bestimmt nicht mehr“ „Das glaube ich nicht, sie ist nur traurig, da du nicht mit ihr reden wolltest und sie dann auch noch weggeschubst hast. Wenn du dich ganz lieb entschuldigst, wird sie dir bestimmt nicht böse sein“, antworte Kyo ruhig und hoffte inständig, dass es auch so war. „Kommst du mit?“, murmelte sie leise und Kyo spürte schon neue Tränen an seiner Schulter. „Natürlich komme ich mit“, war das für ihn keine Frage und bevor sie es sich noch anders überlegen konnten, sammelten sie alle ihre Sachen ein und gingen dann wieder ins Innere des Studios, wo sie zuerst das Zimmer von Yuna ansteuerten. Kapitel 54: Vierundfünfzig -------------------------- Vorbildlich klopfte er an die geschlossene Tür an und diesmal wartete Kyo sogar, bis eine Aufforderung von drinnen kam. Er konnte genau heraushören, dass die Frau hinter dieser Tür nicht ganz so fröhlich war, wie es sonst immer den Anschein tat und da wurde es erst recht Zeit, dass sich Natsuki bei ihr entschuldigte. Somit öffnete der Sänger nach der Aufforderung die Tür und er konnte richtig sehen, dass Yuna überrascht war ihn zu sehen. Aber auch er konnte anders und ging nicht immer mit dem Kopf durch die Wand, zudem er diesmal ja sein Mädchen mithatte und da war eine gewisse Vorbildfunktion schließlich Pflicht. Sanft schob er das Mädchen vor sich ins Zimmer und trat hinter ihr in den Raum, damit er dann auch gleich die Tür wieder schließen konnte. Natsuki derweil traute sich gar nicht aufzusehen und sie knetete nervös den Stoff ihres T-Shirts, der am Saum schon total zerknittert war. Kyo selbst übte sich auch ein wenig in Geduld, da er sie nicht gleich drängen wollte, sondern abwarten, bis sie selbst den Mut dazu gefasst hatte, doch das schien Natsuki nur nervöser werden zu lassen. Yuna schaute auch schon ganz verwundert, was ihn schmunzeln ließ und der Sänger stupste das Mädchen dann doch mal an. „Wolltest du Yuna nicht noch etwas sagen?“, fragte er sanft und erntete ein leichtes Kopfnicken. „Na dann los, ich denke, sie wird dir gespannt zuhören“, ermutigte Kyo sie weiter und kurz sah Natsuki zu ihm auf, kaute sich dabei auf der Unterlippe herum. Yuna schaute aber immer noch nicht schlauer aus der Wäsche und Kyo schmunzelte, zeigte ihr aber mit einer Handbewegung, dass sie doch bitte kurz Geduld haben sollte, Natsuki würde sicherlich gleich beginnen zu sprechen, da war er sich ganz sicher. Zaghaft ging das Mädchen noch einen Schritt auf die junge Frau zu, die dann einfach von ihrem Stuhl aufstand und sich vor der kleinen Lady hinkniete. „Es tut mir leid“, nuschelte Natsuki dann ganz leise und Kyo hätte es beinahe nicht verstanden, aber zumindest ein paar Wortfetzten drangen an sein Ohr. „Aber du darfst mir den Pa… den … den … den Kyo nicht wegnehmen“, stotterte Natsuki und der Sänger schüttelte seinen Kopf, da sie das auf der Wiese doch eigentlich schon geklärt hatten. „Ich möchte ihn dir doch auch gar nicht wegnehmen. Ich möchte nur genauso viel Zeit mit ihm verbringen, wie du. Ich hab ihn nämlich ganz doll lieb, verstehst du?“, ließ Yuna sich nichts anmerken, sondern blieb auf Augenhöhe mit dem Mädchen und nahm ihre Sorgen auch ernst, das konnte man sehen. „Ich hab ihn auch lieb…“ „Na siehst du. Und wenn ihr beide zusammen etwas unternehmen wollt, dann könnt ihr das auch gerne tun, aber ich möchte mit Kyo auch mal etwas alleine machen. Oder aber wir machen mal was zu dritt. Da nehmen wir ihn in die Mitte und jeder von uns hat gleichviel von ihm, wie klingt das?“ Langsam nickte Natsuki und sie stand unsicher da. „Ja, da kann er nicht weglaufen.“ „Genau“, schmunzelte nun Yuna. „Den lassen wir doch nicht mehr los, oder?“, fragte sie keck und Natsuki schüttelte den Kopf. „Nein, der gehört jetzt uns“, klang sie sehr entschieden und Kyo musste sich wirklich ein Seufzen verkneifen. Aber gut, solange die beiden Mädels sich nicht gegenseitig die Augen auskratzten, konnte er damit leben, auch wenn er in deren Gespräch mehr als Gegenstand als ein Mensch gehandelt wurde. „Bist du noch böse?“, schien das Natsuki aber wirklich noch auf der Seele zu brennen und Yuna schmunzelte. „Nein, du hast dich ja ordentlich entschuldig“, sagte sie und sie löste die verkrampften Hände von Natsukis T-Shirt-Saum. „Aber das nächste Mal sagst du gleich was los ist, okay? Sonst machen wir Kyo nur traurig und das wollen wir doch nicht, sonst gibt er sich noch die Schuld“, erklärte sie weiter und Yuna wartete auf ein Zeichen, dass Natsuki verstanden hatte. Dieses kam dann auch, in Form eines Nickens und ab da schien die Anspannung in diesem Raum sich plötzlich aufgelöst zu haben. „Tsuki-chan, wir müssen langsam wieder hoch“, hatte der Sänger soeben festgestellt, als er einen Blick auf seine Uhr geworfen hatte. Sie waren mal wieder fünf Minuten zu spät und es würde ganz sicher nicht mehr lange dauern, da würde Kaoru explodieren, da er Unpünktlichkeit überhaupt nicht ausstehen konnte. Daraufhin kam Natsuki auch zu ihm, schmiegte sich wie eine Katze an und nuschelte so unverständlich etwas vor sich hin, dass Kyo nicht ein Wort verstanden hatte. „Bitte noch mal und diesmal mit Zähne auseinander“, bat er sie noch einmal und hockte sich vor sie hin. „Kann ich bei Yuna bleiben?“, erklang die süßliche Stimme wieder gewispert und Kyo war wirklich über die Bitte überrascht, aber im positiven Sinne. „Von meiner Seite spricht nichts dagegen, da musst du sie nur noch fragen“, wäre es sogar ganz praktisch, denn da mussten sie bei ihrer Arbeit nicht weiterhin auf ihre Worte achten und konnten alle möglichen Vokabeln durch das Zimmer werfen, wie sie gerade lustig waren. Natsuki löste sich daraufhin von ihm und sie ging zu Yuna rüber, blieb unschlüssig vor ihr stehen und nuschelte dann erneut ihre Worte ebenfalls leise, aber hastig herunter. Die junge Frau schien aber gleich verstanden zu haben, denn sie lachte und nickte gleichzeitig. „Natürlich, kannst du hier bleiben. Whisky freut sich bestimmt auch“, und kaum war der Name des Hundes gefallen, hob der seinen Kopf und schaute sich verpennt um. „Okay, wenn das jetzt geklärt ist, ich muss hoch, sonst zerhackstückelt Kaoru mich noch“, hob der Sänger zum Abschied seine Hand und dann nahm er schon die Beine in die Hand und stürmte in seine Etage, wo er polternd die Tür aufschmiss und sich hastig entschuldigte. „Wird auch mal Zeit“, brummte der Leader schon, was Kyo die Augen verdrehen ließ. „Gab was zu klären, sorry“, ließ der Sänger sich nicht weiter drauf festnageln. Die Decke brachte er dann zunächst zurück zum Sofa, den Abfall entsorgte er im Mülleimer und dann steuerte er auch schon seinen Arbeitsplatz an. „Wo hast du Natsuki eigentlich gelassen?“, fragte ihr Rotschopf im nächsten Moment schon und dieser sah sich suchend um, als ob sie sich nicht doch noch irgendwo versteckt haben könnte. „Die ist unten bei Yuna und ihrem faulen Hund“, erklärte er ruhig und das schien als Antwort zu reichen, denn es sagte keiner mehr diesbezüglich etwas, sondern nun setzten sie ihre Arbeit fort. Kapitel 55: Fünfundfünfzig -------------------------- Zuerst bemerkte Kyo gar nicht, dass sein Handy in seiner Hosentasche vor sich hin brummte, doch da der Vibrationsalarm sich immer weiter seinem Beim herunter arbeitete, wurde es dann irgendwann ziemlich nervig und er benötigte einen Moment, bis er checkte, dass es sein Mobiltelefon war, welches um Aufmerksamkeit bettelte. Gerade streckte er sein Bein aus, um es endlich ans Tageslicht zu befördern, als es verstummte. Schulterzuckend zog er sein Bein wieder an und widmete sich weiter seiner Arbeit, die noch nicht erledigt war, für heute. Als Kyo wieder richtig konzentriert war, wurde sein Körper wieder von der nervigen Vibration erschüttert und diesmal wusste der Sänger gleich, was die Ursache war. Also streckte er sein Bein wieder aus und fischte mit zwei Fingern das Handy aus seiner Hosentasche. Leise murmelnd ging er ran und versteifte sich im nächsten Moment, als er die Frau erkannte, die ihn gerade begrüßt hatte. „Wo bleibt Natsuki denn? Sie sollte schon vor fast zwei Stunden wieder hier sein“, klang die Heimleiterin ziemlich besorgt, aber auch ein wenig sauer. „Was? … Ehm… wie spät ist es denn?“, fragte Kyo sogleich verdattert, da ihm das ganze ziemlich aus dem Konzept brachte und er zugegebenermaßen gar nicht auf die Zeit geachtet hatte. „Es ist kurz vor zwanzig Uhr. Sie wissen doch, dass das Mädchen bis achtzehn Uhr wieder hier sein soll“, redete sie gleich weiter und Kyo schaute panisch auf seine Armbanduhr, die tatsächlich diese Abendstunde anzeigte. Holy Shit, da war er ja total in seiner eigenen Welt verschwunden gewesen. „Tut mir leid, das war keine Absicht, wie haben einfach nicht auf die Zeit geachtet“, raufte er sich seine Haare und der Sänger zog sich schon seine Jacke über und nahm gleich Natsukis, die unter seiner hing. „Wie kann man denn die Zeit vergessen?“, fragte die ältere Frau gleich und Kyo verdrehte schon wieder seine Augen, was dieses alte Weib zum Glück nicht sehen konnte. „In dem man nicht dauernd auf die Uhr schaut und Dinge zu erledigen hat, die einen alles an Aufmerksamkeit abverlangen“, antwortete er und nahm sich noch den kleinen Rucksack mit den Einhörnern, der mit an einem Haken befestigt war. Dass er den ganzen Tag gearbeitet hatte band er ihr mal lieber nicht auf die Nase, nicht dass er aus diesem Grund nicht mehr das Mädchen zu sich holen durfte, da er sich nicht genug um sie kümmerte, oder irgendwie so. „Und nun entschuldigen Sie mich, ich bringe Natsuki jetzt gleich rüber“, legte der Sänger dann einfach auf und ließ das Handy wieder in seiner Hosentasche verschwinden. Danach kam die unangenehmste Aufgbabe, denn er hatte während dem Telefonat gesehen, dass Natsuki auf dem Sofa eingeschlafen war. Die Kleine hatte sich zu einer kleinen Kugel zusammen gerollt und die Decke hatte sie bis über die Ohren gezogen. Yuna hatte sie etwas eher, nachdem sie mit dem Mädchen etwas zu Abend gegessen hatte, wieder zu ihm gebracht, da sie Feierabend hatte und zu Hause auch noch etwas erledigen musste. Seit dem hatte Natsuki sich auf dem Sofa herum gedrückt und dabei war sie wohl eingeschlafen. Leise seufzend hockte sich Kyo vor das Sofa und zog die Decke soweit herunter, dass er zumindest das friedliche Gesichtchen sehen konnte. Die kleinen Lippen waren leicht geöffnet und das Mädchen atmete ruhig ein und aus. Unsicher biss er sich auf der Unterlippe herum, da es ihm wirklich wiederstrebte das Mädchen jetzt zu wecken, nur damit sie wieder in das muffige Heim konnte. Aber leider war das wirklich die einzige Möglichkeit, da er sich nicht erlauben konnte sie einfach hier zu lassen. Natsuki heimlich zurück bringen, wäre aber genauso kontraproduktiv, denn da würde sie ganz sicher schmollen und Kyo müsste wieder einen Weg finden, wie er sich bei ihr ein schleimen konnte. Also atmete er noch einmal durch und murmelte danach immer wieder den Namen der kleinen Lady. Doch diese schien das nicht zu interessieren, denn sie murmelte nur etwas vor sich hin und war dann wieder ruhig. In dieser Hinsicht waren sie wirklich ziemlich gleich, da er sich selbst auch nur ungern wecken ließ. „Tsuki-chan, wach auf“, wisperte er wieder und vorsichtig ließ er seine Finger durch ihre weichen Haare fahren, was wunderbar funktionierte, da die meisten aus ihrem Zopf gerutscht waren. Daraufhin rührte sie sich wirklich etwas, aber nach einem kleinen Zucken der Nase und das Runzeln ihrer Stirn, war sie wieder genauso ruhig, wie vorher. Lachend schüttelte der Sänger seinen Kopf und kitzelte sie nun leicht an der Wange. Nun kam endlich Leben in den kleinen Körper und aus ganz müden Augen blinzelte Natsuki ihn an, bevor sie herzhaft gähnte und sie Kyo ihre Milchzähne präsentierte. „Tut mir leid, dass ich dich wecken muss, aber ich muss dich doch auch wieder zurück bringen“, murmelte Kyo sanft und er hörte genau das leise Murren der kleinen Lady. „Ich verstehe dich vollkommen“, schmunzelte er und half dem Mädchen dann sich aufzusetzen. Schnell nahm er sich ihre Schuhe zur Hand und zog sie ihr an. Ganz wach war sie noch immer nicht und der Sänger konnte sich schon denken, dass sie es auch nicht mehr werden würde, zumindest an diesem Tag nicht. Nachdem er ihr die Schuhe angezogen hatte, zog Kyo Natsuki an den Rand des Sofas, damit er ihr noch ordentlich die Jacke anziehen konnte. Ihren Rucksack nahm er sich auch noch, dann hob er sie einfach auf seine Arme, verschränkte seine Hände unter ihrem Po und verabschiedete sich für ein paar Minuten von seiner Band, die verstehend nickten. Zügig, aber ohne Hektik ging er mit der kleinen Maus durch die Gänge des Gebäudes und die kurze Fahrt mit dem Fahrstuhl war auch schnell erledigt. Nebenbei bemerkte Kyo erneut die ruhigen Atemzüge des Mädchens und er schmunzelte in sich hinein, da sie schon wieder eingeschlafen war. Scheinbar war der Tag wirklich ereignisreich für sie gewesen. Auf der Straße preschte ihn gleich ein unangenehmer Wind ins Gesicht und automatisch zog er etwas seine Schultern ein. Kyo war wirklich froh, dass er nur bis zum nächsten Haus laufen musste und nicht noch ewig durch die Gegend tingeln und somit durch den Wind marschieren. Der Sänger und das Mädchen wurden auch gleich an der Tür erwartet und am liebsten wäre er mit seiner Beute wieder um gedreht. „Da sind Sie ja endlich“, waren die wenig schmeichelnden Worte. „Ja, sie ließ sich nicht wecken“, murmelte er und Kyo zwängte sich an der Heimleiterin vorbei, die ihn seufzend ziehen ließ. Da er wusste, wo das Zimmer von Natsuki war, steuerte er dieses auch gleich an. Ganz vorsichtig legte er sie auf dem Bett ab und zuerst zog er ihr die Schuhe aus. Die Jacke folgte gleich danach und suchend schaute Kyo sich nach den Schlafsachen des Mädchens um. Welche ihm kurz darauf entgegen gehalten wurden. Der Sänger murmelte ein leises Dankeschön und machte sich daran das Mädchen umzuziehen. Das dauerte zwar ein bisschen, aber irgendwann lag sie mit ihren Schlafsachen in dem schmalen Bett und er deckte sie noch ordentlich zu und murmelte noch süße Nachtgrüße, bevor er sich umdrehte und mit der Heimleiterin das Zimmer verließ. „Aber nicht, dass das jetzt zur Gewohnheit wird“, musste sie es anscheinend wirklich noch loswerden. „Wird es schon nicht. Es war wirklich keine Absicht. Sie müssen sich deswegen nicht gleich so aufregen, zudem es das erste Mal war“, hatte Kyo jetzt keine Lust auf große Diskusionen. „Schon gut, ich wollte es nur mal erwähnen“, hob sie gleich beschwichtigend ihre Hände. „Ich auch. Also, bis die Tage, ich muss wieder los“, verabschiedete sich der Sänger auch gleich und wuselte wieder ins Studiogebäude, wo schon sehnlichst auf seine Rückkehr gewartet wurde. Kapitel 56: Sechsundfünfzig --------------------------- Kyo sah auf, als er aus dem Augenwinkel die Tür zum Arbeitsbereich ihrer Band aufgehen sah. Keine Sekunde später trat ein Grundschulmädchen ein, mit dunkelblauer Schuluniform, einer gelben Regenjacke und den passenden gelben Regenhut dazu auf dem Kopf. Auf dem Rücken saß eine rote Schultasche und an der Hand hatte dieses Mädchen einen kleinen Jungen, der ebenfalls in einer bunten Regenjacke steckte und die Gummistiefel auch passend in den fröhlichsten Farben schimmerten. „Was macht ihr denn hier?“, fragte der Sänger sofort und legte seine Arbeitsblätter beiseite. „Ich hab Tian und Noriko auf den Weg von der Schule getroffen und da Tian seinen Papa sehen wollte, durfte ich ihn mitnehmen“, erzählte ihm Natsuki sofort. „Außerdem warst du gestern Abend so spät, dass wir schon geschlafen haben, als du nach Hause gekommen bist“, wurde er dann schon angefunkelt. Da hatte sein Mädchen allerdings nicht ganz Unrecht. Sie hatten gestern noch ein phänomenales Konzert gegeben und danach gab es noch eine Besprechung, da sie für die nächsten Konzerte, welche an zwei Tagen in Budokan stattfinden sollten, neue Bühnenbilder ausprobieren wollten und da es nicht wie dahin geklatscht aussehen soll, mussten sie eben alles genau besprechen und planen. „Und deswegen hast du gedacht, statt nach der Schule gleich nach Hause zu gehen, kommst du hier her?“, fragte er nun selbst nach und nahm den Kindern die Hüte vom Kopf. „Genau“, nickte sie und Natsuki ließ ihre Schultasche fallen und zog sich die tropfende Jacke aus, um diese dem Sänger hin zu halten. Tians nahm er auch gleich ab und er stopfte die nassen Teile einfach in das Spülbecken, da er gerade keine andere Möglichkeit sah, ohne dass die Bude halb unter Wasser stand. „Zieht ihr noch die Schuhe aus, dann könnt ihr kurz zu den anderen gehen“, wies er die beiden noch an und deutete mit den Kopf auf eine versteckte Ecke, die hinter eine Glaswand versteckt war. Die anderen nahmen dort schon fleißig einen neuen Song auf und wenn alles gut ging, konnte Kyo heute sein Können auch noch unter Beweis stellen und den Song ebenfalls einsingen. Kaum hatte der kleine Junge seine Gummistiefel ausgezogen, da war er schon davon gerannt und kurz darauf ertönte fröhliches Kinderlachen und das fröhliche, ausgelasse Lachen ihres roten Gitarristen, der freudig seinen Sohn begrüßte. „Wie war die Schule?“, richtete der Sänger nun seine Aufmerksamkeit wieder auf seine Tochter, die langsam auf ihn zu kam und sich nur zu gerne auf seinen Schoß ziehen ließ. Das war nach wie vor ihr Lieblingsplatz und diesen teilte Natsuki nur äußerst ungern. „Ganz okay. Wir mussten ein Lied vorsingen und haben darauf eine Note bekommen“, erzählte sie gleich fröhlich. „Echt? Und, hast du sie alle an die Wand gepustet?“, war er natürlich neugierig. „Nein… ich hab den halben Text vergessen und musste immer wieder auf den Zettel gucken“, murmelte sie stattdessen und Kyo musste lachen. Aber er fand es nicht schlimm, schließlich ging Natsuki nicht fürs Liedersingen in die Schule, sondern damit sie ordentlich lesen, schreiben und rechnen lernte. „Du schimpfst nicht mit mir?“, fragte sie verwundert, da sie scheinbar wirklich mit etwas Rüge gerechnet hatte, dabei dachte er eigentlich, sie würde ihn mittlerweile lange genug kennen, schließlich wohnte Natsuki nun seit vier Jahren bei ihm und war seit dem auch seine Tochter. „Nein, warum sollte ich? Außerdem weiß ich doch, dass du viel lieber in die Tasten haust, anstatt deine Stimmbänder zu strapazieren“, knuddelte er sie durch und Natsuki lachte. So oft sie konnte, saß sie mittlerweile am Klavier. In ihrem Zimmer hatte sie ein eigenes stehen und Kyo hatte die Anschaffung des Instrumentes wirklich nicht bereut. Manchmal mussten sie das Mädchen sogar stoppen, da sie einfach mal nur Ruhe haben wollten. „Wann kommst du heute nach Hause?“, riss sie ihn wieder aus seinen Gedanken. „Ich weiß nicht, ich hoffe ehrlich gesagt, dass ich den neuen Song noch aufnehmen kann.“ „Aber da kommst du wieder so spät“, maulte sie gleich. „Du musst zum Abendessen zu Hause sein, bitte“, wurde der Sänger im nächsten Moment von zwei rehbraunen Augen bestochen, die in den letzten Jahren an Intensität nur noch zugenommen hatten und ein Gegenmittel hatte er immer noch nicht finden können. „Ich versuche es, okay? Ich kann es aber nicht versprechen.“ „Bitte Papa!“ „Tsuki-chan, ich kann meine Arbeit nicht einfach stehen und liegen lassen, wo sie mir aus den Fingern fällt, ich habe Verpflichtungen.“ „Ja, nämlich deine Familie“, verschränkte sie beleidigt die Arme vor der Brust und Natsuki drehte demonstrativ den Kopf zur Seite. „Na gut, du hast gewonnen. Gegen sechs heute Abend, bin ich zu Hause, okay?“, war die Schlacht von Anfang an verloren gewesen. Aber wenn Kyo ehrlich war, freute er sich auch mal wieder mit Natsuki und Yuna gemeinsam am Tisch zu sitzen, da es leider nicht so oft vorkam, wie er es gerne hätte. „Ja“, war sie dann sofort wieder die Alte und sie kuschelte sich an Kyo. Dieser genoss die Zweisamkeit auch noch ein bisschen, bis Daisuke mit Tian in den Raum kam und auch der Sänger sie sanft von seinen Schoß schob. „Tsuki-chan, bringst du Tian noch nach Hause?“, fragte der große Rote auch gleich, während er seinen Sohn absetzte und ihn wieder in die Regenkleidung stopfte, da es immer noch wie aus Kübeln draußen goss. „Ja, das habe ich Noriko versprochen“, nickte sie sogleich und auch Kyo half ihr in die komischem Gummisachen, die allerdings sehr nützlich waren. „Sehr gut, du bist die Beste“, war Daisuke sichtlich beruhigt und zusammen gingen sie zur Tür. Mit ihrem gewohnten High-Five verabschiedeten sich Natsuki und Daisuke und auch sein Sohn hatte die Geste schon drauf, nur dass Daisuke ihn nachher noch ordentlich durch knuddelte. Kyo verabschiedete sich mit einem Küsschen von seiner kleinen Lady und Tian bekam kurz die Haare durcheinander gebracht, bevor er beiden die Hüte auf die schwarzen Haare setzte und hinter ihnen die Tür schloss. „Ich glaube wir sollten heute pünktlich Schluss machen“, sagte da auch schon Daisuke und der Sänger konnte ihm da nur zustimmen. „Ja, Natsuki hat mich schon so weit gebracht, dass ich gesagt habe, dass ich gegen Sechs zu Hause bin“, gab er zu und fuhr sich leicht durch den Nacken. „So in etwa lief es mit Tian und da Kaoru das alles mitbekommen hat, wird das Ganze nicht mal ein schweres Unterfangen heute werden“, strahlte ihn nun ein tausend Watt Lächeln entgegen und Kyo konnte nur nickend zustimmen. Bevor es aber soweit war, mussten sie allerdings noch etwas schaffen, weswegen sie sich gleich wieder an die Arbeit machten, um ja pünktlich bei ihren Liebsten sein zu können. Pünktlich achtzehn Uhr schloss der Sänger die Wohnungstür auf und trat in seine eigenen vier Wände. „Komm mit, Papa ist da“, hörte er auch gleich Natsuki aus dem Inneren Rufen. Gemütlich zog er sich seine Straßenschuhe aus und schlüpfte in seine Hausschuhe, die ausnahmsweise mal an der Tür standen, da Yuna immer schimpfte, wenn er sie irgendwo fallen ließ und manchmal dachte er wirklich dran, sie ordnungsgemäß abzustellen. Gerade hatte er seine Jacke abgelegt, da hörte er ein leises Rascheln hinter sich und Kyo drehte sich um. Natsuki hatte Erina an den Händen, die tapsig einen Fuß vor den anderen setzte und ihn dabei mit roten Wangen anstrahlte. Das elf Monate alte Mädchen hatte einige wirre Zöpfchen im Haar und es deutete alles daraufhin, dass die große Schwester ihren Spaß an der Verschönerung des Babys gehabt hatte. „Dich müssen wir wohl bald schon einfangen, hm?“, begrüßte er dann aber zunächst das jüngste Familienmitglied und er nahm das Baby Natsuki ab und hob sie hoch, so dass er ein Küsschen auf eine der roten Wangen drücken konnte. Laut quietschte Erina auf und sie griff gleich in seine blonden Haare, um gehörig dran zu ziehen. „Au, lass los“, lachte er und versuchte die kleinen Finger zu lösen, die ganz schön viel Kraft hatten. Nach einiger Zeit gelang es ihm und er brachte das kleine Mädchen lieber aus der Reichweite seiner Haare, denn die brauchte er noch. „Tadaima“, begrüßte er Yuna, die gerade den letzten Topf auf den Tisch stellte und sich dann erfreut umdrehte. „Du bist wirklich da. Zwar hatte ich auf Natsukis Aussage hin gehofft, dass du es schaffst, aber wenn ich ehrlich bin, konnte ich es nicht so recht glauben“, sagte sie gleich. „Ja, sie hat mir ja gar keine andere Wahl gelassen, außerdem musste Dai auch heim, da Tian Besitzansprüche an seinen Papa gestellt hat“, erzählte der Sänger und positionierte Erina auf seiner Hüfte, damit er Yuna mit einem ordentlichen Kuss begrüßen konnte. „Urgh, macht das, wenn ihr alleine seid… oder kommt dann wieder ein Baby dabei raus?“, hielt Natsuki sich die Augen zu. Der Sänger hielt inne und sah zu dem Mädchen, welches am Tisch saß, die Ellenbogen auf die Holzplatte gestützt hatte und sich mit ihren Händen die Augen verdeckte. „Lass uns doch, das siehst du doch nicht zum ersten Mal. Und ein weiteres Baby wird es in nächster Zeit nicht geben, zumindest nicht von unserer Seite aus“, und Kyo fragte sich gleichzeitig, warum er sich überhaupt vor Natsuki rechtfertigte, schließlich war er ihr keine Rechenschaft schuldig. „Wie meinst du das denn jetzt, nicht von unserer Seite aus?“, fragte nun aber Yuna, die sich ebenfalls schon an den Tisch gesetzt hatte und prüfend in einer Schüssel mit Brei herum rührte. „So wie ich es sagte“, murmelte er und setzte Erina in den Hochstuhl und legte ihr ein Lätzchen um, bevor er den Stuhl zu Yuna drehte, damit sie die Kleine ordentlich füttern konnte. „Dai macht in letzter Zeit immer so komische Andeutungen. Ich bin mir nur nicht so sicher, ob sie einfach nur das nächste Kind planen oder ob nicht schon eines unterwegs ist“, redete er dann weiter und schenkte allen eine Tasse Tee ein, bevor er sich nun selbst an den Tisch setzte. „Sah Noriko denn schwanger aus?“, fragte nun Yuna, die allerdings Natsuki meinte, die nur mit den Schultern zuckte. „Weiß ich nicht“, konnte die ihnen aber auch nicht weiter helfen. „Na ja, wir werden es ja sehen, wenn spätestens ein neues Baby die Band kurz durcheinander bringt“, grinste dann Kyo und gab nun endlich jedem etwas auf den Teller. „Apropos, willst du Erina dann baden? Ist schon eine Weile her, dass du das gemacht hast“, spannte Yuna ihn dafür gleich ein, aber dem Sänger machte das nichts aus und er war sogar froh, dass Natsuki ihn zeitig nach Hause beordert hatte. „Klar, mach ich das“, nickte er also. Nun verputzten sie aber zunächst das Abendessen und redeten über den Tag, wer was erlebt hatte. Nach einer gemütlichen halben Stunde räumte der Sänger den Tisch ab, während Yuna das Wasser für Erina einließ. Natsuki half ihm beim Abtrocknen und das Baby selbst kullerte fröhlich in ihrem Laufstall herum. Somit war der Abwasch schnell erledigt und als der Sänger die Spüle trocken gewischt hatte, kam Yuna in die Küche und erklärte ihm, dass das Wasser nun fertig sei. „Gut, dann schnappe ich mir die Prinzessin und danach machen wir es uns auf dem Sofa gemütlich“, erklärte er ihr auch gleich seinen weiteren Plan. „Kann ich mit in die Wanne? Oder hast du die kleine Schüssel für Erina fertig gemacht?“, mischte sich nun Natsuki mit ein. „Nein, ist diesmal die große Badewanne, hatte keine Lust nach dem Ding zu suchen, was meinst du, Kyo?“, fragte ihn Yuna dann und Kyo war das recht. „Von mir aus kannst du mit ins Wasser, aber es gibt nicht so viel Schaum, das ist dir klar, oder?“ „Ja, das weiß ich“, nickte das Mädchen. „Gut, dann hol deine Schlafsachen und komm danach ins Bad“, schlugen sie somit auch gleich zwei Fliegen mit einer Klappe. „So und nun zu dir“, sagte er dann zu Erina, die grinsend in ihrem Laufstall saß und ihre Ärmchen ihm entgegen reckte. Sofort nahm er sie hoch und trug sie ins Bad, wo er das Mädchen gleich von ihren Sachen und der Windel befreite. „Das gefällt dir, was?“, grinste er, als das Mädchen nackt auf der Wickelunterlage lag und freudig mit ihren Beinen strampelte. Frech kitzelte er sie am Bauch und glucksend zog sie ihre Beine an. Da er sie aber nicht weiter ärgern wollte, nahm er sie dann auf und legte ein Handtuch um den kleinen Körper, da er zuerst Natsuki in die Badewanne lassen wollte, damit sie die Kleine sicherheitshalber entgegen nehmen konnte, da das in der großen Badewanne immer ein bisschen unpraktisch war. Wie auf Kommando kam das Schulmädchen auch schon ins Bad gestürmt und keine fünf Minuten später saß sie im Wasser und nahm das gurgelnde Baby freudig entgegen. „Hast du sie?“, fragte Kyo und er ließ Erina kurz los, als Natsuki kurz nickte, damit er sich ordentlich vor die Badewanne knien konnte. Kaum saß das Baby im Wasser, da ließ sie ihre kleinen Händchen sofort auf die Wasseroberfläche klatschen und da hatte der Sänger schon die erste Ladung Wasser im Gesicht. Wie immer würde das Ganze in einer Art Wasserschlacht ausarten, das wusste er jetzt schon. Aber er versuchte es mal ein bisschen zu unterbinden und fing gleich an das Baby zu waschen. Erina versuchte immer wieder den Waschlappen zu greifen, aber Kyo war da einfach schneller und er ärgerte sie damit ein bisschen. Somit wurde das Bad von fröhlichem Kinderlachen beschallt und auch der Sänger entspannte sich immer mehr und genoss richtig seinen Feierabend, auch wenn er danach erst mal das Bad wischen musste. Eine gute halbe Stunde später hob er das Baby wieder aus der Wanne und wickelte sie gleich in ein ganz flauschiges Handtuch, während ihre große Schwester noch im Wasser blieb und sich nun selbst wusch. Ganz vorsichtig, aber dennoch gründlich trocknete er das Baby ab und sogar die weichen Haare rubbelte er, so gut es ging, trocken, auch wenn sie ihr dann in alle Richtungen zu Berge standen. Grinsend strich er sie dann mal lieber glatt und verpasste dem Mädchen eine frische Windel und den niedlichen Strampelanzug, den sie meistens zum Schlafen trug. Der war weiß und hatte auf dem Bauch einen riesig großen Hasen drauf. Zwar stand der Sänger selbst nicht so auf großen Kitsch, aber der war wirklich süß und die rosa Schleife, die der arme Nager auf dem Kopf hatte, machte das Bild noch niedlicher. „So, nun glänzt du wieder und duftest so schön“, murmelte er dem Baby zu und Kyo drückte seine Nase auf das weiche Haar, welches schon getrocknet war. Yuna kam dann auch wie gerufen und er reichte ihr das Baby gleich weiter, damit er Natsuki noch bei dem Haare waschen helfen konnte. Damit waren sie auch recht schnell durch und während Natsuki sich kurz darauf abtrocknete, ließ Kyo das Wasser aus der Badewanne und spülte die letzten Schaumreste noch in den Abfluss. Danach half er ihr beim Haare trocknen und kurz darauf war Natsuki auch schon fertig und zu viert verkrümelten sie sich auf das Sofa, wo sie den Tag ausklingen ließen und noch ein bisschen miteinander kuschelten. ** ** ** Ein nerviges Pfeifen veranlasste Kyo dazu, träge seine Augen zu öffnen, nur um festzustellen, dass es gerade einmal gegen fünf Uhr in der Früh war. Er wollte sich gerade wieder an den warmen Körper von Yuna kuscheln, als er bemerkte, dass er gar nicht auf seinem Sofa saß, mit seiner Frau rechts an der Seite und Natsuki auf seiner linken, sowie dem Baby auf dem Schoß. Nein, er lag in seinem Bett, und zwar allein. „Das war alles nur ein Traum?“, fragte er fassungslos und mit einem Mal fühlte er sich so, als wäre er mutterseelenallein und hätte alles auf der Welt verloren. Heilige Scheiße. Der Traum war so realistisch gewesen, als wäre er wirklich wahr und verdammt, er wollte es auch. Gott, er hatte noch nie über eigene Kinder nachgedacht, aber nun konnte er es kaum noch erwarten eines zu bekommen, dabei stand das mit Yuna noch lange nicht zur Debatte. Sie hatten ja noch nicht mal eine Langzeitbeziehung. Aber der Sänger hoffte inständig, dass sie soweit kamen und vielleicht sogar noch weiter. Seufzend, da er noch immer müde war, drehte er sich von der rechten Seite auf seine linke und schloss wieder seine Augen. Sofort kamen ihm die Bilder von der älteren Natsuki wieder in den Sinn und auch von Erina, die freudig ihre Babyspeckarme hob und zu ihm wollte. Eine wundervolle Wärme breitete sich in seinem Bauch aus, mit einem leichten Beigeschmack von Sehnsucht. Das erstaunlichste an der ganzen Situation war aber wohl, dass er keine Angst oder Abneigung dagegen verspürte, wie es die Jahre zuvor sonst immer der Fall war. Nein, stattdessen keimte in ihm wirklich so etwas wie Sehnsucht auf und das ließ ihn sich irgendwie gut fühlen. Leider war an schlafen aber auch nicht mehr zu denken, auch wenn er erst gegen halb zwei ins Bett gekommen war, aber der Traum hatte ihn nun so sehr aufgewühlt, dass er nun seine Decke von sich warf und träge in die Küche schlurfte, wo er sofort seine Kaffeemaschine zu einem frühmorgendlichen Dienst verdonnerte, während er selbst ins Bad ging und sich ein wenig für den Tag herrichtete. Kapitel 57: Siebenundfünfzig ---------------------------- Seit seinem Traum waren schon wieder drei Tage vergangen und er dachte immer noch daran zurück, auch wenn die Erinnerung daran fast schon gänzlich wieder verschwunden war. Aber dennoch blieb das Gefühl, dass er sich danach sehnte. Nach einer Familie, die ihn freudig begrüßte, wenn er nach einem harten Arbeitstag nach Hause kam. „Bist du soweit? Natsuki wartet bestimmt schon“, holte Yunas Stimme ihn aus seinen Gedanken und er zuckte kurz zusammen. „Oh… ja klar“, schüttelte Kyo seinen Schopf, damit er wieder einen klaren Kopf bekam. „Ist alles in Ordnung?“, ging das allerdings nicht an Yuna vorbei und sofort versuchte der Sänger sich nichts mehr anmerken zu lassen. „Ja, natürlich, was soll denn nicht in Ordnung sein?“, fragte er und räusperte sich kurz, während er sich seinen Kragen vom Hemd richtete. „Vielleicht interpretiere ich ein bisschen zu viel hinein, aber seit zwei, drei Tagen bist du ziemlich abwesend. Was ist los? Läuft was nicht so, wie ihr euch das vorstellt?“, trat Yuna an Kyo heran und löste seine Hände mit ihren ab, um seinen Kragen selbst zu richten. Schweigend betrachtete er die junge Frau vor ihm und sofort kam wieder das Bild der kleinen Erina in seinen Kopf geschossen, die im Nachhinein so viel Ähnlichkeit mit Yuna hatte, nur die Augen waren anders gewesen. Seufzend fuhr er sich durchs Gesicht, ehe er seine Hände an Yunas schmale Taille legte und sie noch ein bisschen näher an sich heran zog. „Nein, es ist alles in Ordnung“, versuchte er ein bisschen zu lächeln. „Du siehst aber nicht so aus.“ „Ich weiß, mir spukt nur immer wieder ein Traum durch den Kopf, mehr ist wirklich nicht“, murmelte er leise. „Dann muss es ja ein echt schlimmer Traum gewesen sein, wenn ich sehe, was für ein Gesicht du dabei ziehst.“ Nun musste der Sänger lachen. „Nein, er war eher das Gegenteil, nämlich wunderschön und trotz das es ein Traum war, vermisse ich das Gefühl, was ich dabei hatte“, lächelte er nun wirklich und strich Yuna eine lose Strähne hinter ein Ohr. „Willst du mir davon erzählen?“ „Da gibt’s nicht viel zu erzählen, ich hab das meiste davon schon wieder vergessen. Aber wir hatten eine Familie. Du, Natsuki, ich und die kleine Erina“, murmelte er. „Erina?“, schaute Yuna nun neugierig drein. „Ja, unsere Tochter.“ „Unsere was?... Du meinst, wir waren eine richtige… Familie?“, schaute sie ihn nun wirklich perplex an, als könne sie Kyos Worte gar nicht glauben. „Ja, allerdings war Natsuki schon ein bisschen älter, acht oder neun. Sie war mit Tian ins Studio gekommen und hatte mich verdonnert doch eher nach Hause zu kommen und zu Hause habt dann ihr auf mich gewartet, mit dem Baby“, erzählte er dann einfach die Grobfassung, die sowieso nur noch in seinem Hirn vorhanden war. „Wer ist denn Tian nun schon wieder?“, blinzelte die junge Frau, aber wenn Kyo sie sich so besah, fand sie die Vorstellung auch nicht gerade abstoßend, sie schien nur sehr überrascht zu sein, dass er scheinbar solche Träume hatte. „Das war Dais Sohn“, schmunzelte Kyo. „Er hat ein Kind?“, war sie nun wieder hellhörig „Seit wann hat der denn eine Freundin?“ „Ach, weißt du noch gar nicht, dass er Papa wird? Noriko, also seine Freundin, ist schwanger, aber sie wissen noch nicht welches Geschlecht das Baby haben wird.“ „Wow, nein, das wusste ich nicht, aber in deinem Traum hast du ja scheinbar an alles gedacht“, schmunzelte sie nun und legte ihre Arme jetzt selbst um seinen Hals. „Ja, sieht ganz danach aus. Aber wie gesagt, es war nur ein Traum und wird es wohl immer bleiben, aber es hat mir gefallen“, zuckte er nun mit seinen Schultern. „Und nun lass uns die kleine Lady abholen, bevor sie wieder den Teufel an die Wand malt, nur weil wir etwas später und vorallem zusammen kommen“, schmunzelte er und ließ seine Lippen kurz über Yunas streichen. „Hm… wenn ich nicht genau wüsste, was für Allüren sie an den Tag legen würde, würde ich dich noch stundenlang über deinen Traum ausquetschen, aber das muss ich dann wohl auf später verschieben“, grinste nun Yuna und Kyo erwiderte es. Vorsichtig löste er sich nun von ihr und besah sich noch einmal im Spiegel. Seine schwarze Jeans saß perfekt und das schwarze Hemd, mit den weißen punkten und dem rotem Blumenmuster am Saum passte auch super dazu. „Du bist chic genug, nun komm“, zerrte Yuna ihn dann einfach aus seinem Schlafzimmer. „Das entscheide ich immer noch alleine“, grinste Kyo, ließ sich aber ziehen. „Wir gehen auf den Rummel, glaub mir, dafür musst du dich nicht herausputzen.“ „Lass mich doch, ich kleide mich eben gerne ordentlich.“ „Du gehst immer ordentlich, aber wenn du meine Meinung wissen willst, ohne Klamotten siehst du immer noch am besten aus“, zwinkerte Yunya dann frech und Kyo streckte ihr die Zunge raus. Zusammen gingen sie dann aber endlich zum Kinderheim, wo Natsuki schon aufgeregt in der Tür stand und es kaum noch zu erwarten schien. Kaum traten sie durch das Tor und das Mädchen kam auf sie zu gerannt. Kyo breitete gleich seine Arme aus und durch den ganzen Schwung, den Natsuki drauf hatte, taumelte er ein paar Schritte nach hinten, konnte sich aber noch halten und wirbelte sie dann kurz herum. „Hey Tsuki-chan“, murmelte er und verschränkte seine Hände unter ihrem Po, damit er sie auf seinen Armen behalten konnte, ohne dass sie schnell herunter zu rutschten drohte. „Hallo“, strahlte sie und Kyo erfreute sich mal wieder daran, dass sie immer öfters sprach und sich nicht nur auf Nicken oder Kopf schütteln bezog. Yuna begrüßte sie auch noch, zwar noch etwas zurückhaltend, aber das würde sich im laufe des Nachmittages ganz sicher ändern. „Bleibt es dabei, dass Natsuki bei Ihnen übernachten wird?“, tauchte die Heimleiterin mal wieder aus dem Nichts auf und Kyo drehte sich ein wenig erschrocken um. „Ja, natürlich“, nickte er aber gleich und er freute sich jetzt schon, auf das Gesicht des Mädchens, wenn sie ihr neugestaltetes Zimmer sah. „Gut, ich frage nur, weil sie sich gar keine Sachen zusammen gepackt hat?“, schaute sie ihn fragend an. „Das ist auch nicht nötig, bei mir ist alles da, was sie benötigt“, da er immer mal etwas besorgt hatte und wenn es nur eine Zahnbürste war, oder ein Paar Hausschuhe, die direkt für Natsuki waren. „Okay, da weiß ich Bescheid. Wie besprochen, spätestens achtzehn Uhr hat sie wieder hier zu sein“, ernahmte sie ihn noch und der Sänger strengte sich wirklich an, nicht seine Augen zu verdrehen. „Ja, sie wird pünktlich sein, versprochen“, nickte er. „Holst du noch deine Jacke und deinen Rucksack, dann gehen wir los, okay?“, fragte er Natsuki, als er sie wieder auf ihre eigenen Beine gestellt hatte. Nickend rannte sie davon und sammelte ihre Sachen ein, bevor sie wieder angesaust kam und beinahe in Yuna hinein gerannt wäre, da sie nicht so schnell abbremsen konnte. „Immer langsam, wir haben noch den ganzen Nachmittag Zeit“, schmunzelte diese und auch bei Kyo zupfte ein Grinsen an seinem Mundwinkel und er überließ es Yuna, dem Mädchen in die Jacke zu helfen. Unweigerlich dachte er sofort an seinen Traum zurück und ihm wurde die Brust ganz eng. Das hatte er auch noch nicht erlebt, dass so etwas Unrealistisches ein so realistisches Gefühl hinterlassen konnte. Eine kleine Hand, die sich in seine legte, brachte ihn wieder in die Wirklichkeit zurück und seine zweite wurde kurz drauf von einer weiteren ergriffen, die aber um einiges größer, aber immer noch kleiner als seine eigene Hand. Sofort musste er an die Worte denken, die zwischen Natsuki und Yuna ausgetauscht worden waren, als sie sich unterhalten hatten, wo es darum ging, dass sie ihn nie wieder loslassen wollten. Scheinbar war jetzt dieser Moment und Kyo selbst hatte auch nicht vor, sich aus den Fängen der beiden zu befreien. Kapitel 58: Achtundfünfzig -------------------------- Seinen Hut, den er sich auch an diesem Tag wieder auf den Kopf gesetzt hatte, zog der Sänger sich noch etwas mehr ins Gesicht. Ihm war ganz entfallen, dass ein Rummel ja ein öffentliches Ereignis war und er Gefahr lief erkannt zu werden. Bis jetzt wurde er zwar nur zwei Mal erkannt und er konnte nur auf die Diskretion der Fans hoffen, die nicht noch anderen steckten, dass er sich hier herum trieb und dann noch mit einer Frau und einem Kind. Zwar wäre es ihm persönlich egal, würde das an die Öffentlichkeit gelangen, allerdings wollte er Natsuki und Yuna da eher außen vor lassen. Aber bis jetzt schien noch niemand etwas bemerkt zu haben und durch diesen Gedanken entspannte sich Kyo wieder etwas. „Ob wir sie heute noch von dem Ding runter kriegen?“, murmelte Yuna und sie schaute dem weißen Einhorn hinterher, welches zum gefühlten hundertsten Mal an ihnen vorbei tingelte, auf dem Natsuki thronte und ihnen jedes Mal zu winkte. „Ich weiß nicht, spätestens wenn ihr schlecht ist, wird sie von dem Ding runter wollen“, grinste er etwas in sich hinein. Natsuki weigerte sich schon seit fünf Runden von dem Karussell zu steigen. Aber er konnte auch nicht hart bleiben, nein, stattdessen bezahlte Kyo jede weitere Runde brav und erfreute sich an dem fröhlichen Lachen. „Ihr müsst auch mitfahren“, wedelte das Mädchen kurz drauf mit ihren Armen, als das Karussell zum Stehen kam und die meisten Kinder von den Figuren kletterten, außer natürlich seine kleine Lady. „Oh nein, das überlasse ich dir“, schüttelte Yuna sofort den Kopf. „Wieso nicht?“, fragte Kyo und schaute sie an. „Darum nicht. Wenn du willst, kannst du ja mitfahren, aber ich steige da nicht drauf“, wehrte sie gleich ab. „Okay“, sagte er nur, drückte Yuna Natsukis Rucksack in die Hand und kaufte dann zwei weitere Fahrten. Eine für Natsuki und eine für sich selbst. „Wo soll ich mich drauf setzen?“, fragte Kyo und schaute zu dem kleinen Mädchen, welches sofort auf ein rosa Pferd vor ihr zeigte. „Garantiert nicht. Ich nehme das hier, okay?“, deutete er stattdessen auf ein braunes Pferd, welches etwas größer war, als Natsukis und auch ein bisschen männlicher wirkte, zudem war es gleich neben dem Einhorn. „Na gut“, nickte sie zum Glück und mit ein bisschen Geschick schwang der Sänger sich auf das Ding, bevor das Karussell sich schon wieder in Bewegung setzte. Gemütlich tuckerten sie einige Runden und nur aus dem Augenwinkel sah er, wie Yuna mit ihrem Handy das ein oder andere Foto schoss. Hoffentlich bekam er die nicht noch unter die Nase gehalten, denn diese Bilder wollte er ehrlich gesagt gar nicht sehen, denn er sah bestimmt schön albern aus, wie er auf einem Karussell seine Runden drehte… „Jetzt machen wir aber mal was anderes“, entschied Kyo, als das Karussell wieder zum Stillstand kam und er schon herunter gesprungen war. Doch Natsuki schüttelte sofort ihren Kopf und hielt sich gleich klammernd am Einhorn fest. „Da gibt es keine Widerrede, wir wollen mal sehen, was man noch fahren kann“, hob der Sänger sie ohne Probleme runter und die kleine Lady maulte ein bisschen vor sich hin, aber er ignorierte es. Als sie wieder auf ihren eigenen Beinen stand, nahm er sie an die Hand und zusammen gingen sie zu Yuna, die ihr Handy wieder in die Tasche steckte. „Das Karussellpferd stand dir wirklich gut“, neckte sie ihn sofort und Kyo brummte ein bisschen. Das war genau das, was er nun gar nicht hören wollte. „Lasst uns weiter gehen“, sagte er stattdessen und sanft zog er Natsuki weiter, nahm vorher aber noch den kleinen Rucksack von Yuna entgegen. Gemütlich schlenderten sie also weiter und schauten sich immer wieder um, da so viele Eindrücke auf sie einprasselten, dass sie gar nicht wussten, wohin sie zuerst schauen sollten. „Wollt ihr auch etwas trinken?“, fragte Kyo, als sie an einem Stand mit Getränken vorbei kamen und er bemerkte, dass sein Hals ziemlich trocken war. Natsuki nickte und auch Yuna lecke sich daraufhin die trocknen Lippen und schien das Angebot schon genau unter die Lupe zu nehmen. Somit gingen sie näher an den Stand heran und der Sänger schaute sich die verschiedenen Getränke an. „Was wollt ihr haben?“, fragte er zunächst aber seine beiden Mädels. Natsuki tippte sofort auf Apfelsaft und Yuna entschied sich für einen selbstgemachten Eistee. Das orderte Kyo auch gleich an und bestellte für sich selbst ein großes Wasser, da das jetzt seinen Durst am besten löschen würde. „Du bist ja langweilig“, bemerkte Yuna es auch gleich und der Sänger zuckte nur mit den Schultern, als er Natsuki ihren Apfelsaft und Yuna ihren Eistee reichte. „Wasser ist jetzt genau das, was ich brauche“, war es ihm ehrlich egal, ob es nun langweilig war oder nicht. Als er sein Getränk dann auch endlich erhalten hatte, nahm er gleich einen Schluck und beinahe hätte er aufgeseufzt, als es schön kühl seine Kehle hinunter rann. Da sie nun nicht mehr Angst haben mussten zu verdursten, gingen sie auch weiter und zwischendurch kaufte Kyo Natsuki ein paar Lose, die allerdings alles Nieten waren und er musste das Mädchen beinahe davon abhalten dem Losverkäufer eine vors Schienbein zu geben, da sie wirklich sauer zu sein schien. Er musste wirklich mit Engelszungen auf die Kleine einreden und versprach ihr, bei der nächsten Losbude neue zu kaufen. Zum Glück besänftigte das Gesagte sie und ein bisschen erleichtert war er schon darüber. Auf ihrem Weg über den Rummelplatz kamen sie an vielen verschieden Fahrgeschäften vorbei, allerdings waren die nicht wirklich interessant für sie. Und Kyo musste zugeben, dass er sich nie in ein Fahrgestell setzen würde, welches sich mehr um sich selbst, als um die ganze Konstruktion drehte und ihm wurde schon vom Gedanken daran schlecht. Allerdings konnte ihn auch keiner dazu zwingen, dass er sich in so ein Ding quetschte, weswegen er nicht weiter darüber nachdachte. Natsuki war die erste, die wieder etwas interessantes entdeckte und bereitwillig ließen die Erwachsenen sich von ihr mitziehen, bis sie vor dem Riesenrad standen, wo schon eine mächtige Schlange davor stand. „Das Riesenrad, wirklich?“, fragte nun Yuna, die nicht sehr begeistert wirkte und ziemlich ängstlich an dem Gestell hinauf sah. „Ja, warum nicht?“, sah Kyo sie an. „Ich hab Höhenangst“, murmelte sie und sie traute sich gar nicht mehr weiter das Ding anzusehen. „Oh“, war Kyos einziger Kommentar dazu und er biss sich unsicher auf der Unterlippe herum. Nun steckte er in der Zwickmühle, denn er würde wirklich gerne in das Riesenrad steigen, aber Yuna alleine unten stehen lassen, das wollte er auch nicht. „Ihr könnt aber ruhig eine Runde fahren“, schien die junge Frau seinen innerlichen Kampf sofort zu bemerken, was es aber nicht leichter machte. „Du willst nicht mitfahren?“, antwortete Natsuki aber schneller und sie sah Yuna ein bisschen komisch an, welche sich gleich zu der Kleinen hockte. „Nein, möchte ich nicht.“ „Warum nicht? Hast du Angst? Du kannst da nicht runter fallen“, verstand sie anscheinend die Welt nicht so richtig und Kyo grinste ein wenig in sich hinein, wie die kleine Lady versuchte Yuna zu überreden, was kaum vorstellbar war, da Natsuki Yuna vor knapp einer Woche am liebsten noch die Augen ausgekratzt hätte. „Ja, ich habe Angst. Nicht vor dem Rausfallen, sondern eher vor der Höhe“, erklärte sie sanft. „Aber das ist doch toll, da kannst du die ganze Stadt sehen. Vielleicht siehst du ja dein zu Hause. Bitte komm mit“, blieb der kleine Mund gar nicht mehr still und der Sänger konnte regelrecht sehen, wie der Wiederstand von Yuna immer weiter bröckelte. So wie es aussah schaffte die Kleine nicht nur ihn mürbe zu quatschen, bei seiner Freundin war sie auch schon auf dem besten Weg dahin. „Bitte.“, kam nun sogar Natsukis Geheimwaffe zum Vorschein – ihr gefährlicher Bambiblick – und keine fünf Sekunden später stimmte Yuna seufzend zu und sie stellten sich in die Schlange vor dem Riesenrad an. „Da hat sie dich ja voll um den Finger gewickelt“, flüsterte Kyo sogleich und drückte ihr dann sanft einen Kuss auf die Wange, damit sie merkte, dass er es nicht böse meinte. „Und wie, das müsste verboten werden“, murmelte Yuna und sie wischte sich jetzt schon die feuchten Hände an ihrem Rock trocken, da die Nervosität bereits von ihr Besitz ergriffen hatte. Schmunzelnd nahm der Sänger dann einfach die verkrampfte Hand in seine. „Aber keine Angst, wir passen auf dich auf, ansonsten muss ich dich eben ein bisschen ablenken“, grinste er dann sogar und machte dann schon zwei Schritte nach vorn, da es ein bisschen vorwärts ging. „Wie willst du das denn machen? Rumhampeln ist nicht, außer du willst aus der Gondel geschubst werden“, brummte sie und ein wenig Farbe wich aus ihrem Gesicht, da Yuna scheinbar gerade daran dachte, wie die Gondel gefährlich hin und her wackelte. „Hey, was denkst du denn von mir? Ich dachte eher an ein paar Zärtlichkeiten, aber wenn du gleich so etwas annimmst, da überlege ich mir das vielleicht doch noch“, war er nun wirklich etwas beleidigt. Nur weil er ihre Höhenangst ein bisschen amüsant fand, würde er ganz sicher nicht Dinge tun, wo sie wohlmöglich völlig die Fassung verlieren könnte. „Tut mir leid, so war das gar nicht gemeint“, kam die junge Frau gleich wieder angekrochen und sie schmiegte sich wie eine Katze an seine Seite. „Schon gut“, ging er nicht weiter drauf ein und er strich vorsichtig über ihren Arm. Sie kamen auch immer weiter vorwärts und bald standen sie vor den Gondeln, die nacheinander geleert und wieder gefüllt wurden. Als sie an der Reihe waren hob der Sänger zunächst Natsuki hinein und half danach Yuna, die wirklich mit sich zu kämpfen hatte. „Lass Yuna zwischen uns sitzen, okay?“, fragte er seine kleine Lady, die gleich nickte und neben sich auf einen Sitz klopfte. Zum Glück waren die Gondeln rund und sie mussten nicht noch die Seiten auslosen, so konnten sie gemütlichen nebeneinander sitzen. Die Tür wurde eingerastet, dann setzte sich das Riesenrad auch schon in Bewegung, bis es kurz danach wieder stehen blieb und die Gondel nach ihnen gefüllt wurde. So ging es die ganze Zeit, bis sie irgendwann ganz oben standen und Yuna schon der kalte Schweiß ausbrach. „Hey, es ist alles gut. Schau am besten nicht nach unten, sondern genieße einfach die Aussicht“, murmelte der Sänger ihr gut zu und um sie ein bisschen abzulenken suchten sie nach Gebäuden in der Stadt, die sie kannten und von der Höhe auch erkennen konnten. Das schien auch zu klappen, denn die junge Frau entspannte sich sichtlich und sie war am Ende sogar etwas enttäuscht, als das Riesenrad nun endgültig seine Fahrt aufnahm. So wurde die Fahrt dann sogar angenehmer, als alle dachten und Yuna war sogar regelrecht beschwingt, als sie wieder festen Boden unter den Füßen hatten. Sie machten sich danach noch auf die Suche nach etwas Essbaren, dann wurde es langsam Zeit für die Rückkehr, weil der Himmel schon langsam dunkel wurde, da die Sonne sich schon verabschiedet hatte. Der Nachmittag war so schnell vergangen, dass Kyo es noch gar nicht richtig fassen konnte. Aber dennoch war der Tag wunderbar gewesen und auch wenn er die Zeit mit Yuna und Natsuki genoss, war er wirklich froh, wenn er sich für eine halbe Stunde auf sein Sofa schmeißen konnte. Zu dritt betraten sie eine halbe Stunde später seine Wohnung und jeder befreite sich von seinen Straßenschuhen und den Jacken. „Willst du noch ein bisschen bleiben?“, fragte er kurz darauf Yuna, dich sich streckte und ihm so einen Streifen Haut präsentierte, da ihr Oberteil dabei ein bisschen nach oben rutschte. „Gerne, da sage ich doch nicht nein“, schmunzelte sie und schrumpfte danach auf ihre normale Größe zurück. „Sehr gut. Dann bringe ich mal Natsuki ins Bett und dann können wir uns noch einen Film ansehen, wenn du willst“, schlug er vor, wartete aber gar nicht erst auf eine Antwort ab, sondern ging gleich ins Bad, wo seine kleine Lady schon mal ihre Zähne putzen wollte. Sie sah verdammt müde aus und den halben Heimweg hatte er sie tragen müssen, da sie einfach zu geschafft war. Zwar war es noch nicht sehr spät, aber dennoch schien die Zeit für die kleine Maus wirklich zu reichen und Kyo war es nur recht, wenn sie sich einfach ins Bett bringen ließ, als dass es noch ewiges Theater gab. „In die Badewanne geht’s morgen früh, oder willst du jetzt noch rein?“, fragte er sie, nachdem Natsuki sich den Mund ausgespült hatte. Sie schüttelte aber nur den Kopf, was ihm vollkommen ausreichte. Sanft löste er die zwei Zöpfe aus ihrem Haar und kämmte diese dann noch vorsichtig durch, bevor er sie in ihr Zimmer führte. Weiter als bis zur Tür kamen sie aber nicht, denn das Mädchen blieb wie vom Donner gerührt stehen und starrte mit großen Augen die vier Wände an, die sie so noch gar nicht kannte. Der Sänger musste zugeben, dass er bis eben auch gar nicht mehr daran gedacht hatte, umso glücklicher war er, als er die unverwehrte Freude in den kleinen Augen sehen konnte, die schöner Strahlten, als die hellsten Sterne am Himmel. „Ich habe mir erlaubt das Zimmer fertig zu machen. Gefällt es dir?“, fragte er sanft in Natsukis Ohr, nachdem er sich hinter sie gehockt hatte. Sprachlos schaute sie sich weiter um und nickte dann einfach. Als sie nun das riesige Wandbild sah, klappte ihr sogar regelrecht der Mund auf. Ein paar Schritte ging sie auf das Bild zu, bis sie ganz davor stand. Ganz vorsichtig strich sie mit dem Zeigefinger darüber, als könnte sie es gar nicht fassen und der Sänger ließ sie einfach machen. So viel Zeit musste nun noch sein. Im nächsten Moment verlor er allerdings den Halt und ein schluchzendes Mädchen hing an seinem Hals und saß halb auf seinem Schoß, da er auf seinem Po gelandet war. Vorsichtig wiegte er das Kind hin und her und Kyo deutete es einfach nur als endlose Freude, die sie einfach nicht anders aus zu drücken wusste. Der Sänger wusste auch nicht, wie lange er seine Kleine in den Armen hielt, doch irgendwann vernahm er leise Atemzüge. Schmunzelnd stand er vorsichtig auf und nachdem er sie fix umgezogen hatte legte er das erschöpfte Mädchen ins Bett und deckte sie noch ordentlich zu. Erst dann verließ er das Zimmer und ging ins Wohnzimmer zurück, wo Yuna schon auf ihn wartete. „Und, was hat sie zu dem Zimmer gesagt?“, fragte diese sofort und rutschte unruhig auf dem Sofa herum, da sie scheinbar die Antwort kaum erwarten konnte. „Gar nichts. Erst stand ihr nur der Mund offen und am Ende hat sie sich in den Schlaf geweint, aber ich deute es mal als gutes Zeichen“, teile er ihr auch gleich mit und ließ sich neben der jungen Frau aufs Sofa sinken. „Dann ist die Überraschung ja gelungen.“ „Ich denke schon“, nickte der Sänger und er machte es sich etwas auf dem weichen Polster gemütlich, da ihm doch ein wenig die Füße weh taten. „Und was machen wir beide nun?“ „Wir? Wir lassen jetzt gemütlich den Abend ausklingen und lassen uns durch nichts und niemanden mehr stören“, murmelte er und zog sie an seine Seite, damit er gemütlich durch ihren Nacken streichen und gleichzeitig ihre Nähe genießen konnte. Kapitel 59: Neunundfünfzig -------------------------- Ein angenehmer Duft umspielte seine Nase und eine Wärme ließ ihn sich richtig geborgen fühlen. Kurz öffnete er seine Augen und schaute nach dem Stand des Mondes, der ihm erzählte, dass es zwischen drei und vier Uhr in der Nacht sein musste, da er nur recht zaghaft in sein Schlafzimmer schien. Zufrieden, dass diese schöne Nacht noch nicht zu Ende war, schmiegte er sich wieder mehr an den warmen Körper, der neben ihm in seinem Bett lag und perfekt in seine Arme passte. Ganz anders, gegen seine sonstige Gewohnheit, hatte er nicht gleich wieder das Bedürfnis seine Augen zu schließen. Nein, viel lieber wollte er jetzt die Zeit nutzen und seinen Bedürfnissen nachkommen, die sich zaghaft, aber doch sehr eindeutig meldeten. Ganz langsam begann er kleine Kreise auf den flachen Bauch zu ziehen, der sich mit jedem Atemzug an seine Handinnenfläche hob. Seine Fingerspitzen genossen jedes Stück weiche Haut und ab und an stupsten sie kurz in die kleine Kerbe, die einen niedlichen Bauchnabel darstelle. Ab und an übte er ein bisschen mehr Druck aus, aber nur so viel, damit er sich bemerkbar machte und keine blauen Flecken hinterließ. Während seine Hand den flachen Bauch weiter liebkoste, drückte er seine Nase sanft in die weichen Haare, die so wunderbar dufteten und ihn ein tolles Gefühl in den Körper jagte. Ein bisschen bewegte er seinen Kopf hin und her, bis seine Nase die meisten Haare weg geschoben hatte und er endlich an den schmalen Hals und den grazilen Nacken gelangen konnte. Seine Nase fuhr immer wieder leicht über die zarte Haut und ab und an benetzte er sie mit einem leichten Kuss, da er einfach nicht wiederstehen konnte. Da der weiche Körper in seinen Armen sich aber immer noch nicht bewegte, außer das seichte auf und ab ihres Brustkorbes, wanderte seine Hand ein bisschen höher und nur ganz leicht ertasteten seine Fingerspitzen die leichte Rundung ihrer Brust. Zärtlich verwöhnte er nun auch diese Hautpartie und traute sich immer mal ein Stückchen weiter, bis er den Ansatz ihrer Brustwarze spüren konnte. Genau da kam ein leises Brummen von seiner Angebeteten und Kyo schmunzelte in ihren Nacken, setzte wieder ein Küsschen auf den schmalen Hals. „Hmm… Kyo?“, murmelte es träge, da seine Finger weiterhin tätig waren und es für ihn noch lange keinen Grund gab, damit aufzuhören. „Was machst du da?“ Nun musste er grinsen und statt zu antworten legte er seine Hand nun gänzlich um ihre Brust und knete sie sanft. Der Körper in seinen Armen wurde unruhiger und der süße Po schmiegte sich beinahe schon ungestüm an seine untere Region, die natürlich sofort reagierte. Noch hielt er sich zurück und hielt seine Hüfte still, auch wenn es ganz schön viel von ihm abverlangte. Da Yuna sich weiterhin nicht gegen seine Berührungen wehrte, massierte er ihre Brust genüsslich weiter, bis er seine Fingerspitzen um ihre Burstspitze kreisen ließ. Kyo spürte genau, wie die junge Frau die Luft anhielt und sie nur stoßweiße wieder aus ihren Lungen entließ. Ihr Nippel verhärtete sich dabei enorm und der Sänger rollte die feste Perle sanft zwischen seinen Fingerspitzen. Scheinbar wurde Yuna langsam von einer Unruhe ergriffen, da ihre Hüften sich immer mehr gegen seinen Unterleib schmiegten und sie ihren Po regelrecht gegen seinen Phallus rieb, der sich daran natürlich erfreute. Während seine Hand weiterhin die weiche Brust der jungen Frau knetete und die süße Knospe gleichzeitig mit verwöhnte, fuhr seine Nase von ihrem Nacken weiter, bis zu ihrem Hals, wo er sanft ihre Haare so gut es ging zur Seite strich. Sanfte küsse verteilte er schon beinahe schmetterlingshaft und Kyo arbeitete sich weiter zu ihrem Ohr vor, wo er sanft in ihr Ohrläppchen biss und Yuna damit ein überraschtes Keuchen entlockte, da er gleichzeitig etwas in ihren Nippel gekniffen hatte. „Kyo!“, ermahnte sie ihn, doch er lachte nur leise, da er schließlich genau spürte, wie sehr sie es anmachte und der Sänger musste zugeben, ihm gefiel es auch, wie sie unter seinen Berührungen immer mehr dahin schmolz. Versöhnlich massierte er ihre Brust weiter und ließ seine Lippen über ihr Ohr wandern, küsste es immer wieder und ließ auch ab und an seine Zunge zum Einsatz kommen. Ihr Duft vernebelte ihm regelrecht das Hirn und außer an ihr jetziges Tun konnte er an nichts anderes denken. Da die Unruhe immer noch ihren schlanken Körper in Besitz hatte, löste er ihre Hand von der Rundung, die perfekt in seine Hand passte und strich wieder mit seinen Fingern den weichen Körper hinab, der mit einem mal von einer dicken Gänsehaut überzogen wurde. Kyo spürte genau, wie sie ihren flachen Bauch einzog und Yuna zittrig die Luft aus ihren Lungen entließ. „Das hat auch noch keiner mit mir gemacht“, flüsterte sie leise, als bestünde die Gefahr, dass die ganze Situation wie eine Seifenblase platzen könnte. „Was? Dich ein bisschen verwöhnen?“, murmelte Kyo zurück und fuhr den abstehenden Hüftknochen von ihr nach, an dem er erst am Abend noch geknabbert hatte. Statt aber dem Tal zu folgen, welches ihn wohl am meisten anzog, zwang er sich dazu seine Hand an ihrem Oberschenkel weiter zu führen. Auch da konnte er die Gänsehaut noch immer spüren und seine Selbstbeherrschung wurde immer weniger, aber Kyo erlaubte sich noch nicht, dass zu holen, wonach sein kleiner Freund schon lechzte. „Nein, aber mitten in der Nacht hat mich dafür noch keiner geweckt“, gab sie zu und sie seufzte leise. „Ich bin halt nicht, wie die anderen“, sagte er nur dazu. Zärtlich fuhr er ihren Oberschenkel entlang, auch mal an der Innenseite, und jedes Mal kam sie ihm mit ihrem Bein entgegen und Yuna versuchte sogar schon mit ihrer Hand seine dahin zu schieben, wo sie ihn scheinbar am liebsten haben wollte. „Du bist aber ungeduldig“, grinste er frech und zog mit seinen Zähnen leicht an ihrem Ohrläppchen, was sie leise keuchen ließ. „Mou~… du hast doch angefangen… nun ärger mich nicht“, hauchte sie leise und Kyo grinste. „Ich verwöhne dich, das ist schon ein Unterschied“, musste er aber klarstellen. Als ihre Finger wieder auf seinen lagen, zog er seine Hand schnell unter ihren hervor, was sie mit einem Murren quittierte. Das schien Yuna aber auch gereicht zu haben, denn sie drückte ihren Po nun gezielter an seinen Unterleib und seine Erregung, die die ganze Zeit an ihrem Po gelegen hatte, rutschte prompt zwischen ihre Beine, da sie das obere aufgestellt hatte. „Du Biest“, keuchte er leicht erschrocken und er musste sein Stöhnen wirklich zurückhalten, als sie ihre Hüften bewegte und sein harter Schwanz an ihrer heißen Mitte entlang fuhr. Er spürte genau, dass sie schon ziemlich feucht war und bei Gott, seine Selbstbeherrschung hing nur noch an einem seidenen Faden. „Wie du mir…“, murmelte sie nur und Yuna seufzte genüssliche auf, als seine Erregung wieder leicht durch ihre heißen Lippen strich. „Okay, ich hab's verstanden“, gab er sich eben geschlagen und seine Hand fuhr nun direkt von ihrem Oberschenkel, über ihren Hüftknochen, bis ins heiße Tal. Mit kribbelnden Fingern spürte er die dünne Spur der feinen Härchen und folgte ihr, bis sich ihre pulsierenden Lippen teilten und ihn freudig willkommen hießen. Das süße Stöhnen, was daraufhin den Raum erfüllte, erfreute Kyo immens und mutig umkreiste er die versteckte Perle, die daraufhin an Größe zulegte und noch mehr solche anregenden Geräusche der jungen Frau entlockte. „Ist es das, was du wolltest?“, fragte der Sänger und verwöhnte ihre Klitoris weiter, die noch ein bisschen anzuwachsen schien. „Oh ja“, nickte sie und ihre Hüfte passte sich an seinen Fingerbewegungen an. Da er aber langsam auch nicht mehr viel Durchhaltevermögen besaß, glitten seine Finger weiter und teilten Yunas Schamlippen noch ein bisschen mehr, bis ein Finger schon fast alleine in sie hinein glitt. Der Atem der jungen Frau kam ins stocken, ehe sie ihren Kopf ins Kissen drückte und da hinein stöhnte. Sie war schon so feucht, dass Kyo keine Sekunde zögerte und einen weiteren Finger in sie einführte. Nicht gerade zurückhaltend, aber auch nicht rabiat glitten seine Finger rein und raus und Yuna schien noch eine Spur feuchter zu werden. Sein Schwanz pulsierte selbst schon wie verrückt und der Sänger hatte das Gefühl, dass der Kleine am liebsten von alleine in die junge Frau schlüpfen wollte. „Sorry, ich kann nicht mehr“, keuchte der Sänger angestrengt und zog seine, mittlerweile drei, Finger zurück. Gerade so hielt er Yuna noch ab sich zu drehen und er hielt sie an der Hüfte fest. „Nicht, bleib so“, zog er sie sogar noch etwas näher an sich heran und mit einer gezielten Bewegung drang seine Spitze auch schon in sie ein. Fest biss er sich auf die Unterlippe und auch Yuna strapazierte sein Kissen wieder aufs äußerste, aber sie mussten auf ihre Lautstärke achten, denn sie beide hatten keine Lust, bald ein Mädchen im Schlafzimmer stehen zu haben. Es dauerte ein bisschen, bis er sich an die heiße, erotische Enge gewöhnt hatte. Sie beide nutzten die Zeit um kurz durchzuatmen. Doch sein Verlangen wurde dadurch auch nicht gemindert, weswegen er seine Hüften langsam zurück zog, nur um sie danach wieder gegen Yunas zu schieben. Die süße Reibung ließ sie beide gleichzeitig aufstöhnen und bevor es zu laut wurde, biss der Sänger der jungen Frau sanft in die Schulter, die leicht ihren Rücken durchdrückte. Kyos Hand wanderte wieder nach vorn, über den flachen Bauch, hinauf zu den Rundungen ihrer Brüste und schon hatte seine Hand sich wieder um eine der beiden geschlossen. Genüsslich knetete er sie, während er langsam in sie hinein stieß und einfach das Gefühl der Verbundenheit genoss. Da Yuna auch noch nicht protestierte, zog er sein Tempo auch nicht an, sondern behielt das Sanfte bei und machte regelrecht Liebe, mit der jungen Frau. Ihre Bewegungen passten sich perfekt einander an und in regelmäßigen Abständen entfleuchten ihnen die schönsten Laute, die das ansonsten stille Schlafzimmer etwas beschallten. Unaufhörlich umkreisten seine Finger den harten Nippel, der weiterhin nach Aufmerksamkeit schrie und auch ihr Hals wurde wieder mit Küsschen bepflastert. Yuna versuchte sich immer allen Berührungen entgegen zu drücken, doch so wirklich schaffte sie es nie und der Sänger spürte mit der Zeit immer mehr, wie sie ihre Fassung verlor. Ihre inneren Muskeln tanzten schon um ihn herum, dass Kyo selbst das Gefühl hatte gleich zu explodieren, aber er wollte und würde durchhalten und sich erst erlauben zu kommen, wenn Yuna ihre Erlösung gefunden hatte. „Ah… Kyo~“, griff sie stöhnend nach seiner Hand. Ein lauteres Stöhnen folgte, was aber wieder von seinem Kissen erstickt wurde. Er spürte schon, wie sich der Orgasmus in seinem Bauch sammelte und kurz vor dem Ausbruch stand und er war schon beinahe erleichtert, als es plötzlich mächtig eng um ihn wurde und Yuna sich zuckend fester um ihn schloss. Stöhnend legte Kyo seinen Kopf in den Nacken und in letzter Sekunde zog er sich zurück und kam hart gegen ihren Bauch, da er sich sofort wieder an sie gedrückt hatte. Schubweiße spürte er seinen Erguss aus sich spritzen, während sein Glied auf ihrem unterem Schenkel lag und auch diesen mit seinem Sperma benetzte. Während sie langsam wieder zu Atem kamen, ließ Yuna ihr Bein sinken, so dass Kyo seinen Unterleib ein bisschen zurückziehen musste, da sein kleiner Freund sonst ziemlich in Bedrängnis geraten, da er zwischen beiden Oberschenkeln eingeklemmt, wäre. „Du bist doch verrückt“, fand die junge Frau ihre Sprache zu erst wieder. „Mich mitten in der Nacht einfach so zu überfallen. Was wäre gewesen, wenn Natsuki wach geworden wäre? Gott, daran will ich gar nicht denken“, murmelte sie immer weiter vor sich hin und Kyo brummte nur. Scheinbar war sie einer dieser Frauen, die nach dem Sex immer redeten, wobei ihm das beim letzten Mal gar nicht aufgefallen war. Allerdings waren sie da auch ein bisschen stürmischer gewesen und waren danach total kaputt auf dem Bett zusammen geklappt. „Hast du denn gar keine Angst, dass Natsuki mal im Zimmer stehen könnte?“, erwartete Yuna scheinbar wirklich eine Antwort von ihm und der Sänger löste nur sehr ungern sein Gesicht aus ihrem Nacken, der jetzt noch viel besser duftete, als vorher. „Nicht wirklich“, gab er nuschelnd zu. „Wenn ich mir ständig Gedanken darum machen würde, würde unser Sexleben aber ganz schön auf der Strecke bleiben. Wir können doch nicht darauf verzichten, nur weil sie zwei Zimmer weiter in ihrem Bett liegt. Vielleicht mag es jetzt noch gehen, dass wir uns auf die Tage beschränken, wenn sie nicht hier ist“, was jetzt nicht wirklich schwierig war, denn sie übernachtete schließlich nicht drei Mal die Woche bei ihm. „Aber wenn sie in knapp zwei Wochen dann bei mir wohnt, will ich trotzdem nicht darauf verzichten müssen.“ Zwar hatte er am Abend auch erst ein paar Hemmungen gehabt, aber die waren dann doch recht schnell von ihm abgefallen und da sie es mit der Lautstärke nicht übertrieben hatten, war die restliche Wohnung auch weiterhin ruhig geblieben. „Du meinst, wir müssen uns nicht beherrschen?“, fragte sie und gegen seinen Willen drehte die junge Frau sich in seinen Armen. Bevor er aber antworten konnte, machte sie ein Geräusch, welches ein bisschen nach Ekel klang und ein Grinsen zupfte an seinem Mundwinkel. „Boah, du hast ja wirklich alle Arbeit geleistet“, murmelte sie beinahe erschüttert. „Alles deine Schuld“, sah der Sänger den Fehler nicht bei sich. „Wieso meine? Du hast doch angefangen“, widersprach sie sogleich. Schmunzelnd, aber mittlerweile wieder mit geschlossenen Augen legte er wieder seinen Arm um ihre Taille und zog sie näher an sich heran, bis sie so nah an ihm lag, dass er nun selbst die Überreste ihres kürzlichen Aktes an seinem Bauch und seinen Beinen spürte. „Aber du hast mich soweit gebracht, dass ich es nicht mehr bei mir behalten konnte.“ „Das du auch immer das letzte Wort haben musst“, schüttelte sie ihren Kopf, aber dann schmiegte Yuna sich wieder bereitwillig an den Sänger. „Hilfst du mir wenigstens dabei, das Zeug wieder abzuwischen?“, schien sie aber keine richtige Ruhe mehr zu finden und Kyo wurde wieder aus seinem Halbschlaf gerissen. „Schätzchen, wenn ich da jetzt mit anfange, hast du in einer halben Stunde neues Zeug auf dir kleben“, murmelte Kyo, angelte aber blind nach seiner Taschentuchbox, die meistens auf seinem Nachttisch stand. „Vielleicht ist das ja meine Absicht“, kam der Sänger aber nicht sehr weit, denn dann wurde er gekonnt auf den Rücken gedreht und spürte im nächsten Moment das leichte Gewicht der jungen Frau auf seiner Hüfte. „Hm? Wie meinen?“, ging ihm das gerade ein bisschen zu schnell und er blinzelte nach oben, wo Yunas Silhouette in dem seichten Mondlicht glänzte. Ihre Brüste trotzten der Schwerkraft und die aufgerichteten Knospen warfen spitze Schatten. Unwillkürlich leckte der Sänger sich die Lippen und seine Hände fanden von ganz alleine die schmalen Hüften, welche langsam auf seinen Unterleib hinab rutschten. „Spürst du das denn nicht?“, hatte anscheinend sie jetzt die Oberhand, denn sie ließ ihre Hüften genüsslich kreisen und als sie so über seinen kleinen Freund rieb, merkte der Sänger, wie feucht sie schon wieder war. „Und da nennst du mich verrückt“, konnte er gerade so noch sagen, bevor sie ihre Lippen auf seine drückte und noch ein bisschen mehr ihres Schlafes aus dieser Nacht verbannte. Kapitel 60: Sechzig ------------------- Eine unangenehme Frische erfasste seine Seite und das gefiel dem Sänger überhaupt nicht. Leise murrend zog er sich die Decke wieder etwas mehr über seinen Körper, aber trotzdem wurde ihm nicht so richtig warm. Warum die tolle Wärme allerdings verschwunden war, das wollte noch nicht so ganz in sein Hirn sickern. Erst als mit einem leisen Quietschen die Tür sich bemerkbar machte, wusste er, dass es nur Yuna sein konnte, die ihn verlassen hatte, oder zumindest sein Bett. So ganz einverstanden war er persönlich aber nicht, weswegen er seinen Kopf dann doch mal hob und zur Tür sah, wo sie sich wirklich gerade hinaus schleichen wollte. „Wo willst’n hin?“, murmelte der Sänger mit rauer Stimme. Erschrocken drehte die junge Frau sich um, die sich ihre Sachen an den Körper presste und nun zu ihm schaute, wie ein Reh im Scheinwerferlicht. „Ehm… ich muss los, die Arbeit ruft“, flüsterte sie leise und sah ihn entschuldigend an, rührte sich aber nicht weiter von der Stelle. „Warum hast du mich denn nicht geweckt?“ „Weil…, na ja, du brauchst doch auch deinen Schlaf“, hatte sie scheinbar nicht mit dieser Frage gerechnet und Yuna schob sich ihre Sachen auf den Armen zu recht, da sie drohten abzurutschen. „Mag sein, aber ich mag es nicht, wenn sich Leute aus meiner Wohnung schleichen, egal wer es ist“, fand Kyo diese Erklärung nicht sehr zufriedenstellend und er richtete sich auf, warf die Decke von sich und stand dann auch auf. „Du kannst ruhig weiter schlafen, ich gehe nur ins Bad und bin dann verschwunden. Ich bin eh schon ziemlich spät dran, aber nach Hause muss ich trotzdem noch“, redete sie gleich weiter und egal wie müde er war, Kraft um seine Augen zu verdrehen hatte er immer über. „Ich möchte aber nicht weiter schlafen, sondern dich richtig verabschieden“, sagte Kyo, als er sich seine Schlafshorts angelte und diese sich nur fahrig über zog, genauso wie sein Shirt, das gleich daneben lag. „Geh du ins Bad, ich mach dir einen Kaffee“, schob er sie dann vor sich her und im Flur trennten sich ihre Wege, da er in die Küche abbog und sie das Bad ansteuerte. Geübt bereitete er seine Kaffeemaschine auch gleich vor und da er mehr als einen Thermobecher hatte, bekam Yuna an diesem Tag auch gleich einen verpasst. Gähnend gab er ihr Milch und Zucker rein, zumindest soweit er die Maße wusste und goss dann das heiße Gebräu drauf, der schnell durch die Kaffeemaschine durchgelaufen war. Den Rest, der nicht mehr in den Becher ging, nahm er sich selbst in eine Tasse und genau, als er den Deckel auf den Thermobecher drehte, kam die junge Frau aus dem Bad und sie sah wesentlich frischer aus, als er sich im Moment fühlte, aber das war auch kein Kunststück, da er sicherlich noch den Kissenabdruck im Gesicht hatte. „Das hättest du wirklich nicht machen müssen“, hatte sie wohl ein paar Probleme damit, dass er mit ihr aufgestanden war, doch der Sänger machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ich wollte aber“, sagte er also wieder und reichte ihr dann den Becher. „Ich hoffe Milch – und Zuckeranteile passen“, murmelte er noch und nahm sich dann seine eigene Kaffeetasse, um sich daran fest zu halten. „Danke, wird ganz sicher so sein“, schmunzelte sie. „Ich muss jetzt aber wirklich los“, seufzte Yuna im nächsten Augenblick und der Sänger nickte. „Ich bringe dich noch zur Tür“, entschied er und stellte seine Tasse wieder ab, legte stattdessen eine Hand in Yunas Kreuz und führte sie zu seiner Garderobe. Während sie in ihre Schuhe schlüpfte, nahm er sich schon mal ihre Jacke zur Hand und breitete sie für sie aus, damit sie nur noch mit ihren Armen hinein fahren brauchte. Somit war sie auch schnell für den Weg bereit und nachdem er ihr den Thermosbecher erneut in die Hand gedrückt hatte, da sie ihn auf der kleinen Kommode abgestellt hatte, schob er sie sanft weiter Richtung Tür und öffnete diese dann auch gleich. „Also… war schön… letzte Nacht“, murmelte sie und Kyo erkannte einen verdächtigen roten Schimmer auf ihren Wangen. „Fand ich auch“, konnte er aber gar nichts anders machen, als zu zustimmen. Zwar hatten sie nicht gerade viel Schlaf abbekommen, aber das war beiden egal gewesen und zumindest Kyo bereute keine Sekunde davon und Yuna ganz sicher auch nicht. Einen Augenblick sahen sie sich schweigend an und Kyo kam sich ein bisschen doof vor, wie sie sich sprachlos und beinahe schüchtern anschauten. Dann gab er sich einfach einen Ruck und trat wieder einen Schritt auf sie zu. Mit beiden Händen packte er ihr Gesicht und zog es so nah an seines heran, bis er problemlos seine Lippen auf ihre drücken konnte. Augenblicklich schmolz sie dahin und der Sänger nahm erfreut zur Kenntnis, dass sie sich gleich etwas an ihn heran schmiegte. Genüsslich labte er sich an den sündigen Lippen und knabberte immer wieder sanft dran. Jedes Mal, wenn Yuna nun zum Gegenangriff starten wollte, entzog sich Kyo ihr so weit, dass sie aufhören musste, danach begann er wieder mit seiner Behandlung. Das tat er so lange, bis beiden Lippenpaare rot und geschwollen waren. Erst dann löste er sich langsam und leckte sich über seine pochenden Lippen. Yuna war unglaublich köstlich und wenn sie die Zeit hätten, würde er wohl weiter von dieser Sünde naschen. Als Yuna nach zirka zwei Minuten immer noch in seiner Tür stand und ihn anstarrte, begann Kyo ein bisschen vor sich hin zu grinsen und innerlich führte er einen kleinen Tanz auf, dass er sie so sehr aus dem Konzept bringen konnte. „Wolltest du nicht eigentlich los?“, fragte er also. „Was? Oh ja, natürlich!“, schreckte sie schon beinahe zusammen und der Sänger amüsierte sich wirklich köstlich und er gab es zu, auf Yunas Kosten. „Sehen wir uns später im Studio?“, fragte sie noch, während sie ihre Tasche schulterte und sich den Kragen ihrer Jacke noch etwas richtete. „Nicht, das ich wüsste“, schüttelte er entschuldigend den Kopf. „Schade“, lächelte Yuna ein letztes Mal, bevor sie sich noch einmal nach vorn beugte, kurz ihre Lippen auf seine drückte und sich mit diesem Kuss endgültig verabschiedete. Mit einem wohligen Gefühl im Bauch, wobei auch ein bisschen Wehmut dabei war, schloss er seine Tür. Auf den Weg in die Küche strich sich Kyo ein paar Haare aus der Stirn und kaum hatte er den Raum betreten, nahm er sich seine Tasse wieder zur Hand und setzte sich damit an seinen Tisch. Nach und nach nahm er einen Schluck, bis die Tasse keinen Tropfen mehr beinhaltete und er sie dann einfach in seine Spüle stellte. Nun begann es ihn aber leicht zu frösteln und der Sänger strich sich über seine Arme, die von einer dicken Gänsehaut überzogen waren. Wie fast immer trug er keine Hausschuhe und der kalte Küchenboden hatte seine nackten Zehen schon mächtig ausgekühlt, so dass auch von unten die Kälte sich langsam in seinem Körper breit machte. Bevor er sich dann noch eine Erkältung holte, ging Kyo schnell in sein Schlafzimmer und suchte sich ein paar Sachen für den Tag heraus. Diesmal musste eine einfache Stoffhose dran glauben und ein dunkelgrauer Hoodie. Das war jetzt genau das richtige. Nach kurzer Suche fand er auch seine Hausschuhe, die halb unter seinem Bett geschoben waren und schlüpfte auch gleich noch in diese rein. Damit bewaffnet begab er sich endgültig ins Bad und legte alle frischen Sachen auf seine Waschmaschine ab, nachdem er vorsorglich die Tür abgeschlossen hatte, was er ja sonst nie tat, wenn er bei sich zu Hause war, aber da Natsuki ebenfalls anwesend war, ging er in der Hinsicht mal lieber auf Nummer sicher. Schnell schlüpfte er aus seinen Schlafsachen, die diese Nacht zwar nicht wirklich gebraucht worden waren, trotzdem auffällige Spuren aufwiesen, und warf sie gleich in den Wäschekorb. Somit war er nackt und stand kurz darauf schon unter der Dusche. In Ruhe wusch er sich die Nacht von seinem Körper und weckte nun alle Lebensgeister, die der Kaffee noch nicht hatte wach bekommen. Nach einer ausgiebigen Dusche drehte Kyo das Wasser wieder ab und angelte sich ein Handtuch, was schon bereit am Rand lag. Schnell kuschelte er sich ein und rubbelte sich auch gleich trocken. Als sein Körper trocken war, rubbelte er seine Haare ebenfalls noch halbwegs trocken und als diese perfekt von seinem Kopf abstanden, wickelte er sich das Handtuch wieder um seine Hüfte. Ein paar Mal fuhr er mit seinen Fingern durch seine Haare und putzte sich zunächst seine Zähne, bevor er sich anzog und seine Haare am Ende doch noch mit einer Haarbürste in Berührung brachte. Nun war er bereit für den Tag und als er aus dem Bad trat, wartete schon Natsuki vor der Tür, die für diese Uhrzeit schon sehr munter wirkte und scheinbar nur darauf wartete, dass Kyo ihr wieder einen spektakulären Tag bot. Kapitel 61: Einundsechzig ------------------------- Gemütlich saß Kyo, mit Natsuki auf seinem Schoß, auf seinem Sofa und der DVD-Player spielte die DVD von der Eiskönigin ab. Wie es sein Vorhaben gewesen war, hatte er den Film besorgt und heute hatten sie nun endlich mal die Zeit gefunden, um diesen zu schauen. Der Tag selbst war bis dato unspektakulär verlaufen und außer ein paar Faxen hatten sie nichts zu Stande gebracht. Aber dem Sänger war es nur recht so, denn schon gegen zehn Uhr hatte sich die Müdigkeit bei ihm schlagartig bemerkbar gemacht. Tja, er war wohl doch nicht mehr so jung und ausdauernd, wenn er nicht mal mehr eine halbe Nacht wunderbaren Sex haben konnte, ohne am nächsten Tag schon mächtig in den Seilen zu hängen. Wie dem auch sei. Kyo massierte leicht den kleinen Bauch seiner kleinen Lady, da diese vorher wohl ein paar Kekse zu viel genascht und über Bauchweh geklagt hatte. Ein wenig wehleidig hatte sie sich an ihn heran geschmiegt und da war er auf die Idee mit dem Film gekommen, den er ehrlich gesagt schon wieder vergessen hatte, da der von den Tiefen seines Schrankes mittlerweile verschlungen worden war. Natürlich war Natsuki vor Begeisterung beinahe ausgeflippt und Kyo konnte gar nicht schnell genug die kleine Scheibe in die vorgesehne Öffnung schieben, zumindest wenn es nach ihr gegangen wäre. Kaum war der Film dann los gegangen, klebte das Mädchen förmlich mit den Augen am Fernseher und egal was Kyo nebenbei tat, sie bekam es nicht mit, oder ignorierte es gekonnt. Aber ihm sollte es recht sein, zudem der Film sie von ihrem kleinen Leiden ablenkte. Trotzdem massierte er vorsichtig weiter, einfach weil er die Atmosphäre und die Vertrautheit zwischen ihnen so sehr genoss. Ihre gemeinsame Zeit ging nämlich auch schon wieder dem Ende zu, da Natsuki in gut zwei Stunden schon wieder ins Kinderheim musste und diese letzten Minuten überbrückten sie noch mit dem Film. Aber wie es nun mal immer so war, hielt ihr gemütlicher Nachmittag nicht lange an, denn kaum hatte der Sänger seine Aufmerksamkeit auch mal auf die Mattscheibe gerichtet, begann sein Handy über den Wohnzimmertisch zu tanzen. Seufzend schob er Natsuki sanft von seinem Schoß, die sich auch da nicht rührte, nur als Kyo kurz vor dem Bild herum tanzte, da er nach seinem Handy griff, versuchte sie ihn sofort zur Seite zu schieben und spähte an ihm vorbei. Grinsend schüttelte der Schwarzhaarige seinen Kopf, nahm dann aber den Anruf entgegen, der von Daisuke kam. „Hey Dai“, murmelte er, nachdem er mit einem Wisch den grünen Hörer angepeilt und sich dann das edle Ding ans Ohr gehalten hatte. “Hi Kyo.“ „Was gibt’s?“, fragte Kyo gleich nach und ging in die Küche, da er keine Lust hatte noch die Fernbedienung an den Kopf zu kriegen, falls Natsuki sich belästigt fühlte. “Ich wollte eigentlich nur fragen, ob du Zeit hast am Samstagabend zu mir zu kommen. Noriko will euch mal alle kennenlernen und lädt zum Abendessen ein.“ „Ehm… ich denke das dürfe klappen“, überraschte ihn die Einladung jetzt ziemlich, aber es hörte sich auch ganz gut an. “Du kannst auch Natsuki und Yuna mitbringen, die beiden sind auch gerne willkommen“, redete der Rotschopf gleich weiter. „Mit Natsuki wird wohl nix, ich hab sie jetzt schon nur sehr ungern zu mir holen dürfen. Aber Yuna kann ich ja mal fragen“, sah er da kein Problem. “Wieso? Warum wollen sie dir Natsuki nicht aushändigen? Sie wohnt doch eh bald bei dir.“ „Keine Ahnung, ich hab es auch nicht verstanden. Die Heimleiterin hat mir nur irgendwelche Paragraphen um die Ohren geschmissen und du weißt ja, wie ich in dieser Hinsicht bin“, murmelte Kyo und dachte kurz daran zurück, wie er regelrecht eingeschüchtert von den ganzen Zahlen, Absätzen und Zeilen war. Alleine bei dem Gedanken daran schwirrte ihm schon wieder der Kopf und dabei hatte er nicht mal richtig zugehört, da er bei dem Wort ‚Paragraph‘ schon ab geschalten hatte. “Ja, da schenkt einem ein Laib Brot mehr Aufmerksamkeit, als du“, feixte Daisuke und auch Kyo grinste ein wenig. „Vielen Dank, dass du mich mit einem Stück Brot vergleichst“, ließ er aber ein wenig das Warumono an die Oberfläche kommen, schließlich war es schon ziemlich lange eingesperrt gewesen. “Mit einem Laib Brot, nicht nur ein Stück“, widersprach Daisuke sofort. „Und worin besteht deiner Meinung nach der Unterschied?“, schüttelte er den Kopf und knurrte noch ein bisschen, damit das Warumono ein wenig Auslauf bekam. “Na ja, ein Laib ist größer als nur ein Stück, also… oh Moment, wenn ich da jetzt so genau darüber nachdenke, dann trifft ein Stück dann wohl doch besser, als ein Laib.“ „Dai!“, knurrte der Sänger fassungslos und er fragte sich, womit er das verdient hatte, dass man ihm mit Brot verglich? Egal ob es nun ein Laib oder ein Stück war. Außerdem erinnerte es ihn zwangsweiße an so ein dämliches Kastenbrot, was er mal in Deutschland gesehen hatte, als er aus purer Langeweile im Hotel die Fernsehkanäle durchgegangen war. Bernie oder Bertie, oder wie auch immer das hässliche Ding hieß. “War doch nur Spaß“, kam dann aber eine Entschuldigung, auch wenn die nicht wirklich ernst klang, aber das war er von Daisuke ja schon gewohnt, sie waren nicht umsonst knapp zwanzig Jahre befreundet. Somit kannte man die eine oder andere Macke. „Ja ja, du mich auch“, musste das Warumono aber doch noch mal kurz vorbei schauen, bevor er sich langsam wieder in seine ruhige Ecke zurück zog. “Was ich dich eigentlich noch fragen wollte, was hast du denn mit Yuna gemacht? Die war heute ja total durch den Wind“, schlug der Gitarrist aber ein ganz anderes Thema auf und Kyo zog verwundert seine Augenbrauen zusammen. „Wie meinst du das?“, verstand er es aber nicht so richtig, da sie am Morgen ja noch normal war. Okay, bisschen neben der Spur stand sie wirklich, aber das schrieb er eher dem Kuss zu, den er sich von ihr noch geholt hatte. “Zuerst einmal kam sie über eine Stunde zu spät, zumindest heulte ihr Kollege aus der selben Abteilung schon herum, dass er ja alles alleine machen muss, aber wenn du mich fragst, tut dem das mal ganz gut. Der schaukelt eine ganz schöne Wampe vor sich her. Wie die Companie sowas überhaupt einstellen kann, ist mir ein Rätsel…“, redete Daisuke munter weiter und Kyo seufzte innerlich. „Dai, komm zum Punkt. Was der Dicke macht interessiert ‘nen toten Teddy“, musste er dann einfach einschreiten und bremste den Redeschwall, der sicherlich ausgeartet wäre. “Ach so ja, wo war ich?“, oh man, womit hatte er das denn jetzt schon wieder verdient? Er könnte so schön gemütlich mit seiner Prinzessin auf dem Sofa sitzen und ihrem süßen Gesang zuhören, aber nein, das wäre wohl wieder zu einfach gewesen. „Du warst gerade dabei mir zu erklären, warum Yuna heute bisschen durcheinander war. Oder eher, was sie gemacht hat“, half er dem Roten aber brav weiter und wartete geduldig ab. “Stimmt. Also, sie kam halt ziemlich zu spät und sie wirkte heute allgemein ein bisschen… ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll…“ „Sag es einfach irgendwie“, stattete das Warumono dann doch noch einmal einen Besuch ab. “Sie wirkte schief. Ja, ich glaube das trifft es ganz gut.“ „Schief? Sicher, dass es nicht du bist, der Schräglage hat?“, fiel es dem Sänger wirklich schwer Daisuke ernst zu nehmen, obwohl er es vielleicht sollte. “Sehr witzig. Ich meine auch eher, dass sie heute nicht so chic war wie sonst. Ihre Bluse war falsch zu geknöpft, der Rock hing schief und ihr Zopf wirkte bisschen durcheinander. Geschminkt war sie auch nicht wirklich und den Hund hatte sie auch nicht dabei. Bin bisschen erstaunt, dass sie nicht noch zwei verschiedene Schuhe an hatte.“ „Und wie kommst du darauf, dass ausgerechnet ich daran schuld sein soll?“, fragte er, auch wenn er schon darüber nachgrübelte, was denn noch gewesen sein könnte. “Sie war doch bei dir, oder nicht? Also gestern meine ich. Deswegen schließe ich daraus, dass bei euch irgendetwas vorgefallen sein muss und zwar etwas, was sie komplett aus der Bahn geworfen hat.“ „Ehm…“, ihm fiel wirklich nichts ein. „Sie hat bei mir geschlafen, aber das hatte sie vorher ja schon mal, daran kann es also nicht liegen“, murmelte er dann selbst vor sich hin. “Mit oder bei dir?“ „Beides“, sagte Kyo ohne zu überlegen, erstarrte aber im nächsten Moment, nur um dann zu seufzen. „Warum erzähle ich dir das überhaupt, dass geht dich doch gar nichts an?“, schüttelte der Sänger dann aber über sich selbst den Kopf. “Weil ich dein Freund und Kollege bin und ich außerdem gefragt habe.“ Was sollte er darauf jetzt noch antworten? „Egal, aber ich glaube trotzdem nicht, dass es daran liegt. Sie war heute Morgen ganz normal, als ich sie verabschiedet habe. Okay, nach dem Abschiedskuss war sie bisschen benebelt, aber daran kann es wirklich nicht liegen“, versuchte der Sänger eine Erklärung zu finden. “Wie küsst du denn eine Frau, wenn sie danach total benebelt ist?“ „Das bleibt mein Geheimnis, aber so sollte jede Frau geküsst werden“, war es seine Ansicht und Kyo grinste ein bisschen in sich hinein, als er Daisuke leise schmollen hörte. “Willst du es mir nicht mal zeigen? Ich mag Noriko auch mal total benebelt erleben“, versuchte es der Gitarrist jetzt mit etwas Mitleid. „Vergiss es. Ich werde es dir weder erzählen, noch zeigen“, das letztere gleich noch weniger als das erste. “Du bist ja ein toller Freund.“ „Aber sonst geht es dir gut? Wer hatte denn immer eine Frau nach der anderen? Gerade du müsstest doch wissen, wie es richtig geht“, fragte der Sänger sich einmal mehr, über was er hier eigentlich mit Daisuke diskutierte. “Das ist Jahre her und das weißt du auch.“ „Mag sein, aber das ist wie Fahrradfahren, man verlernt es nicht.“ “Können wir jetzt das Thema wechseln?“, schien es Daisuke dann doch etwas unangenehm zu werden. „Du hast damit angefangen, nicht ich“, verteidigte Kyo sich, aber auf dem Thema wollte er auch nicht länger herum reiten. „Aber was du mir so erzählst… ich glaube ich gehe auf dem Rückweg vom Heim mal bei Yuna vorbei und schaue nach ihr.“ “Gucke vorher lieber im Studio nach, so wie es klang wollte sie die verlorene Zeit hinten dran hängen.“ „Alles klar“, war die Idee auch nicht wirklich dumm und nach weiteren kurzen Worten, beendeten sie auch das Gespräch. Erst jetzt spürte der Sänger, dass sein Ohr glühte und es sich ganz komisch anfühlte. Aber der Gitarrist schaffte es auch immer wieder einem eine Bommel ans Bein zu labern, oder einem das Ohr abzukauen. Allerdings dachte der Sänger da mal nicht weiter drüber nach, denn er ging lieber wieder zurück ins Wohnzimmer, wo Natsuki unverändert auf dem Sofa saß. Okay, nicht ganz. Sie hatte den Saum ihres Ärmels, vom Oberteil im Mund und so nass, wie der Stoff schon war, nicht erst seit ein paar Sekunden. Vorsichtig zog er ihr also den Stoff aus den Zähnen und erntete dafür einen irritierten Blick. Lange hielt Natsuki sich damit aber nicht auf, denn keine Sekunde später starrte sie wieder auf den Bildschirm. Der Sänger verstand nicht, wie sie so auf den Film abfahren konnte, aber das war sicherlich so ein kleines Mädchending. Und da er nie eines gewesen war, konnte er es auch nicht verstehen, oder irgendwie so… Die restliche Zeit rannte dann auch dahin und ehe er sich versah, war der Film zu Ende und Natsuki in Tränen aufgelöst, da sie noch hätte Stunden weiter gucken können. Kyo vertröstete sie darauf, dass sie sich beim nächsten Mal erneut den Film ansehen durfte und bekam sie so zumindest halbwegs beruhigt. Nachdem die auffälligsten Tränen getrocknet waren machten sie sich dann auch schon auf den Weg und Hand in Hand legten sie die Strecke zurück. „Bekommt Yuna jetzt eigentlich auch ein Baby?“, brachte die kleine Lady Kyo für einige Sekunden völlig aus dem Konzept und er stolperte gleich über einen größeren Stein, den er nicht bemerkt hatte. „Was? Wie kommst du denn da drauf?“, fragte er verdattert und schaute ein bisschen panisch zu dem kleinen Mädchen an seiner Hand. Hatte sie letzte Nacht etwa doch etwas bemerkt? „Yuna hat doch bei dir geschlafen, oder?“ „Ja… hat sie“, nickte Kyo und er fragte sich, woher sie das auch wusste, denn als sie im Bett war, waren sie noch lange wach und als Natsuki aus ihrem Bett gekrabbelt gekommen war, war Yuna ja schon wieder weg gewesen. „Woher weißt du das und warum fragst du?“ „Ich hab euch heute früh reden gehört“, antwortete sie auch gleich und ganz unschuldig lief das Mädchen weiter an seiner Hand mit. „Okay“, war das dann einleuchtend. „Aber warum fragst du?“ „Weil Mama auch ein Baby im Bauch hatte, nachdem sie mit Papa im Schlafzimmer geschlafen hat“, antwortete sie brav und Kyo fühlte sich mit einem Mal unwohl. „Wie kriegt man das Baby in den Bauch? Kannst du mir das zeigen?“, nun fühlte er sich nicht mehr nur unwohl, sondern auch total überfordert. Eigentlich hatte er gedacht, bis zur Aufklärung hatte er noch ein paar Jahre… „Das erkläre ich dir später mal, wie das funktioniert, jetzt ist kein guter Zeitpunkt dafür“, murmelte er und blieb mit ihr an einer roten Fußgängerampel stehen. „Hm… aber bekommt Yuna nun ein Baby?“, fragte Natsuki weiter. „Nein, bekommt sie nicht“, das hoffte er zumindest. Ein Baby wäre wohl noch ein bisschen früh und bis jetzt hatten sie ja immer auf Verhütung geachtet. „Aber sie hat doch bei dir geschlafen, genau wie Mama bei Papa.“ „Ja, aber so schnell geht das doch nicht, deine Eltern haben doch jeden Tag in einem Zimmer geschlafen, oder nicht?“, irgendwie wurde das Gespräch nicht angenehmer. „Weiß ich nicht. Ich weiß nur noch, das Mama mit Papa ins Bett gegangen ist und am nächsten Tag hat Mama gesagt, dass sie ein Baby im Bauch hat“, erzählte sie weiter. Er war wirklich erstaunt, wie normal sie mittlerweile von ihren Eltern reden konnte, dabei waren sie noch kein Jahr tot. Klar, es gab Tage oder Momente, da war sie unendlich traurig und nichts konnte ihre Laune heben, aber diese wurden immer weniger. Er bewunderte das Mädchen wirklich für ihre Stärke. „Dann kannst du dich bestimmt nur noch an das eine Mal erinnern, da das wirklich nicht so schnell geht“, sagte er dann aber und hoffte wirklich, dass sie dieses Thema bald vom Tisch hatten. „Meinst du?“, schaute sie ihn aus großen Augen und an Kyo nickte. „Ich denke schon.“ „Aber wenn Yuna wirklich ein Baby bekommt, will ich das als erstes wissen“, kam sie von dem Thema einfach nicht los. Außerdem war Kyo wirklich überrascht, wie viel sie mittlerweile redete, sie war sogar eine richtige Plappertasche geworden und der kleine Mund schien manchmal gar nicht mehr stillhalten zu wollen. „Als zweite wirst du es erfahren“, denn wenn es wirklich mal so weit sein sollte und er als Vater in Frage kommen würde, dann wollte er es schon als erster wissen, aber bis es so weit war, würde noch viel Wasser den Shinano (Fluss) hinab fließen. Kapitel 62: Zweiundsechzig -------------------------- Mit einem komischen Gefühl im Bauch stand der Sänger vor dem Haus und wusste nicht so recht, ob er nun auf die Klingel drücken sollte oder nicht. Einerseits wollte er wirklich wissen, was mit Yuna los war, auf der anderen Seite klang ihr Auftreten auch ein bisschen komisch und er wollte gar nicht genau nach bohren. Kyo wollte ihr wirklich nichts unterstellen, aber eine falsch geknöpfte Bluse, ein verrutschter Rock und wilde Haare ließen seine Fantasie ein bisschen durchdrehen und alles in ihm schrie schon förmlich ‚Die hat dich verarscht und nebenbei noch einen anderen.‘ Allerdings versuchte er diese böse Stimme zu ignorieren, doch so richtig konnte er den Gedanken einfach nicht abstellen und er wollte Gewissheit haben, warum sie so durcheinander auf der Arbeit aufgetaucht war. Dafür müsste er nur mal auf die Klingel drücken und sich anmelden. Aber sein Finger blieb immer einen Millimeter vor dem Knopf stehen und wollte sich einfach nicht weiter nähern. „Kyo, du bist so ein Feigling. Rumheulen, aber dann doch nicht den Arsch in der Hose haben“, brummte er sich selbst an. Dann gab der Sänger sich einfach einen Ruck und stampfte den kleinen Knopf schon fast in die Versenkung. Wie bei seinem ersten Besuch knackte der gefährlich und Kyo fragte sich unweigerlich, ob Yuna ihn davon jagen würde, würde der Knopf wirklich mal stecken bleiben und ihre Wohnung mit Ohrenbetäubenden Lärm erfüllen. Selbst wenn nicht, würde es spätestens Whisky machen, da er sich sicherlich in seiner Entspannung gestört fühlen würde… Hilfe, seine Gedanken drifteten schon wieder ab. Aus der Gegensprechanlage kam aber auch keine Antwort und Kyo zog seine Augenbrauen zusammen. Komisch, in der Companie war sie auch nicht mehr gewesen, also hatte er angenommen, dass sie zu Hause war, aber dem schien ja nun doch nicht so zu sein. Sofort kam ihm wieder der Gedanke, dass sie bei einem anderen Kerl sein könnte und Kyo spürte einen richtigen Stich im Herzen und ihm wurde gleich ganz anders. Dennoch wollte er nicht seinen Kopf verlieren, auch wenn er am liebsten schreiend davon gerannt wäre. Lieber klärte er es im Ruhigen, dafür müsste allerdings Yuna auch anzutreffen sein. Nach dem dritten Klingeln gab der Sänger dann auch auf und er machte wieder kehrt. Da hätte er sich den Weg auch wirklich sparen können. Grummelnd stieg er die wenigen Stufen der Haustreppe hinunter und schlug seine Richtung ein. Die Hände hatte er tief in seinen Hosentaschen vergraben und seine Laune war mittlerweile auf den Tiefpunkt gesunken. Vor sich hin grummelnd bemerkte er so auch nicht, dass sein Name immer mal gerufen wurde, bis er an der Schulter herum gerissen wurde. „Nun bleib doch mal stehen!“ Erschrocken zuckte der Sänger zusammen und starrte die junge Frau vor sich an, bis er checkte, dass es Yuna war, die keuchend vor ihm stand. Als Whisky merkte, dass endlich kein weiterer Meter mehr zurück gelegt wurde, ließ dieser sich mit einem leisen ‚Uff‘ auf den Boden sinken und hechelt vor sich hin, als wäre er einen Marathon gelaufen. „Wieso hast du denn nicht mal angehalten, ich hab dich fünf Mal gerufen?“, stand sie nun fragend vor ihm und Kyo schluckte zunächst, bis er antwortete. „Sorry, war in Gedanken und hab dich nicht gehört“, murmelte er und Kyo traute sich kaum Yuna anzusehen. „Das habe ich gemerkt“, schmunzelte sie nun. „Wolltest du zu mir? Hätte ich gewusst, dass du heute noch kommst, hätte ich mich mit der Runde beeilt“, erklärte sie noch. Währenddessen musterte der Sänger die junge Frau. Sie hatte viel lässigere Sachen an, als sie es auf Arbeit zu tragen pflegte, geschminkt war sie noch immer kaum und ihre Haare wirkten genau noch so durcheinander, wie Daisuke es beschrieben hatte. „Ist… alles in Ordnung? Du wirkst ein bisschen… besorgt“, schaute sie ihn fragend an. „Ich… können wir kurz reden?“, gab er sich selbst einen Tritt in den Hintern und Kyo biss sich unsicher auf seiner Unterlippe herum. Yunas Ausdruck veränderte sich sofort und scheinbar gingen bei ihr alle Alarmglocken los, als er diese Worte aussprach. So etwas war bekanntlich nie ein gutes Zeichen. „Natürlich. Willst du kurz mit rauf kommen?“, nickte sie. Zusammen gingen sie dann auch wieder Richtung Haus und schweigend erklommen sie die Stufen, da Kyo sich noch immer weigerte in den Fahrstuhl zu steigen, die eine Horrorfahrt hatte ihm fürs erste gereicht. Zwar murrte Whisky von Stufe zu Stufe mehr, aber was interessierte ihn schon der Mops? In Yunas Wohnung angekommen brach der Hund auch augenblicklich zusammen und sie mussten das keuchende Bündel sogar leicht zur Seite schieben, da er sich perfekt in den Weg gelegt hatte. „Willst du was trinken?“, bemühte Yuna sich um ein lässiges Auftreten und der Sänger nahm gerne ein Wasser an, da sein Hals wirklich verdammt trocken war und er sicherlich kein ganzes Wort mehr heraus bekam. Bisschen surreal kam ihm das hier ja schon vor. Am Morgen wurde er noch beinahe von seinen eigenen Schmetterlingen im Bauch erschlagen und nun lagen die kleinen Kerle wie ein Betonklotz in seiner Magengrube und wirkten regelrecht erdrückend auf ihn. Leise schlich er in das kleine Wohnzimmer und Kyo ließ sich einfach auf dem Sofa nieder, wo er auf Yuna wartete, die bald darauf mit zwei Gläsern Wasser zu ihm stieß. Dankend nahm er eines an und trank sofort einen großen Schluck. Das Wasser tat wirklich gut und er räusperte sich kurz, bevor er noch etwas mehr Flüssigkeit zu sich nahm. „Also, was ist los?“, schien sie es dann aber nicht mehr auszuhalten und Kyo wollte es eigentlich auch loslassen, aber er wusste nun überhaupt nicht, wie er denn anfangen sollte. „Ich…“, kam er nach einem Wort schon wieder ins Stocken und nervös knetete er seine Hände. Solche Gespräche hatte er schon immer gehasst, trotzdem musste der Schwarzhaarige da nun durch. „Also… ich hab heute Nachmittag mit Dai telefoniert und der meinte so nebenbei… Gott, ich hoffe ich mache mich jetzt nicht zum Vollhorst…“, raufte er sich die Haare. „Okay, atme kurz durch und dann einfach raus mit der Sprache“, tauchte mit einem Mal eine Hand auf seinem Oberschenkel auf und sofort begann die Haut an dieser Stelle zu kribbeln und Kyos Konzentration drohte abzurutschen. Er ermahnte sich, dass er es fürs erste ignorieren sollte und er versuchte es auch so gut es ging, einfach war es allerdings nicht. Aber gut, sie wollte es gerade aus, dann sollte sie es haben. „Hast du noch was mit einem anderen am Laufen?“, haute der Sänger dann einfach raus und augenblicklich erstarrte die Hand, ehe sie von seinem Oberschenkel rutschte. „Was?“, fragte Yuna fassungslos und sie starrte Kyo mit solchen fragenden Augen an, dass er die Frage jetzt schon wieder bereute, aber er brauchte einfach die Gewissheit, sonst konnten sie die Sache zwischen ihnen gleich wieder vergessen. „Wie… wie kommst du denn da drauf?“, schienen ihr fast die Worte zu fehlen und wenn er sich nicht täuschte, konnte er sogar etwas Glitzerndes in ihren Augen erkennen. „Tut mir leid, aber ich muss es einfach wissen“, fuhr er sich durchs Gesicht. „Dai meinte heute, du wärst total neben der Spur gewesen. Deine Klamotten unordentlich angezogen, die Haare nicht so adrett wie sonst, keine Schminke und zu spät warst du auch noch“, wurde er dann aber immer leiser. „Weißt du wie das für mich klingt? Als wärst du gerade frisch aus jemand anderes Bett gefallen“, gab er noch zu und Kyo traute sich gar nicht zu ihr zu schauen. „Für diese Unterstellung müsste ich dich eigentlich sofort vor die Tür setzten“, gab Yuna zu. „Ich hab dir gar nichts unterstellt, ich hab nur nachgefragt und ich hätte wirklich gerne eine ehrliche Antwort auf meine Frage, mehr nicht“, schaute der Sänger sie jetzt endlich wieder an und war nun gefestigter. „Die bekommst du, einfach weil du direkt zu mir gekommen bist und es nicht noch ewig in dich hinein gefressen hast“, seufzte sie dann. „Nein, ich habe keine Affäre“, und Kyo purzelten tausend Steine von seinem Herzen. „Aber warum dann so durcheinander?“, war der schwere Ballast einfach verschwunden und die Schmetterlinge trauten sich langsam wieder in seinem Bauch herum zu flattern. „Tja, weil mir heute Morgen nun endgültig etwas klar geworden ist“, wurde sie dann plötzlich rot und Kyo hatte keine Ahnung wieso. „Im ersten Moment wusste ich einfach nicht, wie ich damit umgehen sollte, da ich davon selbst ziemlich überrascht wurde, obwohl es im nach hinein eigentlich nicht überraschend ist.“ „Okay und was?“, wollte er es nun genau wissen, zudem ihre Aussage ein bisschen verwirrend war. „Weißt du, am Anfang dachte ich wirklich, dass wir beide eher eine Affäre haben. Wir verstehen uns gut, die Chemie scheint zu passen und überhaupt sprühten die Funken zwischen uns. Das Kribbeln in meinem Bauch, die weichen Knie, das habe ich nicht wirklich sehr ernst genommen, sondern habe mir eingeredet, dass es bald wieder verschwunden sein würde und es nur die erste Euphorie wäre. Aber nein, die Zeit mit dir ist so… so … keine Ahnung, ich fühle mich vollständig und die letzte Nacht war so schön, Kyo. Du hast mir gezeigt, wie geliebt sich eine Frau fühlen kann und… ja, was soll ich sagen? Ich glaube spätestens bei dem Kuss an der Tür, hat Amors Pfeil mich jämmerlich durchstoßen. Ich liebe dich, Kyo. Das hat mich selbst so dermaßen aus der Bahn geworfen, dass ich zunächst herum gelaufen bin, wie Falschgeld. Aber so sieht es nun mal aus und ich fühle mich richtig gut. Natürlich weiß ich nicht, wie deine Gefühle aussehen, aber ich mag meine nicht verstecken“, endete sie. Für einen Moment begann die Welt sich um ihn herum zu drehen, doch der Strudel seiner Gefühle wurde immer klarer, nur sein Herz hämmerte wie verrückt in seiner Brust. Sie liebte ihn. „Ich…“, liebte er sie denn? Kyo horchte in sich hinein und da war eindeutig weit mehr, als nur ein bisschen Zuneigung. Wie sie selbst sagte, sprühten die Funken nur so und immer wenn er mit ihr zusammen war, fühlte der Sänger sich vollkommen. Die Zeit mit ihr rannte immer so und die Stunden alleine waren fast schon die Hölle, da er sie gerne immer um sich herum hätte. Die trägen Schmetterlinge waren mittlerweile so wild, dass sie immer wieder gegen seine Magenwand donnerten und ihm wurde ein wenig flau, da er mit einem Mal so von seinen Gefühlen überwältigt wurde, dass dem Sänger kurz die Luft wegblieb. Aber er hatte eine Antwort. Yuna schaute ihn, während seinem innerlichen Kampf, schweigend an, wurde aber zusehends nervöser. Kyo würde es sicherlich genauso ergehen, weswegen er sich dann einfach nach vorn beugte, sie im Nacken packte und gierig an seine Lippen zog. „Ich liebe dich auch“, murmelte er noch, bevor er ihre Lippen miteinander verschloss und ihre Worte somit besiegelte. Kapitel 63: Dreiundsechzig -------------------------- Mit einem prüfenden Blick zupfte Kyo sich noch einige Strähnen seiner Haare zurecht. Er hatte sie sich gestern wieder blondieren und auch schneiden lassen. Die rasierten Seiten waren schon wieder ziemlich lang geworden und da ihm die Frisur nun nicht mehr so überzeugt hatte, hatte der Sänger sich kurzerhand wieder einen neuen Schnitt zugelegt. Er wusste auch nicht warum, aber immer wieder kam er auf blond zurück und jedes Mal war er von neuem begeistert. Die letzte Strähne wurde auch noch grazil in Unordnung gebracht, dann musterte der Sänger sich das letzte Mal und nahm sich dann seine schwarze Lederjacke, die schon auf ihn wartete. Der September würde sie auch morgen schon wieder verlassen und passend zum Oktober gab es einen ordentlichen Temperaturabfall und man merkte ganz deutlich, dass der Herbst schon in der Tür stand. Den Reißverschluss seiner Jacke schloss er noch und zum Schluss schnappte er sich seine Tasche, die er gepackt hatte, da er diese Nacht bei Yuna schlafen würde. Ihre Wohnung lag einfach näher an Daisukes und der Sänger hatte nicht wirklich Lust, mitten in der Nacht durch die Stadt zu tingeln. Zwar könnte er sich ein Taxi nehmen, aber irgendwie war er lieber zu Fuß unterwegs, als in einem Auto zu sitzen, wenn es nicht gerade sein eigenes war. Was ihm nun allerdings zu der Frage brachte, warum er seine Karre eigentlich nicht aus der Tiefgarage holte? „Weil mir das jetzt viel zu umständlich ist“, beantwortete er sich diese Frage sofort selbst. Seine Schlüssel schnappte der nun wieder üBlonde sich auch noch, dann nahm er sich seinen Regenschirm noch zur Hand und schon war seine Wohnungstür hinter ihm zu. Leichtfüßig sprang er die Treppenstufen nach unten und stand kurz darauf auf der Straße, wo ihm nasskalter Regen begrüßte. Schnell spannte er seinen Regenschirm auf und mit einer Hand am Griff und der anderen in der Jackentasche vergraben, machte der Sänger sich auf den Weg zu Yuna. Er freute sich schon drauf sie wieder zu sehen, da sie sich das letzte Mal vor drei Tagen gegenüber gestanden hatten. Voller Vorfreude hatte er auch einen ganz schön strammen Gang drauf und nach nicht mal zwanzig Minuten stand er schon vor ihrem Haus und vergewaltigte den kleinen Klingelknopf, der jedes Mal bedrohlicher knackte. Aus der Gegensprechanlage ertönte dann auch schon Yunas zartes Stimmchen und nach einer kurzen Begrüßung öffnete sie die Tür, gegen welche Kyo sich gleich schmiss und dabei regelrecht ins Haus flog. Wie immer machte er einen Bogen um den Fahrstuhl und er erklomm die Stufen, die dann doch etwas seiner Puste kosteten. Oben angekommen atmete er noch einmal durch und ging auf Yunas Tür zu, die schon offen stand, da sie auf ihn wartete. „Vielleicht solltest du doch wieder den Fahrstuhl nehmen, du keuchst ja ganz schön“, grinste sie breit, schlang aber gleich seine Arme um ihn, als er direkt vor ihr stand. „Vergiss es, in das Ding kriegt mich keiner mehr rein“, schüttelte Kyo seinen Kopf, und legte zumindest einen Arm um ihre Taille, da er ja noch den Schirm in der Hand hatte. Yuna sagte darauf nichts, sie lachte nur und zog den Sänger mit in ihre Wohnung. „Gib mir deinen Schirm, ich lege ihn in die Badewanne, oder willst du gleich los?“, schaute die junge Frau ihn fragend an, doch er schüttelte seinen Kopf. „Nein, bisschen Zeit haben wir noch“, fand er ihren Vorschlag gut. Sie wuselte nun also davon und er selbst zog sich seine Schuhe aus und entledigte sich auch gleich seiner Jacke. Seine Tasche nahm er sich aber wieder an und Kyo war einfach so frei und schaffte sie in Yunas Schlafzimmer. Die Tasche schaffte es aber nur bis an die Wand, neben der Tür, dann drehte der Sänger auf dem Absatz um und ging wieder in die Mitte der Wohnung, wo Yuna auch gerade aus dem Bad kam. Im Gehen schnappte der Sänger nach einem Arm von ihr und zog sie an sich heran. „Ich hab dich vermisst“, gab er zu und fuhr mit seiner Nase leicht über ihre. Es fühlte sich einfach so toll an, sie in seinen Armen halten zu können und das glückliche Lächeln, welches ihm entgegen strahlte war gleich noch viel besser. „Du bist wirklich süß. Ich hab dich auch vermisst“, murmelte sie leise und hielt seinem Blick stand. „Nenn mich nicht süß“, widersprach er schwach, da er sich schon wieder in ihren rehbraunen Augen verlor und nicht wirklich protestieren konnte. „Okay, dann denke ich es eben nur“, flüsterte sie und Kyo knurrte kurz auf, bis er es einfach nicht mehr aushielt und sie küsste. Es war beinahe wie eine Erlösung, als er den süßen Geschmack seiner Freundin – ja, seine Freundin. Es klang so ungewohnt, aber es war die Wahrheit, sie war seine Freundin – schmecken konnte und um noch mehr davon zu bekommen, schob er seine Zunge gleich in ihren Mund. Gierig umkreiste er ihre Zunge mit seiner und lockte sie immer mal etwas zu sich, nur um sie dann wieder zurück zu drängen. Die Luft zwischen ihnen wurde immer heißer und knisterte gefährlich. Gefährlich deshalb, weil sie sich gerade auf ziemlich bösen Terrain bewegten, da Kyo drohte seine Kontrolle zu verlieren. Er war kurz davor sie ins Bett zu zerren und das wollte er jetzt wirklich nicht, da sie den Abend bei Daisuke sonst wohl verpassen würden. Unter größter Anstrengung zog er zunächst seine Zunge zurück, dann löste Kyo seine Lippen gänzlich von Yunas. Das Blut rauschte in seinen Ohren und er traute sich noch gar nicht richtig seine Augen zu öffnen, da alleine ihr Blick ihn schon wieder auf dumme Gedanken bringen könnte. Da er aber nicht ewig mit geschlossenen Augen dastehen konnte, blinzelte er dann doch mal und augenblicklich musste er schlucken, als er sah, wie Yuna sich über die Lippen leckte. „Das war sehr knapp“, murmelte sie leise und Kyo konnte nur nicken. Andererseits war er auch beruhigt, dass es nicht nur ihm so ging, sondern auch sie mit sich zu kämpfen hatte. „Ich… ehm… geh mich mal fertig machen und danach gehen wir los, okay?“, löste sie sich dann auch schon und wieder nickte der Sänger nur. So machten sie es dann auch und während Yuna sich in Schale schmiss, bediente Kyo sich einfach an ihrer Wasserleitung und füllte sich ein Glas Leitungswasser ab. Auf ex kippte er das Glas Wasser hinter und die Frische der Flüssigkeit kühlte ihn auch wieder etwas ab. Brav wusch er sein Trinkglas wieder ab und stellte es danach zurück in den Schrank. Ein paar Minuten später kam Yuna dann auch wieder aus dem Bad und Kyo lächelte. Sie sah umwerfend aus. Ihre Beine steckten in einer schwarzen, enganliegenden Jeans, die ihre Beine wunderbar betonten und sie richtig lang aussehen ließen. Die dunkelrote Bluse passte perfekt dazu. Ein paar goldene Armbänder vervollständigten das Bild und seichte Wellen umrahmten ihr Gesicht. Das dezente Make-up war auch genau richtig und wirkte nicht zu aufgetragen. „Du siehst sehr gut aus“, musste er ihr einfach das Kompliment machen. „Danke, du siehst auch nicht schlecht aus“, grinste sie. „Vielen Dank“, erwiderte Kyo das Grinsen, da er sich nicht so heraus geputzt hatte, wie sie. Seine Beine steckten in einer einfachen blauen Jeans und sein Oberkörper war von einem hellen Hemd bedeckt, was aber mehr lässig als streng wirkte. „Dann lass uns mal gehen“, schob er sie sanft zur Tür. Whisky wartete da auch schon und der Hund schien diesmal sogar freiwillig die Wohnung verlassen zu wollen. Ihre Jacken waren flink übergezogen und dann waren sie schon auf den Weg zu Daisuke, der sie alle schon erwartete. Kapitel 64: Vierundsechzig -------------------------- Ihre Finger waren ineinander verwoben, als sie die Straßen entlang gingen. Sogar als sie das mehrstöckige Haus betraten, in dem Daisuke wohnte, ließen sie sich nicht los. Erst als sie in die Wohnung des Gitarristen traten, mussten sie ihre Hände voneinander lösen, da es einfach zu kompliziert gewesen wäre sich ordentlich zu begrüßen. „Schön das ihr da seid, und auch nur wenig zu spät“, strahlte ihnen der große Rote entgegen und Kyo grinste. „Nur fünf Minuten, also sind wir genau genommen pünktlich.“ „Hm… da du die treibende Kraft für den Weg warst, gebe ich dir recht, fünf Minuten sind da wirklich nichts“, betätigte Daisuke es dann noch, bevor sie alle drei anfingen zu lachen und sich ihrer überschüssigen Kleidung entledigten, zumindest Yuna und Kyo. Whisky hatte es da einfacher und der dicke Hund war ohne zu fragen schon in die Wohnung getippelt und beschnupperte nun alles, was sich beschnuppern ließ. „Die anderen sind im Wohnzimmer, was wollt ihr trinken?“, wurden sie schon ins Innere geschoben. „Ich nehme ein Wasser“, sagte Kyo auch gleich. „Wenn du einen Tee hättest, das wäre toll“, sagte auch sie gleich ihren Wunsch und Daisuke nickte und wuselte gleich in seine Küche, wo kurz darauf reges Klappern ertönte. Kyo führte Yuna dann aber erst mal in das Wohnzimmer, wo die anderen vier schon saßen und mitten drin eine weitere junge Frau, die Kyo als Noriko identifizierte. Zwar hatte er sie mit kürzeren Haaren in Erinnerung, doch das Gesicht war geblieben und sie wirkte immer noch sehr freundlich und aufgeschlossen, auch wenn sie ein bisschen klein in der Runde aussah. „Hi“, begrüßte Kyo auch gleich die Meute und Yuna tat es ihm gleich. „Da seid ihr ja endlich. Wir hatten gehofft Yuna würde dich mehr zur Pünktlichkeit antreiben, aber die Hoffnung wurde scheinbar ja schon qualvoll im Keim erstickt“, grinste ihn Kaoru frech entgegen, begrüßte ihn aber wie einen alten Kumpel und zeigte so, dass er den Sänger nur etwas auf die Schippe nehmen wollte. „Das wird nicht mal sie schaffen, dafür werde ich schon sorgen“, war der Sänger unbeeindruckt, zwinkerte aber frech. Sie quetschten sich dann noch mit aufs Sofa, als Daisuke schon mit ihren Getränken ankam. Kyo nahm dankend sein Wasser entgegen und Yuna griff nach ihrer Tasse Tee, woran sie wohlig schnupperte. „Du wirst auch von Mal zu Mal langweiliger“, sagte Toshiya, als er kurz nachgesehen hatte, was Kyo im Glas hatte. „Warum?“, wanderte eine Augenbraue von ihm nach oben und der Sänger schaute den Bassisten fragend an. „Überleg mal, nur Wasser?“ „Das ist nicht nur Wasser. Das ist Wasser, verfeinert mit einem Spritzer Kohlensäure und einer Scheibe Zitrone drinnen“, hielt der Sänger seinem Bandkollegen das Glas hin. „Macht es das jetzt besser?“, war der Bassist noch immer nicht überzeugt. „Da ich mal vermute, dass Dai weder Mühen noch Kosten gescheut hat, dann ja.“ „Hallo, das ist Wasser!“, schüttelte der Größte von ihnen den Kopf. „Toshi, ich bitte dich“, mischte sich Daisuke nun selbst ein. „Das ist frisches Quellwasser aus der Quelle…, ach scheiß egal welche Quelle, zumindest aus einer Quelle, mit allen möglichen guten Stoffen drin und Vitamin C wurde dem auch noch hinzugefügt“, hielt der Gitarrist seinen Zeigefinger nach oben und man sah ihm regelrecht an, dass er versuchte ernst zu bleiben, aber sein rechter Mundwinkel zuckte verdächtig. „Wenn das Quellwasser ist, warum ist dann Kohlensäure drin? Müsste das da nicht eher still sein?“, fragte nun wieder Toshiya. „Frag doch die, die das Wasser in die Flaschen abfüllen. Ich hab's nur gekauft“, zuckte Daisuke mit den Schultern. „Bevor ihr euch jetzt noch zur Quelle aufmacht, sollten wir lieber mal das Thema wechseln“, grätschte Kaoru nun auch noch dazwischen. „Und worüber möchtest du reden?“, fragte nun Toshiya an ihren Leader gewandt. „Keine Ahnung, frag Dai, der hat uns eingeladen“, grinste nun der Älteste. „Genau genommen kam die Einladung von Noriko“, wies dieser nun wieder jegliche Schuld von sich und deutete auf die junge Frau, die bisschen überfordert wirkte. „Aber das ist deine Wohnung, Dai“, kam Kyo ihr spontan zu Hilfe, da er sich vorstellen konnte, wie sie sich fühlte. „Nur weil ich hier wohne, muss ich nicht für die ganze Unterhaltung sorgen“, okay, da hatte er recht, aber trotzdem sollte er Anweisungen geben. „Warum habt ihr Natsuki eigentlich nicht mitgebracht?“, sprach dann auch mal Shinya, der nebenbei Yunas Hund hinter den Ohren kraulte. Whisky hatte sich mal wieder den besten Platz ausgesucht und sich gleich auf Shinyas Schoß ausgebreitet, wo er die Zuneigung sichtlich genoss. „Weil ich sie nicht über Nacht behalten durfte“, seufzte Kyo. Er hätte sie wirklich gerne mit hier her genommen, aber bevor er sich in den letzten zwei Wochen noch Ärger einhandelte, da hielt er lieber die Füße still. „Natsuki?“, spitzte Noriko im gleichen Moment ihre Ohren und sie sah fragend in die Runde. „Habt ihr eine Tochter? Was ist denn mit ihr? Sie ist doch hoffentlich nicht krank, weil sie im Krankenhaus bleiben muss?!“, warf sie gleich mehrere Fragen in den Raum. „Oh nein“, schüttelte der Sänger gleich seinen Kopf. „Sie ist ein kleines Mädchen, welches im Kinderheim lebt. Die Jungs hier“, und er machte eine Armbewegung, die die komplette Runde bedeutete, „haben mich dazu überredet sie zu adoptieren. Regelmäßig hole ich sie aus dem Heim ab und verbringe die Nachmittage mit ihr. Ein paar Mal konnte sie auch bei mir übernachten, aber jetzt stellen sie sich ein bisschen quer. Genau sagen warum kann ich aber nicht, denn ich hab’s nicht so mit Paragraphen und davon wurden mir einige um die Ohren gehauen. Aber gut, noch sechzehn Tage und die Kleine ist dann offiziell von mir adoptiert“, schloss er seine Rede und schaute Noriko an, die sehr erstaunt wirkte. „Wow… wie findest du denn die Zeit dafür?“, war sie wirklich platt. „Es scheint immer so, als hättet ihr nie Freizeit und nun sitzen wir hier zusammen und auch Dai hat viel mehr Zeit für uns… also mich, als ich es je gedacht habe“, murmelte sie und richtig liebevoll strich sie sich über den gewölbten Bauch, der zwar noch nicht sehr groß war, verstecken ging allerdings auch nicht mehr. „Man nimmt sich die Zeit einfach. Außerdem brauchen wir auch mal bisschen Auszeit, nur rackern geht nicht. Und selbst wenn es nur für ein paar Stunden ist, außerdem wissen wir es ganz anders zu schätzen, wenn die Zeit bisschen rar ist, denke ich.“ „Das macht Sinn“, nickte sie. „Allerdings muss ich gestehen, dass ich auch noch bisschen Respekt davor habe, was nun auf mich zukommen wird. Ein Kind immer mal ein paar Stunden bei sich zu haben ist etwas total anderes, als sie den ganzen Tag betreuen zu müssen“, musste er dann auch eingestehen und ein bisschen Sorgen bereitete ihn der Gedanke schon. „Wieso? Als das Heim nicht bewohnbar war, hast du das ganze doch auch super gemeistert“, stutzte Daisuke nun und er sah den Sänger fragend an. „Und da war sie nicht den halben Tag im Kindergarten. Wenn Tsuki bei dir wohnt, geht sie ja noch in die Einrichtung.“ „Schon, aber da wusste man ja immer, dass es nur für eine begrenzte Zeit sein würde“, fuhr der Sänger sich durch den Nacken. „Ja, aber ihr habt doch sogar schon dran gedacht, dass sie nicht mehr zurück muss.“ „Sicher, dran gedacht habe ich oft, nur das es auch wirklich so passiert, daran hatte ich meine Zweifel und du hast ja gesehen wie schnell sie dann weg war“, murmelte der Sänger und drehte das Glas in seinen Händen hin und her. „Erinner mich nicht da dran, deine Laune war ja unter aller Sau“, brummte nun Kaoru. Wenn Kyo so zurück dachte, dann hatte er recht. Aber ein was Gutes hatte die Sache dann doch gehabt, wäre es nicht so gekommen, wäre er sicherlich nie mit Yuna zusammen gekommen, beziehungsweiße nie so schnell. Kaum zu glauben, dass es erst drei Wochen her war. „Aber… ihr beide seid ein Paar, richtig?“, zeigte Noriko mit ihrem rechten Zeigefinger immer abwechselnd auf Yuna und Kyo. Sofort spürte er es an seinen Mundwinkeln zupfen und wie von alleine bewegten sie sich ein bisschen nach oben. „Ja, sind wir“, nickte er dann und nahm gleichzeitig Yunas Hand in seine und strich mit seinem Daumen über den schmalen Handrücken. „Oh mein Gott, guckt euch mal an, wie süß verliebt euer Sänger schaut“, grinste nun Noriko und sie strahlte regelrecht in die Runde. Kyo dagegen dropte und ließ den Kopf ein wenig hängen. „Wie ich dieses Wort hasse!“ Eine gute Stunde später hatten sie sich alle mit einem vollbeladenen Teller wieder auf die Wohnzimmereinrichtung verteilt. Sie saßen ein bisschen eng beieinander, da der Raum einfach nicht für sieben Erwachsene ausgelegt war. Aber so konnte wenigstens keiner frieren und vom Sofa rutschen ging auch nicht. Das einzige, was immer rutschte, waren die Teller von ihren Knien, da der Tisch selbst mit allerlei leckeren Sachen vollgestellt war und somit keinen Platz mehr für sieben weitere Teller bot. „Wieso isst du eigentlich keine von den leckeren Teigtaschen?“, nuschelte Yuna mit halbvollem Mund und schaute Kyo fragend an, der sich eher am Salat fest hielt. Schnell schluckte er sein Stückchen Tomate runter, bevor er antwortete. „Da wir gerade beginnen eine große Japantour vorzubereiten, muss ich wieder etwas mehr für meine Fitness tun, sprich, ich bin auf Diät“, antwortete er ehrlich. „Das erklärt auch das Wasser“, wedelte Daisuke mit seinen Stäbchen in Richtung Toshiya. „Stimmt, da wird Kyo ja immer zum Langweiler, wenn es um seine Ernährung geht“, fiel es dem Bassisten jetzt anscheinend auch wieder ein. „Aber du bist doch fit genug“, ignorierte Yuna die beiden Quatschköpfe und Kyo musste nun grinsen. „Für dich vielleicht, aber für den anstrengenden Marathon von Auftritten, kann ich nicht fit genug sein.“ „Und ihr macht keine Diät?“, richtete Yuna ihre Aufmerksamkeit nun an die anderen vier, nachdem sie verstehend genickt hatte. „Ehm…“, schauten die nun ein wenig verloren aus der Wäsche. „Sagen wir so, sie versuchen es. Zwar haben die Jungs auch einen Diätplan, aber dran halten tut sich von denen, glaube ich, keiner so wirklich“, sprach Kyo nun das aus, was er sich jedes Mal aufs neue dachte. „So ganz recht hast du nicht“, ließ Toshiya einen kleinen Widerspruch verlauten. „Aha und wobei liege ich falsch?“ „Unsere Pläne sind einfach viel, viel schwerer einzuhalten, als deiner“, nickte der Bassist kräftig, schob sich aber dabei den Rest seiner Teigtasche in den Mund. „Ja, das sehe ich“, schüttelte der Sänger amüsiert den Kopf. „Ach kommt, machen wir uns doch nichts vor“, zuckte der Leader aber mit den Schultern. „Unsere Disziplin ist bei weitem nicht so stark, wie Kyos. Der kriegt keinen Sabberfaden an der Lippe, wenn er an einem Stück Kuchen vorbei geht. Ich für meinen Teil, kann da einfach nicht widerstehen und ein Bierchen muss auch ab und an mal sein und in dieser Angelegenheit hat er auch die Nase vorn, da er in der Regel keinen Tropfen anrührt.“ „Wer sagt, dass ich dabei nicht ins Sabbern geraten könnte?“, fragte der Sänger gleich, meinte damit aber den Kuchen und nicht den Alkohol, denn daran konnte er sich einfach nichts abgewinnen. Klar zum Anstoßen vielleicht mal einen Schluck, aber dann hörte es auch schon wieder auf und wenn er ehrlich war, brauchte er es auch nicht. „Man sieht es dir an. Du wirkst regelrecht unbeeindruckt“, antwortete Kaoru sofort. „Ja, weil ich darüber nachdenke, was ich alles tun muss, um die Kalorien wieder zu verbrennen, da gehe ich lieber dran vorbei und habe dann etwas mehr Zeit für weitaus erfreulichere Dinge, als mich im Fitti abzumühen.“ Nun herrschte kurz Stille und zumindest Kaoru, Toshiya und Daisuke sahen ein wenig betreten drein. Shinya war da doch noch ein wenig disziplinierter als die anderen drei, zudem ein bisschen mehr Umfang dem schmalen Drummer nicht schaden könnte. Aber trotzdem sollte man sich nicht von ihm täuschen lassen, denn er hatte enorm viel Kraft und konnte locker im Armdrücken gewinnen. „Daran habe ich noch gar nicht gedacht“, gab ihr Leader es nun zuerst zu und auch die anderen beiden nickten. „Aber Noriko kann Dai ja nun bisschen antreiben“, grinste der Sänger nun wieder und die junge Frau war sofort dabei. „Oh ja, dafür werde ich sorgen.“ „Vielen Dank, Kyo. Dafür wirst du büßen“, stand ein bisschen Panik in den braunen Augen des Rhythmusgitarristen. „Wofür? Dafür dass du dann noch besser über die Bühne fegen kannst?“ „… Mou~, Noriko, der Sänger mobbt mich“, daraufhin brachen alle in Gelächter aus und sie machten sich wieder über das Essen her, welches noch ziemlich dezimiert wurde. Nachdem auch wirklich jeder satt war, räumten sie alles wieder weg und richteten das Wohnzimmer soweit wieder her, das man nicht über irgendwelche Kissen und Getränkebehälter steigen musste, da sie diese irgendwo abstellen mussten, wegen Überlastung des Tisches. „Wie sieht es aus, wollen wir noch eine Runde raus gehen? Ganz in der Nähe soll heute ein kleines Feuerwerk steigen“, setzte der rote Gitarrist sich gleich gar nicht erst wieder auf seinen Platz, sondern stellte viel lieber diese Frage. Nach kurzer Absprache waren sie auch alle bereit für einen kleinen Spaziergang. Alle, außer Whisky, denn der jaulte jämmerlich, weil Shinya ihn so lange am Ohr herum spielte, bis der Hund aus seinen Träumen erwachte. Aber darauf wurde nicht viel wert gelegt. Also zogen sie sich alle ihre Jacken und Schuhe an und begaben sich auf ihren abendlichen Spaziergang, der doch eine kleine Erleichterung für die vollgefutterten Bäuche war. Kapitel 65: Fünfundsechzig -------------------------- Ohne große Eile schlenderten sie zu siebent den kleinen Weg zu dem Hügel entlang, wovon aus man das Feuerwerk, welches in dem dazugehörigen Park gezündet werden sollte, perfekt einsehen konnte. Kyo hatte wieder Yunas Hand genommen und ihre Finger ineinander verschränkt. Vor ihnen liefen Noriko und Daisuke. Der große Gitarrist hatte liebevoll einen Arm um die Taille seiner Freundin geschlungen und führte sie sanft den kleinen Trampelpfad entlang. „Dai wirkt richtig glücklich und zufrieden“, murmelte Yuna irgendwann leise. Bei diesen Worten schlich sich ein Schmunzeln auf seine Lippen und Kyo nickte. „Das ist er auch“, musste er da nicht mal lange überlegen. „Und ich glaube, wenn sein Baby auf die Welt gekommen ist, werden wir nur noch sein gigantisches Lächeln und Grinsen sehen“, erklärte Kyo und Yuna musste lachen. „Das erscheint mir nicht einmal unwahrscheinlich. Aber ich freue mich für die beiden.“ „Ich mich auch. Zwar wird es manche Dinge nun schwieriger machen, aber haben uns Schwierigkeiten jemals von unserer Musik abgehalten?“ „Soweit ich weiß, nicht. Aber selbst wenn Dai nicht mit der Nachricht gekommen wäre, Natsuki hätte alleine auch für die Veränderungen gesorgt.“ „Stimmt“, musste Kyo zugeben. Wobei es mit einem Neugeborenen sicherlich mehr zu beachten gab, als mit einem Kindergartenkind. Babys veränderten sich ja so schon sehr schnell und Kyo würde keine Sekunde davon verpassen wollen, weswegen er auch sehr erstaunt war, das Daisuke ihrer großen Tour dennoch ohne Bedenken zugestimmt hatte. Denn da wäre sein Baby erst wenige Monate alt, wenn sie starteten. Nach einigen Minuten hatten sie den Hügel auch endlich schon erreicht und der Sänger stellte fest, dass sie nicht die einzigen mit dieser Idee waren. Es hatten sich schon einige auf der weitläufigen Fläche verteilt und sie standen alle in kleineren oder größeren Grüppchen herum. Sie selbst suchten sich auch ein Plätzchen, wo sie ihre eigene Gruppe bildeten und Kyo schlang seine Arme um Yuna, als sie nicht mehr weiter gingen. Diese schmiegte sich gleich an ihn heran und stahl sich einen Kuss von ihm, welchen er ihr gerne schenkte, bevor er seinen Blick in die Dunkelheit richtete und sich ein wenig umsah. Shinya lief etwas mit Whisky umher, da der Drummer sich sofort bereit erklärt hatte, den Mops in seine Obhut zu nehmen. Sein Blick schweifte weiter und traf auf Kaoru, der neben Toshiya stand und über irgendeinen Witz von dem Bassisten lachte, bevor er an seiner Zigarette zog, die im Dunkeln aufglühte. Eifrig und schon wieder mit einem gehobenen Mundwinkel nickte er kurz drauf wieder, während er gleichzeitig den Rauch ausblies. Scheinbar hatten die beiden ein amüsantes Thema gefunden, womit sie sich die Wartezeit vertreiben konnten. Einen halben Meter neben den beiden standen Daisuke und Noriko. Die beiden hatten ihre Köpfe zusammen gesteckt und hielten sich an den Händen, während sie sich scheinbar gegenseitig Süßholz raspelten, denn ab und an trafen sich ihre Lippen, bevor sie verliebt lächelten, weiter redeten und sich dann wieder küssten. „An was denkst du?“, hörte er die Frage, bevor er einen Kuss auf die Wange bekam. Kyo holte schon Luft zum Antworten, als sein Handy in seiner Hosentasche anfing zu klingeln. Verwundert und ehrlich gesagt auch ein bisschen verärgert, da der tolle Moment gestört wurde, brummte er vor sich hin und löste einen Arm von Yuna, um in seiner Hosentasche nach dem flachen Ding zu fummeln. Schnell spürte er es an seinen Fingerspitzen und fischte es heraus, bevor er eine Augenbraue nach oben zog, da die Nummer vom Kinderheim auf seinem Display stand. „Tschuldige, ich glaube das ist wichtig“, beschleunigte sich sein Herzschlag sofort und er meldete sich mit seinem Namen, als er den Anruf endlich entgegen nahm. „Gott sei Dank. Ich dachte schon ich erreiche Sie nicht“, war die besorgte Stimme der Heimleiterin am anderen Ende und bei Kyo schrillten alle Alarmglocken los. „Was ist denn los?“ „Wir… ich… ich wurde gerade von einer Betreuerin aus dem Bett geholt. Natsuki ist verschwunden“, beichtete sie schon fast und Kyo starrte Yuna – sie war einfach gerade in seinem Sichtfeld – fassungslos an, die auch schon einen besorgten Gesichtsausdruck bekam. „Was meinen Sie damit? Natsuki kann doch nicht einfach so verschwinden!“, kam der Sänger nicht ganz mit und ihm wurde regelrecht schlecht, da ihm sofort alle möglichen Szenarien durch den Kopf schossen. „Sie hat in den letzten Tagen immer von einem Feuerwerk geredet, welches sie scheinbar immer am 30. September mit ihren Eltern besucht hat. Natsuki wollte die ganze Zeit dahin.“ „Und Sie haben es nicht erlaubt“, war für Kyo alles klar. „Die Polizei ist schon informiert, da sie eigentlich noch nicht weit sein kann, aber sie haben Natsuki noch nicht gefunden.“ „Wissen Sie denn, wo das Feuerwerk sein soll?“, fragte er und der Sänger wollte am liebsten sofort losrennen, doch ohne großartige Informationen brachte es gar nichts. „Ganz in der Nähe muss es sein. Sie meinte, sie waren immer auf einem großen Hügel und konnten somit alles genau erkennen“, erzählte sie und Kyos Herz hämmerte wieder wie verrückt los, da es scheinbar genau um das Feuerwerk handelte, auf welches sie gerade warteten. „Okay, ich bin ganz in der Nähe und mache mich auf die Suche. Ich melde mich, wenn ich neues weiß“, erklärte Kyo und legte dann auch gleich auf. „Was ist denn los?“, fragte auch gleich Yuna. „Natsuki ist verschwunden. Ich mache mich auf die Suche. Wartest du bitte hier, denn scheinbar ist dieses Feuerwerk ihr Ziel“, sagte Kyo schnell, drückte der jungen Frau noch einen Kuss auf die leicht geöffneten Lippen, da sie anscheinend noch etwas sagen wollte und rannte dann auch schon davon. Kurz musste der Blondhaarige sich orientieren, doch dann erkannte er, wohin er zuerst laufen würde. Sein Weg würde ihn als erstes in Richtung Heim führen, in der Hoffnung da das Mädchen aufgabeln zu können. Mit aufmerksamen Augen schaute er sich immer wieder um und jedes Mal wenn er ein Kind sah, wollte der Sänger schon los rennen, doch bei denen waren die Eltern immer gleich daneben und somit waren sie nicht Natsuki. „Komm schon, Tsuki, zeig dich“, murmelte er vor sich hin. Kyo rannte schon eine halbe Stunde umher und er hatte die Strecke schon drei Mal zurück gelegt. Jedes Mal hatte er in anderen Winkeln geguckt, aber die Dunkelheit machte es nicht gerade einfach. Nun würde er sich einen anderen Weg aussuchen und er ging einen ziemlichen Weg um den Berg herum, der diesmal direkt durch das Tal führte. Hier und da sah er kleine Feuerwerkskörper und viele Menschen dran herum wuseln. Er fühlte sich sehr unwohl und am liebsten würde er sich sofort verdrücken – er hatte die Befürchtung die Dinger könnten jeden Moment hoch gehen – aber er musste zuerst sein Mädchen finden. Wieder klingelte sein Handy. Mit Hoffnung sah er auf das Display, doch als er Yunas Nummer las, verschwand sie ein bisschen. Dennoch ging er ran, aber nur um zu erfahren, dass sie noch nicht auf dem Berg gesichtet worden war. Leider konnte er auch nichts anderes sagen und nach weiteren kurzen Worten beendeten sie das Gespräch und Kyo ging gleich suchend weiter. Das Tal hatte er dann nach einer viertel Stunde auch hinter sich gelassen und es folgte ein Aufstieg, der scheinbar auch auf den Berg führte, nur eben aus der entgegengesetzten Richtung. Da Kyo so auch nicht mehr weiter wusste, folgte er eben diesen Weg und als seine Beine schon schmerzten, da er ziemlich schnell den Weg hinauf hechtete, sah er einen kleinen Schatten vor sich her laufen. Sofort kniff er seine Augen zusammen und versuchte die Gestalt auszumachen. Es war definitiv keine erwachsene Person, dafür war sie viel zu klein. Mit neuer Hoffnung rannte er gleich wieder los und als er nah genug war, rief er ihren Namen. „Natsuki? Bist du das, Natsuki?“ Verwundert, da scheinbar ihr Name in der Nacht auf dem Berg ertönte, blieb das Persönchen stehen und drehte sich fragend um. Da erkannte Kyo sie auch endgültig und ein tonnenschwerer Stein knallte ihm vom Herzen. „Tsuki-chan, Gott sei Dank habe ich dich gefunden“, schloss er erleichtert seine Arme um das Mädchen, welches sich zwar an ihn schmiegte, aber scheinbar nicht verstand, warum sie gesucht und vor allem gefunden wurde. „Was machst du hier?“, fragte sie auch gleich und sie schob ihren großen Teddy von den linken in den rechten Arm. „Süße, ich hab dich gesucht. Du kannst doch nicht einfach so aus dem Heim abhauen. Die machen sich alle ganz große Sorgen um dich“, erklärte er und Kyo musste das Mädchen einfach noch mal fest an sich drücken, da er so erleichtert war, dass sie wohlbehalten war. „Aber ich hab doch gar nix gemacht. Ich wollte nur das Feuerwerk gucken“, sagte sie ganz unschuldig. Kyo schüttelte schmunzelnd den Kopf und suchte zuerst sein Handy aus der Hosentasche. „Nur ist gut“, konnte er das Ganze immer noch nicht fassen und hielt sich das Handy ans Ohr, als er die Nummer heraus gesucht hatte. „Ich hab sie gefunden“, sagte er sofort, nachdem abgenommen wurde und sofort konnte er regelrecht spüren, wie die Anspannung bei allen abfiel. „Na Gott sei Dank. Wo haben Sie das Mädchen dann aufgegabelt?“, wollte es die Heimleiterin natürlich sofort wissen. „Dort, wo Sie sie vermutetet haben. Sie hat gerade den Berg erklommen, der zur schönen Aussicht führt, als ich sie vor mir hab laufen sehen.“ „Also ist sie unversehrt.“ „Ja, ist sie.“ „Dann können Sie das Mädchen ja jetzt bitte zurück ins Kinderheim bringen“, sagte die Heimleiterin auch gleich. „Damit sie nicht weiter ihre Zeit an diesen Abend vergeuden müssen.“ „Ich bringe die Kleine zurück, allerdings erst nach dem Feuerwerk“, entschied er spontan, denn scheinbar war es dem Mädchen wirklich wichtig dahin zu gehen und wenn sie nun eh hier war, da konnte er es mit ihr auch gleich gemeinsam ansehen. „Aber…“ „Kein aber. Ich verspreche, ich bringe sie wohlbehalten nach dem Feuerwerk zurück. Sie können die Polizei abbestellen und allen sagen, dass sie wieder da ist“, erklärte er noch und legte dann einfach auf. Kapitel 66: Sechsundsechzig --------------------------- Sein Handy war schnell wieder weggesteckt und erst jetzt sah der Sänger, dass Natsuki noch ihren Schlafanzug an hatte. Er konnte von Glück reden, dass sie sich ihre Straßenschuhe und ihre Jacke angezogen hatte. Aber ihre Beine steckten eindeutig in dünnen Schlafanzughosen und die wedelten leicht im Wind herum. „Ist dir kalt?“, fragte er deswegen zuerst und zog den Reißverschluss ihrer Jacke noch etwas höher, um das Mädchen noch mehr vor dem ekligen Wind zu schützen. Doch sie schüttelte ihren Kopf, was Kyo beruhigend fand, da er nicht gewusst hätte, wie er sie weiter warm halten sollte, ohne sie zurückbringen zu müssen. „Muss ich jetzt wieder zurück?“, fragte Natsuki dann schon im nächsten Moment und sie schaute ihn aus riesigen Bambiaugen an. „Nicht sofort. Wir schauen uns das Feuerwerk zusammen an und dann bringe ich dich wieder zurück“, sagte er sanft und hob sie dann einfach auf seine Arme, damit er die kleine Lady mit zu den anderen nehmen konnte. Nickend hielt sie sich an ihm fest und drückte ihren Teddy halb an sich und halb an Kyo. Der Umgang mit ihr war für den Sänger mittlerweile schon so zur Gewohnheit geworden und es machte ihn ziemlich glücklich und zufrieden, dass sie so schön miteinander auskamen und harmonierten, den kleinen Zwischenfall mit Yuna mal außen vor lassend. Zusammen erklommen sie den restlichen Hügel, bis sie oben angekommen waren und Kyo ein bisschen ziellos herum lief, da er nicht mehr wusste, wo genau die anderen standen. Er wollte schon zu seinem Handy greifen, als er Shinya mit dem Mops sah. Sofort ging er auf die beiden zu und erblickte nur drei Meter weiter die anderen fünf. Also schlug er einen Haken und steuerte stattdessen die Meute an. Kaum hatte Yuna sie erblickt, kam sie auch sofort auf sie zu. „Du hast sie gefunden!“, sagte sie sofort und umarmte spontan die beiden. „Geht’s dir gut?“, redete sie gleich weiter und meinte Natsuki, die auf die Frage nickte. Die anderen wurden dadurch auch auf sie aufmerksam und versammelten sich um sie. „Dai, kannst du ihr deine Mütze aufsetzten?“, fragte der Sänger zwei Minuten später, da es auf dem Berg ein bisschen windiger war, als im Tal und er hatte vorher gesehen, wie er sich eine Kopfbedeckung in die Jackentasche gestopft hatte, als sie losgelaufen waren. „Na klar“, sagte der sofort und zauberte die dunkelgraue Mütze aus seiner Jackentasche heraus. „Schlag ein Tsuki-chan“, hielt er dem Mädchen vorher aber noch seine Hand entgegen und wartete, bis sie ihm ebenfalls ein High-Five gab. Amüsiert schüttelte der Sänger seinen Kopf, da die Szene ebenfalls schon so vertraut war, ganz so, als wäre das Mädchen schon immer mit dabei. Das ganze schien Noriko auch zu denken, als sie neben Daisuke stand und ihn genauestens beobachtete. Kyo schaute zu, wie sie eine Hand an ihren Bauch legte, der unter der Jacke kaum zu erkennen war und sie bekam einen richtig verliebt, glücklichen Ausdruck im Gesicht. „Das ist also Natsuki“, hob sie plötzlich den Blick von Daisuke weg und schaute stattdessen Kyo an, der kurz erschrocken war, da sie ihn mit einem Mal ansprach. „Ja, das ist sie“, nickte er aber und schaute kurz zu dem Mädchen, die sich die Mütze aus den Augen schob, da diese etwas zu groß und ihr deswegen ins Gesicht gerutscht war. „Sie steht dir“, schmunzelte die junge Frau dann und brachte den Sänger mal wieder bisschen aus der Fassung. „Ehm… danke“, wusste er darauf nichts zu sagen. Zu seinem Glück ertönten dann aber die ersten Raketen vom Feuerwerk und er konzentrierte sich lieber jetzt da drauf. Hoch stiegen die Raketen in den Himmel und explodierten in den wunderbarsten Farben. Große weiße Bälle er schienen, die wirkten wie riesengroße Pusteblumen und manchmal hatte man das Gefühl, dass sie immer näher kamen. Darunter vermischten sie noch grüne Raketen, die aussahen wir Ranken und Blumenblätter. Nach diesem Schauspiel tanzten weiter bunte Raketen am Himmel. Der Sänger konnte seinen Blick nur sehr schwer abwenden, doch für einen Moment zwang er sich dazu und schaute zu dem Mädchen in seinen Armen. Ihre Augen waren groß, der Mund stand staunend offen und ihre Wangen schimmerten feucht. Moment, sie schimmerten feucht? Kyo blinzelte und sah schon die nächste Träne über die kleine Wange kullern. Beim genaueren Hinsehen erkannte er, dass ihre Unterlippe ebenfalls leicht bebte. Dennoch starrte sie weiter in den Himmel und schien jede Rakete genau in ihrem Gedächtnis abzuspeichern. „Ihr scheint es wirklich sehr viel zu bedeuten“, flüsterte Yuna plötzlich in sein Ohr und ließ Kyo seinen Blick von dem Mädchen abwenden. Kurz sah er zu der jungen Frau und nickte. Diese schmiegte sich dann einfach an seine freie Schulter und beschaute sich das Feuerwerk weiter, so wie er ebenfalls. Das Feuerwerk ging lange, doch irgendwann war es vorbei und Natsuki starrte weiterhin in den Himmel, in der Hoffnung, dass es doch noch weitergehen würde. Ihre Wangen waren immer noch Tränen nass und schimmerten in dem Mondlicht, welches wieder stärker wurde, da der Qualm von den Raketen langsam abzog. „Ich will zu Mama und Papa“, murmelte sie leise und sah Kyo bittend an, der sofort einen Kloß im Hals hatte. Ihm fehlten die Worte und ihr trauriger Blick zerriss ihm das Herz. „Bitte, ich will zu Mama und Papa“, sagte sie wieder und die Unterlippe begann heftig zu beben und dicke Tränen traten aus den todtraurigen Augen. Der Sänger schluckte und biss sich selbst fest auf die Unterlippe, ehe er sie fest an sich drückt und seine Augen schloss. „Ich würde dir so gerne diesen Wunsch erfüllen“, murmelte er und wiegte sie sanft hin und her. Das tat so weh zu wissen, dass er ihr in dieser Hinsicht nicht helfen konnte. „Warum haben sie mich nicht mitgenommen?“, drückte sie sich weg und schaute den Sänger wieder an. „Haben sie mich nicht mehr lieb gehabt?“, konnte er die Frage kaum verstehen, da sie so sehr weinte. Doch als die Bedeutung ihrer Worte bei ihm an kamen, tropften ihm selbst die Tränen aus den Augenwinkeln. Aber er durfte jetzt nicht zusammenbrechen. Er musste stark für das kleine Mädchen sein, die schon viel mehr Stärke in ihrem kurzen Leben bewiesen hatte, als sie anderen alle zusammen in ihrem ‚langen‘ Leben. „Doch, natürlich haben sie dich lieb gehabt. Deswegen bist du ja noch hier und nicht bei deinen Eltern“, antwortete der Sänger erstickt. „Aber ich will zu Mama und Papa“, sagte sie wieder. „Ich vermisse Mama und Papa.“ „Das ist auch gut, dass du sie vermisst“, schluckte er dann zunächst und zog seine Nase hoch. „Und deine Mama und dein Papa sehen das auch ganz genau. Siehst du die zwei hellen Sterne da oben am Himmel?“, fragte er und deutete mit einer Hand kurz nach oben, wo wirklich zwei große, helle Punkte nebeneinander waren. Schluchzend nickte Natsuki. „Das sind deine Mama und dein Papa. Die haben dich immer im Blick und passen auf dich auf. Wenn du traurig bist, sind sie mit dir traurig. Wenn du wütend bist, sind sie mit dir wütend. Wenn es dir schlecht geht, geht es ihnen auch schlecht und wenn du glücklich bist, sind sie auch glücklich“, hatte er eigentlich keine Ahnung, was er ihr erzählte, aber er wollte nicht mehr in das traurige Gesicht sehen. „Aber warum bin ich nicht mit da oben?“, fragte sie wieder und schaute den Sänger kurz an, bevor sie wieder in den Himmel sah und ihre kleine Hand in den Himmel hielt, ganz so, als wollte sie nach den Sternen greifen. „Weil deine Zeit zum Gehen noch nicht da war. Scheinbar hatten sie da oben was ganz wichtiges zu erledigen und während sie das tun, wachen sie auch gleichzeitig über dich und versuchen dir ein schönes Leben zu ermöglichen“, und er wollte ihr natürlich auch ein schönes Leben bieten. „Ich will aber ohne Mama und Papa nicht hier bleiben“, sagte sie wieder und erneut wurde sie von ihren Tränen überrannt, die alle an ihren Wangen herunter liefen und teilweiße in ihren Wimpern hängen blieben. „Ich weiß, Natsuki, ich weiß.“ Gott, dieser Abend verlangte gerade alles von ihm ab und der Sänger hätte wirklich nie gedacht, dass er so werden würde. Zwar hatte er mit ein paar Emotionen, seitens Natsuki, gerechnet, aber nicht, dass es in solch einer tragischen Traurigkeit ausartete. Nein, eher hatte er an ein fröhliches Staunen gedacht, sobald die ersten Raketen in der Luft explodierten. Die Anhöhe war dann schon ziemlich leer geworden und Kyo bemerkte es erst, als Yuna ihn sanft an der Schulter berührte. „Wir wollen gehen“, sagte sie sanft. Yuna sah auch ein bisschen aufgewühlt aus und auch ganz leicht mitgenommen. „Gleich“, nickte er und lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf das Mädchen in seinen Armen, die noch immer leise vor sich hin schluchzte, aber dennoch schon wieder etwas ruhiger war. „Wir müssen jetzt gehen, verabschiedest du dich noch? Wir kommen auch bald wieder hier her, versprochen“, sagte er leise und zog Natsuki die Mütze wieder etwas aus dem Gesicht, da diese ihren Halt erneut verloren hatte. Das Mädchen zog die Nase hoch, nickte aber. Wieder streckte sie die Hand in den Himmel und sie winkte den Sternen entgegen. „Schlaft gut, ich muss jetzt wieder ins Bett. Ich hab euch lieb“, murmelte sie. Kurz drückte das Mädchen ihre Hand an den Mund, deutete einen Kuss an und warf ihn in den Himmel. Das ganze machte sie zwei Mal, ehe Natsuki sich an Kyo kuschelte, sich aber so drehte, dass sie weiterhin die Sterne sehen konnte. Der Sänger spürte, wie sie mit einer Hand so lange winkte, bis ihr der Arm zu schwer wurde und ihn sinken ließ. Auf dem Rückweg war er dankbar, dass die anderen ihn nicht ansprachen. Zwar bemerkte er schon, wie sie sich immer wieder umdrehten, doch das konnte er ignorieren. In seinem Kopf kreiste immer noch das gerade erlebte und sein Herz tat richtig weh. Mit nichts hatte das Mädchen so einen Start in ihr Leben verdient und auch wenn er es nicht ändern konnte, fühlte er sich nicht besser und Kyo hatte fast das Gefühl, dass es ihn mehr mit nahm, als Natsuki selbst. Da er sie wieder zum Kinderheim bringen musste, trennten sich ihre Wege an einer Kreuzung. Yuna musste allerdings noch einmal mit zu Daisuke, da sie ihre Handtasche dort noch liegen hatte und sie wollten sich an ihrer Wohnung treffen. Im Kinderheim angekommen wurde er auch schon erwartet. Er bekundete den Leuten dort gleich ruhig zu sein, da er jetzt keine Lust auf Tumult hatte, zudem er an Natsukis Körperhaltung erkannt hatte, dass sie auf dem Heimweg eingeschlafen war. „Ich bring sie in ihr Bett“, murmelte er nur und begab sich in ihr Zimmer, wo er sie sanft aufs Bett legte. Vorsichtig zog er ihr die Schuhe von den Füßen und irgendwie schaffte er es auch ihr die Jacke auszuziehen. Die Mütze war zuvor schon abgefallen, die würde er aufheben, wenn er das Zimmer verließ. Liebevoll deckte er die kleine Maus noch zu, gab ihr ein Küsschen auf die Stirn und hoffte, dass sie am nächsten Tag nicht mehr mit ganz so viel Traurigkeit ausgestattet war. Nur wiederwillig erhob er sich von der weichen Matratze, schnappte sich die herunter gefallene Mütze und verließ dann das Zimmer. „Sie sehen fertig aus“, durfte er im nächsten Moment zusammen zucken, da die Heimleiterin aus der Dunkelheit trat und neben ihm zum Stehen kam. „Irgendwann bringen Sie mich noch ins Grab“, grummelte der Sänger. Aber mit einem hatte sie recht, er war wirklich fertig und er konnte noch immer das getrocknete Salz seiner Tränen auf seinen Wangen spüren. „Ist alles in Ordnung?“, ließ die Heimleiterin sich davon aber nicht ablenken, sondern sie musterte den Sänger gleich noch etwas genauer. „Ja, ich denke schon“, nickte er aber und er hoffte, dass er das Schiff vor dem Untergang gerettet hatte. „Ich würde dann jetzt auch gerne nach Hause gehen, der Tag war anstrengend und die Suche hat auch ganz schön geschlaucht“, erklärte er und ohne auf eine weitere Antwort zu warten, drehte Kyo sich um und verließ das Heim. An der frischen Luft atmete er zunächst tief durch, schlug dann aber den Weg zu Yuna ein, denn ihre Nähe wollte er jetzt haben. Kapitel 67: Siebenundsechzig ---------------------------- „Da bist du ja endlich“, wurde er an der Wohnungstür begrüßt, als er endlich bei Yuna angekommen war. Sie hatte sich in eine Jogginghose geschmissen und ihr lockeres Oberteil rutschte der jungen Frau von der Schulter. Unwillkürlich musste Kyo lächeln, da sie so hinreißend aussah, selbst in den abgetragenen Sachen. Er fühlte sich sofort besser und diese Bedrücktheit war rasch ein wenig von ihm abgefallen, die die ganze Zeit auf ihm gelegen hatte. Ohne etwas zu sagen trat er einfach ein, ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen und zog die junge Frau in seine Arme. Zärtlich küsste er sie und zeigte ihr so, wie viel sie ihm mittlerweile bedeutete. Einige Minuten standen sie einfach nur da und küssten sich, bis Kyo sich langsam wieder löste und Yuna zum Abschluss noch einen leichten Kuss auf den Mundwinkel gab. „Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich kurz unter die Dusche springe?“, ihm war auf dem Rückweg allmählich kalt geworden, da es wieder angefangen hatte zu Regnen und trotz dass seine Lederjacke recht Wasserfest war, waren doch einige Tropfen in seinem Nacken gelandet und hatten ihm immer wieder eine ekelhafte Gänsehaut beschert. „Nein, geh ruhig, ich wärme schon mal das Bett vor“, nickte sie und zog dem Sänger dann sogar einfach die Jacke aus, da er immer noch mit seinen ganzen Straßensachen im Flur stand. Bereitwillig ließ Kyo sich also entkleiden und zog sich auch die Schuhe von den Füßen, um sie neben Yunas zu stellen. Mit besockten Füßen lief er daraufhin durch die kleine Wohnung und steuerte das Schlafzimmer an, worin er zuvor seine Tasche gestellt hatte. Er musste nicht lange wühlen, um seine Schlafsachen zu finden und eine Zahnbürste zog er auch gleich mit raus, sowie ein Handtuch. „Ich hätte auch ein Handtuch für dich gehabt“, grinste Yuna, als sie ins Schlafzimmer kam und ihn mit seinen ganzen Habseligkeiten erblickte. „Ist eine Angewohnheit, wenn ich wohin gehe, habe ich immer ein Handtuch mit“, zumindest wenn er wusste, dass er da übernachten würde. „Okay, manchmal bist du ja schon ein bisschen anders“, und daraufhin musste Kyo nun grinsen. „Ja, aber damit kann ich ganz gut leben.“ Der Sänger stapelte die Sachen dann auf seinen Armen und verabschiedete sich zunächst ins Bad, wo er sich sogleich von den klammen Sachen befreite und ziemlich schnell unter der Dusche stand. Der Blonde beeilte sich, da er so schnell wie möglich wieder zu Yuna und in ihre Arme wollte. Oder sie in seine. Das war ihm egal, Hauptsache sie waren dann ungestört und konnten die Nähe zueinander genießen. Nach ungefähr fünf Minuten stieg er somit tropfnass wieder aus der Dusche und mit einer gekonnten Handbewegung angelte Kyo sich sein Handtuch und rubbelte sich schnell trocken. So richtig warm war ihm immer noch nicht, und er zitterte leicht, da es nicht gerade warm im Bad war. Selbst durch das schnelle Rubbeln über seine Haut, mit dem Handtuch, konnte er die dicke Gänsehaut nicht vertreiben. Also schien wirklich nur noch das warme Bett von seiner Freundin zu helfen und da es ihn immer mehr dahin zog, putzte er sich im Schnelldurchlauf noch seine Zähne und hatte sozusagen noch Schaum vor dem Mund, als er ins Schlafzimmer einfiel und sich beinahe schon auf das gemütliche Bett schmiss. Ohne zu zögern krabbelte er unter die Bettdecke, die wirklich schon angewärmt war und schmiegte sich an den warmen Körper Yunas. „Boah, du bist ja eiskalt! Du sollst warm duschen, nicht kalt“, zuckte sie kurz zusammen, als er seine Arme um sie geschlungen hatte und ihren warmen Körper regelrecht an seinen presste. „Hab ich, aber mir ist trotzdem nicht wärmer geworden“, murmelte er und küsste mit seinen kühlen Lippen die warme Stelle hinter ihrem Ohr. „Wehe du kriegst eine Erkältung, da hast du Hausverbot“, nuschelte sie. „Wie darf ich das jetzt verstehen? Du würdest deinen kranken Mann nicht pflegen wollen und ihn stattdessen elendig zu Grunde gehen lassen?“ „Ja“, sagte sie ohne zu zögern und Kyo hörte auf das sinnliche Ohr zu liebkosen. „Hey, hab ich gesagt, dass du aufhören sollst?“, fiel es anscheinend auch Yuna auf. „Warum soll ich dich verwöhnen, wenn du mich leiden lassen würdest?“, fragte er nur. Das veranlasste Yuna dazu sich in seinen Armen zu drehen und sie sah den Sänger an, der sie mit halbgeschlossenen Augen beobachtete. Die Hälfte von seinem Gesicht war im Kissen versunken, da es so weich und flauschig war. „Weil ihr Männer immer so maßlos übertreibt. Ihr könnt euch ein Bein abhacken, da ist nix dabei, aber wenn ihr nur mal erkältet seid, dann hat man das Gefühl ihr würdet gleich sterben“, erklärte sie und der Sänger sah ganz genau, dass ihre Mundwinkel verräterisch zuckten und sie ihn nur aufziehen wollte. „Du hast mich noch nie mit einer Erkältung erlebt“, hielt er dagegen. Allerdings musste er dabei wirklich etwas besser auf sich achten, da seine Stimme schließlich sein wichtigstes Instrument war und bei einer Erkältung ging die bei ihm meistens immer zu Bruch. „Und ich will das auch so weit wie möglich hinaus zögern“, schmunzelte sie nun. „Also hör auf zu schmollen und mach da weiter, wo du aufgehört hast“, forderte sie nun und rutschte noch näher an den Sänger heran, so dass sich ihre Nasenspitzen beinahe berührten. „Wenn ich jetzt aber keine Lust mehr drauf habe?“, zog er kurz eine Augenbraue nach oben und sah Yuna auffordernd in die Augen. „Dann muss ich wohl andere Geschütze auffahren, willst du das?“ „Kommt drauf an, was genau du meinst. Aber auf großartige Action habe ich heute ehrlich gesagt keine Lust mehr“, gab er zu und hielt sich schnell die Hand vor den Mund, da ein Gähnen ihn übermannte. Ein bisschen Enttäuschung sah er kurz in Yunas Gesicht aufflackern, aber dieser Ausdruck verschwand ziemlich schnell wieder und sie nickte und schien ihn wirklich zu verstehen. „War ein anstrengender Tag“, murmelte sie und mit einer Handbewegung schaltete sie ihre Nachttischlampe aus und legte sich wieder nah an Kyo heran, der sie gleich an seine Brust zog. „Eher ein anstrengender Abend“, gab er zu und fuhr sich kurz über die Augen. „Du meinst wegen Natsuki?“, fragte sie und der Sänger spürte sie an seiner Brust nicken. „Das war aber auch eine Aktion.“ „Sicher, aber ich kann die Kleine auch verstehen. Wahrscheinlich wäre ich auch abgehauen, wenn ich in ihrer Situation gewesen wäre. Mir wären ebenfalls alle anderen egal gewesen, Hauptsache ich hätte das Feuerwerk sehen können“, musste er gestehen und fuhr sanft durch die weichen Haare Yunas. „Und wir alle haben gesehen, wie sie dann drauf reagiert hat. Ich will gar nicht wissen wie verzweifelt und traurig sie geworden wäre, hätte sie es verpasst.“ „Ja, aber bei dem Feuerwerk war sie auch nicht wirklich glücklich“, widersprach Yuna. „Natürlich nicht, aber ich glaube so hat sie sich mit ihren Eltern noch einmal richtig verbunden gefühlt, auch wenn es nur sehr kurz war. Ich denke sie konnte sich so auch richtig von ihnen verabschieden, da ich nicht glaube, dass sie auf der Beerdigung war. Aber wie will man das einem kleinen Kind auch erklären?“, hätte er da auch keine Ahnung. „Ich finde du hast das sehr gut gemacht. So ruhig wie du, hätte ich nie bleiben können.“ „Was hätte ich denn machen sollen? Sie auffordern nicht so zimperlich zu sein? Das steht mir nicht zu, außerdem war ich alles andere als ruhig. Am liebsten wäre ich weggerannt. Ich hab mir so gewünscht ihr ihren Wunsch erfüllen zu können, dass sie ihre Eltern wieder bekommt, aber das kann ich nicht“, seufzte er und starrte an die Decke, die in Dunkelheit lag. Er hatte schon wieder einen dicken Kloß im Hals und er musste sogar blinzeln, da sich eine Träne aus seinem Augenwinkel löste. Immer noch erschien das todtraurige Gesicht vor seinen Augen. Sein Herz schmerzte daraufhin immer wieder. „Hey, du hast dein bestes getan“, hatte die junge Frau scheinbar seine Verfassung bemerkt und sie richtete sich etwas auf und sah ihn an, auch wenn er es nur schemenhaft erkennen konnte. „Ja, aber war es auch genug? Werde ich jemals genug für sie sein?“ „Kyo, du wirst das Beste für sie sein, nicht nur genug.“ „Woher willst du das wissen? Bis vor einem halben Jahr hatte ich überhaupt kein Interesse an Kindern, von Erfahrung ganz zu schweigen. Und nach diesem Abend…“ „Hey, Stopp! Wage es jetzt ja nicht deine Entscheidung in Frage zu stellen. Du wirst ein wunderbarer Daddy für sie sein.“ „Wer sagt dir das?“, unterbrach er sie gleich wieder und mittlerweile waren der einen Träne schon mehrere gefolgt. „Weil ich euch zusammen gesehen habe. Kyo, sie frisst dir aus der Hand. Natsuki vertraut dir und sie mag dich. Ich glaube sie liebt dich sogar. Merkst du denn gar nicht, wie sehr sie mittlerweile an dir hängt? So sehr, dass sie dich nicht mal teilen wollte“, blieb sie ruhig, was er ihr hoch anrechnete. Wenn er so daran dachte, stimmte es schon, aber trotzdem war da eine innere Stimme, die ihm einreden wollte, dass er es nicht schaffen würde. „Schon, aber reicht das?“ „Ob das reicht? Du hast zu deinem Adoptivkind schon so eine feste Bindung, das schaffen manche nicht mal in der ganzen Zeit, während sie ein Kind groß ziehen und dabei wohnt sie noch nicht einmal bei dir. Und ganz ehrlich, hätten die Behörden es dir nicht zugetraut, hättest du auch nie den Zuspruch bekommen. Also mach dich jetzt nicht so fertig. Du wirst sehen, morgen sieht die Welt schon wieder anders aus.“ Eine Weile schwieg der Sänger und ließ sich Yunas Worte immer wieder durch den Kopf gehen. Dass eine Verbindung zu Natsuki bestand, dass konnte er beim besten Willen nicht abstreiten. Und das sie sich super verstanden auch nicht. Vielleicht hatte Yuna recht und er sollte jetzt einfach schlafen und den nächsten Tag und vor allem das nächste Treffen auf sich zukommen lassen. „Wahrscheinlich hast du recht“, gab er also zu und wischte sich nun endgültig die Tränen weg, die zumindest schon nicht mehr nachgeflossen waren. „Danke“, murmelte er noch, bevor er Yuna wieder auf seine Brust zog, ihr einen Kuss auf die Stirn drückte und ihr eine Gute Nacht wünschte. Kapitel 68: Achtundsechzig -------------------------- Eine Woche später betrat Kyo das Kinderheim und schaute sich nach Natsuki um. Ganz wie Yuna gesagt hatte, war sie bei ihrem nächsten Treffen wieder ganz die Alte gewesen. Sie hatte ihn sogar noch stürmischer begrüßt, als je zu vor. Somit war der Sänger wieder beruhigt gewesen und damit ging es ihm auch besser. Deswegen hatte er dem heutigen Treffen auch wieder ganz positiv entgegen gesehen, zudem sie beide auch etwas wichtiges heute vor hatten. Da sie nun in einer Woche bei ihm einziehen würde, musste er nun endlich mal einen Kindersitz für sein Auto besorgen. Zwar kamen sie auch so sehr gut zurecht, aber irgendwann würde der Tag kommen, an dem sie eben auf das Auto angewiesen sein würden und bevor er dann dumm da stehen würde, kümmerte er sich lieber jetzt darum. „Oh, gut dass ich Sie noch erwische, hätten Sie bitte eine Minute?“, kam er allerdings nicht sehr weit und innerlich seufzte er. Aber gut, die Heimleiterin hatte freundlich drum gebeten, also würde er ihr den Gefallen tun. „Sicherlich“, nickte er also und folgte ihrem Wink und betrat kurz darauf das Büro. Sie zeigte auf den leeren Stuhl und Kyo nahm Platz, auch wenn er es sich hier eigentlich nicht unbedingt gemütlich machen wollte. „Ich habe die Bestätigung für den Kindergarten bekommen“, kam sie gleich zum Punkt und er nickte. „Okay.“ „Ab November wird sie dort dann auch untergebracht sein“, erzählte sie weiter und wieder nickte der Sänger. Da musste er noch ein Gespräch mit Kaoru führen, denn die zwei Wochen konnte er sie unmöglich allein zu Hause lassen und Yuna wollte er dafür auch nicht immer einspannen, schließlich war Natsuki dann sein Kind und nicht ihres. Also würde das Mädchen wohl die zwei Wochen ihr Studio wieder unsicher machen müssen. Die Heimleiterin erzählte auch noch einige andere Dinge, die er jetzt nicht unbedingt als wichtig betrachtete, aber er nickte immer an den richtigen Stellen und nach wenigen Minuten konnte er den muffigen Raum auch schon wieder verlassen. Mit kurzen Worten verabschiedeten sie sich und Kyo stand dann schon wieder vor der geschlossenen Tür. Da sich heute der Herbst von seiner schönsten Seite präsentierte, waren die Kinder alle in den Garten gescheucht worden und tobten da herum. Er benötigte einen Moment, doch dann sah er sie. Natsuki hatte sich unmöglich in die Hängematte geworfen und schaukelte herum. Statt für längs lag sie für quer drinnen und sie drohte immer wieder eine Rolle vorwärts zu machen und damit von der Hängematte zu purzeln. Dass sie alleine war, daran hatte er sich schon gewöhnt, denn Freunde hatte sie noch immer nicht gefunden, aber das befand er jetzt nicht mehr wichtig. „Pass auf, nicht das du runter fällst“, sagte er und machte sie so auf sich aufmerksam. Für den ersten Moment kam das Mädchen dann wirklich ins Straucheln, aber Natsuki fing sich schnell wieder und konnte sich gar nicht schnell genug aus den Fängen der Hängematte befreien. Danach rannte sie gleich auf ihn zu und Kyo ging in die Hocke, bevor sie in seinen Armen lag. „Hey, Tsuki-chan“, murmelte er und knuddelte sie richtig durch. Da die kleine Lady keine Anstalten machte sich wieder zu lösen, hob er sie einfach auf seine Arme und ging mit ihr ins Innere zurück, schließlich mussten sie ihren Rucksack mit den Einhörnern noch holen. Ohne den ging sie fast nirgendwo hin und für Kyo war es auch schon ganz selbstverständlich geworden. „Hast du alles?“, fragte er trotzdem noch mal nach, bevor sie am Ende noch mal umdrehen mussten. Sofort nickte sie und dann konnte es auch schon los gehen. Auf der Straße musste er sie dann zunächst wieder auf ihre eigenen Beine stellen, da sie auf Dauer zu schwer wurde. Zwar hatte er sie am Abend des Feuerwerkes auch die ganze Zeit getragen, aber da hatten sie andere Sorgen gehabt und Kyo hatte es da nicht so bemerkt. Dennoch nahm er sie an die Hand und gemeinsam passierten sie einige Straßen, bis sie an einem Geschäft ankamen, welcher Autokindersitze verkaufte. Kyo musste zugeben, dass er sehr gerne Yuna an seiner Seite gehabt hätte, aber die musste arbeiten und konnte nicht frei machen. Also musste er selbst da durch. Zumindest hatte sie ihm aber noch den Tipp gegeben, dass er Natsuki mitnehmen sollte, denn diese musste ja schließlich drinnen sitzen und sollte es nicht nur sicher sondern auch bequem haben. Ohne ihren Tipp hätte er sicherlich nur einen beliebigen gegriffen, der dann wohlmöglich ein Griff ins Klo gewesen wäre. „Dann lass uns mal schauen, was gut für dich ist“, sagte er kurz vorm Betreten des Ladens zu Natsuki, die nickte. Zusammen traten sie dann auch durch die Tür und sofort hatte der Sänger einen chemischen Geruch in der Nase, der von verschiedenen Autoreifen, Sitzbezügen oder anderen Teilen kam, die irgendwie für Fahrzeuge nützlich waren. Ein bisschen sahen sie sich um, bis sie bei den Kindersitzen ankamen und der Sänger war vom ersten Moment an überfordert. Es gab dutzende Modelle, von billig bis teuer, von vertrauenserweckend, bis abschreckend. „Kann ich Ihnen helfen?“, ließ eine Stimme ihn zusammen zucken und Kyo wirbelte herum, um da gleich einem Verkäufer gegenüber zu stehen. „Ja, bitte“, nickte er gleich und deutete auf die Kindersitze. „Wir benötigen einen Kindersitz für die junge Dame.“ „Okay, schon eine bestimmte Vorstellung?“, nickte der Verkäufer verstehend. „Nein, Hauptsache sicher und bequem für sie.“ „Gut, dann schauen wir mal. Haben sie ein bestimmtes Budget?“, wollte er dann noch wissen, aber Kyo schüttelte den Kopf. „Nein, Geld ist egal, wichtig ist nur die Sicherheit von ihr.“ Somit ließen sie sich verschiedene Modelle zeigen und demonstrieren. Natsuki nahm immer wieder Platz, um zu probieren wie es sich saß. Zwar fand sie einige Modelle ganz passabel, aber perfekt war keines. Kyos Hoffnung begann schon zu schwinden, doch ein Exemplar war noch über und zu seinem Glück war dieses das Sicherste und auch das Gemütlichste für Natsuki. Somit schob der Sänger diese Entscheidung nicht hinaus, sondern kaufte diesen Kindersitz. Mitnehmen konnte er den Sitz jetzt allerdings nicht, da der ziemlich sperrig und schwer war und zu Fuß konnte er ihn einfach nicht den ganzen Tag noch mit sich herum schleppen. Also regelte der Sänger es so, dass er ihn in den nächsten Tagen abholen würde. Mit einigen Yen weniger verließen sie nach knapp einer Stunde den Laden und Kyo war richtig erleichtert, da er das nun auch endlich hinter sich gebracht hatte. „Wollen wir noch ein Eis essen gehen?“, fragte er seine kleine Lady und er wollte sie ein bisschen belohnen, da sie die ganze Prozedur ohne Murren über sich ergehen hat lassen. „Ja. Mit Gummibärchen und Blaubeeren“, nickte sie gleich und der Sänger grinste. „Dann lass uns mal schauen, ob das Eiscafé an der Ecke so was für dich hat“, nahm er Natsuki wieder an die Hand und zusammen gingen sie die Straße nach unten. „Wollen wir ein Eis zu Yuna bringen? Und Whisky muss auch eins bekommen“, bestach Natsuki ihn mit ihren braunen Bambiaugen, als sie vor der Eistheke standen und nach den Sorten Ausschau hielten, welche ihnen schmecken könnten. „Ehm… für Yuna sicherlich, aber Whisky sollte so etwas nicht essen,… denke ich“, war er sich nicht so sicher. Der Hund an sich würde zwar garantiert genüsslich das süße Zeug aufschlecken, aber ob es so gesund war, daran zweifelte er dann doch. „Dann musst du das essen, wenn er nicht darf.“ „Oh nein, das ist nicht drin“, musste Kyo da leider ablehnen. Sein Diätplan sah das nicht vor und er selbst war jetzt auch nicht gerade in der Stimmung für viel Eis. „Wir nehmen Yuna eine Portion mit und dir, okay?“, schlug er vor. „Und was ist mir dir? Du hast doch gesagt, dass wir Eis essen gehen“, war Natsuki nicht überzeugt und der Sänger verfluchte sich innerlich für seinen Vorschlag. „Ich hab irgendwie den Appetit auf Eis verloren“, versuchte er sich damit ein bisschen heraus zu reden. „Wie kann man keinen Hunger auf Eis haben?“, sah Natsuki ihn an, als wäre er total bescheuert und Kyo schmunzelte, zuckte aber mit den Schultern. „Ist nun mal so. Also was ist nun? Ein Eis für dich und Yuna und wir überraschen sie damit?“, fragte er noch einmal. „Ja“, nickte sie dann und sie traten einen Schritt näher an die Thekenscheibe, um sich die Sorten genauer anzusehen. Es dauerte ein bisschen, aber Natsuki entschied sich dann endlich und mit zwei Kugeln Eis, Blaubeeren und noch zusätzlichen Gummibärchen in einem Becher, war sie glücklich und ganz vorsichtig nahm sie den kleinen Papierbeutel entgegen, in dem ihr und auch Yunas Eisbecher verstaut war. „Jetzt müssen wir uns aber beeilen, nicht das euer Eis zerlaufen ist, wenn wir bei Yuna sind“, nahm der Sänger das Mädchen an die freie Hand und zügig legten sie den Weg in die Companie zurück. Da sie genau wussten wohin, standen sie dann doch recht schnell vor Yunas Tür und da Kyo gerne seinen Gewohnheiten nachkam, klopfte er an und drückte keine Sekunde später die Türklinke nach unten, um dann gleich in ein überraschtes Gesicht seiner Freundin zu sehen, welches kurz drauf mit Freude erfüllt wurde. „Wir haben Eis mit“, zeigte der Sänger auf Natsuki, die den Beutel hoch hielt und dann fiel die Tür hinter ihnen auch schon wieder ins Schloss. Kapitel 69: Neunundsechzig -------------------------- Mit einem tiefen Atemzug setzte Kyo das letzte Kreuz auf seine Postkarte, die einen Kalender dar stellte. Schweigend betrachtete er sich die ganzen Monate, die er warten musste. Doch Morgen sollte es soweit sein und sein Mädchen war endlich bei ihm. Glauben konnte er es zwar immer noch nicht und das würde auch bestimmt noch eine ganze Weile so bleiben, aber er freute sich trotzdem wie ein Schnitzel und am liebsten würde er sofort aufspringen und die Bude einrennen, um Natsuki zu sich zu holen. Doch ein paar Stunden Geduld musste er noch aufbringen, ob er wollte oder nicht. Einen Moment betrachtete er sich noch einmal den Kalender, besah sich die vielen Kreuze, die er tapfer jeden Tag gemacht hatte und ein bisschen melancholisch gestimmt strich er mit seinem Zeigefinger leicht über die Kreuzchen und spürte richtig die Kerben, die einige Stifte drauf hinterlassen hatten. Das tägliche Ankreuzen war ja schon so etwas wie eine Gewohnheit geworden und die ersten Tage würde ihm bestimmt etwas fehlen, aber dennoch hatten sie ihren Zweck erfüllt und die Zeit war endlich verstrichen. Nach einem letzten Blick legte er die Karte nun endlich zur Seite. Müde fuhr der Sänger sich über seine Augen, bevor er aufstand und sich aus seinem Schlafzimmer eine lange Schlafhose und ein einfaches Shirt holte. Der Tag war anstrengend gewesen und er wollte sich nur noch etwas Wasser ins Gesicht spritzen und seine Zähne putzen. Mit seinen Schlafsachen bewaffnet betrat er auch gleich den gefliesten Raum und ohne zu zögern befreite sich der Sänger von seinen Straßenklamotten, verfrachtete sie gleich in den Wäschekorb, und stieg in seine Schlafsachen. Duschen musste er jetzt nicht mehr, da er vorhin, nach dem Konzert, erst den Schweiß von sich gewaschen hatte. Erst morgen Früh würden die anderen Körperteile wieder Wasser sehen. Als seine Sachen nun komplett gewechselt waren nahm er sich seine Zahnbürste, gab ordentlich Zahnpasta drauf und schob sie sich dann in den Mund, nur um kurz drauf seine Zähne mit kreisenden Bewegungen zu säubern. Immer wieder fielen ihm dabei die Augen zu und nach dem fünften Mal legte er einen Zahn zu und die kreisenden Bewegungen wurden dann doch nicht mehr ganz so akribisch ausgeführt. Kyo spülte dann nur noch seinen Mund mit Wasser aus, ehe er sich noch etwas ins Gesicht spritzte, dann schnappte er sich schon sein Handtuch und trocknete sich ab. Nachdem alles wieder an seinem Platz stand tapste er barfuß in sein Schlafzimmer und ließ sich anschließend in sein Bett fallen. Erst als er schon im Bett lag und sich schon halb in seine Decke gekuschelt hatte, fiel ihm ein, dass er das Licht eventuell auch ausschalten sollte. Grummelnd kämpfte er sich wieder aus seinem Bettzeug, kroch zum Lichtschalter, kippte diesen um und schlich danach wieder ins Bett. Diesmal allerdings ein bisschen mit Bedacht, da er das Talent hatte im Dunkeln immer irgendwo dagegen zu rennen, auch wenn eigentlich nichts im Weg stand, treffen tat er mit seinen nackten Zehen dann aber doch irgendwie immer etwas. Doch diesmal sollte er verschont bleiben und als er diesmal in seinem Bett lag, kriegte ihn nichts mehr so schnell heraus. Erst am nächsten Morgen rührte sich der Blondschopf wieder. Aber auch nur, weil sein Wecker meinte, dass es Zeit zum Aufstehen war. Zuerst wollte er das nervige Gepiepe einfach ignorieren, aber mit jedem weiteren Ton drängte sich etwas in seinen Kopf, was scheinbar ziemlich wichtig war. Nur was war das gleich noch einmal? Kyo analysierte das Piepen und irgendwann hatte er es so verinnerlicht, dass es ihm quasi „Na-tsu-ki, Na-tsu-ki, Na-tsu-ki“, entgegen plärrte. Sofort riss er seine Augen auf und hämmerte mit seiner Faust auf den Wecker, der kläglich unter Kyos kraft nachgab und dann einfach sein Gehäuse fallen ließ und nur noch das Display, samt dem Innenleben, auf seinem Nachttisch stand. Das Gehäuse selbst lag verteilt herum, aber der Wecker war trotzig und zeigte immer noch rote Ziffern an. Ein wenig perplex besah der Sänger sich sein ‚Werk‘ und er wusste nicht so recht, ob er lachen oder weinen sollte. Er entschied sich letzten Endes fürs Ignorieren und er warf stattdessen seine Bettdecke zurück. Sofort fröstelte es ihn und am liebsten wäre er wieder zurück gekrochen, aber heute war der große Tag gekommen und Kyo konnte es sich nicht leisten zu spät zu kommen. Also kniff er seine Arschbacken zusammen und er schlich zu seinem Kleiderschrank, um sich seine Jeans, ein weißes Hemd und ein Paar Socken zu angeln. Damit ging er ins Bad und befreite sich diesmal von seinen Schlafsachen, die er auf seine Waschmaschine schmiss. Nackt stieg er in seine Dusche und er seufzte wohlig auf, als das warme Wasser auf seine Haut traf. Zunächst genoss er das warme Nass, bevor er zum Shampoo griff und seine Haare ordentlich wusch, genauso wie seinen Körper, den verwöhnte er allerdings mit Duschgel. Die Dusche weckte dann doch ziemlich alle Lebensgeister von ihm und nachdem er abgetrocknet und angezogen war, verzog der Sänger sich in seine Küche. Die Kaffeemaschine wurde auch gleich zu einem ausgiebigen Dienst verdonnert, dann saß er mit einer großen gefüllten Kaffeetasse schon am Tisch. Essen konnte er jetzt irgendwie nichts, denn er hatte ein richtig flaues Gefühl im Magen und ihm flatterte beinahe schon das Herz, so aufgeregt war er. Kyo kam sich vor, als würde er zum ersten Mal im Leben in das Heim gehen und sein Adoptivkind sehen, dabei war er mit den Angestellten und der Heimleiterin schon fast per Du. „Gott, komm mal runter, du bist ja wie auf Droge“, schüttelte er über sich selbst den Kopf und im nächsten Moment fragte er sich, ob denn da Kaffee das richtige war, sollte er denn da nicht lieber einen Beruhigungstee trinken? Allerdings war die Zeit zum Zubereiten eines Tees dann doch etwas knapp und er hielt sich dann lieber doch weiterhin an seiner Kaffeetasse fest, bis er sie geleert hatte. Ein wenig spielte er noch etwas an ihr herum, bis er aufsprang, sie in die Spüle stellte und dann Schnurrstracks in den Flur marschierte, wo er sich gleich seine weißen Sneakers anzog und sich seine schwarze Lederjacke überwarf. Kyo konnte einfach nicht länger in seiner Wohnung sitzen und warten bis die letzten zwei Minuten verstreichen würden. Zwar waren zwei Minuten jetzt nicht gerade viel, aber so wie er sich kannte würde er nicht gemütlich durch die Straßen Tokyos laufen, sondern schon fast mit einem Affenzahn den Weg hinter sich bringen. Einen Moment dachte er daran sein Auto zu nehmen, aber er entschied sich dagegen, denn so viele Sachen hatte Natsuki dann nun auch nicht. Sie hatten im Vorfeld schon einige Sachen aussortiert, die sie im Heim lassen und anderen Kindern überlassen würde. Vieles sah einfach nicht schön aus, oder war zu klein oder zu groß. Und bevor Kyo den ganzen Mist bei sich zu Hause herum liegen hatte, dann sollten die sich im Kinderheim lieber darum kümmern. Er für seinen Teil, verbrachte da lieber einen gemütlichen Tag mit Natsuki im Einkaufszentrum, wo sie sich neue Kleidung aussuchen konnte. Wie er es von sich erwartet hatte, rannte er die Straßen schon regelrecht entlang und zehn Minuten vor zehn Uhr kam er bei der Einrichtung an, also viel zu früh. Die Nervosität war noch immer nicht verschwunden und das erste Mal, seit dem er aufgehört hatte zu Rauchen, bereute er es. Was würde er jetzt für eine Zigarette tun, die ihn bestimmt etwas beruhigen würde?! „Du bist doch bescheuert“, schallte er sich dann aber schon im nächsten Moment und er würde sich selbst die Löffel langziehen, wenn er wieder zum Glimmstängel greifen würde, schließlich ging es ihm ohne dem ganzen Dreck viel besser. Ein paar Minuten tigerte er wie ein angeschossenes Gnu vor dem Tor des Kinderheimes herum, bis er an der Schulter berührt wurde und Kyo jämmerlich zusammen zuckte. „Hey, ich bin es doch nur“, hob Yuna gleich abwehrend die Hände. „Ist alles in Ordnung?“, schaute sie aber im nächsten Moment besorgt aus der Wäsche. „Das kannst du doch nicht machen!“, fasst er sich ans Herz und Kyo sah die junge Frau schwer atmend an. „Tut mir leid, ich dachte du hättest mich gehört“, entschuldigte sie sich gleich wieder. „Wieso bist du denn nicht drin? Ist was passiert?“, hielt sie sich aber nicht lange an der Sache auf. „Schon gut“, hatte sich sein Herz dann auch wieder soweit beruhigt, das es nur noch vor Aufregung schnell schlug. „Wenn ich ehrlich bin, geht mir der Arsch auf Grundeis“, gab er dann aber zu. „Huh? Warum denn das?“ „Ich habe keine Ahnung, aber ich bin so aufgeregt, wie schon lange nicht mehr.“ „Hey, atme mal tief durch und schau mich an“, trat Yuna einen Schritt näher und sie zog den Sänger an seinem Kragen etwas zu sich heran. Der tat was sie sagte, doch seine Aufregung legte sich trotzdem nicht. „Man könnte meinen, du triffst Natsuki heute das erste Mal“, schmunzelte sie. „Ich weiß“, brummte Kyo stattdessen nur. „Mensch Kyo, nun zieh nicht so ein Gesicht! Müsstest du heute nicht strahlend durch die Gegend springen und allen dein Glück zeigen?“ „Ich versuche es ja, aber ich bin so aufgeregt, ich könnte kotzen“, verstand er sich selbst nicht. „Kannst du nicht mir rein kommen?“ „Oh nein, das machst du mal schön alleine. Den Moment will ich euch beiden nicht wegnehmen. Wenn du willst, kann ich nach der Arbeit vorbei kommen aber eher wird es nichts werden und da wir gerade dabei sind. Ich muss jetzt endlich rein, bevor mein lieber Kollege wieder einen halben Kollaps bekommt, weil er befürchtet alles allein machen zu müssen“, redete Yuna gleich für zwei und das zauberte Kyo dann doch ein kleines Lächeln aufs Gesicht. „Schade“, murmelte er trotzdem. „So und während ich meinem Kollegen in den Arsch trete, bewegst du dein Prachtexemplar jetzt da rein und holst dir endlich dein Mädchen, auf welches du doch schon so lange gewartet hast“, strich sie ihm den Jackenkragen wieder glatt, da sie diesen etwas in Unordnung gebracht hatte und stellte sich für einen Moment auf die Zehenspitzen um dem Sänger einen süßen Kuss auf die Lippen zu drücken. „Okay, das werde ich tun“, wisperte er an Yunas Lippen und nahm sich die Freiheit heraus sich noch einen Kuss von ihr zu stehlen. Sie lösten sich dann und die junge Frau zeigte ihm noch beide Daumen nach oben, bis sie winkend im Gebäude der Companie verschwand und er jetzt wieder allein vor dem Kinderheim stand. „Okay, dann mal los“, räusperte er sich ein letztes Mal, bevor er seine Schultern straffte und sich dann endlich in das Innere des Gebäudes begab. Sein Weg führte ihn zunächst ins Büro, wo die Heimleiterin schon wartete. Freundlich kam sie ihm entgegen und bot ihm den bekannten Platz vor ihrem Schreibtisch an. Kyo kam es so surreal vor, dass er nun das letzte Mal hier sitzen würde. „Heute ist es endlich soweit“, schmunzelte sie noch immer und der Sänger konnte nur nicken, während er sich seine schweißnassen Hände an seiner Hose trocknete. Er musste dringend ruhiger werden, schließlich konnte ja nichts mehr schief gehen. Die Heimleiterin händigte ihm dann noch die ganzen Papiere aus. Geburtsurkunde, Impfausweiß, Versicherungskarte und natürlich die Adoptionsurkunde. Am Ende war es ein ganz schöner Stapel, da er seinen Adoptionsantrag und den Antrag für den Kindergarten auch gleich mit bekam. Aber Kyo war es ganz recht so, denn da hatte er alles schwarz auf weiß, falls wirklich mal etwas sein sollte und da war er wirklich lieber vorbereitet, als dann am Arsch. Ihm wurde noch erzählt, das vom Jugendamt sicherlich auch mal ein unangekündigter Besuch kommen könnte, einfach um zu sehen, wie die beiden im Alltag so zurechtkamen, ansonsten würden sie ihre Ruhe haben und ihr Leben leben können. „Dann will ich Sie mal nicht weiter aufhalten. Wo Natsuki ist, das wissen Sie ja. Die Kleine kann es kaum erwarten, bis Sie endlich zur Tür rein kommen und ich denke wir sollten das Mädchen und auch Sie endlich erlösen, denn Sie wirken auch recht aufgeregt“, erhob die Heimleiterin sich mit diesen Worten und der Sänger konnte dem nur zustimmen. „Zwar sagt man ‚Auf Wiedersehen‘ aber ich hoffe so schnell sehen wir uns dann doch nicht wieder, außer Sie wollen vielleicht doch noch ein weiteres Kind zu sich nehmen“, zwinkerte sie, doch Kyo lehnte dankend ab. „Natsuki reicht mir erst mal“, grinste er ein wenig schief, bevor er das Büro mit einem letzten Gruß verließ und das Zimmer von Natsuki ansteuerte, wo die Tür schon offen stand. Ganz langsam trat er an die Tür und er linste erst nur hinein, um zu sehen, was seine kleine Lady gerade machte. Diese saß auf ihrem ehemaligen Bett und hielt die Karte, worauf der Kalender abgebildet war, den er ihr geschenkt hatte, sowie einen Bilderrahmen – ganz sicher der mit dem Bild ihrer Eltern – in den Händen. Beides schaute sie an und sie wirkte sehr zufrieden. Der Sänger ließ ihr noch einen Moment, bevor er an den Türrahmen klopfte und seinen Kopf endgültig hindurch steckte. „Hallo Tsuki-chan“, begrüßte er sie und lächelte. Mit einem Mal war die Aufregung verschwunden und er verspürte nur noch Freude und Glück und schon beinahe absolute Zufriedenheit in sich. „Da bist du ja endlich“, sprang sie sofort auf und warf sich in seine Arme, die er gerade so noch öffnen konnte. „Ja, da bin ich endlich“, murmelte er und drückte das Mädchen ganz fest an sich heran, da er es immer noch nicht richtig fassen konnte und erst jetzt fing er so langsam an zu realisieren, dass sie beide nun in ein ganz neues Leben starteten. „Wie sieht’s aus, gehen wir nach Hause?“, fragte er nach einigen Minuten, in denen sie sich nur umarmt hatten. „Ja, wir gehen jetzt nach Hause“, nickte Natsuki. Zufrieden schulterte Kyo ihre Tasche, worin all ihre Sachen verstaut waren, den Rucksack mit den Einhörnern setzte er ihr auf, nachdem er die Karte und den Bilderrahmen darin noch verstaut hatte und den großen Teddy reichte er ihr auch noch. Zuletzt nahm er mit seiner freien Hand ihre und zusammen verließen sie das Kinderheim und für beide stand fest: betreten würden sie es nie wieder. Kapitel 70: Siebzig - Special ----------------------------- „Kann ich das anziehen?“, hielt Natsuki ihm ein türkisfarbenes Kleid entgegen, welches zwar für den heutigen Tag gekauft worden war, aber jetzt noch nicht gebraucht wurde. „Nein, wir haben doch gesagt, dass du das Kleid heute Nachmittag tragen wirst“, versuchte Kyo nicht seine genervte Seite an die Oberfläche zu lassen. Aber langsam konnte er die Frage nicht mehr hören. Seit zwei Wochen – da hatten sie das Kleid zusammen gekauft – fragte Natsuki nun beinahe drei Mal täglich, ob sie dieses Kleid anziehen durfte. Am Anfang hatte Kyo es ja noch sehr amüsant und auch lustig gefunden, aber nach vierzehn Tagen war er doch ziemlich genervt von der Frage und er machte ehrlich drei Kreuze in seinem Kalender, wenn dieser heutige Tag endlich vorbei war. „Aber ich will das jetzt anziehen“, maulte sie rum. „Ich will gibt es schon mal gar nicht“, brummte er und Kyo nahm ihr das Kleid aus der Hand und hängte es wieder in den Schrank. „Das hier musst du anziehen“, griff er im nächsten Moment nach einem kleinen dunkelblauen Rock, passend dazu eine weiße Bluse und ein dunkelblauer Blazer. Lange weiße Kniestrümpfe, mit einem blauen Streifen am oberen Ende und eine karierte Fliege vervollständigten das Bild dann noch. „Muss das sein?“, schaute sie ihm mit ihrem Bambiblick an, gegen diesen er es in den letzten zwei Jahren einfach nicht geschafft hatte immun zu werden. „Ja, das muss sein. Du willst doch hübsch aussehen und dazu gehören eben die Sachen“, schmunzelte er nun und knöpfte ihr die Bluse schon mal auf, damit sie nur noch hineinschlüpfen musste. „Mit dem Kleid sehe ich aber viel hübscher aus“, hatte Natsuki mal wieder das letzte Wort und manchmal wünschte sich der Sänger, dass sie nicht zu so einer Quasselstrippe heran gewachsen war, aber wenn sie wirklich mal ihren Mund hielt, dann fehlte doch wieder etwas und er machte sich gleich Sorgen, dass irgendwas nicht stimmen könnte. „Du siehst immer hübsch aus“, wollte er nach diesen Worten dann aber endgültig nichts mehr hören. Mit vereinten Kräften zogen sie Natsuki dann die Schuluniform an und nachdem auch wirklich alles perfekt saß, kümmerte der Sänger sich noch um die passende Frisur. Letzten Endes hatte sie zwei geflochtene Zöpfe, die das Mädchen immer so wunderbar verspielt und süß wirken ließen, ganz so, als könnte sie keiner Fliege was zu Leibe tun, aber das dem nicht so war, das hatte Kyo in den letzten zwei Jahren schon öfters bemerkt. „Kommt Yuna dann nicht mit in die Schule?“, fragte das Mädchen, als sie zusammen zu der Grundschule liefen, in diese sie heute eingeschult wurde. „Natürlich kommt sie. Sie ist aber noch bei Nori und Dai, das weißt du doch“, antwortete er und hielt mit ihr an einer roten Fußgängerampel. „Sie wird pünktlich in der Schule sein, versprochen.“ „Okay, ansonsten darf sie nicht auf meine Party kommen“, entschied das Mädchen und Kyo kam nicht umhin aufzulachen. „Süße, Yuna hat für dich die komplette Party organisiert, ich glaube kaum, dass ohne sie etwas laufen wird“, grinste er. Dann gingen sie auch schon weiter, da die Ampel auf Grün gesprungen war und nach wenigen Minuten waren sie auch an dem großen Gebäude angekommen, wo schon viele Erstklässler – meist mit übergroßen Schulranzen – mit ihren Eltern auf den Schulhof und auch in die Schule strömten. Auf den ersten Blick konnte der Sänger seine Lebensgefährtin nicht ausmachen, aber er wusste genau, dass sie kommen würde, weswegen er jetzt nicht in Panik ausbrach, obwohl er zugeben musste, dass er doch schon ziemlich aufgeregt war. Mit dem heutigen Tag würde wieder ein neuer Lebensabschnitt beginnen, zwar mehr für seine kleine Lady, aber dennoch ging es an ihm ja nicht vorbei. Mit dem Strom strömten sie zusammen in die große Aula, wo Kyo Natsuki auf ihren Platz brachte. Die Eltern hatten alle einen Brief bekommen, wo alles drin stand, auch die Platznummer ihrer Sprösslinge. Mit einem Kuss auf die Stirn verabschiedete er sich für den Moment von seinem Mädchen, obwohl er lieber bei ihr geblieben wäre. Er fühlte sich schon fast wie ein Verräter, da er sie auf dem Sitz zurück ließ und zwar allein. Seufzend ging der Sänger auf einen der hinteren Plätze, welche für die Erwachsenen reserviert waren. Kyo beschlagnahmte gleich zwei Stühle und hielt immer wieder nach Yuna Ausschau, denn langsam wurde es knapp und in zwei Minuten sollte die Schuleinführung endlich beginnen. Um Natsuki machte Kyo sich währenddessen schon keine großen Sorgen mehr, denn diese quasselte ununterbrochen auf einen dunkelblonden Jungen ein, der alles brav über sich ergehen ließ. Der Sänger wusste nicht so recht, ob der Junge einfach zu schüchtern war, um sie zu stoppen, oder ob er tatsächlich Interesse an dieser Unterhaltung hatte. „Oh, Tsuki-chan hat schon ihren ersten Freund gefunden“, holte Yuna ihn aus seiner Beobachtung und der Sänger zuckte ein wenig zusammen, da er so plötzlich auch nicht mit ihrem Auftauchen gerechnet hatte. „Ich bin mir noch nicht so sicher, ob es wirklich schon ein Freund ist“, schmunzelte er und stand auf, um sie mit einem sanften Kuss zu begrüßen. Die vertrauten Schmetterlinge sprangen wie jedes Mal in seinem Magen herum und waren glücklich. „Hoffen wir es“, grinste Yuna und gemeinsam nahmen sie dann Platz. Das war auch keine Sekunde zu früh, denn da wurde das große Licht ein bisschen gedämpft und nur die kleine Bühne wurde bestrahlt. Applaus ertönte, als der Schulleiter und die jeweiligen Klassenlehrer die Bühne betraten und die neuen Schüler, sowie die dazugehörigen Eltern begrüßten. Kyo musste zugeben, so wirklich zuhören, was die Menschen da vorn sagten, tat er nicht und er driftete ein wenig mit seinen Gedanken ab. Erst als die ersten Namen aufgerufen wurden und es dann endlich richtig ernst wurde, lenkte er seine Aufmerksamkeit nach vorn und hörte genau zu. Die Kinder wurden in kleinen Grüppchen aufgerufen und als alle aus der Gruppe auf der Bühne standen, bekamen sie nacheinander eine riesige Zuckertüte in die Hand gedrückt. Einige Kinder schnauften ganz schön und konnten die sperrigen Dinger kaum von der Bühne wuchten. Nach und nach wurde so jedes Kind in das Schulsystem aufgenommen und als Natsuki endlich an der Reihe war, zerdrückte Kyo beinahe Yunas Hand. Das bemerkte er auch erst, als sie mit viel Geduld immer wieder über seine Finger strich. Ein bisschen beschämt ließ er locker, aber den Blick von der Bühne abwenden konnte er trotzdem nicht. Mit einem breiten Lächeln nahm sie auch ihre Zuckertüte entgegen, worauf beinahe nur Einhörner abgebildet waren. Diese Tiere waren bis heute ihre Lieblinge und somit wussten sie so ziemlich genau, wie die Schultüte aussehen sollte und so wie sein Mädchen strahlte, war die Entscheidung mehr als nur richtig gewesen. Zudem passte sie perfekt zu Natsukis Schultasche, auf deren Deckel ebenfalls ein Einhorn vertreten war, noch dazu ganz viel Glitzer und alles schön in Rot und Pink gehalten. Nach wenigen Momenten war es aber auch für Natsuki wieder an der Zeit, von der Bühne zu verschwinden und genau wie einige zuvor, hatte sie ganz schön zu tun, die Zuckertüte nicht fallen zu lassen und sie musste immer wieder nachgreifen, da sie aus ihren Fingern zu rutschen schien. Die restliche Zeremonie verging dann ziemlich schnell und die Kinder wurden für einen Moment wieder zu ihren Eltern entlassen. Die meisten übergaben ihre Zuckertüten den Erwachsenen, die diese dann doch geschmeidiger tragen konnten. Lange hatten sie aber nicht Zeit, da die Kinder erneut aufgerufen, bis sie als Klasse zusammen standen und gemeinsam zu ihren Klassenzimmern geführt wurden. Die Eltern liefen im kleinen Abstand hinterher und sie guckten, wie die Kinder sich jeder einen Platz aussuchte. Die Lehrerin erklärte ruhig, dass sie sich den Platz merken sollten, da sie ab jetzt immer genau da sitzen würden. Die meisten Kinder nickten und schauten sich kurz um, als ob sie es sich einprägen würden. Die Lehrerin erzählte ein bisschen über die Schule und den Fächern, die sie lernen würden, dann machte sie sich daran die ersten Schulbücher und Hefte auszuteilen. Die Lehrerin bat die Kinder, die ihren Namen schon schreiben konnten, diesen auf eine Karte zu schreiben, die sie die ersten Wochen auf ihren Platz stellen sollten, damit die Lehrer sich die Namen zu den Gesichtern merken konnten. Auch Natsuki begann gleich vorsichtig einen Stift, den sie aus ihrer Stiftmappe gezogen hatte, über das Papier zu führen und Kyo musste schmunzeln, als sie angestrengt die Zunge halb heraushängen ließ. Aber er wusste, dass sie das konnte, denn sie hatten in den letzten Wochen fleißig geübt und da sollte der Name kein Problem darstellen. Viel mehr passierte dann auch nicht mehr und nach einer reichlichen Stunde wurden die Kinder für diesen Tag entlassen. Kaum hatten die Kinder die Erlaubnis, dass sie aufstehen durften, wuselten sie durch den Klassenraum und nahmen ihre Eltern in Beschlag. Kyo wurde ein bisschen schwindelig, da alle Kinder wild durcheinander plapperten und da Natsuki ebenfalls ohne Luft zu holen redete, legte er ihr bald seinen rechten Zeigefinger auf die Lippen. „Vergiss das Atmen nicht“, schmunzelte er und grinste dann sogar, da sie ihn pikiert anschaute. Doch Natsuki holte wirklich einmal Luft, bevor sie Kyo einfach umarmte. Erfreut, dass sie ihm noch nicht die Hölle heiß machte, da er sie in die Penne schickte, strich er ihr über den Rücken und drückte dem Mädchen einen Kuss auf die Stirn. Danach löste sie sich von ihm und Kyo bekam im nächsten Moment die überfüllte Zuckertüte in die Hand gedrückt, da Natsuki Yuna in Beschlag nahm. Also ging die Knuddelrunde weiter und der Sänger wartete geduldig. „Tsuki, packst du deine Sachen ein?“, stupste er das Mädchen ein, da sie die Chance hemmungslos ausgenutzt hatte und nun Yuna ein Ohr abkaute, denn diese war immer sehr geduldig mit dem Mädchen und stoppte sie fast nie, in ihrem Redeschwall. „Aber ich erzähle Yuna doch gerade, wie toll das hier alles ist.“ „Das kannst du auf dem Heimweg auch noch machen. Oder magst du dein Kleid heute nicht mehr anziehen? Denn wenn du weiter bummelst, dann lohnt es sich gar nicht mehr“, sagte Kyo unschuldig und studierte gespielt die Zuckertüte, worauf – wie sollte es auch anders sein – ein Plüscheinhorn thronte. Nun sah das Mädchen ihn mit großen Augen an, bevor sie zu ihrem Platz ging und schnell, aber doch noch mit Vorsicht, die neuen Schulsachen in ihren Schulranzen räumte. „Du kannst aber auch gemein sein“, grinste Yuna nun. „Was denn? Natsuki hätte dir in einer Stunde noch erzählt, wie aufregend das alles ist“, befand er sich nicht als schuldig. Das Mädchen war dann aber recht schnell fertig und Yuna half ihr, ihre Schultasche richtig aufzusetzen. Die Zuckertüte behielt Kyo bei sich. Die wurde ihm selbst schon langsam schwer, da wäre sie für Natsuki ein unüberwindbares Hindernis gewesen. Zu dritt steuerten sie nun seine Wohnung an – bei einem Zwischenstopp holten sie noch Whisky ab, da der bei einer Freundin von Yuna unter gekommen war – und im Wohnzimmer legte der Sänger die Zuckertüte aufs Sofa. Die würden sie später mit zu Dai nehmen. Die Party für die kleine Lady fand nämlich im Garten ihres Gitarristen statt. Dieser war vor kurzem umgezogen und er hatte sich mit Noriko ein Häuschen, außerhalb der Stadt gekauft. Hinter dem Haus war ein gemütlicher Garten und extra für heute hatten sie sich einen Pavillon besorgt. Während Yuna Natsuki in ihr Kleid half, packte Kyo noch einiges zusammen, was sie noch für den Nachmittag und Abend benötigten. Das meiste war Fresszeug, aber auch Getränke. Einiges lud er schon ins Auto und zuletzt schob er die Zuckertüte noch hinterher. Denn die sollte Natsuki später erst auspacken. Als Kyo seine letzte Runde gemacht hatte, kamen seine Mädels dann auch endlich wieder aus dem Kinderzimmer und ganz automatisch breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus, als er die kleine Lady sah. Das türkisfarbene Kleid ging ihr bis über die Knie und der Rock fiel locker in Falten herunter. Der obere Teil des Kleides lag eng an und glitzerte, so dass die kleinen Schmetterlinge, die drauf gestickt waren, aussahen, als würden sie fliegen. Yuna hatte Natsukis Haare zu einer Hochsteckfrisur zusammen gefasst und sie sah wirklich aus wie eine Prinzessin. „Holde Maid“, ging der Sänger spontan vor ihr auf die Knie und gab ihr einen Handkuss. Kichernd hielt das Mädchen sich die Hand vor dem Mund, ehe sie einen Knicks machte. Das brachte alle drei zum Lachen und mit äußerst guter Laune machten sie sich dann auch schon auf den Weg zu Daisuke, Noriko und Tian. Mit dem Auto brauchten sie etwas mehr, als eine halbe Stunde und als sie ihr Ziel endlich erreicht hatten, parkte Kyo an der Seite und er konnte sehen, dass zumindest Kaoru schon da war. Sie kletterten aus dem Auto und jeder bekam etwas zum Tragen in die Hand gedrückt. Im Gänsemarsch tippelten sie gleich in den Garten, wo Kyo gerade so noch Tian ausweichen konnte. Der zweijährige Sprössling von Noriko und Daisuke war total aufgedreht und rannte wie auf Speed durch den Garten hin und her. Alleine deswegen hatte sich der Umzug definitiv gelohnt, da der Zwerg mehr Energie hatte, als sie in eine Stadtwohnung passen würde. Freudig begrüßten sie sich, wobei Yuna und Kyo zunächst ignoriert wurden, da Natsuki von Familie Andou und auch von Kaoru mit Glückwünschen und Zuckertüten überschüttet wurde. Gut, das war nicht ganz richtig, zumindest was die Zuckertüten anging. Kaorus war ja noch ganz human, von der Größe, aber die von Noriko und Daisuke war schon enorm groß und sie überragte sogar Natsuki, die staunend nach oben schaute und das riesige Ding nicht mal selbst halten konnte. „Ist das nicht ein bisschen übertrieben?“, fragte Kyo ein wenig überfahren und er überlegte, ob das übergroße Teil ernsthaft in sein Auto passte. Wenn er alleine wäre, wäre das kein Ding, aber mit zwei weiteren Personen noch…? „Findest du?“, fragte Daisuke und nahm die Zuckertüte wieder selbst auf. „Naja, die ist größer als Natsuki… ich frage mich unweigerlich, wie groß die dann für Tian mal sein wird?“, gab Kyo zu, was Daisuke zum Lachen brachte. „Oh, die bauen wir selbst und glaube mir, die wird noch gigantischer werden“, grinste der große Rothaarige. „Ich hab’s befürchtet“, grinste der Sänger nun ein wenig schief. „Und bauen wird dafür ganz sicher der richtige Begriff sein.“ Das Auto war nach ein paar Wegen dann auch komplett ausgeladen und gerade als Kyo es verriegelte, fuhr Toshiya vor, der Shinya im Schlepptau hatte. Somit blieb der Sänger am Auto und wartete, bis die beiden aus dem kleinen Kasten Toshiyas geklettert waren. Kumpelhaft begrüßten sie sich mit einer männlichen Umarmung und Schulterklopfen, bevor sie zum Kofferraum gingen. Jeder hatte eine Zuckertüte dabei und während Kyo zum Halten verdonnert wurde, zauberten die beiden Männer noch eine wunderschöne Torte hervor. Selbstverständlich durften darauf Einhörner nicht fehlen und kleine Marzipanfiguren tanzten zwischen dem ABC herum. „Wow, da wird sie aber große Augen machen“, staunte der Sänger nicht schlecht. „Das wollen wir doch hoffen“, schenkte Toshiya ihm sein schönstes Lächeln und auch Shinya nickte zustimmend. Nachdem das süße Backwerk weites gehend gesichert war, wurden Kyo die Zuckertüten wieder abgenommen und er bekam stattdessen die Torte in die Hand. Die Jungs ließen ihm den Vorstritt und heimlich schaffte er die Torte in die Küche, wo Noriko sie gleich kühl stellte, nachdem auch sie das Kunstwerk kurz bestaunt hatte. Aus dem Garten hörten sie Natsuki vor Begeisterung und Freude jubeln und er konnte durch ein Fenster sehen, wie herzlich sie sich bei Shinya und Toshiya bedankte. Somit war ihre Runde perfekt und vollständig. Sie hatten ganz allein Natsuki entscheiden lassen, wenn sie alles einladen wollte und somit waren sie eher im kleinen Kreis geblieben. Yunas Eltern zeigten kein Interesse an ihrer Tochter und deren Leben und seine eigenen Eltern waren verreist, zudem sie auch nicht gerade das einfachste Verhältnis zueinander hatten. Aber ihm war es egal, da wusste er wenigstens, dass diese Feier friedlich und fröhlich blieb und nicht am Ende noch in einem Desaster endete. „Tsuki-chan“, rief er sein Mädchen, nachdem er zurück in den Garten gegangen war. Mit geröteten Wangen kam sie ihm entgegen gerannt und strahlte ihn an. „Willst du zuerst deine Zuckertüten auspacken oder lieber den Kuchen naschen?“, fragte er und strich ihr eine gelöste Strähne hinters Ohr. „Ich mag erst auspacken“, überlegte sie gar nicht erst und mit einem zustimmenden Nicken rannte sie wieder davon und steuerte die vier Zuckertüten an, die unter dem Pavillon, auf einer Hollywoodschaukel lagen. „Papa, hilfst du mir?“, fragte sie, nachdem Natsuki vergeblich versucht hatte das Band aufzuknöpfen, welches das Netz zusammen hielt, was wiederum die Habseligkeiten darin gesichert hielt. „Na klar“, konnte er selbstverständlich nicht ablehnen und Kyo hockte sich neben sie und knibbelte das Band auf, auf welches sie zuerst zeigte. Für ihn war es kein Hindernis und bald hatte er es offen, so dass Natsuki nun alles genau unter die Lupe nehmen konnte. Nach und nach beförderte sie allerlei Kram heraus. Stifte, Füllfederhalter, Radiergummis, Lineale, Süßigkeiten, Kuscheltiere, Taschenrechner, Zirkel, Pinsel, verschiedene Farben und alles, was noch für die Schule wichtig war. Natürlich war einiges doppelt, aber das störte niemanden, da alles Gebrauchsgegenstände waren und sie früher oder Später eh ersetzt werden müssen. Es dauerte eine geschlagene Stunde, bis Natsuki jede Zuckertüte geleert hatte, doch dann war sie fertig und sie bedankte sich noch einmal bei jedem mit einer festen Umarmung. Kyo half ihr noch beim Zusammenräumen, während Noriko und Yuna schon den Tisch für die leckere Torte deckten. Und langsam wurde es auch wirklich Zeit dafür, da dem Sänger schon mächtig der Magen knurrte und er sich schon beinahe selbst verdaute. Zwar waren Kuchen und Torte nicht unbedingt zum Sattessen da, aber gegen den größten Hunger würden auch sie helfen. „Natsuki, wir haben noch etwas für dich“, rief Noriko sie dann allerdings und mit neugierigen Augen ließ Natsuki Kyo stehen und ging lieber der Stimme nach. Schmunzelnd schüttelte er den Kopf und räumte den Rest noch zusammen, bevor er sich wieder aufrichtete und genau rechtzeitig zum Tisch sah. Denn genau in diesem Moment wurde dem Mädchen die Torte präsentiert und ihr fielen wirklich beinahe die Augen aus dem Kopf, als sie das Prachtexemplar sah. Daraus schloss Kyo, dass auch diese Überraschung gelungen war. Mit Begeisterung ließ Natsuki sich beim Anschneiden helfen und nach ein paar Minuten hatte jeder ein Stück Torte auf seinem Teller liegen, sowie eine Tasse Kaffee, beziehungsweise Tee, vor der Nase stehen. Noriko hatte sich ihren Sohn angenommen und versuchte ihn zum Essen zu animieren, aber der schaute lieber zu seinem Papa, der immer wieder Grimassen zog und den Knirps zum Lachen brachte, ihn damit aber auch wunderbar vom Essen abhielt. Kyo beobachtete, wie Norikos Geduldsfaden irgendwann riss und sie Daisuke einen mächtigen Stoß in die Seite gab, so dass dem Gitarristen mal kurz die Luft weg blieb. Grummelnd rieb er sie die Seite, aber er hörte dann tatsächlich mit den Albernheiten auf, woraufhin Tian dann auch mal ein paar Bisse zu sich nahm. Das Kaffeetrinken verlief auch danach friedlich und gesittet und sie hatten die Torte dann doch schon ziemlich dezimiert, als auch der Letzte genug hatte. Die Frauen erklärten sich bereit den Tisch wieder abzuräumen, während die Männer sich die Kinder annahmen und mit denen durch den Garten tobten. Schließlich konnten sie es sich nicht leisten, nach solch einer Kalorienbombe faul herum zu sitzen. Selbst Whisky ließ sich von der ganzen Euphorie anstecken und der Mops konnte nicht still liegen bleiben, sondern sprang ebenfalls mit durch den Garten. Da Daisuke einige Spielsachen besorgt hatte, wurde auch wirklich keinem langweilig und die Zeit bis zum Abendbrot verflog immens schnell und ehe sie sich versahen, wurde der rote Gitarrist hinter den Grill verdonnert. Der wollte erst nicht so recht, aber da Noriko mit Sexentzug drohte, trollte der große Rote sich dann doch und mit allerlei Leckereien verzog er sich hinter dem Grill. Yuna und Noriko derweil bereiteten die Beilagen zu, wie Salate und Brot, sowie einige Dips. Gedeckt war der Tisch auch recht schnell und sehr lange dauerte es dann auch nicht mehr, dann war auch der Grillmeister fertig und Daisuke stellte die gegarten Lebensmittel auf den Tisch. Das war nun das Zeichen für sie alle und bald war die ganze Meute wieder um den Tisch herum versammelt und jeder hatte seinen Teller voll beladen. Selbst Tian hatten den Mund immer voll und kaute fleißig. Scheinbar hatte das ganze Toben auch ihn hungrig gemacht. „Schmeckt es dir?“, murmelte Kyo mit vollem Mund und schaute dabei fragend Natsuki an, die sich gerade eine Cherrytomate in den Mund schob und somit nur nicken konnte. Schmunzelnd richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf seinen Teller und leerte ihn genüsslich weiter. Nach dem Abendessen fühlte er Sänger sich wie ein Fass und wenn er so in die Runde schaute, schien es den anderen auch nicht anders zu gehen. Alle hingen sie schlapp in ihren Stühlen und rieben sich die Bäuche. „Wieso habe ich so viel gegessen?“, stöhnte ihr Bassist und er sah wirklich leidend aus. „Weil du keine Beherrschung kennst“, klang auch Kaoru ziemlich gequält. „Stimmt doch gar nicht. Aber wann bekommen wir schon mal so etwas Gutes auf den Tisch? Da muss man eben zuschlagen“, widersprach er sofort. Nach einer Stunde faul herumsitzen, hatten sie den Tisch weites gehend wieder abgeräumt, nur ein paar Gemüsehäppchen standen noch drauf und Daisuke hatte ein wenig Musik an geschalten. So laut, dass sie sie alle gemütlich hören konnten, aber nicht so extrem, das sich die Nachbarn gestört fühlten. Natsuki hatte Kyo zum Tanzen aufgefordert und ein bisschen ungelenk tänzelten sie über den Rasen, der genug Platz bot. Kyo hatte das Mädchen an den Händen gefasst und versuchte sie ein bisschen zu führen, dabei sah sie allerdings die ganze Zeit auf ihre Füße und trotz dass sie alles genau im Blick hatte, trat sie dem Sänger dennoch ab und an auf die Zehen. Aber er regte sich nicht auf, sondern viel lieber genoss er das Zusammensein mit seiner kleinen Lady und da Tian schon im Bett lag und schlief, hatte sie keinen großartigen Spielkameraden mehr, da Whisky auch schon kapituliert hatte. Nach einigen Liedern hatte er sein Mädchen auf den Arm genommen und wiegte sie sanft hin und her. Sie hatte ihre Arme um seinen Hals geschlungen und Kyo strich ihr sanft über den Rücken, der mittlerweile zusätzlich von einer dünnen Jacke bedeckte wurde, da es doch schon ziemlich kalt geworden war. Ruhige Atemzüge veranlassten ihn, dass er wieder unter den Pavillon ging und sich mit ihr auf dem Schoß auf seinen Stuhl setzte. Yuna schaute zu ihm und lächelte. „Soll ich die Sachen ins Auto räumen und dann fahren wir nach Hause?“, fragte sie leise und zog Natsukis Jacke ein wenig zu Recht. „Wenn es dir nichts ausmacht, gerne“, wurde der Sänger auch langsam müde und nach einem kurzen Kuss stand Yuna auf und räumte alles in den Kofferraum, was hinein passte und mit zu ihnen musste. Kurzerhand entschieden sie alle aufzubrechen und nachdem das gröbste zusammen geräumt worden war, standen sie nun auf der Straße und nachdem Kyo Natsuki vorsichtig ins Auto gesetzt hatte, verabschiedeten sie sich. Der blonde Japaner bedankte sich vor allem bei Noriko und Daisuke noch einmal, doch die wollten davon nichts hören. Glücklich und zufrieden begaben sie sich dann ins Auto und machten sich auf den Heimweg. Da nun weniger Verkehr war, dauerte die Fahrt diesmal keine halbe Stunde und der Sänger stellte den Wagen nur in der Tiefgarage ab. Ausladen würden sie das Gefährt erst am nächsten Tag. Vorsichtig hob er Natsuki wieder auf seine Arme und Yuna kümmerte sich um Whisky, der schnarchend neben dem Mädchen auf der Rückbank gelegen hatte. Zusammen betraten sie seine Wohnung und ohne Umwege verfrachtete er seine kleine Lady ins Bett, nachdem er sie noch umgezogen hatte. Scheinbar war sie so kaputt, dass sie rein gar nichts mehr mit bekam und mit einem Schmunzeln deckte er sie noch zu und rückte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Sie schläft wie ein Stein“, erklärte Kyo, als er wieder ins Wohnzimmer kam, wo Yuna Whisky gerade in den Hundekorb hievte, den er mittlerweile für das Tier besorgt hatte. Zwar hatten sie noch immer getrennte Wohnungen, aber Yuna war dann doch öfters in seiner und da gehörte der Hund zwangsläufig auch mit hier her. „Kein Wunder, der Tag war schließlich total aufregend.“ „Und anstrengend“, nickte er sofort. „Kommst du mit unter die Dusche?“, gähnte nun auch der Sänger. Er wollte nur noch duschen und in sein Bett. „Du kannst auch als erster duschen, ich kann warten“, schlug sie vor, doch Kyo schüttelte den Kopf. „Nein, das dauert mir zu lange, ich will mit dir in meinen Armen einschlafen, aber wenn du erst nach mir in die Nasszelle steigst, weiß ich genau, dass ich mich nicht so lange wach halten kann“, gab er zu und Kyo begann schon sein Hemd aufzuknöpfen. Daraufhin erfolgte ein Seufzen und Kyo sah genau, wie Yuna mit den Augen an seinem Oberkörper hängen blieb, oder eher an der Haut, die unter dem geöffneten Hemd hervor lugte. „Wie kann ich da nein sagen?“, fragte sie und mit einem wissenden Grinsen zog er sie dann einfach ins Bad, wo sie schnell ihre Sachen fallen ließen und den aufregenden Tag mit einer abschließenden Dusche beendeten. Kapitel 71: Einundsiebzig - Special ----------------------------------- Angespannt schlürfte Kyo einen Schluck des Beruhigungstees, den Kaoru ihm vor wenigen Minuten vor die Nase gestellt hatte. Der Geruch des Getränkes war nicht sehr berauschend und der Geschmack… es gab wirklich besseres. Der Sänger beschaute sich die grünliche Flüssigkeit und wie sie durch das Zittern seiner Hände in der Tasse vibrierte. Ihm war schlecht und Schweiß stand auf seiner Stirn, wenn er es nicht besser wüsste, dann würde Kyo meinen er würde eine Erkältung oder ähnliches ausbrüten, aber nein, er hatte einfach nur verdammt großes Lampenfieber. „Es ist Zeit zum Fertigmachen“, tauchte der Leader dann auch schon neben ihm auf und Kyo zwang sich noch einen Schluck vom Tee zu nehmen, auch wenn er ihn daraufhin am liebsten sofort wieder ausgespuckt hätte. Den Rest goss er in den Abfluss in Kaorus Spüle und er ließ die Tasse dann auch gleich in dem Spülbecken stehen. Tief durchatmend folgte er seinem Leader ins Wohnzimmer, wo sein Anzug fein säuberlich aufbewahrt worden war. Am besten er dachte nicht weiter darüber nach, sondern zog sich einfach nur noch an, wobei das Nachdenken unweigerlich wieder einsetzte, sobald er auf den dunkelgrauen Stoff sah. „Siehst ein bisschen blass aus, ist alles okay?“, fragte nun Kaoru und ein wenig Besorgnis lag in seinem Blick. „Soll ich ehrlich sein? Mir ist kotzübel“, murmelte Kyo und er rieb sich gleichzeitig seinen Bauch, da sein Magen wie zur Bestätigung laut gluckerte. „Das wird schon, ich glaube das ist ganz normal so“, klopfte der Größere dem Sänger auf die Schulter und wollte ihn damit wahrscheinlich ein bisschen aufmuntern, allerdings schlug das bei dem Blonden so richtig fehl. „Kao, ich mein’s ernst, mir ist wirklich schlecht“, presste Kyo hervor, bevor er den Leader einfach stehen ließ und ins angrenzende Bad rannte, wo er gerade so die Toilettenschüssel erreichte und sich dann schon jämmerlich übergab. Mehr als Magensäure und Tee beförderte er allerdings nicht zu Tage, so dass sein Hals brannte und er angeekelt das Gesicht verzog, als er sich sicher war, das nichts mehr an die Tagesoberfläche wollte. „Kyo, mach jetzt nicht schlapp“, hievte der Gitarrist ihn nach einigen Minuten auf die Beine und hielt ihm einen nassen Waschlappen hin, womit er sich sein Gesicht abwischen konnte. Dankend nahm der Sänger den Waschlappen an. Da ihm das aber nicht wirklich reichte, spritzte er sich noch einige Hände Wasser ins Gesicht und spülte sich nebenbei noch den Mund aus, um den widerwärtigen Geschmack los zu werden. Allerdings ging es ihm jetzt wirklich ein bisschen besser und das flaue Gefühl war beinahe komplett verschwunden. „Geht’s wieder?“, stand immer noch Besorgnis in Kaorus Augen, doch Kyo nickte langsam und atmete noch einmal tief durch. „Ich glaube das war der Tee…“, sprach der Sänger seine Vermutung aus und Kaoru plusterte kurz seine Wangen auf. „Na hör mal, da will ich dir mal was Gutes tun und was machst du? Beschwerst dich und kotzt mir die halbe Bude voll“, schmollte der Leader. Lange konnte er es allerdings nicht durchhalten, denn ein sanftes Lächeln breitete sich dann auf dessen Gesicht aus. Kyo zuckte mit den Schultern, erwiderte es aber vorsichtig. Dennoch ging es ihm ein bisschen besser und nun war er nur noch aufgeregt. Nun mussten sie sich aber ein wenig beeilen und der Sänger richtete zunächst seine Frisur. Seine blonden Haare gelte er diesmal nicht ganz so wirr, sondern sie hatten zumindest ein bissen Struktur und wirkten für seine Verhältnisse schon beinahe zahm. Danach machte er sich daran den Anzug anzuziehen. Er wusste nicht, wann er das letzte Mal so förmlich herum gelaufen war, aber für dieses heutige Ereignis musste es einfach sein. Also stieg er in die dunkelgraue Hose und zog sie über seinen Po, behielt sie aber erst mal offen, auch wenn der schwere Gürtel sie immer wieder nach unten ziehen wollte. Der Sänger schaffte es irgendwie sie auf seiner Hüfte zu behalten, während er sich das strahlend weiße Hemd überstreifte. Sorgfältig knöpfte er jeden Knopf ins richtige Loch und stopfte es anschließend in seine Hose, die er erst dann schloss. Den Gürtel surrte er ebenfalls fest, damit die Hose an Ort und Stelle blieb. Bevor er sein Jackett anzog, band er sich noch eine dunkelrote Krawatte um den Hals und mit Sorgfalt rückte er sie perfekt in die Mitte. Dank dem aufgestellten Spiegel, in Kaorus Wohnzimmer, fiel ihm das nicht sonderlich schwer und den Kragen konnte er auch noch glatt streichen. Erst dann zog er sich das passende dunkelgraue Jackett über und richtete auch dieses. Zu guter Letzt fand noch die dunkelrote Rose ihren Platz an seinem Jackett, die das Gesamtbild vervollständigte. Selbst seine schwarzen Lederschuhe durfte er schon anziehen, aber sicherlich nur, weil sie noch nie getragen worden und er somit keinen Dreck in Kaorus Wohnung verbreiten konnte. Prüfend betrachtete er sich ein letztes Mal im Spiegel, bevor er sich umdrehte und da auch schon Kaoru gegenüberstand. Der Leader trug ebenfalls einen Anzug, allerdings in einem etwas helleren Farbton. Für Kyo war dieses Bild sehr ungewohnt, aber er musste zugeben, Kaoru wirkte in diesem Gewand richtig edel und er sollte das wirklich öfters tragen. „Was ist?“, schaute Kaoru unsicher an sich hinab, da Kyo scheinbar ein bisschen musternd vor ihm stand. „Nichts, ich bin nur erstaunt, wie gut dir so ein Anzug steht“, schmunzelte Kyo und begann zu grinsen, als Kaoru zu lachen begann. „Dann genieß den Anblick, denn bis zum nächsten Mal wird es ganz sicher wieder etwas dauern.“ Ein letztes Mal schaute Kyo nach, ob er auch ja wirklich alles bei sich hatte, dann fuhr er mit Kaoru schon zum Rathaus und dem darin befindlichen Standesamt. Mit jedem Meter begann sein Herz schneller zu schlagen und seine Hände waren nicht mehr feucht vor Aufregung, nein sie waren schon nass. Unauffällig strich er damit immer wieder über Kaorus Autositz und versuchte sie zu trocknen, aber es wollte einfach nicht gelingen. Kyo erkannte schon Daisuke, der Tian an der Hand hielt und auf ihn einredete. Scheinbar war der Kleine wieder voller Energie und ihr Rhythmusgitarrist musste ihn bremsen. Automatisch musste er schmunzeln, als er sah, dass Vater und Sohn die gleichen, maßgeschneiderten Anzüge anhatten. Daisuke sah natürlich wie ein stattlicher Mann aus, auch wenn die roten Haare ein bisschen von seiner Autorität nahmen. Und Tian sah einfach nur süß aus. Ja, süß. Der Lausbub wirkte wie ein Engel und so wie er grinste – ganz wie der Papa – konnte man es ihm auch beinahe abkaufen, aber nur beinahe. Keinen Meter neben den Beiden stand Natsuki, die zwei kleine Körbe in den Händen hielt. Eines für sie und eines für Tian, denn die beiden sollen nach der Trauung mit Reis werfen. Seine kleine Prinzessin sah wunderschön in dem cremefarbenen Kleid aus. Der Rock war mit Rüschen benetzt und um ihre Taille war ein dunkelrotes Band geschlungen, woran eine große dunkelrote Rose befestigt war. Natsuki hatten einen Blumenkranz im Haar, ebenfalls mit weißen und roten Rosen und in seinen Augen war sie einfach nur bezaubernd und Kyo fragte sich sofort, wie atemberaubend dann seine Braut aussehen würde? „Wie lange willst du noch aus dem Fenster starren? Wir müssen los, in zehn Minuten bist du dran, mein Freund“, stupste Kaoru ihn leicht an und holte Kyo damit aus seinen Träumen. Der brummte darauf nur und löste den Sicherheitsgurt. Die Autotür war dann schnell aufgeschwungen und Kyo atmete noch einmal tief durch, bevor er seine Beine auf den Kiesweg schwang und ausstieg. Eine angenehme Brise umschwirrte seine Nase und im Stillen dankte er, dass es heute nur bis zu fünfundzwanzig Grad werden sollte. Die letzten Tage hatten sie immer über dreißig Grad gehabt und es wäre eine Qual geworden, wenn es ihnen heute ebenfalls so ergangen wäre. Somit zerfloss er zumindest nicht gleich in seinem Anzug, sondern erst später, wenn die Feierlichkeiten so richtig begonnen hatten. Der Sänger tastete zum wiederholten Male seine Hosentaschen ab, ob er auch ja alles hatte, dann wartete er noch kurz auf Kaoru, dann ging er mit seinem Leader auch schon Richtung Rathaus. Kaum hatte Natsuki ihn entdeckt, kam sie auf ihn zu gerannt und umarmte ihn. „Hey Tsuki-chan. Wie war die Nacht bei Dai?“, fragte er gleich und drückte sie an sich. So viel Zeit musste noch sein. „Toll, wir haben ganz viel gespielt“, sagte sie strahlend und Kyo grinste in das fast zahnlose Gesicht. In den letzten Wochen war dem Mädchen ein Milchzahn nach dem anderen rausgefallen und ein bisschen schräg sah es schon aus, aber die nachfolgenden Zähne kamen nun auch langsam an die Oberfläche und zeigten sich. „Das ist schön“, schmunzelte er und er unterdrückte erneut den Drang seine Hände an seinen Hosenbeinen abzuwischen. „Gehst du bitte wieder zu Dai und Tian, wir sehen uns dann drin“, deutete er auf den zweiten Gitarristen, der winkend in ihre Richtung schaute. Kyo hob ebenfalls seine Hand, ging aber dann ins Rathaus. Die Übelkeit, die ihn vorhin verlassen hatte, kam nun langsam wieder und so richtig bemerkte der Sänger gar nicht, wie sie ins Innere und den passenden Raum betraten. Der Raum war mit mehreren Stuhlreihen ausgestattet, von denen er aber wusste, dass nicht alle Plätze besetzt werden würden. Zwar war seine Band dabei, aber neben diesen nur eine Handvoll anderer Leute, die anderen würden alle erst am Nachmittag auf der Hochzeitsfeier aufkreuzen und das war auch ganz gut so, denn auch wenn es ihn nicht störte vor tausenden Fans auf der Bühne zu stehen, er bekam richtig Muffensausen, wenn er im Mittelpunkt eines Ereignisses stand, wo die Zuschauer alles Freunde oder Verwandte oder Bekannte waren. Beinahe schon wie in Trance übergab der Sänger dem Standesbeamten die Ringe, der sie fein säuberlich auf ein kleines, rotes Samtkissen legte und dieses sorgfältig neben seinem Pult ablegte. Langsam traten auch die Gäste ein. Somit versammelten sich seine Band in diesem Raum, sowie seine Eltern, Yunas Freundin und natürlich ihre Kinder. Wie erwartet waren damit nur die vordersten Stühle belegt, aber das reichte ihm aus, denn seine Familie war vollständig und das war alles, was zählte. Langsam wurde das Gemurmel auch immer leiser und bevor Kyo komplett vor Nervosität zusammenbrechen konnte, ertönte die altbekannte Orgelmusik und die Tür zum Raum ging auf. Das Licht schien so in den Saal, das Kyo erst nur Umrisse zweier Personen sah, die langsam in den Raum geschritten kamen. Sofort erkannte er die Statur seines Vaters, der den Platz von Yunas Vater eingenommen hatte. Die hatten auf die Einladung zur Hochzeit überhaupt nicht reagiert. Stattdessen hatte sich sein Vater dazu bereit erklärt, denn auch wenn sie viele Jahre nicht wirklich viel Kontakt gehalten hatten, Yuna hatten sie sofort in ihr Herz geschlossen, als sie sie das erste Mal gesehen hatten. Somit war in den letzten Monaten auch ihr Verhältnis wieder sehr gut geworden und sie hielten nun regelmäßig Kontakt. Allerdings blieb sein Augenmerk nicht lange auf seinem Vater hängen, denn die junge Frau, in dessen Armen verlangte dann seine ungeteilte Aufmerksamkeit und ihm stockte regelrech der Atem, als er Yuna immer näher kommen sah. Ihr weißes Kleid war Schulterfrei, und passte sich perfekt ihrer schmalen Figur an. Ab der Taille fiel der Rock weit nach unten und ging bis zum Boden. Dunkelrote Rosen zogen sich in einer Spur von ihrer Taille hinab zum Rocksaum, der am Ende zur Hälfte mit den Blüten bedeckt war. Beim genaueren Hinsehen funkelte der Rock in dem seichen Licht und Kyo bekam einen regelrechten Kloß im Hals, da ihm einfach nur die Worte fehlten. Sein Vater führte die schönste Braut, die er je gesehen hatte, bis zum Altar und übergab sie ihm. Mit zitternden Händen nahm er Yunas Hand an und sah ihr ins Gesicht. Zwar verdeckte ein Schleier sie noch, dennoch erkannte er, dass sie wohl die Schönste hier war und ganz automatisch begann er zu strahlen. Yuna lachte kurz auf, bekam die Mundwinkel aber auch nicht mehr nach unten. Ein Räuspern ließ sie nach vorn schauen und die sie drehten sich zu dem Standesbeamten, der sie wissend, aber auch verstehend anlächelte. „Meine Damen und Herren, wir haben uns hier heute versammelt...“, begann er zu sprechen und Kyo hing förmlich an den Lippen des Mannes, auch wenn er kein Wort verstand, was dieser sagte. Seine Gedanken spielten total verrückt und er kam sich vor wie in einem Traum. Nicht mal vorm Traualtar konnte er glauben, dass er heute wirklich heiraten würden, nein das er es sogar genau in diesem Moment tat! „Bitte, Ihre Worte“, richtete der Standesbeamte plötzlich seine Aufmerksamkeit auf ihn und Kyo brauchte eine Sekunde, um zu checken, dass nun er an der Reihe war. Zwar hatten Yuna und er im Vorfeld ausgemacht, dass sie keine großen Reden schwingen würden, aber in den letzten Tagen hatte er den Drang verspürt doch etwas nieder zu schreiben und genau das würde er ihr jetzt vortragen. Da es seine eigenen Worte waren, hatte er sie sich nach einigem lesen auch schon merken können. Nun war wieder der dicke Kloß im Hals und Kyo räusperte sich, drehte sich gleichzeitig zu der schönen Frau herum und lächelte sie ehrlich, aber auch etwas schüchtern an. Vorsichtig hob er ihren Schleier zurück, da er ihr die Worte direkt ins Gesicht sagen wollte. Seine zitternden Hände fanden ihre und drückten sie sanft, dann kurz atmete er durch, bevor er seinen Blick hob und in Yunas rehbraune Augen sah. „Liebe Yuna. Ich habe viel darüber gedacht, was ich dir heute sagen würde, auch wenn wir eigentlich nicht viel sagen wollten. Doch als ich meine Augen öffnete, sah ich dich. Du hast mich inspiriert, mich in schlechten Tagen motiviert, und je mehr ich an dich denke, desto deutlicher wird klar, dass – seitdem ich dich kenne – nichts mehr ist wie es mal war. Ich könnte versprechen, dich zu lieben und zu ehren. Ich könnte versprechen, in Gesundheit und in Krankheit für dich da zu sein. Ich könnte sagen, bis das der Tod uns scheidet. Aber das werde ich nicht. Das wäre ein Versprechen für optimistische Paare. Für Menschen, die voller Hoffnung sind. Aber ich stehe hier an meinem Hochzeitstag. Nicht optimistisch und auch nicht voller Hoffnung. Ich sage dir, warum: Ich brauche keinen Optimismus, weil ich hier neben dir stehe. Ich brauche auch keine Hoffnung, weil alles, was ich mir je erhofft habe durch dich wahr geworden ist. Ich bin mir sicher – ich bin bereit. Ich weiß es, denn ich bin ein Mann mit Herz. Es ist wie ein Puzzle – erst sind alle Teilchen verstreut. und dann fügt man es zu einem Ganzen. Du warst das fehlende Teilchen in meinem Leben, denn nur durch dich wurde ich zu einem Ganzen. Ich bin ein ein Mann mit Herz, der mit dir fühlt, mit dir leidet, der mit dir teilt und mit dir schenkt, und der mit dir und nur mit dir bis an das Ende dieser Welt reisen würde. Daher weiß ich ganz genau: Du bist meine Partnerin. Meine Geliebte und meine allerbeste Freundin. Mein Herz schlägt nur für dich. Und an diesem Tag, am Tag unserer Hochzeit, verspreche ich dir Folgendes: Ich verspreche dir, mein Herz in deine Hände zu legen. Ich verspreche dir ewige Liebe, Ehrlichkeit und Treue. Ich verspreche dir MICH. Als Ganzes und als deine andere Hälfte.“ Der kleine Saal war Mucksmäuschen still und nur sein Herz dröhnte in seinen Ohren. Über Yunas Gesicht flossen dicke Tränen und sie brachte kein Wort heraus, denn immer wenn sie ihre Lippen öffnete, um etwas zu sagen, entwich ihr ein Schluchzen. Dadurch verschwamm selbst dem Sänger langsam die Sicht. „Ich glaube wir alle sind uns einig und es gibt nichts mehr dem hinzuzufügen, deswegen frage ich Sie Nakahara Yuna, wollen sie den hier anwesenden Niimura Tooru zum Mann nehmen, so antworten Sie mit Ja.“ „Ja“, antwortete sie tränenerstickt und Kyo biss sich fest auf die Unterlippe, da es immer schwerer wurde seine eigenen Tränen weg zu blinzeln. „Wollen auch Sie, Niimura Tooru, die hier anwesende Nakahara Yuna zur Frau nehmen, so antworten sie mit Ja.“ „Ja“, sagte er fest und gab es nun auf den Tränen stand halten zu wollen. „Dann bitte ich Sie, die Ringe anzustecken“, hielt der Standesbeamte ihnen das rote, samtige Kissen hin. Da seine Finger zitterten wie Espenlaub, benötige Kyo zwei Anläufe, bis er den passenden Ring endlich zwischen seinen Fingern hatte und er steckte ihn vorsichtig an Yunas rechten Ringfinger. Kurz strich er über das filigrane Stück, bevor sie an der Reihe war und auch Yuna ihm seinen Ring ansteckte. „Hiermit erkläre ich sie für Mann und Frau, sie dürfen die Braut jetzt küssen“, erlöste er sie nun endlich und während der kleine Saal von tosendem Applaus beschallt wurde, zog Kyo seine Braut an sich heran und gab ihr den schönsten Kuss, den sie jemals geteilt hatten. „Ich liebe dich“, murmelte er an ihren Lippen, bevor er sie noch einmal miteinander verschloss und Yuna ihre Arme um ihn legte. Nach den ersten innigen Momenten als Ehepaar, lösten sie sich so weit voneinander, dass sie nur noch die Hand des jeweils anderen hielten und langsam gingen sie aus dem Rathaus. Vor dem Gebäude warteten die Hochzeitsgäste schon und kaum waren sie über die Schwelle getreten, wurden sie schon kräftig mit Reis und Blumen beschmissen. Lachend versuchten sie nicht alles ins Gesicht zu bekommen, doch die Kinder waren ziemlich treffsicher und bald waren sie über und über mit dem Zeug bestreut. Sie konnten nur von Glück reden, dass die Körbchen ziemlich schnell leer waren. Erneut wurde applaudiert, bis Natsuki vor sie geschoben wurde. Kaoru hatte eine hochwertige Kamera in den Händen und forderte die kleine Familie auf, sich für einige Fotos zueinander zu stellen. Das wurde auch gemacht und nachdem das Brautpaar ein paar schöne Schnappschüsse erzeugt hatte, gesellten sich Kyos Eltern auch dazu, die ebenfalls für ein paar Bilder bereit standen. So ging es dann Reih um, bis wirklich jeder auf mindestens einem Bild verewigt war. Zwischendurch wurden Yuna und Kyo noch mit Glückwünschen überhäuft, bis die erste Euphorie abgeklungen war und sie sich alle gesittet zu dem Hotelrestaurant aufmachten, welches sie gemietet hatten. Alle ihrer Hochzeitsgäste hatten ein Zimmer bekommen, damit niemand auf etwas verzichten musste und sie nach der Feier einfach nur noch ins Bett fallen konnten, ohne noch viele Kilometer fahren zu müssen. Mit einer Limousine wurden sie nun vor gefahren und Kyo gefiel es immer mehr, dass sie sich für eine westliche Hochzeitszeremonie entschieden hatten, obwohl er eigentlich viel lieber die traditionell Japanische gehabt hätte. Doch Yuna hatte ihn so lange bearbeitet, bis er letzten Endes nachgegeben und einer westlichen Hochzeit zugestimmt hatte. Auf der Fahrt fielen so gut wie keine Worte, denn alle beide waren noch viel zu gefangen, von der Trauung und sie mussten es zunächst jeder für sich verarbeiten. Die Fahrt an sich war aber recht schnell zurück gelegt und Kyo half seiner Frau aus dem Auto. Mit erneutem Beifall wurden sie im Hotel empfangen und dem Sänger war es schon ein bisschen unangenehm, wie sie alle bereit standen und auf sie gewartet hatten. Nun waren nicht nur seine Eltern und Band da. Nein, andere Künstler waren dabei, die sie mittlerweile auch zu ihren Freunden zählten und sogar ihr Manager Inoue und auch Nora standen dabei. Selbst Boo war ihrer Einladung nachgekommen und somit war die Bude brechend voll, aber die Stimmung war fantastisch. Selbst die Hotelangestellten überraschten sie noch mit Glückwünschen vom Haus und der Sänger bekam das Grinsen schon gar nicht mehr aus dem Gesicht. Langsam gingen sie nun hinein und der vorbereitete Saal sah sogar beeindruckender aus, als der Sänger es sich vorgestellt hatte. Überall konnte man die dunkelroten Rosen ausmachen, die auch auf Yunas Kleid zu finden waren, die sehr gut mit dem Weiß harmonierten, welches ebenfalls sehr stark vertreten war. Es wirkte nicht zu viel, auch nicht zu wenig, es war einfach perfekt. In der Mitte stand sogar eine riesige Eisskulptur, die sie als Brautpaar darstellte, und Kyo klappte beinahe der Unterkiefer nach unten, als er die Ähnlichkeiten erkannte, da die Skulptur wirklich sehr detailgenau war. „Die sind doch total verrückt“, murmelte er und auch Yuna starrte das Monsterteil an. Aber da hier drin auch eine sehr wohlige Raumtemperatur war, war das mit der Eisskulptur wahrscheinlich nicht mal die dümmste Idee, auch wenn diese nicht lange so aussehen würde. Nach ihnen stürmten nun auch die anderen Gäste in den Saal und überall redeten die Leute durcheinander. Es gab Momente, da wollte Kyo fliehen, da ihm davon der Kopf schwirrte, doch er erinnerte sich, warum sie denn hier waren und er kniff seine Arschbacken zusammen. Stattdessen strahlte er in die Runde und nahm immer noch Glückwünsche entgegen, die von verspäteten Gästen kamen. Es dauerte ein bisschen, bis alle ihren Platz gefunden hatten und so langsam verstummten die Gespräche, aber die richtige Stille setzte erst ein, als eine vierstöckige Torte in den Raum geschoben wurde. Die Reaktionen waren überall gleich, aber doch verschieden. Die eine Hälfte hielt den Atem an, die andere stieß anerkennende Pfiffe aus. Viele hatten bestimmt mit einer einfachen weißen Torte gerechnet, die mit ein paar essbaren Blüten verziert worden war, aber das wollten beide von Anfang an nicht. Nein, ihre Torte war ganz anders und Kyo selbst befand sie sogar noch gelungener, als er sich vorstellen hatte können. Ihre Torte sah aus wie mehrere Baumstämme übereinander gelegt. Man konnte jede Faser des Stammes erkennen und an einer Seite waren ihre Initialen eingeritzt, mit einem Herz verziert, so dass es wirklich aussah, als hätten sie ein Stück Holz auf dem Tortenteller. Sogar ‚Erde‘ befand sich drum herum und kleine Pilze wuchsen heran. Die Torte selbst war noch mit Blüten verziert, was sie noch mehr wie ein Stück Wald wirken ließen. Und auch wenn sie nicht zu hundert Prozent in ihr Konzept passte, sie hatten das erreicht, was sie wollten, nämlich einen Wow-Effekt und bei den offenen Mündern war ihnen das definitiv gelungen. Nun war es aber an der Zeit, dass das Brautpaar ein paar Worte sprach und Kyo erhob sich, mit einem Glas Sekt in der Hand. Sofort erkannte er, dass sich die Köpfe zusammen steckten, da außer den Kindern auch Yuna ein Glas Orangensaft in den Händen hielt, an Stelle von Sekt. „Liebe Gäste“, fing er dann einfach an. „Wir bedanken uns, dass ihr so zahlreich hier erschienen seid und wir freuen uns wirklich, dass ihr den wunderbaren Tag mit uns verbringen wollt… Eigentlich wollte ich euch auch noch so viel mehr sagen, aber irgendwie habe ich gerade alles vergessen...“, fuhr er sich ein wenig verlegen durch den Nacken. „… deswegen lasst uns nicht lange quatschen, sondern den Tag genießen und anstoßen“, sagte er und hob schon mal sein Glas in die Höhe. „Ach und bevor Gerüchte aufkommen“, grinste er ein bisschen verlegen und deutete auf das Glas Orangensaft, welches seine Frau in den Händen hielt. „Es stimmt.“ Verblüffende Stille trat wieder ein und Kyo konnte nicht anders als breit grinsend zu Yuna zu schauen, die genauso breit grinste. Der Sänger sagte auch nicht mehr dazu, sondern er führte seine Frau, nach dem Anstoßen, stattdessen nach vorn zur Torte, wo auch schon ein Messer bereit lag. „Eigentlich ist sie viel zu schade, um sie anzuschneiden“, musste er zugeben und auch Yuna stand es ins Gesicht geschrieben. „Aber wozu haben wir sie dann bestellt, wenn sie nicht gegessen wird?“, brachte sie nun das ausschlaggebende Argument auf den Tisch. „Auch wieder wahr.“ Somit nahm Yuna das Messer zur Hand und Kyo legte seine Hand auf die ihre. „Noch nicht schneiden, guckt erst mal hier her“, rief jemand und das Brautpaar tat wie ihnen gesagt wurde und im nächsten Moment wurden sie von Blitzen überhäuft, dass dem Sänger schon Sternchen vor den Augen tanzten. Er blinzelte ein paar Mal, bis es wieder halbwegs erträglich war und unter erneutem Beifall schnitten sie zusammen die Torte an. Das Messer fuhr geschmeidig durch die süße Sünde und kaum war das erste Stückchen auf einem Teller, folgte der nächste und so schnell konnten sie gar nicht gucken, wie nur noch ein paar Teilchen von dem riesigen Teil übrig waren. Der Sänger hätte nie gedacht, dass sie so gut kalkuliert hatten. Sie setzten sich dann auch endlich hin und eine angenehme Ruhe erfüllte den Saal, der nur durch leises Geschwätz erfüllt wurde. Immer wieder sah Kyo sich um und sah zufriedene Gesichter, während immer wieder einzelne Happen der Torte in den verschiedenen Mündern verschwand. Auch Natsuki neben ihm, mümmelte in Ruhe vor sich hin und er musste schmunzeln, als er sah, wie sie sogar den Teller ableckte. So verging auch das gesamte Kaffeetrinken und die Gäste nahmen sich noch andere Kleinigkeiten, die sie ebenfalls bestellt hatten, da die Torte alleine so oder so nicht ausreichend gewesen wäre. Eine Stunde später fand sich der Sänger mit seiner Frau in den Armen auf der Tanzfläche wieder und sie warteten, bis das passende Lied für ihren Hochzeitstanz angespielt wurde. In der nächsten Sekunde ertönten dann auch schon die ersten Takte von Ed Sheerans ‚Thinking Out Loud‘ und das Brautpaar setzte sich in Bewegung. In den letzten Wochen hatten sie wirklich viel geübt, doch der Sänger musste zugeben, dass es etwas anderes war, wenn Yuna ein langes Kleid an hatte und dazu noch beinahe hunderte Leute ihnen zusahen. Taktvoll führte er sie dennoch über die Tanzfläche und sie legten eine ganz schön heiße Sohle aufs Parkett. Nachdem dieses Lied beendet war, strömten nun auch die anderen Paare auf die Tanzfläche und Kyo wurde von seinem Vater abgelöst, welcher nun mit der Braut tanzen wollte. Bereitwillig überließ er Yuna ihm und der Sänger nahm sich dann einfach seiner Mutter an, die zwar ein bisschen überrascht wirkte, sich dennoch in die Arme ihres Sohnes fallen ließ. Die ersten Takte legten sie schweigend zurück und Kyo versank ein wenig in Gedanken, bis seine Mutter ihn ansprach. „Ich weiß, die letzten Jahre waren ziemlich schwierig zwischen uns, aber du musst wissen, ich bin wirklich sehr stolz auf dich“, sagte sie milde und die ältere Dame lächelte zu ihrem Sohn hinauf. „Danke“, wusste er zunächst wirklich nichts anderes drauf zu sagen. „Ich… bin froh, dass ihr da seid. Auch für Yuna. Ihre Eltern haben leider null Interesse an ihr“, seufzte er dann und es hatte immer wieder Momente gegeben, wo er ihr Trost spenden musste, da Yuna nicht verstehen konnte, warum ihre Eltern sie einfach so aus ihrem Leben gestrichen hatten. Gut, dass warum wusste sie, nur verstehen konnte sie es nicht. Selbst als sie von der Hochzeit erfahren hatten, zeigten sie keine Regung. Und das nur, weil sie nicht in den Familienbetrieb einsteigen, sondern ihren eigenen Weg gehen wollte. „Sie ist wirklich etwas ganz Besonderes“, nickte seine Mutter. „Wir haben sie sehr gerne und vor allem dein Vater hat einen Narren an seiner Schwiegertochter gefressen“, schmunzelte sie, während Kyo sie sanft durch die anderen Paare führte und sich gleichzeitig perfekt im Takt bewegte. „Na ja, ich hab euch ja auch ganz schön lange warten lassen“, musste er zugeben. „Mag sein, aber lieber lange warten, bevor man es irgendwann bereut, da mein zu voreilig gehandelt hat.“ „Da hast du auch wieder recht.“ „Papa, ich will mit dir tanzen“, wurden sie bei dem dritten gemeinsamen Lied unterbrochen und Kyo sah seine Mutter entschuldigend an. „Dann will ich euch mal nicht im Weg stehen, ich wollte mir eh etwas zum Trinken organisieren“, zwinkerte seine Mutter. „Dann mal los“, nahm Kyo Natsukis Hände in seine und gemeinsam starteten sie ihren Tanz. Wie vor ein paar Monaten, bei ihrem Schulanfang, schaute das Mädchen dauernd auf ihre Füße und traf trotzdem immer wieder Kyos Zehen. Lachend hob er sie irgendwann auf seine Arme und wirbelte so mit ihr über die Tanzfläche. Das fröhliche Lachen ließ ihn selbst immer wieder lachen und er dachte daran, dass er es noch keinen einzigen Tag bereut hatte, dass er das Mädchen vor zwei Jahren zu sich geholt hatte. Sofort dachte er weiter und er fragte sich, wie es werden würde, wenn in einem halben Jahr ein neuer Erdenbürger mit bei ihnen wäre und ihr Leben noch mal um einiges aufwühlte. Aber egal wie sehr er sich anstrengte, er kam immer dabei heraus, dass es nur noch besser werden konnte. Irgendwann aber wurden die Kräfte weniger und Durst machte sich ebenfalls in ihm breit. Kyo hatte Natsuki schon vor einer ganzen Weile wieder runter gelassen. Diese hatte sich dann Tian angenommen und die zwei Kleinen fegten nun zusammen über die Tanzfläche, was äußerst amüsant anzusehen war. Doch die beiden hatten ihren Spaß dabei und sie versuchten zusammen immer Drehungen hinzu bekommen, die sie bei den Erwachsenen immer wieder zu Gesicht bekommen hatten. Während Kyo an einem Glas Wasser nippte beobachtete er sie also ein bisschen, bis er von Daisuke abgelenkt wurde. „Du wirst Papa“, sagte er einfach so heraus und strahlte ihren Sänger an. „Ja, so sieht’s wohl aus“, schmunzelte Kyo und ließ sein Glas gegen Daisukes Bierflasche klirren, da dieser sie ihm auffordernd entgegen gehalten hatte. „Glückwunsch, wobei ich eher angenommen hab, dass ihr zumindest bis zur Hochzeitsnacht drauf wartet“, zwinkerte der große Rote, der sein Jackett, genauso wie Kyo, schon ausgezogen hatte. Die Krawatten hatten sie ebenfalls schon gelöst. „Das denkt der, der sogar schon vor der Hochzeit ein Kind bekommen hat“, grinste Kyo. „Okay, Eins zu null für dich“, hob der Gitarrist seine Hände. Sie redeten dann noch ein bisschen, bis es Zeit fürs Abendessen und ein gigantisches Buffet am Rande aufgebaut wurde. „Wer soll das bitte alles essen?“, fragte Noriko, die mit Tian auf dem Arm neben dem Sänger stand und mit großen Augen zusah, wie die Hotelangestellten immer mehr aufluden. „Ihr, wer denn sonst?“, antwortete er frech und grinste. Noriko lachte ebenfalls und zusammen gingen sie ein paar Schritte weiter, wo sie neben der Eisskulptur stehen blieben, die doch noch recht gut erhalten war. Sie tauschten noch ein paar Worte aus, bis sein Blick auf Tian fiel, der sich zu der Skulptur gebeugt hatte und mit seiner Zunge immer wieder dran herum leckte. Lachend deutete der Sänger auf den Knirps, woraufhin Noriko sich ebenfalls umdrehte. „Tian!“, ermahnte sie ihn und zog den Jungen etwas von dem Eis weg. „Hab Durst“, maulte der gleich weiter und versuchte wieder an das gefrorene Wasser zu kommen. „Dann sag doch was“, antworte Noriko daraufhin und ging mit ihrem Sohn zu ihrem Platz, wo sie ihm half etwas aus dem Glas mit Apfelsaft zu trinken. Das veranlasste Kyo dazu sich wieder seiner eigenen Familie zu widmen und er nahm seine beiden Frauen einfach in den Arm und drückte jeder ein Küsschen auf, sobald er sie erreicht hatte. Wenige Augenblicke später eröffneten sie dann auch schon das Buffet und mit einem regen Andrang stürzten die Gäste sich schon regelrecht drauf und Kyo hatte das Gefühl, als ob sie den ganzen Tag noch nichts zu essen bekommen hatten. Irgendwann saßen alle auf ihren Plätzen und man konnte die leise Musik hören, die aus den aufgestellten Lautsprechen kam, da nun alle mit essen und nicht mehr mit reden beschäftigt waren. Erneut schaute der Sänger in zufriedene Gesichter und widmete sich dann wieder selbst seinem Teller. Im Gegensatz zu den anderen Gästen wo sich fast jeder noch eine Portion holte, reichte ihm die eine und glücklich lehnte er sich zurück. Yuna schien es ähnlich zu gehen, denn sie lehnte sich wenig später an ihn und suchte seine Hand. Sanft drückte er ihre schlanken Finger und behutsam strich er mit seinem Daumen über ihren Handrücken. Sie sah ein bisschen müde und abgekämpft aus und auch Kyo spürte langsam, dass ihm die Kräfte ausgingen. Die letzte Nacht war die Hölle gewesen und der Sänger hatte einfach kein Auge zu machen können, da er so aufgeregt gewesen war. Scheinbar war es der jungen Frau ebenso ergangen, zudem sie noch mit den Hormonen der Schwangerschaft zu kämpfen hatte. Und auch wenn sie noch ganz am Anfang standen, ihr Körper spielte jetzt schon verrückt. Die beiden gönnten sich den Luxus und beobachteten nun in Ruhe das bunte Treiben, welches vor ihren Nasen abspielte. Mit dem Essen waren sie nun alle fertig und außer ein paar kleinen Häppchen stand nichts mehr auf dem Tisch. Die Zeit schritt immer weiter fort und langsam dezimierten sich die Gäste. Natsuki hatte es sich auch schon auf seinem Schoß gemütlich gemacht und die kleine Lady schlief tief und fest. Trotzdem wollten sie sich nicht so einfach verdrücken, sondern sie blieben so lange bei ihren Gästen, bis auch wirklich jeder in seinem Zimmer verschwunden war. Kyo schielte kurz auf seine Uhr und ihm fielen beinahe die Augen aus dem Kopf, als er erkannte, dass es schon nach halb vier am Morgen war. Vor dem Mittag würde wohl keiner aus dem Bett kriechen, das stand damit schon mal fest. „Lass uns ins Bett gehen“, gähnte er und erhob sich langsam mit Natsuki, die sich keinen Millimeter in seinem Arm rührte. „Bitte, ich glaube ich schlafe sonst auf der Stelle ein“, nickte seine Frau. Yunas Augen waren schon ganz klein und immer wieder drohten ihre Augenlider nach unten zu fallen. Somit vergeudete der Sänger keine Zeit mehr und zügig führte er seine Frau in ihre Suite. Dort erwartete sie noch eine kleine Überraschung, denn das Bett war über und über mit dunkelroten Rosen bestreut und überall standen Kerzen herum, die das Zimmer in romantisches Licht tauchten. „Wow“, staunte Yuna nicht schlecht und sie wirkte jetzt viel wacher, als sie sich dieses Gedicht ansah. „Du sagst es“, murmelte er und drückte seiner Frau einen Kuss auf die Wange, bevor er in das kleine Nebenzimmer ging und dort Natsuki für das Bett herrichtete und die kleine Maus auch gleich in ihres hinein packte. Vorsichtig deckte er sie zu und verabschiedete sich mit einem Kuss, den er ihr auf die Strin drückte, bevor er wieder in die Suite ging und die Tür hinter sich schloss. Schmunzelnd ging er auf seine Frau zu und legte seine Arme von hinten um ihren Bauch und strich zärtlich drüber. „Wie sieht es aus, wollen wir den Tag noch gebührend ausklingen lassen?“, fragte er flüsternd, während seine Lippen langsam an ihrem Hals entlang fuhren und damit eine Gänsehaut erzeugten, die er spüren durfte. „Ich bitte darum“, hauchte Yuna leise, ehe sie ihren Kopf drehte und ihre Lippen mit Kyos versiegelte. Kapitel 72: Zweiundsiebzig - Special ------------------------------------ Der Bass dröhnte in seinen Ohren und die tiefen Schläge der Drums gingen ihm regelrecht durch Mark und Bein. Kyo fand seinen Rhythmus und bewegte sein Bein im Takt, wippte mit seinem Kopf ebenfalls, diesmal allerdings passend zu den Gitarren. Die Halle tobte und die ersten Reihen hielten kreischend ihre Hände der Bühne entgegen, während sie als Band alles gaben. Leider aber wollte die Technik an diesem Abend nicht so, wie sie und langsam ging es ihm auf den Zeiger. Das Mikrofon war ebenfalls nicht das Beste und Kyo hatte das Gefühl, dass er so schlecht sang, wie schon seit Jahren nicht mehr. Den Fans schien das Ganze nicht zu stören, aber ihn selbst störte es und wenn er kurz zu Kaoru sah, dann erkannte er auch schon die dicke Ader, die an seiner Schläfe langsam vor sich hin pochte. Das Lied ging dem Ende zu und wurde fein säuberlich mit einem ohrenbetäubenden Quietschen abgewürgt, welches selbst ihm in Mark und Bein fuhr. Kaoru zeigte eine Handbewegung und deutete damit eine Pause an. Kyo murmelte kurze Worte ins Mikrofon, dass sie kurz noch einmal die Technik überprüfen mussten, dann verließ er sie ohne großartige Worte. Zwar hatten sie nur wenige Songs gespielt, doch sein Körper war schon schweißbedeckt und sein Hemd war schon mehr offen, als geschlossen. Einer vom Stuff drückte ihm eine Flasche Wasser in die Hand, die er sofort aufschraubte und an seine Lippen hob. Tiefe Schlucke rannen seiner Kehle hinab und das kühle Nass tat richtig gut. Somit vergingen einige Minuten und gerade hatte er das Okay bekommen, dass es gleich weiter gehen würde, da kam Nora mit einem Telefon auf ihn zu und sie wirkte nicht gerade glücklich. Verwundert nahm er es entgegen und hielt es sich ans Ohr, nachdem er in eine ruhige Nische getreten war. „Hallo?“, fragte er, da er die Nummer auf dem Display nicht kannte, aber er hatte ein komisches Gefühl im Bauch und das gefiel ihm ganz und gar nicht. „Kyo?“, hörte er seinen Namen regelrecht gepresst und er zog seine Augenbrauen zusammen. „Yuna? Bist du das?“, hatte er es nicht recht deuten können, aber sie hatte eine ziemliche Ähnlichkeit mit der Stimme seiner Frau. „Ja… ich bin… scheiße tut das weh, es“, stöhnte sie und sein Herz begann zu rasen. „Was ist denn los?“, schleichend machte sich Panik in ihm breit und wenn er es nicht besser wüsste, würde er sagen, dass Yuna Schmerzen erlitt, nur konnte er sich gerade überhaupt nicht vorstellen, wieso, warum, weshalb. „Kyo bitte… du musst ins Krankenhaus kommen“, bei diesen Worten sackte ihm das Herz in die Hose und sein Mund wurde ganz trocken. „Was? Wieso? Was ist denn passiert?“, drückte er sich das Telefon so fest ans Ohr, dass es eklig klebte, aber er wollte wissen was los war. Trotzdem musste er seinen Griff ein wenig um das Teil lockern, da das Gehäuse von dem Telefon gefährlich knackte und knirschte. Statt aber einer richtigen Antwort erntete er nur ein kurzes Lachen von seiner Frau. „Was passiert wohl bei einer hochschwangeren Frau?“ „Yuna, was ist los? Ich muss gleich wieder auf die Bühne, sag endlich was Sache ist“, verließen ihn langsam aber sicher seine Nerven und er wollte nur noch eine genaue Antwort. „Schatz, die Fruchtblase ist geplatzt und ich bin bereits mit starken Wehen im Krankenhaus.“ … „WAS?“, fragte Kyo total überrumpelt und er musste sich an der Wand abstützen, da seine Knie mit einem Mal mächtig anfingen mit zittern. „Nicht so laut“, brummte sie, ehe er seine Frau erneut aufstöhnen hörte und wie sie nebenbei versuchte ruhig und tief zu atmen. „Das kann doch aber jetzt nicht sein, ich muss wieder auf die Bühne, das ist wirklich ein sehr unpassender Zeitpunkt“, blubberte der Sänger vor sich hin und raufte sich seine kurzen, blonden Haare. Panik machte sich in ihm breit und er wusste einfach nicht, was er als nächstes tun sollte. „Sag das dem Baby“, seufzte Yuna. „Scheiße, was machen wir denn jetzt?“, war sein Kopf leer und die logischen Schritte, die sie sich zurechtgelegt hatten, als sie darüber sprachen, was sie machen würden, wenn es jetzt wirklich soweit wäre, waren wie weggeblasen. „Wie wär's wenn du endlich ins Krankenhaus … kommst und ich versuche solange die Beine … zusammen zu kneifen, damit du bei der Geburt dabei sein kannst“, schlug sie ihm stockend vor und musste dabei scheinbar wieder eine Wehe veratmen. „Oh… Okay“, sagte Kyo und er legte einfach auf und blieb einen Moment wie angewurzelt stehen. „Kommst du, es geht gleich weiter“, wurde er von Daisuke aus seinen Gedanken gerissen und Kyo zuckte wie ein gepeinigter Hund zusammen. „Ist alles gut, was ist denn los?“, kam der Gitarrist aber näher und besah sich den Sänger genauer. „Du bist ganz schön blass“, stellte dieser dann noch fest und Kyo schluckte. „Das Baby… Yuna ist im Krankenhaus… das Baby kommt“, sah er den großen, leider nicht mehr ganz so, Roten an und ihm stand der Schweiß auf der Stirn. „Wie bitte? Und da stehst du hier da und starrst Löcher in die Luft?“, fiel Daisuke aus allen Wolken. „Nun mach dass du fort und zu deiner Frau kommst. Aber pronto!“, riss er ihm das Telefon aus der Hand und schubste den Sänger Richtung Garderobe, damit er sich seine Jacke holen konnte. „Aber was ist mit dem Konzert?“, stolperte der Sänger fragend und drehte sich wieder um. „Das lass mal unsere Sorge sein“, machte der Gitarrist eine scheuchende Handbewegung. „Und nun geh endlich, bevor du zu spät kommst und dein Baby ohne dich das Licht der Welt erblickt“, gab Daisuke ihm noch einen Stoß. Das fruchtete dann wirklich und Kyo nahm die Beine in die Hand und stürmte in die Garderobe, wo er nur seine Schuhe wechselte und sich seine Jacke überwarf. Die Tasche ließ er einfach hier stehen, denn er vertraute darauf, dass einer seiner Bandkollegen sie später mitnehmen würde. Wobei es sicherlich nicht viel später sein würde, denn ohne ihn, den Sänger, würden die anderen vier nicht viel veranstalten können und er glaube kaum, dass sie ein nur rein instrumentales Konzert geben würden, zudem die Technik bis jetzt eh unter aller sau war. Vor der Konzerthalle erwischte er sofort ein Taxi und Kyo ließ sich sofort auf die Rückbank fallen und rief dem Fahrer die Adresse von dem Krankenhaus entgegen, in welchem Yuna entbinden wollte und in diesem sie jetzt sicherlich auch gerade lag. Das hoffte er zumindest. Wenn nicht, oh man, daran wollte er nicht mal denken und anrufen ging auch nicht, da sein Handy in seiner Tasche lag, wie er mit einem Abtasten seiner Hosentaschen feststellte. Ab und an drängte er den Taxifahrer schneller zu fahren, aber der ließ sich nicht hetzen und der Sänger fluchte beinahe die gesamte Fahrt leise vor sich hin. Zirka zwanzig Minuten später hielt das Taxi vor dem Krankenhaus und Kyo warf dem Fahrer ein wenig Geld hin, welches er noch in seiner Jackentasche gefunden hatte. Er konnte von Glück reden, dass er dieses noch bei sich gefunden hatte, ansonsten wäre es recht brenzlig für ihn geworden. Die Autotür war noch gar nicht richtig ins Schloss gefallen, da war der Sänger schon ins Innere des Krankenhauses geschlittert und er sah sich nach der passenden Station um. Auf dieser angekommen stürmte er sofort das Schwesternzimmer und er fragte nach seiner Frau, die sicherlich in einem der Kreissäle lag. Die Dame ließ sich alle Zeit der Welt und schaute erst in ihren Unterlagen nach. Kyo währenddessen brach beinahe zusammen, da er so aufgeregt war und ihm schon wieder die Übelkeit zu schaffen machte, die er immer bekam, wenn ihm der Arsch auf Grundeis ging und er nichts beeinflussen konnte. Nach gefühlten Stunden bekam er auch endlich mal seine Antwort und ohne auf weitere Anweisungen zu warten, stürmte er in das genannte Zimmer und trat genau dann ein, als Yuna lautstark eine Wehe bekundete. In Sekundenschnelle eilte der Sänger an ihr Bett und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn, bevor er ihr sanft durch die Haare strich und abwartete, bis sie die Wehe veratmet und auch überstanden hatte. „Da bist du ja endlich“, murmelte sie leise und ein leichtes Lächeln umspielte ihre Mundpartie. „Ja, Gott sei Dank“, nickte er und nahm ihre Hand in seine. „Wie weit bist du?“, fragte er und ganz automatisch glitt sein Blick auf ihren Bauch, der sich gigantisch unter dem tristen Krankenhaushemd wölbte. „Vorhin… war der Muttermund so an die acht Zentimeter offen“, murmelte sie und Kyo sah die Erschöpfung seiner Frau regelrecht an. Ihre Augen sahen richtig müde aus und sie hatte leichte Ringe unter den Augen. „Das heißt?“, fragte er wieder und er kam sich schon ein bisschen doof vor, da er nicht sehr viel damit anfangen konnte. „Das heißt, dass der Muttermund sich nur noch zwei Zentimeter öffnen muss, wenn überhaupt. Sie müssen der werdende Vater sein“, bekam er seine Frage nicht von Yuna beantwortet, sondern von einer älteren Dame, die sehr nach Hebamme aussah. „Ja, der bin ich“, nickte er also gleich. „Sehr gut, so schnell wie die Geburt bis jetzt voranschreitet, hatten wir schon befürchtet, dass Sie es nicht ganz schaffen würden, da ihre Frau meinte, dass Sie beruflich unterwegs seien“, redete sie gleich weiter, während sie sich vor Yunas Bett setzte und sie aufforderte ihre Beine aufzustellen. Argwöhnisch beobachtete er sie und er strich beruhigend über die Hand seiner leidenden Frau, da sie kurz zusammen zuckte. „Bald ist es soweit. Noch knapp einen Zentimeter, dann geht es in die Endphase“, sagte sie ruhig und sie deckte Yunas Beine wieder ordentlich zu. „Seit wann hast du denn schon wehen?“, fragte Kyo, nachdem die Hebamme sie wieder allein gelassen hatte und Yuna gerade mit dem Veratmen einer Wehe fertig war. „Scheinbar schon seit heute Morgen. Ich hab das bloß nicht als solche angesehen“, gab sie zu. „Als du weg warst, wurde es aber immer schlimmer und dann bin ich lieber ins Krankenhaus gegangen“, musste sie sich dann wieder unterbrechen und Kyo hielt brav ihre Hand, strich beruhigend drüber. Er kam sich so hilflos und unnütz vor, während seine Frau litt und all die Qualen leiden musste. „Ich hab gedacht, da die erste Geburt ja meist immer sehr lange dauert, dass du in Ruhe noch dein Konzert durchziehen kannst, aber es ging so schnell… sorry, aber da musste ich dich anrufen“, murmelte sie leise und sie leckte sich die Lippen, was ihn veranlasste nach dem Becher Wasser zu greifen, der auf einem kleinen Schrank neben dem Bett stand. Dankend nahm sie ihn entgegen und trank etwas, bevor sie sich wieder ins Kissen sinken ließ und ihre Aufmerksamkeit erneut einer Wehe schenkte. So verging etwas Zeit und die Wehen kamen ziemlich schnell nacheinander. Während der ganzen Zeit blieb der Sänger konsequent an der Seite seiner Frau und half ihr so gut es ging, bis es hieß: pressen. Ab da wurde es noch einmal interessant und während Yuna auf Anweisung hin versuchte den Dickkopf ihres Kinder aus sich heraus zu pressen, biss Kyo sich schmerzhaft auf die Lippe, da seine Frau seine Hand so sehr zusammen drückte, dass er die Knochen wahrlich knacken hörte. Er hatte ja schon immer gewusst, dass sie kein schwaches Ding war, aber mit solcher einer Kraft, in den zarten Fingern, hatte er nun wirklich nicht gerechnet, aber scheinbar setzte eine Geburt ungeahnte Kräfte frei. „Sehr gut, noch einmal Luft holen und pressen. Die Haare kann ich schon sehen. Ganz viele, schwarze Haare“, feuerte die Hebamme Yuna auch an und nachdem sie wirklich alles gegeben hatte, sank sie keuchend zurück und wartete geduldig auf die nächste Wehe, die sie ihrem Kind noch ein Stückchen näher brachte. „Bei der nächsten Wehe gleich wieder Luft holen und feste pressen“, wies die Hebamme gleich wieder an und als es soweit war, beugte Yuna sich wieder etwas nach vorn und nutzte all ihre Kraft. „Weiter, weiter, weiter…“, forderte sie weiter, bis seine Frau sich wieder zurück fallen ließ und sie schmerzerfüllt das Gesicht verzog. „Das Köpfchen ist da. Atmen Sie noch einmal kurz durch. Gleich haben Sie es geschafft“, sprach die Hebamme beruhigend und Kyo unterdrückte den Drang sich nach vorn zu beugen und zu schauen. Zwar hatte er sich mit seinem Kopf schon öfters zwischen Yunas Beine verirrt, aber wenn ihre empfindlichste Stelle so malträtiert wurde… nein, das musste er dann auch nicht sehen und die wenigen Momente, bis ihr Baby auf der Welt war, die konnte er auch noch warten. Dann war es auch schon so weit und mit einem letzten Kraftaufwand brachte Yuna ihr Baby zur Welt, welches gleich darauf mit einem lauten, klaren Schrei mitteilte, dass es da war. „Es ist ein Mädchen“, teilte die Hebamme, nach einem kurzen Blick mit. Keuchend, aber total überwältigt nahm Yuna das schreiende Baby entgegen, als sie es auf die Brust gelegt bekam. Mit Tränen in den Augen drückte sie dem kleinen Ding einen Kuss auf den dunklen Haarschopf, bevor sie Kyo ansah, der ihr gleich einen Kuss gab. „Wir haben es geschafft“, murmelte sie tränenerstickt, während sie das wärmende Handtuch entgegen nahm, welches auf das Baby gelegt wurde. Kyo konnte nur nicken und seinen Blick gar nicht mehr von dem kleinen Mädchen abwenden, welches nicht mehr laut schrie, sondern nur noch leise vor sich hin wimmerte und die kleinen Augen zusammen kniff, so als wäre es viel zu hell und jemand solle doch mal bitte das Licht ausmachen. Ganz vorsichtig strich er mit seinem Zeigefinger über die winzige Wange. Sie war total warm und weich und trotz dem Blut und der Käseschmiere, war es das wunderschönste Baby, welches er jemals gesehen hatte. Nur wiederwillig ließ er zu, dass das Baby zur Untersuchung gebracht wurde und wie ein Dackel lief er der Ärztin hinterher, die sich um die ersten Checkpunkte kümmerte. Jede Handbewegung fasste er auf und als sie nach der ersten Prognose erklärte, dass dem kleinen Mädchen nichts fehlte war er mehr als nur beruhigt. „Dann können Sie sie jetzt baden“, sagte sie und eine Schwester machte schon Wasser für das Baby fertig. „Was? Ich?“, fragte er aber total überrumpelt und er wusste wirklich nicht, ob er sich das schon zu traute. „Natürlich, Sie müssen auch keine Angst haben, es kann nichts passieren.“ „Aber was ist, wenn ich sie kaputt mache?“, bildete sich erneut Schweiß auf der Stirn und die Schwester lachte, da die Ärztin zu einer anderen Geburt gerufen wurde. „Keine Angst, das wird nicht passieren. Die Babys sind viel robuster, als sie aussehen“, schmunzelte sie und ehe Kyo sich versah, hatte er sein Baby auf dem Arm und war über die kleine Badewanne gebeugt. Ungelenk stand er da und er schaute sich hilflos um, bis die Schwester ihm zur Hilfe eilte. Zwar machte er dann auch alles selbst, aber mit einer weiteren Person fühlte er sich dann doch sicherer. Somit glänzte das Baby bald und mit einem weißen Strampler bekleidet, wurde sie auf die Brust ihrer Mama gelegt. Es dauerte dann auch nicht mehr lange, da begann das kleine Mädchen schon ihre erste Mahlzeit zu sich zu nehmen und Kyo konnte sich gar nicht daran satt sehen. Und spätestens jetzt würde ich er sich den Arsch treten, wenn er das Konzert durchgezogen hätte. Klar, es war schade für die Fans, aber da gab es sicherlich eine Möglichkeit um sich zu revanchieren, trotzdem hätte er diesen Moment um nichts verpassen wollen. Nach der ersten Fütterung waren sowohl Mutter, als auch Kind, eingeschlafen und mit Hilfe bekam Kyo das Baby auf seinen Arm gelegt. Ein leises Klopfen an die Tür ließen ihn aufhorchen und im nächsten Moment ging die Tür auf und seine vier Freunde und Kollegen traten ein. Der Sänger konnte nicht anders und er strahlte übers ganze Gesicht. Er war stolz wie Bolle und das konnte man ihm wahrlich ansehen. „Hi, wir wollten nur mal kurz Hallo sagen“, flüsterte Kaoru und sie vier scharten sich um ihn und das Baby, welches friedlich auf seinen Armen schlummerte. „Zeig mal her“, beugte sich nun Daisuke als erster vor und er zog ein bisschen von der Decke weg, damit er das Gesicht sehen konnte und gab im nächsten Moment einen entzückenden Laut von sich. „Was ist es denn?“, war er nun neugierig, was Kyo dem Gitarristen nicht verübeln konnte, da weder Yuna noch er ein Wort über das Geschlecht verloren hatten, weil sie es nämlich selbst nicht wissen wollten. „Ein Mädchen. Erina heißt sie“, sagte Kyo leise und wieder fiel sein Blick auf die kleine Prinzessin in seinen Armen und vom ersten Moment an, war er ihr widerstandslos verfallen. Kapitel 73: Dreiundsiebzig - Epilog ----------------------------------- Bevor der Sänger überhaupt aufgesehen hatte, wusste er schon, dass seine siebenjährige Tochter und ihr, in Anführungszeichen, Cousin im nächsten Moment durch die Tür geschritten kamen. Er hatte keine Ahnung warum, aber irgendwie hatte er es im Gefühl und tatsächlich, keine Minute später wurde die Tür aufgedrückt und zwei tropfnasse Wesen, in gelben Regenanzügen, kamen hinein. „Hey ihr Zwei“, schmunzelte er gleich und Kyo legte seine Unterlagen zur Seite um auf die beiden zuzugehen. „Was macht ihr denn hier?“, fragte er, während er beiden die nassen Hüte vom Kopf zog und ihnen noch die tropfnassen Jacken abnahm, nachdem sie ihre Taschen abgesetzt hatten, um sie einfach in die Spüle zu werfen, damit die Pfütze, die sich um die Kinder mittlerweile gebildet hatte, nicht noch größer wurde. Sie hatten hier keinen Wischmopp und mit Taschentüchern wollte er nicht den Boden sauber tupfen. „Zieht bitte noch die Schuhe aus, dann könnt ihr rein kommen“, deutete er auf ihre durchweichten Schuhe und er hoffte innerlich, dass sie sich nicht noch eine Erkältung eingefangen hatten. Das Wetter war aber auch fürchterlich und seit Tagen regnete es beinahe ununterbrochen, aber so derbe wie heute, war es trotzdem nicht gewesen. „Also, was macht ihr hier?“, fragte er noch einmal. Allerdings wurde die Frage nur von dem Mädchen in der dunkelblauen Grundschuluniform wahr genommen, denn der dreijährige Junge ließ sie einfach stehen und rannte stattdessen in den Aufnahmebereich, wo sein Vater wartete. Kurz horchte Kyo und er wurde auch nicht enttäuscht, denn kurz drauf erklang das fröhliche Lachen von Daisuke, der freudig seinen Sohn begrüßte. „Ich wollte dich sehen, da du gestern Abend nicht nach Hause gekommen bist“, antwortete Natsuki dann endlich und Kyo setzte sich wieder auf seinen Stuhl, schob diesen aber etwas zurück und wartete, bis sein Mädchen vor ihm stand, damit er sie auf seinen Schoß ziehen konnte. „Ich bin doch nach Hause gekommen.“ „Aber nicht wo wir noch wach waren“, brummte sie und sie kuschelte sich an den Sänger heran. „Stimmt, aber es ging nicht eher, schließlich kann ich nicht einfach das Konzert verlassen“, schmunzelte er. „Trotzdem wäre es bei dem Wetter besser gewesen, wenn du nach Hause gegangen wärst, Yuna wartet bestimmt schon“, und er überlegte, ob er ihr zumindest eine kurze Nachricht schicken sollte, in dem er sie aufklärte, damit seine Frau sich keine Sorgen machen musste. „Das wollte Noriko machen.“ „Wieso Noriko?“ „Weil ich sie mit Tian getroffen hab und da der auch seinen Papa sehen wollte, durfte ich ihn mitnehmen“, erklärte das Mädchen wie selbstverständlich und sah Kyo aus unschuldigen Augen an. „Aber bei dem Wetter wäre es wirklich besser gewesen, ihr wärt nach Hause gegangen. Guck dir mal deine Socken an, die sind total nass“, deutete er auf die kleinen verpackten Zehen und Natsuki bewegte sie probehalber. „Das fühlt sich eklig an“, murmelte sie. „Und ich hab kalte Füße“, stellte sie dann noch fest. „Ja und genau das ist das Problem“, seufzte er und Kyo stieß sich ab und rollte mit dem Bürostuhl etwas Richtung Sofa, wo er sich die Decke nahm und sie Natsuki über die Beine legte. „Wenn du zu Hause bist, nimmt du ein heißes Bad, ja?“ „Okay“, nickte sie, bevor sie kurz gähnte. „Wann kommst du heute nach Hause?“, nuschelte das Mädchen, während sie sich etwas die Augen rieb. „Weiß nicht, wenn wir hier fertig sein werden“, gab er ehrlich zu und kraulte sanft ihren Nacken. „Du musst aber zum Abendessen zu Hause sein.“ „Ich weiß nicht, ob ich das schaffen werde“, wollte Kyo ihr wirklich keine leeren Versprechen geben. „Bitte, Papa“, maulte das Mädchen auf seinem Schoß und irgendwie kam ihm die ganze Szenerie bekannt vor. Kyo schob es allerdings auf die rehbraunen Augen, die ihn versuchten zu bestechen und wie immer konnte er dem nicht Stand halten und leise seufzend nickte er dann und stimmte somit zu, dass er zum Abendessen zu Hause sein würde. „Wie war es denn eigentlich in der Schule?“, fragte er, nachdem sie ein bisschen auf dem Stuhl gesessen und gekuschelt hatten. „Doof. Wir mussten was vorsingen und ich hab meinen Text vergessen“, murmelte sie, so dass Kyo sie beinahe nicht verstanden hätte. Natsuki machte sich ganz klein, scheinbar in der Annahme, dass er wohl gleich ein paar Takte von sich geben würde, aber da war sie bei ihm an der falschen Adresse, da es dem Sänger relativ egal war, was sie in Musik verzapfte, solange sie ordentlich lesen, schreiben und rechnen konnte. Also grinste er nur. „Du schimpfst nicht?“, blinzelte Natsuki ein bisschen perplex, was ihn nun richtig zum Lachen brachte. „Nein, warum sollte ich? Ich weiß doch, dass du mit Noten mehr anfangen kannst, als mit irgendwelchen Texten“, sagte er ehrlich. Viel weiter kamen sie allerdings nicht, denn Daisuke kam mit seinem Sohn, auf dem Arm, in den Raum. Das war für Kyo das Zeichen und er hob Natsuki von seinem Schoß und dirigierte sie an die Tür, wo er ihr in die Schuhe half, genauso wie Daisuke es bei Tian tat. „Also kommst du zum Essen nach Hause, ja?“, bestach das Mädchen ihn noch einmal. „Ja, ich werde gegen sechs da sein“, unterdrückte er ein Seufzen. Kyo holte noch die Jacken und reichte die kleinere an den Gitarristen weiter, der diese seinem Sohn gleich überzog. Der Sänger hielt die andere so auf, dass Natsuki nur noch hineinschlüpfen musste und er drückte die Druckknöpfe schnell zu. „Bringst du Tian noch nach Hause?“, fragte Daisuke, während der Sänger noch nach den Hüten griff und wieder zu den dreien zurück ging. „Ja, ich hab es Noriko ja versprochen“, nickte sie. „Alles klar, du bist die Beste“, grinste der große Rote und hielt ihr seine Hand entgegen. „Gib mir Fünf“, und dann schlug das Mädchen ihre Hand schon gegen die deutliche größere. Mit seinem Sohn tat er das gleiche, bevor er ihn los ließ. Kyo half Natsuki noch mit ihrer Schultasche und verabschiedete sich danach auch noch von den Kindern und setzte ihnen zuletzt noch die gelben Hüte auf. Dann war die Tür auch schon hinter den beiden zu und Kyo atmete durch. „Dir wurde wohl auch die Pistole auf dir Brust gesetzt?“, grinste Daisuke und er wischte sich seine Hände an seiner Hose trocken, da scheinbar noch nicht alles Wasser auf den Regenjacken getrocknet war. „Hm?“, sah der blonde Sänger ihn fragend an und ging wieder zu seinem Stuhl, wo er zunächst die Decke zusammen faltete. „Soweit ich mitbekommen habe, wurdest du zum Essen nach Hause zitiert, tja… Tian hat da drinnen“, und er zeigte auf den anderen Bereich ihres Arbeitsplatzes „so lange Terror gemacht, bis ich ebenfalls zugestimmt habe“, grinste er und Kyo musste es einfach erwidern. „Ja, so sieht es wohl aus. Allerdings heißt es auch, dass wir nun noch mehr ranklotzen müssen. Also ab mit dir, wenn ihr euch beeilt, kann ich meinen Part vielleicht noch einsingen und wir können alle bei Zeiten Feierabend machen“, scheuchte der kleinere Mann den größeren davon und wie er sich so an die Arbeit machte, hatte er schon wieder das Gefühl, als hätte er das alles schon mal genauso erlebt… Pünktlich achtzehn Uhr schloss Kyo die Tür seiner Wohnung auf und sofort kam ihm ein köstlicher Duft entgegen, was seinen leeren Magen gleich aufgeregt knurren ließ. „Er ist da! Papa ist da“, ertönte gleich darauf Natsukis Stimme. Schmunzelnd schloss er die Tür, nachdem er eingetreten war und mit einer gewohnten Bewegung schob Kyo sich die Schuhe von seinen Füßen und stellte sie brav auf den kleinen Abschnitt, den Yuna extra nur für Schuhe beanspruchte. Seine Hausschuhe standen auch dort herum und nach wie vor fiel es ihm schwer diese auch immer wieder dort abzustellen, wenn er das Haus verließ, da sie ihm immer noch überall von den Füßen fielen und gerne an genau dieser Stelle liegen blieben. Seine Jacke hängte er am Haken auf und ein leises Rascheln lenkte seine Aufmerksamkeit auf die Wohnzimmertür. Denn da tauchte Natsuki auf, die ihr jüngstes Familienmitglied an den Händen hielt. Das elf Monate alte Baby machte langsam tapsige Schritte, während ihm gleichzeitig in breites Lächeln begrüßte. Sie hatte einen hohen Zopf auf dem Kopf und da wusste der blonde Japaner genau, dass sich die große Schwester wieder an der kleinen verausgabt hatte. „Wer kommt denn da?“, fragte Kyo und hockte sich hin um das kleine Mädchen aufzunehmen und ihr einen Kuss auf eine errötete Wange zu drücken. Er war erstaunt, dass sie schon so gut laufen konnte, schließlich hatte sie doch erst das Krabbeln erlernt… Das Baby lachte und vergrub kurzerhand die kleinen Hände in seinen Haaren um sich daran fest zu krallen. „Au, aua~, das tut weh“, zuckte er kurz zurück, was es nur noch schlimmer machte. Freudig gurgelte das Baby herum, doch sie ließ bald locker und der Sänger platzierte Erina auf seiner rechten Hüfte. Mit seinem linken Arm zog er dann zunächst Natsuki an sich heran und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Du bist da“, freute sie sich sichtlich und Kyo nickte. „Ja, hab ich doch gesagt“, schmunzelte er und zu dritt gingen sie in die Küche, wo Yuna gerade den Tisch deckte und erfreut aufsah, als sie ihren Mann in die Küche treten sah. „Du hast es wirklich geschafft“, strahlte sie. Scheinbar hatten sie alle wirklich nur auf ihn gewartet und er musste gestehen, dass es ihn freute. „Ja, habe ich“, nickte er und zog zunächst seine Frau an sich heran, um sie gebührend zu begrüßen. Ein sanftes, vertrautes Kribbeln breitete sich in seinem Bauch aus und er küsste Yuna mit etwas mehr Hingabe, als es für diesen Moment vielleicht notwendig gewesen wäre. „Urgh… macht das, wenn ihr alleine seid. Aber passt auf, nicht das wieder ein Baby kommt“, stöhnte Natsuki auf und sie hielt sich ihre Augen zu, nachdem sie sich an ihren Platz am Tisch nieder gelassen hatte. Grummelnd löste der Sänger sich und schaute kurz seine Tochter an. „Lass uns doch, du siehst das doch nicht das erste Mal“, sagte er ein wenig zickig. „Außerdem brauchst du keine Angst haben, in unserer Familie gibt es in nächster Zeit kein weiteres Baby“, und irgendwie kam ihm diese Unterhaltung auch bekannt vor, dabei war er sich sicher, dass er diese mit Natsuki noch nie geführt hatte. „Nicht in unserer Familie? In welcher denn dann?“, sah nun Yuna verwundert auf und hielt kurz inne in ihrem Tun. „Ich weiß nichts genaues, aber Dai macht in letzter Zeit immer so komische Andeutungen“, zuckte er mit den Schultern. „Du meinst, dass Noriko wieder schwanger ist?“, sah er genau die Neugier in den rehbraunen Augen, aber da musste er sie fürs erste bremsen. „Keine Ahnung, vielleicht planen sie auch nur“, ging er auch nicht weiter drauf ein, sondern er setzte seine jüngste Tochter in den Kinderstuhl und schob ihn an Yunas Platz heran, da diese sich ebenfalls gerade auf ihrem Stuhl nieder gelassen hatte. Schnell band er dem Baby noch ein Lätzchen um, goss jedem Tee in ein Glas und dann nahm er ebenfalls Platz. In Ruhe nahmen sie ihr Abendessen zu sich und Kyo genoss die familiäre Atmosphäre und er war Natsuki immer dankbarer, dass sie ihn schon fast gezwungen hatte pünktlich nach Hause zu kommen. Sie erzählten sich vom Tag und was sie so alles erlebt hatten, gleichzeitig quetsche Natsuki ihn über das gestrige Konzert aus und dass sie die Zeiten dafür doch bitte ändern sollten, damit er immer abends zu Hause sein konnte. Diesen Zahn musste er ihr allerdings ziehen und nachdem sie zu Ende geschmollt hatte, räumten sie den Tisch zusammen ab und machten noch den Abwasch, während Yuna Wasser in die Badewanne einließ. Der Abwasch war fertig, da kam Yuna auch schon wieder und verkündete ihm, dass auch die Badewanne nun gefüllt sei. Somit schnappte er sich das Baby, welches gurgelnd und glucksen im Laufstall herum krabbelte und er übernahm heute die Aufgabe des Bademeisters. Da Natsuki auch gleich ins Wasser springen wollte, hatte er auch tatkräftige Unterstützung dabei und nach einer Stunde saßen sie zu viert auf dem Sofa und kuschelte noch eine Runde. Kyo war umringt von seinen Mädels und schon wieder hatte er das Gefühl eines Déjà-vu. Diesmal noch viel deutlicher und als er sich Erina, Natsuki und Yuna so betrachtete, durchschoss es ihn wie ein Blitz und im nächsten Moment wusste er, warum ihm der ganze Tag schon so seltsam bekannt vor kam. Es wär nämlich wie in seinem Traum. Gott ja, es war schon eine ganze Weile her, aber nun erinnerte er sich und ihm blieb kurz der Atem weg, als er seinen Traum, den er komischerweise noch immer beinahe Detailgenau wiedergeben konnte, durchging. Genauso wie der heutige Tag war es abgelaufen und Kyo konnte es gar nicht fassen, aber er lebte seinen Traum. Jetzt nicht nur beruflich, sondern auch privat. Kapitel 74: Vierundsiebzig - Teil Zwei -------------------------------------- Vorsichtig öffnete Kyo die Tür zum Studioraum und er zog Erina an ihrer leicht übergroßen Kapuze zurück, damit sie die Tür nicht an den Kopf bekam. Natsuki nutze dafür gleich die Chance und sie schlüpfte sofort durch den kleinsten Schlitz der Tür. Der Sänger schüttelte leicht amüsiert den Kopf und beobachtete für einen minimalen Augenblick, wie seine jüngste Tochter vergeblich versuchte wieder vorwärts zu kommen, doch sie scheiterte kläglich und tratt weiterhin auf der Stelle. Doch bei ihr musste man immer auf der Hut sein. Seit zirka vier Wochen lief sie nun schon ohne fremde Hilfe und erst vor zwei Tagen hatten sie das kleine Mädchen beinahe drei Stunden suchen müssen und das in ihrer eigenen Wohnung! Gerade mal eine Sekunde hatten sie die Kleine aus den Augen gelassen, da war sie auch schon verschwunden und Familie Niimura war einem Nervenzusammenbruch sehr nahe gewesen. Letzten Endes saß sie in einer versteckten Ecke, hinter einem bodenlangen Vorhang und hielt dahinter ein Nickerchen, ganz so, als wäre sie beim Warten eingeschlafen. Langsam setzt er sich wieder in Bewegung und mit ihm kam auch endlich Erina wieder vorwärts. Murrend ruderte sie mit ihren kleinen Armen und stemmte sich nach vorn, aber Kyo ließ sie einfach nicht los, wäre auch ein wenig unüberlegt, denn da würde sie ohne zu bremsen gleich auf die Nase fallen. Einige Schritt ging der Sänger wieder zurück, damit er die Tür wieder schließen konnte und Erinas Laune sank immer weiter nach unten, das konnte er sehen und ob er wollte oder nicht, er fand es äußerst amüsant und er musste zugeben, Kyo forderte sie auch ein bisschen heraus. Allerdings wollte er das Mädchen jetzt auch nicht noch weiter quälen und er hielt sie schnell am Arm fest, bevor er sich vor sie hin hockte und ihr den Reißverschluss der Jacke aufzog. Ungeduldig sah sie ihn an und versuchte gleich aus der Jacke zu kommen, doch er machte sich nichts daraus und zog stattdessen am Schnuller, damit Erina den ausspuckte. Doch das eigensinnige Mädchen drehte nur den Kopf zur Seite und versuchte mit einem unwilligen Laut Kyos Hand wegzuschieben. „Komm schon, das Ding brauchst du doch nicht mehr“, seufzte Kyo und er zog diesmal leicht an der Kette, die mit einem Klipp an der Jacke hing und das andere Ende am Schnuller befestigt war, damit der nicht irgendwo mal in der Pampa verloren ging. Ein undefinierbarer Laut ertönte aus dem vollgestopften Mund und der Sänger verdrehte die Augen. „Du musst das Teil hergeben, ob du willst oder nicht. Ich werde den garantiert nicht von deiner Jacke abmachen“, schüttelte er den Kopf und diesmal zog er gleich am Ring vom Schnuller und mit einem leisen Plopp bekam er ihn endlich aus dem kleinen vollgesabberten Mund gezogen. „Geht doch“, grinste er und zog Erina schnell die Arme aus der Jacke, woraufhin er diese gleich ganz oben an einen Kleiderhaken hängte. Sofort kam die kleine Lady hinterher und versuchte verzweifelt nach oben zu greifen, da sie scheinbar nicht kampflos aufgeben wollte, doch da würde sie nie ran kommen. Aber er musste zugeben, es war schon ein wenig gemein, wie der Schnuller so frei herum hing und schon regelrecht danach schrie wieder in den Mund genommen zu werden. Da der Sänger aber versuchte sie von dem Ding langsam weg zu bekommen, gab er auf keinen Fall nach. Stattdessen zog er sich seine Jacke aus und nahm die von Natsuki noch auf, da diese quer auf einem Sofa lag und verfrachtete sie ebenfalls an einen Haken. „So, dann lass uns mal die anderen begrüßen, bevor Natsuki denen komplett ein Ohr abgekaut hat“, sagte er zu seiner Tochter und nahm sie dann einfach auf seine Arme. Langsam ging er in den nächsten abgetrennten Raum, wo Natsuki mit Shinya am Klavier saß und Kaoru und Dai in einem Gespräch vertieft waren. „Hey Leute“, grüßte er und setzte sich mit Erina auf dem Schoß einfach mit zu Kaoru und Daisuke, welche aufsahen und ein Lächeln ins Gesicht gezaubert bekamen. „Hi, ich dachte du wolltest heute zu Hause bleiben?“, fragte gleich Kaoru und er piekte Erina kurz in die leicht gerötete Wange, was die mit einem Lachen quittierte. „Schon“, murmelte Kyo. „Aber Yuna musste heute noch mal ins Büro, was erledigen, und da dachte ich, dass wir sie später abholen und vorher doch noch ein bisschen Zeit im Studio nutzen“, zuckte er mit den Schultern. „Tsuki hat mir schon ewig in den Ohren gelegen, damit sie mal wieder mit Shinya zusammen spielen kann. Also sind wir hier“, endete er und schmunzelte. Kaoru nickte, grinste aber wissend. Im nächsten Moment ging wieder die Tür auf und ein fröhlicher Toshiya kam herein geschneit, der für eine Sekunde stockte, als er Kyo und seinen Nachwuchs erblickte. „Huh? Was macht ihr denn hier?“, fragte auch dieser und der Sänger lachte, erklärte aber auch ihm, was sein Anliegen war. „Oh cool, was dagegen wenn ich deine Kiddies mal für eine Stunde entführe? Ich hab letztens etwas gesehen und wollte es beim nächsten Mal unbedingt ausprobieren, kommt zwar heute ein wenig plötzlich, aber spontan ist ja meistens am Besten“, sprudelte es aus den dunkelhaarigen Bassisten gleich heraus und der Sänger musste einen Moment blinzeln, bevor er den Redefluss verdaut und analysiert hatte. „Ehm… was hast du denn vor?“, fragte er skeptisch und zog sein Töchterchen etwas höher, da sie durch ihr Zappeln ein wenig nach unten gerutscht war. „Lass dich überraschen, ist auch nichts schlimmes, versprochen“, hob der schlanke Mann eine Hand an sein Herz und die andere in die Luft, was Kyo grinsen ließ. „Okay, dann versuch mal Tuski-chan von Shinya zu lösen, ich mach Eri fertig“, schmunzelte er und er stand mit dem Kleinkind wieder auf, um mit ihr nach vorn zu gehen und sie erneut in ihre Jacke zu stecken. Bisschen doof guckte die Kleine ja schon aus der Wäsche, als könne sie es nicht fassen, da er ihr die Jacke doch erst vor ein paar Minuten ausgezogen hatte. „Tja, ich weiß genau wie du dich fühlst, aber dein Onkel plant irgendwas und da müssen du und deine Schwester mit“, blubberte er vor sich hin und klippste jetzt nun doch den Schnuller von der Jacke und ließ ihn heimlich in die Tasche seines Pullovers verschwinden. „Da!“, machte sein Töchterchen auch gleich und guckte ihn mit riesigen rehbraunen Augen an. „Genau“, grinste Kyo und zog den Reißverschluss nach oben. Keine Sekunde zu früh, denn Toshiya kam mit Natsuki nun auch aus dem hinteren Bereich und Kyo hielt ihr auch gleich die Jacke hin, worin sie sofort schlüpfte. „Seid brav und hört auf Toshi, ja?“, ermahnte Kyo seine Mädels und jedes bekam noch ein Küssen auf die Wange gedrückt, bevor der Sänger sie in die Obhut ihres Bassisten gab, der mit den Mädels im nächsten Moment schon verschwunden war. Hoffentlich hatte er jetzt keinen Fehler begangen, allerdings hatte Toshiya noch nie Mist im Zusammenhang mit seinen Kindern gebaut, also warum sollte es ausgerechnet heute soweit sein? Bevor der Sänger wieder in den Aufnahmebereich ging, nahm er sich noch eine Flasche aus dem Kühlschrank und trank etwas, während er langsam zurück ging. „Na, deine Mannschaft verkauft?“, grinste Daisuke, während er seine Gitarre wieder aufnahm. „Jap, mal schauen was Toshi mit den Zwergen anstellt, ich hoffe ich erkenne sie nachher noch wieder, sonst köpft mich Yuna“, grinste er ein wenig schief. „Du wirst es wohl drauf ankommen lassen müssen“, zuckte der rothaarige Gitarrist mit den Schultern und klimperte etwas auf seiner Gitarre herum. „So sieht’s wohl aus.“ Während Toshiya mit den Kindern unterwegs war, hielten die anderen vier eine kleine Jamsession ab und sie spielten einfach ein paar Lieder durch und probierten einige neue Kniffe, die aber niemand sehr ernst nahm. Zwischendurch tauschten sie sich ein paar Ideen aus, welche sie für eventuelle neue Stücke verwenden könnten und notierten sich einige Stücke. Somit verflog die Zeit ziemlich schnell und alle vier zuckten erschrocken zusammen, als die Glastür klirrend gegen die Wand flog. „Papa, schau mal“, sprang Natsuki, zumindest glaubte er, dass es Natsuki war, ins Zimmer und sie drehte sich einmal im Kreis. „Onkel Toshi hat uns verkleidet“, grinste sie und das Mädchen stellte sich in Position und sie tat so, als würde sie ein Pokémon aus ihrem Pokéball entlassen, welchen sie in der Hand hielt. Als dann auch noch ein Schiggy in den Raum geschossen kam, war es kurz ganz vorbei und Kyo dachte wirklich, er wäre im falschen Film. Doch beim genaueren Hinsehen erkannte er, dass Natsuki Misty von Pokémon war und Erina tatsächlich in einem plüschigen Schiggykostüm steckte. „What the fuck...“, sagte der Sänger fassungslos und ihm fielen beinahe die Augen aus dem Kopf, als er den nackten Bauch seiner größeren Tochter blitzen sah. Die Hot Pants machten es auch nicht besser und er holte schon tief Luft, um ihren Bassisten die Leviten zu lesen, als ich etwas Plüschiges an ihn schmiegte. Kyo schaute nach unten und erkannte wieder dieses Schiggy, welches um seine Beine schlich und ihn freudig angrinste. „Da da“, erfreute sich Erina und sie schaffte es wirklich kurz seine bösen Gedanken zu vertreiben und Kyo knuffte ihr in die Wange, bevor sein Blick wieder auf Natsuki fiel. „Toshi, bist du wahnsinnig? Wie kannst du sie in so ein Outfit stecken?“, brummte er dann schon und er schaute erneut fassungslos auf das knappe Kostüm. „Was denn? Ist doch nur Cosplay“, zuckte dieser lapidar mit den Schultern und schien nichts schlimmes daran zu sehen. „Nur Cosplay? Meine Tochter ist halb nackt, was hast du dir dabei gedacht?“ „Ach komm, reg dich doch nicht so auf, sie hat doch noch Strumpfhosen an.“ „Strumpfhosen, die nichts verdecken. Man, sie ist acht Jahre alt und nicht achtzehn, denk doch mal nach“, schüttelte er fassungslos den Kopf. Erst jetzt schien es dem Bassisten auch klar zu werden und er schaute ehrlich betroffen aus der Wäsche. „Oh…“ „Ja, oh“, seufzte der Sänger. Aber da sie nun mal hier waren, ließ er den Mädchen auch ihren Spaß und wenn er ehrlich war, sah vor allem Erina total niedlich aus. Sie steckte in einem Overall, der in dem blau von Schiggy gefärbt war und auf dem Rücken thronte ein kleiner Panzer. Sie sah wirklich aus wie das Pokémon und so wie die Kleine in die Runde strahlte, fand sie dieses Kostüm äußerst toll. Da konnte er das auch gleich mal verewigen und Kyo kramte in seiner Hosentasche nach seinem Handy. Natsuki stellte sich gleich schon in Position und der Sänger knipste ein paar einzelne Bilder von dem Mädchen. „Und nun mal mit deiner Schwester“, wies der Sänger an und alle blickten sich nach dem Kleinkind um, welches mal wieder verschwunden war. Seufzend dropte er und er legte sein Handy weg. „Dieses Kind macht mich noch mal wahnsinnig“, nuschelte er vor sich hin, während er sein Handy auf den Stuhl legte und im Raum herum ging, um das ausgerissene Schiggy ausfindig zu machen. In einer engen Ecke sah er irgendwann einen Panzer hervor blinzeln und er schlich sich leise an. Mit einem „Hab ich dich“, schnappte er sich das Mädchen, welches kurz aufquiekte und mit den Beinen strampelte. „Du entkommst mir nicht“, schmunzelte er und nahm sie auf seine Arme, um mit ihr zurück zu Natsuki zu gehen, die in der Zeit Toshiya mit Pokébällen bewarf, weil dieser sie neckte. „So, hab sie. Eri, stell dich mal zu Tsuki“, wies er die Kleinste an und platzierte sie neben ihrer großen Schwester. Schnell wuselte er wieder zu seinem Stuhl und nahm sein Handy auf. Die Kamera war schnell geöffnet und dann knipste er sich schon praktisch die Finger wund. Als er mal nicht richtig hinsah, erwischte Kyo die Taste fürs Filmen und dann lief die Kamera auch schon. Genau im richtigen Moment hatte er drauf gedrückt, denn Erina war schon wieder auf Wanderschaft und Natsuki machte jetzt total einen auf Pokémontrainer und sie warf einen Pokéball nach ihrer kleinen Schwester. Allerdings ging der meilenweit daneben und schmollend rannte sie dem Teil hinterher. Schiggy – alias Erina – hatte scheinbar auch etwas Interessantes gefunden, denn sie hatte sich hin gehockt und mit den Fingerspitzen tippte sie auf etwas, was am Boden lag, herum. Schnell schwenkte er wieder zu Misty, die gerade Schwung holte und mit voller Wucht den nächsten Pokéball gegen das Schiggy schleuderte, während sie „Gotta catchem all“, ausrief. Der kleine Plastikball prallte mit einem dumpfen Knall gegen den Kopf des freilaufenden Pokémon. Allerdings hatte Erina damit wohl überhaupt nicht gerechnet, denn diese erschrak sich fürchterlich und verlor gleichzeitig das Gleichgewicht. Immer weiter kippte das Kleinkind nach vorn, bis sie mit dem Gesicht eine Furche durch den Teppich zog, da sie sich dummerweise mit dem Gesicht abfing. Erschrocken hielt der Sänger die Luft an und er wartete darauf, dass das Mädchen sich aufrichtete, guckte ob jemand guckt und dann erst in Tränen ausbrach. Doch sie fing schon an bitterlich zu weinen, da hatte sie sich noch nicht mal ansatzweiße aufgerappelt und da musste es wirklich etwas ernstes sein. Toshiya war auch gleich als erster zur Stelle, denn vor seine Füße war sie sozusagen gepurzelt und der Bassist stellte sie vorsichtig auf die kleinen Beine und verzog dann das Gesicht. „Das nenne ich dann wohl Kollateralschaden“, murmelte er und Kyo zog seine Augenbrauen nach oben. „Was meinst du?“ fragte er und stellte jetzt endlich mal die Kamera aus, denn er hatte fröhlich weiter gefilmt. Schnell legte er das kleine Teil weg und ging zu seinem weinenden Töchterchen. „Komm mal her“, murmelte er und Toshiya drehte das Mädchen so, dass sie nur noch zwei Schritte auf Kyo zumachen musste, welche sie auch gleich hinter sich brachte. Jetzt sah auch der Sänger, was der Bassist mit Kollateralschaden meinte. Die Kleine musste ungebremst mit der Nase über den Teppich gerutscht sein, denn der ganze Naserücken war abgerubbelt und überall hingen kleine Hautfetzen herum, während langsam das Blut begann aus der Wunde zu sickern. Die Nasenspitze der kleinen Stupsnase war am schlimmsten malträtiert und dort drang das Blut auch schon am meisten aus. „Oh man, Mama wird uns aber mehr als nur einen Kopf kürzer machen“, erfasste ihn kurz Panik. Dankbar nahm er das weiche Taschentuch entgegen, welches Kaoru ihm hin hielt und ganz sanft versuchte er die Nase abzutupfen, was allerdings kläglich scheiterte, denn das Mädchen schrie umso lauter. Aber er konnte das Blut auch schlecht laufen lassen, das würde auch nicht gerade helfen. „Shhh~ “, versuchte er das Mädchen irgendwie zu beruhigen, was nur sehr langsam gelang. Doch mit der Zeit schluchzte sie nur noch und vorsichtig zog der Sänger Erina auf seinen Schoss, woraufhin sie sich gleich an ihn kuschelte. „Tsuki, gib deiner Schwester mal eine Goldbeere“, sagte er und er deutete unauffällig auf die Schüssel mit dem Obst, welche auf einer Kommode stand. Einen Moment schien Natsuki überlegen zu müssen, was genau er damit meinte, aber da er wusste, dass sie mittlerweile sehr häufig Pokémon schaute, musste er auch nicht lange warten. „Hier, damit du wieder gesund wirst“, hielt die kleine Lady ihrer kleinen Schwester eine Aprikose hin, die die Bedeutung einer Goldbeere haben und somit ihre Wunden heilen sollte. Zögernd nahm Erina die Beere entgegen und langsam fing sie an daran herum zu knabbern. Nun musste der Sänger wieder schmunzeln, denn es sah nun wirklich so aus, als hätte er ein Schiggy auf dem Schoß, welches gemütlich an einer Beere nagte. Damit war die Anspannung nun auch wieder gewichen und Kyo schaute zu Natsuki, die ein wenig unschlüssig herum stand. Zärtlich schlang er einen Arm um die Hüfte der kleinen Lady und zog sie an sich heran. „Es heißt übrigens ‚Gotta catch them all‘“, korrigierte er sie und drückte dem Mädchen ein Küsschen auf die Wange. Pikiert plusterte sie ihre Wangen auf und sah ihn an. „Als ob dein Englisch besser ist“, schob sie schmollend die Unterlippe nach vorn und verschränkte ihre Arme vor der Brust. Lachend schüttelte er den Kopf. „Erwischt.“ „Wie sieht’s aus, wollen wir die Mama abholen?“, fragte Kyo eine halbe Stunde später, nachdem Erina ihre Aprikose – alias Goldbeere – aufgegessen hatte. Sofort nickte die Kleine. Damit war das auch geklärt und der Sänger erhob sich langsam mit ihr. „Wo hast du eigentlich die Sachen von den Kindern?“, erkundigte er sich noch, da die beiden vorher schließlich andere Sachen am Leib gehabt hatten. „Die sind in dem Beutel, der neben der Tür steht“, erklärte der schlanke Bassist gleich. Nickend nahm er es zur Kenntnis und nach einer kurzen Verabschiedung schnappte Kyo sich die Sachen und zu dritt machten sie sich auf den Weg zu Yunas Büro. Erina musste er wieder runter lassen, da er die Arme für ihre Sachen frei brauchte. Brav lief sie an der Hand ihrer großen Schwester, die sich an die Geschwindigkeit der kurzen Beine anpasste. Während sie mit dem Fahrstuhl nach unten fuhren, hoffte der Sänger, dass Yuna nicht ganz so ein Theater wegen Erinas Nase machen würde, denn es sah wirklich böse aus und er wollte nicht wissen, wie sehr die Nase des Mädchens schmerzte, obwohl diese sich mittlerweile nichts mehr anmerken ließ. Unten angekommen klopfte er an und öffnete sogleich die Bürotür, das hatte sich noch immer nicht geändert, würde es sich wohl auch nie. Freudig sprangen die Kinder ins Zimmer und er konnte Yunas Lachen schon hören, da war er noch nicht mal eingetreten. „Na wie seht ihr denn aus?“, fragte sie amüsiert. „In was hat Papa euch denn da rein gesteckt?“ „Das war nicht Papa. Toshiya hat die uns gekauft“, antwortete Natsuki gleich und Kyo schloss die Tür hinter sich. „Ach so? Aber hätte mir auch klar sein müssen, denn Kyo hätte dir doch nie solche Sachen erlaubt“, stellte Yuna dann auch gleich fest. „Ich glaube das macht Toshiya auch nicht mehr, da Papa schon mit ihm gemeckert hat." „Ich hab gar nicht gemeckert, ich hab nur gesagt, was mir nicht gefällt“, musste er dann mal einschreiten. Seine Frau sagte darauf nichts mehr, sondern grinste nur. Dann fiel ihr Blick ganz auf Erina und ihr Grinsen verrutschte. „Das war heute Früh aber noch nicht da“, sagte sie sofort und die junge Frau zog Erina auf ihren Schoß, die nach wie vor glücklich in ihren Schiggykostüm zu sein schien. „Ehm nein, noch ganz frisch… sozusagen“, kratzte der Sänger sich im Nacken und auch Natsuki sah ein wenig betreten auf den Boden. Natürlich bemerkte das auch Yuna und sie zog eine Augenbraue nach oben. „Was habt ihr gemacht?“, fragte sie sofort und Kyo seufzte. „Warte, ich zeig’s dir.“, murmelte er und er beförderte sein Handy wieder aus seiner Hosentasche und wischte paar Mal drauf rum, bis er das Video gefunden hatte. Er startete und hielt es Yuna dann unter die Nase. Zuerst machte sich ein Grinsen auf ihrem Gesicht breit, doch das änderte sich schnell und sie schoss einen kurzen, aber strengen, Blick in Richtung Natsuki, die gleich noch eine Spur kleiner wurde. Bevor die junge Frau aber Luft holen konnte, hielt Kyo allerdings seine Hand hoch und stoppte sie, bevor sie auch nur einen Ton von sich gegeben hatte. „Lass es gut sein, ja? Ich glaub Tsuki ist das so schon unangenehm genug und sie macht sich so schon Vorwürfe, oder?“, schaute er dann zu dem Mädchen, welches auch gleich nickte. Pfeifend ließ Yuna daraufhin die Luft aus ihren Lungen und sie seufzte. „Okay, aber unter einer Bedingung“, hob sie einen Finger hoch. „Ab heute gibt es nur noch Pokébälle aus Schaumgummi und nicht mehr aus Plastik.“ Kapitel 75: Fünfundsiebzig -------------------------- Gähnend drehte der Sänger seinen Kopf auf dem Kissen etwas, bis er diese eine Falte nicht mehr direkt spürte, die gegen seine Wange drückte, dann rutschte er einige Zentimeter noch mehr an den warmen Körper heran, der wie ein passender Löffel vor ihm lag. Seufzend vergrub er seine Nase in den weichen Haaren und noch vom Schlafen träge strich er behutsam über den flachen und weichen Bauch, der sich ganz leicht hob und senkte. Es kam selten vor, dass er als erster wach war und noch seltener war es der Fall, dass sie heute zusammen frei hatten und einfach mal so lange im Bett bleiben konnten, bis eines der Kinder nach Essen verlangte. Sofort schickte der Sänger gleich ein kleines Stoßgebet, gen Himmel, dass die beiden noch ein wenig schlafen würden, denn schon aufstehen wollte er auf keinen Fall. Er bemühte sich wieder ruhig liegen zu bleiben und vielleicht noch ein bisschen zu schlafen, aber irgendwie wollte die Schwere seinen Körper nicht mehr befallen und an schlafen war somit nicht mehr wirklich zu denken. Ein wenig wurmte ihn das selbst, denn wie oft regte er sich auf, dass er nicht ausschlafen konnte? Und dann war es mal soweit, spielte sein verräterischer Körper nicht mit! Kurz drückte Kyo seine Nase noch einmal in die weichen Haare seiner Frau, dann gewann ein anderer Gedanke die Oberhand und ohne, dass er es wollte, begann er breit zu grinsen. Und verdammt, sie hatten es schon lange nicht mehr am Morgen getan, warum dann nicht heute mal wieder damit anfangen? Langsam schob er seine Hand weiter nach oben, spürte kurz darauf schon die leichten Rundungen an seinen Fingerspitzen, als er noch einmal inne hielt. Für Sekunden hielt Kyo die Luft an und horchte in die Wohnung, aber außer das leise Schnarchen von Whisky war nichts zu vernehmen. Scheinbar lag der faule Hund wieder mitten im Flur, anstatt in seinem Körbchen, was ja eigentlich für ihn gedacht war. Aber gut, der Hund sollte ihn jetzt nicht weiter von seinem Vorhaben abhalten, denn der hatte schon so einiges mehr zu sehen bekommen, wenn auch nicht ganz freiwillig. Also setzte er seine Bewegungen wieder fort und kurz darauf hatte er seine Hand um Yunas eine Brust geschlossen. Er dankte im Stillen, dass sie gestern Abend noch übereinander hergefallen waren und ihm somit keine lästigen Klamotten in die Quere kommen konnten. Ganz zärtlich begann er seine Finger zu bewegen und er knetete sanft das weiche Körperteil, welches immer noch perfekt in seine Hand passte. Gleichzeitig schob er mit seiner Nase ein paar Haare aus Yunas Nacken und seine Lippen fanden die empfindliche Stelle hinter ihrem Ohr und es dauerte wirklich nicht lange, da sah er an ihrem Hals eine ganz feine Gänsehaut und ein leises, leicht müdes Seufzen durchbrach die Stille. Scheinbar wurde sie langsam wach und was konnte es denn schönes geben, als so geweckt zu werden? Immer weiter massierte seine Hand ihren Busen und immer mal strich sein Daumen frech über die empfindliche Knospe, die nach ein paar Berührungen langsam begann hart zu werden. Sein Plan schien also erfolgreich zu verlaufen und er behielt diese Berührungen ein Weilchen bei, bis er ein wenig fordernder wurde und den harten Nippel frech zwischen Daumen und Zeigefinger zwirbelte. Langsam wurde sein Frau in seinen Armen auch ein bisschen unruhiger und ihr Hintern schob sich immer wieder gegen seine Leistengegend, was ihm außerordentlich gefiel und auch schon Spuren zeigte. „ … Mh… Morgen…“, nuschelte es irgendwann und Kyo grinste, küsste sich seine Spur wieder zu Yunas Ohr und hauchte ein Küsschen auf die geschwungene Ohrmuschel. „Guten Morgen“, raunte er und seine Stimme klang tiefer als sonst und augenblicklich merkte er, wie ein Schauer durch Yunas Körper gejagt wurde. „Was hast du denn vor?“, flüsterte sie leise, während sie leicht ihren Kopf drehte bis sie sich ein bisschen ansehen konnten. „Nach was fühlt es sich denn an?“, fragte er frech zurück und gleichzeitig drückte er seinen Unterleib an ihren Hintern, wo sie sicherlich ganz deutlich spüren konnte, dass er doch schon gut bei der Sache war. Daraufhin lachte sie leise und Yuna drückte für einen Moment ihren Kopf ins Kissen, bevor sie sich wieder an ihren Mann wendete. „Gott, wann hatten wir denn das letzte Mal am Morgen Sex?“, fragte sie, allerdings mit einem Lächeln im Gesicht und das sagte Kyo, dass sie nicht abgeneigt war. „Ich kann mich nicht mehr daran erinnern“, gab er lachend zu. „Deswegen wäre das heute doch die Gelegenheit“, sagte er noch, bevor er sich noch ein bisschen nach vorn beugte und Yuna jetzt richtig küsste. Seine Augen fielen von alleine zu und seine Hand nahm ihre Arbeit auch wieder auf. Das süße Seufzen von Yuna, welches sie in den Kuss gleiten ließ, jagten ihm schon wieder tausende Schmetterlinge in den Bauch und er wollte jetzt wirklich nirgendwo anders sein. Ihre Lippen bewegten sich stetig gegeneinander, während seine Hand vorsichtig wieder nach unten strich und kurz darauf sanft den Bauchnabel umkreiste. In den Kuss kichernd zog Yuna ihren Bauch ein, doch auch wenn Kyo wusste, dass sie kitzelig war, er hörte nicht auf, zumindest so lange bis Yuna seine Hand einfach weiter nach unten schob. „Was denn? So ungeduldig?“, fragte er leise lachend und erntete daraufhin ein leises Knurren, was ihn noch ein wenig mehr lachen ließ. „Hör auf zu spielen und mach endlich weiter“, maulte sie schon fast. „Ja, Ma‘m.“ Da er aber immer noch Kyo war und gerne gegen Anweisungen rebellierte, wanderte seine Hand zunächst nur an Yunas Hüfte entlang und weiter an ihrem Schenkel. Innerlich grinste er, als sie ungeduldig ein Bein aufstellte und ihm somit unmissverständlich mitteilte, wo seine Hand doch am besten vor fünf Minuten schon hätte sein sollen. Aber wie gesagt, er war nun mal Kyo und gerade bei solchen kleinen Spielchen neckte er gerne, weswegen seine Fingerspitzen nur ganz sanft an der weichen Haut von Yunas Innenschenkel entlang fuhr. Und auch wenn diese es nicht zugeben wollte, sie genoss es, das konnte er ganz genau sehen und auch spüren. „Kyo, bitte. Lass dir nicht so viel Zeit“, bettelte sie leise und sie drückte ihren Po so gegen seine untere Region, so dass seine Erregung zwischen ihre gespreizten Beine glitt und Kyo nun selbst leise stöhnen musste. Okay, die Retourkutsche hatte gesessen und seine Finger fanden zielsicher Yunas intimste Stelle. Federleicht strich er über ihre geschwollen Lippen und tauchte nur minimal mit einem Finger in sie ein. Die Hitze, die sie ausstrahlte war enorm und das brachte seine Selbstbeherrschung auch ganz schön ins Wanken, aber noch hielt er durch. Schließlich waren sie keine hormonüberfluteten Teenager mehr, die nicht mal ein bisschen Geduld üben konnten. Seine Finger neckten Yuna immer weiter und entlockten ihr immer wieder leise Stöhnlaute, die seine Erregung selbst noch anstachelten. Ab und an fuhr er mit seinem Glied selbst durch ihre feuchte Spalte, doch er hielt sich weiterhinzurück und begann sich auf die geschwollene Klitoris zu konzentrieren, die regelrecht nach Aufmerksamkeit schrie und so wie die junge Frau ins Kissen stöhnte, war es auch mal Zeit geworden. Immer wieder umkreiste er mit seinem Finger Yunas Klit und sie kam aus dem Kissen gar nicht mehr heraus, was vielleicht auch besser war, denn sonst hätten sie in einer Minute bestimmt zwei neugierige Kinder mit im Bett sitzen. Doch da er aber auch nicht mehr lange seiner Lust trotzen wollte, fuhren seine Finger wieder etwas weiter und ohne zu Zögern schob er einfach gleich zwei Finger in die feuchte Enge Yunas. Diese stöhnte wieder und Kyo tat es ihr gleich, da er sich gar nicht vorstellen wollte, wie diese heiße Enge seinen Schwanz umfasste, da sie um seine Finger schon so eng war. Jetzt war sein Tempo allerdings ein wenig schneller und mit fließenden Bewegungen stieß er seine Finger in Yuna, die sich auf die Lippen bis und sichtlich versuchte nicht zu laut zu sein. Dieser Anblick war immer wieder ein Genuss und auch wenn sie öfters schon in dieser Position Sex hatten, er konnte sich einfach nicht daran satt sehen. Ein Luftzug an seinem Hintern veranlasste Kyo seine Finger zurück zu ziehen und die Decke wieder mehr über sie zu befördern. Kurz darauf drängte er sich wieder mehr gegen seine Frau und mit sanften Küssen in ihren Nacken drang er langsam in sie ein. Millimeter für Millimeter kam er vorwärts. Ungewollt entwich ihm ein Stöhnen, in welches Yuna einstieg. Sie war so heiß und eng, Kyo glaubte zu verbrennen. Er musste wirklich durchatmen, als er endlich bis zur Wurzel in ihr war. „Eri au Ma Pa kuchen.“ Kyo erstarrte zu Stein und mit laut pochendem Herzen hielt er die Luft an. Das hatte er sich jetzt hoffentlich nur eingebildet, oder? „Eri auch!“, ertönte aber schon wieder die liebliche, leicht trotzige Stimme und im nächsten Moment sah der Sänger schon, wie die Decke weggezogen wurde. Sofort hielt er sie fest und zog sie gleich noch ein bisschen höher. Oh bitte, bitte nicht! Er traute sich gar nicht seinen Kopf zu drehen, doch es war unvermeidlich und kaum hatte er seinen Kopf etwas gedreht, tauchte auch schon Erina in seinem Blickfeld auf, welche schwerfällig versuchte aufs Bett zu krabbeln, welches aber noch ein bisschen zu hoch war und sie es alleine einfach nicht auf die Reihe bekam. Die knisternde Leidenschaft war natürlich sofort verflogen und vorsichtig zog er sich aus Yuna zurück, die genauso unbefriedigt aus der Wäsche guckte, wie Kyo sich fühlte. Mit undeutlich gemurmelten Worten zog die junge Frau sich die Decke bis über die Brust und sie tauschte mit dem Sänger kurze Blicke aus, die eindeutig fragten: wie zum Teufel sie ins Schlafzimmer gekommen war? Genau das fragte sich der Sänger auch und nur ganz langsam dämmerte es ihm, dass er die Tür in der Nacht wohl nicht richtig zu gemacht hatte, da er kurz etwas in der Küche trinken war. Toll, also hatte er es sich auch noch selbst zuzuschreiben, wobei er sich nun wieder fragte, wie das Mädchen überhaupt aus ihrem Babybett gekommen war? Da allerdings gerade Ruhe herrschte, neben den leidigen Tönen, welche Erina von sich gab, da sie immer noch versuchte aufs Bett zu gelangen, erkannte der Sänger nun leises Gerede und Musik und es konnte nur sein, dass Natsuki auch wach war und sich vor die Glotze gesetzt hatte, vorher aber verräterisch ihre Schwester noch befreit hatte. Langsam wurde dem Sänger dann bewusst, wobei Erina sie da überhaupt gestört hatte und ihm schoss prompt das Blut in den Kopf, als er an den leichten Luftzug an seinem Hintern denken musste. Oh Gott, sie hatte nicht wirklich sein Hinterteil in aller Pracht gesehen? Hoffentlich war die Kleine jetzt nicht bis an ihr Lebensende verstört. So wie sie aber immer noch versuchte aufs Bett zu gelangen, schien sie bei bester Gesundheit zu sein und die Scham schwächte sich in leichte Verlegenheit ab. „Nun heb sie doch mal hoch“, stupste Yuna dann von hinten an seine Schulter, da sie scheinbar nicht mehr mit ansehen konnte, wie Erina sich abkämpfte. „Bist du sicher? Wir sind beide nackt“, murmelte Kyo und irgendwie wollte er nicht nackt mit seiner Tochter im Bett sitzen. Scheiß drauf, dass sie nur so hatte entstehen können, aber es war doch irgendwie nicht das gleiche. Apropos nackt. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass sie gar kein Kondom verwendet hatten und trotz seiner sexuellen Frustration war er gerade ein wenig froh über die Störung, sonst hätten sie wahrscheinlich bald noch so ein kleines Monster gehabt und dieses eine Exemplar reichte ihn fürs erste doch. „Dann zieh die hier an, wenn du dich vor deiner Tochter schämst, was du übrigens überhaupt nicht nötig hast“, hielt Yuna ihm zwinkernd seine Boxershorts hin, die am Vorabend wohl im Eifer des Gefechts auf ihrer Seite gelandet war. Kindisch strecke er ihr die Zunge entgegen, nahm dann aber schnell die Shorts an und zog sie sich umständlich unter der Decke an, erst dann hob er sein Töchterchen auf das Bett, welche gleich ihre Arme um seinen Hals legte und ihn freudig entgegen strahlte. „Du hast alles im Griff? Da bin ich mal im Bad“, stellte Yuna einfach mal klar und ehe Kyo sich versah, hatte diese sich ihre Decke geschnappt und sich wie ein Wickelkleid um den Körper geschlungen. „Wer schämt sich jetzt?“, fragte er ihr hinterher, wofür er ein nur Lachen erntete. „Deine Mama wieder. Mich erst foppen und es dann genauso machen“, sagte Kyo zu Erina und setzte sie auf seinen Schoß. „Poppn“, grinste sie und Kyo musste lachen. „Genau das ist ja gerade gescheitert.“ Kapitel 76: Sechsundsiebzig --------------------------- Ein wenig zu laut knallte die Tür hinter ihm ins Schloss und Kyo murrte leise vor sich hin. Irgendwie hatte er miese Laune und die war noch ein Überbleibsel vom gestrigen Tag. Zwar war er am Anfang froh gewesen, dass Erina sie unterbrochen hatte, aber im Nachhinein könnte er sich für diesen Gedanken schlagen. Man könnte wirklich sagen, dass er ein wenig frustriert war. Noch nie hatte er abbrechen müssen, als er schon in einer Frau steckte. Wirklich, noch nie! Aber sein eigenes Kind hatte ihn dazu gezwungen. Er wollte und konnte es einfach nicht schön reden. „Hier, erst mal ‘nen Kaffee, du siehst aus als könntest einen gebrauchen“, tauchte mit einem mal ein schwarzer Becher vor seiner Nase auf, mit ebenso schwarzer Flüssigkeit. „Danke“, murmelte Kyo und er setzte sich mit der Tasse bewaffnet aufs Sofa, ohne vorher überhaupt seine Jacke auszuziehen, was sonst so gar nicht seine Angewohnheit war. „Was ist los? So schlecht gelaunt warst du ja schon ewig nicht mehr“, senkte sich das Sofa neben ihm und Daisuke machte es sich neben ihm bequem und trank selbst einen Schluck aus einer blauen Tasse. Sollte er es ihm wirklich erzählen? Schließlich ging es Daisuke überhaupt nichts an, aber irgendwie hatte er auch keine Lust es sich erst noch großartig in sich hinein zu fressen. Und mit Yuna reden hatte auch nicht viel gebracht, da es ihr genauso erging. Und trotz aller guten Vorsätze hatten sie es am Abend tatsächlich nicht geschafft noch einmal miteinander zu schlafen um diese dämliche sexuelle Frustration los zu werden. Daran war mal wieder Erina schuld, welche nicht schlafen konnte und sie somit die halbe Nacht wach gehalten wurden. Als sie dann endlich matt im Bett lagen, war an Sex erst recht nicht mehr zu denken gewesen, da sie sich bemüht hatten wenigstens drei Stunden Schlaf zu bekommen. Da führte eins zum Anderen und er war übermüdet und sexuell nicht ausgelastet. Keine sehr gute Kombination. Seufzend trank er noch einen Schluck, bevor er sich die Lippen leckte und Daisuke einen Moment ansah. „Hat Tian euch schon mal beim Sex erwischt?“, fragte er dann einfach gerade heraus. Zunächst wuchsen die Augen des rothaarigen Gitarristen auf ein gigantisches Maß an, doch dann schüttelte er mit dem Kopf. „Nein, wir konnten es bis jetzt immer verhindern. Hoffe ich zumindest. Wer weiß, vielleicht hat er doch schon mal etwas mitbekommen. Allerdings hat er es dann wunderbar vertuscht“, bekam er gleich eine ordentliche Info und das machte die Sache nicht wirklich erträglicher. „Wieso? Habt ihr etwa Angst, dass Tsuki-chan euch erwischen könnte?“, war der große Rote natürlich gleich wieder viel zu neugierig. Langsam schüttelte Kyo seinen Kopf, bevor er wieder einen Schluck des schwarzen Muntermachers trank. „Nein, könnte ist da der falsche Begriff“, murmelte er leise. „Huh? Wie meinst du das?“ Tief atmete der Sänger noch einmal durch. „Erina hat uns gestern in flagranti erwischt“, gestand er dann und die Sache machte ihm mehr zu schaffen, als er zunächst zugeben wollte. „Ihr habt Sex, wenn euer Baby im gleichen Raum schläft?“, purzelten Daisuke beinahe die Augen raus und er schien sich ehrlich zu fragen, ob sie noch alle Tassen im Schrank hatten. „Für wie dämlich hältst du uns denn? Natürlich nicht, du weißt doch ganz genau, dass sie ihr eigenes Zimmer hat“, plusterte Kyo gleich seine Wangen auf und zeigte dem Gitarristen den Vogel. Also ehrlich mal, der hatte sie doch nicht mehr alle. „Sorry, aber Tian hatte auch sein eigenes Zimmer und trotzdem bis knapp Zwei bei uns im Schlafzimmer geschlafen.“ „Du kannst doch aber nicht von euch gleich auf andere schließen. Eri schläft schon fast seit Anbeginn in ihrem eigenem Zimmer“, schüttelte Kyo seinen Kopf. Er würde nie verstehen, warum die beiden den Knirps so lange bei sich hatten schlafen lassen. Es hatte in dieser Zeit viele Tage gegeben, wo Daisuke wirklich fertig aussah, weil der Junge ewig nicht schlafen wollte, weil sie ihn mal in sein eigenes Zimmer gesteckt hatten. Kein Wunder dass er damals rebelliert hatte, da er die ‚Einsamkeit‘ einfach nicht gewohnt war. „Wie konnte sie euch denn dann beim Sex erwischen?“, nahm Daisuke das scheinbar einfach so hin und Kyo fuhr sich mit seiner freien Hand durchs Gesicht. „In dem ihre große Schwester sie aus dem Bett gelassen hat und ich Depp vergessen habe die Schlafzimmertür zu schließen, nachdem ich nachts was trinken war“, brummte er und für diese Dämlichkeit könnte er sich immer wieder Ohrfeigen. „Und da kam sie ganz einfach rein, als ihr gerade zu Gange wart“, schlussfolgerte er und nickte, während Kyo von Scham erfüllt wurde. „Ich glaube sie hat gesehen, wie ich IHN in Yuna geschoben habe…“, murmelte er leise und Kyo spürte wie seine Ohren begannen zu glühen. Solche intimen Details hatten sie wirklich noch nie besprochen. Zwar gab es immer mal dumme Sprüche über Sex oder gar Anregungen, aber wie was jetzt nun genau, dass hielten sie bis dato eigentlich immer unter Verschluss. „What the … oh nein Kyo, bitte sag nicht dein Baby hat gesehen, wie du deinen Schwanz in die Mu – Vagina deiner Frau geschoben hast?!“ „Wenn du Schwanz sagst, kannst du auch Muschi sagen, aber ja, zumindest sagt mir das der Luftzug, den ich kurz vorher an meinem Hintern gespürt habe.“ „… aber da weiß Eri wenigstens gleich, wo sie herkommt. Ist ja schließlich nicht so, als hätte sie die Vagina deiner Frau das erste Mal gesehen“, blubberte Daisuke ein wenig dummes Zeug vor sich hin und Kyo verdrehte die Augen. „Können wir bitte aufhören über die Geschlechtsteile meiner Frau, oder wem auch immer, zu reden? Das verstört mich, du glaubst gar nicht wie sehr“, brummte Kyo. Allerdings war er immer noch nicht weiter. „Tschuldigung.“ „Schon gut“, tat Kyo es dann aber einfach ab. So schlimm war es ja nun auch nicht, sie waren halt Freunde und unter Freunden konnte man sich schon mal so etwas erzählen. „Aber das ist nicht mal das, was mich beschäftigt. Sondern eher die Tatsache, dass wir beide jetzt totale Frustration schieben, da wir es einfach noch nicht wieder geschafft haben im Bett zu landen.“ „Da sag mir noch mal einer, ich soll euch nicht für bescheuert erklären, aber anstatt dir Gedanken über das Wohlergehen deiner Tochter zu machen, welche euch beim Sex erwischt hat, regst du dich drüber auf, dass ihr beide keinen Orgasmus hattet?“, starrte Daisuke ihn entgeistert an. Und? Was wollte er denn jetzt von ihm? Selbstverständlich regte ihn das auf. „Natürlich. Dann steck du das nächste Mal deinen Schwanz in deine Frau und ziehe ihn im nächsten Moment wieder raus und höre dann einfach auf“, keifte Kyo und er kippte sich den Rest Kaffee hinter, der eh nur noch lauwarm und nicht mehr besonders schmackhaft war. „Ey, jetzt ziehst du aber Norikos Geschlechtsteile mit ins Gespräch“, hob Daisuke warnend einen Finger. „Und du wolltest darüber nicht mehr reden.“ „Dann nehme ich das eben wieder zurück, aber versetzt dich mal in meine Lage.“ „Will ich nicht, ich bringe es lieber zu Ende.“ „Boah Dai, manchmal könnte ich dich wirklich erschlagen, ist dir das bewusst?“, brummte Kyo. „Allerdings muss ich zugeben, dass Erina vielleicht einen Unfall mit Folgen verhindert hat“, nuschelte er leise und beabsichtigt langsam zog er seine Jacke aus und legte sie fein säuberlich auf seinem Schoß zusammen. „Wie das?“, war nun Daisukes Aufmerksamkeit wieder ungeteilt. „Na ja… irgendwie hab ich den Gummi vergessen und ja… ohne Erina hätte ich meine kleinen Schwimmer wohl volle Kanne in Yuna geschossen und da ich halbwegs in ihrem Zyklus im Bilde bin, hätte es durchaus in ein paar Wochen eine Neuigkeit geben können.“ „Du meinst, du hättest Yuna geschwängert?“, fragte Daisuke. „Was, du hast Yuna schon wieder geschwängert?“, durften Kyo und Daisuke jämmerlich zusammen zucken und einen Moment suchte der Sänger verzweifelt alle Einzelteile seines Herzens zusammen, welche Kaoru erfolgreich durch den Raum gedonnert hatte. „Gott Kao, muss du dich immer so anschleichen?“, keuchte der blonde Japaner. Meine Fresse, irgendwann würde er einfach umfallen, da sein Herz vor Schreck aufgehört hatte zu schlagen. „Was denn? Nur so scheint man ja Neuigkeiten zu erfahren“, sagte er und der Leader schoss einen wissenden Blick auf den Sänger ab. „Wenn es welche geben würde, dann könnten wir dir auch welche sagen“, verdrehte er nun seine Augen. Kaoru schaute nun ein wenig bedröppelt aus der Wäsche und er entledigte sich seiner Jacke. „Wie? Du hast doch gerade gesagt, du hast Yuna geschwängert“, sagte er und kratze sich am Kopf, woraufhin eine Locke ein bisschen wirr vorm Kopf ab stand. Das schien er auch sofort zu merken und er strich sich einmal über seine Haare, so dass Kaorus Haarpracht wieder perfekt da lag. „Hab ich auch, allerdings das letzte Mal vor zirka zwei Jahren, sprich als Eri-chan unterwegs war.“ „Aber… du hast doch gerade...“, stand der Leader nun ein bisschen verloren herum, was ihn doch ein wenig mit Befriedigung erfüllte. „Vielleicht solltest du erst mal genau hinhören, bevor du irgendwelche Schlüsse ziehst“, schmunzelte der Sänger nun. „Eben, Eri hat ihre Eltern nämlich beim Sex erwischt und da sie natürlich nicht einfach weiter machen konnten, hat die Kleine wohl einen neuen Sprössling verhindert, da unser Herr Sänger scheinbar nur mit seinem Schwanz und nicht mit seinem Kopf gedacht hat und sein Ding einfach so in seine Frau gesteckt hat, ohne Verhütung“, plapperte der Gitarrist einfach drauf los und Kyo, sowie Kaoru entgleisten die Gesichtszüge. Kyo, weil der Idiot gleich alles brühwarm erzählte und Kaoru sicherlich, weil er so viele Details dann doch nicht wissen wollte… Kapitel 77: Siebenundsiebzig ---------------------------- Nachdem die letzten beiden irgendwann auch mal aufgekreuzt waren, konnten sie fünf endlich mit ihrer Arbeit starten. Der Tag war daraufhin sehr anstrengend, aber dennoch konnten sie am Abend viel Produktives vorweißen und das war am Ende die Hauptsache. Sein Feierabend war jetzt nun auch schon wieder etliche Stunden her und da die Kinder nun beide im Bett waren, gönnte Kyo sich den Luxus und er kuschelte ausgiebig mit seiner Frau. Da sie beide wussten, dass sie früher oder später auf dem Sofa einschlafen würden, waren sie nach dem Duschen gleich ins Schlafzimmer gegangen und lagen nun eng umschlungen zusammen im Bett. Sie hatte ihren Kopf auf seiner Brust gebettet und zärtlich kraulte der Sänger ihr den Nacken, während sein freier Arm so lag, dass er mit diesem ihren Rücken streicheln konnte. Zwar klappten Kyos Augenlider schon immer mal nach unten, doch er hielt sich wacker und lauschte seiner Frau, wie sie erzählte, was die Kinder alles noch angestellt hatten, nachdem sie die beiden aus der Kindergrippe und der Schule abgeholt hatte. Der Sänger konnte nicht anders, als immer wieder zu grinsen, denn außer Blödsinn schien wirklich nichts anders in den beiden Köpfen zu sein. Er lauschte also weiter, bis Yuna eine total überraschende Frage an ihn stellte: „Sag mal, ist Kaoru eigentlich in einer Beziehung?“ verwundert drehte der blonde Japaner sich ein bisschen, damit er besser zu der jungen Frau schauen konnte. „Wie kommst du denn jetzt da drauf?“ „Erzähle ich dir gleich. Also, ist er?“, fragte sie weiter und Yuna schaute ihn mit großen, fragenden Augen an und er konnte ganz genau darin erkennen, dass sie irgendwas wusste. „Nicht das ich wüsste“, murmelte er also langezogen und mit einer hochgezogenen Augenbraue betrachtete er sich seine Frau weiter, die scheinbar verstehend nickte, was für ihn nun allerdings alles andere als verständlich war. „Warum?“ „Na ja… Natsuki hat mir da heute was Interessantes erzählt…“, schaute sie mit Absicht neugierig in eine ganz andere Ecke, als hätte sie da was neues entdeckt. „Das da wäre?“, wurde er nun ein wenig ungeduldig. Warum ließ Yuna sich denn diesmal alles aus der Nase ziehen? Sonst konnte sie doch auch immer kaum an sich halten und er hatte meistens schon neue Dinge erfahren, da war er noch nicht mal richtig körperlich in ihrer Wohnung anwesend. Doch diesmal wartete sie sogar so lange, bis sie allein waren und selbst dann musste er um jedes Wort betteln. Frauen, diese sollte Mal einer verstehen. „Yuna, was hat Natsuki dir denn erzählt?“, und langsam wurde er echt ungeduldig. Schließlich ging es hier im seinen Leader und wenn mit diesem irgendwas nicht stimmte, dann wollte er es doch auch gerne wissen. „Sie hat ihn mit einer Frau gesehen“, sah sie ihn dann endlich mal an und Kyo verstand im ersten Moment wirklich nicht, was daran jetzt nun so weltbewegend sein sollte. Durch seinen Job kam er viel mit anderen Menschen in Verbindung, auch mal mit Frauen. „Und?“ „Du verstehst nicht, was ich gerade von dir will, oder?“ „Ehrlich gesagt nicht, nein“, gab der Sänger ehrlich zu und er grinste ein wenig schief. „Ich meine, er hat eigentlich jeden Tag irgendwie mit Frauen zu tun, mehr oder weniger, weswegen ich da nun nichts Großartiges draus schließen kann“, zuckte er nun mit den Schultern. „Okay, pass auf“, setzte Yuna sich nun hin und Kyo murrte ein wenig, als er sie loslassen musste, dennoch hielt er seine Klappe, da er nun schließlich wissen wollte, was sie ihm eigentlich begreiflich machen wollte. „Natsuki hat Kaoru mit einer Frau gesehen. Schon ein paar Mal, immer die Selbe und heute meinte sie zu mir, die beiden sahen so – und das sind ihre Worte – eklig verliebt aus, wie wir es immer wären.“ Blinzelnd sah Kyo zu seiner Frau und er musste sich jetzt selbst aufsetzen. „Und wo will Natsuki die beiden gesehen haben? Sie war die doch meiste Zeit in der Schule“, war ihm das noch nicht ganz schlüssig und er ignorierte die Tatsache, dass die Kleine ihre Verliebtheit eklig zu finden schien. Sollte sie erst mal in das Alter kommen, dann konnten sie darüber noch einmal reden, allerdings hoffte er, dass dieses Alter noch ein bisschen auf sich warten ließ… „Soweit wie ich es verstanden habe, hatte sie immer das Glück, als sie draußen auf dem Platz Sportunterricht hatte. Scheinbar kam Kaoru da jedes Mal mit der besagten Lady um die Ecke“, grinste nun auch Yuna und ohne das Kyo es wollte, stieg er mit ein. „So so, da versucht der Kerl uns auch noch seine Freundin zu verheimlichen, na der kann was erleben“, hatte er sogar schon eine Idee, wie er Kaoru dazu bringen konnte, dass er mit der Wahrheit raus rückte. „Meinst du, dass er so schnell zugibt, dass er eine Frau am Start hat?“, gluckste Yuna. „Nein, aber du kennst mich“, griente der Sänger immer mehr und seine Frau lachte. „Also lass das mal meine Sorge sein.“ „Was hältst du davon, wenn wir am Samstag mal zum Meer fahren? Also ich meine alle. Die Band und auch Anhängsel?“, fragte Kyo, als sie sich wieder gemütlich zusammen gekuschelt hatten. „Hm… klingt gut, aber findest du es nicht ein wenig riskant? Bei dem warmen Wetter werden wir da schließlich nicht die Einzigen sein?“, murmelte sie müde. „Selbstverständlich würde ich mich nicht hier in der Nähe ans Meer begeben. Wir kennen da einen gemütlichen Platz, der ist immer ziemlich leer und ein kleiner Geheimtipp. Das letzte Mal waren wir vor knapp vier Jahren dort. Ich weiß noch genau, wie ich Natsuki damals aus dem Heim geholt hab und Dai sie auf der gesamten Fahrt bei Laune gehalten hat. Ich hätte da echt mal wieder Lust drauf und die Jungs sicherlich auch“, endete er dann und fragend schielte er zu Yuna. „Wenn du schon so davon schwärmst, muss es ja wirklich ein tolles Plätzchen sein“, schmunzelte sie und Kyo nickte. „Ja, du kannst die anderen fragen.“ „Ich denke, ich glaube dir auch so.“ „Gut, dann werde ich morgen gleich mal fragen und dann müssen wir nur noch darauf hoffen, das Petrus gnädig ist und uns mit ordentlich Sonne versorgt“, schmunzelte er und Kyo zog seine Frau dann ganz auf sich drauf, um ihr einen sanften Kuss zu geben. Lange blieb der Kuss allerdings nicht wirklich sanft, denn mit der Zeit begab sich seine Zunge wie von alleine auf Wanderschaft und drängte sich zwischen Yunas sündige Lippen, die den Einlass auch nicht wirklich abblockten und so wie sie nach einer kleinen Weile begann ihre Hüfte auf seinem Schoß zu kreisen, würde es wohl nicht nur bei dem einen Kuss bleiben. „Wie sieht’s aus? Wollen wir das nachholen, bei dem wir gestern Morgen unterbrochen wurden?“, raunte sie dann auch schon gleich und Kyo konnte nichts anderes machen, als sich mit ihr zu drehen und sie in Grund und Boden zu küssen. Das musste sie nun wirklich nicht fragen! Kapitel 78: Achtundsiebzig -------------------------- Immer lauter werdendes Geschrei riss Kyo aus seinem Schlaf und ein wenig verpeilt sah er sich im halbdunklen Schlafzimmer um, bis sein Blick auf den Wecker fiel. Er grummelte ein bisschen vor sich hin, als er feststellte, dass er eigentlich noch hätte zehn Minuten schlafen können. Da seine Tochter allerdings nicht leiser wurde und er Yuna dadurch auch nicht unnötig aus dem Schlaf reißen wollte, schlug er seine Decke zurück und Kyo schlüpfte schnell in eine frische Boxershort, ehe er sich auf den Weg in Erinas Zimmer machte. Ohne Hast öffnete er auch gleich die Tür und schaltete das Licht an, dimmte es aber so weit wie möglich runter. Mit tränennassem Gesicht stand das Mädchen in ihrem Bett und Kyo blieb kurz die Luft weg, als er sah, dass ihr Gesicht zusätzlich ordentlich mit Blut verschmiert war. Für einen Moment dachte er wirklich schon das Schlimmste. Es sah wirklich so aus, als hätte sie starkes Nasenbluten gehabt oder gar Blut erbrochen und sich darin herum gewälzt, doch beim genaueren Hinsehen ließ sich das nicht bestätigen. Viel eher hatte die Kleine im Schlaf wohl ihre Nase wieder komplett aufgekratzt. Noch nicht ganz vier Tage war ihr Überbleibsel von der Pokémonjagt her und nun sah sie sogar noch schlimmer aus als vorher. „Hey, ganz ruhig, alles ist gut“, murmelte er und hob sie dann einfach auf seine Arme, woraufhin sie sich schluchzend an ihn kuschelte. Scheinbar hatte der Grind so gejuckt, dass sie einfach nicht anders konnte, als diesen sich jämmerlich von der Nase zu kratzen. Nur war das wirklich sehr kontraproduktiv gewesen und Erinas Hände, ihr Gesicht und der halbe Schlafanzug waren mit Blut verschmiert, vom Bettbezug mal ganz zu schweigen. Es sah wirklich beinahe aus wie auf einem Schlachtfeld. Zudem schien dass auch nicht sehr schmerzfrei zu sein, was auch kein Wunder war. „Na komm, wir gehen mal ins Bad und machen dich wieder sauber“, seufzte er und strich ihr weiterhin beruhigend über den Rücken. Im Bad angekommen platzierte er Erina auf seiner rechten Hüfte und ließ dann warmes Wasser ins Waschbecken laufen und suchte nebenbei einen sauberen Waschlappen aus dem Schrank, welchen er gleich ins Wasser gab. Behutsam setzte Kyo sein Töchterchen auf der Waschmaschine ab, die gleich neben dem Waschbecken stand und begann langsam die Druckknöpfe von ihrem Schlafanzug zu öffnen. Mit wachen Augen beobachtete die Kleine ihn und er schmunzelte ein bisschen vor sich hin, da sie die Schmerzen langsam zu vergessen schien. Und trotz dass er den Schnuller eigentlich loswerden wollte, ließ er diesen noch an Ort und Stelle, sprich in Erinas Mund. „So schau, den schmeißen wir jetzt in den Wäschekorb und gleich bist du wieder ganz sauber“, redete er behutsam mit ihr und zur Demonstration schmiss er das blutige Teil einfach in den Wäschekorb. Nun saß sie nur noch in Windeln vor ihm. Trotz dass das Blut ein wenig brutal wirkte, sah sie total niedlich aus, wie sie auf der Waschmaschine saß, ihr die Haare vom Kopf abstanden, auf dem Schnuller herum kaute und einen leidenden Blick Kyo zuschob. Da konnte der Sänger einfach nicht anders und er drückte ihr einen Kuss auf die Stirn, wobei er drauf achtete, dass er eine Blutfreie Stelle erwischte. Dann trat er einen Schritt auf das Waschbecken zu. Mit einer Hand hielt er Erina schützend auf der Waschmaschine fest und mit der anderen presste er das Wasser aus dem Waschlappen, bis er zufrieden war und sich wieder ganz vor das Mädchen stellte. „Gibst du mir den?“, fragte er und ganz sanft zog er am Schnuller, in der Hoffnung, sie würde kein Theater machen. Doch Erina zog ihre Augenbrauen zusammen und sie schien über diese dreiste Frage wirklich erbost zu sein. Na das konnte ja noch was werden, er sah sich schon zur Tür sprinten und sie schließen, damit sie nicht komplett die ganze Bude zusammen schrie. Aber noch war sie ja ruhig. „Komm schon, Süße. Den brauchst du doch nicht mehr“, murmelte er und zog wieder vorsichtig an dem Ring. „Wie soll ich dich denn ordentlich sauber machen, wenn du das Ding im Mund hast?“ Murrend drehte das Mädchen im nächsten Moment den Kopf zur Seite und Kyo war davon ein bisschen überrumpelt worden, allerdings breitete sich im nächsten Moment ein breites Grinsen auf seinem Gesicht aus, da er ja noch den Ring vom Schnuller zwischen den Fingern hatte und Erina sich das Ding sozusagen selbst aus dem Mund befördert hatte. Schnell warf er das Teil in eine andere Ecke und ließ ihn somit verschwinden, denn Erina schien noch nicht ganz dahinter zu kommen, warum denn ihr Schnuller plötzlich nicht mehr war, wo er doch eigentlich sein sollte. Diesen Zustand nutzte er dann einfach aus und er fing ohne zu zögern an ihr das Gesicht sauber zu wischen. Ganz sanft fuhr er mit dem weichen Stoff die kleine Stirn nach, sowie die Wangen und das Kinn. Erst dann traute er sich behutsam an die Nase. Erinas Laune, die an diesem Morgen sowieso schon nicht die Beste war, sank noch ein bisschen mehr und sie bockte fröhlich vor sich hin. So wie es aussah musste da heute Mama den Lieferdienst zur Kindergrippe spielen, da der Papa es für den Tag schon mächtig verschissen hatte. Nach dem Gesicht wusch er den Waschlappen ordentlich aus und fuhr noch einmal über die Äugelein, die von den vielen Tränen noch ein wenig verkrustet waren. Wieder wurde der Waschlappen ausgewaschen und Kyo nahm die kleinen Hände nun in seine und wischte auch da das getrocknete Blut ab. Sehr lange dauerte das nicht mehr und das Mädchen war wieder erkennbar, wenn auch nicht unbedingt besser gelaunt. „Siehst du, alles schon wieder überstanden. Jetzt putzen wir nur noch deine Zähne und dann bist du schon beinahe fertig für den Tag“, blieb er gelassen und ungelenk, weil mit einer Hand machte es sich wirklich schlecht, bereitete er ihr die kleine Zahnbürste zu. Nun musste er sie zwar nur noch zum Zähneputzen überreden, aber das würde er auch noch schaffen. Gut, das Zähneputzen wurde anstrengender, als Kyo gedacht hatte und nachdem auch wirklich jeder in der Wohnung wach war, waren dann auch mal Erinas Zähnchen sauber. Allerdings schaute sie ihn nicht mal mehr mit ihrem kleinen Hintern an und seufzend übergab der Sänger das Mädchen anschließend an seine Frau, die sich um das Windelwechseln und Anziehen kümmern durfte. Er selbst suchte sich dann auch mal ein paar Sachen heraus und machte sich selbst für den Tag fertig. War das soweit erledigt kümmerte er sich ums Frühstück. Das war auch wieder so eine Sache und er wusste jetzt schon, dass es zumindest Erina nicht passen würde, denn alle anderen gaben sich mit einfachem Müsli zufrieden. Dass die Kleine das noch nicht wirklich essen konnte, war ihm zwar schon klar, aber die Alternativen, die waren jeden Tag eine neue Herausforderung. Das Mädchen hatte ein richtiges Faible für Obst und Gemüse. An sich war das ja eine tolle Sache und es machte gesunde Ernährung wirklich leichter, wenn man das gesunde Zeug nicht aufzwingen musste. Allerdings waren die Bestechungsversuche damit enorm eingeschränkt, denn man konnte sie kaum mit Gummibärchen oder Schokolade locken, im Gegensatz zu ihrer großen Schwester, vor der musste man das Zeug regelrecht verstecken. Somit überlegte er auch wieder an diesem Morgen, ob er Erina einen Teller voller Gemüse oder doch lieber Obst vorsetzen sollte. Mit Brötchen brauchte er nicht kommen, das würde eh wieder unangebissen im Müll landen. Kurz sah er ihre Bestände durch, bis er sich einfach für eine Banane und einen halben Apfel entschied, den er noch schnell schälte, da sie die Schale noch nicht richtig beißen konnte. Nebenbei blubberte die Kaffeemaschine vor sich hin und nach und nach fanden sich alle in der Küche ein. Mit einem sanften Kuss begrüßte er dann auch zunächst einmal seine Frau, bevor er Natsuki einen Kuss auf die Stirn drückte und sich nach ihrer Nacht erkundete, die scheinbar sehr angenehm gewesen war, denn sie sah auch rech frisch aus. Jeder hatte dann auch seinen Platz gefunden und Kyo lunchte zu Erina, die erst ein wenig skeptisch ihren Teller begutachtete, sich dann aber doch ein Stück Apfel griff und daran herum knabberte. „Was hast du gemacht, dass sie heute so zickig ist?“, fragte Yuna nach zwei Löffeln Müsli. Sein Blick ging zu seiner Frau und er verdrehte die Augen. „Geholfen habe ich ihr, das war wohl ein Fehler“, brummte er und schluckte die restlichen Haferflocken hinunter, die sich noch in seinem Mund befunden hatten. „Sie hat sich in der Nacht das Gesicht aufgekratzt und ich hab sie sauber gemacht. Ich weiß ja nicht, ob du die Flecken in ihrem Bett gesehen hast, zumindest sah so ihr ganzes Gesicht aus. Vielleicht war ich nicht sanft genug, oder ich hätte ihr den Schnuller nicht abluchsen sollen“, zuckte er dann mit den Schultern. „Zumindest wurde ihre Laune immer schlechter und wie es ausging, dass hast du ja gehört“, schilderte er und er dachte daran zurück, wie sie wie am Spieß geschrien hatte, als er versuchte ihre Zähne zu putzen. „Nein, die Flecken habe ich vorhin gar nicht bemerkt, als sich sie angezogen habe“, schüttelte Yuna den Kopf. „Die Veränderung an ihrer Nase habe ich allerdings schon entdeckt, wusste nur nicht so recht, warum es wieder so frisch aussieht“, nickte sie und statt ihm auch noch einen Vortrag zu halten lächelte Yuna nur, was Kyo dann auch beruhigte. „Bringst du Madame da heute in die Grippe? Ich glaube fürs erste bin ich unten durch“, murmelte er. „Ja, mache ich“, schmunzelte Yuna dann, bevor sie wieder schweigend über ihr Frühstück herfielen. Nach einer halben Stunde waren dann auch alle satt und zufrieden, mehr oder weniger, so dass sie sich für die Arbeit und Schule fertig machten. Vor dem Haus trennten sich ihre Wege und Kyo nahm Natsuki an die Hand, während sie gemeinsam den Weg zur Schule zurück legten. Vor dem Gebäude verabschiedeten sie sich. „Viel Spaß und pass auf dich auf, Tsuki-chan“, drückte er sie noch ein wenig an sich und auch Natsuki legte ihre schmalen Ärmchen um ihn. „Dir auch. Hab dich lieb“, murmelte sie und Kyo drückte das Mädchen daraufhin noch etwas mehr an sich. Wenigstens eine von seinen Mädels konnte ihn noch leiden. „Ich hab dich auch lieb und nun husch, nicht das du noch zu spät kommst“, trieb er sie an und der Sänger wartete noch, bis die Kleine in der Schule verschwunden war, erst dann ging er weiter und dachte nebenbei darüber nach, wie er Kaoru sein kleines Geheimnis entlocken konnte. Kapitel 79: Neunundsiebzig -------------------------- Der kleine Spaziergang mit Natsuki hatte seine Laune auch wieder etwas angehoben, dennoch kam er noch nicht so richtig drüber weg, dass ein einjähriges Kind schon so zickig und bockig sein konnte. Zwar war Erina manchmal wirklich schon sehr eigen, aber so wie heute Morgen hatte er sie ehrlich noch nie erlebt. Gut, vielleicht lag es auch einfach daran, dass ihre Nase wieder schmerzte und sie nicht wirklich verstand, warum, wieso und weshalb, aber dennoch war der Morgen einfach nur anstrengend gewesen, für beide Seiten. Wirklich weitere Gedanken wollte Kyo dann aber auch nicht mehr daran verschwenden und er hoffte darauf, dass sein kleines Mädchen am Abend, wenn er nach Hause kommen würde, wieder die Alte war und ihn fröhlich begrüßte. Wenn nicht, tja, dann musste er wohl noch ein bisschen Geduld aufbringen. Zwei Minuten später betrat er auch endlich mal das Gebäude der Companie und ohne Umwege legte er den Weg zu ihren Studioräumen zurück. Die Tür war schnell aufgedrückt und mit einem gemurmelten Gruß legte er seine Sachen ab und machte sich gleich an die Arbeit, da die anderen auch schon sehr beschäftigt wirkten, zumindest die anwesenden. Erst eine halbe Stunde später, er brauchte zunächst dringend einen Kaffee, fiel ihm auf, dass ausgerechnet der Leader nicht da war. „Wo ist Kao denn?“, fragte er also und machte für die anderen auch gleich eine Tasse Kaffee fertig, die selbst auch noch ein wenig müde aussahen. „Keine Ahnung, der war noch nicht da und hat sich auch nicht gemeldet“, zuckte Shinya gleich mit den Schultern, ehe er dankend die volle Kaffeetasse annahm, die ihm der Sänger unter die Nase hielt. „Hm… ist ja seltsam“, befand er es wirklich so und Kyo verteilte die anderen Tassen auch noch, bevor er sich wieder auf seinen Platz setzte und erneut die Blätter vor sich zog. „Wer weiß, hat vielleicht auch mal verpennt“, schien es auch Toshiya nicht unbedingt anzuheben und auch Daisuke nickte dem Bassisten zu. Gut, wenn die anderen so locker damit umgehen konnten, da konnte er das schon lange und so dauerte es auch nicht wirklich ewig, bis der Sänger in seiner Arbeit vertieft war und die Worte nur so aus ihn sprudelten. Die arbeitsreiche Ruhe im Raum wurde erst wieder unterbrochen, als die schwere Tür mit einem enormen Schwung aufgestoßen wurde und mit einem lauten Krachen die Klinke in der Wand einrastete. Alle vier Männer schraken so sehr zusammen, dass bei Daisuke eine Saite riss, Shinya vor lauter Schreck einen Drumstick in zwei Teile zerbrach und Toshiya sein Plektrum fallen ließ. Kyo selbst stieß seine halbvolle Kaffeetasse um, so dass das braune Gebräu gemütlich über den Tisch lief und beinahe alle seine Blätter durchnässte. „Alter, geht’s vielleicht noch ein bisschen lauter?“, keifte Kyo sofort los und hob so schnell wie möglich die Blätter aus der Kaffeelache und hielt sie tropfend über den Tisch. „Oh… hab ich euch erschreckt? Sorry“, murmelte Kaoru und er zog langsam die Tür wieder zurück, woraufhin sich die Türklinke knarzend aus dem Putz der Wand entfernte. Während der Sänger die Blätter abtropfend oben hielt, sah er fassungslos zu, wie Kaoru es doch tatsächlich geschafft hatte ein Loch in die Wand zu schlagen. Denn auf Höhe der Türklinge war ein länglicher Krater in der Wand, der noch ein wenig vor sich hin bröckelte. Allgemein sah Kaoru ziemlich durch den Wind aus und die sonst so gebändigten Locken standen wirr von dessen Kopf ab und rasiert hatte er sich auch nicht, was die Stoppeln auf dessen Wangen sagten. „Ist alles in Ordnung?“, fühlte Kyo sich dann doch mal gezwungen zu fragen. Zwar könnte er ihn immer noch erschlagen, da er seine Arbeiten ziemlich zunichte gemacht hatte, aber die Gesundheit seines Leaders war ihm dann doch wichtiger. „Hm? Ja, warum sollte nicht alles in Ordnung sein?“, sah Kaoru ihn fragend an, während er seine Jacke auszog und danach in die kleine Küchennische schlich. „Weil du zu spät bist, dich deswegen auch nicht mal gemeldet hast – was du ja sonst immer penibel genau tust – und weil du aussiehst wie frisch aus dem Bett gefallen. Und sag was du willst, das passt einfach nicht zu dir“, verengte Kyo seine Augen und er ließ den Braunhaarigen nicht aus den Augen. „Darf ich nicht auch mal verschlafen?“, seufzte nun Kaoru und er lehnte sich mit seiner Hüfte an die Theke, während er seine frisch gefüllte Kaffeetasse an die Lippen hob. „Doch, natürlich. Auch wenn es selten vorkommt. Allerdings passt da immer noch nicht die Tatsache hinein, dass du dich nicht gemeldet hast, nachdem du gecheckt hast, dass du zu spät bist“, und das war das komischste an der ganzen Sache. „Hab’s halt vergessen“, zuckte der Leader mit den Schultern und ging zu seiner Gitarre. „Ich werde halt auch nicht jünger…“, hörte Kyo den Gitarristen noch murmeln. Das waren ja mal ganz neue Töne und irgendwie klang er dabei ein wenig niedergeschlagen. Aber scheinbar wollte Kaoru jetzt auch nicht drüber reden, denn er stürzte den letzten Rest Kaffee hinter und legte dann gleich mit seiner Arbeit los. Gut, fürs erste würde er es dabei belassen, aber in einer ruhigen Minute, da würde er Kaoru noch so richtig in die Mangel nehmen, das war mal sowas von klar. Ein paar weitere Stunden vergingen dann noch, bis Kyo beinahe umkam vor Hunger. Sein Bauch grummelte immer wieder und er sah sich kurz um. Die anderen schienen noch immer ganz in ihrer Arbeit versunken zu sein und gerade herrschte mal Todesstille, als ein lautes Knurren den Raum erfüllte. Seine Augen zuckten zu Toshiya, der sich gleich den Bauch hielt und stöhnend den Kopf sinken ließ. „Boah, ich glaub ich verdau mich grad selbst“, murmelte er vor sich hin. „Was dagegen, wenn ich was zu essen hole?“, legte dieser seine Sachen gleich zur Seite und alle schüttelten zustimmend den Kopf. „Gut, dann bin ich mal kurz weg“, ließ er auch schon alles stehen und liegen und so schnell konnte Kyo gar nicht gucken, da war ihr Bassist auf und davon. Das gab ihm jetzt allerdings mal die Gelegenheit zu fragen, wie es am Samstag mit einem kleinen Badeausflug aussah. „Sagt mal, hättet ihr Lust am Wochenende mal wieder ans Meer zu fahren?“, stellte er diese Frage auch gleich und die anderen drei sahen auf, während sie ihre Arbeitsutensilien auch aus den Händen legten. „Klar, haben früh nur ein Interviewtermin, der dürfte schnell überstanden sein“, nickte Kaoru auch wenn er nicht ganz so überzeugt wirkte. „Ich bin auch dabei“, mischte sich Shinya ein und streckte sich gleichzeitig. „Du wirst ja sicherlich das Fleckchen meinen, wo wir letztens noch mit Natsuki waren, richtig?“, fragte dieser gleich weiter, während er auf seine normale Größe zurück schrumpfte. „Jap. Wobei letztens schon vier Jahre her ist, aber da das dort so schön ruhig und gemütlich ist, dachte ich mir, dass wir alle mit Sack und Pack dahin fahren könnten.“ „Klar, Tian freut sich bestimmt auch mal ans Meer zu kommen“, schmunzelte jetzt auch Daisuke und er schien sich wirklich zu freuen. „Und Toshi brauchen wir bestimmt nicht fragen, der wird auch gleich dabei sein“, setzte er noch hinten dran, wovon Kyo ehrlich gesagt auch direkt ausging. „Du kannst deine Freundin übrigens auch mitbringen, Kao“, lenkte Kyo nun seine Aufmerksamkeit wieder auf ihren Leader, der mit einem mal total erstarrt da saß. „Wo…? Was…? Wie kommst du darauf, dass ich eine Freundin habe?“, blubberte er abgehakt und ein wenig Farbe war aus Kaorus Gesicht gewichen. Die anderen beiden dagegen hatten großen Augen bekommen und mit Unglauben starrten sie den Ältesten von ihnen an. „Natsuki hat dich erwischt. Ein paar Mal schon“, gestand der Sänger. Daraufhin spielte Kaoru kurz einen Fisch an Land nach, bevor er endgültig seinen Mund zuklappte und die Schultern hängen ließ. Was war das denn jetzt? „Muss dir doch nicht peinlich sein“, versuchte Kyo den Mann etwas aufzubauen und er stand auf, um Kaoru auf die Schulter zu klopfen. „Wie… erwischt?“, fragte er stattdessen unsicher und der Sänger zog eine Augenbraue nach oben. „Scheinbar beim Knutschen… vor dem Sportplatz der Schule, wohlbemerkt...“, ließ er den Satz offen und Kaorus Augen wuchsen ein bisschen auf Untertassengröße an. „Scheiße!“ „Na ja, solange ihr nur vor der Schule geknutscht habt, geht’s ja noch, ansonsten müsste ich dir wohl die Ohren lang ziehen“, schmunzelte er nun. „Ich dachte wir wären unauffällig“, blubberte Kaoru dagegen und Kyo lachte. „Wenn Natsuki nicht immer Sportunterricht gehabt hätte, als ihr da gerade vorbei seid, dann wüssten wir wohl immer noch nichts. Also kannst du in dieser Hinsicht sehr beruhigt sein, unauffällig deinen Bandkollegen und Freunden gegenüber wart ihr auf jeden Fall.“ Und ja, es sollte wie eine kleine Rüge klingen. „Warum hast du denn nichts erzählt?“, wollte er dann aber wissen und er nahm einfach neben dem Gitarristen Platz und schaute ihn genauso neugierig an, wie Daisuke und Shinya es taten. „Warum hätte ich denn was erzählen sollen?“ „Weil wir deine Freunde sind und du auch über unsere Beziehungen Bescheid weißt?“, fragte nun Shinya, der seine Beine übereinander schlug und seine Arme verschränkte. Daraufhin machte Kaoru eine wegwerfende Handbewegung und Kyo zog eine Augenbraue nach oben, doch er sagte nichts. „Beziehung… ich weiß nicht ob wir das überhaupt schon so definieren können“, seufzte der Leader dann und brachte seine Haare noch ein bisschen mehr durcheinander, als er mit einer Hand durch seine Locken fuhr. „Wieso? Was los?“, fragte nun auch Daisuke. „Nichts. Eigentlich ist alles gut, bisschen zu gut irgendwie“, zuckte der Leader erneut mit den Schultern. „Definiere ‚zu gut‘“, verlange Kyo und irgendwie war die ganze Szene hier ein bisschen skurril, denn eigentlich nahm Kaoru sie immer in die Mangel und nicht anders rum. „Wie soll ich es ausdrücken…?“, wedelte Kaoru dann schon mit einem Arm rum. „Sie ist bereit Kompromisse einzugehen. Sie gibt sich mit dem zufrieden, was ich bereit bin zu geben und sie akzeptiert meine Arbeitszeiten. Noch dazu vergesse ich alles, wenn ich mit ihr zusammen bin und mein Körper mutiert plötzlich wieder zu einem hormongesteuerten Teenager. Wisst ihr wie peinlich das war, als ich zu dämlich war mir diesen beschissenen Gummi drüber zu ziehen, einfach weil ich sowas von nervös war mit ihr zu schlafen?“, schaute der Leader sie nun fassungslos an. Kyo konnte nicht anders, als breit zu grinsen und so hell wie der Raum plötzlich wurde, hatte auch Daisuke sein Tausendwatt Lächeln im Gesicht. „Scheiße man. Du bist verliebt.“ „Ich hab’s befürchtet“, seufzte Kaoru nun, doch er hatte auch ein kleines Lächeln auf den Lippen. „Aber jetzt können wir dich verstehen, das ist am Anfang wirklich beängstigend“, schmunzelte Daisuke und Kyo konnte dem nur zustimmen. „Also, bringst du sie am Samstag mit?“, hatte der Sänger aber noch immer keine richtige Antwort erhalten. „Hm… weiß nicht. Wir wollten eigentlich was zusammen machen, wenn ich dann da schon mal Zeit habe“, war er noch nicht ganz überzeugt. „Komm schon. Frag sie einfach mal. Wir wollen sie doch nur mal kennenlernen. Wenn es euch zu viel wird, könnt ihr euch doch an eine andere Stelle vom Strand verkrümeln“, ließ Kyo einfach nicht locker und nach weiteren anstrengenden Minuten des Überredens, hatte er Kaoru endlich soweit, dass er zustimmte seine Freundin zumindest mal zu fragen und der Rest, der würde sich schon irgendwie von alleine ergeben. Kapitel 80: Achtzig ------------------- Shinya, Toshiya und Daisuke waren schon verschwunden und auch Kaoru schien sich langsam wieder auf den Heimweg machen zu wollen. Dem schloss Kyo sich an und er klemmte sich seine Jacke unter den Arm, nachdem er sich seine Tasche über die Schulter geworfen hatte. So wie es aussah war es draußen wieder mächtig warm und da er sich nicht totschwitzen wollte, zog er seine Jacke lieber gleich gar nicht erst an. Gemeinsam, aber schweigend, verließen sie den Raum und der Sänger wartete noch, bis Kaoru den Raum abgeschlossen hatte, erst dann setzte er sich wieder in Bewegung und ging neben dem Leader her. Schweigend traten sie nacheinander in den Fahrstuhl, bevor einer von ihnen auf den Knopf drückte, der veranlasste, dass sie ins Erdgeschoß fuhren. „Seit wann stört es dich eigentlich, dass du älter wirst?“, unterbrach der Sänger nach einer ganzen Weile die Stille und sie traten aus dem Fahrstuhl, der sich just in diesem Moment öffnete und das Erdgeschoss preis gab. „Wie meinst du das?“, fragte Kaoru ein bisschen verwundert und Kyo schloss wieder zu ihm auf, da der Leader zuerst aus dem Fahrstuhl getreten war. „Du hast vorhin gemeint, dass du ja auch älter wirst“, erklärte er. „Und? Tun wir das nicht alle?“ „Ja, natürlich. Aber diesmal klangst du nicht sehr erfreut darüber. Viel mehr als würde es dich nerven“, zuckte Kyo mit den Schultern und er hielt die Geschwindigkeit bei, die Kaoru an den Tag legte. Und auch wenn der Sänger eigentlich in die entgegengesetzte Richtung musste, so blieb er Kaoru auf den Fersen. „Da hast du dich sicherlich verhört.“ „Kao!“, wurde es Kyo aber dann doch bisschen zu doof und er hielt Kaoru am Arm zurück, während er selbst stehengeblieben war. „Da ist doch irgendwas.“ Seufzend fuhr sich der Leader daraufhin mal wieder durch die Haare und er ließ seinen Blick erst etwas durch die Gegend wandern, bis er wieder seine Augen auf Kyo richtete. „Möglicherweise ist da wirklich etwas“, murmelte er dann. Na also, warum denn nicht gleich so? „Und was beschäftigt dich genau?“, bohrte der blonde Japaner einfach weiter, ignorierend dass sie mitten auf dem Bürgersteig standen und somit ziemlich den Weg versperrten. „Du wirst nicht locker lassen, bis du das weißt, was du wissen willst, oder?“, brummte der Leader nun und Kyo kam nicht umhin zu grinsen. „Nein, also mach es nicht noch anstrengender als es so schon ist und rück raus mit der Sprache.“ „Ich werde alt!“ Blinzelnd sah der Sänger den Gitarristen an und so recht konnte er mit der Info nichts anfangen, denn es war ja offensichtlich und nicht nur Kaoru hatte ein Fältchen mehr um die Augen bekommen. Nein, auch bei ihm waren schon welche sichtbar. „Und? Das werden wir doch alle.“ „Du verstehst nicht, was ich damit sagen will.“ „Nein, deswegen erkläre es mir bitte“, musste er zugeben und Kyo zog sie dann einfach ein Stück zur Seite, wo sie sich auf eine niedrige Mauer setzen konnten. Das sinnlose Rumstehen wurde langsam anstrengend und da drückte er sich lieber für ein paar Minuten den Hintern auf einer Mauer platt. Eine Weile schwiegen sie wieder und der Sänger wartete geduldig, bis Kaoru von alleine anfing mit sprechen, auch wenn er ihn am liebsten geschüttelt hätte, damit er sich nicht erst so lange bitten ließ. „Irgendwie… in letzter Zeit bin ich nicht mehr so zufrieden mit meinem Leben, wie noch vor einem halben Jahr…. Verstehe mich bitte nicht falsch. Ich liebe die Musik und ich liebe es mit euch zu arbeiten und aufzutreten, aber irgendwie reicht mir das nicht mehr“, fing er dann auch endlich mal an zu erklären und Kyo hörte einfach nur zu, nickte und lächelte gleichzeitig, da er genau wusste wie Kaoru sich fühlte, wenn sie arbeiteten oder Auftritte hatten. „Weißt du, ich hatte ja nun genug Zeit zu beobachten, wie ihr euch verändert habt, wie ihr gewachsen seit an euren Aufgaben, also du und Dai. Scheiße man. Man kann es drehen und wenden wie man will, aber ich bin verdammt noch einmal eifersüchtig auf euch, auf euch und eure Familien“, raufte Kaoru sich dann die Haare und Kyo wusste für den ersten Moment gar nicht, was er denn dazu nun sagen sollte. Ihr Leader war eifersüchtig? Auf den Stress alles unter einen Hut zu bekommen? Auf das Geschrei der Kinder? Auf die Auseinandersetzungen, wenn es mal wieder nicht das gab, was gewünscht wurde? Auf das gemeinsame Aufwachen mit der geliebten Frau? Auf die gemeinsamen Mahlzeiten, die eingenommen wurden? Auf das fröhliche Kinderlachen, welches durchs Haus schepperte, wenn man von einem langem Arbeitstag nach Hause kam? Auf die gemeinsamen Kuschelstunden, wenn draußen ein Unwetter tobte? „Bescheuert, oder? Als ob euch das einfach so zugeflogen wäre“, stupste Kaoru ihn an und Kyo musste sich schnell mit einer Hand auf der Mauer abstützen, da er sonst einen ungalanten Abgang hingelegt hätte. „Nein. Das ist überhaupt nicht bescheuert“, murmelte der Sänger dann und schaute zu Kaoru auf. „Nicht?“ „Definitiv nicht. Ich weiß bloß gerade ehrlich nicht, was ich sagen soll“, gab er zu. Mit solch einer Beichte hatte er nämlich überhaupt nicht gerechnet. Zwar hatte er immer gewusst, das Kaoru nie so cool war, wie er allen weißmachen wollte, aber das er sich im Grunde so sehr nach einer eigenen Familie sehnte, das überraschte ihn dann doch. „Wenn dir schon die Worte fehlen, dann frag mal mich“, grinste der Gitarrist schief und der Sänger konnte nicht anders als gleich mitzumachen. „So wie du es aber vorhin beschrieben hast, da wäre doch deine Freundin genau die richtige dafür, oder nicht?“, fragte Kyo nach einigen Minuten des Schweigens, wo sie sich beide ein wenig debil angegrinst hatten. „Reiko, ihr Name ist Reiko“, gab Kaoru schmunzelnd preis, bevor er wieder seufzte. „Ich weiß nicht. Ich glaube ist noch ein bisschen früh gleich über Familienplanung zu reden, wir kennen uns doch erst knapp zwei Monate.“ „Hab ja auch nicht gesagt, dass du sie gleich ins Bett zerren und sofort an einem Stammhalter arbeiten sollst. Aber du kannst ja fragen wie sie zum Thema Familie steht. Irgendwann, … in ein paar Jahren“, zuckte er mit den Schultern. „Hm… ich weiß nicht.“ „Wie du selbst gesagt hast, das ist uns alles nicht von alleine zugeflogen. Du weißt genau wie Dai gelitten hat, als Noriko aus heiterem Himmel nichts mehr von ihm wissen wollte, weil sie schwanger war und Angst hatte er würde sie dafür verurteilen. Und du weißt auch wie nervenaufreibend die Zeit war, bis ich Natsuki endlich zu mir holen konnte und wie turbulent einige Zusammentreffen von Yuna und Tsuki waren. Dafür waren wirklich Nerven wie Drahtseile nötig und auch ein verdammt dicker Geduldsfaden, der öfters kurz vorm Reißen war. Mach jetzt bitte nicht den Fehler und stecke von Anfang an deinen Kopf in den Sand. Denn ich sehe genau wie deine Augen strahlen, wenn du von deiner Freundin… von Reiko, sprichst. Und wenn du es gar nicht erst versuchst, kann auch nie was draus werden“, belehrte er seinen Leader schon fast und er sah richtig deutlich, wie er sich immer kleiner machte. „Aus deinem Mund klingt das alles so vernünftig. Und ich weiß, dass es das eigentlich auch ist, aber die Umsetzung, die raubt mir jetzt schon alle Kraft und Nerven, dabei hab ich noch gar nicht richtig angefangen“, schaute Kaoru aus wie ein ausgesetzter Welpe und Kyo schmunzelte. „Tja, Kao, so ist das eben, wenn man verliebt ist. Irgendwie ist alles schwer und leicht zugleich. Am besten ist wirklich, wenn du dir jetzt nicht deinen Kopf darüber zerbrichst, sondern einfach mal genießt und es so nimmst, wie es kommt. Und wer weiß, vielleicht steht deine neue Familie schneller vor der Tür, als du denkst“, klopfte er ihm abschließend noch auf die Schulter und erhob sich dann. „Wahrscheinlich hast du recht. Danke“, lächelte Kaoru leicht und sah Kyo dankend an. „Nicht der Rede wert, dafür sind Freunde doch da“, schließlich hatte der Leader ihm auch schon zu Zeiten beigestanden, wo Kyo dachte alles wäre aussichtslos und er würde nie auf eine Lösung kommen. Kapitel 81: Einundachtzig ------------------------- Wer hatte noch mal die Idee gehabt, dass sie mal wieder mit Sack und Pack an den Strand fahren konnten? Ach verdammt, das war ja er selbst gewesen… Mittlerweile war Kyo nicht mehr so von dieser Idee begeistert, wie noch am Anfang dieser Woche. Schon alleine das Packen der Sachen hatte beinahe alle Nerven geraubt. Kaum hatte Yuna ein paar Gegenstände und Kleidungsstücke in die Tasche gesteckt, hatte Erina alles wieder raus gezogen, nachdem seine Frau sich nur kurz umgedreht hatte. Anfangs war das ja wirklich noch lustig gewesen, doch nach einer halben Stunde, wo das Durchhaltevermögen seiner Tochter einfach nicht abebben wollte, hatte es nur noch genervt und Yuna war auch schon beinahe vor einem Nervenzusammenbruch gestanden. Somit hatte Kyo auch eingreifen müssen und unter protestalem Quietschen hatte er sich Erina geschnappt und sie auf die Arme genommen. Selbstverständlich war er dann wieder der Böse gewesen und sie hatte ihn in ihrer Babysprache ununterbrochen beschimpft, da er sie auch nicht mehr runter gelassen hatte. Aber hätte er das kleine Monster wieder los gelassen, da wären sie sicherlich jetzt noch nicht auf dem Weg zum Strand, sondern würden munter den Kreislauf des ein und Auspackens weiterspielen. Aber nur weil sie jetzt im Auto saßen, hieß das noch lange nicht, dass nun Ruhe eingekehrt war. Nein, denn Whisky, der in einer Hundebox auf der Rückbank zwischen den Mädchen stand, jaulte ununterbrochen, als würden sie mit ihm auf dem Weg zur Kastration sein… Kyo verstand die Welt nicht mehr, denn normalerweise bewegte sich der Hund nicht mehr als nötig, aber heute schien er voll auf Speed zu sein und ausgerechnet da hatten sie ihn eingesperrt. Noch versuchte der Sänger es einfach nur zu ignorieren, doch nach einer weiteren halben Stunde platzte ihm dann doch mal der Kragen. „Whisky, kannst du jetzt endlich mal die Klappe halten?“, fauchte er schon fast und kurzzeitig wurde es im Auto auch wirklich still. Tief durchatmend lehnte der Sänger sich ein wenig entspannter im Sitz zurück. Zwei Sekunden später fing nun allerdings Erina an zu jaulen und Whisky setzte nur eine Sekunde später ein. Das amüsierte Lachen vom Beifahrersitz machte die Sache nicht erträglicher und Kyo fragte sich, was er getan hatte, weswegen er nun so bestraft wurde? „Yuna, ich find das nicht witzig“, brummte er und er drückte das Gaspedal noch ein bisschen fester nach unten, so dass sie noch ein bisschen an Geschwindigkeit aufnahmen. Umso schneller sie am Meer waren, umso schneller konnte er dem Gejaule entfliehen. „Hab dich doch nicht so. Du bist doch sonst auch nicht so empfindlich wenn es um Lärm geht.“ „Richtig, Lärm. Das hier ist aber reinste Folter. Und normalerweise kann ich mir die lauten Geräusche um mich herum auch aussuchen…“, brummte er und überholte den Van in welchem sich Kaoru, Toshiya und Shinya befanden. War ja klar, dass Yuna das amüsant fand, wie ihre Tochter und ihr Hund gemeinsam ‚Musik‘ machten. Trotzdem. Es war einfach nur nervenaufreibend und anstrengend zu gleich. Warum konnte Erina nicht wie jedes andere Kleinkind auf einer langen Autofahrt einfach schlafen? Wehe das Mädchen würde dann am Strand einschlafen! Da würde Kyo sie so lange wachhalten, bis sie wieder im Auto waren, damit sie zumindest auf der Rückfahrt schlief. Gott, er kam sich gerade so armselig vor, wenn er daran dachte. Für Außenstehende muss es so wirken, als würde er das kleine Mädchen nicht leiden können, aber das war Quatsch. Erina war seine kleine Zuckerpuppe und er würde alles für sie tun, auch wenn sie beide sich manchmal ganz schön anzickten, aber das war dann wohl sein Erbgut, welches er an sie weitergegeben hatte. „Eri, sei endlich ruhig“, maulte wenig später sogar Natsuki rum und an Kyos Mundwinkel zuckte es und so sehr er sich auch bemühte, das Grinsen schaffte es auf sein Gesicht. Durch den Rückspiegel beobachtete er wie Natsuki sich über die Hundebox lehnte und nach etwas tastete. Zwischendurch schaute er immer wieder auf die Straße. Unter größter Anstrengung schaffte sie es an die Kette für Erinas Schnuller zu kommen. „Hier, nimm den und sei endlich leise“, klang Natsuki auch sehr genervt und Kyo freute sich, dass zumindest eine von den drei anwesenden Damen auf seiner Seite war. „Und du hältst auch endlich die Klappe“, blaffte Tsuki-chan sogar Whisky an, der glatt weg sein Jaulen verschluckte und sich untertänig weiter nach hinten in die Box zurück zog. Natsuki wusste gar nicht, wie dankbar Kyo ihr im Moment war und die angenehme Ruhe blieb bis zum Parkplatz bestehen, welcher ganz in der Nähe vom Strand war. Wie zu erwarten standen nicht mal eine Handvoll Autos auf dem Parkplatz, was nur bedeuten konnte, dass auch der Strand sehr leer war. So sollte es sein und nach einem kurzen Strecken stieg Kyo aus dem Auto aus. Daraufhin fuhr auch schon der Van mit Kaoru, Shinya und Toshiya neben sie in die Lücke und da würden Dai und Noriko mit Tian auch nicht mehr weit sein. Kurz grüßten sie sich mit einem Nicken, dann machte der Sänger sich schon daran Natsuki aus ihrem Sitz zu befreien. Dankbar, weil sie ihn vorher so tatkräftig unterstützt hatte, drückte er ihr ein Küsschen auf die Wange, bevor er sie auf ihre eigenen Füße abstellte. „Kyo, nimmst du Erina, da hole ich Whisky aus der Box“, fragte Yuna, während sie mit dem Kleinkind zu ihm ums Auto kam. „Klar“, nickte er und nahm ihr das Mädchen ab, welches wohl doch noch etwas geschlafen hatte, da sie noch ganz kleine Augen hatte. Wie immer zog er ihr wieder zuerst den Schnuller aus dem Mund und entfernte diesen auch gleich samt Schnurr von ihrem Oberteil. Am Strand würde der nur unweigerlich mit Sand in Berührung kommen und das brauchten sie beide nicht. Zwar war Kyo erstaunt, das Erina nicht mal annähernd protestierte, aber scheinbar war sie einfach noch zu müde, da sie kräftig gähnte und sich dann erst mal an ihn kuschelte. Schmunzelnd strich er ihr über den Rücken und drückte ihr einen Kuss auf die weichen Haare. Nebenbei waren dann auch schon die anderen aus dem Auto gestiegen und diesmal begrüßten sie sich von Angesicht zu Angesicht und Kyo war kurz erstaunt, als er noch eine Frau bei den drei Herren bemerkte. Im nächsten Moment fiel ihm dann allerdings auch ein, dass er Kaoru so lange bearbeitete hatte, bis er seine Freundin zumindest mal nach dem heutigen Tag fragen würde und so wie es aussah, hatte die junge Frau dessen Vorschlag zugestimmt. „Kyo, das ist Reiko. Reiko, das ist Kyo mit seiner Jüngsten Erina“, stellte der Leader sie auch gleich vor und der Sänger erwiderte den schüchternen Gruß. „Hi, schön, dass Kao dich überreden konnte“, schmunzelte er und er hatte das Gefühl ein kleiner Rotschimmer legte sich auf die Wangen der jungen Frau. Scheinbar musste sie erst noch mit ihnen warm werden, aber das würden sie schon hinbekommen, schließlich hatten sie dafür noch den ganzen Tag Zeit. Sie luden dann noch alles aus und da Daisuke mit seiner Familie dann auch endlich angekommen war, machten sie sich auf den Weg zum Strand. Natsuki und Tian rannten vorneweg und amüsiert beobachtete Kyo, wie Erina ebenfalls immer versuchte hinterher zu rennen. Doch der Weg war ebenfalls schon voller Sand und da die Kleine erst gerade so alleine geradeaus laufen konnte, saß sie mehr im Sand, als dass sie vorwärts kam. Schmunzelnd klemmte der Sänger sich also die Tasche mit der Strandmuschel unter den Arm und nahm das Mädchen mit seiner freien Hand an die Hand, damit sie wenigstens etwas Halt hatte. Langsam und mit tapsigen Schritten liefen sie den anderen hinterher, die alle viel schneller waren. Aber er kannte den Dickschädel seiner Tochter und wusste, dass sie laufen und nicht getragen werden wollte. „Eri-chan, bitte nicht schon wieder“, seufzte der Sänger, nachdem sie sich zum vierten Mal beabsichtigt in den Sand gesetzt hatte. Doch die kleine Maus grinste ihn nur an und hielt ihm eine volle Hand trockenen Sand hin. „Ja, dass dir das gefällt ist mir klar. Aber guck mal, die anderen sind schon ganz weit weg“, deutete er in die Richtung, wo man nur noch kleine Strichmännchen ausmachen konnte. „Da… auch“, deutete sie erbost in die Richtung und Kyo nickte. „Ja, da müssen wir hin, aber dafür musst du jetzt aufstehen und mit mir weiter laufen, oder Papa muss dich tragen“, sagte er ruhig und er ließ zunächst die Tasche mit der Strandmuschel fallen, da sein Arm schon ziemlich schmerzte und er ihn zumindest einmal kurz ausschütteln wollte. Sofort streckte sie ihm ihre kleine Ärmchen entgegen und der Sänger schmunzelte, strich ihr zunächst aber erst mal den Sand von den Fingern. „Willst du auf meine Schultern?“, fragte er und Erina nickte. Somit hob er sie über seinen Kopf und platzierte sie auf seinen Schultern. „Gut festhalten“, sagte er und legte ihre kleinen Hände an seinen Kopf. Zwar verzog er kurz sein Gesicht, als sie ihm ungeniert an den Ohren packte, aber da wusste er zumindest dass sie sich festhielt und ob sie ihm nun an den Ohren oder an den Haaren zog, das machte dann auch keinen Unterschied mehr. Vorsichtig bückte er sich dann noch und hob die Tasche wieder auf, dann konnten sie endlich weiter gehen. Nach wenigen Minuten hatte Kyo zu den anderen aufgeschlossen und diese machten sich gerade auf einem gemütlichen Fleckchen breit. „Seid ihr auch endlich mal da?“, grinste Yuna und sie nahm Kyo die Tasche mit der Strandmuschel ab. „Ja, wir mussten zwischendurch ein wenig verhandeln, aber wir sind da“, grinste er und drückte ihr noch schnell einen Kuss auf die weichen Lippen, bevor sie sich abwenden konnte. Kichernd verzog Yuna sich dann auch gleich und der Sänger löste vorsichtig die kleinen Hände, die nun doch in seinen Haaren gelandet waren. „So, runter mit dir, aber schön bei mir bleiben“, wies er an und hob Erina von seinen Schultern um sie dann gleich in den Sand zu stellen. Kurz wackelte sie ein wenig, doch das gab sich schnell und ohne sich auch nur einmal umzusehen steuerte sie auf das Sandspielzeug zu, welches Tian wohl schon in den Sand geschmissen hatte. Gut, da würde die Kleine hoffentlich keinen Unsinn machen und Kyo konnte seiner Frau helfen. „Tian, passt du bisschen mit auf sie auf?“, fragte er den Jungen, der nun ebenfalls auf das Spielzeug zuging und zu seiner Beruhigung nickte dieser. „Danke“, nickte Kyo und machte sich nun wirklich daran seiner Frau zu helfen. Eine halbe Stunde später standen vier Strandmuscheln am Strand und rings herum lagen etliche Decken und Handtücher verstreut. Es sah ein bisschen so aus als wären sie spontan umgezogen, denn der Sänger konnte gar nicht glauben, wie viel Zeug sie überhaupt alle mit hatten. Schließlich wollten sie ja eigentlich nur einen Tag am Strand verbringen und nicht eine ganze Woche. Aber gut, auch egal, so sollte zumindest nichts fehlen… „Papa, pustest du das Einhorn auf?“, kam dann auch schon Natsuki angerannt und sie zog das Einhorngummiboot hinter sich her, welches sie auch schon vor vier Jahren mit an diesem Strand hatten. „Klar, wo ist die Luftpumpe?“, fragte er, denn noch einmal würde er dieses Ding garantiert nicht mit seinen eigenen Lungen aufblasen. Einmal und nie wieder. Nach kurzem Suchen hatten sie das kleine Ding endlich gefunden und Kyo pumpte fröhlich Luft in das Gummiteil, welches immer größer wurde und bald wirklich wie ein Einhorngummiboot aussah. Freudig sprang Natsuki schon um ihn herum und der Sänger freute sich, dass er ihr damit eine Freude machen konnte. Nebenbei gingen seine Gedanken immer wieder zurück, als sie vor vier Jahren das erste Mal mit der Kleinen hier waren. Der Tag war äußerst entspannend gewesen und auch von den anderen wusste er, dass es ihn damals gefallen hatte. Kaum zu glauben, dass das schon vier Jahre her sein soll. Ihm kam es teilweise noch wie gestern vor. Manchmal wünschte er sich auch die Zeit zurück, aber dann dachte er daran was er heute alles hatte und es war vergessen. Als alle Wasserspielzeuge mit Luft versorgt waren packte er die Luftpumpe wieder weg und er ließ sich genüsslich mit Sonnenmilch eincremen. Die anderen hatten sich schon damit präpariert und er war der letzte, der noch über war. Die Kinder hatten alle noch einen Hut auf den Kopf bekommen und von weiten beobachtete Kyo, wie Yuna mit Erina am Wasser stand und sie festhielt, während sein Mädchen mit den kleinen, nackten Zehen immer wieder versuchte dem Wasser auszuweichen. Scheinbar war es ihr noch ein bisschen zu kalt. Er ließ seinen Blick weiter schweifen und er genoss für einen Moment die Ruhe, die er den ganzen Tag noch nicht gehabt hatte. Erst das nervenaufreibende Packen und dann die Fahrt, die auch nicht angenehmer war. Aber das war jetzt vergessen und er beobachtete seine Familie und Freunde, wie sie sich im Wasser tollten und spielten. Er schenkte Noriko ein Lächeln, als sie tropfend aus dem Wasser kam und etwas aus ihrer Tasche fischte, bevor sie sich wieder umdrehte und zurück zum Wasser ging. Irgendwas war anders an ihr gewesen, doch so richtig kam er nicht dahinter. Schulterzuckend legte Kyo sich dann einfach zurück und er zog sich seinen mitgebrachten Hut ins Gesicht, damit ihm die Sonne nicht so ins Gesicht scheinen konnte. Seine Augen schloss er und auch sein Körper entspanne sich immer mehr. Mit einem ziemlich unmännlichen Geräusch schreckte der Sänger hoch und durch seine ruckartige Bewegung rutschte ihm doch glatt der Hut vom Kopf. Grummelnd kniff er seine Augen zusammen, da die Sonne ihn so blendete, und er richtete sich auf. Lachend ließ sich ein klatschnasser Gitarrist neben ihn fallen und erneut wurde er von kalten Wassertropfen getroffen, sie sich aus den roten Haaren des schmalen Mannes lösten. „Na, hab ich die geweckt?“, erdreistete sich das Ungetüm auch noch zu Grinsen und Kyo murrte nur ein wenig vor sich hin. Scheinbar war er wirklich etwas eingenickt und das rabiate Wecken ließ nicht unbedingt alle Lebensgeister sofort wieder auferstehen. „Was machst du nachts, wenn du am Tag schläfst?“, fragte er weiter und Kyo angelte sich wieder seinen Hut, um ihn auf seine verstrubbelten blonden Haare zu setzen. „Das gleiche wie ihr, würde ich mal sagen“, schmunzelte er nun und dem Sänger war sofort aufgefallen was an Noriko anders war, sobald er ihren Mann dazu im Blick gehabt hatte. Daraufhin brach der größere in Glucksen aus und rubbelte sich kurz die Haare ein wenig trocken. „Wollen wir es hoffen, ne?“, zwinkerte Daisuke. „Sag mal, wann solltest du uns eigentlich sagen, dass du wieder Vater wirst?“, stellte Kyo irgendwann direkt die Frage, denn auch egal was für Andeutungen er gemacht hatte, Daisuke ging nie drauf ein. Also blieb ihm nur eine direkte Frage übrig. Statt aber breit zu grinsen, wie Kyo es angenommen hatte, fielen Daisuke beinahe die Augen aus dem Kopf und er starrte den Sänger mit offenem Mund an. „Eh … was?“ „Ist sie etwa nicht schwanger?“, fragte er und eine Augenbraue machte sich langsam auf den Weg gen Stirn. „Also… was… wie kommst du denn da drauf?“, stotterte der große Rote und er schien wirklich überfahren zu sein. „Das sieht man doch“, wanderte seine Augenbraue wieder nach unten und stattdessen zogen sie sich zusammen. „Wie, das sieht man doch?“, blinzelte Daisuke. Und der Sänger wusste nicht so recht, ob er ihm die Frage wirklich beantworten sollte. „Na ja… ich kann jetzt nur ableiten, wie es bei Yuna damals angefangen hat. Auch sie hatte so ein leichtes Hohlkreuz bekommen, wie mir es vorhin bei Noriko aufgefallen ist und irgendwie… ein kleines Bäuchlein hat sie auch…“, murmelte er und schielte kurz zu seinem Freund, der den Strand nach seiner Frau absuchte. Daisuke kniff seine Augen zusammen und versuchte aus der Entfernung etwas zu erkennen. „Also ich sehe da nix“, brummte dieser. „Scherzkeks. Aus dieser Entfernung kann ich das auch nicht erkennen. Aber achte einmal drauf wenn sie nah bei dir ist“, blieb Kyo ruhig. „Nein, du musst dich irren“, schüttelte Daisuke aber seinen Kopf und Kyo zuckte mit den Schultern. „Kann auch sein, wobei ich mir ziemlich sicher bin“, sagte er noch und stand dann auf, da er sich langsam wie ein geröstetes Hühnchen fühlte und eine Abkühlung dringend nötig hatte. Der restlichte Tag verging ziemlich schnell und sie alle lernten auch Kaorus Freundin ein bisschen kennen. Diese war ein ziemlich schüchternes Wesen, doch nach und nach legte sich diese Seite und ab und an ließ sie auch einen spitzen Kommentar vom Stapel. Alles in allem war der Tag sehr gelungen und wie vor vier Jahren fielen sie auch diesmal bei dem Fastfoodrestaurant ein, welches sich in all der Zeit kein bisschen verändert hatte. Während die Kinder sich mit der Kinderüberraschungstüte zufrieden gaben, deckten die Erwachsenen sich mit allerlei ungesundem Kram ein, was an diesem Tage aber niemanden interessierte. Da Kyo sich mit Erina mal wieder ein kleines Duell geliefert hatte, war die Kleine schmollend von seinem und auf Toshiyas Schoß gekrochen, der neben ihnen saß. Ganz beleidigt hatte sie ihm sogar den Rücken zugedreht. Der Bassist hielt dem Mädchen eine Apfelscheibe hin, die mit in den Kindertüten war, während er Kyo angrinste. „Also egal was kommt, sie ist eindeutig deine Tochter. Erina zickt genauso rum wie du“, feixte er. Kyo brummte nur und biss in seinen Burger. Sollten die beiden doch machen was sie wollten, ihm doch egal. „Und beleidigt sein kann sie genauso gut wie du.“ Nachdem sie sich alle gestärkt hatten, waren sie dann auch schon wieder auf dem Heimweg und zu Kyos allgemeiner Erleichterung, waren Whisky als auch Erina mächtig am Ende und die beiden schnarchten schon beinahe um die Wette. Aber das war allemal besser als dieses elendige Gejaule. Selbst Natsuki war der Kopf schon zur Seite gerutscht und sie schlief den Schlaf der Gerechten. „Das wird heute ein leichtes sein sie ins Bett zu stecken“, flüsterte Yuna leise und der Sänger konnte nur nicken. Aber das hatten sie sich an so einem Tag auch wirklich verdient und vielleicht konnten sie die Zweisamkeit ja auch noch ein bisschen für sich ausnutzen. Wie erwartet waren die Kinder schnell im Bett und auch Whisky hatten sie nicht mehr aus der Box bekommen, weswegen sie die einfach im Wohnzimmer stehen ließen, aber die Tür der Box öffneten. Nun mussten sie sich nur noch den Sand und das Salz vom Körper waschen, dann konnten sie auch zum gemütlichen Teil das Tages übergehen und Kyo ließ sich alle Zeit der Welt seine Frau von den Dingen zu befreien, die nichts auf ihrer Haut zu suchen hatten. Somit hatten sie das Bad in einen richtigen Dampfkessel verwandelt, als sie wieder aus dem Raum stiegen. Aber dafür hatte es sich definitiv gelohnt. „Geh schon mal ins Schlafzimmer, ich komm gleich nach“, zwinkerte der Sänger dann auch schon und drückte seiner Frau noch einen genüsslichen Kuss auf die Lippen. Vorher wollte er aber noch einmal auf sein Handy schauen, da er es gerade hatte piepen hören. „Okay, aber lass mich nicht zu lange warten“, schnurrte sie und Kyo musste grinsen, als er spürte wie sie an seinem Handtuch zog, welches gleich etwas an seiner Hüfte nach unten rutschte. „Versprochen, will nur kurz drauf gucken“, murmelte er und nach einem weiteren Kuss lösten sie sich und ging weiter ins Wohnzimmer, wo er gleich in der Tasche kramte, die sie erst mal nur ins Wohnzimmer gestellt hatten. Schnell war das mobile Ding raus geholt und Kyo entsperrte es, ehe er schon Daisukes Nummer erkannte und gleich darauf die Nachricht öffnete um sie zu lesen: »Du hattest Recht!« Kapitel 82: Zweiundachtzig -------------------------- Das restliche Wochenende war noch sehr entspannend gewesen und die nächsten Wochen liefen auch ohne große Probleme. Daisuke hatte die Schwangerschaft von Noriko wirklich noch bestätigt und seit dem rannte er mit einem breiten Dauergrinsen durch die Gänge. Ihr großer roter Gitarrist strahlte wirklich nur noch und Kyo war schon mehr als einmal in der Versuchung gewesen seine Sonnenbrille hervor zu holen, da er sich mächtig geblendete fühlte. Aber auf der anderen Seite konnte er ihn auch verstehen, schließlich war es ihm damals bei Yunas Schwangerschaft ebenfalls so ergangen und er hatte das dämliche Grinsen auch nicht mehr aus dem Gesicht bekommen. Daisukes Laune spiegelte sich irgendwie auch auf sie alle wieder und die Konzerte in den folgenden Wochen strotzten nur so vor Energie und Freude und jeder von ihnen konnte davon nicht genug bekommen. Trotzdem tat die Pause nach fünf Wochen auch mal gut und jeder verbrachte ein paar Tage nur für sich und mit ihren Familien, bevor sie sich wieder an die Arbeit eines neuen Albums machen wollten. Heute sollte es auch wieder so sein und alle waren sie schon da, außer ihr roter Gitarrist. Das wunderte sie alle ein bisschen, aber vielleicht hatten sie auch einen Arzttermin, weswegen Daisuke sich dadurch verspätete. Doch am frühen Nachmittag war der werte Herr immer noch nicht da und so langsam wurden sie alle unruhig, da Daisuke sich noch nicht mal gemeldet hatte, egal in welcher Weise. „Also ich ruf den jetzt mal an, kann ja wohl nicht angehen, Schwangerschaft hin oder her, zumindest eine Rückmeldung wäre doch angebracht“, blubberte Kaoru vor sich hin. Kyo konnte dem nur zustimmen, denn schließlich wollten sie zumindest wissen woran sie waren. Also ließen sie den Leader machen und Kyo horchte nur mit einem Ohr hin, was Kaoru mit Daisuke bereden würde. Soweit sollte es dann allerdings doch nicht kommen, denn murrend pfefferte der erste Gitarrist sein Handy neben sich aufs Sofa. „Nur die Mailbox.“ Hm… irgendwas lag da ganz stark im Argen und Kyo kaute sich auf der Unterlippe herum, da er ein äußerst dämliches Gefühl im Bauch hatte. „Ich werde später mal bei ihm vorbei gehen“, sagte er deswegen und die anderen nickten. Somit quälten sie sich noch durch den restlichen Tag, aber da es ohne Daisuke ein wenig sinnlos war, beendeten sie die Prozedere recht zeitig und Kyo schnappte sich seine Sachen. „Ich melde mich, wenn ich was Genaueres weiß“, rief er noch und war dann schon aus dem Raum verschwunden. Da es sogar so zeitig war, dass noch nicht einmal Yuna Feierabend hatte, sagte er ihr auch noch Bescheid, dass er vielleicht etwas später zu Hause wäre, dann schlug er wirklich Daisukes Richtung ein. Hastig brachte er mit seinen kurzen Beinen den Weg hinter sich und erwischte noch die Bahn die in den Stadtteil, in welchem ihr Rhythmusgitarrist wohnte, führte und ein wenig außer Atem stand er bald vor dem kleinen Einfamilienhaus. Daisukes Auto stand nicht in der Einfahrt, aber das musste noch nichts heißen, denn Noriko könnte trotzdem da sein. Seine schweißnassen Hände wischte sich der Sänger an seiner Hose ab und mit klopfendem Herzen drückte er auf das kleine Knöpfchen, welches die Klingel darstellte. Der Schrille Ton drang durchs ganze Haus, wie er hören konnte, doch ansonsten blieb alles still. Kyo versuchte es noch ein paar Mal, doch niemand öffnete. „Scheiße. Und nun?“, fragte er es sich selbst und der Sänger stand zunächst ein bisschen verloren vor der Haustür. Aber hier versauern würde ihm auch nichts bringen. Also machte er sich wieder auf den Weg und steuerte nun sein eigenes zu Hause an. Nach zwei Tagen hatten sie von ihrem Gitarristen immer noch nichts gehört und langsam wurde es nicht nur ihnen zu bunt, auch ihr Manager Inoue drehte langsam aber sicher durch. Und auch so gerne sie ihm sagen würden, wo Daisuke steckte, sie wussten es selbst nicht. Zudem gab es ja nie irgendwelche Andeutungen, dass der große Rote mal eben von der Bildfläche verschwinden könnte. Nein, viel eher hatte er sie alle wahnsinnig gemacht und mit dem neuesten Ultraschallbild immer vor ihren Gesichtern herum gewedelt und Kyo durfte das ein oder andere Mal beobachten, wie Kaorus Ader am Hals sichtlich hervorgetreten war. Er wäre nicht überrascht gewesen, wenn der Leader irgendwann explodiert wäre. Allerdings kannte bis jetzt nur der Sänger den wahren Grund und der wäre nicht die Freude gewesen, sondern eher Kaorus eigene Eifersucht. Wieder herrschte Stille, bis der schrille Ton seines Handys sie alle zusammenzucken ließ. Mit klopfendem Herzen fischte der Sänger es aus seiner Hosentasche und sein schneller Herzschlag setzte für einen Moment aus, als er den Namen las, welcher ihm angezeigt wurde. „Es ist Dai“, sagte er und kurz atmete er durch, bevor er das Gespräch annahm. „Hey, wo steckst du denn?“, hielt Kyo sich nicht auf und er drückte das kleine Plastikteil fest in seiner Hand zusammen, als nicht sofort eine Antwort kam. „Dai? Bist du noch dran?“ „… ja…“ Heilige scheiße, was war dem mit dem passiert? Nur das eine Wort und Kyo hatte eine Zentimeterdicke Gänsehaut, die bis zu seinen Zehen ging. Seine Stimme klang so schwach und zerbrechlich und der Sänger bekam gleich einen ganz trocknen Mund und seine Zunge klebte unangenehm an seinem Gaumen fest. „Was ist denn los?“, fragte er und unschlüssig tauschte er Blicke mit seinen Bandkollegen aus, allerdings hielt er schnell seinen Arm hoch, als Kaoru auf ihm zukam und ihm das Telefon schon aus der Hand nehmen wollte. „Kyo… ich… scheiße man“, brachte der Gitarrist keinen Satz zu Stande und das leise Schluchzen daraufhin schnürte ihm die Kehle zu. Eindeutig, irgendwas war passiert und es handelte sich dabei nicht nur um ein zerbrochenes Glas. „Dai, wo bist du?“, musste der Sänger irgendwie herausfinden, wo er den großen Roten ausfindig machen konnte. „Ich… wir…“ „Ganz ruhig, hole mal tief Luft und dann sag mir einfach wo du bist, ich komme zu dir, okay?“, schaute der Sänger sich verzweifelt um, doch die fragenden Gesichter beruhigten ihn nicht im Geringsten. Kyo hörte wie Daisuke zitternd einatmete und ein leises Rascheln. „Wir sind zu Hause“, brachte er es dann doch zitternd hervor und der blonde Japaner nickte. „Okay, ich komme gleich zu euch, ja?“ „Nein… das musst du nicht. Ihr habt doch zu tun.“ „Dai, ohne dich können wir eh nicht viel machen, also lass das mal meine Sorge sein“, brummte er und legte dann auf. Drei fragende Gesichter sahen ihn an und der Sänger fühlte sich jetzt überhaupt nicht mehr wohl. „Was ist nun?“, fragte Kaoru nachdrücklich und Kyo seufzte. „Keine Ahnung, er hat nicht mal einen richtigen Satz zu Stande gebracht. Ich werde jetzt zu ihm fahren und gucken was los ist“, berichtete er gleich und er packte seine Sachen schon zusammen. „Wir kommen mit“, stand der Leader auch gleich auf, doch der blonde Japaner schüttelte seinen Kopf. „Nein. Dai hat mich angerufen, also werde auch nur ich hin gehen.“ „Aber ich bin der Lea-“ „Und wenn du der Dalai Lama persönlich wärst, ich gehe alleine“, schnitt der Sänger Kaoru gleich das Wort ab und er schloss mit einem Murren seinen Mund wieder. „Okay, aber melde dich, sobald du weißt was Sache ist.“ „Ja, wenn er das will, werde ich das machen“, seufzte er und nahm dann seine Tasche und marschierte los. Diesmal schrieb er Yuna nur kurz eine Nachricht, dass er nicht wisse wann er nach Hause käme. Zwar hätte er auch persönlich vorbei schauen können, aber er wollte so schnell wie möglich zu Daisuke gelangen. Im Sturmschritt ging er wieder zur U-Bahn und Kyo wäre beinahe ausgerastet, als die Bahn genau vor seiner Nase davon fuhr. Während er wartete schlug sein Bein im schnellen Tempo auf den Beton auf. Das machte ihn zwar irgendwie noch nervöser, aber er wusste nichts anderes mit sich anzufangen. Zum Glück waren die Wartezeiten in Japan dann doch nicht so lang wie in anderen Ländern und Städten der Erde, weswegen dann doch recht schnell wieder eine Bahn vor seiner Nase einfuhr. Seinen Hut zog er sich noch ein bisschen tiefer in die Stirn und auch den Jackenkragen stellte er ein wenig höher. Zumindest versuchte er so unerkannt zu bleiben und so lange er sich nicht auffällig verhielt, würde er schon unbeschadete wieder aus der Bahn steigen. Die besagte Bahn tuckerte in Ruhe vor sich hin und als er es kaum noch aushielt erreichte er endlich seine Zielhaltestelle und mit einem leichten Sprung verließ er das öffentliche Verkehrsmittel. Seine Tarnung hielt er zunächst aufrecht und wieder setzte er sich mit seinem Sturmschritt in Bewegung. Also waren bald alle Meter zu Daisukes und Norikos Haus überwunden und diesmal stand auch das Auto in der Einfahrt. Erneut begann sein Herz wie verrückt zu schlagen und Kyo hatte schon einen ganz trockenen Mund, da er gerne wissen wollte, was nun los war, aber auf der anderen Seite wollte er am liebsten auch wieder umdrehen und doch nicht so neugierig sein. Aber nun war er einmal hier, also konnte er es auch zu Ende bringen. Zögernd blieb er noch einmal vor der Haustür stehen, doch dann gab er sich einen Ruck und betätigte die Klingel, die ihm diesmal noch lauter vorkam als bei seinem letzten Besuch. Diesmal dauerte es auch wirklich nicht lange, bis er Schritte von innen hören konnte und wie kurz darauf die Tür langsam geöffnet wurde. Was er daraufhin sah, das schockte ihn mächtig. Daisuke hatte ihm die Tür geöffnet, aber man erkannte den Mann nur noch an seinen auffällig roten Haaren, die ihm diesmal allerdings strähnig ins Gesicht hingen. Er hatte dunkle Ringe unter den blutunterlaufenden Augen und seine Wangen wirkten sehr eingefallen. „Hey“, vernahm er die leise brüchige Stimme und Kyo musste wahrlich schlucken. „Hi“, krächzte er und so wie ihr, sonst so fröhlicher, Gitarrist aussah, musste was ziemlich schlimmes vorgefallen sein. „Kann ich… reinkommen?“ „Hm…“, machte Daisuke nur und trat zur Seite um den Sänger eintreten zu lassen. Daraufhin schlich Kyo schon regelrecht in das Haus und gleich nach der Tür ließ er zunächst seine Schuhe fallen und er nahm den Hut ab. Seine Jacke folgte ebenfalls und er legte alles in der Garderobe ab. Mit leisen Schritten lief er Daisuke nach, der mehr vor sich hin kroch, als dass er wirklich ging und irgendwie hatte das ganze Haus eine ekelhaft traurige Stimmung, die ihm ganz schön aufs Gemüt schlug. „Willst du was trinken?“, fragte Daisuke leise und der blonde Japaner konnte nur nicken, da er im Moment einfach kein Wort mehr heraus brachte. Was war in den letzten Tagen nur passiert, dass Daisuke solch eine brachiale Gemütsveränderung durchlebt hatte? „Hier“, wurde der Sänger kurz darauf aber schon wieder aus seinen Gedanken gerissen und er nahm dankend das Glas Wasser an, welches Daisuke ihm hin hielt. Sehr wohl merkte der Sänger, wie die sonst so ruhige Hand mächtig zitterte und ihm wurde immer elender zu mute. „Wollen wir uns setzen?“, fragte Kyo und Daisuke nickte, ließ sich gleich aufs Sofa nieder, wo er beinahe drin verschwand. Heilige Scheiße, was war nur passiert und vor allem, wie bekam er das freundliche Gemüt seines Freundes wieder hin, das scheinbar nie dagewesen war? „Wo… warst du denn die letzten Tage? Also, was ist denn passiert?“, fragen ob was passiert sei, das tat er nicht, denn das war ja nun wirklich mehr als offensichtlich. Daraufhin sackten die Schultern des Gitarristen gleich noch mehr in sich zusammen und der Sänger bereute seine Frage auch schon wieder, aber dennoch wollte er irgendwie eine Antwort drauf haben. „Krankenhaus“, murmelte sein Freund daraufhin mehr als unverständlich und Kyo brauchte einen Moment, bevor er verstanden hatte, was Daisuke genuschelt hatte. „Huh? Was ist denn passiert?“, er traute sich gar nicht weiter zu fragen, auch wenn er keine Lust hatte Daisuke alles aus der Nase zu ziehen. Diese Geduld musste er jetzt wohl oder übel aufbringen. Statt eine Antwort zu geben brach der Gitarrist stattdessen bitterlich in Tränen aus und der Sänger saß für einen Moment wie geschlagen auf dem Sofa. Was bitte war denn jetzt los? Leicht panisch schaute er sich um, aber ansonsten schien keiner anwesend zu sein, der ihm irgendwie unter die Arme greifen könnte. Unschlüssig, was er denn jetzt machen sollte, zog er den Rothaarigen dann einfach an sich heran und schlang unbedarft seine Arme um die bebenden Schultern. Kyo hatte keine Ahnung ob er es richtig machte, aber irgendwas musste er ja tun, also fing er einfach damit an und tätschelte immer wieder leicht die schmalen Schultern, die sich nur ganz langsam wieder beruhigen wollten. Zudem merkte er schon, dass sein T-Shirt ziemlich feucht geworden war, wo Daisuke mit seinem Gesicht dran gelehnt hatte. Scheinbar waren die Tränen irgendwann doch versiegt, denn mit total geschwollenen Augen löste Daisuke sich wieder und fahrig wischte dieser sich durchs Gesicht. Kurz sah Kyo sich um und angelte aus einer Taschentuchbox, die unschuldig auf dem Wohnzimmertisch stand, ein Taschentuch heraus, welches er dem Gitarristen hin hielt. Danken schnäuzte dieser sich die Nase und auch wenn dieser Anblick ihm ziemlich weh tat, ein bisschen befreit schien der Rothaarige doch zu sein. „Du willst bestimmt wissen… was hier los ist?“, hickste dieser und auch wenn der Sänger die Frage vorher schon gestellt hatte, nickte er zaghaft. „Wenn du drüber… reden willst, gerne“, murmelte er sanft und langsam bekam er Angst, dass irgendwas mit Noriko, oder noch schlimmer, mit Tian sein könnte. „Wir…. Wir waren im Krankenhaus, weil… weil… ach scheiße verdammt. Es ist tot, Kyo. Das Baby ist tot. Noriko hatte eine Fehlgeburt.“ Kapitel 83: Dreiundachtzig -------------------------- Das Blut rauschte in seinen Ohren und Kyos Herz schlug so schnell in seiner Brust, dass er kaum noch Luft bekam. Sein Gehirn wurde scheinbar auch ein bisschen zu wenig mit Sauerstoff versorgt, denn ihm schwindelte es leicht und erst nach einer gefühlten Ewigkeit schaffte es der Sänger endlich wieder Luft in seine Lungen und somit Sauerstoff in sein Blut und Hirn zu pumpen. Daisuke hatte jetzt nicht allen Ernstes gesagt, dass sie das Baby verloren hatten? Das Baby, auf welches er sich wie verrückt gefreut hatte? What the fuck! Wie ungerecht konnte nur diese verkackte Welt sein? „Ich… Dai, das tut mir leid“, stammelte er ein wenig vor sich hin, da ihm wahrlich die Worte fehlten. Selbstverständlich half Daisuke das nun auch nicht weiter, aber nur dumm zu schweigen, das fühlte sich auch falsch an. „Danke“, schniefte der Rote nur und Kyo tat es richtig im Herzen weh ihn so zu sehen. „Ist mit Noriko alles okay?“ „Hm… geht so“, seufzte Daisuke dann und er wischte sich noch einmal über die Augen. „Ihr Kreislauft machte in den letzten Tagen nicht mehr das, was er sollte. Aber es geht schon wieder und morgen werde ich sie nach Hause holen können.“ „Also ist sie noch im Krankenhaus“, schlussfolgerte der Sänger und der Gitarrist nickte wieder. „Es wäre ein Junge geworden“, brach Daisuke nach einigen schweigsamen Minuten die Stille und bei Kyo stellten sich alle, am Körper befindlichen, Härchen auf. Wollte er das wirklich wissen? Okay, auf der einen Seite schon, aber auf der anderen Seite wollte er von diesem Thema so viel Abstand nehmen wie möglich. Doch das hier war sein Freund und nicht jemand, den er noch nie zuvor in seinem Leben gesehen hatte. Gott, welche dämliche Ironie des Schicksals. Eigentlich nahm man ja immer an, so etwas würde einem selbst, oder im Freundeskreis, nie passieren und man wäre davor gefeit. Aber Nope. Da täuschte man sich dann wohl doch. „Ich weiß wirklich nicht, was ich dazu sagen soll und die ‚Es-tut-mir-Leid-Mitleidsschiene‘ mag ich ehrlich gesagt nicht bringen“, raufte der Sänger sich die Haare. „Ist schon okay. Es tut schon unendlich gut, wenn du mir einfach zuhörst. Bei Tian muss ich mich immer verstellen, aber bei dir brauche ich das nicht“, klang wirklich Dankbarkeit in Daisukes Stimme mit. „Wusste er denn von dem… Baby?“ „Wir wollten es ihm nächste Woche sagen, nach der nächsten Untersuchung, denn da hätten wir vom Frauenarzt erfahren, was es denn werden sollte. Nun ist es ja eh hinfällig und wir sind bei dem Stand, dass es der Mama im Moment einfach nicht gut geht… stimmt ja auch… irgendwie.“ „Aber dem Papa geht’s auch nicht gut“, brummte Kyo und zuckte leicht zusammen, als der Gitarrist laut auflachte. „Natürlich geht es mir nicht gut, aber deswegen kann ich mich nicht einfach in eine Ecke setzen und vor mich hin vegetieren, schließlich habe ich noch die Verantwortung für Tian.“ „Ich weiß, so war das doch auch nicht gemeint“, nuschelte der Sänger kleinlaut. „Sorry. Ich weiß im Moment einfach nicht wo mir der Kopf steht.“ Dem gab es nichts mehr hinzuzufügen. Ein wenig blieb Kyo bei Dai dann noch, aber irgendwann musste er auch wieder nach Hause und ein wenig widerwillig ließ er sich zur Tür raus schieben. Zwar glaubte er nicht daran das Daisuke großartigen Unsinn veranstalten würde, aber dennoch hätte er gerne noch ein Auge auf den schmalen Mann geworfen. „Guck nicht so. Ich komme schon zurecht“, schien dieser seinen Blick auch noch bemerkt zu haben. „Überzeugt mich aber nicht wirklich“, gab Kyo zu, allerdings war der Mann vor ihm schon lange erwachsen und konnte eigentlich auf sich selbst aufpassen. „Melde dich aber wenn was ist oder dir die Decke auf den Kopf fällt, ja?“, hakte der Sänger noch nach, da er wusste, das Tian bei seinen Großeltern und Daisuke somit alleine zu Hause war. „Werde ich machen“, nickte er und er knibbelte leicht an seinen Fingern rum. „Wirst du den anderen sagen … was Sache ist?“, fragte er noch leise und Kyo versteifte sich. „Zwar habe ich gesagt, ich melde mich sobald ich was weiß, aber ich bin mir nicht so sicher, ob es die richtige Entscheidung war…?“, gab er zu und eigentlich wollte er es den anderen auch nicht sagen. Es war Daisukes Sache und da hatte er eigentlich die Klappe zu halten. „Ich sag es selbst, wenn ich wieder komme“, wurde ihm zum Glück die Entscheidung abgenommen und ein wenig erleichtert fühlte Kyo sich schon. „Wird wohl aber nicht vor nächster Woche werden. Ich glaub ein paar Tage brauche ich noch…“, wurde der große Rote schon wieder leiser und darüber sollte er sich dann keine Gedanken machen müssen. „Nimm dir die Zeit, die du brauchst.“ Zwar würden der Manager und vor allem Kaoru sicherlich immer nachbohren, aber das war ihm egal. Mit wenigen Worten hatten sie sich dann auch verabschiedet und der Sänger wurde mit seinen Gedanken alleine gelassen, sobald die Haustür hinter ihm wieder ins Schloss gefallen war. Da wurde ihm jetzt aber ein ganz schön großer Brocken vor die Füße geworfen. In Gedanken versunken machte er sich nun auch auf den Heimweg und er wusste nicht so wirklich ob er seiner Frau davon erzählen sollte oder nicht. Allerdings musste Kyo einfach mit jemanden darüber reden, ansonsten würde er sich einfach zu viele Gedanken machen und das ist nicht gerade ein Thema, was man morgen Früh wieder vergessen hatte. Vorher aber würde er wohl oder übel noch einen Anruf tätigen müssen. Also kramte er sein Handy heraus und mit zittrigen Fingern wischte er auf dem Display herum, bis er Kaorus Nummer gefunden hatte. Noch einmal atmete er tief durch, ehe er auf den grünen Hörer drückte und das Handy sich ans Ohr drückte. Während er nun einen Fuß vor den anderen setzte ertönte immer wieder das Freizeichen. Kyo war schon kurz davor wieder aufzulegen, als der Leader schnaufend ran ging. Ein wenig irritiert zog er seine Augenbrauen hoch, doch eigentlich interessierte es ihn auch nicht, was der Ältere am anderen Ende der Leitung trieb. „Oi Kyo, was gibt’s?“, keuchte der dunkle Lockenkopf noch immer und langsam hatte er eine Ahnung, weswegen ihr Leader noch völlig aus der Puste war und das weibliche Kichern im Hintergrund verstärkte diesen Verdacht auch noch. So ein Bastard! Scheinbar machte der Gitarrist sich doch nicht so große Sorgen um ihren Rhythmusgitarristen wie erst gedacht. Okay, er wusste ja noch nicht was Sache war, aber trotzdem passte es dem Sänger irgendwie nicht in den Kram, dass ihr Leader sich amüsierte, während ein anderes Mitglied ihrer Band gerade mächtig vom Leben gefickt wurde. „Ehm… das kann warten, scheinbar störe ich nur“, brummte er und war dabei wieder aufzulegen, als er Kaoru ins Telefon brüllen hörte. Augenverdrehend nahm er es wieder richtig ans Ohr und brummte ein „Was?“, in den Hörer. „Was hast du bei Dai rausgefunden? Deswegen rufst du doch an, oder?“ Oh der werte Herr interessierte sich scheinbar doch für das Leben anderer, doch nun hatte Kyo keinen Bock mehr zu reden. Zwar kam er sich vor wie die Oberzicke schlechthin, aber der Tag war bis jetzt wirklich recht bescheiden verlaufen und die letzten Stunden hatten den Ausdruck Bescheiden noch immens nach unten gedrückt und abgefuckt passte da wohl gerade viel besser. „Das hatte ich vor, aber du scheinst gerade sehr abgelenkt zu sein“, atmete er tief durch, als er erneut das Kichern von Reiko hörte. Zwar gönnte er dem Leader sein Glück, aber im Moment war weibliche Ablenkung gerade das letzte, was er hören wollte. „Kyo, hör auf mit dem Mist. Nur weil ich gerade etwas… Spaß habe, heißt das noch lange nicht, dass ihr mir den Buckel runter rutschen könnt. Also sag schon.“ „Das kann ich nicht, er … will es euch selbst sagen. Aber… Dai kommt wohl erst nächste Woche wieder.“ „Jetzt sag nicht du hast dem zugestimmt?“ „Selbstverständlich habe ich dem zugestimmt. Ich mag zwar manchmal wie ein Arsch rüber kommen, aber ich bin keiner. Und da du eh nicht weißt, was Sache ist, halt den Ball flach und lass Dai einfach noch ein bisschen in Ruhe und nun vergnüg dich ruhig weiter. Hoffentlich wirst du später von Schuldgefühlen heimgesucht und aufgefressen!“, damit legte Kyo endgültig auf. Kapitel 84: Vierundachtzig -------------------------- Immer noch dampfend vor Wut riss Kyo die Wohnungstür beinahe schon gewaltsam auf und mit einem lauten Knall war sie kurz darauf auch schon wieder im Schloss eingerastet. Er rechnete schon mit einer Rüge seitens Yuna, doch die Wohnung blieb still. Das irritierte ihn jetzt doch ein bisschen und nachdem er seine Schuhe hatte fallen lassen, lief er in die Wohnung, um zu schauen wo seine Mädels abgeblieben waren. Doch egal wie oft er in die Küche oder ins Wohnzimmer oder in die Kinderzimmer sah, die drei blieben verschwunden. Das war jetzt nun wirklich sehr seltsam und ein bisschen überfordert schaute er auf seine Armbanduhr, die ihm mitteilte, dass Yuna die beiden Kinder wohl gerade erst aus der Kinderkrippe und dem Schulhort holte. Was jetzt wieder total merkwürdig war, da er dachte, dass es schon ziemlich spät am Abend war, denn warum sollte Kaoru sonst schon zu Hause sein und seine Freundin fic- Stopp! Nicht weiter daran denken, sonst würde noch ein Äderchen in Kyos Kopf platzen und dann hätte er den Salat. Sich totärgern wollte er dann doch nicht und erst recht nicht wegen Kaoru. Aber irgendwie konnte er sich trotzdem nicht ganz beruhigen, da er einfach nicht verstehen konnte, wie selbstverständlich Kaoru zu seinem Feierabendprogramm übergehen konnte. Selbst ihm waren in den letzten zwei Tagen die Gedanken immer wieder zu Daisuke geglitten und er war da nicht fähig gewesen um überhaupt etwas Sexuelles hervorzubringen. Aber gut, jeder ging damit anders um. Brummend, da er dennoch weiter über den Leader schimpfte, zog der Sänger sich zunächst ins Schlafzimmer zurück, wo er sich in eine bequeme Jogginghose schmiss und zudem noch ein ausgeleiertes T-Shirt seinen Weg an den Körper fand. Zwar sah er ein wenig verloddert aus, aber ihm war jetzt danach. Außerdem waren die Sachen bequem. Frisch umgezogen schnappte er sich noch seine alte Akustikgitarre und mit seinem Block zog er ins Wohnzimmer um. Auf dem Sofa fand er sofort seine Sitzekuhle und nachdem er seine Beine in den Schneidersitz gezwängt hatte, platzierte er die Gitarre auf seinem Schoß und begann leise vor sich hin zu spielen. Es waren keine Meisterstücke und er wollte gar nicht wissen wie viele Griffe er falsch anwendete, aber darum ging es jetzt auch nicht, sondern er wollte einfach seinen Frust über Kaoru freien Lauf lassen. Pah, sowas schimpfte sich Leader. Egoistischer Bastard würde besser passen. Ganz in seinen Gedanken versunken bemerkte Kyo gar nicht, wie die Wohnungstür leise aufgesperrt wurde und leise Kinderstimmen den Flur erfüllten. „Zieht ihr bitte eure Schuhe aus und stellt sie richtig hin … nein, nicht dahin, Eri…“ „Papa auch!“ „Ja, aber der Papa hat das Prinzip der Ordnung im Flur auch noch nicht verstanden. Da, neben Tsukis ist noch ein Platz frei und dort kannst du deine Schuhe hinstellen … ja, genau da hin … so und Papas stellen wir gleich daneben.“ Zwar hörte Kyo die Stimmen, aber das Gesprochene kam nicht wirklich bei ihm an, da er wie wild auf seinem Block kritzelte und sich dabei konzentriert auf die Zunge biss. Sein Stift flog beinahe schon übers Papier und hoffentlich konnte er die Zeichen dann später alle noch lesen, ansonsten wäre die Arbeit umsonst gewesen. „Was machst du denn schon hier? Wolltest du nicht zu Dai?“ Erschrocken, da die Stimme ganz nah an seinem Ohr gewesen war, zog der Sänger den Stift beinahe quer übers Blatt und sein Herz setzte für einen Moment aus. Keuchend schnappte er nach Luft und mit zitternden Händen griff er sich an die Brust. Ein Glück das er sich aus Reflex nicht noch auf die Zunge gebissen hatte, denn die wäre nun durch. Was für ein Teufelsweib! Und warum musste sie ihn so erschrecken? „Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken“, fuhr sie ihm leicht durch den Nacken und ein wenig entsetzt starrte Kyo die junge Frau an, die zunächst belustigt aus der Wäsche schaute, mit der Zeit dann aber doch immer besorgter zu werden schien. „Ist alles in Ordnung?“, fragte sie nun nach und ganz vorsichtig setzte sie sich neben Kyo, der noch immer kein Wort gesagt hatte. „Kyo, ich rede mit dir. Was ist denn los? Ist was passiert?“, fragte sie weiter und vorsichtig legte sie eine Hand auf seine Stirn. „Du machst mir gerade ein bisschen Angst, du bist so weiß wie eine Wand.“ „Geht… schon“, krächzte er endlich mal als Antwort, auch wenn diese nicht wirklich überzeugend klang. Sofort zog seine Frau auch eine Augenbraue nach oben und sie musterte ihn. Ob er wollte oder nicht, er kam sich ein wenig vor wie auf einem Präsentierteller. Aber vielleicht war es gar nicht mal so schlecht, dass Yuna schon ziemlich gut in ihm lesen konnte, denn das ersparte schon manches Mal unangenehme Situationen. Gerade als Yuna die Luft in ihre Lungen zog, da sie sicherlich etwas sagen wollte, vernahm er leises Getrampel, welches nur von kleinen Kinderfüßen stammen konnte. Keine Sekunde später kam auch schon Natsuki aufs Sofa gesprungen und sie kuschelte sich an die andere Seite von Kyo. Erina kam giggelnd hinterher und sie versuchte sich an seinen Beinen hoch zu ziehen. Vorsichtig reichte er seine Gitarre an Yuna weiter, die sie zur Seite stellte und hob das Kleinkind dann auf seinen Schoß, wo sie ihre Ärmchen sofort um seinen Hals schlang und doch tatsächlich ihre große Schwester beiseiteschob. „Hey ihr zwei“, murmelte er leise und er gab zuerst Natsuki ein Bussi, bevor er Erina eins auf den dunklen Haarschopf drückte. Beide lachten ihn an, wobei Natsuki ein bisschen skeptisch schaute. Er konnte sehen wie sie fragend zu Yuna schaute, die daraufhin mit den Schultern zuckte, was er an der Eruption des Sofas spürte. Erina schien davon nichts zu bemerken und sie stellte sich auf seinen Beinen auf, so dass sie ihn ein wenig überragte. Mit ihrem strahlensten Lachen schaute sie zu ihm runter, während sie leicht an seinen Ohren zog. Genau dieser Anblick versetzte ihm nun so einen Stich, dass ihm wirklich kurz die Luft wegblieb. Unweigerlich versuchte er sich vorzustellen, wie es gewesen wäre, wenn ihre Erina nicht bei ihnen wäre. Wie sie sie verloren hätten… Nein, nein, nein, das durfte er sich nicht vorstellen. Die kleine Maus war hier, bei ihnen und sie würde auch nicht mehr verschwinden. Nie mehr, dafür würde er sorgen, höchstpersönlich. „Tsuki, nimmst du Eri mal bitte mit in dein Zimmer“, hörte er nur gedämpft und dann wurde ihm sanft, aber bestimmt Erina aus den Händen genommen, die zwar protestierte, dann aber doch lieber mit ihrer Schwester mitging, da die Große immer so tolles Spielzeug hatte. „Kyo, was ist denn los?“, tauchte unterdessen Yunas Gesicht vor seinen Augen auf und er blinzelte ein wenig, da er sich nicht erklären konnte, wie sie so plötzlich vor ihm auftauchen konnte. „Was?“, murmelte er ein wenig überrannt und Kyo blinzelte hektisch und er war mehr als nur ein bisschen erschrocken, als sich daraufhin etwas Nasses aus seinen Wimpern löste und über seine Wange lief. „Ich hab dich gefragt, was los ist!?“, fragte Yuna nun wieder. „Was soll denn los … sein?“ „Stell dich nicht dumm. Du sitzt nicht einfach so auf dem Sofa und fängst an zu heulen, wenn du deine Tochter im Arm hast“, sagte sie nun ein wenig verärgert. „Erzähl endlich was Sache ist, du bist die ganze Zeit schon so komisch. Außerdem bist du verdammt blass und wenn du nicht zufällig ein paar Liter Blut verloren hast, wird es dafür dann doch sicher einen Grund geben.“ Oh man, Yuna war wirklich angepisst. Saß er wirklich so verstört auf dem Sofa rum? Aber konnte er ihr einfach so erzählen, was Daisuke ihm erzählt hatte? Durfte er das überhaupt? Allerdings wäre es beinahe reiner Selbstmord, würde er es weiterhin in sich hineinfressen, das hatte er sowieso schon viel zu lange getan. Ja, zwar wusste er es erst seit wenigen Stunden, aber dennoch war es schon viel zu lange, zudem es ihm wie Wochen vorkam. „Ich…“, begann er und unterbrach sich nach einem Wort schon wieder. „Hey“, wurde sein Gesicht nun von zwei sanften Händen gepackt und keine Sekunde später spürte er das angenehme Gewicht seiner Frau auf dem Schoß. Ganz automatisch legte Kyo seine Hände auf ihre Hüfte, zudem er mit den Dingern eh gerade nicht wusste wohin damit. „Hole einfach mal tief Luft und dann erzähle, was los ist.“ Luft holen konnte er. Also holte Kyo einmal tief Luft und entließ sie kurz darauf wieder. Bisschen mehr Sauerstoff konnte seinem Gehirn sicherlich nicht schaden. „Also … ich war bei Dai, wie gesagt. Und … ich weiß jetzt auch was los ist“, begann er. Aber eigentlich wollte er nicht aussprechen was er wusste, denn das klang so endgültig. „Und?“ „Und…“, scheiße man… er konnte doch nicht einfach sagen, dass „Das Baby… es… Noriko hatte eine Fehlgeburt.“ Also Yuna nichts sagte, öffnete der Sänger dann doch mal seine Augen, die er zusammen gekniffen hatte und er schaute in weit aufgerissene rehbraune Augen. „Was?“, hauchte sie nach Minuten atemlos und sie wirkte genauso geschockt, wie er sich fühlte. „Das ist ja schrecklich“, murmelte Yuna leise und Kyo konnte nichts anderes machen, als zustimmend zu nicken. „Wie geht’s Dai?“ „Beschissen, natürlich. So schlecht wie heute sah er wirklich noch nie aus“, seufzte er und so schrecklich dieses Thema auch war, irgendwie fühlte er sich besser, da er nicht mehr alleine mit dem Wissen herumlaufen musste. „Und Noriko?“, fragte Yuna ganz zaghaft. „Noch ist sie im Krankenhaus, hatte wohl mit dem Kreislauf Probleme“, nuschelte er und Kyo zog seine Frau dann einfach fest an sich heran und schlang seine Arme wie einen Schraubstock um sie. „… vorhin musste ich dran denken, wäre es uns mit Erina so ergangen… ihr fröhliches Lachen… die Freude, die in ihren Augen gestanden hat… das sollte Dai nicht gegönnt sein…“, zumindest nicht so schnell ein zweites Mal. „Hör auf! Sag sowas nicht“, schlug Yuna ihm leicht auf die Schulter, doch ihre Stimme klang ebenfalls tränenerstickt. „Nori und Dai… es wäre noch ein Junge geworden…“ „Kyo, bitte hör auf! … Bitte hör einfach auf…“, dann brach sie endgültig in Tränen aus und auch bei Kyo liefen sie stumm über die Wangen. „Bitte sag den anderen noch nichts, okay?“, murmelte er nach einer Weile und der Sänger schob seine Frau soweit von sich, dass er sie ansehen konnte ohne zu schielen. „Was? Warum?“ „Weil Dai es selbst machen möchte. Im Grunde geht es uns nichts an.“ „Aber wir sind seine Freunde.“ „Ja und Freunden vertraut man“, sagte er und er hätte Daisukes Vertrauen gebrochen, wenn durch ihn sein ‚Geheimnis‘ ans Tageslicht kommen würde, zumindest eher als gedacht. Kapitel 85: Fünfundachtzig -------------------------- Es waren wieder einige Tage ins Land gezogen und nun war schon wieder Dienstag. Am Wochenende hatte Kyo sich mit Absicht frei genommen, da er einfach immer noch stinkig auf Kaoru war. Dieser hatte in den letzten Tagen vergeblich versucht mit Kyo ins Gespräch zu kommen, doch er hatte wie ein bockiges Kind abgeblockt und den Gitarristen jedes Mal dumm stehen lassen. Klar, das war kein Benehmen eines erwachsenen Mannes, aber das sollte es auch nicht sein. Kaoru sollte einfach mal merken, dass sein Verhalten unter aller Sau war und er es einfach nicht nachvollziehen konnte, wie er sich ohne schlechtes Gewissen seiner Libido hingeben konnte. Zwar musste er ihm zugestehen, dass der Grund für Daisukes Verschwinden noch nicht gelüftet wurde, aber trotzdem müsste man sich doch aber dennoch Gedanken um seinen Freund und Bandkollegen machen, oder? Zumindest wollte Daisuke heute mal wieder zur Arbeit kommen und Kyo war ja schon ein bisschen aufgeregt. Der Gitarrist hatte ihm am Abend zuvor noch eine Nachricht zukommen lassen, dass er ab heute wieder auf der Matte stehen und zunächst einmal den anderen alles erklären würde. Allerdings hatte Kyo den anderen noch nicht gesagt, dass Daisuke bald durch die Tür schreiten würde, denn er wollte die überraschten Gesichter sehen. Ein bisschen später, als für ihn normal, kam Daisuke bald auch schon durch die Tür und Kaoru, Shinya und Toshiya sahen sehr überrascht, aber auch ein wenig schockiert aus, als sie den großen Roten sahen. Der Mann war immer noch ziemlich blass und seine Augen zierten dunkle Ringe, aber seine Wangen waren zumindest nicht mehr ganz so eingefallen, wie noch vor ein paar Tagen. Ein wenig mehr auf den Rippen täte ihm aber dennoch wieder gut. Leise vor sich hin murmelnd kam Daisuke weiter ins Rauminnere und zunächst steuerte er die Kaffeemaschine in der Küchennische an. Schnell war eine Tasse gefüllt und unschlüssig schlich er am Ende neben Kyo aufs Sofa. Noch immer hatte keiner etwas gesagt und die Stimmung war richtig ekelhaft, die im Raum herum waberte. „Schön, … das du auch mal wieder da bist…“, sagte Kaoru und auch wenn er es vielleicht verhindern wollte, es klang schnippisch und anklagend. Sofort setzte Kyo sich aufrecht hin und wollte dem Leader schon die Meinung geigen, als Daisuke ihn abhielt. „Nicht, er hat ja irgendwie recht.“ Mit großen, unverständlichen Augen schaute der Sänger den Rhythmusgitarristen an. Meinte der das jetzt wirklich ernst? Wenn es nach dem Sänger gegangen wäre, da hätte Daisuke noch viele weitere Tage zu Hause bleiben können. Wobei er sich vorstellen konnte, dass einem dann vielleicht doch mal die Decke auf den Kopf fallen würde und hier hatte er eine gute Ablenkung von seinen Alltagssorgen. Pah, Alltagssorgen! Daisukes jetzige Situation war alles andere, nur nicht alltäglich und Sorge war jämmerlich untertrieben. „Es gibt einen Grund, weswegen ich nicht kommen konnte“, begann der rothaarige Mann leise und er strich sich seufzend durch die Haare. Man sah richtig an, dass ihm das Thema überhaupt nicht gefiel, aber es musste einfach raus, sonst konnten sie die Band wohl gleich vergessen und das war das Letzte, was sie alle fünf wollten. „Hoffentlich einen guten“, brummte Kaoru wieder und Kyo warf ihm einfach seinen Stift an den Kopf. Konnte der Saftsack Daisuke nicht einfach erst mal anhören, bevor er ihn gleich wieder versuchte zusammen zu stauchen? „Kyo!“, brummte das Leadertier dann auch schon bedrohlich und der Sänger schoss ihm nur einen vernichtenden Blick zu, was Kaoru dazu veranlasste seine Augen zu Schlitzen werden zu lassen. Kyo hielt dem Blick stand und dachte gar nicht daran sich einschüchtern zu lassen. „Wenn ihr beide dann mal mit dem ‚Wer-zu-erst-wegsieht-hat-verloren-Spiel‘ fertig seid, würde ich gerne weiter erzählen“, atmete Daisuke tief durch und er brachte beide mit einem strengen Blick zum Zusammenzucken. Meine Fresse, so eine finstere Aura hatte der Sänger bei ihrem Gitarristen aber auch noch nie zu Gesicht bekommen und da er den dazugehörigen Blick nicht unbedingt noch einmal auf sich spüren wollte, lehnte er sich wieder zurück und trommelte ungeduldig mit seinen Fingern auf seinen Oberschenkeln herum. „Also… ich konnte nicht kommen, weil Noriko im Krankenhaus war und…“ „Und du auf Tian aufpassen musstest?“, grätschte Kaoru wieder dazwischen. Schnell biss der Sänger sich auf die Unterlippe, da er nicht schon wieder loswettern wollte, weil der Älteste nicht einfach erst mal zuhören konnte. „Was? Nein, der geht doch in den Kindergarten“, schüttelte Daisuke leicht irritiert den Kopf, bevor er wieder Luft holte. „Aber mit Noriko ist alles klar?“, hielt Toshiya es anscheinend nun nicht mehr aus und er sah Daisuke aus großen Bambiaugen an, der leicht in sich zusammen sackte. Kyo hatte richtig Mitleid mit ihm, da er scheinbar sein Leid einfach nicht loswerden durfte. „Eh… ja. In gewisser Weise“, murmelte Daisuke, bevor er sich wieder mehr aufrichtete und den Mund schon wieder zum Sprechen öffnete. „Und dem Baby? Dem geht’s doch auch gut, oder?“, quasselte Toshiya wieder dazwischen und unweigerlich zog Kyo scharf die Luft ein. Daisuke hingegen ließ seinen Mund wieder zuklappen und sackte nun vollkommen in sich zusammen. Alle Beherrschung war verschwunden und das leichte Beben, was das Sofa erschütterte ließ Kyo schlimmes erahnen. „Hab ich … was Falsches … gesagt?“, fragte der Bassist total verunsichert, nachdem er sich für eine kleine Weile das Schauspiel mit angesehen hatte. Schniefend schüttelte Daisuke daraufhin seinen Kopf und wischte sich mit dem Ärmel seines Pullovers über die Augen. „Nein Toshi, hast du nicht“, flüsterte er heißer und wischte energisch eine letzte Träne weg, die sich dreist noch aus seinen Augen gestohlen hatte. Dann erst schaute er auf und versuchte ein Lächeln hinzukriegen, was aber von vornherein zum Scheitern verurteilt war. „Aber du siehst irgendwie so aus“, murmelte Toshiya ganz leise und er zog mitleidig seine Augenbrauen zusammen. „Um auf deine Frage zurück zu kommen. Nein, dem Baby geht es nicht gut, weil … weil…“ „Wird es mit einer Behinderung auf die Welt kommen?“, wurde Daisuke erneut unterbrochen und Kyo würde es nicht wundern, wenn der Gitarrist bald die Schnauze voll und keine Lust mehr auf das Gespräch hätte, da er ja am laufenden Band unterbrochen wurde. „Nein… es wird gar nicht auf die Welt kommen.“ „Ihr habt euer Kind abtreiben lassen, weil es sonst behindert auf die Welt gekommen wäre?“, fragte nun der Leader fassungslos und allen anderen fiel die Kinnlade nach unten. „Bist du eigentlich bescheuert?“, keifte nun Kyo und zeigte dem ersten Gitarristen den Vogel. „Wenn einer bescheuert ist, dann die beiden. Ein Kind abtreiben lassen, nur weil es ein wenig eingeschränkt sein wird, wie krank ist das denn?“, schrie Kaoru und bei Kyo knallten sämtliche Sicherungen durch. Schnell wie der Blitz war er über den kleinen Couchtisch gesprungen und setzte gezielt seine Faust in Kaorus Gesicht. „Halt endlich deine verdammte Fresse und lass Dai doch einfach mal ausreden“, brüllte der Sänger zurück und schupste den Gitarristen zurück auf das Sofa, da dieser ebenfalls aufgesprungen war. Im Raum war es daraufhin Mucksmäuschen still und es traute sich nicht mal einer zu atmen, so gespannt war die Stimmung. Mit einem lauten „AAARGH“, raufte Kyo sich nun die Haare und stürmte aus dem Raum. Verdammte scheiße noch mal, hatte er Kaoru gerade wirklich ein paar auf die Zwölf gegeben? Nach dem Schmerz in seiner rechten Hand zu urteilen schon. „Ich bin sowas von tot“, schlug er mit der Linken nun an die nächstbeste Wand und jaulte im gleichen Moment auf, da er dumm einen Knochen erwischt hatte. Was sollte er denn nun bloß machen? Jetzt einfach wieder rein gehen? Dafür hatte er jetzt ehrlich gesagt nicht die Eier in der Hose. Die würde er für später noch früh genug zusammen kratzen müssen. Nach Hause gehen war auch keine Option, da sein Hausschlüssel und all seine anderen Sachen noch im Studioraum lagen. Kurz starrte er die Wand noch an, bis er sich einfach umdrehte, den Fahrstuhl anpeilte, mit diesem ein paar Etagen nach unten fuhr, an eine Tür klopfte und im nächsten Moment durch diese Tür donnerte. „Ich glaub ich hab gerade mörderische Scheiße gebaut!“ Kapitel 86: Sechsundachtzig --------------------------- Schwer atmend stand Kyo in Yunas Büro und er sah ihr zu, wie sie kurz erschrocken die Augen aufriss, sich dann aber wieder recht schnell entspannte und langsam aufstand. Jeden Schritt verfolgte er mit den Augen und das leise Klacken der Tür in seinem Rücken bekam er nur unbewusst mit. „Was ist denn passiert?“, stellte seine Frau die Frage sehr ruhig und aufmerksam sah sie ihn an. Kyo schluckte kräftig, doch der dicke Kloß, der in seinem Hals war, wollte einfach nicht verschwinden. „Ich hab Kao Paar in die Fresse gehauen“, beichtete der Sänger fassungslos und Yuna fiel auch eben mal das Gesicht zu Boden. „Du hast was?“, blieb ihr sichtlich die Spucke weg. „Kao eine übergebraten. Kao an meiner Faust schnüffeln lassen. Kao die Schnauze poliert. Kao den Friedhof rie-„ „Okay! Kyo, ich hab‘s verstanden“, hob Yuna stoppend eine Hand. Kyos Atem ging noch immer stoßweiße. „Aber warum hast du das getan?“ „Weil er Dai nicht mal ansatzweiße hat ausreden lassen und am Ende sogar irrsinnige Dinge zu unterstellen begann…“, murmelte er leise und Kyo hatte gerade wirklich Schiss, dass er damit alles vermasselt hatte. „Oh… was hat Kao denn gesagt?“, stellte sie ein wenig unsicher die Frage und Kyo sah sie ein wenig verzweifelt an, da er es eigentlich nicht wiederholen wollte. „Toshi wollte wissen ob es dem Kind gut geht und als Dai verneinte dachte er, dass es behindert wäre. Daraufhin meinte Dai, dass es das nicht wäre, sondern das Baby eben nie zur Welt kommen wird und da fing Kao an zu unterstellen, dass sie das Baby abgetrieben hätten, eben wegen der Behinderung und ja… irgendwie gingen die Pferde mit mir durch und… den Rest kennst du.“ Irgendwie klang das jetzt total dämlich in seinen Ohren. Dennoch würde er wohl wieder so reagieren und da wäre es egal, ob da ein Kaoru, oder gar der Kaiser persönlich vor ihm stehen würde. „Autsch“, verzog Yuna ihr Gesicht und ein wenig mitleidig sah sie Kyo an. „Aber irgendwie hat’s Kao auch verdient“, murmelte sie leise, was dem Sänger jetzt aber auch nicht wirklich weiter half. „Was soll ich denn jetzt machen?“, fuhr er sich durch die Haare und ließ sie in alle Richtungen zu Berge stehen. Kyo hatte wirklich schiss vor der nächsten Begegnung mit Kaoru. „Zunächst tief durchatmen und erst mal bisschen runter kommen. Die Sache wird sich sicherlich von alleine lösen.“ „Hast du mir zugehört? Ich hab Kaoru eine übergebraten! Wie soll sich das bitte von alleine klären?“ „In dem ihr euch so schnell wie möglich vielleicht mal zusammen setzt? Du weißt, das Kaoru eigentlich nie so ist, als muss es doch irgendwie einen Grund geben, weswegen er im Moment bisschen frei dreht“, zuckte Yuna mit den Schultern. „Bisschen ist gut“, murmelte Kyo unterdessen und er ließ sich seufzend an die Wand neben der Tür fallen. Deprimiert, da Daisukes Erscheinen so ausgeartet war, lehnte er seinen Kopf an die Wand und schloss für einen Moment die Augen. Kyo hörte, wie Yuna gerade Luft holte, um scheinbar noch etwas zu sagen, da polterte es an ihrer Tür und in der nächsten Sekunde wurde sie schwungvoll aufgerissen und der Sänger konnte gerade so noch sein Bein etwas nach vorn schnellen lassen. Das fing die Tür zum Glück ab, ansonsten würde wohl jetzt ein roter Fleck an seiner Stirn prangen. Memo an mich: Nicht mehr hinter die Tür stellen, sprach er sich im Geiste zu. „Hey Yuna. Sorry für die Störung, aber hast du Kyo gesehen? Ich muss unbedingt mit ihm reden“, hörte er Kaoru reden. Natürlich war seine Frau eine kleine Verräterin und er sah, wie eine Hand auf ihn zeigte, woraufhin die Tür endlich wieder von seiner Nase verschwand und dafür ein Kopf sich in sein Blickfeld schob. Der Kopf hatte dunkle braune Locken, ein Bärtchen und eine blau schimmernde Wange. Upps. „Wir müssen reden. Sofort!“, sagte Kaoru noch, ehe Kyo am Arm gepackt und hinter der Tür vorgezogen wurde. Ohne Widerstand ließ er sich einfach mitziehen, bis sie irgendwann im Café angekommen waren. Der Leader zog ihn weiter, bis sie zur wunderschönen Fensterfront kamen und Kyo musste daran denken, wie er das erste Mal mit Yuna hier gesessen hatte und wie sie ihm damals einfach nur zugehört und auch ein paar nützliche Tipps gegeben hatte. Kaum zu glauben, dass es schon wieder vier Jahre her sein soll. Aber deswegen war er jetzt nicht hier und er ließ sich einfach gegenüber von Kaoru plumpsen, der sich auch schon auf einem Stuhl nieder gelassen hatte. Da war er ja aber mal gespannt. Bevor der Leader aber den Mund aufmachte, orderte er für sie zwei Kaffee an, die kurz darauf vor ihren Nasen standen. „Hör zu. Das vorhin… es war scheiße, okay?“, seufzte es bald und Kyo brummte nur, sah aber nicht von seiner Kaffeetasse auf, wo wohlduftender Dampf empor stieg. „Ich hatte ja keine Ahnung, was bei Dai wirklich passiert ist.“ „Ja, weil du ihn nie hast ausreden lassen.“ „Ich weiß, war doof von mir, tut mir leid“, fuhr der Leader sich durch die Haare und er wirkte ziemlich fertig, wie Kyo für sich feststellte. „Bei mir musst du dich nicht entschuldigen. Du hast mich nicht als krank oder bescheuert betitelt“, sagte Kyo ruhig und er nahm einen Schluck des wohltuenden Gebräus. „Das musst du schon bei Dai machen.“ „Hab ich schon.“ „Dann ist ja gut.“ Schweigen entstand und Kyo leerte seine Tasse systematisch weiter, doch Kaoru redete einfach nicht weiter. „War‘s das dann jetzt?“, fragte Kyo und war bereit zum Gehen. Wenn der Ältere nichts mehr zu sagen hatte, da sah Kyo auch keinen Sinn mehr darin hier zu bleiben. „Weißt du, nur alleine der Gedanke daran, dass sie das Kind abgetrieben hätten, der hat mich irgendwie… wahnsinnig gemacht.“ Kyo hielt inne und lehnte sich wieder etwas zurück. Allerdings verkniff er sich den Kommentar, dass er es gemerkt hatte. „Frag mich nicht warum, aber irgendwie war der Gedanke so abscheulich, da hab ich nur noch Rot gesehen“, seufzte er wieder und stierte mit leeren Blick aus dem Fenster. Der Sänger saß ihm weiterhin musternd gegenüber. Der Leader wirkte traurig und irgendwie auch als hätte er unendliche Sehnsucht in sich drinnen. Umso mehr er darüber nachdachte, umso mehr konnte er sich auch vorstellen, nach was es den Leader suchtete. „Du hast echt nicht übertrieben, als du meintest, dass du auf Dai und mich eifersüchtig bist“, murmelte Kyo leise. Unweigerlich fragte er sich, seit wann sie alle zu solchen Pussys verkommen waren? Sie hatten sich doch nie Gedanken über Kinder oder eigene Familien gemacht. Nie dachten sie daran mal sesshaft zu werden. Und nun? Dai und er waren verheiratet und hatten Kinder und Kaoru drehte beinahe durch, weil es bei ihm noch nicht so weit war. Wie es bei Toshiya und Shinya aussah, das konnte der Sänger allerdings nicht wirklich einschätzen. Ihr Bassist wirkte da recht gelassen und er hatte so eine Ahnung, dass wenn es bei Toshiya mal so weit sein würde, dass es dann eben soweit war und er darum keine große Sache machte, sondern vielleicht einfach nur genoss und sein Leben weiter lebte. Allerdings würde er dafür zunächst einmal eine Frau brauchen und davon war bei ihrem Bassist bis jetzt auch noch nix zu sehen, wobei, manchmal ging es eben schneller, als man selbst annahm. Und Shinya? Zwar ging er wirklich sehr gut mit ihren Kiddies um, aber nur als Onkel. Er wirkte nie so, als ob er es für sich selbst ebenfalls wünschte, beziehungsweiße überhaupt in Betracht ziehen konnte. Scheinbar war er der einzige, der noch an ihren ‚Prinzipien‘ von vor knapp fünf Jahren festhielt. Verrückt was die Zeit so alles mit ihnen machte. „Ich versuche ja wirklich mich nicht verrückt zu machen und einfach nicht weiter darüber nachzudenken, aber hey, ich hab schon ‘ne Vier vorn stehen. Irgendwie sollte ich doch langsam mal anfangen, schließlich will ich nicht als Opa betitelt werden, obwohl ich der Vater bin.“ Was sollte Kyo jetzt noch dazu sagen? Irgendwie hatte Kaoru ja recht. „Und was sagt Reiko dazu?“ „Sie hätte gerne noch ein bisschen Zeit. Ich mein, so lange sind wir ja auch noch nicht zusammen und ich verstehe sie ja auch. Mein Kopf weiß das auch, aber mein Herz, das tut jedes Mal weh, wenn ich so einen kleinen Knirps sehe.“ „Scheiß Situation.“ „Eindeutig“, nickte der Leader und brachte seine Locken gleich noch ein bisschen mehr durcheinander, da seine Hand schon wieder durch die volle Mähne fuhr. „Aber was anderes, als dich in Geduld zu üben wird dir wohl nicht übrig bleiben.“, sagte Kyo. „Das sagst du so einfach. Warst du etwa nicht ungeduldig, als ihr Erina geplant habt?“ „Nein, weil sie einfach nicht geplant war.“, musste er nun grinsen. „Nicht?“, fragte Kaoru ein wenig verdattert. „Nein. Sie war eigentlich ein Unfall. Aber den würde ich jedes Mal wieder genauso machen“, zwinkerte er und irgendwie war der Sänger froh, dass die Stimmung jetzt ein bisschen aufgelockert war. „Ich dachte wirklich, ihr habt das geplant.“ „Mit Nichten. Wir hatten sogar schiss, dass Yuna nicht mehr in ihr Brautkleid passen würde, als wir es fünf Wochen vor der Hochzeit heraus gefunden hatten. Zum Glück fing erst danach ihr Bäuchlein richtig an zu wachsen“, gab er nun etwas Preis, was vorher noch niemand zu Ohren bekommen hatte. „Wow“, war der Leader sichtlich ergriffen und Kyo beobachtete, wie der Gitarrist sich die Arme rieb, wo eine Dicke Gänsehaut zu sehen war. „Tut mir übrigens leid“, musste er sich dann doch mal entschuldigen und zaghaft deutete der Sänger auf Kaorus Wange, die leicht geschwollen war und blau und lila schimmerte. Er konnte sich gar nicht mehr richtig daran erinnern, dass er wirklich so stark zugeschlagen hatte, aber in seiner Wut hatte Kyo das sicherlich einfach nicht bemerkt. „Nein, ist schon in Ordnung. Wenn nicht du, ein anderer hätte es bestimmt auch getan“, grinste Kaoru ein wenig schief und Kyo erwiderte es leicht. „Wollen wir wieder runter gehen? Vielleicht kriegen wir ja noch eine kleine Jamsession hin, das lenkt Dai bestimmt auch ein wenig ab“, fragte der Leader wenig später und dieser sah Kyo fragend an. Und da der Sänger auch keine bessere Idee hatte, nickte er einfach und zusammen fuhren sie wieder auf ihre Etage, alle bereit als Dir en grey weiter zu machen. Kapitel 87: Siebenundachtzig ---------------------------- In dem nächsten halben Jahr passierte dann erst mal nichts außergewöhnliches, außer dass Daisuke sie einige Male zusammen stauchte, dass sie ihn doch nicht wie ein rohes Ei behandeln sollten, dass sie eine dreiwöchige Amerikatour hinter sich brachten, dass ein neues Jahr anbrach und das Tian und Erina ihren fünften, beziehungsweiße zweiten, Geburtstag zusammen im Januar feierten. Die Geburtstage waren nun auch schon wieder ein paar Tage her und Kyo zog sich gerade seine Jacke über, da er Erina aus der Kinderkrippe abholen musste. Natsuki würde er auf dem halben Weg auch noch einsammeln und dann musste er mit den beiden Kindern zum Kinderarzt. Irgendeine Impfung stand an, doch um welche es sich genau handelte, dass wusste der Sänger nicht, weil sich darum meist Yuna kümmerte. Doch diese hatte am heutigen Tag ebenfalls einen Termin, der nur durch geistige Umnachtung entstanden sein konnte, da beide Termine auf den gleichen Tag fielen und das bei ihnen eigentlich tunlichst vermieden wurde. Aber sie hatte drauf bestanden ihren Frauenarzttermin wahrnehmen zu wollen. Gut, bitte. Dann eben nicht. Dabei hatte er immer gedacht sie konnte diesen erniedrigenden Stuhl nicht ausstehen und wollte es immer vermeiden darauf zu klettern. „Bis Morgen“, rief der kurzgeschorene Sänger in den Raum und zog sich seine warme Mütze noch über die beinahe kahle Rübe. Ja, es war wirklich nicht die beste Idee gewesen noch vor der Tour den Rasierer auf sein Haupt abzusetzen, aber nun war es eh zu spät. Allerdings war die Pflege seiner ‚Haare‘ sehr leicht ausgefallen und das hatte enorme Zeit gespart, die er da lieber mit schlafen oder skypen verbracht hatte. Zwar war es immer schwierig gewesen seine Familie vor die Linse zu bekommen, aber jedes Mal war es ein Erlebnis gewesen und wenn er nur für zwei Minuten alle drei Mädels gesehen hatte. Das hatte ihm trotzdem weitere Kraft für die Tour gegeben, auch wenn die Tränen beim Abschied immer weh taten und ihm selbst jedes Mal Hochwasser gedroht hatte. Zumindest musste eine Mütze bei den kalten Januartemperaturen herhalten, denn der dünne Flaum auf seinem Kopf war definitiv noch nicht wieder zum Wärmen bereit. Seine Tasche schwang er sich schnell über die Schulter, dann marschierte er auch schon aus dem Gebäude und stopfte seine Hände in die Tiefen seiner Daunenjacke, sobald er nach draußen getreten war. Eine ekelhaft, kalte Briese wehte ihm um die Nase und er zog sofort seine Schultern hoch, da die Kälte wirklich überall hinein kroch. Mit schnellen und langen Schritten brachte er den Weg zur Kinderkrippe hinter sich und seufzend entspannte er sich, als er in das warme Gebäude trat. Ein wenig zog er seinen Reißverschluss nach unten und er zog sich die Mütze vom Kopf, die er in eine Jackentasche stopfte. Nun gemütlich schlenderte er durch die schmalen Gänge und blieb vor dem Zimmer stehen, in dem er wusste, dass Erina sich da meistens aufhielt. Da die Tür offen war, trat er einen Schritt ein und stellte sich gleich etwas zur Seite, da nach ihm ebenfalls noch ein Elternteil hinein wollte. Suchend schaute er sich um, bis er seine jüngste Tochter entdeckte, die gerade mit einem gezielten Tritt einen riesigen Turm aus Bauklötzen zum Zusammenbrechen brachte. Der Junge neben ihr fing an zu weinen und Erina selbst klatschte erfreut in ihre Hände. Eindeutig kamen da mal wieder seine Gene durch, da ihm seine Eltern von ihm auch solche identischen Storys erzählt hatten. Geduldig lehnte er sich an die Wand und nickte kurz einer Erzieherin zu, welche ihn mittlerweile entdeckt hatte. Zwar hätte er Erina auch rufen können, aber bisschen Zeit hatten sie noch, also wollte er sehen, wann sie von selbst auf ihn aufmerksam wurde. Seine Geduld wurde ganz schön auf die Probe gestellt, doch als ihr heulender Spielkamerad abgeholt wurde, sah auch sie endlich mal auf und dann dauerte es nicht mehr lange, bis sie mit einem herzlichen Lachen auf ihn zugerannt kam. Grinsend ging er in die Hocke und knuddelte sie anschließend durch, als sie sich mit einem lauten „Papa“, in seine Arme geworfen hatte. Da er aus Erfahrung wusste, dass die Kleine gerne mit ihm weiter spielen wollte, hob er sie gleich auf seine Arme und brachte sie zur Garderobe. Auf einer kleinen Bank setzte er das Mädchen ab und zog ihr die Hausschuhe von den Füßen. Ordnungsgemäß stellte er sie in das vorgesehene Fach und holte ihre Straßenschuhe hervor. Diese stellte er aber erst zur Seite, da die Kleine vorher noch in ihre Winterhose schlüpfen musste, welche er jetzt suchte. Beinahe jeden Haken ging er durch und beim Vorletzten wurde Kyo auch endlich fündig. Sofort schnappte er sich die lilafarbene Thermolatzhose, mit samt der dicken Jacke, und ging wieder zurück, um nur noch das Paar Wintersiefel seiner Tochter vorzufinden. „Eri?“, fragte Kyo verwundert und ein bisschen verloren drehte er sich um die eigene Achse, doch das Mädchen war für den ersten Moment nicht zu erblicken. „Oh Mann“, murmelte er und schmiss die Hose, samt Jacke, auf die Bank, damit er sich auf die Suche nach der kleinen Ausreißerin machen konnte. Drei Zimmer weiter fand er das Mädchen, wie sie neugierig mit anderen Kindern in einer Ecke um etwas herum stand. Verwundert zog der Sänger die Augenbrauen zusammen und ging ebenfalls drauf zu. Nach wenigen Schritten erkannte er auch schon, was denn die ganze Aufmerksamkeit auf sich zog und er grinste leicht, als er ein weißes Fellbüschel durch einen Käfig hopsen sah. Die kleinen Schlappohren hingen beinahe auf dem Boden des Käfigs und überall hing ein bisschen Stroh und Heu an den kleinen Ohren, was wohl beim Hoppeln hängen geblieben war. So wie es aussah hatten die älteren Kinder, die schon in den Kindergarten gingen, Haustiere, die sie tagsüber versorgen durften. „Eri-chan, was rennst du denn weg?“, fragte er, obwohl es dennoch offensichtlich war. „Papa, will auch haben“, sagte sie, schaute kurz zu ihm und deutete auf den Käfig mit dem weißen Hasen, bevor sie wieder mit der Nase an dem kleinen Gitter klebte. „Nein, das geht nicht“, seufzte er innerlich und ging nun direkt auf sein Mädchen zu. „Nun komm, Natsuki wartet bestimmt schon auf uns.“ Und der Arzt wahrscheinlich auch, aber das sagte er mal lieber nicht, da die Kleine ein wenig empfindlich war, was das Wort Arzt anging. „Nein“, sagte sie wieder und rührte sich keinen Millimeter. Kyo verdrehte seine Augen und schnappte sich die Kleine dann einfach. Selbstverständlich passte ihr das überhaupt nicht, aber gegen ihren Dickkopf und die trotzigen Schreiattaken war er inzwischen immun und Erina konnte brüllen so laut und lange sie wollte. Bald wieder im Flur angekommen setzte er sie wieder ab, hielt sie aber mit einer Hand fest, da er die Befürchtung hatte, dass sie sonst wieder stiften gehen könnte. Ein wenig umständlich zog er ihr dann endlich die Winterhose an und er war beruhigt, als sie endlich an dem Mädchen saß. Schnell wickelte er ihr noch ein warmes Tuch um den Hals und zog ihr die Winterstiefel an, bevor er ihr in die Jacke half, die rosa Mütze auf den Wuschelkopf platzierte und ihr kleinen Hände auch noch in Handschuhe steckte. Jetzt watschelte Erina zwar ein bisschen wie ein neugeborener Pinguin durch die Gegend, aber besser so, als wenn sie später frieren würde. „Deinen Rucksack auch noch“, hielt er ihr die kleine Tasche hin und mit geübten griffen schlüpfte sie rein und Kyo legte die Riemchen noch ordentlich auf ihren Schultern ab. Erst dann zog er sich ebenfalls seine Mütze wieder über und diesmal kramte er sich noch seinen Schal und seine Handschuhe aus der Tasche. Er hatte es auf dem kurzen Weg zur Grippe schon bereut und da der Weg zum Kinderarzt ein bisschen länger war und er ebenfalls ein gutes Vorbild für seine Kinder sein musste, nutzte er die Teile dann jetzt doch. Zusammen verließen sie dann die Kinderkrippe und Kyo ließ sie immer vor sich her laufen. Er achtete genau auf alles und nur wenn er die Gefahr nicht einschätzen konnte oder sie genau kannte, nahm er sie an die Hand. Die kleine Trotzphase, vom vorm Anziehen, war schon wieder überwunden und Erina plapperte fröhlich vor sich hin und erzählte Kyo mittlerweile zum fünften Mal wie sie den Turm mit den Bauklötzen umgeschmissen hatte. So erreichten sie wenig später Natsukis Schule, wo das Mädchen schon bibbernd draußen stand und ungeduldig wartete. „Da seid ihr ja endlich“, lief sie los, sobald sie in Blickkontakt standen und Kyo grinste entschuldigend. „Sorry Süße“, nahm er sie kurz in den Arm und drückte ihr ein Küsschen auf die Wange. „Ist schon gut, können wir nach Hause? Mir ist kalt“, murmelte Natsuki und sie nahm wie selbstverständlich Kyos Hand, was ihn nach wie vor sehr stolz machte. Sie war nun beinahe neun Jahre alt und trotzdem wurde sie scheinbar nie müde seine Hand zu nehmen und sich von ihm führen zu lassen. Nach wie vor hatten sie eine sehr enge, liebevolle Beziehung zueinander und wenn einer vor fünf Jahren gesagt hätte, dass er mal so eine tolle Familie hätte, dem hätte er aber gehörig einen Vogel gezeigt. „Nein, wir müssen erst noch zum Kinderarzt“, antwortete Kyo, flüsterte das letzte Wort aber, damit Erina nicht jetzt schon verrücktspielte. Natsuki sah allerdings auch nicht gerade begeistert aus, was Kyo lachen ließ. „Nichts schlimmes, ich glaube nur allgemeiner Check und eine Impfung.“ „Urgh. Muss das sein? Mir geht’s doch gut“, sah Natsuki ihn leidend an. „Ja, das muss sein“, schmunzelte er. Eine halbe Stunde später saßen sie im Wartezimmer und Erina versuchte mit aller Kraft ihn von seinem Stuhl zu zerren, da sie hier einfach wegwollte. Und als das nichts brachte rannte sie selbst zur Tür und wollte schon nach draußen stürmen, ein Glück das sie noch nicht ganz an die Türklinke heran kam. Allerdings war es schon doof gewesen, als die Tür von außen aufgemacht wurde und das Mädchen blitzschnell hindurch gehuscht war. Sehr weit war Erina da zwar auch nicht gekommen, aber dennoch hatte der Sänger aufstehen müssen um sie wieder einzufangen. Seit dem hatte er sie auch nicht mehr von seinem Schoß runter gelassen und Erina ignorierte ihn seit dem rigoros und wenn ihre Blicke mal aufeinander trafen, dann versenkte sie ihm beinahe die Augenbrauen, so feurig wütend war sie. Ernst bleiben konnte er dabei allerdings nicht, denn es sah nach wie vor zu niedlich aus und wenn nicht die Gefahr bestünde, dass sie ihm das Gesicht zerkratzen würde, würde er sie für die Blicke immer wieder abknutschen. Weitere Minuten vergingen, wo Natsuki in der Spielecke saß und Erina weiterhin die Zicke raushängen ließ, bis sie aufgerufen wurden. Wiederwillig erhob sich seine Älteste und mit Erina auf dem Arm ging er hinter ihr her. Zusammen betraten sie das Behandlungszimmer und wie auf Knopfdruck war Kyo nicht mehr der Böse, sondern die gute Schutzwand, die Erina doch bitte vor dem bösen Doktor beschützen sollte. Schmunzelnd streichelte er über ihren Rücken und murmelte ihr beruhigende Worte zu, während der Arzt sich da eben zunächst um Natsuki kümmerte, die alles ohne einen Mucks von sich zu geben überstand. „Schau mal, Tsuki-chan ist schon fertig und es ist gar nix passiert“, sagte er sanft und drehte sich leicht, damit Erina auf ihre große Schwester schauen konnte, die aufmunternd den Daumen nach oben streckte. Schnell schüttelte das kleine Mädchen den Kopf und drückte ihr Gesicht in Kyos Halsbeuge. Leise seufzend kraulte er ihr den Nacken und sah den Arzt entschuldigend an, der nur milde lächelte. Da sie aber das Behandlungszimmer nicht bis zum Feierabend besetzen konnten, setzte er das Mädchen dann doch mal sanft auf die Liege ab. Sofort versuchte sie wieder auf seine Arme zu kommen, doch Kyo wich flink aus und schaffte es sogar sie frei zu machen, damit der Arzt sie schnell untersuchen konnte. Dass es Erina nicht gefiel, davon konnten sich auch die Wartenden im Wartezimmer überzeugen und ein wenig grinste Kyo, ob er wollte oder nicht. Wie zu erwarten passierte bei der Untersuchung nix und selbst die Impfung bekam das Mädchen gar nicht richtig mit, da sie viel zu sehr in ihrer Hysterie gefangen war. Ein buntes Pflaster wurde ihr noch auf den Arm gedrückt, dann durfte Kyo sie wieder anziehen und mit jedem Kleidungsstück wurde Erina auch wieder ruhiger, bis sie nur noch leise schniefte und den Sänger mit verheulten Augen ansah. Mit lobenden Worten beugte der Arzt sich ein letztes Mal zu der kleinen Patientin und hielt ihr einen gelben Lolli hin. Sofort drehte sich Erina weg und hob ihre Arme Kyo entgegen, der sie bereitwillig aufnahm. „Danke, die Nummer zieht bei ihr nicht“, lachte er verhalten. Der Arzt guckte verdutzt aus der Wäsche und reichte den Lolli dann einfach an Natsuki weiter, die dafür eben zwei bekam. Was bei Erina nicht zog, das klappte bei Natsuki doppelt und triumphierend grinste diese ihren Vater auch gleich an. Lachend wuschelte er ihr durch die Haare und dann machten sie sich daran die Praxis endlich zu verlassen. Zu Hause waren sie letzten Endes schnell und Natsuki präsentierte Yuna sofort ihre Geschenke, die sie abgestaubt hatte. Auch Erina nahm die junge Frau gleich für sich ein und sie beschwerte sich in ihrer kleinkindlichen Sprache, wie der böse Mann irgendwas mit ihr veranstaltet hatte und der Papa nur böse daneben gestanden und zugeschaut hatte. Das nahm der Sänger als Zeichen und er setzte sich ins Schlafzimmer ab, wo er sich in ein paar warme und bequeme Sachen schmiss. Seine Geldbörse fischte er noch aus der hinteren Tasche seiner Hose und warf sie auf die Kommode, die gleich neben der Tür stand. Allerdings hatte das schwere Ding wohl zu viel Schwung, denn er traf damit Yunas Handtasche, die scheppernd auf den Boden flog und ihren Inhalt auf dem Schlafzimmerteppich verteilte. „Shit“, brummte Kyo und ohne jegliche Motivation begann er Yunas Utensilien einzusammeln. Er hatte beinahe alles wieder in der Tasche drin, da fiel ihm eine Art Pass in die Hände und als er den neugierig aufschlug, sprang ihm ein Schwarzweißbild in die Finger und seine Atmung setzte für einen Moment aus. Das war doch jetzt nicht etwa ein …? Kapitel 88: Achtundachtzig -------------------------- Wie schon die letzten beiden Tage, saß der Sänger total in seinen Gedanken versunken da und starrte beinahe Löcher in die Holzplatte des Tisches, an dem er saß. Rings um ihn herum die restlichen Kollegen von Sukekiyo, die alle brav Fragen des Radiomoderators beantworteten. Nur Kyo hielt sich zurück, da er sich einfach nicht darauf konzentrieren konnte. Die Moderatoren der Radiosendung hatten es sogar schon aufgegeben ihn direkt anzusprechen, was ihm sehr lieb war, da sie eh nur kurze Antworten bekommen hatten. Meistens ein ‚Ja‘ oder ein ‚Nein‘, wahlweiße auch ein ‚Eeeh? ‘, in Verbindung mit einem erschrockenen Zusammenzucken, da sie ihn kurz aus seinen Gedanken gerissen hatten. Doch er wusste einfach nicht, wie er mit der Neuigkeit umgehen sollte. Zwar hatte Yuna ihm auch noch nichts davon erzählt, aber das Ultraschallbild war ja wohl Beweis genug, zudem ja auch der Name der Mutter – welche eindeutig Yuna war – und das aktuelle Datum drauf zu sehen gewesen waren. Davon mal abgesehen, das Kyo sowieso noch keinem etwas sagen konnte, da Yuna wie gesagt noch kein Wort darüber verloren hatte, wie sollte er das seinen Bandkollegen erklären? Gut, Toshiya und Shinya schieden bei der Sorge aus, denn die beiden interessierte es eh nicht, zumindest nicht in der Weise wie Kaoru und Daisuke. Und genau die beiden waren sein Problem. Na ja gut, Problem war jetzt auch zu viel gesagt, aber Kyo hatte ehrlich gesagt mehr Angst vor Daisukes Reaktion als vor Kaorus. Der Leader würde sicherlich einen kleinen Tobsuchtanfall erleiden, ein wenig wie ein Stier durchs Studio trampeln und sich dann erschöpft aufs Sofa sinken lassen, nur um Kyo danach mit einem leichten Lächeln zu gratulieren. Aber vielleicht täuschte er sich da auch und der Leader würde in sich zusammen sacken und ein langes Gesicht ziehen, da bei ihm immer noch keine Familienvergrößerung an stand. Zumindest hatte er noch nichts davon verlauten lassen. Und auch Kaorus Freundin – deren Namen er schon wieder vergessen hatte – hatte auch noch nicht den Eindruck gemacht, als wäre in den nächsten Monaten irgendwas geplant. Dabei wusste der Sänger wie sehr Kaoru sich nach seiner eigenen kleinen Familie verzehrte. Trotz allem, wurde ihm regelrecht schlecht, wenn er daran dachte, wie er es Daisuke beibringen sollte. Die Fehlgeburt war nun schon ein halbes Jahr her. Noriko und der rothaarige Gitarrist wirkten eigentlich wieder ganz normal, aber der Sänger sah dennoch ganz genau, dass Daisuke immer noch nicht ganz der Alte war. Dieses fröhliche, beinahe lausbubenhafte Glitzern in dessen Augen fehlte einfach noch immer. Wahrscheinlich wird es auch für immer erloschen sein, oder zumindest noch für eine ganz lange Zeit, man konnte es nicht sagen. Selbstverständlich konnten sie dem Gitarristen in der Hinsicht auch keinen Vorwurf machen, da sie alle nicht wussten, wie sich so eine niederschmetternde Nachricht anfühlte. Wenn Kyo ehrlich war, wollte er auch nie in so einer Situation sein. Allerdings wanderte doch immer wieder unweigerlich der Gedanke in seinen Kopf, ob es sie, also Yuna und ihn, nicht auch treffen könnte. Man dachte dabei nämlich eigentlich immer, dass vorher irgendwas gewesen sein musste. Irgendwelche Krankheiten, zu viel Stress, Vorgeschichten aus der Verwandtschaft, irgendwie so etwas. Doch das war bei Noriko alles nicht der Fall gewesen und so stressig und kompliziert konnte Tian bei weitem auch nicht sein. Auch wenn der Junge immer noch zu viel Power unterm Arsch hatte, der Knirps hörte auf seine Eltern, wenn die ihn zusammen pfiffen. Wenn sie manchmal nicht viel im Griff hatten, aber ihre Erziehung war tadellos. Manchmal beschlich Kyo das Gefühl, dass er sich in dieser Hinsicht vielleicht sogar noch eine Scheibe abschneiden könnte. Nur zu gerne tanzte, vor allem, Erina ihm auf der Nase herum, allerdings wusste er im nächsten Moment auch schon wieder, dass es da wohl an den Genen lag, denn weder Yuna, noch er waren in dieser Hinsicht immer leicht zu handeln und sie versuchten beide immer wieder ihren Dickschädel durchzubringen, warum also sollte ihr Kind da anders sein?! Trotzdem musste er irgendwie mit seiner Frau darüber reden, dass sie sich unbedingt aus ihrem Arbeitsalltag zurück ziehen musste, damit eben alles gut verlief und nicht noch so ein Schicksal die Welt erschütterte. Aber wie sollte er das machen, wenn sie ihm von ihrer Schwangerschaft noch nichts erzählt hatte? Würde er jetzt einfach so mit der Anweisung ankommen, da würde der Sänger sich doch gleich selbst verraten, auch wenn es nur Zufall gewesen war, dass er den Mutterpass gefunden hatte. Ach man, das war doch alles Kacke und ihm rauchte schon wieder der Kopf, da in den letzten beiden Tagen immer wieder das gleiche durch seinen Schädel donnerte und er trotzdem keinen Schritt weiter kam. Vielleicht sollte er auch einfach mit der Wahrheit heraus rücken und Yuna sachlich erklären, dass er durch Zufall von der Schwangerschaft erfahren hatte. Mehr als ihm den Kopf abreißen konnte sie eh nicht… Hoffte er zumindest. Bei Yuna war er sich da nicht so sicher. Diese war sehr einfallsreich in ihren Varianten sich zu rächen, wenn er mal wieder was verbockt hatte und mit den Schwangerschaftshormonen verstärkte sich der Einfallsreichtum gleich noch um einiges mehr. Zu allem Überfluss hing sich Whisky da auch immer noch mit rein und egal wie viel Futter und weiche Decken er dem Hund dann überließ, wenn Yuna auf ihn stinkig war, dann war es der Mops ebenfalls, scheinbar als moralische Unterstützung. Da half keine Bestechung. Aber es half alles nichts. Kyo wollte einfach nicht, dass seine Frau schwanger arbeitete, auch wenn sie die meiste Zeit hinterm Schreibtisch saß. Auch die geistige Arbeit war sehr anstrengend und wenn sie in der Hinsicht Stress hatte, dann hatte der Fötus ebenfalls Stress. Nun war er allerdings vollkommen davon abgekommen, wie Daisuke reagieren würde, wenn er ihm erzählte, dass er noch einmal Papa werden würde. Würde der große Rote sich freuen? Würde er es einfach so hinnehmen, vielleicht ein bisschen geknickt dasitzen? Oder würde er vielleicht sogar in Tränen ausbrechen, da er wieder an die Zeit von vor einem halben Jahr erinnert wurde? Der Sänger wusste nicht, welche Reaktion ihm davon am liebsten war. Er konnte sich alle drei vorstellen, dann aber irgendwie auch wieder nicht. Hätte nicht jemand anders vorher noch die glorreiche Idee haben können, sich unbedingt vermehren zu müssen? Kaoru zum Beispiel. Das wäre doch das Beste überhaupt gewesen. Kyo wäre fein aus dem Schneider, was die Erklärung betraf und der Leader würde auch endlich seine Familie bekommen. Aber nein, natürlich musste er wieder der erste sein, der seinen Schwanz nicht unter Kontrolle hatte. Gut, bei Yuna hatte er sein Ding nie unter Kontrolle, denn alleine diese Frau hatte die Kontrolle über dieses Körperteil, aber das musste man ja jetzt nicht unbedingt so breitfächern. Nun tauchte aber eine ganz andere Frage in seinem Kopf auf. Wann hatte er das letzte Mal ungeschützten Verkehr mit seiner Frau? Da musste Kyo nun wirklich überlegen und wenn er mal so genau darüber nachdachte, hatte er, seit dem sie von der Amerikatour wieder da waren, also immerhin schon über fünf Wochen, keinen Gummi mehr um seinen kleinen Freund gehabt! Warum war er da nicht eher auf die Idee gekommen, dass da irgendwas nicht so war, wie es eigentlich sein sollte? Manchmal war er wirklich sehr Begriffsstutzig. Und vor der Tour? Oh… „Alles klar bei dir?“, wurde er im nächsten Moment von der Seite an gestupst und ein besorgter Takumi schaute ihn an. „Ehh… ja…“, murmelte der Sänger leise zurück und er unterdrückte den Drang sich müde durchs Gesicht zu fahren. „Sicher? Du bist gerade verdammt blass geworden“, flüsterte der andere zurück und der Sänger hätte beinahe aufgelacht. Ja, wenn er zu der Erkenntnis gekommen wäre, wie Kyo gerade, dann wäre ihm wohl auch jegliche Farbe aus dem Gesicht gewichen. „Sicher“, nickte er nur noch und lehnte sich wieder zurück. Auf die Frage vom Moderator, ob alles in Ordnung wäre, nickte er nur, ehe er sich wieder ausklinkte. An dem Abend, bevor sie nach Amerika aufgebrochen waren, da hatten sie Sturmfrei und es natürlich hemmungslos ausgenutzt. Nach einigen Runden – wie auch immer er die alle überstanden hatte – waren ihnen die Gummis ausgegangen und sie hatten die letzte Runde einfach ohne jeglichen Schutz getan. Weder Yuna noch er hatten überhaupt daran gedacht, dass sie von dem einem Mal schwanger werden konnte. Tja, so falsch konnte man liegen. Unweigerlich musste der Sänger jetzt allerdings grinsen, da er am nächsten Tag von allen aufgezogen worden war, das er aussah wie frisch ausgekotzt oder extrem durchgevögelt. Die anderen vier konnten sich in der Hinsicht nicht wirklich entscheiden und Kyo hatte dazu auch nichts gesagt. Fakt war nur, dass er in dieser Nacht so gut wie keinen Schlaf bekommen hatte und dennoch war es die beste Nacht seit langem gewesen. Nichtsdestotrotz sollte er einfach mit Yuna darüber reden und vielleicht hatte sie auch ein paar Tipps bezüglich seiner Bandkollegen. Sonst würde er noch vollends verrückt werden und so wie der Moderator schon guckte, war dieser kurz davor ihm den Hals umzudrehen, da er sich noch keine Sekunde an dem Gespräch aufrichtig beteiligt hatte und eigentlich ging es ja hauptsächlich um sein Projekt. Dann sollte er zumindest die letzten fünf Minuten, denn so lange sollte das Interview noch dauern, wenn er den Zeiten Glauben schenken durfte, welche vor ihm auf einem Blatt Papier standen, zuhören und so tun wie als ob… wobei… auf die letzten Minuten ist dann auch geschissen und der Sänger ließ sich einfach wieder in seine Gedanken fallen und ging erneut alles noch einmal durch. Kapitel 89: Neunundachtzig -------------------------- „Was ist das?“, schallte es durch die Wohnung, als Kyo endlich durch die Tür trat. „Was bedeutet sieben plus fünf? Und warum steht da dein Name drauf und was bedeutet eigentlich das Bild, was da drin ist? Das sieht irgendwie aus wie so eins, was ihr mir gezeigt habt, als ihr meintet, dass bald ein Baby kommt. Bekommst du ein Baby?“ Bitte? Der Sänger blieb in seiner Bewegung verharrt stehen und lauschte mit angehaltenem Atem Natsuki, die eine Frage nach der anderen durch die Wohnung feuerte. „Wo hast du das denn her? Du solltest doch nur die Taschentücher aus meiner Tasche holen“, vernahm er nun Yunas Stimme, die mehr als erschrocken klang. „Das war mit in deiner Tasche und ich musste es erst rausnehmen, damit ich an die Taschentücher ran kam“, erklärte Natsuki ungeniert. „Aber deswegen haben deine Augen trotzdem nichts in dem Buch zu suchen.“ „Aber ich will trotzdem wissen was das bedeutet. Sagst du es mir, bitte?“ Der Sänger konnte sich richtig vorstellen, wie Natsuki um Yuna herum sprang und aus ihr alle nötigen Informationen heraus quetschte. „Nein.“ „Bitte, Mama“, bettelte das Mädchen und der Sänger grinste. Wie des Öfteren kam Natsuki ihm wunderbar unbewusst zur Hilfe und leise schlich er sich endlich mal ins Innere der Wohnung und ohne ein Geräusch zu machen, ließ er seine Schuhe fallen und schlich in die Küche, wo Yuna an der Theke stand, den Mutterpass an sich presste und neben ihr Natsuki, die sie beinahe vor Neugierde ansprang. „Nein“, sagte sie wieder und Kyo versuchte sich das breite Grinsen aus dem Gesicht zu wischen, bevor er endgültig in die Küche trat. „Verrätst du es dann wenigstens mir?“, fragte er. „Kyo!“, rief Yuna daraufhin erschrocken aus und drehte sich zu ihm um, ehe die gesamte Farbe aus ihrem Gesicht wich. Hoffentlich kippte sie jetzt nicht um, das musste nicht unbedingt sein. Er konnte sehen, wie sie zuerst versuchen wollte den Mutterpass zu verstecken, doch dann ließ sie die Schultern einen Augenblick hängen, bevor sie sie wieder straffte und ihm den Pass nun entgegen hielt. Der machte ein paar Schritte auf die beiden Mädels zu und nahm das kleine Ding entgegen und schlug es auf. Sein Herz hämmerte wie verrückt in seiner Brust, doch als er das zweite Mal einen Blick auf das Bild warf, durchströmte ihn eine zufriedene und auch Stolze Wärme und ein seliges Lächeln schlich sich auf seine Züge. „Du drehst nicht durch?“, fragte Yuna leicht entsetzt, als er nach einigen Minuten immer noch nichts gesagt, sondern nur das Bild angestarrt hatte. Kurz musste er sich Räuspern, bevor er antworten konnte. „Nein, warum sollte ich durchdrehen?“, fragte er ergriffen, obwohl er vor zwei Tagen im Schlafzimmer wirklich kurz vorm Durchdrehen gewesen war. „Weil … wir eigentlich kein weiteres Kind mehr bekommen wollten?“, fragte sie zaghaft und es wirkte auf ihn beinahe so, als wollte sie sich verstecken. „Tsuki-chan, würdest du uns bitte kurz alleine lassen? Mama und ich müssen mal einen Moment unter vier Augen reden“, sagte er sanft zu seiner Tochter, die kurz eine Schnute zog, dann aber nickte. „Okay, ich gehe mal nach Eri gucken“, damit drehte sie sich um und Kyo war mit seiner Frau allein, die er zu allererst in seine Arme zog. „Stimmt, wir wollten kein weiteres Kind, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass nun doch eines unterwegs ist. Und bevor du irgendwas aus der Luft greifst, wir sind beide da dran schuld, okay? Nicht du, nicht ich, sondern wir“, sagte er sanft und drückte seiner Frau einen Kuss auf die Lippen. „Seit wann weißt du das eigentlich?“, erkundigte der Sänger sich nach einigen Minuten in denen sie nur schweigend dagestanden hatten. „Seit knapp vier Wochen.“ „Was? Schon seit vier Wochen?“, schob er die junge Frau dann nun doch etwas von sich weg, hielt sie aber an den Schultern fest und sah sie an. „Warum hast du denn nichts gesagt?“ „Na ja… ich wusste nicht so recht wie und dann ist da ja noch die Sache mit Dai und Nori und ihrem Baby. Ich hab Angst, dass uns das auch passieren könnte. Das ich viel zu früh die Nachricht verkünde und das dann vielleicht doch was passiert und jeder bekommt es mit, das will ich einfach nicht“, nuschelte sie und Kyo sah ganz genau, wie die Augen seiner Frau feucht wurden und sich sogar eine freche Träne traute aus ihrem Augenwinkel zu laufen. Oh man, so kannte er Yuna gar nicht und ihre Hormone schienen jetzt schon verrückt zu spielen, auch wenn sie erst in der siebenten Woche war. „Ich bin doch aber nicht alle anderen, sondern dein Mann und der Vater dieses Kindes“, erwiderte Kyo sanft und vorsichtig wischte er mit dem Daumen die kleine Träne weg. „Ja, aber wenn doch was passieren sollte? Es ist doch noch so früh.“ „Dann stehen wir das gemeinsam durch und nicht nur du alleine. Außerdem hat das auch nicht viel zu sagen, wie weit du bist. Wenn du dich erinnerst, Noriko war schon über der ‚gefährlichen Zeit‘ und trotzdem war das Schicksal ein Arschloch.“ „Soll mich das jetzt beruhigen?“, fragte sie mit tränenerstickter Stimme, doch Kyo konnte auch ein leises Lächeln heraus hören. „Ich hatte es gehofft“, schmunzelte er und umarmte sie noch einmal fest. „Ich muss dir aber auch noch was gestehen“, durchbrach er bald wieder die Stille. Es musste einfach raus, Kyo konnte nicht anders. „Hm? Was denn?“, fragte sie und der Sänger spürte richtig, wie sie sich in seinen Armen versteifte. „Das du schwanger bist, … das wusste ich bereits“, murmelte er leise. „Wie? Woher denn? Man sieht doch noch gar nichts“, schaute Yuna ihn nun perplex an und der ehemals blonde Japaner fuhr sich kurz durch seine Haare. „Nein, tut man nicht. Aber mir ist vorgestern deine Tasche von der Kommode gefallen, als ich dran gestoßen bin und da fielen beinahe deine gesamten Habseligkeiten raus, auch der Mutterpass …“ „Und da hast du natürlich rein geguckt.“ „Ja“, nickte der Sänger und sah sie unsicher an. „Tut mir leid, wirklich, ich wollte nicht schnüffeln, aber wenn einem so ein Teil vor die Füße fällt…“ „… dann will man wissen warum?!“, beendete Yuna seinen Satz. „Genau.“ „Das erklärt auch deine ruhige Reaktion, du konntest dich mit dem Gedanken schon anfreunden“, wirkte Yuna irgendwie auch ziemlich erleichtert. „Ja, das schon“, murmelte er und drückte seine Nase an Yunas Halsbeuge, die so verführerisch duftete. „Aber?“, hakte sie nach und der Sänger zuckte kurz zusammen, als sie ihre kühlen Hände unter sein T-Shirt schob und sich dann noch etwas mehr an ihn kuschelte. „Wie werden die anderen reagieren? Wie wird Dai reagieren? Seine Reaktion kann ich eigentlich überhaupt nicht einschätzen“, gestand er. „Gute Frage. Aber vielleicht wird es gar nicht so schlimm, wie du es dir ausmalst“, versuchte nun Yuna optimistisch zu sein, doch Kyo zuckte nur mit den Schultern. „Oder es wird sogar schlimmer.“ „Wie auch immer. Lass uns erst mal die nächsten Wochen abwarten und dann schauen wir weiter, vielleicht klärt sich ja auch alles von ganz allein.“ Kapitel 90: Neunzig ------------------- Wie recht Yuna doch haben sollte, dass sich nach einigen Wochen alles von alleine klären würde. Kyo saß immer noch wie versteinert und offenem Munde, auf dem Sofa in ihrem Studio, da und starrte seinen rothaarigen Kollegen an, der mit einem Tausendwatt Grinsen vor ihnen saß und stolz verkündete, dass er – nun alle mal festhalten – in fünf Monaten vor hatte wieder Papa zu werden. In fünf Monaten! Genau wie Kyo! In fünf Monaten sollte es auch bei ihnen so weit sein. Heilige Scheiße. War das jetzt gut, oder schlecht? Wahrscheinlich ein bisschen was von beidem. „Und was sagt ihr? Ist das nicht toll?“, war der Gitarrist aufgedreht wie ein Hamster auf Speed und wenn Kyo nicht so geschockt von der Nachricht wäre, dann würde er sich wirklich freuen. Okay, er freute sich tatsächlich, auch wenn er im Moment garantiert nicht so aussah. „Was ist los, Kyo? Du wirkst nicht sehr erfreut“, stupste Daisuke ihn dann schon an und als er Sänger seinen Blick hob, erkannte er Enttäuschung in dessen Augen. Aber nicht nur Enttäuschung, auch ein Glitzern, welches er schon seit einem dreiviertel Jahr nicht mehr sehen durfte, war darin zu erkennen. Endlich war es wieder da und doch war der Sänger ein wenig vor den Kopf gestoßen. „Doch. Ich freue mich für euch, wirklich.“, nickte er hastig, fuhr sich dann aber durch seine Haare, die schon wieder ordentlich nachgewachsen waren, und nun aussahen wie frisch aus dem Bett gefallen. „Aber?“, hakte der große Rote nach. Was hatte er denn jetzt eigentlich auf einmal? Kyo hatte sich Wochenlang den Kopf darüber zerbrochen, wie schlimm es werden würde, wenn er von Yunas Schwangerschaft erzählte, und nun? Nun wurde ihm die beste Gelegenheit dazu geboten und er war dabei den Schwanz einzuziehen. „Ich…“ „Du findest es zu schnell, richtig?“ „Huh?“, war er nun verwirrt. Zu schnell? Von was bitte sprach Daisuke da? „Die Schwangerschaft. Du bist bestimmt der Meinung, dass wir uns noch ein wenig Zeit hätten lassen sollen“, erklärte der Gitarrist und er wirkte unsicher. „Das dachte ich eigentlich auch, aber dann ist es einfach passiert. Es kam für uns selbst überraschend, aber wir bereuen nicht, dass es nun doch dazu gekommen ist“, plapperte Daisuke weiter, überspielte so seine Unsicherheit, und Kyo hatte gar keine Chance etwas zu sagen. „Diesmal haben wir auch länger gewartet, mit verkünden der Nachricht, obwohl das ja leider auch keine Garantie ist, wie wir alle nun wissen, aber wir sind wirklich optimistisch, dass es diesmal klappen wird, zudem Noriko strenge Ruhe verordnet bekommen hat. Also reg dich bitte nicht zu sehr darüber auf, es ist ja nicht dein Leben.“ „Dai, wenn du unseren Sänger mal das Wort überlassen würdest, wüsstest du bestimmt schon, was er eigentlich sagen wollte, denn er sieht nicht so aus, als würde er euch dafür verurteilen.“ „Wirklich? Aber warum guckt er denn dann so geschockt?“ „WeilichauchinfünfMonatenwiederPapawerde“, ratterte der Sänger ohne Luft zu holen runter und zog danach scharf die Luft in seine Lungen. Seine Augen hatte er fest zusammen gekniffen. Da aber nur das Ticken der kleinen Uhr zu vernehmen war, öffnete er doch mal nach ein paar Minuten seine Augen und sah in vier braune Augenpaare, die ihn blinzelnd anschauten. „Bitte noch mal zum Mitschreiben!“, verlangte Kaoru mit offenem Mund. „Yuna ist schwanger. In fünf Monaten ist ebenfalls der Geburtstermin.“ „SAGT MAL HABT IHR ALLE GEFICKT?“, schrie plötzlich der Leader los und alle zuckten zusammen. Kyo verkniff es sich zu sagen, dass es nur dadurch zu genau diesen Situationen hatte kommen können, denn die Frage war eindeutig rhetorisch gemeint. Nun war wohl der kleine Tobsuchtanfall an der Reihe, vor dem Kyo sich schon ein bisschen gefürchtet hatte. Wenn er jetzt allerdings so darüber nachdachte und ihren Leader beobachtete, dann fand er doch recht amüsant, wie das Leadertier durch den Raum fegte und beinahe den einen Stuhl mitnahm und sich nur noch mit rudernden Armen halten und sich somit vor einem Sturz bewahren konnte. „Nun reg dich mal nicht so auf, das ist doch eine schöne Nachricht“, schien nicht mal das Daisukes gute Laune zu verderben und selbst bei Kyo schlich sich ein Lächeln ins Gesicht, angesteckt von Daisukes Freude. „Für euch vielleicht, aber nicht für mich“, blaffte Kaoru, ehe er sich die Haare raufte und sich schnaufend auf das Sofa fallen ließ. „Irgendwann werdet ihr vor lauter Kinder keine Zeit mehr für die Band haben.“ „Bist du eigentlich bescheuert? Hatten wir jemals keine Zeit für die Band? Wir reißen uns immer den Arsch auf, wenn wir hier sind, und noch viel mehr. Also gönn uns unser privates Glück. Wenn es bei dir noch nicht so weit ist, dafür können wir nichts, also halt den Ball flach und atme mal ganz tief durch die Schlüppi“, sagte Kyo ruhig, aber mit einem scharfen Unterton in der Stimme. So was musste er sich von niemanden sagen lassen und schon gar nicht von einem Kaoru Niikura, der gerade wohl in einer Art Midlife crisis steckte. Außerdem wusste der Lockenkopf ganz genau, dass die Band für alle an erster Stelle stand. „Hast ja recht, sorry“, seufzte der Leader irgendwann leise. „Aber eure Neuigkeiten sind gerade eingeschlagen wie eine Bombe.“ „Deswegen musst du dich aber nicht wie der letzte Arsch benehmen, Kao“, meinte Kyo ruhig. „Was denkst du, warum ich so doof aus der Wäsche geguckt hab, als Dai von Norikos Schwangerschaft erzählt hat. Nicht, weil ich es für zu schnell halte, sondern weil ich mir die letzten Wochen den Kopf darüber zerbrochen habe, wie ich es dir und vor allem Dai beibringen sollte, das ausgerechnet ich wieder für Nachwuchs gesorgt habe.“ „Glaubst du ehrlich ich hätte dir den Kopf abgerissen? Da bin ich aber enttäuscht“, mischte sich nun Daisuke ein, doch der Sänger schüttelte seinen Kopf. „Nein, ich hatte eher Bedenken, dass du wieder an die schlimme Zeit erinnert wirst und das wollte ich eben vermeiden. Deswegen war ich wirklich mehr als erstaunt, dass ausgerechnet du uns mit der Nachricht zuerst die Bude eingerannt hast.“ „Und was hat das mit mir zu tun?“, fragte nun Kaoru. „Kaoru, du wirst wirklich langsam alt, wenn du nicht mal mehr daraus einen Schluss ziehen kannst“, verdrehte nun ihr Bassist die Augen. „Darf ich dich an deine Reaktion erinnern, als Kyo vor fünf Minuten von seiner erneuten Vaterschaft erzählt hat? Ich glaube Kyo hat sich zwei Möglichkeiten ausgerechnet, abgesehen von Daisukes Reaktionen darauf“, sprach Toshiya weiter und Kaoru zog eine Augenbraue nach oben. „Und die da wären?“ „Entweder du drehst durch, so wie du es auch getan hast, oder du bist deprimiert und sitzt stumm in deinem Stuhl, hab ich recht?“, wandte der Bassist sich nun an Kyo, welcher nickte. „Genau.“ „Bin ich wirklich so leicht zu durchschauen?“ „Nein“, musste Kyo nun den Kopf schütteln. „Du bist nur ein bisschen traurig, dass Reiko dir noch nicht solch eine Nachricht überbringen konnte, von deiner Sehnsucht mal ganz zu schweigen. Und das macht dich mürbe im Kopf und deine Gefühle fahren deswegen ein wenig Achterbahn, was sich auch auf deine Launen und Reaktionen über irgendwelche Neuigkeiten niederschlagen“, versuchte der Sänger es irgendwie zu erklären und die anderen nickten bekräftigend. „Der letzte Teil klingt irgendwie so, als wäre ich in den Wechseljahren.“ „Das vielleicht auch.“ Kapitel 91: Einundneunzig ------------------------- Die Ereignisse des Tages steckten Kyo noch immer in den Knochen und das sah man ihm sicherlich auch an. Sein Hemd hing halb aus seiner Hose, seine Haare standen noch immer in alle Richtungen ab und seine Schuhe hatte er auch nicht richtig zugebunden, zumindest den einen, der sich zwischendurch mal gelöst hatte. Zudem hatte sein Hemd noch etliche Knitterfalten bekommen, da er beinahe den ganzen Tag auf dem Sofa gelümmelt hatte. Statt wirklich zu arbeiten hatten sie eigentlich den ganzen restlichen Tag geredet und all ihre Sorgen besprochen, auch was in den nächsten Monaten so an stand und das eine größere Tour wohl erst mal nicht in ihren Plan passte. Zumindest in Daisukes und auch Kyo konnte darauf das nächste Jahr ganz gut verzichten, jedenfalls auf die Auslandsaufenthalte. Japan direkt war da ja nun nicht das ganz große Problem, da sie dort ja schnell mal von A nach B oder auch nach Z gelangen konnten. Und ohne ihre Fans wären sie wirklich aufgeschmissen, weswegen sie nicht gänzlich auf Konzerte verzichten wollten, zudem sie das als Liveband ja auch ausmachte. Linkisch strich er sich seine Schuhe von den Füßen und ließ sie, wie immer, einfach im Flur liegen. Warum er sich nie um den nächsten Handgriff bemühte, das wusste der Sänger selbst nicht, aber so lange er denken konnte, ließ er seine Schuhe liegen, wo sie ihm von den Füßen fielen. „Papa, da hin“, wurde er dieses Mal aber ertappt und Erina stand mit den Händen an den Hüften vor ihm und sah ihn ernst an, bevor sie mit ihrem kleinen linken Zeigefinger auf die Schuhbank zeigte, wo von den restlichen Familienmitgliedern die Treter standen. „Dann räum du sie doch weg“, murmelte er und entledigte sich zunächst seiner Jacke. „Nein, du!“, blieb sie beharrlich und die Kleine ging auch keinen Schritt rüber, damit er seine Jacke an der Garderobe anbringen konnte. „Eri~“, zog er ihren Namen lang und versuchte sie etwas zur Seite zu schieben, doch das Mädchen stand da, wie ein Fels in der Brandung. „Papa, wegmachen“, zeigte sie immer noch auf seine Schuhe und sah ihn mit ihren rehbraunen Augen ernst an. „Du bist so hartnäckig wie die Mama, weißt du das?“, seufzte er und ging nun wirklich zu seinen Schuhen und stellte sie fein säuberlich auf die kleine Holzbank. „Papa lieb“, strahlte Erina ihn im nächsten Moment an und sie streckte ihre Ärmchen nach ihm aus. Lachend schüttelte er seinen Kopf, hängte zunächst seine Jacke nun wirklich an die Garderobe und nahm das Mädchen dann auf seine Arme, die ihn dafür einen feuchten Kuss auf die Wange drückte. Bereitwillig gab er ihr einen zurück und das Strahlen in den kleinen Augen machte ihn mal wieder zum glücklichsten Mann der Welt. „Wo sind denn Mama und Tsuki?“, fragte er und strich ihr eine verirrte Strähne aus den Augen, woraufhin Erina kurz blinzelte. „Malen am Tisch“, plapperte sie und zeigte auf die Tür, die ins Wohnzimmer führte. „Da lass uns mal gucken, was die beiden schönes malen“, setzte er sich mit ihr in Bewegung und tatsächlich fand er die beiden am Tisch, allerdings malten sie nicht, sondern die beiden saßen über Natsukis Hausaufgaben. „Tadaima“, murmelte er und beide Köpfe zuckten nach oben und sahen ihn überrascht an. „Was?“, fragte er verwirrt und er fragte sich, ob er irgendwas verpasst hatte. „Nichts. Ist bloß überraschend, dass du schon hier bist“, antwortete Yuna gleich und Natsuki nickte zustimmend. „Ich kann auch wieder gehen…“, sagte Kyo und erntete dafür einen leichten Schlag von Yuna auf den Oberarm, der nicht Erina oben hielt, da sie schon auf ihn zugekommen war. „Untersteh dich“, grinste sie und begrüßte ihn mit einem Kuss. „Eri auch!“, beschwerte sich gleich das kleine Wesen auf seinem Arm und Yuna, sowie Kyo, drückten ihr gleichzeitig einen Kuss auf jeweils eine Wange. Quietschend schlug sie ihre Hände zusammen und lachte beide an, was nun alle Anwesenden zum Lachen brachte. Yuna kümmerte sich danach weiterhin um Natsukis Hausaufgaben, während Kyo sich Erina annahm und mit ihr ein wenig spielte. So verging auch die Zeit und irgendwann rief Natsuki nach ihm, die sich nun auch ihre Kuscheleinheiten abholen wollte. Da er auch nicht mehr lange auf dem Fußboden sitzen konnte, stand Kyo auch gleich auf und musste sich zunächst einmal strecken. In seinem ganzen Körper knackte es und seine jüngste Tochter schaute ihn mit großen Augen an. „Papa wird alt“, grinste er daraufhin nach unten und seine Tochter schaute ihn nun an, als hätte er sie nicht mehr alle. Lachend zog er das Mädchen dann einfach auf ihre eigenen Beine und nahm sie an die Hand, so dass sie gemeinsam ins Wohnzimmer gehen konnten, wo Natsuki schon auf dem Sofa saß und darauf wartete, dass er sich endlich zu ihr gesellte. „Will auch mit kuscheln“, hüpfte Erina los und Kyo musste ihre Hand los lassen, sonst hätte es sicherlich noch einen unschönen Unfall gegeben. Das Mädchen hüpfte an dem Sofa hoch, konnte sich aber nicht wirklich halten und rutschte wieder runter. „Da musst du wohl noch etwas wachsen“, griente Natsuki Erina nun an, die sich nicht beirren ließ und weiterhin versuchte ihren Hintern auf das weiche Polster zu wuchten. Ihre große Schwester tat aber keinen Handschlag, sondern beobachtete dies alles amüsiert. Das musste er ihr lassen, wenn Natsuki wollte, konnte sie auch eine ganz schöne Hexe sein. „Na hoch mit dir, das kann man sich ja gar nicht mit angucken“, griff der Sänger dann aber mal lieber ein und mit einer einzigen Bewegung hatte er das Kleinkind gepackt und aufs Sofa gehoben, wo sie nun darauf herum krabbelte, sich aber doch recht weit weg von ihrer Schwester platzierte. „Na ihr habt euch heute scheinbar auch wieder sehr lieb, oder?“, schmunzelte er über die kleinen Rivalitäten der Geschwister und setzte sich zwischen die beiden. „Wir haben uns immer lieb“, grinste Natsuki und zeigte ihm eine neue Zahnlücke, die gestern Abend noch nicht dagewesen war. „Fehlt da schon wieder einer?“, fragte er und deutete auf die kleine Zahnlücke in ihrem Mund. „Ja, der ist mir in der Schule rausgefallen, als ich in den Apfel gebissen habe“, brummelte Natsuki und verschränkte schmollend die Arme vor ihrem Oberkörper. „Warum müssen denn auch alle rausfallen? Das nervt.“ „Weil die Zähne unten drunter nun mal raus wollen, aber die halten dann auch für dein ganzes Leben, vorausgesetzt du pflegst sie auch ordentlich“, erklärte er. „Und so wie die bei dir im Moment alle rausfallen, dauert es nicht mehr lange, bis alle Milchzähne verschwunden und die anderen nachgewachsen sind.“ Okay, ein paar Jahre wird es wohl noch dauern, aber das musste er Natsuki doch nicht auf die Nase binden. „Ist trotzdem doof“, schmollte sie noch immer und Kyo konnte nicht anders, als zu grinsen. Da er auch nichts weiter darauf zu antworten wusste, zog er sie dann einfach in seine Arme und knuddelte sie ordentlich durch. Das rief Erina wieder auf den Plan und sie quetschte sich unter Kyos anderen Arm und kuschelte sich an seine andere Seite. Beiden strich er sanft durch die Haare und äußerst entspannt lehnte der Sänger sich nun gänzlich zurück und schloss für einen Moment seine Augen. Nur nebenbei bekam er mit, wie noch etwas auf seinen Schoß sprang und es sich auch noch auf ihm gemütlich machte. „Na ihr habt es aber gut“, ertönte irgendwann Yunas Stimme und Kyos Kopf ruckte ein wenig nach oben. Gegen das grelle Licht blinzelnd versuchte er seine Sicht wieder scharf werden zu lassen, doch das dauerte einen Moment. Gott, so wie er sich fühlte musste der Sänger eingeschlafen sein. Sein Blick wanderte an ihm herunter, wo die beiden Mädchen auch noch an ihn gekuschelt saßen und auch die beiden schauten aus kleinen Augen in die Welt. Der einzige, der sich nicht rührte war Whisky, der zusammen gerollt auf seinem Schoß lag und leise vor sich hin schnarchte. „Das wird mein Lieblingsbild werden“, lenkte Yuna die Aufmerksamkeit wieder auf sich und kaum hatten alle drei nach vorn geguckt, leuchtete ein Blitz auf und alle auf dem Sofa zuckten kurz zusammen. „Ihr drei seht aus, als hätte ich euch aus dem Tiefschlaf gerissen“, lachte diese unmögliche Frau einfach weiter und sie hielt die Kamera vor sich hin und beschaute sich das Foto, bevor sie vor Entzücken aufjauchzte. „Aber noch sei es euch gegönnt, in fünf Monaten ist es damit vorbei“, zwinkerte Yuna ein letztes Mal und dann drehte sie sich um und verließ das Wohnzimmer in Richtung Küche. „Ich glaub sie hat uns voll erwischt“, gähnte Kyo und auch Natsuki nickte. Nur Erina kuschelte sich wieder mehr an Kyo und lehnte ihren Kopf zusätzlich an Whiskys. Der Sänger wusste zwar nicht, wie das bequem sein sollte, aber gut, so lange Erina sich wohl fühlte würde er sie auch lassen. „Mama bekommt wirklich noch ein Baby?“, nuschelte Natsuki irgendwann leise, so dass Kyo sie beinahe nicht verstanden hätte. „Ja, wir bekommen noch ein Baby.“ „Aber ich will nicht noch eine kleine Schwester haben. Die reicht doch“, zeigte Natsuki auf Erina und Kyo biss sich schnell auf die Unterlippe, bevor er noch in lachen ausbrach. „Vielleicht wird es ja auch ein kleiner Bruder?!“ „Hm… muss das sein? Ein Baby reicht doch.“ „Es wird ja auch nur ein Baby“, zumindest hatte der Arzt noch nichts anderes gesagt. „Papa, ich rede von Erina.“ „Ach Süße. Erina ist kein Baby mehr.“ „Du weißt ganz genau was ich meine“, brummte sie. Ja, das wusste er, doch er mochte diese kleinen Neckereien zwischen Natsuki und sich. „Also ich freue mich auf das Baby.“ „Wirklich?“ „Ja, warum denn auch nicht?“ „Weil das wieder so laut schreien wird, wie Eri als sie ganz klein war“, schmollte Natsuki weiter und Kyo seufzte innerlich. Hoffentlich ging das mal gut, wenn das Baby auf der Welt war, denn dass sie jetzt schon so abblockte, das gefiel Kyo überhaupt nicht. „Als du so klein warst, hast du auch ganz viel geschrien. Das machen alle Babys, aber irgendwann hören sie auch mal wieder damit auf“, erklärte er sachlich und spielte mit einer langen Strähne von Natsukis Haaren. „Ich hab bestimmt nicht so viel geschrien. Das glaube ich nicht“, schüttelte Natsuki ihren Kopf. „Jedes Baby schreit. Ob viel oder weniger viel, das ist eine andere Geschichte, aber auch du hattest sicherlich mal deine fünf Minuten“, auch wenn er es nicht wusste, er konnte es sich denken. „Und was ist, wenn ihr uns durch das neue Baby nicht mehr so lieb habt?“ Daher wehte also der Wind. „Das wird nicht passieren. Wenn, dann haben wir euch alle drei gleich doll lieb. Jeden auf seine Art und Weise“, antwortete der Sänger und drückte Natsuki einen Kuss auf die Stirn. „Wirklich?“ „Indianerehrenwort“, und wenn er könnte, würde er ihr auch die Geste dazu machen, doch da beide Mädchen und ein fauler Hund auf ihm lagen, klappte das beim besten Willen nicht. „Dann ist ja gut.“ Sie kuschelten noch ein bisschen, bis die Kinder wieder ihre Energiereserven aufgestockt hatten und durch die Kinderzimmer tobten. Da bis jetzt noch nichts zu Bruch gegangen war, ließ der Sänger sie einfach noch ein bisschen und ging stattdessen in die Küche, wo Yuna am Herd stand, in einer Zeitschrift blätterte und nebenbei in einem Topf rührte. Gemütlich schlich er sich an sie heran und der wieder blonde Japaner legte seine Arme von hinten um sie und ließ seine Hände zärtlich auf ihrem Bauch zur Ruhe kommen, wo er nur leicht mit seinen Daumen ein paar Streicheleinheiten ausführte. Viel merkte man noch nicht von ihrer Schwangerschaft, doch eine kleine Wölbung war unter ihrer engen Bluse doch schon zu sehen und genau über die freute sich der Sänger jeden Tag mehr. „Wenn der Topf bald doppelt so voll ist, hat die Suppe gekotzt“, murmelte er seiner Frau ins Ohr, welche dann verwirrt aufsah. Sie schaute kurz zum Topf, hörte auf zu rühren, dann guckte sie kurz zu Kyo, ehe sie wieder auf den Herd schaute und verdattert den Löffel aus der Suppe zog und auf einem kleinen Teller auf der Theke ablegte. Lachend drückte der Sänger seiner Frau einen Kuss auf die Wange und löste sich wieder von ihr um sich ein Glas Wasser zu nehmen. Er spürte genau wie Yuna ihn beobachtete, doch er holte sich gemächlich ein Glas aus dem Schrank, ging zum Kühlschrank um eine Flasche Wasser heraus zu holen, ging wieder zur Theke, goss sich etwas ins Glas und stellte die Flasche danach zurück in den Kühlschrank. Erst dann drehte er sich um und nahm nebenbei einen Schluck des kühlen Getränks. „Irgendwie wirkst du ein wenig… durch den Wind“, stellte Yuna dann fest und sie legte sogar ihren Kopf ein wenig schief, während sie ihn musterte. „Das sagt die richtige“, schmunzelte er, während Yunas Wangen einen sanften Rotton annahmen. „Bei mir sind es die Hormone, was ist deine Ausrede“, fing sich die junge Frau aber schnell wieder und Kyo lachte kurz. „In etwa das gleiche, nur sind es nicht direkt meine Hormone“, sprach er mit Absicht ein wenig in Rätseln, was auch seine Frau bemerkte, die leicht ihre Augen zusammen kniff und ihn weiterhin ansah. „Ja? Was soll mir das jetzt sagen?“ „Das Dai heute eine Bombe im Studio losgelassen hat.“ „Das würde dein Outfit erklären“, huschte ihr Blick über sein zerknittertes Hemd, welches nun ganz aus der Hose gezogen war, da die Kuschelstunde mit seinen beiden kleinen Mädels den Rest erledigt hatte. „Ein Wunder das du nicht zwei verschiedene Socken anhast“, zog sie sogar noch eine Augenbraue hoch. „Ich bitte dich, heute Morgen bin ich ordentlich aus dem Haus gegangen, aber wie gesagt, Daisuke hat uns heute mächtig aus der Bahn geworfen, allen voran mich“, zuckte sein rechter Mundwinkel. „Und mit was genau hat er das geschafft?“ „Mit der Nachricht, dass er wieder Papa wird. In fünf Monaten“, sagte er dann und beobachtete seine Frau, während er wieder einen Schluck Wasser trank. „Wow. Ehrlich? Das ist doch schön für die beiden“, strahlte sie und man sah ihr die Freude richtig an, bis sie langsam die Bedeutung seiner Worte zu verstehen schien und das freudige Lächeln verrutschte etwas und sie sah ihn nun entgeistert an. „Warte mal. In fünf Monaten?“, fragte sie fassungslos und ihr Mundwinkel zuckte ein wenig, so als ob sie sich beherrschen musste nicht loszulachen. „Jetzt verstehe ich, was du mit Bombe meinst“, lachte sie dann doch und Kyo konnte nicht anders als mit einzusteigen. „Ich hätte zu gerne dein Gesicht gesehen, als du es erfahren hast“, giggelte sie nach einigen Minuten immer noch vor sich hin und Kyo hielt ihr amüsiert das Glas Wasser hin. „Ich sah bestimmt aus wie ein Idiot, aber die anderen drei guckten genauso bescheuert aus der Wäsche.“ „Hast du es denn auch jetzt offiziell gemacht?“, fragte Yuna, nachdem sie einen Schluck getrunken hatte und deutete auf ihren Bauch. „Ja, hab ich“, nickte der Sänger und nahm das Glas wieder ab. „Und?“ „Nichts und. Kao hatte einen niedlichen Tobsuchtanfall und danach eine kleine Selbstmitleidskrise. Als die dann überstanden war haben wir nur noch darüber geredet, wie wir in Zukunft das mit den Konzerten handhaben wollen. Mal schauen was nun letzten Endes bei rum kommt“, erzählte er bereitwillig und nahm selbst noch einen Schluck Wasser. „Ich hoffe bei Kaoru ist es auch bald soweit, bevor es zu spät ist“, seufzte Yuna und sie sah Kyo mitleidig an, der ein wenig verwundert die Augenbrauen zusammen zog. „Wie, bevor es zu spät ist?“, fragte er verwundert, nahm noch einen Schluck Wasser und verschluckte sich bei ihren nächsten Worten daran, bevor er in Gelächter ausbrach. „Na ist der nicht schon in den Wechseljahren?“ Kapitel 92: Zweiundneunzig -------------------------- Die nächsten Wochen waren schon wieder ins Land gegangen und der Frühling war schon voll im Gange und wurde jeden Tag mehr vom Sommer abgelöst. Auch an diesem Tag war es schon wieder ganz schön warm und da der Juni nur noch wenige Tage entfernt war, knallte die Sonne schon in feinster Sommermanier herunter. Aber nicht nur das Wetter hatte sich verändert. Yunas Viermonatsbäuchlein war schon zu einem ansehnlichen fast Siebenmonatsbauch heran gewachsen. Bei Noriko und Daisuke war zum Glück noch immer alles im grünen Bereich und die Frau des Gitarristen trug ihren Bauch mit so viel Stolz durch die Welt, das man ihre Freude regelrecht spüren konnte, sobald sie sich einem Raum nur näherte. Bei ihrem Leader hatte sich noch nichts verändert und auch beim Bassisten und dem Schlagzeuger war alles beim Alten geblieben. „Viel Spaß“, wünschte Kyo Erina, die ihn mit großen Augen ansah, als er sich von ihr löste und sich langsam zu Yuna an die Tür schlich. Heute hatten sie die Kleine mal gemeinsam in den Kindergarten gebracht, da sie gleich noch einen Kontrolltermin beim Frauenarzt hatten und Kyo diesmal unbedingt dabei sein wollte. Alleine deswegen, da er neugierig war, was ihr Baby diesmal für ein Ultraschallbild hervorbrachte. Das letzte Mal kam Yuna mit einem Bild an, wo das Baby provokant den Stinkefinger in die Luft streckte und sie hatten alle so herzhaft darüber lachen müssen, das ihm jetzt schon wieder Muskelkater drohte, wenn er auch nur kurz daran dachte. Ob sie ein Mädchen und einen Jungen bekommen, das wussten sie noch nicht, da sie sich, wie beim letzten Mal, überraschen lassen wollten. Aber das das Baby einen besonderen Charakter haben wird, das war schon jetzt klar. „Papa?“, fragte Erina herzzerreißend und große Tränen bildeten sich in ihren kleinen rehbraunen Augen, die dann auch schon an ihren Wangen herunter liefen. Schnell stellte sie sich auf ihre kleinen Beine und kam zu ihm herüber gerannt. „Hey, Zuckerpuppe. Du musst doch nicht weinen, wir holen dich doch später wieder ab“, sagte er sanft und hockte sich vor das Mädchen hin, um ihr die Tränen aus dem Gesicht zu wischen. Statt aber einverstanden zu nicken, fing sie nun erst recht an mit weinen und sie klammerte sich an Kyo, der ihr seufzend über den Rücken strich. Bei Yuna machte das Mädchen nie solche Probleme, nur wenn er sie in die Krippe brachte, dann wollte sie ihn einfach nicht gehen lassen. Scheinbar war es für sie ein kleines Trauma gewesen, als er sie einmal selbst weggebracht hatte und am gleichen Tag auf Tour gefahren war und somit nicht mehr nach Hause kam und sie ihn erst mal in jeder Ecke gesucht hatte, wie Yuna ihm später berichtete. „Da bleiben“, schluchzte seine Tochter und sie verschluckte sich beinahe an ihren eigenen Tränen. Diese Situation war verdammt schwer und am liebsten würde er das Mädchen packen und einfach wieder mitnehmen, aber sie hatten nun mal den Termin und wenn er da auch noch auf Erina aufpassen musste, würde er die Hälfte der Untersuchung verpassen und das wollte er beim besten Willen nicht. „Ich kann aber nicht da bleiben. Mama und ich haben gleich einen Termin, der ist ganz wichtig“, sagte er sanft und strich ihr zärtlich die dicken Krokodilstränen von der Wangen. „Danach holen wir dich auch wieder ab, versprochen.“ „Nein“, schüttelte Erina ihren Kopf und das beförderte neue Tränen zu Tage, die Kyo wieder wegwischte. Ein wenig hilflos sah er daraufhin zu Yuna, die nur grinste und auf eine Ecke mit anderen Kindern und kleinen Bausteinen zeigte. Der Sänger sah sich die Stelle einen Moment an, bevor er sich Erina schnappte und sie genau in dieser Ecke runter ließ und er sich einfach mit hin setzte. „Schau mal, wollen wir damit einen Turm bauen?“, fragte er und für einen Moment sah seine jüngste Tochter ihn kurz an, bis sie die Nase hoch zog und nickte. Puh, das hatte zumindest schon mal funktioniert. Kyo begann einen Stein nach dem anderen Erina hin zu halten, die diese immer weiter übereinander stapelte, bis sie sich die kleinen Teile selbst holte, oder andere Kinder sie ihr reichten, und Kyo sogar recht zeitig einfach links liegen ließ. Das war nun sein Zeichen und ganz langsam schlich er sich aus der Spielecke und zur Tür, wo er sich noch einmal kurz umdrehte, aber nur eine friedlich spielende Erina vorfand. „Das hätten wir“, sagte er erleichtert zu Yuna und drückte ihr einen sanften Kuss auf die Lippen, bevor er ihre Hand nahm und mit ihr die Kindereinrichtung verließ. Zum Glück war Natsuki schon so selbstständig, dass sie alleine zur Schule ging und sie es meistens sogar ablehnte, wenn einer sie begleiten wollte. Gemütlich schlenderten sie Hand in Hand durch die wenigen Straßen, bis sie bei der Frauenarztpraxis angelangt waren. Gentlemanlike hielt er Yuna die Tür auf und trat dann selbst ein. Sie waren leider nun doch ein paar Minuten zu spät, aber da das Wartezimmer schon recht gut gefüllt war, machte das sicherlich nicht viel aus. Yuna meldete sich an und der Sänger suchte für sie beide schon mal ein Plätzchen. Sie saßen ziemlich versteckt, aber das machte beiden nicht viel aus, da Kyo schließlich immer Gefahr lief entdeckt zu werden. Zwar versuchte er sich mit einer schwarzen Brille zu tarnen, aber seine Tattoos konnte er unter seinem weißen T-Shirt nicht wirklich verstecken und mit einem Pullover hätte er sich bloß zu Tode geschwitzt. Also musste er damit leben und bis jetzt war auch alles gut gegangen, oder aber sie trauten sich nicht ihn anzusprechen, aber darauf konnte er auch gut verzichten. Da das Oberteil seiner Frau mächtig über dem Bauch spannte, konnte er ab und an leichte Bewegungen in ihrem Bauch beobachten und zärtlich strich er immer wieder sanft über die ausgebeulten Stellen, die kurz darauf wieder getroffen wurden. Damit konnte er sich wirklich Stunden beschäftigen. Doch meistens hatte Yuna keine Lust mehr zu liegen oder ihr Nachwuchs war eingeschlafen. Dennoch vertrieb er sich damit jetzt die Wartezeit und das Baby schien auch sehr kulant zu sein, denn die ganze Zeit über antwortete es ihm und der Sänger war schon beinahe enttäuscht, als Yuna aufgerufen wurde. Zuerst ging sie allein in das Behandlungszimmer und mit nervösem Fußgezappel überbrückte er die Zeit. Die Nervosität stieg immer weiter an und ihm wäre beinahe sein Herz aus der Brust gesprungen, als er endlich aufgerufen wurde, da es nun Zeit für die Ultraschalluntersuchung war. Sofort war der blonde Japaner auf seinen Beinen und lief der Schwester hinterher, der ihn in das Zimmer brachte, wo seine Frau gerade den Bauch frei machte und sich gemütlich auf die Liege legte. „Da schauen wir mal, ob alles so ist, wie es sein soll“, murmelte die Ärztin vor sich hin und sie gab etwas Gel auf Yunas Bauch. Vorsichtig verteilte sie es zunächst mit der Ultraschallsonde, bevor sie den Monitor anstellte. „Sie wollten jetzt nicht wissen, was es wird, richtig?“, fragte sie noch und erntete ein Nicken, bevor sie selbst ihren Kopf auf und ab bewegte und dann die Sonde wieder auf Yunas Bauch beförderte. Im nächsten Moment stutzte sie und sie kniff sich die Lippen fest aufeinander. Auch seine Frau zog scharf die Luft ein und sah mit großen Augen auf den Bildschirm, dennoch lag ein amüsanter Ausdruck auf ihrem Gesicht. „Was?“, fragte der Sänger total verwirrt und er schaute wieder zum Bildschirm, wo er noch nicht wirklich etwas erkennen konnte. „Was ist denn da?“, kniff er seine Augen zusammen und Yuna, sowie die Ärztin ließen ihr Lachen nun doch raus. „Schatz, das Baby… nun ja… wie sag ich das am besten…?“, kicherte seine Frau, die sich sogar schon ein paar Tränen aus den Augenwinkeln wischen musste. Ratlos sah der Sänger zu der Ärztin, die auch sehr amüsiert schaute. „Soll ich Ihren Mann erlösen?“, fragte sie aber zunächst Yuna und der Sänger malte sich schon sonst welche Verstümmelungen aus, die ihr Baby haben würde. „Bitte“, kicherte seine Frau noch immer, so dass der Bauch nur so wackelte und sich das Baby ein bisschen drehte. Nun sah er allerdings auch, was die beiden Frauen schon viel eher entdeckt hatten. Der kleine Lümmel hatte sich tatsächlich so gedreht, das man zuerst nur zwischen dessen Beine gucken und man eindeutig den kleinen Penis sehen konnte. Dem Sänger klappte wahrlich der Mund auf, bis er ebenfalls anfing mit lachen, sich dann aber doch lieber zu seiner Frau herunter beugte, ihr Gesicht in beide Hände nahm und sie sanft küsste. „So viel zum Thema Überraschung“, grinste er danach und Yuna fing wieder an zu lachen. „Also das Bild war schon eine Überraschung, findest du nicht?“, fragte sie und der Sänger nickte ergeben. Oh ja und wenn das nun bei jeder Untersuchung so weiter ging… was für Überraschungen bescherte der Kleine ihnen dann, wenn er erst mal auf der Welt war? „Können Sie das Bild vielleicht ausdrucken?“, fragte Yuna, bevor sie überhaupt weiter mit Babygucken kommen konnten. „Sicher“, nickte die Ärztin grinsend und Kyo sah seine Frau fragend an. „Was willst du mit so einem Bild?“ „Das kleben wir in sein Fotoalbum und damit werden wir ihn immer aufziehen, wenn wir die Gelegenheit dazu haben. Bei seiner ersten Freundin, zum Beispiel“, zwinkerte sie frech und der Sänger lachte wieder auf. Seine Frau konnte schon ein ganz schönes Teufelsweib sein, aber dafür liebte er sie umso mehr. Dann endlich wurde die Untersuchung fortgeführt und nachdem sie ausgiebig alles vom Baby beguckt hatten, was es zu begucken gab, druckte die Ärztin weitere Bilder aus und Yuna wischte sich das kühle Gel vom Bauch. „So weit ist alles in Ordnung und wenn bei Ihnen nichts mehr ansteht, würde ich einen Termin in vier Wochen wieder ausmachen. Wenn was sein sollte, dann melden Sie sich“, sprach die Frau das Schlusswort, überreichte die Ultraschallbilder, die Kyo stolz wegsteckte, und wenige Minuten später verließen die beiden mit einem neuen Termin die Praxis. Auf der Straße grinsten sie sich breit an, bis Kyo Yunas Hand nahm und sie an sich zog. Zärtlich verschloss er ihre Lippen mit seinen und sie drückte sich so nah es ging an den Sänger heran, der seine Arme nur zu gerne um sie legte. Zwar behinderte der Bauch sie etwas, aber das störte beide nicht. „Lass uns in die Mall gehen, ich hab gerade Lust blaue Strampelanzüge zu kaufen“, grinste Yuna breit, nachdem sie den Kuss gelöst hatten, nahm seine Hand und der Sänger konnte sich nur ergeben mitziehen lassen. Kapitel 93: Dreiundneunzig -------------------------- Sie schlenderten schon tatsächlich beinahe zwei Stunden durch das Einkaufszentrum und Yuna fand beinahe an jeder Ecke etwas, das sie ja für ihren kleinen Jungen gebrauchen konnten. Tja, gebrauchen konnten sie davon wirklich einiges, aber dem Sänger hatte sich während der Bummelei noch ein ganz anderer Gedanke in den Kopf geschlichen und umso mehr er sich damit befasste, umso mehr würde es wohl unumgänglich sein. „Jetzt mach mal halb lang“, zog er sie sanft aus dem Gang mit den Jungensachen und hing den kleinen Pullover wieder hin. „Aber wir brauchen doch noch Sachen für ihn.“ „Süße, der Zwerg ist doch noch gar nicht da, außerdem werden wir in den nächsten drei Monaten wohl noch einmal die Möglichkeit haben um ein paar Sachen einzukaufen“, seufzte der Sänger innerlich, doch er versuchte ruhig zu bleiben, auch wenn er wirklich schon bisschen genervt war. „Und was ist, wenn es den Pullover dann nicht mehr gibt?“, schaute Yuna ihn ernst an und nur mit Mühe konnte er ein Augenverdrehen verhindern. „Dann wird es einen anderen schönen Pullover geben“, antwortete Kyo aber nur und zog sie weiter aus der Babyabteilung und sogar raus aus den Laden. „Das sagst du doch nur, weil du keine Lust mehr hast“, oh ja, sie kannte ihn wirklich zu gut. „Auch, aber mir ist da noch was anderes eingefallen und ich glaube, diese Angelegenheit sollten wir eher klären, sonst kannst du dir das mit den ganzen Sachen sparen.“ „Hm?“, schaute seine Frau ihn verwirrt an und sie wartete ungeduldig auf eine weitere Erklärung von ihm, das sah Kyo ihr an der Nasenspitze an. „Und was wäre das?“, schien die Ungeduld dann doch zu siegen und bevor er sich durch ein Grinsen verriet, drückte der Sänger ihr lieber einen kleinen Kuss auf die Lippen. „Wo willst du das ganze Zeug unterbringen? Ich meine, ich nehme an wir nehmen Eris Kinderbett, aber dann braucht sie definitiv nun ihr eigenes, neues Bett und wo stellen wir das dann hin?“, fragte er und führe sie einfach in das Café, welches neben dem Geschäft angelegt war. Vorbildlich, wenigstens einmal im Monat, zog er ihr den Stuhl zu Recht und wartete, bis sie sich gesetzt hatte, ehe der Sänger ihr gegenüber Platz nahm. „Uhm… in Tsukis Zimmer?“ „Dann gibt’s Mord und Todschlag, das weißt du schon, oder?“, war er ehrlich nicht von der Idee begeistert. „Dann kommt das Babybett eben zu uns ins Schlafzimmer“, schien für sie das auch nicht das Problem zu sein. „Und dann? Der Kleine wird nicht ewig bei uns im Schlafzimmer schlafen können, zudem ich das ehrlich gesagt nicht will“, musste er zugeben. Sie hatten Erina auch von Anfang an in ihrem Zimmer schlafen lassen und es hatte nie Probleme gegeben. Klar, hatten sie das Mädchen auch mal in ihr Bett geholt, aber das war immer mal eine Ausnahme gewesen und sie hatten es nie so weit übertrieben, dass die Kleine sich hätte daran gewöhnen können und das war ihm wichtig gewesen. So sollte es nun auch mit dem Baby gemacht werden, denn er hatte wirklich keine Lust auf ewige Diskussionen, wie Daisuke und Noriko sie mit Tian hatten. Den Stress wollte er sich wahrlich ersparen, aber dafür hatten sie nun ein Zimmer zu wenig und genau das war das Problem. „Und was schlägst du dann vor? Sollen wir etwa ins Wohnzimmer auf die Couch ziehen und das Baby bekommt unser Schlafzimmer?“, versuchte Yuna wirklich nicht zu sehr aufbrausend zu sein und nur mit Mühe konnte sie sich den Vogelzeig verkneifen, wie der Sänger amüsiert feststellte. „Das wäre auch eine Möglichkeit, aber eigentlich hab ich eher an einen Umzug gedacht“, sagte er dann und beobachtete die Reaktion von seiner Frau. Bevor sie aber überhaupt etwas sagen konnte, wurden sie von einer Bedienung unterbrochen. Schnell bestellte Kyo einen Tee und einen Kaffee, dann war die Frau schon wieder verschwunden und er konnte sich endlich wieder auf seine Frau konzentrieren. „Du willst umziehen?“, runzelte sie nun die Stirn. „Meinst du nicht, das ist ein bisschen kurzfristig?“ Nun musste er doch etwas lachen. „Natürlich ist das kurzfristig, aber besser spät als nie“, grinste er. „Und an was genau hast du da gedacht?“, schmunzelte Yuna nun auch. „Vielleicht an ein Häuschen, so wie Dai eines hat.“ „Häuschen? Mit drei Kindern darf es schon ein Haus sein“, foppte seine Frau ihn dann natürlich und sie grinste ihn frech an. „Du weißt doch was ich meine. Irgendwas eigenes, wo die Kinder auch mal in den Garten können und wir nicht immer gezwungen sind auf einen Spielplatz zu marschieren.“ „Da spricht die Faulheit wieder aus dir“, lachte sie und Kyo zuckte mit den Schultern. „Ich bin eben viel lieber zu Hause anstatt irgendwo durch die Weltgeschichte zu spazieren.“ „Was ja wunderbar zu deinem Job passt“, zwinkerte sie nun und wie des Öfteren zog sie ihn damit auf. Aber das war es eben. Er war Job mäßig so viel unterwegs, da wollte er in seiner Freizeit dann eben viel lieber zu Hause bleiben, anstatt noch die halbe Welt zu umrunden. „Wie dem auch sei“, winkte Kyo dann ab. „Was hältst du von der Idee?“, fragte er und sah kurz auf, als plötzlich ihre Getränke angeschwebt kamen. Reflexartig lehnte er sich zurück und ließ die Frau die Getränke auf den Tisch stellen, bevor diese sich wieder verdünnisierte. „An sich gefällt mir die Idee“, sagte Yuna, während sie den Teebeutel in ihre Tasse tunkte und sich nebenbei den kleinen Keks von Kyos Heißgetränkt stibitzte. „Aber?“, zog der blonde Japaner wiederum eine Augenbraue nach oben und musterte sie. „Finden wir so schnell ein Haus, bis der Kleine da ist? Und was ist mit dem ganzen Stress danach? Das Renovieren, der Umzug, das Einleben? Ich hab bisschen Bedenken, dass es ein wenig zu viel für uns wird“, wirkte sie wirklich beunruhigt darüber und sie streichelte sanft über ihren gewölbten Bauch. „Ich hatte nicht vor, mir jetzt deswegen Stress zu machen“, antwortete er ruhig. „Ich dachte mir, ich frag Dai einfach mal nach seinem Makler, ob der nicht noch was in petto hat. Wenn ja, dann gut, wenn nicht, finden wir irgendwas anderes. Außerdem müsstest du, außer ein paar Wünschen oder Anweisungen, nichts machen“, denn das war keine Arbeit, die er einer Frau aufbürden würde, einer schwangeren, oder gar frisch gebackenen Mutter, schon gar nicht. Zwar war Hilfe immer gut, aber manchmal waren aufbauende Worte oder einfach geistige Unterstützung auch schon sehr hilfreich. Zudem hatte er ja noch vier Bandkollegen, die auch mal anpacken konnten. Während sie ihren Kaffee und Tee noch gemütlich austranken, unterhielten sie sich noch ein bisschen über die Idee und umso länger sie wirklich darüber sprachen, umso begeisterter schien seine Frau davon zu sein. „Und was ist, wenn wir ein Haus haben, aber noch nicht aus der Wohnung raus können?“ „Wieso sollten wir nicht aus der Wohnung raus können?“, fragte er verwundert und stellte die leere Tasse zurück auf den Unterteller. „Na wegen der Kündigungsfrist?“, fragte sie und der Sänger lachte unwillkürlich kurz auf. „Deswegen können wir doch aber ausziehen. Zwar muss die Miete bis zum letzten Tag noch gezahlt werden, aber ich glaube das wird nicht das Problem werden“, war er schon ein bisschen über die naive Frage amüsiert. „Aber muss das sein?“ „Dann mach einen besseren Vorschlag“, legte er seinen Kopf schief und musterte seine Frau, die sich auf der Unterlippe herum kaute und dann nur unwissend mit den Schultern zuckte. „Ich hab keinen“, grinste sie dann auch ein wenig schief. „Dachte eben nur, wegen dem Geld und so…“ „Ich glaube am Geld soll es nicht liegen, außer du willst so eine Villa, das selbst mein Vermögen zu wenig für ist.“ „Um Gottes Willen, für was hältst du mich denn?“, plusterte sie nun die Wangen auf und Kyo lachte. „Eben, für niemand so oberflächlichen.“ Die Getränke waren dann auch recht schnell bezahlt und gemeinsam verließen sie das Café. So schnell konnte der Sänger dann allerdings gar nicht gucken, wie er an seiner Hand gepackt und zurück in den vorherigen Laden gezogen wurde. „Den Pullover möchte ich jetzt aber trotzdem kaufen“, hörte er nur noch, ehe er sich wieder in der Hölle aus Babykleidern wieder fand. Kapitel 94: Vierundneunzig -------------------------- Irgendwas war heute anders! Der Sänger hatte keine Ahnung was, aber er hatte ein ganz dummes Gefühl im Bauch, sobald der Wecker geklingelt und ihn aus dem Schlaf gerissen hatte. Was es genau war, das konnte er noch nicht sagen, aber zumindest schienen schon mal alle in der Familie wohlauf zu sein. Mehr oder weniger zumindest, denn Erina hing da wie ein Schluck Wasser in der Kurve. Aber gut, das konnte er nachvollziehen, denn er würde auch viel lieber noch in seinem Bett liegen. Trotzdem musste er noch schnell ein Foto von seiner voll verpennten Tochter machen, deren Haare noch total verstrubbelt aussahen und sie kaum die Augen auf bekam. Dennoch knabberte sie an einem Stück Apfel und der Sänger war froh, dass sie in ihrem Hochstuhl sicher saß, denn sonst wäre sie bestimmt schon runter gerutscht. Natsuki dagegen sah aus wie das blühende Leben und sie schaufelte zufrieden ihr Müsli in sich rein. Yuna wirkte auch sehr wach und selbst Kyo-Junior strampelte schon fröhlich in Yunas Bauch herum, wovon er sich gerade noch selbst überzeugen konnte. Kyo selbst zählte sich an diesem Morgen aber trotzdem mehr in Erinas Kategorie, denn so richtig wollte er seine Augen noch nicht aufbekommen, aber das komische Gefühl hielt ihn beharrlich wach. Nach dem Frühstück teilten sie sich auf und da Natsukis Schule zum Teil auf seinem Weg lag, nahm er diese einfach wieder mit, auch wenn sie ihm das ausreden wollte. Doch der Sänger hatte nicht nach gegeben und zusammen schlenderten sie den Weg entlang, bis sich ihre Wege trennten und er das Mädchen, zumindest die letzten dreihundert Meter, alleine laufen ließ. Scheinbar wurde sie nun wirklich langsam flügge, auch wenn er es mit neun Jahren ein wenig zu früh fand. Aber auf der anderen Seite konnte sie ja nicht ewig an seinem Rockzipfel hängen. Es hatte eben alles seine Vor- und Nachteile. Gähnend betrat er die Companie und hier verstärkte sich das komische Gefühl in seinem Bauch gleich noch mehr. Also musste er ganz dringend raus bekommen, was heute im Argen lag. Denn dass er sich den Magen verstimmt haben sollte, das konnte er einfach nicht glauben. Mit wenigen Schritten war er beim Fahrstuhl und damit legte er einige Etagen zurück, bis er aussteigen musste und endlich ihre Studioräume betreten konnte. Das Gefühl wurde noch stärker, als alle Blicke auf ihn gerichtet wurden, was an sich nicht so schlimm wäre, wenn die von Toshiya, Shinya und Daisuke nicht so … mitleidig gewesen wären? „Guten Morgen…“, sagte er ein wenig verwundert und befreite sich zunächst von seiner Tasche, die er aufs Sofa schmiss, während die anderen seinen Gruß erwiderten. „Was ist?“, hielt er es dann aber einfach nicht mehr aus und die drei senkten sofort ihre Köpfe und taten so, als würden sie was sehr wichtiges zu bearbeiten haben. Kaoru dagegen wirkte ein bisschen finster und auch Inoue, ihr Manager, saß bei ihm und sah nicht gerade begeistert aus. „Ist irgendwas passiert?“, hakte er weiter nach, da es scheinbar keiner für nötig hielt ihm mal eine Antwort zu geben. „Guck's dir an“, deutete Inoue dann aber mal auf den Tisch vor ihnen und von weitem sah er schon einige Zeitungen liegen und auch ein Laptop stand aufgeklappt da. Mit zusammengezogenen Augenbrauen ging der Sänger zum Tisch und setzte sich dazu, bevor er sich eine Zeitung griff und kurz die Seite überflog, bis ihm sein Herz stehen blieb. ‚Kyo, Sänger von DIR EN GREY wird Vater!‘ , stand auf dem einen Wischblatt und darunter ein ordentlicher Text, der allerdings nur Vermutungen enthielt, da bis jetzt niemand etwas aus seinem Privatleben heraus bekommen hatte. Wäre das nicht aber schon genug, prangte noch ein Foto daneben, das eindeutig ihn und Yuna gestern im Shoppingcenter zeigte, wie sie gerade, Hand in Hand, von einer Rolltreppe kamen und man konnte deutlich Yunas Bauch erkennen. Allerdings war er sehr froh, dass sie da noch ihre Sonnenbrille auf der Nase getragen hatte und ihre Haare ihr ins Gesicht gefallen waren, so dass zumindest sie nicht erkannt wurde. „Oh Shit“, murmelte er fassungslos. „Jap. Die Presse stürzt sich geradezu darauf“, nickte ihr Manager und der Sänger musste schlucken. Er überflog die anderen Artikel noch, doch es stand überall das gleiche drin. Wenigstens schienen die Presseleute noch nichts von Natsuki und Erina zu wissen – von Yuna genau genommen ja auch nichts, was ihn dann doch sehr beruhigte und er war stolz drauf, dass er sie seit fünf Jahren unentdeckt an seiner Seite halten konnte. Nichtsdestotrotz hatte die Öffentlichkeit einen tiefen Einblick in sein Privatleben bekommen, was er eigentlich immer tunlichst vermeiden wollte. Aber gut, sagen würde er zu der ganzen Sache nichts, da er nicht vor hatte auch nur irgendwie auf einen dieser Artikel zu reagieren. „Zum Glück halten die Presseidioten sich nach wie vor an die Drohung, die ihr vor Jahren mal ausgesprochen habt, ansonsten hätten wir unten ein Reportermeer stehen“, seufzte Inoue und Kaoru, sowie Kyo, nickten. Aber er hatte Recht. Sie hatten vor Jahren gedroht, jeden zu verklagen, der auch nur ansatzweiße etwas aus ihren Privatleben preisgeben wollte oder sollte. Leider hatten es zunächst nicht alle verstanden und es gab einige Verurteilungen. Aber das hatte geholfen und wenn sie nicht gerade selbst private Dinge von sich in die Öffentlichkeit stellten, wurden sie auch in Ruhe gelassen. Zumindest bis heute. „Du weißt, dass das eine riesige PR für uns ist und jetzt wieder etliche Interviewanfragen ins Haus flattern werden?“, sah Inoue ihn fragend an und der Sänger konnte nichts anderes mehr machen, als wie ein kleiner Junge zu nicken. Selbstverständlich wusste er das, aber ihr Manager wusste auch, dass er trotzdem zu keinem der Interviews zusagen würde. „Was gedenkst du jetzt zu tun?“, fragte der ältere Mann wieder und der Sänger musste sich wirklich anstrengen, dass er nicht stöhnend aufstand und aus dem Raum marschierte, weil er sich unangenehm in die Ecke gedrängt fühlte. „Nichts“, war aber nur seine schlichte Antwort auf die Frage. „Das kannst du nicht bringen“, mischte sich nun Kaoru ein. „Denkst du nicht, die haben zumindest eine kleine Erklärung verdient?“ Wie bitte? „Ehm… nein? Ich hab nicht darum gebeten mich - uns - zu fotografieren UND es dann noch zu veröffentlichen. Ich habe lediglich einen gemütlichen Bummel mit meiner Frau gemacht, die auch so einen Tag mal verdient hat. Also warum soll ich die Leute noch für etwas belohnen, was ich nie befürwortet habe, indem ich darauf reagiere?“, fragte der Sänger ungläubig. Sprachlos sahen die beiden anderen Männer ihn daraufhin an und keiner wusste eine Antwort auf die Frage. Nach wenigen Sekunden schloss ihr Manager blinzelnd seinen Mund und auch Kaoru sah sehr ratlos aus. „Außerdem, wenn ich schon auf solche Sachen reagiere, mache ich das auf meine Weise und garantiert nicht so, wie es sich die Leute wünschen. Also entweder vergessen sie die ganze Scheiße so schnell wie möglich oder sie üben sich in Geduld und werden dafür irgendwann belohnt… vielleicht“, brummte der Sänger und er verließ nun wieder den Tisch, um sich einen Kaffee zu holen, da die Kaffeemaschine schon längst aufgehört hatte zu blubbern. Also hatte sein Gefühl ihn doch nicht getäuscht. Er wusste er konnte sich darauf verlassen, wobei er heute sehr gerne davon verschont geblieben wäre. Aber gut, nun war es raus und insgeheim überlegte er sich schon, wie er sich zumindest seinen Fans gegenüber erkenntlich zeigen könnte. Bevor er aber überhaupt mal was machen würde, musste er sowieso erst mit seiner Frau sprechen, denn die würde definitiv ein Teil davon sein, genauso wie all seine Kinder. All seine Kinder… das klang so als hätte er schon sieben zu Hause sitzen. Nein, nein, die bald drei reichten vollkommen und danach sollte auch Schluss sein, darin waren sich alle einig. Mit seiner vollen Kaffeetasse steuerte der Sänger nun einen Platz neben Daisuke an und zog sich seine Arbeitsutensilien heran. In den nächsten Stunden redeten sie nicht viel und wenn dann ausschließlich über ihre jetzige Produktion. Sie kamen ganz gut voran, bis sie einstimmig für eine Pause waren und jeder sich erst mal strecken musste. Während Kaoru eine Rauchen ging, wandte Kyo sich an ihren zweiten Gitarristen, der eifrig an einer Wasserflasche nuckelte und nebenbei eine Nachricht in sein Smartphone einhämmerte, so dass der Sänger schon befürchtete, dass das Ding bald mit einer Spiderapp verziert sein würde. Doch er ließ ihn machen und wartete geduldig. Allerdings wurde seine Geduld ganz schön lange auf die Probe gestellt und nach weiteren zehn Minuten räusperte der Sänger sich einmal und sah Daisuke auffordernd an, der ein bisschen verdattert aufguckte, scheinbar einen Moment benötigte, bis er begriff und dann langsam sein Handy sinken ließ. „Kann ich dir… helfen?“, fragte der große rote Mann und Kyo nickte. „Das hatte ich gehofft.“ „Und wobei?“, schien er nun wirklich Daisukes ungeteilte Aufmerksamkeit zu haben und der blonde Japaner schluckte noch einmal kurz, bevor er sich etwas aufrichtete. „Könntest du mir die Nummer von deinem Makler geben?“, fragte er. „Klar, wofür brauchst du die denn?“ „Wofür braucht man einen Makler?“, schoss er zurück und zog seine Augenbrauen hoch. „Um eine Wohnung oder ein Haus zu finden… was? Ihr wollt umziehen?“, war nun der Gitarrist hellwach und seine Augen fingen sogar freudig an zu glänzen. Eigentlich müsste er so etwas ja schon gewohnt sein, aber selbst nach fast zwanzig Jahren gab es Dinge, an die man sich wohl nie gewöhnen würde. „Hundert Punkte an den Herren in Rot. Ja, wollen wir. Wird bisschen eng, wenn der Kleine dann bald da ist“, gab der Sänger zu und erst als Daisukes Grinsen bis hinter dessen Ohren ging, bemerkte der Sänger, dass er ungewollt das Geschlecht des Babys verraten hatte und dafür würde er sich am liebsten gerade selbst schlagen. So ein Mist aber auch. Es war wirklich einfach, wenn man das Geschlecht selbst nicht wusste, als wenn man es doch erfahren hatte, sich aber jedes Mal auf die Zunge beißen musste, da man sich sonst verriet. Tja, da war er wohl mit dem auf die Zunge beißen bisschen zu langsam gewesen. „Ihr kriegt ‘nen Kleinen Kyozwerg?“, strahlte der Gitarrist wie ein Honigkuchenpferd und man konnte schon fast meinen, er freute sich mehr, als die eigentlichen Eltern. „Ja, schließlich brauch ich auch mal bisschen männliche Unterstützung im Haus“, lächelte der Sänger dann aber einfach und ignorierte gekonnt diese dämliche Betitelung. Schließlich war es ja keine schlechte Nachricht und warum sollte er sie nicht mit jemanden teilen, der gerade genau in solch einer Lage steckte, wie Kyo? „Willst du ihn sehen?“, hörte der Sänger sich dann sogar noch fragen und ehe er sich versah, nickte Daisuke heftig und schubste ihn schon fast Richtung Tasche, wo er die Bilder immer mit sich herum schleppte, warum auch immer. Lachend angelte er sich dann alle Bilder heraus und reichte sie dem Gitarristen, der beim ersten Bild gleich mal in Lachen ausbrach, da es das war, mit dem sich das Baby geoutet hatte. „Der ist ja jetzt schon so drauf wie du, als wir dich kennen gelernt haben“, gluckste das rote Ding neben ihn und besah sich genau was es zu sehen gab, bis er abrupt die Bilder weglegte, aufstand und sich umständlich seine Geldbörse aus der hinteren Hosentasche angelte. Schnell hatte Daisuke diese aufgeklappt und reichte Kyo selbst drei Bilder. „Hier, damit du auch was zu gucken hast“, zwinkerte er, ehe er sich wieder Kyos Bilder nahm und beim nächsten ebenfalls lachte, da es das mit dem Stinkefinger war. „Eindeutig, das Kind kann nur von dir sein“, gluckste er fröhlich weiter, während der Sänger nun seinen Blick auf die Bilder von Daisuke wanderte. „Dafür sind die Bilder von eurer kleinen Lady aber ganz schön langweilig“, bemerkte Kyo nach wenigen Minuten trocken und der Gitarrist verstummte augenblicklich neben ihm. Hatte er da jetzt etwa was Falsches gesagt? Denn Daisuke sah ihn plötzlich mit großen Augen an und der Sänger war schon in Versuchung dem Gitarristen den Mund zuzuklappen, da er befürchtete, dass dieser gleich eine Fliege verschlucken könnte. „Kleine Lady?“, krächzte der Mann dann aber doch mal und verwundert schaute ihn Kyo an. „Ja, Lady“, nickte er. „Es wird doch ein Mädchen, oder?“, runzelte er nun unsicher die Stirn, aber auf den Bildern, sah es wirklich wie ein Mädchen aus. Vor allem auf dem einen, denn da fehlte etwas, was bei den Ultraschallbildern seines eigenen Babys sichtbar war… „Ehm… die Ärztin konnte uns in dieser Hinsicht noch keine Auskunft geben“, war der große Rote immer noch verdattert und er nahm nun Kyo die Bilder aus der Hand und legte diese nebeneinander auf den Tisch, gefolgt von den Bildern des Sängers, die er ebenfalls drauf legte. Immer wieder bewegte sich Daisukes Kopf auf und ab, gepaart mit einem anstrengenden Blick und zusammen gezogenen Augenbrauen. Kyo sagte dazu erst mal nichts und er ließ den Gitarristen in Ruhe seine ‚Arbeit‘ machen. „Du hast recht, euer Baby hat da eindeutig etwas, was unser Baby nicht hat“, faselte es und der Sänger lachte. „So?“, grinste er. „Ja. Wie konnte man so etwas übersehen?“, fragte er schon beinahe erbost und Kyo ergab sich nun ganz seinem Lachanfall. Es war aber auch zu herrlich, wie Daisuke vor den Bildern saß und aussah wie ein kleiner Junge, der vor eine schwerwiegende Frage gestellt wurde, ganz nach dem Motto: Willst du Schoko- oder Vanilleeis? „Tja, was nicht da ist, kann man schließlich auch nicht sehen“, quetschte der Sänger atemlos hervor und er musste sich sogar schon ein paar Tränen aus den Augenwinkeln wischen, da die unaufhörlich aus seinen Augen drangen. „Das ist nicht witzig, Kyo. Wenn sogar du das siehst, und nehme mir das jetzt nicht übel, aber du hast eigentlich weniger Ahnung von solchen Bildern als ich, dann kann die Ärztin nicht gerade helle sein.“ Da hatte er allerdings recht, aber das änderte immer noch nichts an der Tatsache, wie er vor den Bildern saß. „Siehst du mal. Da muss erst ich, ein unwissender Sänger, kommen und euch das Geschlecht eures Babys verraten“, grinste er und klopfte Daisuke nun freundschaftlich auf die Schulter. „Aber wer weiß, vielleicht war eure Ärztin sich ja nur nicht ganz sicher und hat deswegen erst mal ihre Klappe gehalten, bevor sie euch noch falsche Hoffnungen machen wollte“, erklärte er es sich damit einfach und sammelte seine eigenen Ultraschallbilder wieder ein. „Aber nun hätte ich trotzdem gerne die Nummer deines Maklers“, sagte er noch, bevor die Tür wieder aufging und ihr Leader hinein gerauscht kam, umhüllt von einer Wolke Zigarettenrauch. Schnell kritzelte Daisuke die Nummer auf ein Blatt Papier, welches Kyo sich in die Hosentasche steckte, bevor sie wieder an ihre Arbeit zitiert wurden. Kapitel 95: Fünfundneunzig -------------------------- Zwei Tage später hatte Kyo tatsächlich drei kleine Häuschen zur Auswahl, die er sich mit seiner Frau ansehen konnte. Sie mussten nur noch einen passenden Termin finden. Und irgendwie hatte er langsam das Gefühl, dass er es eher einrichten konnte als Yuna, die eigentlich den ganzen Tag zu Hause war. Aber eben auch nur eigentlich. Denn anstatt sich auszuruhen, war sie jeden Tag auf Achse und Kyo befürchtete schon, dass sie eines naheliegenden Tages mit einem kleinen Bündel im Arm durch die Tür marschiert kam, mit den Worten: „Der Kleine ist mir heute so rausgerutscht.“ Bei dieser Frau konnte der Sänger sich aber auch den Mund fusselig reden, aber Madame hörte nicht auf ihn, sondern klapperte jeden Tag einen anderen Laden ab. Vorgestern hatte sie sich die Fingernägel hübsch machen lassen, gestern lag sie beinahe den ganzen Tag bei der Kosmetikerin auf der Liege und heute musste sie sich doch tatsächlich beim Friseur in den Stuhl quetschen und wenn ihn nicht alles täuschte, hatte sie morgen Schwangerschaftsgymnastik mit Noriko. Wenn er es nicht besser wüsste, würde er sagen, sie war nicht ausgelastet. Gut, wenn man genau darüber nachdachte, war sie das wahrscheinlich auch nicht, aber sie war nun mal im Mutterschutz angekommen, zwar ein bisschen früher als sonst, aber der Sänger hatte darauf bestanden und da sie an die Fehlgeburt von Noriko und Daisuke dachte, hatte es auch nicht sehr viel Überredungskunst gekostet. Dafür aber schien sie jetzt andere Termine nach und nach abzuklappern, an diese Kyo in zehn Jahren nicht gedacht hätte. „Wann bist du heute zu Hause?“, fragte Kyo in sein Handy, welches er sich ans Ohr hielt, während er im Studio saß und Kaoru zuschaute, wie er etwas in einer Sauklaue aufs Papier kritzelte. „Wenn die nette Dame hier fertig ist und ich es wieder aus dem Stuhl geschafft habe“ , antwortete Yuna ihm. Irritiert zog er seine Augenbrauen zusammen. „Warum solltest du nicht mehr aus dem Stuhl kommen?“ „Falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte, ich bin schwanger und das schon ziemlich fortgeschritten.“ „Ja … aber dein Bauch ist vorn und nicht hinten, also müsstest du mit dem Aufstehen eigentlich keinerlei Probleme haben“, kam er bei Yuna ehrlich gesagt nicht ganz mit. Klar, wenn sie tief in ihrem Sofa versunken war, benötigte sie manchmal schon eine helfende Hand, aber von einem Stuhl war sie bis jetzt immer problemlos hoch gekommen. „Ja, aber mir werden noch die Haare gewaschen und da muss ich unweigerlich in so eine Art Liegestuhl, wo du deinen Kopf dann nach hinten in ein Waschbecken rein legst und du weißt, wenn ich einmal liege, dann liege ich“ , schien sie die Augen zu verdrehen und Kyo wurde nun bewusst, warum sie da nicht mehr hoch kommen sollte, weswegen er lachen musste. „Ach so. Dann schick einen SOS-Hilferuf, wenn ich dich aus dem Stuhl hochziehen soll“, sagte er frech und erntete ein Schnauben. „Damit ich mir vor dir die Blöße geben kann? Garantiert nicht.“ „Da gab es schon weitaus schlimmere Situationen, in denen du mir gegenüber gestanden hast. Also wird das wohl nicht wirklich tragisch sein, wenn ich dich aus so einem Stuhl hochziehen müsste.“ „Weswegen rufst du nun eigentlich an? Doch sicherlich nicht, um mich auszufragen wie ich wann wieder aus dem Stuhl hochkomme?!“ , brummte sie und wechselte subtil das Thema. „Nein, da hast du Recht. Ich wollte fragen, ob wir uns dann nicht vielleicht schon eines der Häuser anschauen wollen? Am besten ohne die Kinder, da haben wir mehr Konzentration über“, denn wenn Yuna rechtzeitig fertig wäre, dann hätten sie noch genug Zeit, bevor sie die Kinder aus den jeweiligen Einrichtungen abholen müssten. „Warte mal, ich frag kurz nach“ , murmelte sie ins Handy und Kyo hörte, wie sie es mit einer Hand abdeckte. Leises Gemurmel drang an sein Ohr, bis es leise raschelte und er kurz darauf wieder die Stimme seiner Frau vernahm. „Eine Stunde zirka, kann auch bisschen länger dauern, je nach dem was hier noch so losgeht“ , antwortete sie und für Kyo war das eine ordentliche Ansage. „Alles klar, da hole ich dich in etwa einer Stunde ab.“ „Wir können uns auch zu Hause treffen.“ „Nein, ich hole dich ab. Geht einfach schneller. Also, mach keinen Scheiß und lass genug Haare an dir. Bis später“, sagte er noch und legte, ohne eine Antwort abzuwarten, auf, denn sonst hätte Yuna ihn nur so lange bequatscht, bis er sie zu Hause eingesammelt hätte und das wollte er auf keinen Fall. „Die Tücken einer Schwangerschaft?“, grinste Daisuke ihn doof von der Seite an und Kyo brummte. „Eher zu viel Zeit, wegen Mutterschutz“, verdrehte er seine Augen. „Da ist Noriko zum Glück sehr pflegeleicht. Eher muss ich sie mal aus der Bude prügeln. Bin erstaunt, dass sie morgen mit zur Schwangerschaftsgymnastik geht“, redete der Rotschopf ungefragt weiter und der Sänger seufzte. „Ich glaube Yuna hat deine Frau eher genötigt mitzukommen, als dass sie es wirklich freiwillig macht“, zumindest konnte er sich das bildlich vorstellen, wie sie die andere junge Frau so lange bearbeitete, bis sie sich ergeben bereiterklärte. „Wie dem auch sei. Ich glaube das tut Nori mal richtig gut. Zwar will sie es nicht zugeben, aber ich merke ganz genau, dass ihr langsam aber sicher die Decke auf den Kopf fällt.“ „Würde uns doch nicht anders gehen“, musste der Sänger zugeben und der Gitarrist nickte. „Definitiv.“ Sie erledigten dann noch Kleinigkeiten und exakt nach dreißig Minuten ließ der Sänger alles stehen und liegen und schnappte sich seine Tasche. Mit verabschiedenden Worten verließ er den Raum und anschließend das Gebäude, bis er die Strecke bis zu seiner Wohnung zurück gelegt hatte. Die Treppen zur Wohnung sprang er flink hinauf und kaum in den eigenen vier Wänden, suchte er sich ein kurzärmeliges, weißes Hemd aus dem Schrank und tauschte es gegen sein weißes T-Shirt. Die schwarze Stoffhose ließ er an, steckte nur sorgfältig das Hemd in den Bund, denn sonst wäre es einfach zu lang und das sah auch irgendwie doof aus und machte noch einen kurzen Abstecher ins Bad, was keine fünf Minuten dauerte. Damit fertig schlüpfte er in seine schwarzen Lederschuhe und dann schnappte er sich nur doch die ganzen dazugehören Papiere und Autoschlüssel, da war er auch schon wieder aus der Wohnung verschwunden und bahnte sich den Weg in die Tiefgarage, wo die Familienkutsche stand und sich ebenfalls freute mal wieder in Bewegung gesetzt zu werden. Eingestiegen war er ebenso schnell und kaum hatte der Sänger den Schlüssel ins Zündschloss gesteckt und sich angeschnallt, drehte er den Schlüssel um und das Auto erwachte mit einem vertrauten Brummen zum Leben. „Dann mal los, holen wir die Mädels ab. Oder zumindest erst mal die Größte von allen“, tätschelte er das Armaturenbrett des Autos, ehe er den ersten Gang einlegte und langsam aus der Tiefgarage fuhr. Der Weg zum Friseursalon zog sich ein wenig hin und auch die Parkplatzsuche dauerte ein bisschen, doch der Sänger brachte alles hinter sich und nachdem er zum dritten Mal sichergestellt hatte, dass das Auto auch wirklich verschlossen war, ging er endlich auf den Friseursalon zu und trat, begleitet vom Bimmeln der Türglocke, in das kleine Geschäft. Sofort schossen alle Köpfe, welche ausschließlich von Frauen waren, zu ihm um und sofort fühlte der Sänger sich ein wenig unwohl. Zwar spielte sein Leben auf der Bühne, aber im Privaten hatte er es dann doch lieber ohne viel Aufmerksamkeit. „… Hi.“, murmelte er und Kyo hatte noch nicht einmal richtig die Tür geschlossen, als eine Dame schon vor ihm stand. Er schätzte sie auf Anfang bis Mitte Dreißig, also genau das Alter, welches auch Yuna besaß, die er noch gar nicht entdeckt hatte. „Wie kann ich Ihnen helfen, junger Mann?“, klimperte sie mit ihren viel zu langen Wimpern und wenn man der Frau ein paar Schichten Make-Up aus dem Gesicht kratzen würde, würde sie vielleicht sogar etwas her machen, was ihn als Mann ansprechen würde… oder aber man nahm gleich Reißaus. „Ich wollte eigentlich meine Frau abholen“, antwortete er wahrheitsgemäß und er konnte genau sehen, wie die Gesichtszüge der zugespachtelten Frau kurzzeitig entgleisten, bis sie sich wieder fing und ihr strahlendes Lächeln aufsetzte. „Alle unsere Kundinnen benötigen noch einen Moment. Wollen sie in der Zeit einen Kaffee trinken oder etwas anderes?“, schien sie scheinbar nicht die Absicht zu haben ihn in Ruhe zu lassen. „Danke, so lange wird es sicherlich nicht mehr dauern“, lehnte der Sänger bemüht höflich ab. „Denken Sie. Aber die Farbe ihrer Frau benötigt bestimmt noch etwas an Zeit, bevor wir-“ „Meine Frau bekommt garantiert keine Farbe“, schnitt er ihr das Wort ab. „Na hören Sie mal, das können Sie doch gar nicht wissen“, plusterte diese ihre Wangen auf und Kyo seufzte. „Und ob. Sie ist schwanger, also nix mit Farbe“, lächelte er gekünstelt und nach diesen Worten drohten der Frau die Augen aus dem Kopf zu ploppen, was diese aber gerade so mit einem Blinzeln noch verhindern konnte. „Wenn Sie mich da jetzt entschuldigen würden“, drückte er sich an der baffen Frau vorbei und trat weiter ins Innere des Ladens. Schnell hatte er Yuna ausgemacht und steuerte zielsicher auf sie zu, als sich ein blondiertes Etwas in den Weg stellte. „Sie müssen schon vorn im Wartebereich Platz nehmen“, sagte sie tadelnd und Kyo blinzelte irritiert. „Warum?“, fragte er sehr geistreich. „Weil vielleicht andere vor Ihnen dran sind?“, stellte sie eine Gegenfrage. „Schön für die anderen, aber ich bin nicht hier um mir die Haare schneiden zu lassen“, und der Sänger umging die Frau, bis er endlich bei Yuna angekommen war. „Meine Güte, die sind hier vielleicht aufdringlich“, blubberte er leise in ihr Ohr, als er sich für einen Kuss zu ihr hinunter beugte. Lachend erwiderte sie den Kuss. Der Sänger ließ wieder von ihr ab und wartete ein wenig Abseits, bis seine Frau endlich fertig war und lächelnd beschaute er sich den neuen Haarschnitt, der aus einem fetzigen Bob bestand. Das machte seine Frau gleich noch ein bisschen jünger als sie so schon war. „Gut siehst du aus“, sagte er auch gleich und schloss sie für einen Augenblick in seine Arme, auch wenn er alle Blicke der Anwesenden auf sich spürte. Aber für Yuna ignorierte er sie. „Danke“, grinste sie und brachte nun ihrerseits seine Haare komplett durcheinander. „Hey“, beschwerte er sich und kniff ihr leicht in den Po, da sie nicht mehr ganz so schnell fliehen konnte, wie noch vor wenigen Monaten. Lachend schnappte Yuna sich ihre Handtasche und sie begab sich zur Kasse, damit sie die Rechnung begleichen konnte. Mit wenigen Worten verließen sie dann endlich den Salon und der Sänger fühlte sich gleich viel wohler. „Meine Fresse, den Mädels da drinnen hast du aber ganz schön den Kopf verdreht“, deutete Yuna mit ihrem frisch frisierten Haupt auf die Tür und Kyo schnaubte. „Die wollten mich doch nur auf einen ihrer Stühle bekommen.“ „Oh ja, aber mit dem Unterschied, dass in deiner Version zehn Schichten Klamotten vorkommen und in den Versionen der Mädels nicht mal eine Platz hat“, murmelte Yuna. „Das ist kein Kompliment“, brummte er. „Für dich nicht, da gebe ich dir recht“, grinste sie und hakte sich dann bei Kyo ein. „Lass uns nicht über so etwas Verstörendes reden. Wir müssen los, der Makler wartet bestimmt schon auf uns“, beendete der Sänger das Thema einfach und zog seine Frau dann behutsam mit sich zum Auto, welches schon sehnsüchtig auf die weitere Fahrt wartete. Kapitel 96: Sechsundneunzig --------------------------- Die nächsten Wochen waren wieder schnell ins Land gezogen und in dieser Zeit hatte sich so einiges verändert. Sie wohnten jetzt tatsächlich schon in einem eigenen Haus, auch wenn sie noch die Wohnung an der Backe hatten, aber die paar Wochen, bis die Kündigung endgültig rechtskräftig war bekamen sie auch noch rum. Zudem mussten sie noch die Räume renovieren und für die Übergabe fertig machen. Das neue Haus stand in einer Parallelstraße zu Daisukes vier Wänden und somit waren sie beinahe Nachbarn, was doch manchmal sehr hilfreich sein konnte. Zwar waren noch nicht alle Räume komplett fertig, aber zumindest die Kinderzimmer waren vollendet und das war ihnen am wichtigsten gewesen. Die Kinder selbst hatten sich in wenigen Tagen gut eingelebt, nur Natsuki maulte gerne noch herum, dass ihr Schulweg ja jetzt so lang wäre. Dabei war sie gerade mal zehn Minuten länger unterwegs, man konnte es auch wirklich übertreiben. Aber gut, davon ließ sich der Sänger nicht die gute Laune verderben. Diese hatte er auch heute wieder und vor sich hin summend ging er einige Texte durch, die er überarbeiten wollte. Im Allgemeinen waren sie auch schon recht gut, aber der nötige Feinschliff fehlte einfach noch und den sollten sie heute bekommen. Das hoffte er zumindest. Denn seine Gedanken gingen irgendwie immer wieder zu Yuna, die am Morgen über unangenehme Rückenschmerzen geklagt hatte. Ziemlich wundern tat Kyo es nicht. Denn es waren nur noch vier Wochen bis zur Geburt und Yunas Babybauch hatte schon einen ordentlichen Umfang bekommen. Also konnte ihr Rücken nur noch protestieren, auch wenn sie meinte, dass sie sonst nie so stark wären. Toll, nun war seine Konzentration irgendwie doch total futsch und seufzend lehnte der Sänger sich zurück und fuhr sich durch seine Haare, nachdem er die Papiere einfach auf den Tisch gelegt hatte. „Was‘n los?“, senkte sich im nächsten Moment schon das Sofa und Daisuke sah ihn von der Seite fragend an. „Was soll denn los sein?“, stellte der Sänger die Gegenfrage und schenkte dem Gitarristen nicht viel Beachtung, da er jetzt eigentlich nicht viel Ablenkung gebrauchen konnte. „Sag du es mir. Du sitzt hier gerade wie ein Häufchen Elend herum und scheinst deine gute Laune etwas verloren zu haben“, sprudelte es aus dem Gitarristen gleich heraus und der Sänger fragte sich wirklich, ob er tatsächlich so durchschaubar war. „Ist alles in Ordnung bei euch? Probleme mit den Kindern?“ „Nein, alles Bestens“, schüttelte er den Kopf, schaffte es aber irgendwie immer noch nicht seine Mundwinkel ein bisschen anzuheben. Warum war er jetzt so plötzlich in so einer depressiven Stimmung? Das passte doch vorne und hinten nicht zusammen. Doch irgendwie war da was nicht so, wie es sein sollte, und er musste noch herausfinden um was genau es sich dabei handelte. „Was dann?“, ließ der große Rote nicht nach und Kyo konnte beobachten wie er seine schlanken Finger streckte und reckte und wieder zusammen ballte, ganz so als täten ihm die Hände weh. „Ist mit deinen Händen alles klar?“, fragte er nun stattdessen und nickte mit seinem Kopf in Richtung der schmalen Glieder. „Hm… ja. Ich werde nur jeden Abend hemmungslos zum Massieren ausgenutzt und das geht auf Dauer auf die Hände“, grinste er ein wenig schief. „Aber solange es Noriko mit ihren Rückenschmerzen hilft, mache ich es gerne.“ „Deine Frau hat auch Rückenschmerzen?“, wurde der Sänger nun hellhörig, was Daisuke wiederum zum Lachen brachte. „Sag mal, wo genau warst du bei der Schwangerschaft von Erina? Natürlich hat sie Rückenschmerzen. Stell dir mal vor, wir würden so eine Kugel vor uns herschieben. Ich garantiere dir, wir würden nicht mal mehr alleine von einem Stuhl aufstehen können“, funkelten Daisukes Augen amüsiert und der Sänger kam sich gerade wirklich ein wenig dämlich vor. „Yuna hatte bei Erina eigentlich keine solche Beschwerden“, musste er zugeben. Zumindest konnte er sich nicht an solche Rückenschmerzen erinnern, so wie sie sie jetzt bei dieser Schwangerschaft hatte. „Aber beim Kyozwerg schon?“ „Nenn ihn nicht so“, brummte Kyo. Also wirklich. Er gab Daisukes ungeborenem Mädchen doch auch nicht solche dämlichen Kosenamen. „Dann verrat mir doch den Namen“, versuchte es der Gitarrist mal wieder. Schon seit Wochen wollte er den Namen von Kyos Baby erfahren, dabei war er nicht mal selbst bereit den Namen seines eigenen Babys zu verraten, warum sollte gerade Kyo da was sagen? „Ich merk schon, du bist nicht bereit mit den geheimen Informationen rauszurücken. Aber um wieder aufs Thema zurück zu kommen. Yuna hat Rückenschmerzen?“ So nervig Daisuke auch sein konnte, er merkte halt doch, wenn es ihm zu bunt wurde und würgte das unangenehme Thema ab, auch wenn es ihm weiterhin unter den Nägeln brannte. „Ja“, seufzte der Sänger. „Heute Morgen war es besonders schlimm. Ich fühle mich dabei so hilflos, weißt du?“, seufzte er wieder und brachte seine Haare schön durcheinander, in dem er mit beiden Händen hindurch fuhr. „Oh ja, aber du kannst da leider nicht viel machen, obwohl du daran, wenn man es mal ganz genau nimmt, schuld bist. Die Massage hilft zwar, aber nicht sehr lange und sie bewegt sich wieder stöhnend durch die Bude.“ „Das macht es nicht besser, Dai. Ich will ihr aber helfen, ihr die Last abnehmen.“ „Dann hättest du sie nicht schwängern dürfen“, klopfte ihm der große rote Mann aufmunternd auf die Schulter. „Na herzlichen Dank auch“, verfehlte es aber bei weitem das Ziel. „Tut mir ja leid, aber es ist die Wahrheit. Was denkst du wie oft mir Noriko schon an den Kopf geworfen hat, dass ich mit meinem ‚Ding‘ ja nie wieder so nah zu ihr kommen brauch? Überleg mal, wenn sie mir das in der Schwangerschaft schon vor wirft, da will sie mich bei der Geburt bestimmt gleich kastrieren“, nahm Daisuke das scheinbar nicht ganz so ernst wie Kyo selbst. Und der Sänger hatte das Gefühl, dass er es vielleicht mal so wie der Gitarrist versuchen sollte, aber irgendwie meldete sich dann doch sein schlechtes Gewissen und schon waren seine Gedanken wieder bei seiner Frau, die stöhnend vom Stuhl aufs Sofa gewechselt war und vom Sofa ins Bett, was ihr auch nicht gefallen hatte, da es überall unerträglich gewesen war. „Probiere es heute Abend mal mit einer Massage. Entweder es bringt was, oder nicht. Du hast es zumindest versucht und das zählt doch“, stupste der Gitarrist ihn leicht an der Schulter an und Kyo nickte. Daisuke hatte recht. Mehr als schiefgehen konnte es eh nicht. Sie redeten dann noch kurz, doch dann wollte Kyo weiter an seinen Texten arbeiten und er schickte Daisuke an seine Gitarre, die er wie ein Baby begrüßte und sich dann wieder selbst an seine Arbeit machte. So verging der Tag auch wieder ziemlich flott und am frühen Abend entschied der Sänger es für heute sein zu lassen. Gemütlich packte er seine Utensilien zusammen und stopfte alles in seine Tasche, die er sich danach gleich über die Schulter legte und das Studio mit verabschiedenden Worten verließ. Kurz überlegte er etwas zu Essen für sie zu besorgen, aber noch rechtzeitig fiel ihm ein, dass die Kinder heute mal bei seinen Eltern übernachten würden, denn es war Freitag und seine Eltern wollten am nächsten Morgen mit den Mädels früh zu einem See aufbrechen, der aber ein bisschen weiter entfernt war. Demzufolge müssten sie schon längst bei ihnen sein und somit entschied er, dass er für seine Frau und sich später einfach ein Abendessen kochen würde, sofern sie noch genügend Zutaten für ein Essen im Kühlschrank hatten. Keine halbe Stunde später schloss der Sänger die Haustür auf und trat sogleich in den weitläufigen Flur. Wie erwartet waren die Schuhe der Kinder nicht an den üblichen Stellen und nun musste er doch ein bisschen Lächeln, da das bedeutete, dass er heute seit Monaten endlich wieder nur Zeit für seine Yuna hatte, ohne dass irgendein Kind sich dazwischen zwängte und das hob seine Laune enorm. Schnell wechselte er seine Straßenschuhe mit den Hausschuhen und seine Tasche ließ der Sänger einfach im Flur stehen, die würde heute niemanden mehr stören. Auf leisen Sohlen schlich er durchs Haus und fand Yuna in der Küche an der Theke stehen. Sie hatte ein langes, weites T-Shirt an und stützte sich etwas ab. Nach wie vor schien sie Schmerzen zu haben und das bestärkte ihn darin, dass er sie möglichst bald mit einer Massage verwöhnen würde. „Hey Süße. Wie geht’s dir?“, begrüßte er sie gleich und trat zu ihr heran, um ihr eigentlich einen Kuss zu geben. „Gott sei Dank, du bist endlich da“, begrüßte Yuna ihn leicht atemlos und erst jetzt erkannte er ihre geröteten Wangen und die kleinen Schweißperlen auf der Stirn, weswegen er verharrte und sie besorgt anschaute. „Ist alles in Ordnung?“, wurde Kyo sofort hellhörig. „Da du jetzt da bist, schon. Und wo wir gerade dabei sind, ich glaube du solltest lieber einen Krankenwagen rufen“, keuchte sie und verzog das Gesicht, bevor sie stöhnte und an sich hinunter sah. „Und das bitte ziemlich schnell.“ Perplex sah der Sänger sie an und kam nicht ganz mit, allerdings schaute er dann auch mal nach unten und fand sich halb in einer Pfütze stehend wieder. So viel zum Thema: an diesem Abend würde kein Kind dazwischen grätschen. Kapitel 97: Siebenundneunzig ---------------------------- Beinahe wie in Trance nahm sich der Sänger das nächstbeste Telefon – das schnurrlose Festnetztelefon – und wählte die Nummer für den Notfall. Mit der Standartansage wurde er begrüßt und sofort gab der Sänger sein Anliegen preis. „Meine Frau bekommt ein Baby!“, rief er ins Telefon und zog sich mit seiner freien Hand an den Haaren, während er seine Frau keine Sekunde aus den Augen ließ. Notdürftig hatten sie das Fruchtwasser mit Handtüchern aufgewischt, sich dann aber nicht weiter drum gekümmert, da Yuna immer wieder von heftigen Wehen erschüttert wurde. “Hat sie schon Wehen?“ „Würde ich sonst anrufen? Natürlich!“, sagte er ungehalten und umklammerte das dünne Gehäuse immer fester mit seinen Fingern. Währenddessen lag Yuna auf dem Sofa und veratmete leise stöhnend eine weitere Wehe. Ihm selbst stand jetzt auch der Schweiß auf der Stirn. “In welchen Abständen kommen die Wehen?“, überging die Dame am anderen Ende einfach seine schnippische Antwort und Kyo wollte gar nicht wissen, wie viele verzweifelte Männer jeden Tag anriefen, da ihre Frauen gerade dabei waren ein Leben auf die Welt zu bringen. „Keine Ahnung, ist das wichtig?“, fragte er und obwohl er es eigentlich wusste, war sein Kopf nun total leer und es herrschte eine gähnende Leere. “Daran können wir sehen, wie weit die Geburt schon fortgeschritten ist.“ „In was für Abständen kommen die Wehen?“, gab er dann einfach die Frage von der Frau an der Strippe an Yuna weiter. „Zwei, vielleicht drei Minuten“, keuchte sie „Zirka zwei bis drei Minuten“, redete er in den Hörer und Kyo hörte die Frau am anderen Ende die Luft stark einziehen. „Was?“, fragte er sogleich. “Also ich sage es gleich mal so, wie es ist, bis ins Krankenhaus werden Sie es wohl nicht mehr schaffen. Am besten Sie schaffen sich viele Tücher an und warmes Wasser und bereiten sich darauf vor, dass Sie ihr Baby wohl bald zu Hause in den Arm nehmen können.“ „Was?“, fragte er noch einmal und Kyo musste sich einen Moment festhalten. “Ich habe schon einen weiteren, zuständigen Arzt kontaktiert, er ist gleich auf dem Weg. Ich brauche nur noch ihre Adresse“, redete sie einfach weiter und wie in Trance ratterte der Sänger die Adresse runter, welche gleich an einen Krankenwagen und Arzt weiter gegeben wurde. Danach zählte sie alles auf, was der Sänger zusammen suchen sollte, soweit vorhanden. Also schleppte er einige Schüsseln ins Wohnzimmer, viel Handtücher, den Sanikasten und Dinge, an die er nie im Leben gedacht hätte. “Wenn Sie soweit alles bei sich haben, legen Sie ein Handtuch auf die Heizung, damit es gut gewärmt ist, damit Sie ihr Baby danach gleich einwickeln können, damit es nicht auskühlt. Ich reiche sie jetzt an eine Ärztin weiter, die gibt Ihnen weitere Instruktionen.“ Wie ein Zombie befolgte er alles und hatte irgendwann ihren halben Hausrat im Wohnzimmer liegen, was ihn aber nicht im Mindesten beruhigte. „Und nun?“ “Nun sollte sich Ihre Frau am besten auf eine wasserundurchlässige Unterlage legen, natürlich mit einer weichen Decke drüber, die auch schmutzig werden darf. Am besten Sie machen es ihr mit ein paar Kissen so bequem wie möglich und danach müssten Sie schauen, ob Sie eventuell schon das Köpfchen sehen. Denn so wie ich Ihre Frau stöhnen höre, müsste die Geburt unmittelbar bevor stehen“, sagte jetzt eine andere Stimme und der Sänger wusste nicht, ob er für die Ruhe der Frau dankbar sein sollte oder sie dafür lieber bestrafen, da er nicht verstand, wie man dabei nur so die Ruhe weg haben konnte? „Ich soll was? Das kann ich nicht! Kann ich nicht auf den Arzt warten?“, wurde der Sänger erneut von Panik ergriffen und sah in das schmerzverzerrte Gesicht von Yuna, die sich schon auf der Unterlage ausgebreitete hatte. „Ooouuh…. Das tut weh~“, jammerte sie dann auch schon und Kyo musste schlucken. “Nein können Sie nicht. Verspürt Ihre Frau Druck?“ „Süße, verspürst du Druck?“, richtete er die Frage gleich weiter und Yuna nickte. „Ja, tut sie“, gab er sofort weiter. “Dann schauen Sie jetzt bitte zwischen ihre Beine und stellen Sie bitte das Telefon auf Lautsprecher, das werden Sie gleich brauchen.“ „Ich will nicht.“ “Tun Sie es einfach!“, beinahe hätte er aufgewimmert, doch er riss sich zusammen, suchte den passenden Knopf und legte das Telefon neben sich. Vorsichtig half er Yuna die Beine aufzustellen, welche es nur unter stöhnen über sich ergehen ließ. Fest biss Kyo sich auf die Unterlippe. Er konnte erkennen dass sie schon längst keine Unterwäsche mehr trug und nach einem tiefen Atemzug schob er ihr das T-Shirt soweit hoch, dass ihr Unterleib gänzlich freigelegt war. „Ich bin…“, drin, wollte er eigentlich sagen, aber das wäre nicht ganz richtig. “Was sehen Sie?“ „Moment“, murmelte er und ganz vorsichtig drückte er Yunas Beine auseinander. Kurz schwindelte es ihn und er hatte vorgehabt so etwas nie zu sehen, auch wenn er sich sonst ganz gerne zwischen Yunas Beine verlor. Heftig schluckte Kyo und musste sich räuspern. „Ich glaub ich sehe den Kopf“, sagte er das unausweichliche. “Sehr gut.“ „Na ich weiß ja nicht…“, nuschelte er vor sich hin und blickte immer wieder zwischen die Beine seiner Frau, die tapfer eine Wehe nach der anderen überstand. „Ich kann nicht mehr~“, jammerte diese dann und ihr liefen beinahe schon Tränen an den Wangen hinunter. „Was soll ich machen?“, fragte Kyo panisch und schaute zwischen dem Telefon und Yuna hin und her. „Wann kommt endlich dieser dämliche Arzt?“ “Bleiben Sie bitte ruhig, der Arzt wird bald bei Ihnen sein. Ist der Druck denn noch auszuhalten?“ „Nein, es tut so weh. Ich kann nicht mehr“, schrie Yuna nun beinahe die Dame im Telefon an und dafür hatte sie seine vollste Unterstützung. “Dann wird der Papa sein Baby jetzt wohl oder übel auf die Welt holen. Spreizen Sie ihre Beine so weit wie möglich, wenn es geht können Sie die Beine auch an ihren Körper nah heran ziehen.“ „Ich weiß wie das geht, ich hab schon mal ein Kind auf die Welt gebracht!“, brüllte nun Yuna und der Sänger selbst zuckte zusammen. Die Dame am Telefon ignorierte Yuna aber einfach und sprach mit ihrer ruhigen Stimme einfach weiter: “Bei der nächsten Wehe nehmen Sie alle Kräfte zusammen und pressen. Pressen sie alles raus.“ Kyo sah genau, dass Yuna noch etwas erwidern wollte, doch da kam ihr wieder eine Wehe dazwischen und sie konzentrierte sich lieber auf die Geburt und nicht das Gequatsche der Frau. Automatisch rutschte der Sänger näher heran und sah beinahe fasziniert zu, wie das Köpfchen immer weiter aus Yunas Vagina auftauchte. Das konnte einfach nicht gesund sein, zumindest sah es nicht gesund aus. Er wollte sich gar nicht vorstellen, was für Schmerzen das bei seiner Frau verursachte. Die Dame aus dem Telefon gab immer weitere Anweisungen, bis der Kopf ganz draußen war und dem Sänger beinahe das Herz stehen blieb. „Der Kopf…. Der Kopf, er ist draußen“, stotterte er vor sich hin und starrte mit zitternden Händen auf Yunas Unterleib. “Sehr gut. Bei der nächsten Wehe wird Ihr Baby geboren. Halten Sie sich bereit, am besten mit einem Handtuch, damit Sie es auffangen können. Wenn es dann auf der Welt ist, achten Sie darauf, dass es schreit und legen Sie es dann der Mutter auf die Brust und decken Sie es mit dem warmen Handtuch ab“, hörte er zwar die Worte, aber den wirklichen Inhalt hatte der Sänger ehrlich gesagt nicht verstanden. Aber das war auch egal, denn dann war die letzte Wehe da und sein Sohn fiel ihm sozusagen mit einem letzten Schwall Fruchtwasser in die Arme. Sein Herz setzte aus und seine Atmung für einige Sekunden ebenso. Erst als das Baby einen lauten Schrei von sich gab, traute er sich wieder Luft zu holen. “Wunderbar, legen Sie es Ihrer Frau auf die Brust und decken Sie es mit dem warmen Handtuch zu.“ Kurz besah er sich das rosige, aber für seinen Geschmack, winzige Baby, nahm es dann aber vorsichtig höher und hob es über Yuna, legte es ihr auf die Brust. Sofort umschloss sie das winzige Ding mit ihren Armen und drückte es an sich. Schnell erhob Kyo sich und nahm das Handtuch von der Heizung und legte es über das Baby. Yuna packte ihren neuesten Schützling sofort ein und strahlte ihn dann glücklich an. Allerdings konnte der Sänger nicht darauf reagieren, denn es klingelte an der Tür und er wollte schon meckern, wer sie dann jetzt störte, als ihm der Arzt einfiel. Sofort eilte er zur Tür und riss sie auf. „Sie sind zu spät“, sagte er sofort, ließ die Männer aber rein, die sich sofort ihren Weg zu Yuna und dem Baby bahnten. Eine Stunde später wurde ein Babybett an Yunas Krankenbett geschoben und gab den Blick auf einen winzigen Babyjungen frei. Er steckte in einem übergroßen Strampler und die weiße Mütze hielt das Köpfchen warm. Eine winzige Stupsnase und geschlossene Augen, die von dichten Wimpern umrahmt wurden, erkannte der Sänger in dem leicht zerknautschten Gesicht. Unter der Mütze lugten überall schwarze Haare hervor und gaben nur einen Teil der Haarpracht wieder. „Ein kerngesunder Junge, auch wenn der junge Mann sich vier Wochen zu früh auf den Weg gemacht hat“, schmunzelte die Ärztin, die er vorhin schon an der Strippe gehabt hatte. „Sie haben das übrigens ausgezeichnet gemacht“, lobt sie Kyo und der dachte sich verhört zu haben. „Wenn Sie meinen…“, sagte er aber nur und setzte sich zu seiner Frau ans Bett, strich ihr eine Strähne hinters Ohr. „Wie sieht es aus, können wir wieder nach Hause?“, wollte er dann aber wissen. Er hatte keine Lust im Krankenhaus zu bleiben und allein zu Hause wäre auch doof, weswegen er Yuna gerne wieder mitnehmen wollen würde. „Warten Sie noch zwei Stunden. In der Zeit kann ihr Kind schon die erste Mahlzeit zu sich nehmen und wir gehen auf Nummer sicher, dass ihrer Frau nichts fehlt. Wenn danach alles in Ordnung ist, können Sie wieder nach Hause gehen“, erklärte sie ruhig und der Sänger nickte. „Okay“, das war zumindest mal eine Ansage. Fünfzehn Minuten später hatte sich ihr Sohn fest an Yunas Brust gesaugt und nahm seine erste Mahlzeit in seinem Leben ein. Kyo saß bei den beiden und spielte mit einer von Yunas Haarsträhnen, während er seinen Blick einfach nicht von seinem Kind lassen konnte. Doch dann kam ihn ein Gedanke und er grinste. „Dai hat mich heute wieder gelöchert, dass ich ihm doch bitte den Namen verraten soll. Was denkst du, soll ich das Geheimnis lüften?“, fragte er Yuna, die ihn amüsiert ansah. „Den wird seine Neugier noch einmal umbringen. Aber nur zu“, nickte sie, ehe sie ihren Blick wieder auf das Kind in ihren Armen richtete. Mit diesem Vorhaben im Kopf stand Kyo auf und kramte sein Handy aus seiner Hosentasche. Nur nebenbei bemerkte er seine Blutbefleckte Kleidung, aber die war ihm jetzt so was von schnuppe, denn dafür würde er sie immer wieder schmutzig machen. Schnell suchte er die letzte Konversation mit Daisuke und tippte folgende Worte an seinen Freund: »Willst du immer noch den Namen vom Kyozwerg wissen?«, benutzte er nun mit Absicht diesen Namen und musste nicht sehr lange auf eine Antwort warten. »Selbstverständlich will ich das!« »Dann sag mal ‚Hallo‘ zu Sano Niimura.«, schrieb er und hängte gleich noch ein frisch geschossenes Bild mit dran »Mit seinen 2640 Gramm zwar bisschen leicht, aber bei einer Größe von 46 Zentimetern darf er das auch sein ;) « Im nächsten Moment vibrierte sein Handy in der Hand und zeigte einen Anruf des Gitarristen an. Lachend drückte er seiner Frau einen Kuss auf die Stirn und wandte sich dann von ihr ab um das Gespräch anzunehmen. Kapitel 98: Achtundneunzig -------------------------- Daisuke war mehr als perplex über die unerwartete Nachricht gewesen, aber er freute sich riesig für die beiden. Als Kyo dann auflegen wollte, weil er schnell mit einem Taxi nach Hause fahren wollte, um für Yuna ein paar frische Sachen zu organisieren und außerdem den Maxi-Cosi zu holen, bot sich stattdessen Daisuke an die Sachen schnell zu holen und sie aus dem Krankenhaus nach Hause zu fahren. Auch wenn dieser schon überrascht war, dass sie überhaupt schon gehen durften. Zwei Stunden später kam der rothaarige Gitarrist dann tatsächlich mit den Sachen ins Zimmer und überreichte sie dem Sänger, der bis dahin bei seiner Frau am Bett gesessen hatte. „Ist euer Kyozwerg wirklich schon da?“, guckte Daisuke nach wie vor erstaunt aus der Wäsche und nachdem er Yuna herzlich begrüßt hatte, begab er sich an das kleine Babybettchen und zog ein wenig die weiße Decke zurück, damit er das Baby richtig ansehen konnte. „Du bist ja winzig“, sprach er gleich mit Sano und strich zärtlich mit seinen riesigen Fingern über die winzige Wange. Grinsend sah Kyo zu Yuna, die selbst amüsiert den Kopf schüttelte. Das Baby ließ sich aber nicht stören sondern schlief friedlich weiter. „Bei dir muss man ja aufpassen, dass man dich nicht kaputt macht“, blubberte der Gitarrist weiter und der Sänger machte einfach das, was wohl jeder machen würde. Er zückte sein Handy und filmte Daisuke dabei, wie er mit Sano redete und ihm immer wieder die zierliche Wange tätschelte. Irgendwann würde er das gegen den großen Roten verwenden, zwar hatte er noch keine Ahnung, wann das sein würde, aber der Tag würde kommen. Eine halbe Stunde später hatte Yuna sich in Ruhe ein paar frische Sachen angezogen, in denen sie sich auch wohl fühlte und sie suchte vorsichtig ihre ganzen Habseligkeiten zusammen. Kyo zog währenddessen seinem Sohn ganz vorsichtig einen weiteren Strampler an. Zwar hatten sie gerade Sommer, aber der Kleine war so winzig, da kühlte er noch schnell aus. Als er Sano in das dunkelblaue Stück gepackt hatte, hob er ihn hoch und hielt ihn sich vors Gesicht. Die viel zu langen Stramplerbeine hingen in der Luft und das Baby wirkte in dem Aufzug gleich noch eine Spur kleiner. Amüsiert beobachtete der Sänger, wie Sano begann sein Gesichtchen leicht zu verziehen und mühevoll öffnete das Baby nur minimal das linke Auge und blinzelte ihn kurz an, bevor er mit einem leicht knatschigen Geräusch das Auge wieder schloss, ganz so, als würde er sich beschweren, dass es so hell war. „Ich versteh dich vollkommen, aber du wolltest heute ja unbedingt schon auf die Welt kommen. Du hättest noch gemütlich vier Wochen bei Mama im dunklen Bauch wohnen können“, grinste er und drückte dann einen Kuss auf die weiche Babystirn, die halb von schwarzen Haaren bedeckt wurde. Das musste er Sano lassen. Er hatte schon eine ganz schöne Haarpracht und die ließ sich kaum unter der kleinen Mütze verstauen, denn überall lugten schwarze Haare raus. Sano kräuselte daraufhin nur kurz seine Nase und Kyo zuckte seine Schultern. Dann legte er das kleine Bündel vorsichtig in den bereitgestellten Maxi-Cosi und gurtete das Baby an. War das erledigt legte er noch vorsichtig die weiche Decke mit den aufgedruckten Teddybären drüber, dann waren sie eigentlich schon startklar. Yuna hatte dann auch schon ihre Entlassungspapiere bekommen, da alles in bester Ordnung war. Daisuke nahm daraufhin Yunas Tasche mit den Sachen, Yuna nahm nur sich ihrer selbst an und Kyo trug mit viel Fürsorge den Maxi-Cosi. Der Weg zum Auto zog sich etwas, da Yuna ein bisschen langsamer laufen musste, aber irgendwann hatten sie den Weg geschafft und sie luden alles und jeden in das Gefährt mit den vier Rädern. Geschickt lenkte der Gitarrist das Auto durch den spätabendlichen Verkehr und der Sänger schaute immer wieder nach hinten, wo seine Frau und der neugeborene Säugling gut und gesichert verstaut waren. „Keine Angst, ich nehme ihn nicht mit zu mir nach Hause“, sprach Daisuke ihn von der Seite an und der Sänger guckte sofort wieder nach vorn. „Hab ich nicht…“, blubberte er und es kroch ihm eine leicht unangenehme Wärme die Wangen hinauf, bis zu den Ohren. „Du wirkst aber so.“ „Stimmt doch gar nicht“, wiedersprach Kyo sofort und unterdrückte den Drang schon wieder auf die Rückbank zu lunchen. „Oh doch, aber tröste dich, mir würde es ganz sicher genauso gehen“, griente der Gitarrist. Der blonde Japaner brummelte daraufhin nur leise vor sich hin, schaute aber auch nicht wieder nach hinten, diesen Triumph wollte er Daisuke nicht geben. Nach ein paar weiteren Minuten hielten sie dann auch schon vor ihrem Haus und Daisuke war noch so frei und half ihnen beim Hereintragen. Viel länger hielt er sich bei ihnen dann aber auch nicht mehr auf und mit verabschiedenden Worten stieg er wieder ins Auto und fuhr wieder nach Hause. Endlich hatten sie wieder ihre Ruhe und Kyo erschrak einen Moment, als er das ganze Chaos in ihrem Wohnzimmer und auch in der Küche entdeckte. Verdammt, da war ja noch was gewesen. „Ich glaube wir sollten erst mal wieder Ordnung machen“, war es auch Yuna aufgefallen, doch Kyo schüttelte den Kopf. „Wir schon mal gar nicht. Du machst es dir mit unserem Sohnemann mal schön im Sessel gemütlich, ich räume in der Zeit alles auf“, schob er sie schon gleich auf dieses Möbelstück zu. Kaum hatte sie sich darauf nieder gelassen, wuselte Kyo sofort zum Maxi-Cosi und befreite das schlafende Baby von der Decke und vom Sitz. Vorsichtig trug er Sano zu Yuna und legte ihn in ihre Arme. Beiden drückte er einen Kuss auf die Stirn, dann krempelte er seine Ärmel hoch und versuchte so schnell wie möglich das Chaos zu beheben. Zum Glück hatten sie das Wohnzimmer noch nicht renoviert und hier sah eh noch alles ziemlich durcheinander aus. Deswegen kümmerte ihn auch der eine oder andere Fleck nicht, denn den würden sie in ein paar Wochen eh nicht mehr sehen, da sie den Boden eh komplett neu verlegen wollten. Nachdem das Wohnzimmer wieder halbwegs ansehnlich war, kämpfte er sich in die Küche vor. Dort sah die Sache schon wieder ganz anders aus, denn die war vor wenigen Tagen fertig geworden und der Sänger konnte nichts anderes machen, als den Wischeimer zu holen und die ganze Küche komplett durchzuwischen. Zwar hatten sie das meiste an Fruchtwasser schon aufgewischt, aber Hygiene war nach wie vor das Wichtigste. Somit schwang er den Wischer und kroch damit in jede erdenkliche Ecke. Nach knapp einer Stunde war er fertig und sprang anschließend gleich unter die Dusche. Seine Klamotten landeten gleich im Müll, denn die Flecken waren mittlerweile so eingetrocknet, die würden sie nie mehr heraus bekommen und eine neue Jeans, sowie ein T-Shirt, das konnte er sich dann gerade so noch leisten. Seine Haare waren noch feucht, als er wieder ins Wohnzimmer kam und mit einem Schmunzeln stellte er fest, dass sein Sohn wohl schon wieder Hunger hatte, denn er hing saugend an Mamas Brust und zog genüsslich schmatzend die Muttermilch in sich rein. „Hast du deine Eltern eigentlich schon informiert?“, fragte Yuna nach ein paar Minuten des Schweigens, wo sie beide nur auf das Baby geschaut hatten. „Nein, ich wollte sie morgen Nachmittag anrufen“, gab er zu. „So spät erst?“ „Ja, ich bin egoistisch und will die ersten Stunden nur mit euch beiden verbringen. Würden wir jetzt anrufen, oder morgen früh, da weiß ich ganz genau, dass die Mädchen meine Eltern so lange bequatschen, bis sie den Ausflug abblasen und stattdessen hier her kommen“, antwortete er ruhig. „Kannst du es ihnen verübeln?“, grinste Yuna daraufhin. „Nein, natürlich nicht. Aber ich sage trotzdem erst morgen Bescheid“, ließ er sich nicht weiter umstimmen und beugte sich zu Yuna, um ihr einen süßen Kuss auf die Lippen zu drücken. Kapitel 99: Neunundneunzig -------------------------- Die Nacht verging äußerst entspannt und der Sänger hatte so gut geschlafen, wie schon lange nicht mehr. Allerdings wunderte es ihn schon, denn schließlich hatten sie nun ein Baby mehr im Haus und da hieß es ja eigentlich eher, dass man weniger Schlaf bekam. Dementsprechend konnte er nicht mehr einschlafen, da ihn sofort eine Unruhe befiel. Vorsichtig, um Yuna nicht zu wecken, schmiss er die leichte Decke von sich und stellte seine nackten Füße auf den kalten Boden. Ein kleiner Schauer durchzuckte ihn und es fröstelte den Sänger kurz, aber seine Hausschuhe waren mal wieder überall und nirgends, aber eindeutig nicht vor seiner Bettseite. Doch das Schaudern verging recht schnell und leise tapste der Sänger barfuß aus dem Zimmer und nahm gleich das Babyfon mit, welches ganz unschuldig auf Yunas Nachtschränkchen stand. Auf leisen Sohlen schlich er durch das Haus, bis er beim Kinderzimmer angekommen war, welches sie Sano zugeordnet hatten. Die angelehnte Tür stieß er leise auf und er tapste mucksmäuschenstill ins Kinderzimmer, bis hin zum Babybett. Da drin, friedlich schlafend, sah er seinen Sohn liegen und wie von alleine breitete sich ein Lächeln auf seinen Zügen aus. Die kleine Brust hob und senkte sich bei jedem Atemzug und Kyo war gleich viel beruhigter. Alles schien in Ordnung zu sein und er hatte das Verlangen nach Nahrung seines Sohnes scheinbar nur überhört. Zufrieden zog er sich wieder zurück und er steuerte das Bad an, wo der Sänger sich für den Tag fertig machte und ausgiebig seine Zähne putzte. War das erledigt bog er in die Küche ab und bereitete ein reichhaltiges Frühstück zu. Das konnten sie wahrlich gebrauchen, da sie gestern ja ganz subtil um ihr Abendbrot gebracht wurden. Also schlug er ein paar Eier in der Pfanne auf und suchte sich aus dem Kühlschrank noch ein paar Streifen Bacon. Nach und nach gab er alles in die große Pfanne und bereitete damit ein leckeres, herzhaftes Rührei zu. Die Brötchen schob er währenddessen auch in den Ofen und der Kaffee blubberte auch schon fröhlich durch die Kaffeemaschine. Von den ganzen Gerüchen wurde scheinbar seine Frau auch bald angelockt, die irgendwann verschlafen in die Küche getapst kam. „Guten Morgen“, murmelte sie schläfrig und der Sänger drehte sich ein wenig erschrocken um, da er sie nicht hatte kommen sehen. „Guten Morgen“, gab er bereitwillig zurück und beugte sich zu ihr hinab um ihr einen süßen Kuss auf die Lippen zu hauchen. „Du bist ja schon voller Tatendrang“, schmunzelte sie, als sie den Tisch für einen Moment betrachtet hatte. „Ein bisschen, ja“, gab der blonde Japaner zu und zauberte ihnen beiden das Rührei auf die Teller, bevor er sich um die, mittlerweile goldbraunen, Brötchen kümmerte. „Dann muss ich mich ja beeilen“, schmunzelte seine Frau und wuselt davon, so wie es klang, ins Bad. Während sie sich halbwegs frisch machte, gab er ihnen noch Kaffee in die Tassen und setzte sich danach an den Tisch. Keine Minute später kam Yuna wieder, zwar immer noch mit ihren Schlafsachen bekleidet, dafür aber mit gekämmten Haaren und einem wesentlich wacheren Gesichtsausdruck. „Setz dich“, sagte Kyo sofort und stand wieder auf, um ihr den Stuhl zu recht zu rücken. Kichernd nahm Yuna es hin. „Was ist denn bei dir kaputt? So aufmerksam warst du ja nicht mal in der Schwangerschaft“, neckte sie ihn natürlich sofort und der Sänger verdrehte gespielt seine Augen. „Wenn du es nicht zu schätzen weißt, dann höre ich eben gleich wieder damit auf“, zuckte er mit den Achseln und angelte sich selbst ein Brötchen, bevor er sich eine Gabel voll Ei in den Mund schob und friedlich drauf herum kaute. Mit Absicht ignorierte er seine Frau dabei, die ihn mit einem erbosten Gesichtsausdruck anstarrte, bis er sich selbst ein Grinsen nicht mehr verkneifen konnte und ihr dann doch den Brötchenkorb hin hielt. „Zu gütig“, murmelte sie, bevor Yuna selbst lachen musste und dann großzügig zugriff. Von den Leckereien angelockt wuselte wenig später Whisky um ihre Beine herum und der Sänger hatte den Mops schon das ein oder andere Mal, aus Versehen natürlich, getreten. Das schien den sonst so wehleidigen Hund diesmal allerdings gar nicht zu interessieren, denn seine einzige Aufmerksamkeit gilt nur jedem Krümel, welcher zu Boden segelte. „Whisky“, brummte Kyo, nachdem er schon wieder mit seinen nackten Zehen gegen dessen weichen, rundgefutterten Bauch gestoßen war. „Du kriegst nix, du bist zu dick.“ Daraufhin erntete Kyo nur ein träges Bellen und einen Zungenschlag zwischen seine Zehen. „Urgh… du hast mir jetzt nicht wirklich die Zehen geleckt?“, schaute er nun doch unter den Tisch und er konnte es nicht verhindern, dass er sehr entgeistert aus der Wäsche guckte. Yuna währenddessen kugelte sich halb auf ihrem Stuhl und ihr liefen beinahe die Tränen an den Wangen hinunter, so sehr amüsiert sie sich über das Schauspiel. Whisky schien Kyos Abtauchen unter den Tisch zudem noch als Einladung anzusehen, denn er stemmte sich sofort auf und stellte seine Vorderpfoten auf Kyos Knien ab und schaute ihn schwanzwedelnd und mit halb heraushängender Zunge an, lugte so unter dem Tisch hervor. „Die Nummer zieht bei mir nicht. Guck dir mal deinen Bauch an. Da kriegt man normalerweise drei von der Sorte satt“, sagte Kyo und kraulte das flauschige Körperteil. Wohlig knurrend schloss der Hund daraufhin seine Augen und man sah sehr deutlich an, dass er es mehr als nur genoss. Scheinbar nahm er alles was er von Kyo kriegen konnte, denn der blonde Japaner akzeptierte zwar den Hund, aber so wirklich viel Aufmerksamkeit hatte er dem flauschigen Ball bisher nicht geschenkt, außer er hatte irgendwas ausgefressen, dann war der Sänger natürlich der erste gewesen, der den Hund zusammen gestaucht hatte. Aber heute war er einfach viel zu gut drauf, als dass er sich von dem Flauschi ärgern ließ. Als er von dem Bauch abließ, öffnete Whisky seine Augen wieder und schaute den Sänger anklagend an, ganz so, als solle er doch bitte weiter machen und das noch eine ganze Weile. „Du kriegst auch nie genug, was?“, schüttelte er seinen Kopf und kraulte ordentlich dessen Ohren durch, bevor er ganz von dem Hund abließ. Doch der ließ sich nicht so einfach abschüttelt und stupste Kyos Hand immer wieder an, leckte sogar an den einzelnen Fingern und versuchte wirklich jeden Blick, damit der Sänger weiter mit seinen Streicheleinheiten machte. „Yuna~“, maulte er irgendwann, weil Whisky wirklich nicht mehr von ihm abließ und sogar langsam anfing mit bellen. „Whisky“, rief die junge Frau daraufhin nach dem Hund und klopfte nun bei sich auf den Oberschenkel. Einen Moment zögerte der Mops, doch sein Frauchen schien doch ein weniger höher auf der Symphatieliste zu stehen als sein Herrchen und mit wenigen Bewegungen hatte der Hund von Kyo auf Yuna gewechselt. Die wedelte daraufhin mit einem Stück Bacon vor dessen Nase herum und der Hund schaffte es sogar Männchen zu machen, bevor er wieder schnaufend mit seinen Vorderpfoten auf Yunas Knien zum Stehen kam und sich dann das Stück Bacon schnappte. „So wird das nie was mit seiner Diät, wenn du jedes Mal nachgibst“, tadelte der Sänger seine Frau ein wenig, die sofort schuldbewusst aufguckte. „Aber er ist doch mein Baby“, murmelte sie leise und versuchte Kyo mit ihrem liebsten Blick zu bestechen. „Ja, aber er soll sich noch bewegen können und nicht nur vom Rücken auf den Bauch kullern und wieder zurück“, neckte er sie weiter, woraufhin sie ihre Unterlippe nach vorn schob. „Aber apropos Baby“, fiel ihm jetzt ganz anderes ein und der Sänger stand auf, klopfte sich die letzten Krümel von seiner Hose und marschierte ins Kinderzimmer, wo er schon leichte Bewegungen an der Babybettdecke, beziehungsweiße dem Babyschlafsack, erkennen konnte. Wie erwartet war Sano wach und er blinzelte immer mal ein bisschen, blieb aber ansonsten ruhig. „Na mein Kleiner, wie war die erste Nacht?“, murmelte er und hob den Säugling vorsichtig hoch. Ein wenig knatschte das Baby, doch mehr passierte nicht und der Sänger lächelte. Nach wie vor befand er seinen Sohn als total winzig und er hatte schon ein wenig Sorge, dass er ihn nicht vielleicht doch zerbrechen könnte. Aber mittlerweile wusste er selbst, dass der Schein trug, denn Erina hatte auch nie Schaden genommen, denn diese war am Anfang auch ganz zierlich gewesen, nur nicht ganz so winzig Vorsichtig legte er seinen Sohn auf die Wickelkommode, befreite ihn vom Schlafsack und begann den kleinen Mann dann zu entkleiden. Es war zu niedlich, wie er immer wieder die Beine anzog und ein wenig unkoordiniert mit den Armen wedelte, aber ansonsten ließ er sich nicht stören und er betrachtete viel lieber die bunten Kuscheltiere, die sie in einiger Entfernung auf der Wickelkommode abgestellt hatten. Somit war es ein leichtes dem Kleinen eine frische Windel zu verpassen und ihn wieder ordentlich in einen Strampler einzupacken. Wenn es nach dem Sänger ginge, könnte das Baby weiterhin so ruhig bleiben, das würde viele Nerven schonen. Nachdem er einen Babyblauen Strampelanzug an den kleinen Mann gebracht hatte, zupfte er diesen noch etwas zu recht und beschaute sich kurz die vielen kleinen Autos, die drauf gedruckt waren. Unwillkürlich musste er grinsen und gleichzeitig den Kopf schütteln. „Da hat die Mama sich wieder nicht lumpen lassen und dir schön kitschige Sachen gekauft“, sagte er zu dem Säugling, welcher nur seine Beinchen anzog und sich eine halbe Faust in den Mund steckte. „Okay, ich merk schon, das interessiert dich nicht die Bohne, du willst lieber was zu futtern haben. Da will ich dir mal nicht im Weg stehen“, plapperte er fröhlich vor sich hin und kämmte noch kurz die dichten schwarzen Haare sanft durch, die sich prompt aufluden und wie explodiert abstanden. „Upps“, lachte er auf, beließ es aber dabei und nahm sich den kleinen Mann an. Gemeinsam gingen sie in die Küche, wo Yuna schon den Tisch abgeräumt hatte und Whisky gerade das Geschirr umlegte. Sie sah auf, als die beiden Männer die Küche betraten und lächelte. „Sano ist wach?“, fragte sie und Kyo nickte. „Jap und ich glaub er hat Hunger. Zumindest konnte die Faust gerade nicht weit genug in den kleinen Mund rein“, schmunzelte er. „Hm… ich wollte jetzt eigentlich mit Whisky raus“, verzog sie kurz das Gesicht. „Das wird wohl nix werden“, zuckte der Sänger mit den Schultern. „Aber während du Sano stillst, kann ich ja mit dem Dicken eine Runde drehen. Ich wollte eh mal wieder Joggen gehen“, musste er nun grinsen und Yuna lachte. „Das ist nicht dein Ernst?“, fragte sie amüsiert reichte dem Sänger aber die Leine und nahm stattdessen ihren Sohn entgegen. „Mein vollster Ernst“, nickte er aber nur. Zehn Minuten später hatte er sich ein paar bequeme Sportklamotten angezogen und den Hund, an der Leine führend, neben sich laufen. Mehr oder weniger. Kyo trottete gemütlich vor sich hin, während Whisky wirklich sehr unfreiwillig ein schnelleres Tempo an den Tag legte, das sah man dem Hund eindeutig an. Doch der Sänger achtete nicht weiter drauf und nach knapp einer Stunde kamen beide keuchend vor dem Haus zu stehen. Kaum waren sie drin, ließ der Mops sich erschöpft mitten im Flur fallen und der Sänger konnte nur mit dem Kopf schütteln. Er sagte Yuna noch kurz Bescheid und verkrümelte sich dann noch unter die Dusche. Danach plätscherte der Tag nur noch so dahin und am frühen Abend klingelte es bei ihnen an der Tür. Mit Absicht lief nur Kyo zur Tür und hatte im nächsten Moment eine Erina an seinen Beinen kleben. „Papa~“, quietsche sie fröhlich und strahlte ihn mit ihren kleinen Milchzähnchen an. „Hey, du kleine Motte“, grinste er und nahm sie hoch um ihr ein Küsschen auf die, vor Aufregung, gerötete Wange zu drücken. Kichernd sah sie ihn an und kuschelte sich an seine Seite. Danach trat er ein wenig zur Seite und ließ die anderen ein, begrüßte sie nacheinander und drückte auch Natsuki an seine andere Seite, die auch gleich ihre Arme um ihn legte. „Hattet ihr Spaß?“, fragte Kyo und hielt sich mit Absicht noch etwas im Flur auf. „Jaaa“, antworteten beide Kinder zusammen und der Sänger grinste breit. „Und ihr? Wieder ein paar graue Haare mehr?“, fragte er frech seine Eltern, die kurz gespielt böse schauten, dann aber auch in ein entspanntes Lachen ausbrachen. „Ja, war alles bestens“, nickte seine Mutter aber und strich Erina eine Strähne aus der Stirn, die sich aus einem der beiden Zöpfchen gelöst hatte. „Dann kommt mal rein, wir haben eine Überraschung für euch und zudem habe ich noch ein kleines Attentat vor“, versuchte er sein Grinsen zu unterdrücken und ging voran ins Wohnzimmer, wo Yuna mit dem Säugling auf dem Sofa saß und den kleinen Mann so präsentierte, dass man ihn auf keinen Fall übersehen konnte. Kapitel 100: Einhundert ----------------------- Noch immer bekam der Sänger das Grinsen nicht aus seinem Gesicht, als er am Montagmorgen zur Abreit fuhr. Das geilste war, solche dämlichen Gesichter würde er gleich noch mal zu sehen bekommen, da, außer Daisuke, niemand wusste, dass er schon am Freitag wieder Papa geworden war. Okay, das war nicht mehr ganz richtig. Denn gestern Abend hatte er ein Foto auf seinem Twitter-Account online gestellt und somit Stellungnahme zu den Fotos, zwei Monate zuvor, genommen. Das Foto war mit Hilfe seiner Eltern entstanden, die nach dem ersten Schock, zum Glück ein durch und durch positiver, sich bereit erklärt hatten ihnen zu helfen. Also hatten sie alle möglichen Utensilien zusammen getragen und sich am Ende zu fünft auf einer Decke breit gemacht, die sie im Wohnzimmer ausgebreitet hatten. Jeder hatte seine rechte Hand ausgestreckt, bis sie fünf einen kleinen Kreis gebildet hatten. Zunächst konnte man Kyos rechte Hand erkennen und zwar eindeutig an den Tattoos. Daneben lag Yunas, die mit ihrem Daumen Kyos kleinen Finger berührte. Yunas Hand folgte Natsukis, die mit ihrem Daumen ebenfalls eine Verbindung zu Yunas kleinem Finger hergestellt hatte. Bei Erina war es ein wenig schwieriger geworden, da sie immer ihre linke Hand vorstrecken wollte, was aber definitiv nicht ins Bild gepasst hätte. Doch irgendwann hatten sie die Kleine so weit gehabt, dass sie ihre rechte Hand hervor gestreckt hatte und sie mit ihrem Daumen Natuskis kleinen Finger berührte. Zu guter Letzt kam Sanos winzige Hand mit dazu, die sich leicht in Kyos Daumen krallte, aber auch mit dem kleinen Finger Erinas Daumen irgendwie berührte. Das alles ergab einen leicht unförmigen Kreis, aber das war nicht so wichtig. Wichtig war Kyo die Botschaft gewesen, die hieß, dass er wirklich Papa geworden war, allerdings nicht zum ersten Mal. Mit Absicht hatte er das Foto schwarz-weiß online gestellt und auch nur ihre Hände. Weder ein Gesicht, noch ein ganzer Arm waren drauf zu sehen und von Yuna und den Kindern würde es sowieso nie mehr geben. Eigentlich hatte der Sänger auch noch vor gehabt ein paar Worte dazu zu schreiben, doch ihm war einfach nichts Passendes eingefallen, zudem dieses Bild ja eh schon mehr sagte, als tausend Wörter es könnten. Nun war er gespannt wie Flitzebogen auf die ganzen Reaktionen, denn er hatte mit Absicht noch nicht nachgesehen und das wollte er auch erst im Studio tun. Dieses betrat er auch wenige Minuten später und selbst am Empfang konnte er schon ungläubige Blicke auf sich spüren, doch die ignorierte er gekonnt, denn mit den Leuten hatte er sowieso nie was am Hut. Gemütlich fuhr er mit dem Fahrstuhl nach oben und ließ sich alle Zeit der Welt. Zwar quälte er sich damit selbst auch, aber die anderen wurden ebenfalls auf die Folter gespannt, denn er wusste ganz genau, dass sie ihn gleich überfallen würden. Pfeifend tat er einen Schritt nach dem anderen und öffnete nach wenigen Metern die Tür. Schon von weitem konnte er Daisukes Grinsen erkennen, der es aber sofort versteckte, als Kaoru ihn anschaute. „Guten Morgen“, begrüßte er die Meute fröhlich und legte in aller Ruhe seine Sachen ab, wohlwissend, dass vor allem Kaoru gleich der Kragen platzen würde. Eine einstimmige Begrüßung bekam er zurück und als wäre nie was gewesen, begab er sich an seinen Arbeitsplatz. „Okay, spuck‘s aus, wann wolltest du es uns erzählen?“, schien Kaoru es dann nicht mehr auszuhalten und Kyo verbot sich auch nur annähernd ein Grinsen. „Hm? Was meinst du?“, fragte er gespielt ahnungslos, schenkte dem Leader nur einen ganz kurzen Blick und wendete sich wieder an seine Schriftstücke. „Hör auf mit dem Spielchen. Wann kam denn das Baby auf die Welt?“, konnte er den Lockenkopf scheinbar nicht beeindrucken und Kyo legte seine Utensilien wieder weg und strahlte dann einfach in die Runde. „Am Freitag, kurz nach dem ich nach Hause gekommen bin.“ Wie erwartet fielen allen beinahe die Knopfaugen aus dem Kopf, außer Daisuke, denn der wusste ja schon von seinem aufregenden Start ins Wochenende. „Einfach so?“, fragte nun Toshiya und der Bassist hatte deutlich Mühe seinen Mund zu schließen. „Ich gebe zu, ohne die Ärztin, die am Telefon war, hätte ich es sicher nicht geschafft, aber die hat meine panischen Ausbrüche einfach ignoriert und mich zu Dingen gezwungen, die ich eigentlich nie in meinem Leben vorgesehen hatte“, sprach der Sänger, immer noch strahlend. „Wie meinst du das?“, zog nun der Leader eine Augenbraue nach oben. „Klingt so als hättet ihr es nicht mehr bis ins Krankenhaus geschafft.“ „Haben wir auch nicht. Wir sind nicht mal bis zur Haustür gekommen“, gab Kyo zu. „Moment“, hob jetzt nun Kaoru wieder seine Hand und setzte sich gerade hin. „Willst du uns gerade erzählen, dass ihr das Kind zu Hause bekommen habt?“, schien der Leader es nicht ganz verstehen zu wollen. „Jap, genau das will ich damit sagen. Zwar habe ich nicht vor es jemals wieder zu tun, aber ich habe meinem Sohn eigenhändig auf die Welt geholfen“, nickte der Sänger, mit nicht gerade wenig Stolz gefüllter Brust. „Das glaube ich dir nicht“, blubberte Toshiya perplex und Shinya nickte nur überrascht. „Könnt ihr aber, ich hab sogar ein Beweißfoto“, mischte Daisuke sich nun ein, wischte kurz auf seinem Handy herum und zeigte den anderen dann ein Foto, wo Kyo mit seinen blutigen Klamotten im Krankenhaus stand und mit einem stolzen Grinsen ein Bündel im Arm hielt. „Das ist aber nicht bei euch zu Hause“, fiel es ihrem Drummer sofort zuerst auf. „Nein, kaum war Sano da, klingelte es an der Tür und der Krankenwagen war da, nur leider zu spät, was die eigentliche Geburt anging“, zuckte der Sänger mit seinen Schultern. „Ist euer Zwerg nicht aber ein bisschen früh dran? Oder ist euer Baby zu spät?“, blickte Shinya erst zu Kyo, lenkte seinen Kopf dann aber fragend an Daisuke. „Kyozwerg ist zu früh, scheinbar wollte er seinen Eltern jetzt schon sagen, wer denn nun die Hosen an hat“, antwortete der Rotschopf noch vor Kyo und für die dämliche Betitelung bekam dieser prompt einen Stift an den Kopf geworfen. „Ich hab dir gesagt, du sollst ihn nicht so nennen“, brummte der Sänger. „Sorry, aber der Kleine ist wirklich noch ein Zwerg. Bei dem hat man Angst was abzubrechen“, erzählte der große Rote den anderen gleich noch ein paar Details mehr. „Wo soll die Größe auch herkommen?“, warf Kaoru vom anderen Ende des Raumes ein, da dieser zwischenzeitlich aufgestanden war und Kaffee für sie kochte. „Entschuldigt bitte, ich sitze immer noch zwischen euch.“ Also wirklich, wieso drehten die Idioten jetzt den Spieß einfach um? Er hatte doch gerade noch das Ass im Ärmel. Tja, scheinbar hatte er es wohl ein wenig zu früh ausgespielt. „Aber eines muss ich sagen, der Knirps ist wirklich niedlich. Zeig doch mal paar Fotos, dein Handy wird doch bestimmt schon vor lauter Schnappschüssen platzen“, bohrte sich ein Ellenbogen schmerzlich in seine Seite, doch der Sänger konnte Daisuke nicht mal böse sein, denn der Gitarrist hatte recht. So oft wie möglich drückte der blonde Japaner auf den Auslöser, damit auch jede Sekunde seines Sohnes festgehalten wurde. Also kramte er sein Handy hervor und suchte in seinen Apps nach der richtigen und reichte das kleine mobile Ding dann einfach rum. Dann hatte er auch wirklich erst mal seine Ruhe, denn die anderen vier hingen an dem kleinen Bildschirm und konnten sich scheinbar gar nicht mehr satt sehen. Kopfschüttelnd holte er sich seinen Laptop und loggte sich auf Twitter ein. Sofort wurde er von Kommentaren und Likes beinahe erschlagen. Sekündlich kamen neue dazu und er kam gar nicht mit gucken hinterher. Fasziniert beobachtete der Sänger, wie die User sich überschlugen. Einige Kommentare überflog er und die meisten schickten einfach nur ihre Glückwünsche. Viele wirkten auch überrascht, dennoch erfreut über seine Botschaft und sie verteidigten ihn sogar, da Neidgenossen unter ihnen waren, die alles nur als Fake hielten und scheinbar nichts von dem Foto glaubten. Aber das war ihm so was von egal, denn er wusste, was in seinem Leben real war und was nicht, dafür brauchte er keine Möchtegernfans. Selbst andere Künstler waren unter den Gratulanten, die genauso überrascht von seinem Foto waren, wie die Fans und er war ja schon ein bisschen stolz drauf, dass er sein Privatleben in der Hinsicht wirklich privat gehalten hatte. Bei ihm stand nicht eben mal ein Reporter vor der Tür, worüber er sehr dankbar war. Nach einer halben Stunde hatte der Sänger dann allerdings genug davon und weil seine Kollegen noch immer an seinem Handy klebten, mussten jetzt wohl härtere Maßnahmen ran, als nur ein stetiges Auffordern mit Wörtern. Sein Laptop war schnell herunter gefahren und ebenso schnell war er zu seiner Band gewandert, die nicht mal aufsahen, als er sich ihnen näherte. „So, ihr habt genug in meinen privaten Fotos geschnüffelt. Lasst uns endlich mal was machen heute“, klatschte er in seine Hände und schnappte sich sein Telefon wieder. Aufgeregte Hey-Rufe, wie Hinweise darauf, dass sie noch gar nicht fertig waren, ignorierte Kyo gekonnt. Stattdessen ließ er das kleine Teil in seine Hosentasche verschwinden und ging zu einem der Mikros. Jetzt wurde erst mal Musik gemacht. Kapitel 101: Einhunderteins --------------------------- Toshiya Pov. Ziemlich erschöpft, aber durchaus zufrieden schloss der großgewachsene Mann seine Wohnungstür auf, drückte auf den Lichtschalter und schmiss danach schon von weitem sein Schlüssel auf die kleine Kommode, die direkt neben der Tür stand. Zu seinem Glück landete der Schlüssel nicht wieder hinter dem Schrank, denn heute hatte er wirklich keine Lust mehr die halbe Einrichtung von der Wand wegzuziehen, da er sonst nicht mehr an seinen Schlüssel heran kam. Da aber der Schlüssel heute mal vor dem Abgrund liegen blieb, kümmerte er sich nicht weiter darum, sondern seine Augen durchforsteten, mit Hilfe seiner Finger, die Post weiter. Vielleicht sollte er sich angewöhnen doch wieder öfters in den Briefkasten zu schauen und nicht nur aller drei bis vier Tage. Aber außer Rechnungen fand meist nichts anderes den Weg in das kleine eckige Teil und so nötig hatte er die auch nicht. Zwar brach bei ihm nicht gleich der Schweiß aus, so wie bei vielen anderen, wenn sie nur das Wort Rechnung hörten, aber ohne kam Toshiya eigentlich auch ganz gut zu recht. Nachdem alle durchgegangen waren und er festgestellt hatte, dass sie alle nicht wirklich drängten, besah er sich den letzten Brief aus dem Stapel. Der war mal keine Rechnung, aber der Brief kam auch nicht aus Japan und das machte ihn dann doch neugierig. Während er seine Schuhe beim Laufen verlor, ging der große Mann in sein Wohnzimmer und zog nur nebenbei den Reißverschluss seiner schwarzen Stoffjacke herunter. Während seine Finger schon an dem Papier herum hantierten ließ er sich auf den weichen Stoff seiner Couch nieder und nachdem das Loch groß genug gepuhlt war, zog er den Brief aus dem Umschlag und faltete ihn auseinander. Für einen Moment verstand der smarte Mann nur Bahnhof und die Wörter verschwammen vor seinen Augen. Welcher Idiot kam auf die Idee einem reinen Japaner einen englischen Brief zu schreiben? Denn außer der Begrüßung ‚Mister Hara‘, machte für ihn alles keinen Sinn. Vielleicht sollte er demnächst doch mal einen Englischkurs besuchen, damit er das Kauderwelsch wenigstens verstehen konnte und nicht komplett dumm starb. Doch ganz so kampflos wollte Toshiya sich nicht geschlagen geben und er zog sein Smartphone aus seiner Jackentasche. Da musste eben die altbekannte Suchmaschine mit integrierten Übersetzer stand halten, wobei man sich auf das Ding auch nicht wirklich verlassen konnte, aber so bekam er wenigstens ein paar Brocken übersetzt und konnte eventuell den gröbsten Sinn des Briefes in Erfahrung bringen. Nach einer geschlagenen Stunde saß der Bassist noch immer auf seinem Sofa. Nur diesmal hatte er seine Jacke schon ausgezogen, ein Blatt vor sich liegen, genauso wie einen Stift, sowie den Brief und scrollte fleißig in seinem Handy herum, das ihm was ganz komisches ausgespuckt hatte. Das alles konnte nicht ganz stimmen, denn warum bitte solle er in einer Adoptionsfrage entscheiden müssen? Und wie sollte er den bitte der Vater eines Kindes sein? Scheinbar hatte der Absender sich ganz gewaltig vertan, denn zwischen Los Angeles und Tokyo waren schon ein paar Kilometerchen unterschied und die überwand er garantiert nicht nur so zum Spaß und mal eben in fünf Minuten. Apropos Absender, wer war das überhaupt? Schnell suchten seine Augen die Kopfzeile ab und fanden den Namen Natalie Cornwell. Noch nie gehört. Da er aber einfach nicht weiter kam, sackte Toshiya die Sachen wieder zusammen und legte alles auf einen Stapel. Er würde am nächsten Tag einfach mal Yuna fragen. Diese konnte den Brief ohne Probleme übersetzen und dann würde sich alles schon aufklären. Bekräftigend nickte der schlanke Mann sich selbst zu, bis ihm einfiel, dass Yuna ja gar nicht da sein würde. Wie konnte er denn bitte so doof sein? Die junge Frau hatte erst vor siebzehn Tagen ihr zweites Kind auf die Welt gebracht, sie hatte ganz gewiss keine Zeit sich um seine Angelegenheiten zu kümmern, zudem er da zu ihr und Kyo nach Hause fahren müsste und das wollte er eigentlich nicht. Nicht weil er die beiden nicht leiden konnte, aber wenn er ehrlich war, wollte er sie nicht stören. Toshiya wusste, dass sie ihn, wenn er wirklich ein Problem hatte, nicht einfach vor die Tür setzen würden, aber genau das war das Problem, sie waren zu gutmütig. Okay, ihr Sänger würde ihn schon vor die Tür setzen, wenn es ihm zu bunt wurde, aber Yuna eben nicht und da diese ihren Mann auch außerordentlich gut unter Kontrolle hatte, würde er eben doch so lange auf deren Sofa verweilen, bis er von selbst aufstehen würde. Gut, da musste er eben Nora aufsuchen. Hoffentlich war sie morgen auch im Haus. Diese Frau war selbst so vielbeschäftigt, er hatte keine Ahnung wie sie überhaupt noch Schlaf fand. Denn egal was war, sie stand zu jeder Tag- und Nachtzeit auf der Matte. Ziemlich entmutigt stand Toshiya wieder von seinem Sofa aus und huschte in sein Badezimmer, wo er sich nur eine schnelle Dusche gönnte und sich danach gleich in sein Bett schmiss, vorher aber noch eine Boxershort und ein T-Shirt anzog. Kaum war das Licht gelöscht, kreisten seine Gedanken wieder um den Brief und wie der bitte an ihn hatte gelangen können. Natalie Cornwell. Immer wieder sprach er den Namen vor sich hin und versuchte sich irgendwie an eine Frau zu erinnern, die zumindest einen ähnlichen Namen hatte. Doch ein Gesicht zu dem Namen blieb ihm verwehrt und unter seiner ganzen Grübelei schlief er irgendwann ein. Ein stetiges Piepen holte Toshiya aus einem sehr unruhigen Schlaf. Ein wenig orientierungslos sah er sich um, bis er erkannte, dass er tatsächlich in seinem Bett lag. Mit einer geübten Handbewegung schlug er auf seinen Wecker nieder und brachte das kleine Miststück zum Schweigen. Stöhnend ließ er sich auf den Rücken sinken und fuhr sich mit seinen Händen durchs Gesicht. Das war eine beschissene Nacht gewesen und er fühlte sich kein bisschen erholt, eher wie nun total erschlagen. Doch es nützte alles nichts, er musste aufstehen. Also quälte der drahtige Mann sich nach oben und strich sich seine zerzausten, schulterlangen, schwarzen Haare zurück. So wie sie ihm daraufhin wieder ins Gesicht fielen, hätte er doch nicht mit nassen Haaren ins Bett gehen sollen, denn Toshiya wusste jetzt schon, dass er ganz bestimmt aussah, wie ein Donnerbesen. Darüber noch verstimmt stand er nun wirklich auf und zog sich nebenbei wieder das luftige Shirt über seinen Bauch, da es beim Schlafen bis fast zum Kinn gerutscht war. Gähnend enterte er sein Bad und wäre beinahe vor sich selbst erschrocken, als er sich im Spiegel entdeckt hatte. Seine Augen wirkten mehr als nur müde und die dicken Ringe unter seinen Augen behaupteten auch nicht gerade das Gegenteil. Von seinen Haaren fing er lieber gar nicht erst an, denn es war schon kein Vogelnest mehr, sondern eher ein zerrupfter Heuballen. „Das krieg ich doch nie mehr hin“, murmelte er sich selbst zu. Da blieb nur eine Möglichkeit. Er musste seine Haare erneut waschen und damit mal wieder ordentlich zu spät kommen und sich den Zorn ihres Leaders aufbürden. Der Gute war in den letzten Monaten eh schon ziemlich gereizt, wobei das seit der Eskalation mit Kyo, wo dieser ihrem Leader eine gezimmert hatte, nicht mehr ganz so extrem war, trotzdem konnten einem die Launenumschwünge des Mannes ganz schön in den Wahnsinn treiben. Vielleicht hatte Kyo doch Recht und ihr Ältester kam langsam in die Wechseljahre. Na ja, zumindest wusste Toshiya jetzt schon, dass der Tagesbeginn nicht besser werden würde, weswegen er sich nun auch keinen Stress mehr machte und seinen Haaren das gab, was sie verlangten, um danach glatt sein Gesicht zu umranden. Das dauerte beinahe zwei Stunden, da gewisse Pflegeprodukte auch gewisse Einwirkzeiten hatten. Als er endlich wieder aussah wie ein Mann, zumindest seine Haare, zog er sich noch schnell eine durchlöcherte Jeans an und ein übergroßes T-Shirt, was er selbst mit entworfen hatte. Damit war er fertig für den Tag und mit schnellen, routinierten Handgriffen schnappte er sich seine Sachen und verließ seine Wohnung. Bis zu seinem Arbeitsplatz verging auch beinahe noch eine halbe Stunde und als er das Studio betrat, schallte ihm gleich die liebenswürdige Begrüßung entgegen, die Toshiya schon erwartet hatte: „Du bist zu spät.“ „Ich weiß, sorry, hatte einen kleinen Notfall“, murmelte er und entledigte sich seine Sachen, bevor er sich an seinen Arbeitsplatz setzte. „Gab es Tote oder Verletzte?“, fragte Kaoru. „Nein, nur Kollateralschaden.“ „Dann war’s kein Notfall“, brummte ihr Leader und Toshiya verdrehte nur seine Augen. Er kümmerte sich aber nicht weiter drum, sondern verkroch sich in seiner Arbeit, bis ihm ein Kaffeebecher vor die Nase geschoben wurde. Verwundert sah der Bassist auf und blickte in Shinyas sanftes Gesicht. „Ich glaube eine Pause tut dir ganz gut“, lächelte der Drummer und verkroch sich dann wieder in seine eigene Ecke. Kopfschüttelnd schaute er ihn hinterher, stellte dann aber wirklich sein Musikinstrument beiseite und nahm sich den Becher zur Hand um einen kräftigen Schluck zu trinken. Da das sein erster Kaffee war, trank er ihn auch ziemlich schnell aus und als er sich nachschenken wollte, fiel sein Blick auf seine Tasche, wo ein Fetzen des Briefes hinaus lugte. Da sie ja gerade eh eine Pause machten, konnte er auch genauso gut mal die Chance nutzen und Nora um Rat fragen, vorausgesetzt er konnte sie überhaupt finden. Gesagt, getan. Zehn Minuten später klopfte er an eine angelehnte Holztür, hinter der sich angeblich Nora befinden sollte. Nach einem weiblichen Ruf, schob er die Tür ein bisschen auf und lugte vorsichtig mit seinem Kopf durch den Spalt. Tatsächlich saß die engagierte Frau hinter einem Schreibtisch und schien noch ziemlich in ein paar Papieren vertieft zu sein. Doch plötzlich schaute sie auf und traf damit genau Toshiyas Blick. „Toshi, was machst du denn hier?“, fragte sie sofort, aber freundlich und schenkte ihm ein Lächeln. „Hi. Ehm… ich bräuchte mal deine Hilfe“, begrüßte er sie gleichzeitig mit einer Verbeugung und trat letzten Endes ganz ein. „Klar, setz dich“, deutete sie ihm gleich einen Stuhl vor dem Schreibtisch an. Schnell schloss er die Tür hinter sich und nahm Platz, spielte noch ein wenig mit dem Papier in seinen Händen herum, bevor er sich einen Ruck gab und den an Nora weiter reichte. „Könntest du mir den vielleicht übersetzen? Ich hab’s gestern schon allein versucht, aber da kam nur unmögliches Zeug bei raus“, brachte er seine Bitte ans Licht. Verwundert, aber nicht abgeneigt griff sie sich das, schon ziemlich zerknitterte, Blatt und faltete es auseinander. Ohne Miene las sie sich den Text durch, runzelte danach die Stirn und schien danach noch einmal von vorn zu lesen. Diese Reaktion half nicht gerade, dass er ruhiger wurde, viel eher begannen Toshiyas Handflächen zu schwitzen und er wischte sie sich gefühlt aller zwei Sekunden an seiner Hose ab. „Und, was steht drin?“, musste er es einfach wissen und sein Herz hämmerte mittlerweile wie verrückt in seiner Brust, warum, dass konnte er sich ehrlich gesagt nicht erklären. „Nun…“, begann Nora, sah ihn kurz an, leckte sich mit ihrer rosa Zunge die Oberlippe und schielte wieder auf das Blatt Papier. „Ja?“, hakte er nach und Toshiya hatte beinahe das Gefühl, dass er vor Neugier platzte. „Okay. Also hier steht, dass du die Rechte an deinem Kind abtreten und einer Adoption zustimmen sollst, sobald es geboren wurde.“ Kapitel 102: Einhundertzwei --------------------------- Toshiya Pov. „Was?“, fragte der Bassist entgeistert und starrte die Frau vor sich beinahe in Grund und Boden. „Eine gewisse“, Nora schielte auf den Brief „Nathalie Cornwell ist von dir Schwanger und möchte das Baby anscheinend nicht. Aber ohne deine Zustimmung kann sie es nicht zur Adoption freigeben.“ „Aber… das kann doch gar nicht sein. Ich kenne keine Nathalie Cornwell, woher denn auch? Ich lebe in Japan und der Brief ist ganz eindeutig aus den Staaten“, fand er dafür einfach keine Erklärung und so mitleidig wie Nora ihn gerade ansah, konnte sie es auch nicht verstehen, allerdings auch nicht ändern. „Ich weiß es nicht, aber das steht alles hier in dem Brief. Du sollst dich umgehend mit den dafür zuständigen Behörden in Verbindung setzten, da der errechnete Geburtstermin schon in fünf Wochen sein soll“, blieb sie ruhig, ganz im Gegensatz zu dem Bassisten. In seinem Kopf drehte sich alles und er musste sich an die Stuhllehnen klammern. Das alles machte doch überhaupt keinen Sinn. „Kannst du dich vielleicht an eine Ausländerin erinnern, mit der du, vorzugsweiße vor acht bis neun Monaten, geschlafen hast?“ Darüber musste der Bassist nun wirklich nachdenken. Aber das war schon wieder so lange her und er schließlich auch nicht mehr der Jüngste. „Ich… weiß nicht. In dem letzten dreiviertel Jahr ist ziemlich viel passiert“, murmelte er vor sich hin. Genauso viel waren sie unterwegs gewesen und auf genau diesen Ausflügen hatte er auch die eine oder andere Bettpartnerin getroffen. Zudem ihm nur asiatische Gesichter vor seinem geistigen Augen erschienen. „Hm…, also ich würde dir raten, dass du dich wirklich mal mit denen in Verbindung setzt und der ganzen Sache auf den Grund gehst. Vielleicht ist es wirklich nur ein Missverständnis und irgendein Groupie will dir nur ans Geld oder an die Wäsche“, schließlich gab es das zur Genüge, wie irgendwelche billigen Weiber sich an die Leute mit viel Geld und ordentlich Status heran machten. Von daher war er von Noras Vorschlag überzeugt und kurzerhand schrieben sie zusammen eine E-Mail um der ganzen Sache auf den Grund zu gehen. „Ich melde mich dann, wenn ich eine Antwort habe.“, beendete Nora ihr Gespräch und nickend verabschiedete er sich. Während er wieder in ihre Studioräumlichkeiten schlich, kreisten seine Gedanken die ganze Zeit um den Brief und dessen Inhalt, der dann ja doch nicht viel anders war, wie er es schon zustande bekommen hatte. Nun hieß es also warten. Die Arbeit half ihm, um die Zeit zu überbrücken, bis am späten Nachmittag ein leises Klopfen an der Tür zu vernehmen war. Alle fünf Köpfe der Band schauten zu der Tür, in welche wenige Sekunden später Nora erschien. Sie scannte den Raum ab, bis sie ihn in seiner Ecke entdeckte und mit einer Handbewegung andeutete, dass er ihr folgen sollte. Nickend legte Toshiya seinen Bass zur Seite und murmelte entschuldigende Worte, dann war er auch schon durch die Tür hindurch getreten und folgte Nora in deren Büro. Schweigend nahmen sie beide Platz und in dem Bassisten stieg schon wieder die Nervosität empor. Seine Hände waren schon wieder schweißnass und sein Herz hämmerte schneller in seiner Brust. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass es mit dieser einen E-Mail nicht getan war. „Ich habe eine Antwort bekommen“, sagte Nora auch gleich und Toshiya hätte sie am liebsten geschüttelt, da sie nicht weiter sprach, sondern eher mitleidig zu ihm rüber sah. „Und?“, hakte er also nach. „So wie es aussieht, ist eine Aufklärung über einen einfachen Schriftaustausch nicht möglich. Ich glaube das Beste wäre, wenn du dich so schnell wie möglich in einen Flieger setzt und das mit der Dame direkt klärst. Vielleicht weißt du ja dann auch, wer dir ein Kind andrehen will“, erklärte Nora. „In der Antwort steht nämlich drin, dass sie ganz genau weiß, dass du, also Hara Toshimasa, der Vater seist und sie dafür keinen Vaterschaftstest bräuchte, ihn aber dennoch machen wird, sobald das Baby da ist.“ Das konnte doch alles nicht richtig sein. Wie um alles in der Welt hätte er eine Frau schwängern sollen, die in den USA lebte und nicht hier in Japan. Okay, sie hätte hier Urlaub machen können, oder er hätte zu der gegebenen Zeit im Amerika sein müssen, doch daran müsste er sich doch erinnern. Außer auf Tour waren sie doch gar nicht bis über die Grenzen Japans gekommen. Scheiße. Die Tour! Oh Gott. Wann noch mal war er so ziemlich besoffen durch die Straßen getorkelt? Mit einem zierlichen Wesen in den Armen. „Oh mein Gott!“, sprach er sein Entsetzen diesmal laut aus, da es ihm wie Schuppen von den Augen fiel und Nora schaute sofort zu ihm. „Was?“, fragte sie sofort alarmierend nach. „Wann genau waren wir auf Tour gewesen?“ „Ihr habt erst vor drei Wochen eure letzte hier beendet“, war ja klar dass die Frau sogar darüber bestens informiert war, aber diese meinte er nicht. „Nein, ich meinte die, wo wir auf Übersee waren, vorzugsweise in Amerika“, schüttelte der schlanke, nun auch ziemlich blasse, Mann den Kopf. „Ach so. Dann Ende November, bis Mitte Dezember letzten Jahres“, sagte sie ruhig und musterte Toshiya genau, bis bei ihr scheinbar auch der Groschen fiel. „Moment!“, hob sie daraufhin ihre Hand und bedeutete dem Bassisten nichts zu sagen, was er eh nicht vor hatte. „Ich kann mich dunkel daran erinnern, dass du da einen kleinen Absturz hattest“, kniff sie ihre Augen zusammen und schaute ihn tatsächlich tadelnd an. Wann hatte Toshiya sich das letzte Mal gefühlt wie ein ungezogener Junge? Er konnte sich wirklich nicht mehr daran erinnern, bis heute. „Klein ist er jetzt wohl nicht mehr“, murmelte er daraufhin reumütig und fuhr sich durchs Gesicht. „Das ist nicht lustig“, brummte Nora. „Siehst du mich lachen?“, feuerte der Bassist gereizt zurück. Toll, jetzt verlor er noch gänzlich die Nerven und ging die hilfsbereite Frau vor ihm auch noch an. „Jetzt weißt du aber wenigstens, wer Nathalie Cornwell ist“, schien Nora zumindest etwas Gutes aus der Sache ziehen wollen und ignorierte seinen Ausbruch einfach, doch wieder schüttelte er seinen Kopf. „Da muss ich dich enttäuschen, der Name sagt mir immer noch nichts und ein Bild liegt dafür auch noch nicht in meinem Schädel bereit“, widersprach er sofort. „Dann, mein lieber Toshiya, wirst du wohl oder übel deine Sachen packen und der netten Dame einen Besuch abstatten.“ „Und wie erkläre ich das den Jungs? Ich bin dann mal weg?“, schnaubte er. „So, oder du erklärst ihnen die Sache, wie sie nun mal ist. Zwar werden Inoue und Kaoru nicht gerade Freudensprünge machen, doch was sollen sie schon dagegen ausrichten können, außer schimpfen wie zwei Rohrspatzen, denen das Futter geklaut wurde?“, schmunzelte sie sogar. „Und das wird auch das einzig richtige sein und ich weiß ganz genau, dass du nicht eher wieder ruhig schlafen wirst, bis die Sache geklärt ist. Außerdem bist du doch ein erwachsener und vernünftiger Mann – meistens zumindest –, der nicht einfach so den Schwanz einzieht, sondern sich der Verantwortung stellt“, beendete sie ihren kleinen Vortrag. „Du hast recht, ich hab mir die Scheiße eingebrockt, dann muss ich sie auch wieder gerade biegen, gesetz dem Fall ich bin wirklich der Vater.“ „Genau“, nickte sie und schloss ihren Laptop. Das war dann wohl das Zeichen und Toshiya erhob sich. „Danke für deine Hilfe, ich werde mich heute Abend gleich um alles kümmern. Kannst du vielleicht nach einer Dolmetscherin für mich Ausschau halten? Ohne unterschreibe ich vielleicht noch Dinge, die ich am Ende mein ganzes Leben bereuen werde.“ „Klar, das ist kein Problem.“ Daraufhin war das Gespräch wirklich beendet und nun musste sich der Bassist nur noch überlegen, wie er das seiner Band beibringen sollte und vor allem, was in der Zeit mit den anstehenden Konzerten passieren sollte. Da wartete nun noch einen Haufen Arbeit auf ihn. Kapitel 103: Einhundertdrei --------------------------- Vorsichtig legte der Sänger das Baby vor sich auf das Sofa und zog Sano den Strampelanzug aus, damit dem Kleinen nicht zu warm wurde. Zwar war es draußen schon ein wenig kühler geworden, aber im Studio selbst war es noch ziemlich warm, da sie die stickige Luft einfach nicht mehr aus dem Raum bekamen. Und statt zwei dicken Anzügen, reichte auch nur einer aus. Wieder anziehen konnte er das Ding dem Kleinen immer noch. Mittlerweile war sein jüngster Spross schon fünf Wochen alt und hatte in dieser Zeit zumindest schon mal das Gewicht und die Größe eines normal geborenen Babys erreicht. Trotzdem war der Knirps nach wie vor winzig und es war noch immer eine Leichtigkeit ihn die ganze Zeit auf dem Arm durch die Gegend zu tragen. Noch dazu war er ein ganz angenehmer Zeitgenosse, wobei der Sänger immer mehr die Ahnung beschlich, dass sein Sohn einfach nur faul war. Sano schrie fast nie. Selbst wenn er Hunger verspürte nuckelte er lieber an seiner Hand, anstatt mal einen Ton von sich zu geben. Nicht mal wenn dessen Windel aus allen Nähten platzte zuckte er, nein, viel lieber schien er sich noch in der Wärme um seinem Popo baden zu wollen. Kyo verstand seinen Sohnemann wirklich nicht. Einzig wenn man ihn erschreckte, da konnte Sano richtig aufdrehen und das ganze Haus zusammen brüllen. Letztens hatte er nur ausversehen einen Schnipsel Papier fallen lassen, ausgerechnet in Sanos Blickfeld. Kyo hatte noch immer das Zucken von dem kleinen Körper im Kopf und wie er danach angefangen hatte zu schreien. Zuerst war der Sänger wirklich überrascht gewesen und er hatte sich tatsächlich gefreut, dass sein Sohn auch mal Radau machen konnte, doch nach einer halben Stunde ununterbrochenem Geschrei war seine Freude gänzlich verraucht gewesen und stattdessen hatte sich langsam Verzweiflung breit gemacht. Selbstverständlich war es genau so ein Tag gewesen, wo niemand anderes zu Hause gewesen war, nur er und sein schreiendes Baby. Wie er den Kleinen ruhig bekommen hatte, das wusste er immer noch nicht, aber seit dem achtete er penibel genau darauf keine falschen Bewegungen zu machen, wenn sein Sohn in der Nähe war. Sorgfältig stopfte er den ausgezogenen Strampelanzug in den Maxi-Cosi und schob dabei das Gestell, auf welchen das Teil stand, aus Versehen ein Stück weg. Grummelnd zog er das gesamte Ding wieder näher und beförderte die kleine Mütze gleich hinterher. Nach wie vor konnte der Sänger sich mit dem Ding einfach nicht anfreunden, einzig weil das Teil wirklich praktisch war, hatte er einem Kauf dafür zugestimmt. Deswegen ließ er auch nie eine Gelegenheit aus, um über den ‚Kinderwagen‘ zu schimpfen. Ein relativ billiges Gestell, worauf man nur einen Babykindersitz schnallen konnte war für ihn einfach kein Kinderwagen, nicht mal ein Kinderwagenersatz, einzig ein praktisches Teil um sein Kind nicht immer mit sich herum schleppen zu müssen, wobei er das eigentlich am liebsten tat. Brummend ließ er das Gestell also einfach links liegen und lenkte seine Aufmerksamkeit lieber wieder auf das Baby, welches auf dem Sofa lag und herzhaft gähnte. Die dichten Haare standen nach wie vor ab und luden sich bei jeder Gelegenheit auf, so dass sein Baby immer sehr chaotisch wirkte, wobei Sano gar nix dafür konnte. Aber die Haare fühlten sich nun mal wie Seide an und so ertappte sich der Sänger immer häufiger, wie er dem Baby durch die Haare strich und die Sache meistens sogar immer schlimmer, anstatt besser machte. „Huh, heute mit Baby?“, tauchte neben ihm plötzlich ein wuscheliger Lockenkopf auf und Kyo zuckte jämmerlich zusammen. Mit ihm zuckte auch das kleine Bündel unter ihm und wie in Zeitlupe verzog Sano sein Gesicht, holte Luft und machte jeder Sirene Konkurrenz. Innerlich dropte Kyo und warf dem Leader einen bösen Blick zu. Doch dann schoss ein Gedanke durch seinen Kopf und der wurde immer besser, umso länger er darüber nachdachte. Kaoru hatte sich dann auch schon entschuldigend zurück gezogen und entledigte sich gerade seiner Jacke, da nahm Kyo den schreienden Säugling hoch und ging damit zu dem Lockenkopf, dessen Augen immer größer und größer wurden. „Was hast du vor?“, fragte Kaoru alarmierend und hob seine Hände. „Du sagst doch immer, dass du auch gerne eine kleine Familie haben möchtest“, antwortete der Sänger und übertönte dabei das Geschrei um ein leichtes, ging aber immer weiter auf Kaoru drauf zu, bis er genau vor dem etwas größerem Mann stehen blieb. „Dann wird das hier nun deine Gelegenheit sein, um mal zu testen, wie das so ist.“ Damit legte er seinen schreienden Sohn in die Arme Kaorus, der total überfordert auf Sano blickte. Der Kleine streckte und reckte sich und strampelte gleichzeitig mit seinen kurzen Beinchen. „Aber wehe du lässt ihn fallen!“, drohte der Sänger noch und ließ den Leader einfach stehen. „Kyo!“, kam es schwach von diesem und der Sänger musste wirklich aufpassen, dass er sich nicht durch ein Lachen verriet, denn in Wahrheit amüsierte er sich wirklich köstlich. „Sorry Kao, ich muss mal eben aufs Klo, du hättest so oder so das Kind bekommen“, zwinkerte er und dann schlüpfte Kyo schon durch die Tür und traf daraufhin auf Shinya. „Was ist das für ein Geschrei?“, fragte der gleich und Kyo konnte sein Lachen nun wirklich nicht mehr zurückhalten. „Kao hat Sano erschreckt, nun muss er mit den Konsequenzen leben. Tu mir den Gefallen und lass dich nicht von ihm einlullen. Wenn er wirklich mal Familie haben sollte, muss er damit dann auch zu Recht kommen“, erklärte er und klopfte dem schmalen, aber starken, Drummer auf die Schulter. „Auch wenn ich weiß wie gern du den Zwerg durch die Gegend schleppst, heute nicht, oder zumindest nicht gleich. Und nun entschuldige mich, ich muss mal dorthin, wo selbst der Kaiser zu Fuß hingeht.“ Damit ließ er den Drummer stehen und begab sich nun endlich mal zu den Toiletten. Einige Minuten später betrat der Sänger den Raum wieder. Noch immer hatte sich Sano nicht ganz beruhigt, aber zumindest schrie er nicht mehr ganz wie am Spieß. Kurz scannte er den Raum ab und fand nun den Leader auf dem Sofa sitzend vor, genau dort, wo Kyo vorher gesessen hatte. Vor ihm lag Sano und knatschte immer noch vor sich hin, während Kaoru mit einer plüschigen Rassel vor dem Kleinen herum wedelte und anscheinend die Stimmung kitten wollte. Grinsend beobachtete er das ein Weilchen und wollte gerade sein Handy zücken, um wenigstens ein Foto zu machen, als er die Tür von hinten ins Kreuz geknallt bekam. Erschrocken torkelte Kyo ein paar Schritte nach vorn und rieb sich seinen Rücken, da die Türklinke nicht sehr angenehm war. „Oh Sorry, hab dich nicht gesehen“, murmelte es hinter ihm und der Sänger drehte sich um, um in das übermüdete Gesicht ihres Bassisten zu schauen. „Huh? Du siehst ja so erschöpft aus, wie Dai es eigentlich sollte, schließlich liegt seine Frau in den Wehen und nicht deine“, sprach er ohne zu denken und erntete dafür überraschte Was-Rufe. Daraufhin drehte der Sänger sich wieder in den Raum und sah die anderen beiden nun verständnislos an. „Sagt mal schaut ihr überhaupt mal auf eure Handys? Oder sind die nur zum Schein da? Er hat doch heute Morgen eine Rund-SMS geschrieben, dass es anscheinend jetzt endlich los geht und sie im Krankenhaus sind“, schüttelte er seinen Kopf und beobachtete tatsächlich alle drei, wie sie hektisch auf ihren Telefonen herum wischten, nur um dann nickend es zu bestätigen. „Ihr seid paar Vögel“, murmelte er noch, dabei hätten sie eigentlich immer mit dieser Nachricht rechnen müssen, da die kleine Lady von Familie Andou schon eine Woche überfällig war. „Hast du deswegen den Kyozwerg mitgebracht?“, fragte daraufhin Kaoru und deutete auf den kleinen Kerl, der vor ihm lag und aufgehört hatte mit weinen. „Weil du wusstest, das wir ohne Dai eh nicht viel anfangen können?“ „Ja, und weil ich dachte Yuna will mal bisschen Zeit für sich haben“, erklärte er und setzte sich ebenfalls aufs Sofa und zupfte sich sein Söhnchen ein wenig näher, damit er zumindest an die weichen Haare heran kam. Oh wie er den Wuschelkopf doch liebte. „Kyo, du siehst gerade aus, als würdest du dein Baby fressen wollen.“ „Aber nur auf eine Gute Art und Weise“, nickte er und entlockte allen Anwesenden ein Lachen, außer Toshiya und da der meistens mit am lautesten lachte, fiel das natürlich auf. Irgendwas stimmte mit dem sonst so fröhlichen Bassisten nicht und das wurmte den Sänger. Schon seit zwei Wochen schien er sich immer mehr zurück zu ziehen. Erst hatte Kyo angenommen, dass er einfach schlecht geschlafen hatte oder er eine Erkältung ausbrütete, aber weder die Ringe unter den Augen wurden kleiner, noch hatte der Bassist geschnupft oder gehustet, also musste was ganz anderes seine Laune beeinträchtigen. „Toshi, komm mal her“, rief der Sänger ihn dann einfach zu sich, nahm schnell seinen Sohn hoch und machte damit Platz für den Bassisten, der ein wenig ertappt aussah, sich aber keinen Millimeter rührte. „Nun komm schon, Sano will seinem Onkel Hallo sagen und das macht er am besten auf deinem Schoß, wo er sich einkuscheln kann“, deutete er nun mit dem Kopf auf die Stelle zwischen Kaoru und sich. Nebenbei hielt er Sano oben, der gähnte und sich gleichzeitig streckte und damit wahrscheinlich mal auf fünfundfünfzig Zentimeter Körperlänge kam. Ergeben setzte der drahtige Mann sich endlich mal in Bewegung und kaum hatte er sich auf seinen fünf Buchstaben nieder gelassen, gab Kyo seinen Sohn an Toshiya weiter, der den Kleinen nun tatsächlich mal mit einem Lächeln empfing und ihn so bettete, dass dem Baby kurz darauf sogar die Augen zufielen und er in einen sehr zufriedenen Schlaf abglitt, zumindest ließ das kleine Lächeln auf den winzigen Zügen das vermuten. „So, und nun erzähl was dich dazu bringt deine Mundwinkel immer bis zum Kinn fallen zu lassen“, denn der Mann lachte ja nicht mal mehr über billige Witze und da musste einfach was sein. „Was soll denn sein?“, fragte der Bassist, löste seinen Blick aber nicht von Sano. „Toshi, zwing mich nicht aus unserer Band eine Selbsthilfegruppe zu machen und fang an zu reden.“ „Ist dir mal aufgefallen, dass wir eigentlich schon so was wie eine Selbsthilfegruppe sind? Solche tiefgründigen Gespräche wie in den letzten paar Jahren haben wir die fünfzehn Jahre davor nie geführt“, grätschte Kaoru dazwischen. Dummerweise hatte Kaoru recht, was aber nichts an der Tatsache änderte, dass ihr sonst so quirliger Bassist endlich mal den Mund aufmachen sollte. „Tja dann, ist es doch nun genau dir richtige Gelegenheit zum Reden“, nahm er den Faden einfach auf und schaute Toshiya weiterhin an, der wiederum seinen Sohn ansah, als hätte er ihn noch nie zuvor gesehen und würde erst jetzt die Bedeutung des Wortes Baby begreifen. „Ich…“, begann er sogar, schloss dann aber doch wieder seinen Mund. „Toto, rede“, murmelte Kyo. „Egal was es ist, du kannst uns alles erzählen.“ „Ich…, ich glaub… ich hab mörderische Scheiße gebaut“, nuschelte der Bassist dann, schaute aber noch nicht auf. „Definiere ‚Mörderische Scheiße‘“, verlangte der Sänger und er war wirklich froh, das Kaoru nicht gleich wieder wie eine Rakete hoch ging, sondern tatsächlich erst einmal nur zuhören wollte. Für einen Augenblick schwieg der schlanke, großgewachsene Mann wieder und strich dabei nur hauchzart über die kleine Wange des Babys, welches weiterhin in seinen Armen schlummerte. „Wir waren doch vor einem dreiviertel Jahr in Amerika… und… ihr wisst doch, dass ich den einen Abend ein wenig … betrunken war“, fing er dann doch an. Kyo hielt seine Klappe, dachte sich nur seinen Teil, denn wenig war das damals ganz sicher nicht gewesen. „Na ja… vor zwei Wochen hatte ich dann einen Brief in der Post. Ich werde wohl die nächsten Wochen in Amerika zubringen müssen“, seufzte er dann und hob endlich den Blick. Toshiya sah total verloren aus und auch Angst stand in seinem Gesicht geschrieben, sowieso Unsicherheit und irgendwie auch totales Entsetzen. „Okay, du hattest einen Brief in der Post und musst zu den Amis rüber, weil?“, fragte nun der Leader nach und schien sich zwingen zu müssen ruhig zu bleiben. Kurz schielte der Sänger zu dem Lockenkopf und entdeckte da genau die gleichen Fragezeichen über dessen Kopf, die auch bei Kyo um die Birne herum tanzten. „Weil…, weil… scheinbar hab ich … eine Frau geschwängert“, ließ er die Bombe dann platzen und Kaoru sowie Kyo blieb für die ersten Sekunden die Spucke weg. „Das ist jetzt nicht dein Ernst?!“, erfüllte dann eine bedrohliche Stimme den Raum und selbst der Sänger bekam eine Zentimeterdicke Gänsehaut, obwohl er sich von ihrem Leader ja sonst nie einschüchtern ließ. Aber der Älteste von ihnen brüllte nicht, sondern flüsterte beinahe und genau das war ja das bedrohliche. „Es tut mir leid“, murmelte Toshiya daraufhin und senkte wieder seinen Kopf. Doch irgendwie war das für Kyo noch nicht wirklich aufschlussreich, warum er dann unbedingt die nächsten Wochen nach Amerika fliegen wollte. Klar, es war sein Baby, aber irgendwas war da doch, was der Mann ihnen noch nicht verraten hatte. Aus diesem Grund schenkte der Sänger ihrem Leader einen bösen Blick, der so viel heißen sollte, dass dieser mal den Ball flach halten sollte und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Bassisten, bei dem er Angst hatte, dass er gleich in sich zusammen brach. „Aber das ist noch nicht alles, oder?“, fragte er und strich beruhigend über die eingefallene Schulter. Oh man, er möchte bitte – danke – den aufgeweckten Bassisten wieder und nicht das Häufchen Elend, welches auf dem Sofa hockte und sich schon beinahe verzweifelt an das Baby in seinem Arm zu klammern schien, wie Kyo nun auffiel. Gut, solange es Toshiya helfen würde, so lange würde er Sano auch in dessen Armen lassen. „Nein…“, bestätigte Toshiya seine Befürchtung auch noch. „Ich… soll all meine Rechte an dem Kind abtreten und zudem noch zustimmen, dass es zur Adoption freigegeben werden kann“, brach es dann aus ihm heraus und sogar eine einzelne Träne kullerte über die eingefallene Wange. Ungläubig starrte nun der Sänger auf den Bassisten. „Du verarschst uns doch“, fragte er, doch Toshiya schüttelte nur seinen Kopf. „Nein. Ich hab auch immer noch keine Ahnung, wer überhaupt diese Nathalie Cornwell ist, deswegen muss ich da hin und das klären, außerdem besteht sie auf einen Vaterschaftstest, sobald das Kind da ist.“ „Oh man, wenn du es machst, dann aber wirklich kompliziert“, seufzte der Sänger und auch Shinya nickte. Kaoru wirkte noch immer wie versteinert, aber wenigstens schrie er nicht herum. „Und was machst du, wenn es wirklich dein Kind ist?“, stellte ihr Drummer nun die alles entscheidende Frage. Auf die Antwort war Kyo nun auch mal gespannt. „Keine Ahnung. Ich hab die letzten zwei Wochen darüber nach gedacht, aber ich weiß es wirklich nicht“, schaute er sie alle hilflos an. „Wenn es wirklich dein eigen Fleisch und Blut ist, würdest du es tatsächlich abgeben wollen?“, murmelte Kaoru nun und überraschte Kyo damit. Viel eher hätte er gedacht, dass der Leader für eine Adoption wäre und nicht dagegen. „Ich… keine Ahnung. Mein Schädel ist so voll und dennoch so leer. Das einzige was ich weiß ist, dass ich herausfinden will, wer diese Nathalie ist und ob ich wirklich der Vater sein könnte und solange ich zumindest das letzte nicht weiß, werde ich gar nichts machen“, war Toshiya nun viel energischer und er sah sie alle nacheinander an. „Wie lange wärst du weg?“, musste das auch noch geklärt werden und Kaoru stellte natürlich diese Frage. „Keine Ahnung, ich hab erst mal ein Visum von sechs Wochen. Zumindest bleibe ich so lange, bis die Vaterschaft geklärt ist. Wenn ich nicht der Vater sein sollte, bin ich sofort wieder auf dem Rückflug, wenn es allerdings mein Kind sein sollte, dann… keine Ahnung, ich glaube das entscheide ich dann einfach spontan“, und egal wie Kyo es drehte und wendete, der Bassist wirkte jetzt schon viel entspannter und vor allem erleichtert. Scheinbar waren sie wirklich ihre eigene kleine Selbsthilfegruppe. „Okay, und wann geht’s los?“ „Heute Abend“, aber scheinbar hatten sie alle noch ein paar Sitzungen nötig, damit solche unvorbereiteten Tatsachen nicht immer wieder alle Fortschritte zunichtemachten. Kapitel 104: Einhundertvier --------------------------- Toshiya Pov. Toshiya wusste nicht, wie er ohne sämtliche Knochenbrüche aus den Fängen Kaorus gekommen war, aber irgendwas hatte den Leader davon abgehalten total durchzudrehen. Vielleicht hatte es auch nur am Kyozwerg gelegen, denn da schien sich ihr Ältester wohl immer zusammen zu reißen, wenn der Kleine mit von der Partie war. Am besten wäre es wohl, wenn der Bassist Kyo immer bat das Baby mitzubringen, wenn man mal eine Ankündigung zu machen hatte. Sozusagen als kleinen Puffer. Toshiya selbst hatte auch Halt gefunden, als er am Tag zuvor das Baby in seinen Armen gehalten und allen von seinem Missgeschick erzählt hatte. Das kleine Ding hatte ihm wahnsinnig viel Kraft gegeben und gleichzeitig eine beruhigende Wirkung auf ihn gehabt. Außerdem musste er auch daran denken, wie es wohl sein würde, wenn er wirklich der Vater des Kindes sein sollte und ob er es genauso lieben könnte, wie Kyo es tat. Doch noch war es nicht soweit und wie er wusste, war der errechnete Geburtstermin eh erst in knapp drei Wochen, also musste er wirklich noch einiges an Geduld aufbringen. „Ein Taxi ist frei, komm“, wurde er aber zunächst von der kleinen Dolmetscherin mitgezogen, welche Nora für ihn aufgetrieben hatte. Vor einer halben Stunde waren sie in Los Angeles gelandet und nun gab es in der Sache wirklich kein Zurück mehr. Stolpernd folgte er dem flinken Mädel und hatte Mühe mitzuhalten. Gut, die Kleine mit ihren Mitte zwanzig hatte schließlich noch genug Energie, im Gegensatz zu ihm, mit seinen Ende dreißig. Doch darauf nahm sie keine Rücksicht, sondern wedelte nur ungeduldig mit ihren Armen und überließ es dem Taxifahrer die Koffer in den Kofferraum zu packen. Seufzend legte er also einen Zahn zu und überreichte dem dicklichen Mann ebenfalls seine Koffer. Zwar wusste der Bassist nicht, wie der die ganzen Dinger überhaupt in den Kofferraum bekam, aber irgendwann war alles verstaut und keuchend ließ der Mann sich hinters Steuer fallen. Brummend warf er eine Frage nach hinten, die Noi sofort beantworten konnte, ohne dass sie überhaupt eine Sekunde hatte überlegen müssen. Wieder brummte der Mann und startete den Motor, bevor er sich in den Verkehr einreihte und zielsicher in eine bestimmte Richtung vor. Sein Kopf legte er gegen die kühle Scheibe und er beobachtete die Lichter, die an ihnen vorbei schossen. Hier wurde es nun auch langsam Nacht und es war für Toshiya ein wenig unbegreiflich, dass er quasi einen Tag zurück gereist war. Die Zeitverschiebung konnte einen wirklich kirre im Schädel machen, aber so viel war da bei ihm dann auch nicht mehr, in dieser Hinsicht, zu erledigen. Für einen Moment schloss er nun ganz seine Augen, nur um sie wieder aufzureißen, als er ein wenig unsanft an der Schulter gerüttelt wurde. „Wir sind da“, hörte er nur, danach wurde eine Tür aufgerissen, das Taxi wackelte minimal und erschütterte ein wenig mehr, als eine Tür schwungvoll wieder zugeworfen wurde. Kurz musste er sich sammeln, doch dann erkannte er ein hochgewachsenes Gebäude, welches er als ihr Hotel identifizierte und befreite sich nun auch vom Gurt und stieg aus. Der Fahrer hatte in dieser Zeit schon all ihre Gepäckstücke auf den Gehweg gestapelt und streckte seine Hand aus, in welche die kleine, zarte Noi ein paar Geldscheine legte. Der Mann brummte wieder irgendwas vor sich hin und wackelte zurück zu seinem Auto, in welches er sich fallen ließ und somit das ganze Gefährt ein paar Zentimeter der Straße näher brachte, da sich das Teil ganz schön absenkte. Weiter konnte er sich das verstörende Schauspiel leider nicht ansehen, denn Noi war schon wieder mit ihrem Gepäck auf Achse und stampfte zielsicher auf die gläserne Tür des Hotels zu. Seufzend schnappte der Bassist sich auch seine Koffer und zog sie hinter sich her, immer darauf bedacht die flinke Frau nicht aus den Augen zu verlieren. Kaum stand er in der großen Eingangshalle, sah er schon die wilde Lockenmähne die sich mit den Kopfbewegungen hin und her wiegte. Noi schien schon sehr zielstrebig ihr Anliegen vorzutragen und keine zwei Minuten später kam sie stolz mit zwei Keykarten zu ihm hinüber spaziert. „Hier, das ist deine Karte. Wir haben jeweils ein Einzelzimmer, nach den Nummern zu urteilen müssten die gleich nebenbeinander liegen. Etage fünfzehn. Dann lass uns mal los“, hielt sie sich wahrlich nicht mit Kleinigkeiten auf und war schon wieder auf und davon. Wäre der Musiker nicht schon vom Flug erschöpft gewesen, spätestens Noi hätte es zu diesem Zeitpunkt geschafft. Also wackelte er hinter der jungen Frau her und holte sie schließlich am Fahrstuhl ein, vor welchem sie ungeduldig wartete. Erst als sich endlich die Türen öffneten schien die Ungeduld von ihr abzufallen und gemeinsam betraten sie den ziemlich geräumigen Fahrstuhl. Die gewünschte Etage wurde schnell gewählt, dann schlossen sich schon die Türen und die Fahrt ging los. Die fünfzehn Etagen dauerten logischerweise ein bisschen und während Etage um Etage an ihnen vorbei schoss, fragte er sich mal wieder, ob er sich die Reise auch wirklich gut überlegt hatte. Aber auf der anderen Seite hatte er ein Recht darauf zu erfahren, ob mit ihm nur ein dummes Spiel gespielt wurde, oder ob nicht doch was an der ganzen Sache dran war. In wenigen Wochen würde er es wohl erfahren, bis dahin musste Toshiya wohl oder übel noch ein wenig Geduld aufbringen. Als sich die Türen endlich wieder öffneten stürmte Noi zuerst raus und hinterließ beinahe eine Staubwolke. Die Kleine hatte eindeutig zu viel Energie, die konnte sie in dem kleinen Körper gar nicht überall unterbringen. Aber so musste er ihr zum Glück nur noch folgen, was er letzten Endes auch tat. Noi war schon fast in ihrem eigenen Zimmer verschwunden, als er endlich wieder vor ihr stand und mit einem letzten Winken verabschiedete sie sich und dann war die dunkle Holztür schon vor seiner Nase zugefallen. Komische Frau. Viel gemächlicher öffnete er nun selbst sein Hotelzimmer und trat mit seinem Gepäck ein. Achtlos ließ er es einfach nach der Tür stehen, schob sich die Schuhe von den Füßen und ließ sich danach anstandslos aufs Bett fallen, woraufhin Toshiya in einen tiefen Schlaf fiel. Ein stetiges Hämmern holte ihn aus seinem Traumlosen schlaf und irritiert zog er seine Augenbrauen zusammen, da Toshiya nicht sofort checkte, wo er war. Doch nach und nach erinnerte er sich an seine Reise nach Amerika und auch daran, was ihn aus den Schlaf gerissen hatte. Es klopfte erneut und seufzend erhob er sich träge und machte sich gar nicht erst die Mühe sich herzurichten, ihm doch egal wer vor der Tür stand. Gähnend riss er sie auf und schaute in die Augen der kleinen Noi. „Bist du fertig? In einer Stunde haben wir den Termin mit Nathalie Cornwell und wir müssen noch durch die Stadt“, sprudelte es gleich aus dem dünnen Wesen und der Bassist musste die Worte erst mal analysieren. „Hm… noch nicht ganz“, murmelte er und öffnete die Tür ganz, damit Noi eintreten konnte. Diese tat das auch gleich und der Musiker suchte sich in dieser Zeit ein paar frische Klamotten aus dem Koffer, sowie seine ganzen Hygieneartikel. Mit schlurfenden Schritten betrat er die Nasszelle und so schnell es seinen trägen Knochen möglich war, machte er sich fertig. Tatsächlich benötigte er dafür diesmal wirklich nur knappe fünfzehn Minuten. Allerdings musste er da behelfsmäßig seine Haare zu einem Zopf binden, da er diesmal nicht die Zeit für eine ausgiebige Haarpflege hatte. „Perfekt, dann können wir ja los“, klatschte seine Dolmetscherin begeistert in die Hände und irgendwie schien die ganze Sache ihr auch noch Spaß zu machen. Na wenigstens eine, die hier zum Vergnügen war, dachte er sich leicht sarkastisch. Schnell schnappte er sich noch seine Tasche und die Karte fürs Zimmer, dann war Toshiya nach Noi aus der Tür geschlüpft und lief ihr hinterher. Wie den Tag zuvor hatte sie schon ein Taxi für sie beide organisiert und der Bassist musste sich nur noch auf die Rückbank des Gefährts quetschen. Diesmal war der Fahrer ansehnlicher und er schien mehr Spaß an seinem Job zu haben, als der Herr vom Tag zuvor. Doch eigentlich war es ihm auch egal, denn mit jedem Meter, welchen er dieser Nathalie näher kam, stieg seine Nervosität. Seine Hände waren schon wieder schweißnass und seine Hose hatte gut zu tun, dass sie die ganze Feuchtigkeit in sich aufnehmen konnte. Oh Mann. Die Fahrt dauerte dann über eine halbe Stunde, bis das Taxi abrupt am Straßenrand hielt und der Fahrer irgendwas redete, woraufhin Noi dem Mann wieder ein paar Geldscheine in die Hand drückte. Danach schubste sie Toshiya beinahe schon aus dem fahrbaren Untersatz und kletterte ihm einfach hinterher. Neugierig sah er sich um und versperrte dabei den halben Gehweg, was den Bassisten aber herzlich wenig störte. „Wo müssen wir hin?“, fragte er nebenbei Noi, während er ein Geschäft nach dem Anderen beschaute. „In ein Café, das müsste eigentlich gleich hier sein“, murmelte sie und hob ebenfalls ihren Blick. Dann spürte er schon eine kleine, aber ganz schön kräftige, Hand an seinem Handgelenk, welche ihn erbarmungslos mitzog. „Hab es gefunden“, sagte sie überflüssigerweise und zerrte ihn einfach mit, bis eine kleine Glocke über ihnen bimmelte. Sofort hatte Toshiya einen süßen Duft in der Nase, der eindeutig von den vielen Cupcakes kam, die ganz unschuldig in der Auslage präsentiert waren, es aber faustdick hinter den Ohren hatten, vor allem, wenn man ein paar zu viel davon naschte. Sofort machte sich sein Magen mit einem lauten Knurren bemerkbar, doch unbarmherzig, wie Noi so war, zog sie ihn einfach weiter. „Du kannst dir später deinen Bauch damit vollschlagen, zuerst müssen wir uns deiner Zukunft annehmen“, diese Frau konnte so gemein sein, aber genau mit dieser Art wird sie mit ihren jungen Jahren wahrscheinlich auch schon so weit gekommen sein. Aber sie hatte recht und bevor sein Magen noch Purzelbäume schlug, weil er zu viel gegessen hatte, konzentrierte er sich lieber zunächst aufs Wesentliche, denn davon konnte einem schließlich auch ganz leicht schlecht werden. „Erkennst du jemanden?“, fragte sie dann auch schon und erst dann begann er überhaupt mal das Café nach einem bekannten Gesicht abzusuchen. Langsam ließ er seinen Blick schweifen, bis er auf eine Frau traf, woraufhin sein Herz stehen blieb. Rote Haare, über und über Sommersprossen, leuchtend grüne Augen. Stimmt, das war Nathalie Cornwell. Kapitel 105: Einhundertfünf --------------------------- Toshiya Pov. Umso länger der Bassist in das Gesicht der Frau sah, umso mehr kamen Erinnerungen in seinem Kopf zurück. Immer bekannter kamen ihm ihre Züge vor, bis er selbst keinen Zweifel mehr hegte und er einfach nicht mehr abstreiten konnte, dass er tatsächlich mit ihr Geschlechtsverkehr hatte. Vor seinem geistigen Auge kamen Bilder zum Vorschein, wie er fasziniert von dem Fächer aus roten Haaren war, welche damals auf dem weißen Kissen ausgebreitet gewesen waren. Wie die, eigentlich süßen, Sommersprossen ihn verzaubert hatten und er hatte in besagter Nacht wirklich versucht jede von den kleinen Punkten zu küssen. Kichernd hatte Nathalie sich unter ihm gewunden und wieder und wieder seinen Namen gestöhnt. Er hatte es damals einfach als One-Night-Stand angesehen. War es bis heute eigentlich auch geblieben, nur mit einer extremen Folge. Nun sah er auch wieder ganz genau, wie damals die grünen Augen in dem schummerigen Licht geblitzt hatten und wie sie ihn damit letzten Endes um den Finger gewickelt hatte. Am Anfang hatte er sich nämlich ganz schön geziert, auch wenn er betrunken gewesen war, ein wenig Anstand hatte er noch behalten. Scheinbar aber nicht genug, denn sonst wäre er wirklich nicht mit ihr in der Kiste gelandet. „Okay, so wie du guckst und wie sie guckt, ihr kennt euch. Oder zumindest die Körperteilte die man sonst zu allerletzt kennenlernt“, schnatterte Noi fröhlich weiter und zog Toshiya dann einfach mit sich mit. Er hatte nicht den blassesten Schimmer, wie er sich nun verhalten sollte. Deswegen machte er es Noi einfach nach und verbeugte sich ungelenkig. „Nathalie Cornwell?“, fragte Noi und die Rothaarige nickte. „Ja, die bin ich.“ Okay, so freundlich wie sie in der besagten Nacht war, war sie auf keinen Fall mehr, dabei entging dem Bassisten spontan, dass sie im perfekten Japanisch geantwortet hatte. Mit bissigen Blicken betrachtete die Frau Noi und ihn und nur mit sehr großen Widerwillen bot sie ihnen an sich zu setzen. Das taten sie auch gleich, wobei Toshiya so weit weg wie möglich Platz nahm. „Da du ja endlich hier bist, kannst du das hier gleich unterschreiben und von mir aus auch wieder abhauen“, warf sie ihm gleich einen Wisch zu und Toshiya tauschte mit Noi ein paar fragende Blicke, bevor er das Dokument an sich nahm und es zwischen sich und Noi legte, da er schließlich kaum ein Wort verstand. Leise übersetzte Noi ihm die ganze Sache und umso weiter sie fortschritt, umso mehr lehnte der Bassist eine sofortige Unterschrift ab. „Das werde ich nicht unterschreiben“, sagte er auch gleich. „Wieso nicht? Da hast du keinen Ärger und ich auch nicht“, sagte sie und verschränkte ihre Arme über ihrem prallen Bauch. Nun merkte auch der Japaner, dass die Frau perfekt seine Sprache sprechen konnte. „Moment, du sprichst Japanisch?“, fragte er verwundert, ignorierte dabei ihre Frage. „Ja, was dagegen?“, speite sie beinahe Galle. „Nein, aber warum machst du den ganzen Wisch dann auf Englisch?“ „Weil wir in Amerika sind?“ „Aber du willst was von einem Japaner“, mischte sich Noi ein, die bis jetzt recht still auf ihrem Stuhl gesessen hatte. „Sei du doch still, dich hat keiner gefragt“, giftete nun Nathalie wieder rum. „Aber es kommt von einer amerikanischen Behörde, also auf Englisch. Und warst du wirklich so besoffen, das du dich nicht mal dran erinnerst, dass ich dich auf Japanisch angemacht habe?“ Wenn er jetzt so darüber nachdachte. Ganz weit hinten in seinem eingestaubten Gedächtnis klingelte irgendwas. „Könnte sein…“, sagte er aber nur vage. „Wie dem auch sei. Ich spreche eure Sprache, weil ich vor Jahren ein paar Semester in Japan studieren durfte. Dabei bin ich auf deine Band aufmerksam geworden und als ihr vor einem dreiviertel Jahr hier gastiert habt, habe ich meine Chance beim Schopfe gepackt und den Rest kennst du“, lächelte Nathalie süffisant und Toshiya drehte sich der Magen um. Er hätte wirklich nie angenommen, dass sie so ein Miststück war. „Also hast du die Schwangerschaft geplant?“, fragte er ein bisschen perplex und überfordert und zugegeben auch ein wenig wütend. „Oh nein, das ganz sicher nicht. Aber scheinbar hattest du es echt nötig gehabt, den deine Schwimmer haben das Kondom zerschossen und das angerichtet“, deutete sie genervt auf ihren Bauch. Scheinbar hatte sie sich die ganze Sache hier einfacher ausgemalt, aber nun ließ Toshiya sich erst recht nicht auf der Nase herum tanzen. „Warum hast du denn nicht … abgetrieben, als du von der Schwangerschaft erfahren hast?“, musste er es wissen. „Weil ich schon zu weit war. Hab es erst in der sechzehnten Woche erfahren“, brummte sie. „Ansonsten wäre das Ding schon weg.“ „Ding?“, fragten Noi und er gleichzeitig. „Dir ist schon bewusst, dass du von einem Lebewesen sprichst. Einem Menschen, mit deinen Genen“, die hoffentlich nicht allzu sehr herausstechen würden, ansonsten tat ihm das Kind jetzt schon leid. „Du kannst es gerne haben, ich will es zumindest nicht.“ „Ja. Ja, ich will es! Wenn es wirklich mein Kind ein sollte, werde ich es mit nach Japan nehmen“, sagte er nun fest entschlossen und ohne nachzudenken. Das ließ die kleine Noi neben ihm prompt nach Luft schnappen. „Bist du dir sicher?“, fragte sie und sah den Bassisten aus großen Augen an. „Ja, ganz sicher. Ich will es so weit wie möglich weg von dieser Frau wissen, die es auf die Welt gebracht hat“, sagte Toshiya ernst und mit jeder Sekunde, die er darüber mehr nachdachte, war er von seinem Entschluss fester überzeugt. „Gut, da haben wir das ja geklärt“, erhob sich Nathalie dann einfach und ließ die beiden perplex zurück. „Ich wusste gar nicht, dass du so einen scheußlichen Frauengeschmack hast“, murmelte Noi doch ein wenig verdattert und Toshiya konnte sie verstehen. „Glaube mir, in dieser Nacht war sie auch ganz anders drauf, aber da hatte sie auch bekommen, was sie wollte“, schüttelte er noch immer seinen Kopf. „Was machen wir jetzt?“, schickte er noch hinterher. „Meinst du das mit dem Kind wirklich ernst?“, griff Noi das vorherige Thema wieder auf und sah ihn ernst an. „Du meinst, ob ich es wirklich zu mir nach Japan nehmen würde? Ja, todernst“, bestätigte der drahtige Mann und nickte. „Dann sollten wir schon mal das alleinige Sorgerecht beantragen, beziehungsweise uns darüber informieren und alles besorgen, was du dafür benötigen solltest“, hatte Noi sich anscheinend schon wieder einen Plan zu recht gelegt. Somit standen sie auf, schoben ihre Stühle wieder an den Tisch und verließen das Café. Wie schon die zwei Male zuvor brachte Noi es zu Stande sofort ein Taxi zu organisieren und während sie mit ihrem perfekten Englisch, wovon Toshiya nicht mal ein Viertel verstand, dem Fahrer alles erklärte, setzte das Gefährt sich sogar schon in Bewegung. Da hatte er doch tatsächlich zugestimmt das Baby zu sich zu nehmen. Ein bisschen Angst und bange wurde ihm ja schon, wenn er auch nur kurz daran dachte, aber auf der anderen Seite konnte er es dem kleinen Wurm nicht antun hier in den Staaten an irgendeine Familie abgeschoben zu werden. Mag sein, dass das Kind von denen mit viel Liebe überhäuft wurde. Es könnte aber auch genau das Gegenteil geschehen und weil er sich darin nicht sicher sein konnte, würde er dafür sorgen, dass das Baby definitiv ein schönes Leben haben würde und zwar bei ihm, in Japan. Kapitel 106: Einhundertsechs ---------------------------- Toshiya Pov. Noch am gleichen Tag hatte der Bassist eine Nachricht auf seinem Telefon vorgefunden, welche ihn lächeln ließ und seinen Entschluss gleich noch ein bisschen verstärkte. Denn Daisukes kleine Prinzessin war endlich auf der Welt und Toshiya hatte natürlich gleich ein Bild mit den jeweiligen Daten dazu bekommen. Auf dem ersten Blick konnte er allerdings nicht viel erkennen, da das Baby bis zur Nase zugedeckt in einem Babybettchen lag und die Mütze auch beinahe die Augen komplett verdeckte. Da musste er Daisuke noch mal auf den Sack gehen, dass er ein ordentliches Foto von der Kleinen bekam, denn wie sollte er denn Ähnlichkeiten zwischen Akemi – so hieß die Kleine – und deren Eltern feststellen, wenn gerade mal die Stupsnase auf dem Foto zu erkennen war? Na ja, zumindest hatte das frischgeborene Baby Kyos Spross jetzt schon ein, was Größe und Gewicht anging, dabei war dessen Kleiner ja nun schon über fünf Wochen auf der Welt. Aber auf der anderen Seite war der Sänger nicht gerade groß, mit seinen abgebrochenen eins sechzig, und Yuna war sogar noch kleiner, kein Wunder, dass deren Kinder auch keine Basketballspieler werden würden… höchstens in der Zwergenliga, aber selbst das bezweifelte der Bassist. Eines musste er Daisuke aber lassen. Seine Laune war immens gestiegen, sobald er von der freudigen Nachricht erfahren hatte. So wirklich wohl fühlte er sich hier nämlich nicht, zudem kam er sich ziemlich einsam vor. Er wusste schon, warum er nie außerhalb Japans Urlaub machte, das war einfach nichts für ihn, zudem da ja noch die Sprache war, die er wohl nie erlernen würde und es ehrlich gesagt auch nicht wollte. Also musste er noch ein wenig Geduld aufbringen und wie der Bassist herausfinden sollte, waren dazu zwei ganze Wochen nötig. Seine Laune war mittlerweile auf dem totalen Tiefpunkt und wenn die Sache nicht so wichtig wäre, Toshiya würde seine Sachen packen und das Land, ohne sich überhaupt einmal umzudrehen, verlassen. Doch dieser Morgen sollte anders starten, was schon das energische Klopfen an seiner Hotelzimmertür ankündigte. Stöhnend, weil er eigentlich noch etwas weiter in den Federn liegen bleiben wollte, rollte er sich aus den Laken und hätte beinahe eine Bruchlandung hingelegt. Doch der drahtige Mann konnte sich gerade so noch abfangen und er stolperte nur ein wenig. Gähnend streckte er sich, während gleichzeitig sein T-Shirt nach unten rutschte, da es vorher bis ganz nach oben geschoben worden war. Aus dem Klopfen wurde mittlerweile ein Hämmern und wenn das nicht bald aufhörte, würde er eigenhändig zurück schlagen, da hatte Toshiya keine Hemmungen, schließlich ging es hier um seinen Schlaf. „Ja doch!“, fauchte er in seiner Muttersprache und riss die Tür auf, woraufhin er beinahe eine Faust im Gesicht gehabt hätte, da Noi schon wieder am Schwungholen war. Gerade so konnte sie sich noch bremsen. „Na endlich. Zieh dich an, wir müssen los“, sprach sie gleich und Toshiya zog verstimmt seine Augenbrauen zusammen. „Wohin?“ „Ins Krankenhaus. Das Baby ist heute, in der Früh, auf die Welt gekommen und damit wir so schnell wie möglich erfahren ob du nun der Vater bist, musst du dich jetzt anziehen und deinen Hintern mit mir mit bewegen“, plabberte sie weiter und sah Toshiya mit ihren blitzenden Augen an. Diese Information hatte es schwer bis in sein Hirn vorzudringen, aber nachdem die Synapsen alle ihren Dienst endlich aufgenommen hatten, knallte der Bassist prompt die Tür vor Nois Nase zu und hätte beinahe das dumpfe ‚Au!‘ überhört. Perplex blieb er kurz wie angewurzelt stehen, bis ihm einfiel, dass das wirklich sehr unhöflich war und mit einer einzigen Bewegung zog er die Tür wieder auf, wo noch immer die kleine Dolmetscherin stand und sich die Nase rieb. „Sorry“, murmelte er nur und verschwand dann ins Innere des Zimmers, wo er sich ein paar frische Klamotten aus seiner Tasche angelte und danach gleich ins Bad verschwand. Nach rekordverdächtigen zwölf Minuten kam der Bassist wieder heraus und hatte, wie schon bei der letzten eiligen Aktion, seine Haare zusammen gebunden, damit er nicht gleich alle Passanten verscheuchte, die ihm über den Weg laufen würden. Noi stand noch immer in seinem Zimmer und erst jetzt fiel ihm auf, dass sie schon komplett in ihren Klamotten da stand und wirklich nur noch auf ihn wartete. Selbst ihre braune Umhängetasche hatte sie schon perfekt um ihren schmalen Körper geschlungen und so drapiert, dass sie auch ja nicht verrutschen konnte. „Bist du soweit?“, fragte sie sofort und schielte von ihrem Mobiltelefon auf. „Gleich, nur noch meine Jacke und Schuhe“, fühlte er sich ernsthaft ertappt, da er sie für einen Moment einfach nur angestarrt hatte. Er wusste nicht ganz genau ob aus Faszination oder doch Unglauben, aber zumindest hatte er sie einfach erst mal anstarren müssen. „Dann mach mal hin“, scheuchte sie ihn schon wieder durch die Gegend und der Bassist trollte sich grummelnd. Nicht mal Nora oder Yuna hatten so einen Ton drauf, daran musste er sich wirklich gewöhnen, obwohl das dann doch übertrieben wäre, denn wenn sie wieder im Land der aufgehenden Sonne wären, wäre ihre gemeinsame Zeit eh vorbei. So schnell wie möglich schlüpfte er in seine Schuhe und hätte sich dabei beinahe auf die Nase gelegt, da er nun so unter Druck stand, dass er es einfach nicht in seine Latschen schaffte und das ungeduldige Fußgetippel hinter ihm machte es wahrlich nicht besser. Aber okay, ganz ruhig Toshi, sei froh dass du die Frau hier hast, denn ohne sie wärst du nicht mal bis zum Hotel gekommen. „Herrgott noch mal. Kannst du dich vielleicht mal zwei Meter weiter weg stellen und deine Füße für eine Minute still halten?“, keifte er dennoch, da ihm das leise Getippel so nervös machte, dass er die Schleife von seinem Schuh einfach nicht fest bekam. „Ich warte nur bis du fertig bist, aber du Opi scheinst ja nicht mehr der schnellste zu sein“, flötete sie fröhlich und Toshiya atmete tief durch. Lass dich ja nicht von der kleinen Göre provozieren, die hat eh zu viel Energie im Hintern und kriegt die gar nicht komplett verbraucht, redete er sich beruhigend zu und weswegen sie ihm dadurch bestimmt mit Freude auf den Sack ging. „Soll ich dir helfen, oder bekommst du es heute noch hin?“, fragte sie wieder und als der Bassist nach oben schaute, sah er Schalk in den dunklen Augen blitzen und wie sie ihn frech angrinste. Ohne dass er nachdachte, richtete der Basser sich auf und stellte sich so nah vor Noi, dass sie luftschnappend nach hinten auswich und mit dem Rücken an die Wand stieß. „Machst du dich gerade über mich lustig?“, fragte er und legte nun mit Absicht seine Hände rechts und links neben den lockigen Haaren ab, die sich ebenfalls an die weiße Wand dahinter drückten. Zwar wusste er auch selbst nicht, warum er das gerade tat, aber seine Nerven waren bis zum Bersten gespannt, alleine schon wegen seiner wahrscheinlichen Vatershaft, da brauchte er nicht noch so eine junge, rotzfreche Göre, die ihm auch noch den letzten Nerv raubte, auch wenn er ihr viel zu verdanken hatte. Wenn Schluss war, war aber nun mal Schluss. „Ein bisschen?“, fragte sie und trotz dass Toshiya sich so groß vor ihr aufgebaut hatte, schien Noi davon nicht sehr beeindruckt zu sein. „Das war ein bisschen zu viel“, sagte er ruhig. „Denn nur, weil du hier gerade mehr Plan von der gesamten Sache hast als ich, heißt das noch lange nicht, dass du dich hier aufführen kannst, wie du es gerne hättest. Ein bisschen Respekt gegenüber anderen Personen, vor allem wenn sie älter als du sind, wäre schon angebracht und das sage ich nicht, weil ich ein wenig höher in der Gesellschaft stehe“, sagte er ruhiger als er sich gerade fühlte. Denn in ihm tobte ein Sturm. Die Aufregung wegen des Kindes, aber auch die Aufregung darüber, wie nah er der Kleinen im Moment war. Ihre Nasenspitzen berührten sich beinahe und er konnte sogar ihren süßen Atem deuten, der eindeutig nach Erdbeerbonbons roch. „Hast du mich verstanden?“, fragte er und erntete ein zaghaftes Nicken, woraufhin sich doch ihre Nasenspitzen berührten und ihm das Herz zu flattern begann, er es aber versuchte zu ignorieren. „Gut“, waren seine letzten Worte, bevor er Noi wieder freigab und sich jetzt aber wirklich die Schuhe anzog. Zehn Minuten später saßen sie im Taxi zum Krankenhaus und bis jetzt herrschte Stille. Allerdings keine angenehme, sondern angespannte. „Tut mir leid. Ich dachte du hättest ein wenig Aufmunterung nötig“, murmelte es irgendwann leise und der Bassist drehte seinen Kopf zur Seite, woher die Stimme gekommen war. „Ehrlich gesagt hatte ich mich gefreut, als Nora zu mir kam und meinte, dass du meine Hilfe bräuchtest. Denn du wirkst immer so fröhlich und ausgelassen, dabei scheinst du es gar nicht zu sein, dass hab ich sofort bemerkt, als wir aufeinander getroffen sind. Nun weiß ich nicht, ob das dein wahres Wesen ist, oder das, was du auf der Bühne immer zur Schau stellst?“ Das waren mal ehrliche Worte. „Ich glaube, es ist ein bisschen was von beidem“, murmelte der Bassist nach wenigen Minuten. „Normalerweise mache ich auch wirklich jeden Scheiß mit, aber vor vier Wochen wurde mein Leben so durcheinander gewürfelt, dass ich für solche Spirenzchen einfach keinen Kopf mehr habe. Es kam alles so unvorhersehbar und noch dazu konnte man außer warten wirklich nichts machen und das hat mich ehrlich gesagt fertig gemacht, macht es immer noch, da die Warterei schließlich noch nicht zu Ende ist“, da der Vaterschaftstest schließlich nicht schon morgen fertig sein wird. „Werden wir ja sehen. Wenn du wirklich der Vater sein solltest, müsste das Baby ja irgendwie ein bisschen asiatisch aussehen“, antwortete Noi und versuchte ein wenig zu lächeln. „Stimmt“, war das dem Bassisten noch gar nicht klar geworden und er zog ebenfalls seine Mundwinkel nach oben. Die restliche Fahrt verging wieder recht schweigsam, diesmal aber war die Stimmung nicht mehr ganz so erdrückend, viel eher wurde sie beinahe von Nervosität verpestet. Bevor Toshiya aber noch weiter drüber nachdenken konnte, hielt schon das treue Gefährt und nachdem Noi, wie immer, bezahlt hatte, stiegen sie aus und machten sich auf den Weg ins Innere und bahnten sich den Weg zur Station. Da weder Nathalie noch Toshiya Lust auf ein weiteres Zusammentreffen hatten, ließen sie das auch einfach aus und suchten gleich den zuständigen Arzt auf. Herzlich wurden sie begrüßt und ohne viel Drumherum wurden sie gleich zur Babystation geführt, wo in vielen Betten Säuglinge lagen, die wohl alle gerade erst das Licht der Welt erblickt hatten. Wissend lächelte der Arzt ihn an, als sie vor einem Bettchen zum Stehen kamen und deutete dann auf die weiße Decke. Toshiyas Herz sprang ihm beinahe aus der Brust, doch mehr als zwei kleine Hände konnte er noch nicht erkennen. Wie in Zeitlupe beugte er sich weiter nach vorn und sah einen winzigen Mund, der ganz leicht zu einem kleinen O geöffnet war, die winzige, überaus stupsige Nase und hellbraune Mandelaugen, die einen minimalen Grünstich hatten, umrahmt von langen dunklen Wimpern. Sein Atmen setzte aus, bis er schluchzend wieder Luft holen musste und heftig blinzelte, damit er weitere Details in sich aufnehmen konnte. Das Baby hatte dunkle Haare, aber nicht so dunkel wie sein eigenes, dafür sogar einen rötlichen Schimmer. Winzige Löckchen kringelten sich um die minimalistischen Öhrchen und wenn Toshiya es nicht besser wüsste, würde er sagen, dass er sich gerade selbst in dem Bettchen liegen sah, nur in einer viel jüngeren Ausgabe und von den kleinen Details mal abgesehen. Kapitel 107: Einhundertsieben ----------------------------- Vorsichtig klopfte er seinem Sohn auf den Rücken und half ihm die Luft auszustoßen, die er bei seinem gierigen Trinken verschluckt hatte. Gemächlich lief Kyo dabei durch sein Wohnzimmer und hielt Sano so fest, dass dessen Köpfchen an seiner Schulter lag. Eigentlich wollte er ja jetzt unter der Dusche stehen, aber da ihr Zwerg heute ein bisschen länger zum Essen gebraucht hatte, hatte Yuna ihm kurzerhand aus dem Bad geschmissen und das satte Baby in die Hand gedrückt und war stattdessen mit den Mädchen ins Badezimmer verschwunden und setzte mit ihnen ihre Nasszelle unter Wasser, da für die beiden auch langsam Schlafenszeit war. Gut, da würde er eben danach duschen gehen, auch egal, aber sein T-Shirt hätte er trotzdem gerne noch gehabt, aber nicht mal da hatte seine Frau Erbarmen gezeigt. „Die Weiber wieder“, murmelte Kyo seinem Sohn ins Ohr, der leise gluckste und danach ein kleines Bäuerchen ausstieß. Voraussichtlich zog der Sänger das Molontuch noch ein wenig weiter über seine Schulter, als sein Handy klingelte und er sich ein Seufzen nicht verkneifen konnte. „Wer ist das denn jetzt?“, brummte er, beugte sich nach unten, griff sich das Teil vom Wohnzimmertisch, kam wieder hoch und gerade als er das Telefon an sein Ohr hielt, spürte er etwas Warmes seinen Rücken runter laufen. „Nee, oder?“, fragte er angewidert und vergaß für einen Moment, dass da noch jemand am Telefon war. „Was für eine Begrüßung“, schallte es ihm auch gleich entgegen und Kyo blinzelte, während er versuchte auszublenden, dass der warme Schwall immer kälter wurde, sich allerdings auch immer weiter seinem Hosenbund näherte. „Was? Nein, nicht du Toshi“, hatte er endlich begriffen, wer ihn da überhaupt anrief. „Sano hat mich nur gerade in dem Moment vollgekotzt, als ich deinen Anruf entgegen genommen habe und nun läuft mir der Schnotter wahrscheinlich gleich in die Hose, so wie es sich anfühlt“, verzog er das Gesicht und wurde gleichzeitig mit einem heiteren Lachen belohnt, welches eindeutig von dem Bassisten kam und viel besser klang, als die niedergeschlagenen Worte, die er vor zwei Wochen noch von ihm erhalten hatte. „Aber genug von mir, weswegen ruft du an? Gibt’s was Neues?“, war Kyo mehr als neugierig. „Ehm ja… gibt es“, hatte der Bassist es drauf sich alles aus der Nase ziehen zu lassen. „Und was?“, fragte er brav weiter nach und schielte zu seinem Sohn, der gerade wieder spuckte, dieses Mal aber wenigstens das Molontuch traf. „Das Baby ist heute Früh geboren und, oh mein Gott, Kyo, der Kleine sieht genauso aus wie ich. Okay, nicht ganz, seine Haare sind heller, dafür aber rötlicher, seine Augen haben in dem Braun noch grüne Sprenkel, er hat winzige Locken, noch winzigere Sommersprossen auf der Nase, die wohl noch deutlicher werden und… er ist einfach perfekt. Zwar wird trotzdem noch ein Vaterschaftstest gemacht, aber es besteht kein Zweifel, das Kind ist meins“, platzte es aus dem Bassisten heraus und der Sänger traute sich gar nicht den Redeschwall zu unterbrechen. Toshiya schien wie ausgewechselt zu sein und so begeistert wie er von dem neuen Erdenbürger sprach, hatte er schon lange nicht mehr von etwas gesprochen. „Also ist es ein Junge?“, fragte er und schaukelte selbst seinen Sohn leicht hin und her. „Ja, ein praller kleiner Kerl. Der wiegt fast vier Kilo und ist ordentlich lang. 56 Zentimeter um genau zu sein“, triefte der Stolz beinahe durchs Telefon und selbst Kyo bekam das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. „Hast du denn auch ein Foto gemacht?“, schließlich war er ebenfalls neugierig. „Selbstverständlich, das schicke ich dir dann gleich noch, muss den anderen ja auch noch Bescheid sagen.“ „Das heißt dann wohl auch, dass du das Baby nicht zur Adoption frei gibst?“, wollte er noch wissen, obwohl er die Antwort schon kannte. „Bist du bescheuert? Ich geb mein eigen Fleisch und Blut doch nicht weg. Außerdem habe ich den Fehler begangen und hab ihn mir angeguckt und glaub mir, wenn du den Kleinen siehst, willst du ihn nicht mehr hergeben.“ So konnte wirklich nur ein stolzer Vater reden und der Sänger war irgendwie erleichtert, dass das Kind wirklich von ihrem Bassisten war, denn sonst hätte er sich die letzten vier Wochen umsonst herum gequält und so hatte die Sache wenigstens ein gutes Ende. „Und wie geht das da jetzt weiter? Du wirst den Kleinen doch nicht einfach so mit nach Japan nehmen dürfen, oder?“ „Nein, Noi und ich waren schon bei den Behörden wegen dem alleinigen Sorgerecht, aber dafür muss erst mal der Vaterschaftstest sagen, dass ich auch wirklich der Vater bin. Den haben wir vorhin auch gleich mit gemacht und die versuchen sich wirklich zu beeilen, aber es wird wohl noch eine Woche dauern. Oh Gott Kyo, ich bin so glücklich“, quietschte es und der Sänger musste lachen. „Ich merk's, aber ich freu mich für dich“, war er wirklich ehrlich und selig lächelte der Sänger vor sich hin. „Hoffentlich krieg ich auch wirklich alles hin. Ein wenig Angst habe ich ja schon, dass ich das nicht auf die Reihe bekomme. Schließlich bin ich in Japan alleine und hab keinen der auf das Baby aufpasst“, seufzte es dann. „Da mach dir mal keine Sorgen, alleine bist du auf gar keinen Fall. Lass alles auf dich zukommen, irgendwie findest du schon eine Lösung“, murmelte Kyo und stöhnte auf, als Sanos ausgespuckte Muttermilch nun wirklich an seiner Hose angekommen und sogar schon soweit durchgesickert war, dass sie tatsächlich bis unter seine Unterwäsche lief. Boah, war das eklig. „Alles in Ordnung?“, fragte daraufhin der Bassist und der Sänger konnte nicht anders, als stöhnend zu verneinen. „Sanos Kotze hat nun offiziell meinen Arsch erreicht. Hoffentlich sind die Mädels bald mal fertig, ich brauche nun wirklich ganz dringend eine Dusche“, ekelte es ihn wirklich. „Ich schätze, so etwas wird mir dann wohl auch bald blühen, hm?“, gluckste es am anderen Ende der Leitung, was Kyo nun doch wieder zum Lachen brachte. „Ich denke, du wirst so schlau sein und dein Baby nicht mit freiem Oberkörper zum Bäuerchen bringen. Schließlich bin ich gerade das perfekte Beispiel, dass man es tunlichst vermeiden sollte.“ „Papa, Baby haben“, wurde Kyo dann aber abgelenkt. „Toshi, wir müssen erst mal Schluss machen, ein nacktes Monster steht hier vor mir und muss erst mal eingefangen werden“, grinste der Sänger zu Erina nach unten, die ihre Hände nach dem Baby ausstreckte und einfach ignorierte, dass sie komplett nackt vor ihm stand und noch nicht mal richtig abgetrocknet war. „Okay. Dann würde ich sagen wir sehen uns bald wieder.“ „Auf jeden Fall, kommt gut nach Hause, ja?“, fragte er noch und legte dann auf, als er eine zustimmende Antwort erhalten hatte. „Und nun zu dir“, murmelte er zu seiner Tochter, legte dann aber zunächst seinen Sohn in den Laufstall, der im Wohnzimmer herum stand. Mit dem Tuch wischte er dem Kleinen noch den Mund ab, bevor er sich selbst etwas verrenkte und zumindest das gröbste der Muttermilch von seinem Rücken beseitigte. „Papa, ich will Baby haben“, sagte sie wieder und drückte sich eng an ihn heran, da sie von allein noch nicht in den Laufstall langen konnte. „Erst einmal trocknen wir dich ab und ziehen dich an, danach kannst du noch eine Runde mit Sano kuscheln, eher nicht“, ließ er sich nicht von den Bambiaugen seiner jüngsten Tochter bestechen. Schnell hatte er sie hoch gehoben und wieder ins Bad gebracht, wo Yuna ihn seufzend dankte. Da Natsuki das mit dem Anziehen schon alleine auf die Reihe bekam, ließen sie die Große machen und kümmerten sich da eher um die Kleine. Als Kyo die Handtücher über die Heizung hing, spürte er wie Yuna ihm über den Rücken strich. „Was hast du denn gemacht?“, fragte sie verwundert und der Sänger schielte auf seinen Rücken. „Sano hat mich vollgekotzt, frag nicht bis wohin der Mist gelaufen ist“, brummte er und erntete nur ein fröhliches Lachen seiner Frau. War ja klar, dass die das wieder zum Schießen komisch fand. „Dann spring mal schnell unter die Dusche, ich halte die Kuschelrunde im Auge“, zwinkerte sie und wollte schon abhauen, doch Kyo hielt sie noch am Handgelenk zurück. „Nicht so schnell, junge Frau“, murmelte er, bevor er ihr Gesicht an seines heran zog und genüsslich seine Lippen auf Yunas drückte. Beide seufzen wohlig auf und schmiegten sich aneinander. Sie gönnten sich für wenige Momente den Luxus und genossen ihre Zweisamkeit, auch wenn sie dafür im Bad herum stehen mussten. Ein leises Poltern veranlasste sie aber zur Trennung und mit einem entschuldigenden Lächeln war Yuna kurz darauf aus dem Bad verschwunden und Kyo konnte sich endlich die Muttermilch vom Körper waschen. Während das Wasser so auf ihn niederprasselte, wurde dem Sänger erst mal bewusst, was Toshiya ihm da vorhin überhaupt erzählt hatte. Tatsächlich hatten sie innerhalb von zwei Monaten drei neue Babys in ihrem Kreis begrüßen dürfen und alle hatten sich darauf perfekt vorbereiten können, außer ihr Bassist. Kyo wurde klar, dass der Mann nicht mal die Mindestausstattung hatte. Der Sänger musste dringend mit den anderen Reden und wie sie ihm am besten helfen konnten, wobei das außer Frage stand, denn es ging eher um das Wann, damit er gleich als liebevoller Vater durchstarten konnte und nicht erst alles besorgen musste. Und da er wusste, dass sie im Studio, versteckt natürlich, immer einen Ersatzschlüssel zu den jeweiligen Wohnungen und Häusern hatten, würde sie das einfach für ihren Kollegen und Freund übernehmen Kapitel 108: Einhundertacht --------------------------- Zwei Tage später standen zumindest Kaoru, Shinya und Kyo in Toshiyas Wohnung und räumten einfach dessen Arbeitszimmer aus, da sie sich einfach mal frei genommen hatten, um ihren Bassisten zu helfen, der bald wieder im Lande sein würde und bis dahin definitiv kein fertiges Zimmer zaubern konnte. Kyo, genau wie die anderen, hatten alle das Bild von dem Baby erhalten und man konnte die Ähnlichkeit zu dem Bassisten tatsächlich nicht leugnen, auch wenn der Sänger zu Anfang doch ein wenig skeptisch gewesen war, aber tatsächlich gab es eigentlich keinen Zweifel mehr. Gut, dass von Rechtswegen aus die Vaterschaft mit einem Test tatsächlich bewiesen werden musste, dass leuchtete den Sänger dann auch wieder ein. Aber wie gesagt, zweifeln tat keiner mehr daran, weswegen sie sich in der Wohnung des drahtigen Mannes einfach mal austobten. Sie konnten nur hoffen, dass es Toshiya auch wirklich gefiel. Den Schreibtisch, sowie Toshiyas Instrumente brachten sie ins Gästezimmer. Dort mussten sie zwar auch noch mal ein wenig herum räumen, damit auch alles passte, aber das war schnell erledigt und sie konnten sich endlich daran machen die bunte Bordüre an die Wand zu kleben. Kaoru hatte den Tag zuvor schon einige Rollen der bunten Dinger in einem Baumarkt besorgt und den dazu passenden Kleber, sowie Pinsel. Zu ihrem Glück war das Zimmer schon in einem schönen Blau gestrichen, so dass sie daran nicht viel ändern mussten. Mit Leiter, Tapeziertisch und dem vorgesehenen Kleber standen sie nun in dem Zimmer und versuchten zu dritt den Kleber auf die Bordüre zu pappen und es danach – hoffentlich gerade – an die Wand zu bringen. Doch so einfach war das irgendwie nicht. Allerdings waren sie auch keine Handwerker, weswegen es für andere sicherlich sehr dilettantisch aussah. Aber davon ließen sich die drei Musiker auf keinen Fall abschrecken, Hilfe holen konnten sie ja schließlich immer noch. „Ist das gerade?“, rief ihr Leader aus, der an der linken Seite der Wand stand und die erste Ecke von der Bordüre dran drückte und schielte zu Shinya, der die Bordüre an die rechte Ecke von der Wand hielt. „Moment“, sprang der Sänger gleich zur Wasserwaage und hielt sie mittig an die Wand. „Ja, passt“, nickte er und half dabei, dass das Papier auch ordentlich an die Wand festgekleistert wurde. Sie hatten gemerkt, dass sie die Leiter gar nicht benötigten, weil die Decke recht niedrig war und sie so oder so nicht bis ganz nach oben wollten, aber lieber so, als dass sie dann da gestanden hätten. Nachdem auch alles klebte nahm Kyo sich erneut die Wasserwaage und kontrollierte, ob sie noch immer gerade war und zufrieden nickte er, da die kleine Blase in der Wasserwaage mittig stehen blieb. So verzierten sie noch die restlichen drei Wände, was sogar sehr schnell vonstattenging. „Haben sich die Mädels eigentlich schon mal gemeldet, weil wir sind hier ja so gesehen schon durch“, murmelte Kaoru und kratze sich kurz an seinem Lockenkopf, bevor er die restliche Bordüre wieder aufwickelte. „Nein“, schüttelte der Sänger seinen Kopf und betrachtete ihr kleines Kunstwerk. An den Wänden fuhren nun überall kleine und große Autos lang und mit Brumm-Brumm-Sprüchen wurde die noch ein wenig aufgepeppt. „Dann ruf mal an, Dai wird doch nie mit den drei Weibern alleine fertig“, runzelte Kaoru seine Stirn. Ganz so unrecht hatte er da leider auch nicht. Denn Yuna, Noriko und sogar Reiko waren mit dem Gitarristen unterwegs und besorgten die Erstausstattung. Also Bett, Kommode und Wickeltisch, sowie andere Kleinigkeiten, an die die Männer nie und nimmer denken würden. Daisuke war da eigentlich auch nur dabei, weil er darauf achtete, dass die Mädels auch alles Passgenau besorgten, fahren musste und gleichzeitig schleppen durfte. Zudem hatten Noriko und Yuna beide ihre Babys mit und waren so beim Tragen verhindert. Außerdem musste Kyo auch ein bisschen vorsichtig sein, da durch sein ‚Outing‘ die Paparazzi ziemlich auf ihn fokussiert waren und bevor auch nur ein ungewolltes Bild seiner Kinder oder seiner Frau im Netz oder der Zeitung erschien, hielt er sich in der Öffentlichkeit lieber sehr zurück, auch wenn es manchmal weh tat. „Ich mach ja schon“, verdrehte Kyo seine Augen, da er es gar nicht gern hatte so gehetzt zu werden und er fischte sich sein Handy aus der Hosentasche. Schnell war Yunas Nummer gefunden und er drückte gleich auf den grünen Hörer. „Hi Schatz“, flötete sie sofort und kicherte verhalten. Verwundert zog der Sänger seine Augenbrauen nach oben. „Hey Süße, was gibt’s zu lachen?“, wollte er es natürlich wissen, so neugierig, wie er nun mal war. „Ach nichts, dein Bandkollege hat sich gerade nur mal kurz hingelegt“, kicherte sie wieder. „Wie meinst du das?“ „Er ist über eine Ecke von einem Podest gestolpert. Dabei hat er mal eben den Fußboden ausgemessen, mehr nicht“, hörte er sie immer noch grinsen. „Das euch das gefällt, war ja klar.“, schüttelte er mit dem Kopf. „Aber eigentlich rufe ich an, um zu fragen wie weit ihr seid, da wir fertig sind?!“ „Oh, wir besorgen noch die letzten Kleinigkeiten, dann sind wir auch soweit durch. Ist auch alles auf Lager und wir können gleich einen Transporter mit ausleihen. Ein, zwei Stunden, kommt drauf an wie lange das Beladen dauert, dann sind wir da“, gab sie sofort Auskunft und Kyo nickte. „Alles klar. Dann lasst mal unseren Gitarristen heile und kauft nicht allzu viel Schnickschnack, den kann Toshi sich selbst noch besorgen“, ermahnte der Sänger noch, legte dann aber schon auf. „Unseren Gitarristen heile lassen? Was machen die schon wieder mit dem armen Mann?“, wurde der Leader natürlich wieder sofort skeptisch und hob eine Augenbraue gen Haaransatz. „Angeblich ist Dai gestolpert und hat sich der Länge nach hingelegt, aber ich wäre mir da nicht ganz so sicher, nicht dass sie ihm am Ende noch ein Bein gestellt haben“, schüttelte Kyo, mal wieder, seinen Kopf, den möglich war bei dem verrückten Haufen alles. Knappe zwei Stunden später klingelte es an Toshiyas Tür und sofort wurde der Türöffner gedrückt. Wenige Minuten später öffneten sich die Fahrstuhltüren auf der Etage und darin erschienen Daisuke, Yuna mit Sano, Reiko und Noriko mit Akemi, die sich die Seele aus dem Leib schrie. „Lasst mich durch, lasst mich durch!“, drückte Noriko sich zuerst aus dem Fahrstuhl und sie spazierte ganz selbstverständlich in die Wohnung, wo sie im Wohnzimmer verschwand. „Akemi hat Hunger“, erklärte Daisuke nur kurz angebunden und hob den riesigen Karton hoch, um ihn ebenfalls in die Wohnung zu tragen. „Wir sind zufrieden“, grinste Yuna dagegen nur und machte ein paar Schritte auf den Sänger zu, da dieser in der Wohnungstür auf die Ankömmlinge gewartet hatte. „Na Gott sei Dank“, grinste er und gab seiner Frau einen Kuss, nur um danach auf seinen Sohn zu schielen, der friedlich an Mamas Brust schlief, da er in einem Tragerucksack für Babys hing. „Den hebt auch gar nichts an, oder?“, konnte er es einfach nicht fassen und Yuna gluckste auf. „Definitiv nein. Dem ging das alles gehörig am Hintern vorbei“, bestätigte Yuna es auch noch. „Aber jetzt kommt erst mal rein. Ihr könnt euch das Zimmer mal angucken, wir anderen tragen die Möbel hoch“, ließ er den Damen den Vortritt und schloss erst mal die Tür hinter ihnen, damit er die anderen holen konnte und kein ungebetener Gast sich vielleicht noch Zutritt verschaffte. Während Noriko Akemi stillte, sahen sich die anderen das Kinderzimmer an und die Frauen nickten. „Wir haben weiße Möbel gekauft und in der Bettwäsche sowie der Lampe und den Vorhängen für die Fenster ist immer irgendwie ein wenig blau dabei“, erzählte Yuna auch gleich. „Ihr habt sogar Vorhänge gekauft?“, fragten Kaoru, Kyo und Shinya gleichzeitig, bevor sie sich verdutzt ansahen und dann anfingen mit lachen. „Natürlich“, nickte Reiko und lächelte schüchtern in die Runde. Kaoru und sie waren ja nun schon eine ganze Weile zusammen, aber noch immer schien sie sehr zurückhaltend zu sein, was sie eigentlich gar nicht nötig hatte. „Daran hätte ich auch nie gedacht, wenn Reiko nicht damit angekommen wäre“, gab auch Daisuke zu und grinste schief. „Auch egal, lasst uns endlich das Zeug hoch tragen“, klatschte der Leader in die Hände und nickend trollten sich die Männer, damit sie so schnell wie möglich mit allem fertig waren. Somit machten sie sich daran die vielen und schweren Kartons in Toshiyas Wohnung zu bugsieren, genauso wie die vielen Kleinigkeiten, die auch kein Ende nehmen wollten. Selbst einen Kinderwagen hatten sie besorgt. Zwar war das ein recht einfaches Model, in dunkelblau gehalten, aber der würde dennoch ausreichen, darin waren sich alle einig. Das dauerte seine Zeit und genau die nutzte Yuna, um ihren Sohn ebenfalls mit Nahrung zu versorgen, da dieser auch währenddessen Hunger bekommen hatte. Also hatte jeder was zu tun und nach einer guten halben Stunde war der Transporter zumindest schon mal leer. „Ich bring das Auto jetzt zurück“, rief Daisuke noch ins Kinderzimmer, als Kyo und Co. sich schon ans Aufbauen gemacht hatten. „Warte, ich komme mit“, rief Yuna schnell und kam ins Kinderzimmer geeilt, wo sie den total verdatterten Sänger ein sattes Baby in die Hand drückte. „Satt ist er, musst nur noch mal schauen, dass er die Luft raus lässt“, lächelte sie süß, drückte dem Sänger einen Kuss auf die Wange und war dann mit dem zweiten Gitarristen verschwunden. Total überrumpelt saß er nun auf dem Boden und blinzelte zur Tür, wodurch vor einer Sekunde seine Frau verschwunden war. So war das nun nicht geplant gewesen. Ein leises Rülpsen holte Kyo aber wieder zurück und er sah zu seinem Sohn, der strampelnd in seinen Armen hing und schon wieder anfing Muttermilch aus seinem Mund laufen zu lassen. „Du sollst das runter schlucken und nicht immer wieder ausspucken“, murmelte er und hievte sich mit dem Baby auf seine Beine. „Bin gleich wieder da“, sagte er zu Kaoru und Shinya und wuselte ins Wohnzimmer, wo Reiko bei Noriko saß und sich mit ihr unterhielt, während Akemi scheinbar auch schon satt war und mit ihrem Köpfchen auf Norikos Schulter hing. „Kannst du ihn nehmen?“, fragte er dann einfach Reiko, die ihn daraufhin mit solchen großen Augen ansah, dass Kyo schon Angst hatte, dass sie ihr gleich mit einem leisen Ploppen aus den Augenhöhlen fallen könnten. „I-ich?“, stotterte sie und sah kurz hilflos zu Noriko, bevor sie wieder ihren Blick auf Kyo lenkte. „Ja, du“, nickte er und ging einfach auf sie drauf zu. „Keine Angst, er beißt nicht, spuckt dich höchstens an“, zwinkerte er frech, angelte sich ein herumliegendes Molontuch, drapierte es mit einer Hand auf Reikos Schulter und gab ihr dann Sano, der schon wieder Rülpste, aber wenigstens nicht wieder dabei sabberte. „Oh Gott“, murmelte die junge Frau ein wenig überfordert und sie wirkte auch etwas verkrampft, als sie ihre Arme um Sano legte. Geduldig brachte er Sano richtig in Position und wuschelte sanft durch die abstehenden, dichten Haare. „Kotz nicht so viel, ansonsten mach das, was du immer machst“, grinste er seinen Sohn an und meinte damit, dass er einfach ruhig bleiben und sich die Welt angucken sollte, das tat er schließlich auch fast den ganzen Tag. „Was?“, fragte Reiko daraufhin und sie sah Kyo leicht entsetzt an. „Keine Angst, bei anderen hält er sich zurück, bis jetzt war ausschließlich ich sein größtes Opfer, was Muttermilchattacken angeht“, grinste er. „Entspann dich einfach und verwöhn ihn etwas mit Streicheleinheiten, das hat er gerne. Und wenn was ist, ich bin nebenan und Noriko ist ja auch noch da“, vertraute er der schmalen Frau ohne zu Überlegen. Dann hatte der Sänger schon kehrt gemacht und war zur eigentlichen Arbeitsstätte marschiert. Dort lagen schon allmöglichen Teile herum, umringt von Anleitungen und Werkzeug. Er hatte keine Ahnung, wie sie da wieder Ordnung rein bekommen sollten. Zirka eine Stunde später ging die Klingel erneut und alle drei Männer zucken erschrocken zusammen, da sie so in ihrer Arbeit vertieft waren, dass sie nichts um sich herum mitbekommen hatten. Wenige Minuten später ging dann auch schon die Tür auf und der Sänger sah die wenigen einzelnen Teile nur noch so fliegen, als seine Tochter – wer denn auch sonst – ins Zimmer gerannt kam und sich ihm einfach auf den Schoß schmiss. Kyo entwich vor Schreck die Luft aus den Lungen, hielt Erina aber fest, bevor sie noch auf die Idee kam sich irgendwas von dem ganzen Mist genauer anzusehen. „Musste das sein?“, fragte der Sänger leicht wehleidig und sah seine Tochter ein wenig mahnend an. „Aber Papa Hallo sagen“, schaute das Mädchen ihn mit kugelrunden Augen an, sodass Kyo schon gar nicht mehr böse sein konnte. Seufzend drückte er ihr einen Kuss auf die Stirn, was Erina als Anlass sah und Kyo so breit anstrahlte, dass er all ihre vorhandenen Milchzähne sehen konnte. „Da du mich jetzt schon begrüßt hast, musst du die anderen aber auch begrüßen“, stellte er seine Tochter wieder auf beide Beine und achtete darauf, dass sie nicht durch herumliegende Teile stiefelte. Fröhlich brachte sie die wenigen Meter hinter sich und ließ sich erst von Shinya knuddeln und dann von Kaoru der ihr, wie immer eigentlich, frech in die Wange kniff, was sie wiederum zum Lachen brachte. Grinsend besah er sich das Ganze, scheuchte das Mädchen dann aber wieder aus dem Zimmer, damit sie weiter machen konnten, denn sie hatten schon über die Hälfte fertig und den Rest würden sie heute auch noch schaffen. Die nächste Unterbrechung ließen die Männer erst zu, als alle Möbel aufgestellt und an Ort und Stelle gebracht worden waren. Stolz sahen sie sich um und mit nur einem Blick waren sie sich einig, dass die Dekorationsarbeiten nun Sache für die Frauen war. Schnell räumten sie noch das Verpackungsmaterial zusammen und stopften alles ineinander, damit wieder Ordnung einkehrte. Damit beladen kamen sie aus dem Zimmer und stellten die Pappe in den Flur, das würden sie später mitnehmen und entsorgen. „Wir sind fertig, jetzt seid ihr dran“, grinste Kaoru in die Runde, zog sich zuerst aber seine Freundin an die Brust, die erschrocken aufsah und Sano etwas fester hielt, den sie überraschenderweise noch immer im Arm hatte. Grinsend drückte der Leader ihr einen Kuss auf und wuschelte danach dem Baby durch die Haare, welches große Augen bekam, da es die Geste fast nur vom Papa kannte. Kyo selbst begrüßte dann erst mal Natsuki, die auch von der Schule eingetroffen war. Fest nahm er sie in die Arme und drückte auch ihr einen Kuss auf die Stirn. „Wie war die Schule, Tsuki-chan?“, wollte er wissen und hielt sie einfach fest. „War ganz lustig“, sagte sie und schmiegte sich an den Sänger heran. „Wir mussten heute das gelernte Gedicht aufsagen und manche konnten sich fast gar nix merken“, erzählte sie bereitwillig und grinste Kyo von unten her an. „Und du? Hast du denn noch alles gewusst?“, fragte er. „Ja, natürlich“, nickte sie überzeugt. „Natürlich“, lachte der Sänger und knuddelte sie noch einmal, bevor er das Mädchen mit zum Sofa zog. „Hilfst du mir bei den Hausaufgaben?“, wurde der Sänger allerdings abgehalten, bevor er sich auf dem weichen Polster niederlassen konnte. „Sind die noch nicht fertig?“ „Nicht alle“, gab sie zu. „Wir haben noch nicht alles geschafft und da Mama das Zimmer machen soll, musst du mir jetzt helfen“, war Natsuki total davon überzeugt. Aber gut, der Sänger konnte ihr den Wunsch und die Bitte auch nicht abschlagen, da sie ziemlich selten dafür Zeit fanden. „Dann mal los“, lächelte er also und ging mit ihr in die Küche, wo auf dem kleinen Tisch noch alles verteilt war. Während Kyo nun seiner ältesten Tochter bei den Hausaufgaben half, zeigten die Frauen was nun so richtig in ihnen steckte und die restlichen Männer hielten die übrig gebliebenen Kinder und Babys im Auge. Somit wurde der Nachtmittag noch recht gemütlich, gepaart mit ein wenig Produktivem, was der Abend zeigen sollte. Staunend standen sie nun alle in dem kleinen Zimmer und bestaunten, was sie an diesem Tag alles geleistet hatten. Wenn man zur Tür rein kam, gleich links, stand eine weiße Wickelkommode, mit einem weißblauen Aufsatz. Rings herum standen Puder, Cremes, Windeln und allerlei Krams. Daneben war gleich die weiße Kommode, worin sich schon ein paar Kleidungsstücke befanden, an denen die Frauen am Vormittag einfach nicht hatten vorbeigehen können. Außerdem waren da noch ein paar aussortierte Sachen von Tian drin, die die Andous mitgebracht hatten. Noch dazu hatten sie ein wenig Nahrung besorgt, Babyflaschen, Schnuller und das nötige Zeug zum Reinigen und Desinfizieren. Neben der Kommode, ums Eck, stand dann das weiße Babybett, mit blauweißer Bettwäsche und dem passenden Himmel dazu. Im Bett war ein kleiner Teddybär drapiert worden und lächelte jeden an, der den Raum betrat. Nach dem Bett kam gleich das Fenster, welches auch mit blauweißen Vorhängen verschönert wurde. Sogar an eine farblich passende Deckenleuchte hatten die Frauen gedacht. In einer weiteren Ecke stand noch ein Töpfchen, gefolgt von dem dunkelblauen Kinderwagen, der nur noch darauf wartete zu seiner Jungfernfahrt entführt zu werden. Alles in allem war es ein wirklich ansehnliches Kinderzimmer geworden, welches hoffentlich von dem baldigen Bewohner genauso geschätzt wurde, wie sie es alle taten. Kapitel 109: Einhundertneun --------------------------- Toshiya Pov. Nervös wackelte der Bassist mit seinen Beinen auf dem Stuhl herum, während er in einer dieser dämlichen amerikanischen Behörden saß. Noi hatte ihn hier hin geschleppt und quasi auf dem Stuhl drapiert. Heute erfuhr er, ob er das Baby nun zu sich nehmen durfte, mit dem alleinigen Sorgerecht, oder ob es nicht doch in ein Heim gebracht, beziehungsweise an eine Familie vermittelt werden würde. In einem Heim war das Kind im Moment ja schon, da sie es dem Bassisten eben nicht einfach so aushändigen wollten. Das hatte ihm tausende Nerven gekostet und ohne Noi wäre er wohl komplett durchgedreht. Zwar war die Kleine sonst immer total aufgedreht, aber in dieser Sache war sie die Ruhe selbst gewesen und hatte alles gemanagt. Der Kleine war nun drei Wochen schon auf der Welt und der Vaterschaftstest war auch eindeutig gewesen, woran Toshiya nie einen Zweifel gehegt hatte, und nun wollte er ihn endlich mit nach Hause nehmen, zudem sein Visum eh in einer Woche auslaufen würde. „Kannst du jetzt endlich mal deine Stelzen still halten? Du machst einen ja komplett kirre“, ruckte Nois Kopf plötzlich in seine Richtung und Toshiya zuckte so sehr erschrocken zusammen, dass er beinahe laut gequietscht hätte. Sein aufgeregtes Herz tat nun schmerzlich in der Brust weh und selbst das Atmen hatte er schon fast vergessen. „Musste das sein?“, murmelte er total durch den Wind und sah Noi schon beinahe ängstlich an, nachdem er wieder Luft geholt hatte. „Ja, ich kann dein Gezappel nicht mehr tolerieren“, nickte die schmale Frau einfach und nahm ihm damit allen Wind aus den Segeln, da sie einfach nichts weiter sagte und er auch nichts zum Widersprechen hatte. Stattdessen fühlte er sich sogar schuldig und er senkte seufzend den Kopf. „Tut mir leid, ich halte das Warten nur einfach nicht mehr aus. Es macht mich fertig in der Birne, da ich ja immer noch nicht weiß, ob das Baby nun mit nach Japan kommen darf oder nicht“, gab er zu und er unterdrückte mit Zwang sein Gezappel, knetete dafür seine Finger so sehr, dass sie am Ende total rot anliefen. Trotzdem wollte die Durchblutung nicht ganz so wie Toshiya, denn seine Finger waren eiskalt und schweißnass. „Ich weiß, aber es ist gleich vorbei. Lange kann es schließlich nicht mehr dauern und dass du dich um dein Kind bemühst, haben die Behördenfutzies ja auch mitbekommen“, tätschelte sie sein rechtes Knie. Zum Glück konnten sie in ihrer Muttersprache sprechen und alles so formulieren wie sie wollten, es verstand sie ja eh keiner. „Aber reicht das aus?“, schaute er unsicher zu seiner kleinen Begleiterin, die erst nickte, dann aber mit den Schultern zuckte. „Ich weiß es wirklich nicht. Aber ich habe ein gutes Gefühl“, lächelte sie sogar und ein wenig wackelig erwiderte der Bassist es, auch wenn er regelrecht spürte, wie seine Unterlippe dabei zitterte. Eine halbe Stunde später verließ der Bassist so strahlend das Gebäude, dass selbst die Sonne eine Sonnenbrille benötigte. Tatsächlich hatte er den Zuspruch für das Baby bekommen und sie konnten es heute noch aus dem Kinderheim abholen. Vorher musste er zwar noch eine entsprechende Babyschale für die Reise besorgen, aber das sollte nicht das Problem sein. Somit steuerten Noi und er einen Babymarkt an und kaum waren sie durch die Schiebetüren getreten, wusste der Bassist gar nicht mehr, was er eigentlich sagen sollte. So viel Kitsch und unnötiges Zeug hatte er auf einen Haufen ja noch nie gesehen und dabei dachte er eigentlich, dass sie Japaner in manchen Dingen schon sehr speziell waren. „Lass uns mal da hinten gucken, sieht so aus als hätten sie da was“, zog Noi ihn dann schon mit und stolpernd folgte er der jungen Frau, die scheinbar schon wieder zu viel Energie übrig hatte. In der Abteilung angekommen standen sie aber schon wieder vorm nächsten Rätsel, denn die Teile gab es schon beinahe in allen Formen und Farben, dabei wollte Toshiya nur einen simplen Maxi – Cosi. Überfordert holten sie sich nach einer viertel Stunde eine Verkäuferin ran, die gleich ausführlich zu jeden Teil was erzählte, zumindest vermutete der drahtige Mann das, verstehen tat er ja eh nix. Noi dagegen verstand alles und sie stellte genau so viele Fragen, wie die andere Frau erzählte. Das war der Moment, an dem sich Toshiya ausklinkte und sich in einen anderen Gang verzog, der ein paar Babyanzüge beherbergte. Dort stöberte er herum und sackte gleich eine Familienpackung Strampelanzüge an, die mit Elvis bedruckt worden waren. Zwar nicht gerade die schönsten, aber zumindest in Japan selten und er wollten den anderen beiden Babys auch was Gutes tun, zudem er Daisukes Prinzessin ja noch gar nicht zu Gesicht bekommen hatte. „Ach hier bist du“, durfte er dann schon wieder zusammen zucken. Noi stand hinter ihm und hielt eine einfache, schwarze Babyschale hoch. „Wie sieht’s mit der aus?“ „Erschreck mich doch nicht immer so“, brummelte er und schielte danach auf den Maxi – Cosi. „Ja, der sieht gut aus“, wenigstens war das Ding nicht auffällig bunt. „Gut, dann lass uns hier verschwinden und deinen Sohnemann abholen“, hakte sie sich bei ihm ein und zerrte den großen Mann wieder mit sich. Langsam aber sicher gewöhnte Toshiya sich an das Gezerre. Bezahlt war schnell und vor dem Laden schaffte die Frau es schon wieder ein Taxi für sie zu beanspruchen. Kommentarlos ließ er sich auf die Rückbank gleiten und rutschte durch, damit Noi auch noch Platz hatte. „Hast du dir eigentlich überlegt, ob du deinen Zwerg weiterhin Ken nennen willst?“, schaute sie ihn neugierig an, nachdem sie dem untersetzten Taxifahrer die Adresse des Kinderheimes genannt hatte. „Hm… ja. Ich werde Ken wohl beibehalten, als Spitznamen allerdings“, nickte er. „Was hältst du von Kenji?“ „Oh, das klingt gut“, nickte seine Begleitung begeistert und sie strahlte ihn an. „Da muss ich mich wenigstens nicht an einen neuen Namen gewöhnen“, zwinkerte sie frech und der Bassist konnte es nachvollziehen. Die Leute im Kinderheim hatten seinem Sohn schon den Namen Ken verpasst und dummerweise hatte er sich selbst auch schon irgendwie dran gewöhnt, da Toshiya seinen Sohn jeden Tag besuchen war und seitdem feststand, dass es auch wirklich sein Fleisch und Blut war, war er sogar noch länger geblieben und die Mitarbeiter hatten ihn jeden Tag quasi mit einem Fußtritt vor die Tür setzen müssen. Doch heute würde er sich nur mit seinem Sohn verabschieden lassen, das stand definitiv fest. Die Prozedur im Kinderheim ging dann sogar sehr schnell und ehe Toshiya sich versah, stand er mit Noi wieder vor dem Kinderheim und aus dem Maxi – Cosi lugten zwei kleine braun-grüne Augen heraus, die gegen das grelle Sonnenlicht ankämpften. Mit stolzer Brust trug er die Schale zum nächsten Taxi. Dort stellte er sich allerdings ein wenig dilettantisch an und es dauerte ein bisschen, bis er den Dreh mit dem Gurt und der Babyschale raus hatte. Doch irgendwann saßen alle gesichert im Taxi und ließen sich zum nächsten Supermarkt fahren, da sie noch ein bisschen Babynahrung benötigten, schließlich konnte der Bassist den Säugling nicht stillen Nach einer ausführlichen Studie, welches Produkt nun das Beste für seinen Sohn war, marschierten sie zu den Kassen, bis Noi plötzlich stehen blieb und er sie beinahe über den Haufen gerannt hätte. „Was bleibst du denn jetzt stehen?“, brummte Toshiya und schaute zu dem Baby in der Schale. Doch Kenji gähnte nur und ließ langsam seine Augen zufallen, dem hatte das Geschuckel scheinbar überhaupt nichts ausgemacht. „Denk mal nach. Wie willst du die Milch denn füttern?“, fragte sie mit hochgezogener Augenbraue, während Noi den Bassisten anschaute. „Ehm… mit einer Flasche?“, zog er seine Augenbrauen zusammen. Mit was denn auch sonst? „Ja und hast du eine Flasche?“, änderte sich noch nichts an Nois Gesichtsausdruck und erst jetzt bemerkte der drahtige Mann, dass da etwas ganz entscheidendes fehlte. „Oh.“ „Ja, Oh, du Blitzmerker und wenn wir gleich dabei sind. Ich glaube an paar Windeln würden dem kleinen Mann auch nicht schaden“, drehte sie ihn einfach um und umfasste mit ihren kleinen Händen seine Schultern, um ihn vor sich her zu schieben. Gezielt dirigierte sie Toshiya durch die Gänge, bis sie bei hunderten Windelpackungen stehen blieben und daneben gab es ein kleines Regal mit Flaschen und Schnullern. Gemeinsam durchsuchten sie die Produkte nach dem besten und hatten bald alle Hände voll. Nun begaben sie sich aber wirklich mal zu den Kassen, bevor ihnen noch was anderes einfiel. „Warum haben wir im Babymarkt nicht eigentlich dran gedacht?“, murmelte er fassungslos und schaute Noi dabei zu, wie sie alles aufs Band legte und schon mal die Dollar zusammen zählte, die sich noch in ihrer Tasche befanden. „Ich glaube da waren wir so sehr mit einem tragbaren Untersatz beschäftigt, dass wir das schlichtweg vergessen haben“, murmelte sie abwesend und der Bassist musste lachen. „Okay, die Ausrede klingt plausibel“, worauf er ein schiefes Grinsen von Noi erntete. Nachdem alles bezahlt war, war ein Taxi wieder nicht weit und nach einer kurzen Fahrt waren sie wieder im Hotel angekommen. Da Kenji friedlich schlief, ließen sie ihn einfach noch ein bisschen und stattdessen kümmerten sie sich um den nächsten Flug nach Japan. Sie hatten Glück, dass sogar noch am gleichen Abend einer starten würde und ohne nachzudenken packten sie all ihre Sachen zusammen und konnten dann sogar schon zum Flughafen aufbrechen. Toshiya war darüber mehr als nur froh und er freute sich einfach nur noch auf sein Zuhause. Kapitel 110: Einhundertzehn --------------------------- Toshiya Pov. Erschöpft, aber unendlich zufrieden verließen sie den Flughafen und steuerten mit ihrem Gepäck ein Taxi an. Der Flug war mehr als nur anstrengend gewesen, doch gegen alle Erwartungen war das Baby relativ ruhig geblieben und schien sonst auch keinerlei Probleme gehabt zu haben. Davor hatten Toshiya und auch Noi Angst gehabt. Sie hatten beide schließlich jetzt nicht so die Erfahrungen mit Babys und die wenigen Stunden mit den Kindern von Kyo und Daisuke konnte der Bassist nun auch nicht gerade als hilfreich bezeichnen. Doch sie hatten alles geschafft und müde lächelte der Mann in die Richtung der untergehenden Sonne. Morgen würde er wohl erst mal alle Mütter um sich herum zusammen trommeln und sich von Ratschlägen nur so überfluten lassen. Ihm klingelten jetzt schon die Ohren wenn er auch nur an die zwei schnatternden Weiber dachte, doch es musste einfach sein, schließlich wollte er das Beste für sein Kind. Während der Fahrer die Koffer wieder in den Kofferraum stapelte, als handelte es sich um ein einfaches Tetrisspiel, gurtete er seinen Sohn mit seiner Schale wieder fest und setzte sich einfach neben ihn. Noi durfte vorn Platz nehmen und, wie in Amerika auch, gleich wieder alles regeln. „Soll ich dir die erste Nacht noch behilflich sein?“, fragte Noi nach hinten und holte den Bassisten aus seinen Gedanken. „Hm? Warum?“, fragte er reichlich blöd und blinzelte ein wenig. „Weil du vielleicht ein wenig Hilfe benötigen könntest?“, lächelte sie und dem schlanken Mann fiel auf, dass sie genauso müde aussah, wie er sich fühlte. „Das ist zwar nett, aber genau genommen ist dein Job ja jetzt erledigt und du musst mir nicht mehr durchs Leben helfen“, lächelte er dankbar. „Ich weiß, aber ich möchte es gerne. Außerdem mag ich mich noch gar nicht richtig von dem kleinen Kerl verabschieden, er ist so zuckersüß“, seufzte sie. Lachend lenkte der Bassist seinen Blick wieder auf das Baby, welches aus halb offenen Augen die Welt betrachtete. „Stimmt, er ist zuckersüß“, nickte er und schaute wieder hoch. „Wenn du dir noch freiwillig eine Nacht mit mir um die Ohren schlagen willst, dann tu dir keinen Zwang an“, nickte er dann aber und zeigte somit sein Einverständnis. Vielleicht war ein wenig weibliche Unterstützung ja gar nicht mal so schlecht. Die restliche Fahrt verging schweigend und jeder hing seinen Gedanken nach. Die anderen werden bestimmt große Augen machen, da Toshiya niemanden Bescheid gegeben hatte, wann er denn eigentlich wieder nach Hause kam. Er verspürte schon eine regelrechte Vorfreude in seinem Bauch und er grinste unbemerkt vor sich hin, bis er sein Wohnhaus erkannte und damit erst mal wieder ins Hier und Jetzt geholt wurde. Zügig stiegen sie dann aus und verfrachteten alle Koffer und Menschen in den Aufzug, welcher schnell in seine Etage schwebte. Dort angekommen luden sie den Fahrstuhl wieder aus und stellten alles zunächst vor seiner Wohnungstür ab. Fluchend kramte der Dunkelhaarige in seiner Tasche und hatte am Ende alles auf den Flurboden verteilt, aber zumindest konnte er so endlich seinen Schlüssel finden, der sich irgendwie von seinem Schlüsselbund gelöst hatte. Brummelnd fädelte er das entlaufene Ding zunächst wieder ein, erst dann schloss er seine Wohnungstür auf. Er blinzelte, da es irgendwie anders roch als sonst, doch er dachte sich nichts dabei, sondern schob es auf die abgestandene Luft, die hier schon seit fünf Wochen herum waberte. „Treten Sie ein“, murmelte er zu Noi und ließ ihr dann doch den Vortritt, bevor er ihr einfach den Maxi – Cosi in die Hand drückte und er selbst die Koffer in seinen Flur schob. Zum Glück hatten alle Rollen dran und es war ein leichtes die überfüllten Dinger in seine Wohnung zu bekommen. Nachdem alle in seinem Flur standen schloss er endlich seine Wohnungstür und entledigte zunächst seine Jacke und seine Schuhe. Noi tat es ihm gleich und gemeinsam gingen sie ins Wohnzimmer, wo Noi das Baby auch sogleich aus der Schale nahm und es auf ihren Armen bettete. Mit großen Augen sah sich Kenji um und da Noi ihn in jede Ecke seines Wohnzimmers trug, hatte er auch einen super Ausblick. Leise erzählte sie ihm, was sie selbst alles sah und der Bassist nahm sich einen Moment Zeit und beobachtete sie ein bisschen. Zusammen sahen sie schon niedlich aus und ihm wurde das Herz ganz warm, da er sich nun wirklich wieder wie Zuhause fühlte. „Willst du auch ein Glas Wasser?“, unterbrach er die beiden und Noi nickte, unterbrach aber nicht ihre Erzählung, da sie dem Baby die blinkenden Lichter erklärte, die sie von seiner Balkontür aus erkennen konnte. Grinsend begab er sich nun endgültig in seine Küche und machte zwei Gläser fertig, die er voll wieder mit ins Wohnzimmer nahm. Dort ließ er sich erschöpft auf sein Sofa sinken, nachdem er die Gläser abgestellt hatte. „Und jetzt setzen wir uns zum Papa“, hörte er noch, bevor sich das Sofa neben ihn leicht absenkte und er keine Sekunde später die Anwesenheit der jungen Frau bei sich spürte. „Schön hast du es hier“, lächelte Noi und schaute ihn an. „Danke“, lächelte Toshiya zurück und musste ein Gähnen unterdrücken. „Wollen wir uns dann aufs Ohr hauen? Ich bin fertig“, nuschelte er träge und Noi nickte. „Jap, ich würde sagen dein Kleiner kriegt noch eine Flasche und dann hauen wir uns aufs Ohr.“ „Oh ja, das klingt gut“, erhob sich Toshiya und schlurfte in den Flur, wo er aus seiner Tasche die Babynahrung holte und mit der dazugehörigen Flasche in die Küche ging. Die Flasche war schnell vorbereitet und von weitem sah er schon, dass Noi die Fütterung übernehmen würde. Wortlos übergab er die Flasche der jungen Frau und machte sich danach auf den Weg in sein Schlafzimmer um sich ein paar frische Schlafsachen zu holen. „Ich springe noch schnell unter die Dusche“, murmelte er ins Wohnzimmer und war dann schon im Bad verschwunden, wo er sich zügig aus seinen Sachen schälte, sie in die Wäschetonne schmiss und dann schon unter dem angenehmen Wasserstrahl stand. Genüsslich ließ er sich einfach nur berieseln und lockerte damit ein wenig seine angespannten Muskeln. Erst nach einigen Minuten begann er sich zu waschen, bevor er den Schaum wieder fortspülte und sich wieder aus der Nasszelle traute. Ein Handtuch war sofort zur Hand und mit geübten Bewegungen trocknete der Bassist seinen Körper ab. Seine Haare bürstete er nur, ließ sie aber feucht um sein Gesicht hängen, die würden über Nacht trocken. Zwar würde er am nächsten Tag wieder gezwungen sein einen Zopf zu tragen, aber das war ihm jetzt so was von egal. Gähnen trat er wieder aus dem Bad und erwischte seinen Sohn dabei, wie er ein ordentlich es Bäuerchen über Nois Schulter feuerte. Lachend schüttelte er den Kopf und seine Besucherin grinste nur schief. „Willst du auch kurz duschen?“, fragte er. „Ja, gerne.“ „Gut, da lege ich nur schnell ein Handtuch für dich raus“, damit war er wieder im Bad verschwunden und legte das Gewünschte zurecht. Fünf Minuten später hatten sie die Rollen getauscht und während Noi unter der Dusche stand, überlegte er tatsächlich, wo Kenji am besten schlafen könnte. Ein Bett hatte er schließlich für den Kleinen noch nicht und in der Babyschale wollte er ihn auch nicht unbedingt schlafen lassen. Die einzige Lösung, die ihm einfiel wäre, dass er mit in seinem Bett schlief. Zwar war das auch nicht gerade gut, aber für eine Nacht würde es wohl gehen und morgen würde er dann ein Babybett besorgen. Seufzend, weil nun doch noch so viel auf ihn zukommen würde, strich er mit seinen Fingern über die kleine Wange und überlegte, was er denn eigentlich alles noch benötigte. Zu allererst war da noch ein Bett. Eine Wickelkommode durfte auch nicht fehlen. Und Sachen, Sachen benötigte er für sein Kind auch noch. Ein Kinderwagen wäre bestimmt auch nicht verkehrt, denn der Maxi – Cosi wurde auf Dauer auch ganz schön schwer und war nicht die beste Lösung für Ausflüge. Vielleicht sollte er sich mal eine Liste machen, was noch alles so fehlte… „Was schaust du so ernst?“, wurde er mal wieder aus seinen Gedanken gerissen und mit großen Augen schaute er in die Richtung, aus der die Stimme kam. Sofort erkannte Toshiya Noi und er entspannte sich wieder. „Ich überlege nur, was ich morgen alles noch besorgen muss“, gab er ehrlich zu und setzte sich wieder etwas auf. „Nimmst du ihn noch mal kurz, da hole ich Bettzeug für dich“ Sofort stürmte Noi auf ihn zu und riss ihm das Baby schon beinahe aus dem Arm. „Was ist das denn für eine Frage, natürlich nehme ich den Fratz zu mir“, grinste sie und Toshiya lachte. „Okay, dann bin ich gleich wieder da“, stand er auf und steuerte sein Arbeitszimmer an. Nichts ahnend riss er die Tür auf, schaltete das Licht ein und stockte, als er nicht seinen Schreibtisch vorfand, sowie die Kommode und seine Instrumente. Verdattert schlug er die Tür wieder zu und blinzelte einen Moment, bis er sie wieder aufriss und schon wieder von einer Illusion heimgesucht wurde. Scheinbar wurde er schon wahnsinnig, da er schon ein komplett eingerichtetes Kinderzimmer vorfand. Kopfschüttelnd schaltete er diesmal sogar das Licht aus, schloss die Tür wieder, wartete ein paar Sekunden, bevor er erneut die Tür öffnete und den Lichtschalter betätigte. „Scheinbar doch kein Traum“, sagte er fassungslos und beschaute sich von der Tür aus die weißen Möbel, die liebevoll mit weißen und blauen Akzenten verschönert worden waren. Genauso die Bordüre, die wie eine Autobahn wirkte und den vier Wänden doch ein wenig Pepp verliehen. Sogar den Teddy in dem wunderschönen Bettchen entdeckte er, welcher sein Herz zum Schmelzen brachte. „Hm? Hast du was gesagt?“, ploppte Noi neben ihm auf, die in der nächsten Sekunde aus dem Staunen nicht mehr raus kam. „Wow… hast du nicht gesagt, du musst noch alles besorgen?“, fragte sie verwundert und ohne Scheu betrat sie das Zimmer. Noch immer hatte sie Kenji auf dem Arm und das veranlasste sie wieder dazu dem Kleinen zu erzählen, was sich in dem Raum befand. „Das habe ich bis eben auch noch gedacht“, war der drahtige Mann wirklich sprachlos und plötzlich hatte er einen megadicken Kloß im Hals. Seine Augen wurden feucht und seine Sicht verschwamm immer mehr. Er war total gerührt und er konnte seine Gefühle auch gar nicht zurückhalten, da er mit so einer Überraschung ja nun wirklich nicht gerechnet hatte. „Wenn du es nicht warst, wer war es dann?“, warf Noi die Frage in den Raum bevor sie mit Kenji weiter in Zimmer herum lief und ihm den Kinderwagen zeigte. Um Himmels Willen, sie hatten sogar an einen Kinderwagen gedacht! Das würde er nie wieder gut machen können, denn er wusste ganz genau, wer dafür verantwortlich war. „Die wohl besten Freunde, die man haben kann.“ Kapitel 111: Einhundertelf -------------------------- Gähnend saß Kyo im Studio und versuchte seine Augen offen zu halten. Auf seiner Brust hatte es sich Sano gemütlich gemacht und er wartete eigentlich nur noch auf Reiko, die sich bereit erklärt hatte auf den kleinen Mann aufzupassen. Yuna war mit Erina beim Arzt und musste dort scheinbar ewig warten. Die Kleine hatte die Nacht hohes Fieber bekommen und die ganze Zeit nicht schlafen wollen. Zum Glück hatte sie wenigstens nicht Natsukis und Sanos Schlaf gestört, denn die beiden hatten gar nichts mitbekommen. Dementsprechend war Kyo total knülle und er musste sich immer wieder zwingen seine Augen zu öffnen. Das hatten Shinya, Kaoru und Daisuke schließlich auch bemerkt und da sie heute wenigstens etwas zustanden bringen wollten, hatten sie sich nach einem kurzfristigen Babysitter umsehen müssen. Noriko, Daisukes Frau, hatte selbst mit ihrem Baby zu tun und Yuna war wie gesagt mit Erina beim Kinderarzt und da sie Sano nicht den ganzen Keimen und Krankheitserregern aussetzen wollte, hatte Kyo das Kind einfach mitbekommen. Nach kurzer Absprache hatte sich Kaorus Freundin bereit erklärt und diese musste jetzt nur noch hier auftauchen und den Kleinen an sich nehmen. „Wann denkst du eigentlich, kommt unser Bassist wieder?“, ließ sich Daisuke, während der Wartezeit, neben ihn fallen und stupste gleichzeitig die Nase des Babys an, welches den Kopf zur Seite des Rhythmusgitarristen gedreht hatte. „Wenn ich das wüsste“, gähnte der Sänger und strich nebenbei langsam über den Rücken seines Kindes. Sano begann nun langsam eigenständig seinen Kopf zu heben und zu drehen und schaute sich immer häufiger in der Welt um. „Hat er sich bei dir denn nicht noch mal gemeldet?“, schaute der große Rote ein wenig verdutzt aus der Wäsche und der Sänger konnte nur mit dem Kopf schütteln. „Das letzte Mal, als er gesagt hat, dass das Baby da ist. Und das ist auch schon wieder drei Wochen her“, murmelte er und schloss wieder kurz seine Augen. Im nächsten Moment riss er sie allerdings wieder auf, da er einen feuchten Schauer an seinem Hals spürte, da sein Sohn urplötzlich geniest und selbstverständlich seinen Kopf genau in dem Moment seinem Oberkörper zugedreht hatte. „Sano, das ist eklig. Kannst du nicht deinen Onkel duschen? Wozu ist der denn da, wenn nicht dafür?“, fragte er und hob den Kleinen hoch, so dass er mit dem Gesicht auf Kyos Gesichtshöhe war. Eigentlich hätte der Sänger es auch besser wissen müssen, aber in letzter Zeit war es mit dem logischen Denken nicht ganz so und bei seiner heutigen Übermüdung konnte man eh nichts anderes mehr erwarten und der nächste Schwall von Babyspucke traf ihn diesmal mitten ins Gesicht. „Urgh“, verzog er sofort sein Gesicht und versuchte gleichzeitig seinen Bandkollegen zu Tode zu starren, da dieser sich köstlich amüsierte und sich schon den Bauch hielt, vor Lachen. Grummelnd wischte er sich halbwegs sein Gesicht an seinem Ärmel ab und drückte Daisuke danach einfach das Baby in die Hand, da die Spucke nicht wirklich aus seinem Gesicht verschwunden war, Kyo aber auch nicht alles an seinem Pullover kleben haben wollte. Unschuldig blickte Sano ihn an, als er an Daisuke weiter gegeben wurde, tat aber nichts weiter, sondern zog eher eine Grimasse, die aussah wie ein hämisches Grinsen. Super, Yuna und er hatten ein Monster erschaffen und das ließ seine Macht schon mit zehn Lebenswochen an ihm aus. Wenn der Sänger mal darüber nachdachte, da hatte sein Sohn es immer drauf nur ihn anzuspucken, anzupinkeln oder anzukotzen. Vielleicht hatte er in der Schwangerschaft zu leidenschaftlichen Sex mit seiner Frau gehabt und dabei den Kleinen immer wach gerüttelt oder ihn mit seinem … nein, stopp, nicht weiter darüber nachdenken. Kyo würde einfach darüber stehen und seinen Sohn trotzdem lieb haben, auch wenn dieser seine Gefühle ihm gegenüber ein wenig… anders offenbarte. „Bin mal kurz auf’m Klo“, murmelte er also und verschwand aus dem Zimmer, nur um drei Türen weiter in einem anderen Raum einzufallen, welcher Waschbecken und Toilettenkabinen beherbergte. Schnell stand er vor einem Waschbecken und wusch sich sein Gesicht ab. Ein Papiertuch befeuchtete er ebenfalls und wischte sich seinen Hals sauber, welchen Sano als erstes bewässert hatte. Mit einem weiteren Tuch wischte er sich wieder trocken und verließ den Waschraum schon wieder. Auf dem Weg zum Studioraum lief er Reiko in die Arme und er hätte sie abknutschen können, wenn er nicht schon verheiratet wäre. „Unsere Rettung, endlich“, konnte er es sich trotzdem nicht kneifen und er begrüßte sie noch freundlich und mit einem schiefen Grinsen. „So schlimm?“, fragte sie schüchtern und Kyo lachte rau auf. „Schlimmer“, musste er es wirklich zugeben und führte sie dann in ihre Räumlichkeiten. „Ich hab unseren Rettungsanker mitgebracht“, teilte er gleich mit und alle sahen auf, grüßten von weitem, bis auf Kaoru, der Kyo beinahe aus dem Weg schubste und seine Reiko versuchte in Grund und Boden knutschen. Zwei Sekunden später drückte Reiko Kaoru mit einem hochroten Kopf von sich und starrte auf den Boden. Innerlich schüttelte er seinen Kopf, sagte aber nichts dazu, denn irgendwie war es ja ganz süß, wie verschüchtert sie immer hier herum stand und erst eine gewisse Zeit zum Auftauen benötigte. Aber da die gute Frau nicht zum Knutschen hier war, schritt der Sänger energisch auf Daisuke zu und nahm ihm seinen Sohn wieder ab, der doch tatsächlich kurz protestierte. „Du wirst doch wohl nicht den Onkel mir vorziehen?“, fragte er ein bisschen beleidigt und schenkte Sano eine Schnute. Doch der guckte nur komisch und verzog schon wieder sein Gesicht. Da der Sänger nun etwas wacher war, waren seine Reflexe auch besser und er hielt das Baby rechtzeitig in eine andere Richtung, bevor er schon wieder einen feinen Nebel im Licht sah, da der Kleine schon wieder geniest hatte. „Sage mal, du wirst uns doch nicht auch noch krank werden. Deine Schwester reicht uns“, murmelte er, nahm das Baby richtig auf seine Arme und fummelte sich ein Taschentuch aus der Hose, womit er die Nase und den kleinen vollgesabberten Mund abwischte. „So, glänzt wieder, jetzt kannst du ihn nehmen“, hielt er Reiko im nächsten Moment das Baby hin, welche schon wieder mit großen Augen auf den Säugling sah und nur ganz zögerlich ihre Arme nach dem kleinen Menschlein ausstreckte. Steif wie ein Brett legte sie ihn an ihre Schulter und klopfte etwas umständlich auf Sanos Rücken. „Bleib locker, wenn ihm was nicht passt, zeigt er es dir schon“, oder auch nicht, aber er musste Reiko nicht noch mehr Angst machen als so schon. „Du kannst ihn auch in die Schale legen, macht sich zum Gehen besser“, deutete er auf den grässlichen Wagen, der verlassen in einer Ecke stand. „Fläschchen, Windeln, Tücher und was nicht noch alles ist alles hier drin“, zeigte er auf eine Tasche, die neben der Couch stand. „Sonst noch Fragen?“ „Wenn er schreit, kriegt er eine Flasche, ja?“, fragte Reiko unsicher und sie schielte kurz zu dem Baby, welches ihre Bluse an der Schulter an sabberte. „Nein, nur wenn er versucht seine Faust zu fressen, dann bekommt er eine Flasche. Windeln werden gewechselt, wenn du bald in Ohnmacht fällst vor Gestank oder du schaust einfach immer regelmäßig nach. Lieber einmal zu viel gewechselt, als zu wenig“, erklärte er und hob die Tasche einfach auf. Mit der großen Umhängeschlaufe schlang er sie um den Lenker des Wagens und schob diesen dann zu Reiko. „Willst du ihn reinlegen?“ „Mach du lieber“, murmelte Reiko vorsichtig und sie sah Kyo unsicher an. „Bist du dir sicher, dass du dein Kind mir anvertrauen willst?“ „Ja, bin ich. Du hast es doch Letzens auch super hinbekommen, warum dann nicht auch diesmal? Außerdem kannst du uns immer sofort anrufen, wenn was ist“, sah er da kein Problem und umso eher Sano an andere Menschen gewöhnt wurde, umso weniger würde er später mal fremdeln, das hoffte er zumindest. Vorsichtig nahm er ihr das Baby wieder ab, verpackte ihn noch schnell in einen warmen Strampelanzug und bugsierte ihn dann in die Schale. Angeschnallt war er schnell und mit einem Küsschen auf die Stirn hatte er sich dann auch schon verabschiedet. Kurz schaute er noch auf die Uhr an der Wand und nickte dann. „In ungefähr einer Stunde wird er wohl Hunger bekommen, also achte darauf ob er seine Hand frisst. Milch ist abgepumpt, musst nur noch mal kurz im Wasserbad erwärmen“, waren seine letzten Instruktionen, als plötzlich die Tür aufging und sich ein dunkelblauer Kinderwagen in den Raum schob. „Wir sind endlich daha~“, flötete es und alle wurden von dem extremen Strahlen beinahe erschlagen. Da stand doch tatsächlich ihr Bassist mit dem Kinderwagen im Studio und grinste sie frech an. Warum zum Teufel hatte er denn nicht Bescheid sagen können, dass er wieder da war, oder das er heim kommen würde? Aber nicht nur der Sänger fühlte sich ein wenig überrumpelt, auch die anderen guckten aus der Wäsche, wie ein Reh ins Scheinwerferlicht. „Was für eine Überraschung“, entkam es Kaoru trocken und die anderen konnten einfach nur nicken. „Ich? Ich soll euch überrascht haben?“, nahm der Bassist den Faden gleich auf und schüttelte ungläubig seinen Kopf. „Wenn einer einen überrascht hat, dann war das ja wohl ihr!“ Kurz musste der Sänger überlegen, was der Dunkelhaarige eigentlich meinte, doch dann fiel ihm die Aktion mit dessen Arbeitszimmer wieder ein und ihm war alles klar. „Keine Ahnung, was du meinst“, tat er gespielt unwissend, konnte die Fassade aber nicht lange aufrecht halten, da Daisuke schon unterdrückt lachte und sie somit verriet. „Mann, Dai, jetzt ist die ganze Show versaut“, lachte Kyo und stieß dem Größeren seinen Ellenbogen in die Seite. „So und nun zeig deinen Stammhalter mal her, ob er hält, was du versprichst“, zog Daisuke die Blende vom Kinderwagen nach unten, da jetzt eh alles schon gesagt wurde und damit sie alle in ein friedlich Schlafendens Babygesicht sehen konnten. Zuerst sah man nur dunkle Löckchen, die tatsächlich ein wenig rot schimmerten. Die kleinen Augen waren geschlossen, aber man konnte schon jetzt die dunklen Wimpern erkennen, die diese wohl umrandeten. Die kleine Nase war so stupsig wieder jede Babynase, aber die Lippen waren unverkennbar von Toshiya und die kleinen Paustbäckchen auch. Selbst so in dem Kinderwagen verpackt konnte man die Ähnlichkeit tatsächlich erkennen und der Sänger musste zugeben, man konnte sich wirklich beinahe sofort in den kleinen Fratz verlieben, aber nichtsdestotrotz, Sano war niedlicher. „Also hast du jetzt wirklich das alleinige Sorgerecht?“, fragte Kaoru, nachdem der Bassist seinen Sohn aus dem Wagen gehoben hatte und ihn auf seinen Armen hin und her schaukelte. Reiko hatte sich auch wieder hin gesetzt, Sano aber im Wagen gelassen, da der friedlich umher schaute und es recht angenehm zu finden schien. „Ja, hat ein bisschen gedauert, aber seit gestern Vormittag, amerikanischer Zeit, hab ich das Sorgerecht und sobald alles geklärt war, hat Noi für uns einen direkten Rückflug gebucht und seit gestern Abend, japanischer Zeit, sind wir wieder da“, nickte der drahtige Mann. „Noi?“, hakte nun der Leader wieder nach und schien tatsächlich neugierig zu sein. „Die Dolmetscherin, die Nora mir zur Seite gestellt hat, ohne sie wäre ich echt aufgeschmissen gewesen“, sagte er und Toshiya schielte auf seinen Sohn herunter. Auf seinem Gesicht lag ein liebevolles, sanftes Lächeln und es war gar kein Vergleich zu dem hilflosen, müden und ängstlichen Gesichtsausdruck von vor fünf Wochen, als er ihnen erzählt hatte, dass er nach Amerika reisen würde. Kapitel 112: Einhundertzwölf ---------------------------- „Tadaima“, rief der Sänger in die Wohnung, sobald er die Haustür aufgestoßen hatte. Leicht außer Atem zog er seine Koffer ebenfalls rein und machte schnell die Tür wieder hinter sich zu, um zu verhindern dass die Kinder gleich wieder die Flucht ergriffen, was zumindest Erina gerne tat. Natsuki war dann doch schon wieder aus dem Alter raus und Sano noch gar nicht in dem Alter drin. Doch gegen seine Erwartung blieb das Haus still und kein einziges Kind kam angeschossen um ihn zu begrüßen. Das war mehr als ungewöhnlich, denn er war jetzt beinahe zwei Wochen unterwegs gewesen und hatte eigentlich mit einer gebührenden Begrüßung gerechnet, aber Pustekuchen, nicht mal ein Post-It klebte am Flurspiegel. „Das gab’s auch noch nie“, murmelte Kyo vor sich hin und steifte sich seine Schuhe von den Füßen, die er ausnahmsweise auf die Schuhbank stellte und sich davon im gleichen Atemzug seine Hausschuhe nahm. Seine Jacke fand auch noch den Weg an den Haken und sein Halstuch landete oben drüber. Für Ende November war es schon recht frisch und ohne solche Vorkehrungen würde er nur unnötige Erkältungen provozieren, weswegen er dann doch lieber auf Nummer sicher ging, schließlich war seine Stimme sein Kapital. Mit schlappenden Schritten trat er dann ins Innere der Wohnung und steuerte die Küche an, welche er ebenfalls leer vorfand. Schon komisch, dass sich auch nicht mal Yuna blicken ließ, dabei hatte sie eigentlich gesagt, dass sie extra zu Hause bleiben würde. Aber vielleicht war ihr einfach etwas dazwischen gekommen, schließlich konnten immer mal unvorhergesehene Dinge geschehen und sie hatte ihm einfach vergessen Bescheid zu sagen. Ein bisschen von seinen Gedanken gefangen nahm Kyo sich ein Glas aus dem Schrank und angelte sich eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank. Schnell war es gefüllt und nachdem er die Flasche wieder ordnungsgemäß weggeräumt hatte, hob er das Glas an seine Lippen und leerte es mit großen, aber dafür wenigen, Schlucken. Erleichtert, da seine Kehle endlich wieder genug Feuchtigkeit hatte, beschloss er kurzerhand eine Dusche zu nehmen. Wenn ihn schon keiner sofort in Beschlag nahm, konnte er eben noch ein paar Minuten etwas für sich tun. Also wurde das Badezimmer angesteuert und der Sänger legte sich nur ein großes, flauschiges Handtuch bereit, in welches er nach der erholsamen Dusche schlüpfen wollte. Vor sich hin summend, da die Ruhe doch erstaunlich gut tat, zog er sich aus und verfrachtete die zerknitterte Wäsche gleich in den Wäschekorb für Dreckwäsche. Durch die Reise sahen die Sachen bei weitem nicht mehr frisch aus und da half nur noch ein ordentlicher Waschgang und eine Drohung mit dem Bügeleisen. Seine Brille, die er heute mal wieder auf der Nase hatte, zog er ab und legte sie an den Rand des Waschbeckens, damit er sie bald wieder parat hatte. Wie Gott ihn schuf, stieg er in die Dusche und ließ die Duschkabinentür hinter sich einrasten, was ein wenig schepperte, aber niemanden stören sollte, da er ja schließlich allein war. Das Wasser prasselte im nächsten Moment schon auf den erblondeten Japaner herunter und er musste sich ein weibisches Quietschen verkneifen als der erste Schwall eiskalt war, doch das Wasser temperierte sich recht flott und dann konnte man nur noch ein wohliges Seufzen unter dem Wasserrauschen ausmachen. Mit viel Ruhe und Gemütlichkeit seifte Kyo sich ein und ließ keinen Millimeter seines Körpers aus. Die eigene Dusche war doch einfach die Beste. Zwar waren die Duschen in den Hotels auch nicht von schlechten Eltern, aber allesamt waren ungewohnt und da der Mensch ein Gewohnheitstier war, hatte er einfach nicht so entspannen können, wie eben in der Nasszelle zu Hause. Nachdem auch wirklich jede Schaumblase von seinem Körper gewaschen war, kam der Sänger pitschnass aus der Dusche gestolpert und wickelte sich für die ersten zwei, drei Minuten in das weiche Handtuch ein, bevor er begann sich abzutrocknen. Summend fuhr er jedes Fitzelchen Haut nach und erhaschte jedes Tröpfchen, bevor er das Handtuch um seine Hüften schlang und sich mit einer gezielten Handbewegung durch die Haare fuhr. Wie zu erwarten standen seine blonden Fusseln daraufhin in jede erdenkliche Richtung ab und mit weiteren Versuchen wollte er zumindest für ein wenig Ordnung auf seinem Kopf suchen, aber so recht funktionieren wollte das nicht. Sich aber nach einem Kamm durch die Schränke wühlen, wollte er jetzt auch nicht, da siegte dann doch die Faulheit. Also zuckte der muskulöse Mann nur mit seinen Schultern, schaute noch mal nach ob das Handtuch wirklich saß und verließ dann das Badezimmer, um sein Schlafzimmer anzusteuern, woraus er sich ein paar frische Sachen organisieren wollte. Kaum hatte Kyo die Tür zu besagtem Raum aufgestoßen, blieb er abrupt stehen und er dachte für den ersten Moment, dass er in einem Pornostudio stand. Der Raum wurde von rotem Licht erstrahlt, welches wohl an den Roten Tüchern lag, die über die Lampenschirme der Nachttischlampen gespannt wurden. Kerzen standen beinahe überall im Raum verteilt und ließen die Puffnote eher in die Romantische abdriften. Die Rollos waren nach unten gezogen und außer den Beleuchtungsmitteln wurde der Raum nicht erhellt. Um das große Bett herum lagen viele Rosenblätter und in den dunkelroten Bettbezug räkelte sich Yuna, nur mit einem Hauchdünnen Negligee bekleidet, was mehr zeigte als verdeckte. Schluckend betrachtete der Sänger das Bild und sein Blut kam mächtig in Wallung, als seine Frau sich lasziv einen Zeigefinger zwischen die Lippen steckte und ihn mit einem verführerischen Augenaufschlag anblickte. Sein Körper reagierte da schon von ganz alleine und Kyo spürte richtig, wie sein Blut gen Süden strömte und sich in seiner Mitte zusammenraufte. „Ich hab auf dich gewartet“, raunte Yuna ihm zu und sie ließ sich soweit zur Seite fallen, das der dünne Träger, auf dieser Seite, von ihrer Schulter rutschte und die Frau gleich noch mehr in Szene setzte. „Das sehe ich“, klang seine Stimme total fremd und er knurrte die Worte fast. Daraufhin zeigte sich ein sehr eindeutiges Grinsen auf Yunas Züge und vor dem Sänger stellte sich das Handtuch noch ein bisschen mehr auf. „Willst du mich denn nicht endlich mal begrüßen?“, riss Yuna ihn wieder aus seiner Betrachtung und mit einem Nicken ließ Kyo endlich die Tür hinter sich ins Schloss klicken und ging mit großen Schritten auf das Bett zu. Ohne zu überlegen kniete er sich vor Yuna und verschloss seine Lippen sofort mit ihren. Der Sänger konnte noch so etwas wie ‚Na endlich‘, vernehmen, dann schlang seine Frau ihre Arme schon um seinen Nacken und Kyo wurde noch mehr an die Frau heran gezogen. Selbstverständlich ließ er sich das nur zu gerne gefallen. Ihre Zungen fingen einen erotischen Tanz an und jede buhlte um die Aufmerksamkeit der anderen, was ihnen nach und nach ein Stöhnen entlockte. An so eine Begrüßung hatte Kyo wahrlich nicht gedacht, aber wenn er ehrlich war, konnte er sich daran wirklich gewöhnen. Schnurrend drückte er sich mehr an seine Frau und schob sie dabei etwas weiter in die Kissen. Noch immer waren sie durch ihre Lippen und Zungen miteinander verbunden und keiner der beiden hatte vor das in den nächsten Minuten zu ändern. Das einzige, was sich veränderte war, dass Yuna langsam eine Hand unter Kyos Handtuch schob und sie das Stück Stoff so lange am Bund nachfuhr, bis es sich öffnete und sie es dem Sänger von den Hüften ziehen konnte. Kyo war das nur recht, denn seine Freude über ihr gemeinsames Treiben konnte man eh nicht mehr verstecken und da würde das Handtuch eher sogar noch stören. Dumpf landete es neben dem Bett und Kyo ließ sich nun komplett auf Yuna sinken und vergrub sie ein wenig unter seinem Körper. Er wollte ihre weichen Rundungen so gut wie möglich an seinem Körper spüren, schließlich hatten sie sich jetzt zwei Wochen nicht gesehen und berühren können. Keuchend wurde der Kuss wieder gelöst und beide mussten kurz durchatmen. Diesen Umstand nutzte der Sänger und legte seine Lippen an den schmalen Hals seiner Frau um diesen zärtlich zu liebkosen und zu verwöhnen. Eine feine Gänsehaut bildete sich bei ihr, als er mit seinen Lippen hinter ihrem Ohr entlang fuhr und ihr verruchte Dinge zuflüsterte. Gleichzeitig ließ er eine Hand an Yunas Oberschenkel hinauf fahren. Dabei schob er ihr Negligee etwas nach oben und er spürte nur nebenbei unter seinen Fingerspitzen ihr Seidenhöschen. Doch das ignorierte er für den Moment, stattdessen wanderte er lieber weiter hoch und ließ seine Hand unter ihr dünnes Hemdchen fahren, wo er nur weiche, samtene Haut vernehmen konnte. Immer wieder keuchte Yuna genüsslich auf und auch Kyo selbst konnte sich das ein oder andere befürwortende Geräusch nicht verkneifen. Nach weiteren Abschnitten von Yunas Körper hatte der Sänger endlich sein Ziel erreicht und federleicht umschloss er mit seiner linken Hand die rechte Brust seiner Frau. Noch immer war diese sehr empfindlich, da ihr Baby noch immer gestillt wurde, weswegen er seine Frau immer nur hauchzart berührte, damit es für sie weiterhin angenehm und auch erregend war. Mit viel Geduld umkreiste Kyo ihren Nippel und war hoch erfreut, als dieser sich aufrichtete und scheinbar nach mehr verlangte. Doch auch so verführerisch das war, es würde ihr nur schmerzen, weswegen er nur sanft die Knospe umkreiste und Yuna damit trotzdem einige Stöhnlaute entlockte. Gierig drückte sie ihren Oberkörper immer wieder nach oben und der Sänger grinste ein wenig in sich hinein, da sie scheinbar nicht mehr lange warten wollte, bis sie endlich wieder richtig vereint waren. Doch Kyo wollte das Ganze genießen und bis zum Letzten auskosten, schließlich hatte Yuna ja auch angefangen, nun musste sie mit den Konsequenzen leben. „Du bist ganz schön ungeduldig“, murmelte er gegen ihre nun linke Brustwarze, nachdem er sie freigelegt hatte, da er ihr das Negligee über den Kopf gezogen hatte und Yuna sich immer wieder verlangend gegen seine Lippen drückte. Zärtlich umkreiste er mit seiner Zungenspitze die kleine Knospe und umspielte sie immer wieder, übte aber auch hier nicht zu viel Druck aus. „Ich musste die … Wartezeit ja auch irgendwie … überbrücken“, keuchte sie und Kyo lachte kurz rau auf. „Du hast ohne mich angefangen?“, schob er gleichzeitig seine Hand an ihrem Bauch nach unten und schlüpfte unter den seidigen Stoff, direkt in Yunas Schritt, was diese lauter Stöhnen ließ. „Ja, wenn du so lange im Bad brauchst“, murmelte sie vorwurfsvoll und sie zog sein Gesicht wieder nah an ihres. Lüstern traf ihr Blick auf seinen und Kyo konnte nicht anders als sich die Lippen zu lecken. „Du kleines Luder“, antwortete er nur noch, bevor er ihre Lippen wieder mit seinen bedeckte und gleichzeitig einen Finger in sie hineinschob, was wunderbar einfach war, da sich zwischen Yunas Schenkeln schon ordentlich Feuchtigkeit gebildet hatte. Sie musste wirklich schon an sich herum gespielt haben, denn so feucht wurde sie sonst nie so schnell, egal wie lange sie voneinander getrennt waren. Aber auch egal, die Feuchtigkeit galt einzig ihm und dieser würde er sich auch annehmen, mit Vergnügen sogar. Der Kuss wurde immer leidenschaftlicher und die Luft knisterte schon heiß im Schlafzimmer. Mittlerweile verwöhnte der Sänger seine Frau schon mit zwei Fingern und er war schon kurz davor einen dritten hinzu zunehmen, als Yuna seine Hand fest hielt. Fragend löste er den Kuss und schaute sie an. „Ich will nicht mehr länger warten“, sagte sie keuchend. Im nächsten Moment schob sie schon ihre zweite Hand unters Kissen und kam mit einem Kondom wieder hervor. Grinsend drückte er seiner Frau einen Kuss auf die Nase und nickte. „Dann sollte ich dich nicht länger warten lassen“, war Kyo mehr als bereit ihr das zu geben, was sie wollte. Vorsichtig zog er seine Hand aus ihrem Schritt, legte sie an den seidenen Stoff an und zog ihr zunächst das Höschen von der Hüfte, da es ohne einfach am besten ging. Sofort klappen Yunas Schenkel wieder auseinander und er konnte im Kerzenschein die Feuchtigkeit an ihrer intimsten Stelle glitzern sehen. Das entlockte ihm ein Stöhnen und der Sänger konnte nicht anders, als sich kurz nach unten zu beugen und Yunas geschwollene Lippen mit einem Zungenschlag zu begrüßen. Diese Stöhnte laut und krallte sich erschrocken mit einer Hand in seine Haare. Er wusste nicht, ob sie es mit Absicht tat oder ob es aus Versehen war, doch sie drückte ihn fester gegen ihren Unterleib und das war für Kyo eine Einladung, die er nicht abschlagen konnte. Gierig schob er seine Zunge zwischen ihren Schamlippen hindurch und kostete von Yunas ganz eigenem Geschmack, welcher sie beide stöhnen ließ. Ungeduldig, aber nicht gewillt wirklich Einhalt zu gebieten, wand Yuna sich unter seinen Liebkosungen. Irgendwann schien sie aber doch genug zu haben und Kyo wurde an seinen Haaren nach oben gezogen, wo er lachend seine Frau küsste, damit sie sich auch noch etwas schmecken konnte. Gierig, als würde ihr Leben davon abhalten kämpften ihre Zungen wieder miteinander und der Blondschopf ließ sich auf seine Frau sinken, die ihre Beine um seine Hüften schlang und in den Kuss stöhnte, als seine Erregung ihre heiße Mitte traf. Dieses Gefühl, wie die Feuchtigkeit seine Eichel benetzte, kostete Kyo seine gesamte Willenskraft, da er eigentlich nur noch in Yuna eintauchen wollte. Aber ohne jeglichen Schutz konnte er das einfach nicht tun, da sie beide keinen Bedarf an weiteren Kindern hatten. Also löste er den Kuss wieder und auch die Distanz zwischen ihren Unterleibern wurde größer, allerdings nur so lange, bis Yuna ihm das Kondom übergerollt hatte. „Zeig mir was du drauf hast, Babe“, raunte Yuna und sie leckte sich lasziv über die Lippen, gab Kyo einen Klaps auf den Hintern, bevor sie ihre Schenkel wieder um seine Hüften legte und ihn gleich in sich drückte. Erstaunt stöhnte Kyo auf, da er tatsächlich mit einer einzigen Bewegung in seine Frau glitt. „Gott, du bringst mich noch einmal um“, keuchte er und musste für einen Moment still halten, da es sonst ein äußerst kurzes Vergnügen werden würde und das wollte er beiden nicht antun. Nach wenigen tiefen Atemzügen setzte der Sänger seine Hüfte dann aber endlich in Bewegung und gleichzeitig stöhnten sie vor Genuss auf. Mit seinen Armen stütze er sich rechts und links neben Yunas Kopf ab und konnte somit in einem erregenden Winkel bequem in Yuna ein und ausdringen. Die Reibung um seinen Phallus war himmlisch und wenn er nicht schon so weit wäre, würde er das Tempo noch um einiges steigern, doch dann wäre gleich alles vorbei. Der Sänger entschied sich für einen gleichmäßigen, aber nicht unbedingt langsamen Rhythmus, was sie beide beständig den Abgrund näher brachte, sie aber nicht sofort über die Klippe stieß. Doch nach einigen Minuten wurde es ihnen beiden trotzdem zu viel und als Kyo urplötzlich in die Mangel genommen wurde, konnte er einfach nicht mehr anders und mit viel schnelleren Stößen trieb er sich noch einige Male in seine Frau, bevor auch er sich dem süßen Höhepunkt der Lust ergab und mit einem tiefen Stöhnen kam. Wie auf Wolken schien er zu schweben und für einen Moment war alles vergessen, bis auf seine schwer atmende Frau, die ebenfalls noch ganz benebelt aus der Wäsche schaute. Für einen sanften, trägen Kuss trafen sich ihre Lippen ein letztes Mal, dann ließ er sich eng neben seine Frau sinken und zog sie fest in seine Arme. „An so eine Begrüßung könnte ich mich gewöhnen“, murmelte Kyo nach einigen Minuten und drückte seiner Frau einen sanften Kuss auf die leicht verschwitzte Schläfe. „Jetzt weiß ich auch warum mich keine Kinder über den Haufen gerannt haben, als ich zur Tür rein bin.“ Lachend drehte Yuna sich ein wenig und sie kuschelte sich eng an Kyo heran. „Die habe ich an deine Eltern verkauft, da die glücklicherweise genau für diesen Tag was mit den Knirpsen geplant hatten.“ „Auch mit Sano?“, fragte er träge und das wunderte ihn ein bisschen. Zwar hatten seine Eltern Sano trotzdem gerne, aber da die beiden Mädchen schon so viele Hummeln im Hintern hatten, nahmen seine Eltern eben lieber nur die beiden mit, anstatt alle drei Kinder, was er vollkommen nachvollziehen konnte. „Sagen wir so, das war nicht ganz freiwillig“, lächelte sie ein wenig schief und der Sänger zog verwundert eine Augenbraue noch oben. „Wie meinst du das?“ „Eigentlich sollte er auch heute hier bleiben, aber Erina wollte partout nicht ohne Sano gehen, deine Eltern aber konnten auch nicht ohne Eri … also musste der Zwerg mit, so war die kleine Terrormotte ruhig und deine Eltern hatten ihre Ruhe“, endete sie und Kyo lachte. „Wieso kann ich mir die Szene nur allzu gut vorstellen?“ „Weil Eri eindeutig deine Tochter ist und die Kleine hat deine Launen geerbt.“ „Daran wird es wohl liegen“, grinste er schief, wollte es aber auch nicht unbedingt ändern, da sein kleines Mädchen gut so war, wie sie eben war. „Wie war die kleine Tour eigentlich? Lief alles glatt?“, murmelte Yuna nach einer halben Stunde, in der sie einfach nur gekuschelt hatten. Mittlerweile hatten sie aber noch eine Decke über sich gezogen, da es langsam frisch wurde, so ganz ohne Sachen. „Hm… meistens, gab auch mal technische Schwierigkeiten, aber das ist immer so, also lief alles eigentlich ganz normal ab“, erzählte er und malte kleine Kreise auf Yunas Rücken. „Hatte Toshi nun eigentlich Kenji mit, oder war der die Zeit bei einer Nanny?“ „Nein, Ken war mit. Und noch dazu hatte er die kleine Dolmetscherin im Schlepptau, die auch in Amerika an seiner Seite war. Angeblich damit sie auf den Kurzen aufpassen konnte. Aber wenn du mich fragst, ist zumindest sie in Toshi verschossen. Wie er dazu steht, keine Ahnung“, zuckte er leicht mit den Schultern. Bei dieser Aussage hob Yuna ihren Kopf und sie schaute Kyo an. “Verhält er sich denn anders als vorher?“, legte sie ihren Kopf schief und der Sänger musste kurz nachdenken, nickte dann aber und grinste. „Oh ja, er rennt wie bekloppt grinsend durch die Gegend und jeder bekommt ungefragt entweder gleich das Baby unter die Nase gehalten oder sein Handy, welches von Fotos überquillt.“ „So bist du auch herum gelaufen, als Eri in dem Alter war.“ „Stimmt doch gar nicht. Ich kann gar nicht so debil grinsen, wie er es immer tut.“ „Oh doch, mein Lieber“, lachte Yuna. „Und bei Sano hast du auch immer so schön süß geguckt. Vor allem als du ihn auf dem Arm hattest und er sich alles von dir gefallen ließ. Ach was rede ich da überhaupt, so ist es heute ja immer noch“, beendete sie grinsend den Satz und Kyo brummte, bevor er sich schnell mit ihr drehte und sie unter sich begrub. „Du freches Ding, ich glaube dafür musst du bestraft werden“, sagte er in einem leisen, aber tiefen Ton, bevor er ihre Handgelenke über ihren Kopf schob und sie mit einer Hand fest hielt. „Und glaube mir, du bekommst du Höchststrafe“, war das Letzte, was Kyo sagte, bevor er den Mund seiner Frau mit einem alles sagenden Kuss plünderte. Kapitel 113: Einhundertdreizehn ------------------------------- Zwei Wochen nach Tourende, also schon wieder Mitte Dezember, war bei Familie Niimura volles Haus angesagt. Yuna feierte ihren Geburtstag und sie hatte sich nicht lumpen lassen auch wirklich alle einzuladen. Somit platzte das Haus beinahe aus allen Nähten und ihr sonst so großes Wohnzimmer wirkte nun sehr klein und beengend. Aber zum Glück hatten sie in einigen Stunden wieder ihre Ruhe, weswegen Kyo sich nicht allzu deutlich beschwerte, zudem er eh gerade mit Erina eine ganz andere Mission hatte. Die Kleine war vor einigen Tagen zu ihm gekommen und hatte ihm mitgeteilt, dass sie das Geburtstagslied allein singen wollte. Zunächst war der Sänger etwas verdutzt gewesen, aber bei den treudoofen Rehaugen seiner Tochter konnte er dann doch nicht wiederstehen und er hatte ergeben seine Zustimmung erteilt. Somit hatten sie beide in den letzten Tagen immer heimlich das Lied, oder eher die kleine Textpassage, geübt, damit seine Tochter auch wirklich alles super meistern konnte. Nun schaute Erina ihn wieder aus riesigen Augen an und sie wirkte ein bisschen nervös, da sie scheinbar nicht daran gedacht hatte, dass nun so viele Menschen ihr zuhören würden. „Sag nicht, du bist nervös?“, fragte er sie sanft und hockte sich vor der kleinen Lady hin, um ihren Haarreifen mit den kleinen Blümchen daran ein bisschen auf ihrem Kopf gerade zu rücken. Das Mädchen sah wirklich bezaubernd aus, in ihrem dunkelroten Kleid, welches dezent mit weißen Blumen bestickt war. Langsam nickte sie und kuschelte sich dann an Kyo. Schmunzelnd schloss er seine Arme um das kleine Wesen und drückte ihr einen sanften Kuss auf den Scheitel. „Du brauchst keine Angst zu haben, niemand wird dich beißen“, versuchte er sie zu beruhigen. „Außerdem bist du doch sonst auch nicht so und benimmst dich so, wie es dir gefällt, ganz ohne Rücksicht auf Verluste“, musste er nun grinsen und knuddelte sie kurz durch, was ihr ein kichern entlockte. „Na komm, lassen wir Mama und die anderen nicht länger warten, die fragen sich bestimmt schon, was wir beide aushecken.“ Noch dazu wollte er seine Frau auch nicht länger hinhalten lassen, denn sie hatte am Morgen nur einen Blumenstrauß aus dunkelroten Rosen von ihm erhalten, genau die Anzahl, die ihr Leben bereits in Jahren zählte. Für den ersten Moment hatte er wirklich gedacht, sie würde ihm das Grünzeug um die Ohren hauen, doch dann schlich sich ein wunderschönes, strahlendes Lächeln auf ihre Züge und sie hatte sich in seine Arme geworfen. Der Sänger hatte der Floristin im Stillen gedankt, dass die Dornen der Rosen entfernt worden waren, denn sonst wäre sein Gesicht jämmerlich zerschrammt gewesen, da der Blumenstrauß zwischen ihnen eingeklemmt gewesen war. Auf jeden Fall war das bis jetzt das einzige, was sie von ihm erhalten hatte, da der Rest in dem großen Karton verstaut war, den nun Erina vor sich hin schleppte und Kyo hoffte wirklich, dass sie den die ganze Zeit tragen konnte, denn auch wenn er jetzt nicht so schwer war, die Kleine mit ihren fast drei Jahren war nun mal noch kein Hulk und würde es auch bitte nie werden… Gemeinsam kamen sie wieder aus dem Kinderzimmer geschlichen und Kyo schob das vollbepackte Mädchen vor sich her. Als sie ins Wohnzimmer kamen schauten natürlich alle zu ihnen und kurz blieb Erina stehen, was Kyo grinsend den Kopf schütteln ließ. „Du kennst die ganzen Spaten doch, keinen Grund schüchtern zu werden“, stupste er sie sanft an, damit sie sich wieder in Bewegung setzte. Für zwei Sekunden schaute sie ihn an, bevor das Mädchen ihren Blick wieder senkte und endlich weiter in den Raum ging, wo sie direkt vor Yuna stehen blieb. Diese sah ein bisschen überrascht aus und mit ihren Augen schien sie Kyo tausende Fragen zu stellen, doch er schüttelte ganz leicht den Kopf und hockte sich neben Erina. „Wie wir es besprochen haben, auf drei“, flüsterte er in das winzige Ohr und erhielt auch sofort ein Nicken. „Eins…, zwei…, drei!“ „ … Habbie birsday to yuuu … habbie birsday … to yuu. ….“ „Happy Birthday….“, half Kyo sofort flüsternd nach, nachdem er bemerkte, dass Erina nicht weiter wusste. „Habbie birsday …“ „Dear Mama.“, sprang er sofort wieder ein. „Diir Mama… … Habbie birsday to yuuuu!“, quietschte Erina am Ende fast, woran Yuna nicht ganz unschuldig war, da sie das Mädchen hemmungslos an ihre Brust zog und so fest an sich drückte, das Kyo Angst hatte, dass seine Kleine bald platt wäre. Bei der überschwänglichen Aktion war dem Mädchen noch das Geschenk aus der Hand gerutscht und auch wenn es nicht wirklich hart aufgekommen war, hoffte er, dass auch alles ganz geblieben war. Während Yuna also ihr Mädchen bis zur Besinnungslosigkeit knuddelte, klatschten und jubelten dafür die anderen und alle sahen mächtig amüsiert aus. Grinsend schaute Kyo zu Natsuki, die ebenfalls grinste und dann zu ihm rüber kam, woraufhin er sie in den Arm nahm und ihr einen Kuss auf die Stirn drückte. „Hat sie toll gemacht, oder?“, fragte er seine große Kleine und erntete ein Nicken. „Mama, aufmachen“, befreite sich Erina, nachdem sie scheinbar genug von der Knuddelattacke ihrer Mutter hatte und deutete auf das große rot eingepackte Geschenk, welches achtlos auf dem Boden stand. „Oh, natürlich“, nickte diese sofort und Yuna ließ Erina wieder auf ihre eigenen Füße zurück. Neugierig, das sah Kyo ihr schon an der Nasenspitze an, nahm sie sich das Paket und setzte sich auf die letzte freie Ecke vom Sofa. Direkt neben Yuna saß nun Reiko, die Sano auf ihrem Schoß hielt und dem Zwerg sanft das vollgefutterte Bäuchlein streichelte. Kyo konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als er die halbgeschlossenen Augen seines Sohnes sah, der es sich richtig gemütlich auf Reikos Schoß gemacht hatte. Leises Rascheln von Papier lenkte ihn dann wieder auf seine Frau, die wirklich penibel genau das Geschenkpapier abpellte. Stimmt, er hatte ganz vergessen, dass sie es gerne noch einmal verwendete… da würde er das Papier diesmal wohl ganz unauffällig verschwinden lassen, da sie eh noch hunderte Geschenkpapierrollen im Schrank gebunkert hatten. Doch vorher nahm sie das Papier von dem Karton ab und legte es fürsorglich zusammen. Der Sänger konnte nicht anders als seine Augen zu verdrehen, da es mal wieder so typisch für sie war und er es sich eigentlich schon gar nicht mehr mit ansehen wollte. Leises Kichern ließ ihn aufsehen und er sah, wie Daisuke breit grinste und unauffällig auf Noriko zeigte, die das wohl auch so fabrizierte. Da wurde Kyo mal wieder bewusst, was Frauen für sonderbare Geschöpfe waren. Sie hatten alle ihre Macken und Specialeffects, aber dennoch konnte man sie einfach nur lieben. Das Papier landete zusammen gefaltet auf dem Boden, dann nahm seine Frau den Karton wieder auf ihre Knie und beguckte diesen sich von allen Seiten, scheinbar wollte sie schon wissen, was es sein könnte, aber die braune Pappe verriet wirklich absolut nichts und sie musste sich eben doch überraschen lassen. Von irgendwoher zauberte Yuna eine Schere und nachdem sie Erina ein wenig von sich gescheucht hatte, setzte sie das Schneidewerkzeug an und durchtrennte das Klebeband, welches den Karton zusammen hielt. Kyo selbst nahm sich nebenbei Erina an und zog sie auf seinen Schoß – nachdem er sich auf dem Boden nieder gelassen hatte, da sie immer wieder in die Nähe der Schere kam und da Kyo das kleine Wurstgewitter kannte, hielt er sie lieber gleich fest, ehe es nachher noch ein Massaker oder zumindest großes Geschrei gab, er hatte auf beides keine Lust. „Da bin ich ja mal gespannt“, murmelte Yuna und sie öffnete langsam die Oberseite des Kartons. Bei ihrem leisen Grummeln musste er daraufhin lachen, da der Karton über und über mit rosa Wattebällchen und Glitzerkonfetti ausgestopft war. Zugegeben, der Mist war auf Natsuki gewachsen, aber die Idee war einfach zu gut gewesen, um sie zu verwerfen. Als Strafe bekam er einen bedrohlichen Blick, doch der Sänger konnte diesen einfach nicht ernst nehmen und zwinkerte stattdessen frech zurück, was ihm wiederum ein Augendrehen einbrachte. Vorsichtig, damit nicht gleich alles auf dem Boden landete, durchwühlte Yuna den Karton und beförderte dann doch ganz schön viel Glitzergedöns und Wattebällchen auf den Boden. „Ist hier überhaupt etwas drin?“, seufzte sie, da sie scheinbar endlos lang im Geschenk herum suchte. Doch dann erhellte sich ihr Gesicht und sie zog gleich das größte Geschenk hervor, selbstverständlich noch mit einer Schicht Geschenkpapier und drei Schichten Klebeband umwickelt, schließlich sollten ja alle ihren Spaß dabei haben, wobei Yuna gerade eher leidend als erheitert ausschaute. Glucksend saß Kyo also nun auf dem Boden und hatte eine zappelnde Erina auf dem Schoß – sie würde am liebsten das Geschenk ganz alleine auspacken – und schaute seiner Frau zu, die gequält eine Schicht nach der anderen von ihrem Geschenk abzog. Bisschen gemein war es zwar schon, aber sie selbst machte es ja schließlich auch immer so und man saß jedes Mal Ewigkeiten an einem Präsent und versuchte es aus der Verpackung zu wursteln. Nach reichlichen fünf Minuten war es dann endlich geschafft und mit weniger Geduld riss Yuna das Papier herunter und ließ es auf dem Boden fallen. Danach erfolgte ein entzückter Laut und sie strahlte in die Runde, nachdem sie sich ausgiebig das Geschenk angesehen hatte. Als sich ihre Blicke trafen wurden ihre Augen ganz warm und er konnte Liebe und Geborgenheit, sowie große Dankbarkeit erkennen. Er lächelte zurück und war beruhigt, dass das Geschenk der Kinder so gut ankam, auch wenn er ihnen alles möglich gemacht hatte. Zumindest war das Bild scheinbar ein voller Erfolg und der Sänger zufrieden. Das Bild zeigte alle drei Kinder auf einem Haufen, wie sie fröhlich in die Kamera lachten. Gekrönt wurde es nur von einem frechen Whisky, der genau in der Auslösersekunde sein Gesicht noch mit halb in die Kamera hielt und sich somit auch noch einen Platz gesicherte hatte. Zunächst waren sie darüber wirklich verärgert gewesen, zumindest Natsuki und er, doch dann war das Bild eigentlich das Beste von allen gewesen, als wurde das entwickelt und in einen stabilen Bilderrahmen verfasst. „Da ist aber noch etwas drin“, deutete Kyo wieder auf den Karton und trieb seine Frau an endlich weiter auszupacken, da er das Gezappel seiner Jüngsten langsam nicht mehr aushielt. Nickend legte Yuna das Bild zur Seite und wühlte wieder in der bunten Box, woraus sie wenige Sekunden später einen weißen Umschlag zog. Ein wenig verwundert schaute sie Kyo an, doch der zuckte nur mit den Schultern und er hoffte wirklich, dass sein Geschenk auch bei ihr so viel Freude hervorrief. Der Sänger hatte nämlich einen Gutschein für ein verlängertes Wellnesswochenende organisiert. Für zwei Personen. Zwar war es kein Muss, doch er hoffte inständig, dass sie ihn mitnehmen würde. Zwar stand er nicht sonderlich auf solchen Kram, doch das würde er ohne Murren über sich ergehen lassen, so lange ein paar Stunden – oder Tage – Zweisamkeit mit seiner Frau heraussprangen. „Oh, das hab ich mir schon ewig mal vorgenommen“, wedelte Yuna zwei Sekunden später mit dem geöffneten Umschlag herum und strahlte in die Runde. „Wann kann es los gehen?“, schoss die nächste Frage gleich aus ihr heraus und alle lachten, da unverkennbar auf der Karte stand, um was es sich handelte und für jeden gut sichtbar war. Zu guter Letzt kramte sie noch ihre Lieblingspralinen aus dem Karton, dann waren alle Geschenke ausgepackt und nachdem Yuna Erina von seinem Schoß gescheucht hatte, hatte sie sich stattdessen drauf niedergelassen und sich an ihn geschmiegt. „Vielen Dank, mein Schatz“, murmelte sie an seine Lippen, bevor er ihre weichen Exemplare gleich auf seinen spürte. Leise seufzend fielen ihm sofort die Augen zu und während wieder tausende Schmetterlinge in seinem Bauch und Eingeweiden herum tanzten, genoss er einfach den Kuss und die Liebe, die in ihm steckte. „Gern geschehen“, murmelte er nach gefühlten Stunden, nachdem sich ihre Lippen wieder voneinander gelöst hatten, und schenkte ihr ein sanftes Lächeln, was sie erwiderte und noch einen Kuss auf seinen Mundwinkel platzierte. „Ich würde da jetzt das Abendbrot vorbereiten oder soll ich noch warten?“, fragte Yuna nach knapp einer Stunde in die Runde. Sie saß noch immer auf seinem Schoß und auch wenn sein Hintern schon seit geraumer Zeit eingeschlafen war, er wollte sie einfach nicht loslassen, weswegen Kyo nur zu gerne einen tauben Hintern in Kauf nahm. „Ehm, kannst du noch kurz warten, wir hätten da sozusagen auch … noch eine Überraschung…“, murmelte Kaoru und er fuhr sich sichtlich nervös durch die Haare. Fragend legte Kyo seinen Kopf schief und musterte ihren Leader, der auf dem Sofa saß und Reiko nah an sich presste, welche wiederrum immer noch Sano auf dem Schoß hatte und scheinbar ihre gesamte Aufmerksamkeit mit Absicht auf den Zwerg lenkte. Doch statt gleich mit der Antwort rauszurücken, öffnete der Lockenkopf immer nur seinen Mund um ihn zwei Sekunden später wieder zu schließen. „Also, ihr wisst ja alle, dass… ich gerne auch… also … ihr habt ja jetzt alle Familie und…“ „Ein Baby?“, unterbrach Erina eiskalt den stotternden Kaoru. Sie hatte sich zwischen seine Beine gestellt und sah ihn wahrscheinlich mit ihren riesigen Bambiaugen an. So ganz konnte der Sänger das nicht sehen, da sie mit dem Rücken zu ihm stand, aber so gut kannte er das kleine Mädchen schon, dass er es sich sehr gut vorstellen konnte. „Eri!“, ermahnte er sie aber, da das nun wirklich nicht die feine englische Art war, zudem er ja wusste, wie empfindlich der Leader genau bei dem Thema war. „Schon gut“, zeigte Kaoru aber, dass es scheinbar okay war. Er atmete noch einmal durch, schloss für eine Sekunde seine Augen, ehe er sie wieder öffnete und offen in die Runde sah. „Zwei Babys. Wir bekommen zwei Babys.“ Kapitel 114: Einhundertvierzehn ------------------------------- Nach knapp vierzehn Tagen hatte der Sänger immer noch nicht ganz begriffen, dass ihr Leader ebenfalls Papa werden würde. Sogar gleich doppelt. Aber so wie er in den letzten beiden Wochen herum geeiert war, war Kaoru mit der Tatsache selbst noch total überfordert. Zwar strahlte er jedes Mal aufs Neue, doch gleichzeitig schien er von Unsicherheit befallen zu sein. Aber das war ganz normal. Wo Yuna vor über drei Jahren mit Erina schwanger gewesen war, da war er selbst lange wie Falschgeld durch die Gegend gelaufen, aber umso mehr er von der Schwangerschaft selbst miterlebt hatte, umso sicherer wurde er und als die Kleine dann da war, kam alles von alleine und die Unsicherheit und Sorgen waren völlig umsonst gewesen. Wie dem auch sei, diese Nachricht hatte alles getoppt und nun freuten sie sich alle gleich noch ein bisschen mehr auf das neue Jahr, welches in wenigen Minuten beginnen würde. Eigentlich hatten sie alle zusammen feiern wollen, aber irgendwie wäre das nur ein einziges Chaos geworden, zudem sie alle gar nicht gewusst hatten, wo denn da die Knirpse alle schlafen sollten. Also blieben sie alle schön bei sich zu Hause, außer Shinya, der war wieder mal auf irgendeiner Party von Vamps. Gut, sollte er machen, das interessierte den Sänger ehrlich gesagt nicht die Bohne was ihr Drummer trieb, solange er immer pünktlich zu den Proben kam und auch sonst immer voll einsatzfähig und vor allem bereit war. „Kyo, mach mal ein Foto“, stupste ihn Yuna an und kurz blinzelte der blondgefärbte Japaner, da er nicht mit einer Ansprache seiner Frau gerechnet hatte. Ein wenig irritiert schaute er sich um und konnte nicht sofort ausmachen, was er überhaupt fotografieren sollte. „Mach ein Bild von den Kindern“, half sie ihm auf die Sprünge und immer noch leicht verwundert schaute er zu ihren Stammhaltern. Nun verstand er auch, was Yuna von ihm wollte. Vor dem großen Terassenfenster, auf einer großen und weichen Decke, hatten sie es sich alle drei gemütlich gemacht. Natsuki saß im Schneidersitz und schaute raus, rechts neben ihr stand Erina, die sogar noch ihre Kuscheldecke in der Hand hielt und blickte ebenfalls in den Nachthimmel und ebenfalls von ihr rechts lag Sano auf dem Bauch, der angestrengt sein Köpfchen hoch hielt und ganz bestimmt von dem Leuchten des Mondes angelockt wurde. Wäre das nicht schon genug Zucker auf einmal, saß Whisky noch links neben Natsuki und starrte genauso gespannt nach draußen, wie es die drei Kinder taten. Grinsend drückte der Sänger mehrmals auf den Auslöser. Bei einem Bild schielte sogar Sano in die Kamera. Im Nächsten guckte er aber wieder nach draußen. Die drei waren schon ein herrliches Gespann. „Sie können es scheinbar kaum noch abwarten“, kuschelte sich Yuna an ihn heran und der Sänger legte einen Arm um ihre Schultern, damit er sie fest an sich ziehen konnte. „Ja, sieht ganz danach aus“, konnte er es nur bestätigen. „Ein Wunder das Erina noch die Augen aufbekommt“, schmunzelte er, denn sie war den ganzen Tag wie ein Wirbelwind durch die Gegend gefegt, da sie es kaum abwarten konnte, bis endlich das Feuerwerk ertönte. Kyo wusste nicht genau, von wem genau die Kleine das mit dem Feuerwerk wusste, aber das hatte sie sich zumindest verinnerlicht. „Stimmt. Was das neue Jahr wohl alles so bringen wird?“, fragte Yuna fast schon geistesabwesend und Kyo lachte leise. „Zumindest schon mal zwei neue Knirpse und diesmal werden wir nicht dafür verantwortlich sein.“ „Um Gottes Willen, die drei reichen mir vollkommen“, lachte seine Frau ebenfalls und Kyo konnte dem nur zustimmen. Er schloss sie dann einfach in seine beiden Arme und genoss die Zweisamkeit mit seiner Frau. Lautes Knallen und Krachen holte ihn einige Minuten später wieder in die Wirklichkeit und ein Raunen und Staunen ging durch die Kinderreihe. Whisky selbst schien immer wieder aufspringen zu wollen, hielt sich aber tapfer am Platz, scheinbar, weil Natsuki sich ebenfalls nicht rührte, sondern einfach nur ins Feuerwerk sah. Sofort musste er an das Feuerwerk vor fünf Jahren denken, wo sie aus dem Kinderheim abgehauen war. So viel Traurigkeit wie damals in den kleinen Kinderaugen gestanden hatte, das hatte ihm wirklich weh getan und er klopfte sich innerlich selbst auf die Schultern, dass er diesen Blick von ihr bis dato noch nicht wieder gesehen hatte. „Ob sie an ihre Eltern denkt?“, flüsterte Yuna beinahe lautlos und dem Sänger lief es eiskalt den Rücken herunter. „Vielleicht. Ganz sicher sogar“, murmelte er und drücke ihr einen Kuss auf die Wange. „Ich glaub in den nächsten Tagen sollten wir sie mal besuchen gehen“, setzte er noch hinten dran. „Ja, Natsuki hat schließlich viel zu erzählen“, stimmte Yuna dem zum Glück zu. Leider schafften sie es nicht oft zu dem Grab von Natsukis leiblichen Eltern, aber wenn, dann planten sie sehr viel Zeit ein, da die Kleine dann stundenlang von ihren Erlebnissen erzählte und weder Yuna noch er brachten es übers Herz sie dabei zu unterbrechen. Außerdem stand es ihnen gar nicht zu. „Frohes neues Jahr, übrigens“, wandte der Sänger sich nun ganz Yuna zu und zog sie fest in seine Arme, um ihr einen leidenschaftlichen Kuss zu geben. „Ich liebe dich und hoffe, du bleibst für immer an meiner Seite“, murmelte er leise und drückte ihr erneut einen Kuss auf die Lippen. „Ich hoffe, du lässt mich immer an deiner Seite bleiben“, erwiderte Yuna und setzte ein „Ich liebe dich“, hinterher. Zwei Stunden später waren die Kinder alle im Bett und Kyo durchforstete noch schnell sein Smartphone nach dem einen Foto, welches er noch ganz genau in Erinnerung hatte. „Kommst du ins Bett?“, fragte Yuna, strich ihm über die Schultern und legte ihm ihren Kopf, mit den Nassen Haaren, auf seine linke Schulter. Zwar bekam er davon eine dicke Gänsehaut, doch die ignorierte er. „Gleich, ich will noch kurz was machen“, antwortete er eher abwesend und durchsuchte weiter seinen Ordner. „Hm…“, nickte seine Frau nur und ließ ihn wieder allein zurück. „Hah, da bist du ja“, brummte er drei Sekunden später, wählte das Bild aus und stellte das Foto auf seinem Twitteraccount online. Darauf zu sehen wieder seine drei Kinder, plus Hund, die vor der Fensterfront sitzen und sich das Feuerwerk ansehen. HAPPY NEW YEAR!!! Schrieb er nur drunter und stellte es online, dann schloss er seinen Account und legte sein Handy zur Seite. In wenigen Schritten war er dann im Schlafzimmer bei Yuna angelangt und mit gemurmelten, müden Worten kuschelte er sich ins Bett und tankte neue Energie, für ein weiteres Jahr voller neuer und aufregender Erlebnisse. Ende. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)