Familyproject von myamemo ================================================================================ Kapitel 95: Fünfundneunzig -------------------------- Zwei Tage später hatte Kyo tatsächlich drei kleine Häuschen zur Auswahl, die er sich mit seiner Frau ansehen konnte. Sie mussten nur noch einen passenden Termin finden. Und irgendwie hatte er langsam das Gefühl, dass er es eher einrichten konnte als Yuna, die eigentlich den ganzen Tag zu Hause war. Aber eben auch nur eigentlich. Denn anstatt sich auszuruhen, war sie jeden Tag auf Achse und Kyo befürchtete schon, dass sie eines naheliegenden Tages mit einem kleinen Bündel im Arm durch die Tür marschiert kam, mit den Worten: „Der Kleine ist mir heute so rausgerutscht.“ Bei dieser Frau konnte der Sänger sich aber auch den Mund fusselig reden, aber Madame hörte nicht auf ihn, sondern klapperte jeden Tag einen anderen Laden ab. Vorgestern hatte sie sich die Fingernägel hübsch machen lassen, gestern lag sie beinahe den ganzen Tag bei der Kosmetikerin auf der Liege und heute musste sie sich doch tatsächlich beim Friseur in den Stuhl quetschen und wenn ihn nicht alles täuschte, hatte sie morgen Schwangerschaftsgymnastik mit Noriko. Wenn er es nicht besser wüsste, würde er sagen, sie war nicht ausgelastet. Gut, wenn man genau darüber nachdachte, war sie das wahrscheinlich auch nicht, aber sie war nun mal im Mutterschutz angekommen, zwar ein bisschen früher als sonst, aber der Sänger hatte darauf bestanden und da sie an die Fehlgeburt von Noriko und Daisuke dachte, hatte es auch nicht sehr viel Überredungskunst gekostet. Dafür aber schien sie jetzt andere Termine nach und nach abzuklappern, an diese Kyo in zehn Jahren nicht gedacht hätte. „Wann bist du heute zu Hause?“, fragte Kyo in sein Handy, welches er sich ans Ohr hielt, während er im Studio saß und Kaoru zuschaute, wie er etwas in einer Sauklaue aufs Papier kritzelte. „Wenn die nette Dame hier fertig ist und ich es wieder aus dem Stuhl geschafft habe“ , antwortete Yuna ihm. Irritiert zog er seine Augenbrauen zusammen. „Warum solltest du nicht mehr aus dem Stuhl kommen?“ „Falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte, ich bin schwanger und das schon ziemlich fortgeschritten.“ „Ja … aber dein Bauch ist vorn und nicht hinten, also müsstest du mit dem Aufstehen eigentlich keinerlei Probleme haben“, kam er bei Yuna ehrlich gesagt nicht ganz mit. Klar, wenn sie tief in ihrem Sofa versunken war, benötigte sie manchmal schon eine helfende Hand, aber von einem Stuhl war sie bis jetzt immer problemlos hoch gekommen. „Ja, aber mir werden noch die Haare gewaschen und da muss ich unweigerlich in so eine Art Liegestuhl, wo du deinen Kopf dann nach hinten in ein Waschbecken rein legst und du weißt, wenn ich einmal liege, dann liege ich“ , schien sie die Augen zu verdrehen und Kyo wurde nun bewusst, warum sie da nicht mehr hoch kommen sollte, weswegen er lachen musste. „Ach so. Dann schick einen SOS-Hilferuf, wenn ich dich aus dem Stuhl hochziehen soll“, sagte er frech und erntete ein Schnauben. „Damit ich mir vor dir die Blöße geben kann? Garantiert nicht.“ „Da gab es schon weitaus schlimmere Situationen, in denen du mir gegenüber gestanden hast. Also wird das wohl nicht wirklich tragisch sein, wenn ich dich aus so einem Stuhl hochziehen müsste.“ „Weswegen rufst du nun eigentlich an? Doch sicherlich nicht, um mich auszufragen wie ich wann wieder aus dem Stuhl hochkomme?!“ , brummte sie und wechselte subtil das Thema. „Nein, da hast du Recht. Ich wollte fragen, ob wir uns dann nicht vielleicht schon eines der Häuser anschauen wollen? Am besten ohne die Kinder, da haben wir mehr Konzentration über“, denn wenn Yuna rechtzeitig fertig wäre, dann hätten sie noch genug Zeit, bevor sie die Kinder aus den jeweiligen Einrichtungen abholen müssten. „Warte mal, ich frag kurz nach“ , murmelte sie ins Handy und Kyo hörte, wie sie es mit einer Hand abdeckte. Leises Gemurmel drang an sein Ohr, bis es leise raschelte und er kurz darauf wieder die Stimme seiner Frau vernahm. „Eine Stunde zirka, kann auch bisschen länger dauern, je nach dem was hier noch so losgeht“ , antwortete sie und für Kyo war das eine ordentliche Ansage. „Alles klar, da hole ich dich in etwa einer Stunde ab.“ „Wir können uns auch zu Hause treffen.“ „Nein, ich hole dich ab. Geht einfach schneller. Also, mach keinen Scheiß und lass genug Haare an dir. Bis später“, sagte er noch und legte, ohne eine Antwort abzuwarten, auf, denn sonst hätte Yuna ihn nur so lange bequatscht, bis er sie zu Hause eingesammelt hätte und das wollte er auf keinen Fall. „Die Tücken einer Schwangerschaft?“, grinste Daisuke ihn doof von der Seite an und Kyo brummte. „Eher zu viel Zeit, wegen Mutterschutz“, verdrehte er seine Augen. „Da ist Noriko zum Glück sehr pflegeleicht. Eher muss ich sie mal aus der Bude prügeln. Bin erstaunt, dass sie morgen mit zur Schwangerschaftsgymnastik geht“, redete der Rotschopf ungefragt weiter und der Sänger seufzte. „Ich glaube Yuna hat deine Frau eher genötigt mitzukommen, als dass sie es wirklich freiwillig macht“, zumindest konnte er sich das bildlich vorstellen, wie sie die andere junge Frau so lange bearbeitete, bis sie sich ergeben bereiterklärte. „Wie dem auch sei. Ich glaube das tut Nori mal richtig gut. Zwar will sie es nicht zugeben, aber ich merke ganz genau, dass ihr langsam aber sicher die Decke auf den Kopf fällt.“ „Würde uns doch nicht anders gehen“, musste der Sänger zugeben und der Gitarrist nickte. „Definitiv.“ Sie erledigten dann noch Kleinigkeiten und exakt nach dreißig Minuten ließ der Sänger alles stehen und liegen und schnappte sich seine Tasche. Mit verabschiedenden Worten verließ er den Raum und anschließend das Gebäude, bis er die Strecke bis zu seiner Wohnung zurück gelegt hatte. Die Treppen zur Wohnung sprang er flink hinauf und kaum in den eigenen vier Wänden, suchte er sich ein kurzärmeliges, weißes Hemd aus dem Schrank und tauschte es gegen sein weißes T-Shirt. Die schwarze Stoffhose ließ er an, steckte nur sorgfältig das Hemd in den Bund, denn sonst wäre es einfach zu lang und das sah auch irgendwie doof aus und machte noch einen kurzen Abstecher ins Bad, was keine fünf Minuten dauerte. Damit fertig schlüpfte er in seine schwarzen Lederschuhe und dann schnappte er sich nur doch die ganzen dazugehören Papiere und Autoschlüssel, da war er auch schon wieder aus der Wohnung verschwunden und bahnte sich den Weg in die Tiefgarage, wo die Familienkutsche stand und sich ebenfalls freute mal wieder in Bewegung gesetzt zu werden. Eingestiegen war er ebenso schnell und kaum hatte der Sänger den Schlüssel ins Zündschloss gesteckt und sich angeschnallt, drehte er den Schlüssel um und das Auto erwachte mit einem vertrauten Brummen zum Leben. „Dann mal los, holen wir die Mädels ab. Oder zumindest erst mal die Größte von allen“, tätschelte er das Armaturenbrett des Autos, ehe er den ersten Gang einlegte und langsam aus der Tiefgarage fuhr. Der Weg zum Friseursalon zog sich ein wenig hin und auch die Parkplatzsuche dauerte ein bisschen, doch der Sänger brachte alles hinter sich und nachdem er zum dritten Mal sichergestellt hatte, dass das Auto auch wirklich verschlossen war, ging er endlich auf den Friseursalon zu und trat, begleitet vom Bimmeln der Türglocke, in das kleine Geschäft. Sofort schossen alle Köpfe, welche ausschließlich von Frauen waren, zu ihm um und sofort fühlte der Sänger sich ein wenig unwohl. Zwar spielte sein Leben auf der Bühne, aber im Privaten hatte er es dann doch lieber ohne viel Aufmerksamkeit. „… Hi.“, murmelte er und Kyo hatte noch nicht einmal richtig die Tür geschlossen, als eine Dame schon vor ihm stand. Er schätzte sie auf Anfang bis Mitte Dreißig, also genau das Alter, welches auch Yuna besaß, die er noch gar nicht entdeckt hatte. „Wie kann ich Ihnen helfen, junger Mann?“, klimperte sie mit ihren viel zu langen Wimpern und wenn man der Frau ein paar Schichten Make-Up aus dem Gesicht kratzen würde, würde sie vielleicht sogar etwas her machen, was ihn als Mann ansprechen würde… oder aber man nahm gleich Reißaus. „Ich wollte eigentlich meine Frau abholen“, antwortete er wahrheitsgemäß und er konnte genau sehen, wie die Gesichtszüge der zugespachtelten Frau kurzzeitig entgleisten, bis sie sich wieder fing und ihr strahlendes Lächeln aufsetzte. „Alle unsere Kundinnen benötigen noch einen Moment. Wollen sie in der Zeit einen Kaffee trinken oder etwas anderes?“, schien sie scheinbar nicht die Absicht zu haben ihn in Ruhe zu lassen. „Danke, so lange wird es sicherlich nicht mehr dauern“, lehnte der Sänger bemüht höflich ab. „Denken Sie. Aber die Farbe ihrer Frau benötigt bestimmt noch etwas an Zeit, bevor wir-“ „Meine Frau bekommt garantiert keine Farbe“, schnitt er ihr das Wort ab. „Na hören Sie mal, das können Sie doch gar nicht wissen“, plusterte diese ihre Wangen auf und Kyo seufzte. „Und ob. Sie ist schwanger, also nix mit Farbe“, lächelte er gekünstelt und nach diesen Worten drohten der Frau die Augen aus dem Kopf zu ploppen, was diese aber gerade so mit einem Blinzeln noch verhindern konnte. „Wenn Sie mich da jetzt entschuldigen würden“, drückte er sich an der baffen Frau vorbei und trat weiter ins Innere des Ladens. Schnell hatte er Yuna ausgemacht und steuerte zielsicher auf sie zu, als sich ein blondiertes Etwas in den Weg stellte. „Sie müssen schon vorn im Wartebereich Platz nehmen“, sagte sie tadelnd und Kyo blinzelte irritiert. „Warum?“, fragte er sehr geistreich. „Weil vielleicht andere vor Ihnen dran sind?“, stellte sie eine Gegenfrage. „Schön für die anderen, aber ich bin nicht hier um mir die Haare schneiden zu lassen“, und der Sänger umging die Frau, bis er endlich bei Yuna angekommen war. „Meine Güte, die sind hier vielleicht aufdringlich“, blubberte er leise in ihr Ohr, als er sich für einen Kuss zu ihr hinunter beugte. Lachend erwiderte sie den Kuss. Der Sänger ließ wieder von ihr ab und wartete ein wenig Abseits, bis seine Frau endlich fertig war und lächelnd beschaute er sich den neuen Haarschnitt, der aus einem fetzigen Bob bestand. Das machte seine Frau gleich noch ein bisschen jünger als sie so schon war. „Gut siehst du aus“, sagte er auch gleich und schloss sie für einen Augenblick in seine Arme, auch wenn er alle Blicke der Anwesenden auf sich spürte. Aber für Yuna ignorierte er sie. „Danke“, grinste sie und brachte nun ihrerseits seine Haare komplett durcheinander. „Hey“, beschwerte er sich und kniff ihr leicht in den Po, da sie nicht mehr ganz so schnell fliehen konnte, wie noch vor wenigen Monaten. Lachend schnappte Yuna sich ihre Handtasche und sie begab sich zur Kasse, damit sie die Rechnung begleichen konnte. Mit wenigen Worten verließen sie dann endlich den Salon und der Sänger fühlte sich gleich viel wohler. „Meine Fresse, den Mädels da drinnen hast du aber ganz schön den Kopf verdreht“, deutete Yuna mit ihrem frisch frisierten Haupt auf die Tür und Kyo schnaubte. „Die wollten mich doch nur auf einen ihrer Stühle bekommen.“ „Oh ja, aber mit dem Unterschied, dass in deiner Version zehn Schichten Klamotten vorkommen und in den Versionen der Mädels nicht mal eine Platz hat“, murmelte Yuna. „Das ist kein Kompliment“, brummte er. „Für dich nicht, da gebe ich dir recht“, grinste sie und hakte sich dann bei Kyo ein. „Lass uns nicht über so etwas Verstörendes reden. Wir müssen los, der Makler wartet bestimmt schon auf uns“, beendete der Sänger das Thema einfach und zog seine Frau dann behutsam mit sich zum Auto, welches schon sehnsüchtig auf die weitere Fahrt wartete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)