Familyproject von myamemo ================================================================================ Kapitel 94: Vierundneunzig -------------------------- Irgendwas war heute anders! Der Sänger hatte keine Ahnung was, aber er hatte ein ganz dummes Gefühl im Bauch, sobald der Wecker geklingelt und ihn aus dem Schlaf gerissen hatte. Was es genau war, das konnte er noch nicht sagen, aber zumindest schienen schon mal alle in der Familie wohlauf zu sein. Mehr oder weniger zumindest, denn Erina hing da wie ein Schluck Wasser in der Kurve. Aber gut, das konnte er nachvollziehen, denn er würde auch viel lieber noch in seinem Bett liegen. Trotzdem musste er noch schnell ein Foto von seiner voll verpennten Tochter machen, deren Haare noch total verstrubbelt aussahen und sie kaum die Augen auf bekam. Dennoch knabberte sie an einem Stück Apfel und der Sänger war froh, dass sie in ihrem Hochstuhl sicher saß, denn sonst wäre sie bestimmt schon runter gerutscht. Natsuki dagegen sah aus wie das blühende Leben und sie schaufelte zufrieden ihr Müsli in sich rein. Yuna wirkte auch sehr wach und selbst Kyo-Junior strampelte schon fröhlich in Yunas Bauch herum, wovon er sich gerade noch selbst überzeugen konnte. Kyo selbst zählte sich an diesem Morgen aber trotzdem mehr in Erinas Kategorie, denn so richtig wollte er seine Augen noch nicht aufbekommen, aber das komische Gefühl hielt ihn beharrlich wach. Nach dem Frühstück teilten sie sich auf und da Natsukis Schule zum Teil auf seinem Weg lag, nahm er diese einfach wieder mit, auch wenn sie ihm das ausreden wollte. Doch der Sänger hatte nicht nach gegeben und zusammen schlenderten sie den Weg entlang, bis sich ihre Wege trennten und er das Mädchen, zumindest die letzten dreihundert Meter, alleine laufen ließ. Scheinbar wurde sie nun wirklich langsam flügge, auch wenn er es mit neun Jahren ein wenig zu früh fand. Aber auf der anderen Seite konnte sie ja nicht ewig an seinem Rockzipfel hängen. Es hatte eben alles seine Vor- und Nachteile. Gähnend betrat er die Companie und hier verstärkte sich das komische Gefühl in seinem Bauch gleich noch mehr. Also musste er ganz dringend raus bekommen, was heute im Argen lag. Denn dass er sich den Magen verstimmt haben sollte, das konnte er einfach nicht glauben. Mit wenigen Schritten war er beim Fahrstuhl und damit legte er einige Etagen zurück, bis er aussteigen musste und endlich ihre Studioräume betreten konnte. Das Gefühl wurde noch stärker, als alle Blicke auf ihn gerichtet wurden, was an sich nicht so schlimm wäre, wenn die von Toshiya, Shinya und Daisuke nicht so … mitleidig gewesen wären? „Guten Morgen…“, sagte er ein wenig verwundert und befreite sich zunächst von seiner Tasche, die er aufs Sofa schmiss, während die anderen seinen Gruß erwiderten. „Was ist?“, hielt er es dann aber einfach nicht mehr aus und die drei senkten sofort ihre Köpfe und taten so, als würden sie was sehr wichtiges zu bearbeiten haben. Kaoru dagegen wirkte ein bisschen finster und auch Inoue, ihr Manager, saß bei ihm und sah nicht gerade begeistert aus. „Ist irgendwas passiert?“, hakte er weiter nach, da es scheinbar keiner für nötig hielt ihm mal eine Antwort zu geben. „Guck's dir an“, deutete Inoue dann aber mal auf den Tisch vor ihnen und von weitem sah er schon einige Zeitungen liegen und auch ein Laptop stand aufgeklappt da. Mit zusammengezogenen Augenbrauen ging der Sänger zum Tisch und setzte sich dazu, bevor er sich eine Zeitung griff und kurz die Seite überflog, bis ihm sein Herz stehen blieb. ‚Kyo, Sänger von DIR EN GREY wird Vater!‘ , stand auf dem einen Wischblatt und darunter ein ordentlicher Text, der allerdings nur Vermutungen enthielt, da bis jetzt niemand etwas aus seinem Privatleben heraus bekommen hatte. Wäre das nicht aber schon genug, prangte noch ein Foto daneben, das eindeutig ihn und Yuna gestern im Shoppingcenter zeigte, wie sie gerade, Hand in Hand, von einer Rolltreppe kamen und man konnte deutlich Yunas Bauch erkennen. Allerdings war er sehr froh, dass sie da noch ihre Sonnenbrille auf der Nase getragen hatte und ihre Haare ihr ins Gesicht gefallen waren, so dass zumindest sie nicht erkannt wurde. „Oh Shit“, murmelte er fassungslos. „Jap. Die Presse stürzt sich geradezu darauf“, nickte ihr Manager und der Sänger musste schlucken. Er überflog die anderen Artikel noch, doch es stand überall das gleiche drin. Wenigstens schienen die Presseleute noch nichts von Natsuki und Erina zu wissen – von Yuna genau genommen ja auch nichts, was ihn dann doch sehr beruhigte und er war stolz drauf, dass er sie seit fünf Jahren unentdeckt an seiner Seite halten konnte. Nichtsdestotrotz hatte die Öffentlichkeit einen tiefen Einblick in sein Privatleben bekommen, was er eigentlich immer tunlichst vermeiden wollte. Aber gut, sagen würde er zu der ganzen Sache nichts, da er nicht vor hatte auch nur irgendwie auf einen dieser Artikel zu reagieren. „Zum Glück halten die Presseidioten sich nach wie vor an die Drohung, die ihr vor Jahren mal ausgesprochen habt, ansonsten hätten wir unten ein Reportermeer stehen“, seufzte Inoue und Kaoru, sowie Kyo, nickten. Aber er hatte Recht. Sie hatten vor Jahren gedroht, jeden zu verklagen, der auch nur ansatzweiße etwas aus ihren Privatleben preisgeben wollte oder sollte. Leider hatten es zunächst nicht alle verstanden und es gab einige Verurteilungen. Aber das hatte geholfen und wenn sie nicht gerade selbst private Dinge von sich in die Öffentlichkeit stellten, wurden sie auch in Ruhe gelassen. Zumindest bis heute. „Du weißt, dass das eine riesige PR für uns ist und jetzt wieder etliche Interviewanfragen ins Haus flattern werden?“, sah Inoue ihn fragend an und der Sänger konnte nichts anderes mehr machen, als wie ein kleiner Junge zu nicken. Selbstverständlich wusste er das, aber ihr Manager wusste auch, dass er trotzdem zu keinem der Interviews zusagen würde. „Was gedenkst du jetzt zu tun?“, fragte der ältere Mann wieder und der Sänger musste sich wirklich anstrengen, dass er nicht stöhnend aufstand und aus dem Raum marschierte, weil er sich unangenehm in die Ecke gedrängt fühlte. „Nichts“, war aber nur seine schlichte Antwort auf die Frage. „Das kannst du nicht bringen“, mischte sich nun Kaoru ein. „Denkst du nicht, die haben zumindest eine kleine Erklärung verdient?“ Wie bitte? „Ehm… nein? Ich hab nicht darum gebeten mich - uns - zu fotografieren UND es dann noch zu veröffentlichen. Ich habe lediglich einen gemütlichen Bummel mit meiner Frau gemacht, die auch so einen Tag mal verdient hat. Also warum soll ich die Leute noch für etwas belohnen, was ich nie befürwortet habe, indem ich darauf reagiere?“, fragte der Sänger ungläubig. Sprachlos sahen die beiden anderen Männer ihn daraufhin an und keiner wusste eine Antwort auf die Frage. Nach wenigen Sekunden schloss ihr Manager blinzelnd seinen Mund und auch Kaoru sah sehr ratlos aus. „Außerdem, wenn ich schon auf solche Sachen reagiere, mache ich das auf meine Weise und garantiert nicht so, wie es sich die Leute wünschen. Also entweder vergessen sie die ganze Scheiße so schnell wie möglich oder sie üben sich in Geduld und werden dafür irgendwann belohnt… vielleicht“, brummte der Sänger und er verließ nun wieder den Tisch, um sich einen Kaffee zu holen, da die Kaffeemaschine schon längst aufgehört hatte zu blubbern. Also hatte sein Gefühl ihn doch nicht getäuscht. Er wusste er konnte sich darauf verlassen, wobei er heute sehr gerne davon verschont geblieben wäre. Aber gut, nun war es raus und insgeheim überlegte er sich schon, wie er sich zumindest seinen Fans gegenüber erkenntlich zeigen könnte. Bevor er aber überhaupt mal was machen würde, musste er sowieso erst mit seiner Frau sprechen, denn die würde definitiv ein Teil davon sein, genauso wie all seine Kinder. All seine Kinder… das klang so als hätte er schon sieben zu Hause sitzen. Nein, nein, die bald drei reichten vollkommen und danach sollte auch Schluss sein, darin waren sich alle einig. Mit seiner vollen Kaffeetasse steuerte der Sänger nun einen Platz neben Daisuke an und zog sich seine Arbeitsutensilien heran. In den nächsten Stunden redeten sie nicht viel und wenn dann ausschließlich über ihre jetzige Produktion. Sie kamen ganz gut voran, bis sie einstimmig für eine Pause waren und jeder sich erst mal strecken musste. Während Kaoru eine Rauchen ging, wandte Kyo sich an ihren zweiten Gitarristen, der eifrig an einer Wasserflasche nuckelte und nebenbei eine Nachricht in sein Smartphone einhämmerte, so dass der Sänger schon befürchtete, dass das Ding bald mit einer Spiderapp verziert sein würde. Doch er ließ ihn machen und wartete geduldig. Allerdings wurde seine Geduld ganz schön lange auf die Probe gestellt und nach weiteren zehn Minuten räusperte der Sänger sich einmal und sah Daisuke auffordernd an, der ein bisschen verdattert aufguckte, scheinbar einen Moment benötigte, bis er begriff und dann langsam sein Handy sinken ließ. „Kann ich dir… helfen?“, fragte der große rote Mann und Kyo nickte. „Das hatte ich gehofft.“ „Und wobei?“, schien er nun wirklich Daisukes ungeteilte Aufmerksamkeit zu haben und der blonde Japaner schluckte noch einmal kurz, bevor er sich etwas aufrichtete. „Könntest du mir die Nummer von deinem Makler geben?“, fragte er. „Klar, wofür brauchst du die denn?“ „Wofür braucht man einen Makler?“, schoss er zurück und zog seine Augenbrauen hoch. „Um eine Wohnung oder ein Haus zu finden… was? Ihr wollt umziehen?“, war nun der Gitarrist hellwach und seine Augen fingen sogar freudig an zu glänzen. Eigentlich müsste er so etwas ja schon gewohnt sein, aber selbst nach fast zwanzig Jahren gab es Dinge, an die man sich wohl nie gewöhnen würde. „Hundert Punkte an den Herren in Rot. Ja, wollen wir. Wird bisschen eng, wenn der Kleine dann bald da ist“, gab der Sänger zu und erst als Daisukes Grinsen bis hinter dessen Ohren ging, bemerkte der Sänger, dass er ungewollt das Geschlecht des Babys verraten hatte und dafür würde er sich am liebsten gerade selbst schlagen. So ein Mist aber auch. Es war wirklich einfach, wenn man das Geschlecht selbst nicht wusste, als wenn man es doch erfahren hatte, sich aber jedes Mal auf die Zunge beißen musste, da man sich sonst verriet. Tja, da war er wohl mit dem auf die Zunge beißen bisschen zu langsam gewesen. „Ihr kriegt ‘nen Kleinen Kyozwerg?“, strahlte der Gitarrist wie ein Honigkuchenpferd und man konnte schon fast meinen, er freute sich mehr, als die eigentlichen Eltern. „Ja, schließlich brauch ich auch mal bisschen männliche Unterstützung im Haus“, lächelte der Sänger dann aber einfach und ignorierte gekonnt diese dämliche Betitelung. Schließlich war es ja keine schlechte Nachricht und warum sollte er sie nicht mit jemanden teilen, der gerade genau in solch einer Lage steckte, wie Kyo? „Willst du ihn sehen?“, hörte der Sänger sich dann sogar noch fragen und ehe er sich versah, nickte Daisuke heftig und schubste ihn schon fast Richtung Tasche, wo er die Bilder immer mit sich herum schleppte, warum auch immer. Lachend angelte er sich dann alle Bilder heraus und reichte sie dem Gitarristen, der beim ersten Bild gleich mal in Lachen ausbrach, da es das war, mit dem sich das Baby geoutet hatte. „Der ist ja jetzt schon so drauf wie du, als wir dich kennen gelernt haben“, gluckste das rote Ding neben ihn und besah sich genau was es zu sehen gab, bis er abrupt die Bilder weglegte, aufstand und sich umständlich seine Geldbörse aus der hinteren Hosentasche angelte. Schnell hatte Daisuke diese aufgeklappt und reichte Kyo selbst drei Bilder. „Hier, damit du auch was zu gucken hast“, zwinkerte er, ehe er sich wieder Kyos Bilder nahm und beim nächsten ebenfalls lachte, da es das mit dem Stinkefinger war. „Eindeutig, das Kind kann nur von dir sein“, gluckste er fröhlich weiter, während der Sänger nun seinen Blick auf die Bilder von Daisuke wanderte. „Dafür sind die Bilder von eurer kleinen Lady aber ganz schön langweilig“, bemerkte Kyo nach wenigen Minuten trocken und der Gitarrist verstummte augenblicklich neben ihm. Hatte er da jetzt etwa was Falsches gesagt? Denn Daisuke sah ihn plötzlich mit großen Augen an und der Sänger war schon in Versuchung dem Gitarristen den Mund zuzuklappen, da er befürchtete, dass dieser gleich eine Fliege verschlucken könnte. „Kleine Lady?“, krächzte der Mann dann aber doch mal und verwundert schaute ihn Kyo an. „Ja, Lady“, nickte er. „Es wird doch ein Mädchen, oder?“, runzelte er nun unsicher die Stirn, aber auf den Bildern, sah es wirklich wie ein Mädchen aus. Vor allem auf dem einen, denn da fehlte etwas, was bei den Ultraschallbildern seines eigenen Babys sichtbar war… „Ehm… die Ärztin konnte uns in dieser Hinsicht noch keine Auskunft geben“, war der große Rote immer noch verdattert und er nahm nun Kyo die Bilder aus der Hand und legte diese nebeneinander auf den Tisch, gefolgt von den Bildern des Sängers, die er ebenfalls drauf legte. Immer wieder bewegte sich Daisukes Kopf auf und ab, gepaart mit einem anstrengenden Blick und zusammen gezogenen Augenbrauen. Kyo sagte dazu erst mal nichts und er ließ den Gitarristen in Ruhe seine ‚Arbeit‘ machen. „Du hast recht, euer Baby hat da eindeutig etwas, was unser Baby nicht hat“, faselte es und der Sänger lachte. „So?“, grinste er. „Ja. Wie konnte man so etwas übersehen?“, fragte er schon beinahe erbost und Kyo ergab sich nun ganz seinem Lachanfall. Es war aber auch zu herrlich, wie Daisuke vor den Bildern saß und aussah wie ein kleiner Junge, der vor eine schwerwiegende Frage gestellt wurde, ganz nach dem Motto: Willst du Schoko- oder Vanilleeis? „Tja, was nicht da ist, kann man schließlich auch nicht sehen“, quetschte der Sänger atemlos hervor und er musste sich sogar schon ein paar Tränen aus den Augenwinkeln wischen, da die unaufhörlich aus seinen Augen drangen. „Das ist nicht witzig, Kyo. Wenn sogar du das siehst, und nehme mir das jetzt nicht übel, aber du hast eigentlich weniger Ahnung von solchen Bildern als ich, dann kann die Ärztin nicht gerade helle sein.“ Da hatte er allerdings recht, aber das änderte immer noch nichts an der Tatsache, wie er vor den Bildern saß. „Siehst du mal. Da muss erst ich, ein unwissender Sänger, kommen und euch das Geschlecht eures Babys verraten“, grinste er und klopfte Daisuke nun freundschaftlich auf die Schulter. „Aber wer weiß, vielleicht war eure Ärztin sich ja nur nicht ganz sicher und hat deswegen erst mal ihre Klappe gehalten, bevor sie euch noch falsche Hoffnungen machen wollte“, erklärte er es sich damit einfach und sammelte seine eigenen Ultraschallbilder wieder ein. „Aber nun hätte ich trotzdem gerne die Nummer deines Maklers“, sagte er noch, bevor die Tür wieder aufging und ihr Leader hinein gerauscht kam, umhüllt von einer Wolke Zigarettenrauch. Schnell kritzelte Daisuke die Nummer auf ein Blatt Papier, welches Kyo sich in die Hosentasche steckte, bevor sie wieder an ihre Arbeit zitiert wurden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)