Familyproject von myamemo ================================================================================ Kapitel 23: Dreiundzwanzig -------------------------- Wie abgemacht brachte Kyo das Mädchen am Abend dann wieder zurück und ausgiebig verabschiedeten sie sich. Am liebsten wäre Natsuki wieder mit zu ihm gegangen, aber sie mussten sich leider immer noch gedulden. Ein letztes Mal drehte der Sänger sich um und hob seine Hand zum Abschiedsgruß. Dann wurde Natsuki schon in den Speisesaal gezogen und Kyo selbst enterte mal wieder das Büro der Heimleiterin. Mit einem energischen Klopfen meldete er sich an, bis ein „Herein“ ertönte und Kyo somit die Türklinke nach unten drückte, um gleich einzutreten. Sofort hörte er ein leicht genervtes Seufzen und innerlich grinste der Sänger sich einen ab, denn genau so eine Reaktion hatte er sich auf sein Erscheinen gewünscht. „Ich müsste lügen, würde ich sagen ich wäre überrascht Sie zu sehen“, gestand sie auch gleich und die ältere Frau deutete auf den leeren Stuhl vor sich. Lachend nahm Kyo Platz und machte es sich auf dem Stuhl bequem. „Dann muss ich mir ja keine Sorgen machen Sie bei irgendwas gestört zu haben“, antwortete Kyo und selbst wenn, wäre es ihm auch egal. „Das sowieso nicht“, schmunzelte sie ein wenig verbissen und schaute den Sänger dann genau an.“Wie ist es gelaufen? Deswegen werden Sie ja sicherlich hier sein“, versuchte sie sich wahrscheinlich zu erklären, warum er schon wieder bei ihr auf dem Stuhl saß. „Also an sich, wirklich gut. Wir haben uns zwei schöne Tage gemacht und es gab eigentlich keine wirklichen Schwierigkeiten“, berichtete er ihr gleich. „Aber?“, zog sie eine Augenbraue nach oben und musterte ihn genau. „Ein Aber gibt es nicht direkt“, sagte er und er ordnete seine Armbänder ordentlich auf sein Handgelenkt. „Ich wollte wissen, ob Sie nicht noch ein paar Fotos von ihren Eltern haben?“, fragte er dann und schaute wieder auf, worauf die Frau diesmal ihre Augenbrauen an ihren Haaransatz tackerte, da sie so überrascht wirkte. „Ich glaube schon, was wollen Sie denn damit?“, wirkte sie wirklich überrascht, dennoch suchte sie scheinbar schon die Akte von Natsuki heraus, zumindest hoffte er das. „Ihr die Erinnerungen an ihre Eltern nicht wegnehmen“, seufzte er. „Sie hatte einen Albtraum und da ging es scheinbar um ihre Eltern, oder zumindest kam die Mutter drin vor. Ich hab sie kaum beruhigen können, da sie sie so sehr vermisst“, erklärte Kyo weiter und sah, wie sie weiterhin Akten durchsah. „Sie ist vier Jahre alt, in ein paar Jahren wird sie sich eh nicht mehr dran erinnern können“, klang sie nicht sehr überzeugt und Kyo atmete tief durch. „Ja und deswegen soll sie sie einfach vergessen? Sie muss doch wissen wo sie herkommt, nach wem sie kommt, was ihr von wem vererbt wurde“, konnte er es nicht fassen. „Wie würden Sie sich denn fühlen, hätte man Ihnen die Erinnerungen an ihre Eltern quasi gewaltsam entzogen?“, wurde er doch ein bisschen lauter und er musste sich wirklich beherrschen nicht noch mehr Lautstärke in seine Stimme zu legen. „Ich persönlich würde durchdrehen, wenn ich herausfinden würde, dass mir genau das genommen wurde, worin ich meine Wurzeln finden könnte“, sagte Kyo wieder gefasster und schaute die Heimleiterin an. „Aber sie ist doch nur ein kleines Mädchen“, sah sie ihn an, beinahe von oben herab. „Ja und genau deswegen. Noch hat sie ihre Eltern in ihrer Erinnerung, aber das wird immer weniger, umso älter sie wird und ich möchte gerne, dass Natsuki sie solange in Erinnerung behält, wie nur möglich“, schüttelte er fassungslos über die Meinung der Frau den Kopf. „Außerdem ist sie nicht NUR ein kleines Mädchen. Natsuki ist ein Goldstück, falls sie das alle noch nicht begriffen haben“, wollte er sich gar nicht beruhigen. „Also, was ist nun, haben sie Fotos?“, beharrte Kyo weiter darauf und sah sie auffordernd an. „Moment“, murrte sie etwas angefressen, aber das war dem Sänger egal. Schweigend schaute er ihr regelrecht auf die Finger, was ihr ein bisschen unangenehm zu sein schien, denn sie wurde zusehends nervöser und griff meist bei Blättern daneben. Kyo grinste in sich hinein, sagte aber nichts. „Ah, hier ist die Mappe“, zog sie endlich eine dunkelblaue Pappmappe heraus und Kyo schaute sie weiterhin an, bis es ihm zu doof wurde, da sie erst einmal nur die Außenseite studierte. „Ja, dann schlagen Sie das Teil doch auch mal auf, ich will hier keine Wurzeln schlagen“, forderte er sie auf und trommelte mit der Fußspitze auf den Boden, damit sie gleich noch etwas nervöser wurde. Das tat sie dann auch endlich und nach ein paar Blättern hatte sie einen dickeren Umschlag in der Hand, den sie Kyo gleich reichte. „Mehr haben wir nicht“, sagte sie. „Das reicht mir. Die kriegen Sie demnächst wieder“, war er endlich zufrieden und stand gleich auf, natürlich mit dem Umschlag in der Hand. Ohne Verabschiedung war Kyo dann auch verschwunden und schlug gleich seinen Heimweg ein. Zu Hause setzte er sich ohne Umschweife aufs Sofa und öffnete den Umschlag, wo doch reichlich Fotos drinnen waren. Nacheinander holte er sie heraus und besah sie sich. Es schien wirklich eine kleine Bilderbuchfamilie gewesen zu sein. Erst nur die Eltern, dann eine schwangere Frau, bis irgendwann ein kleines Baby auf den Bildern auftauchte, welches eindeutig Natsuki war. Bis auf das sie den Babyspeck verloren hatte, hatte sie sich kaum verändert, außer natürlich die Körpergröße und die Haarlänge. Auf dem letzten Foto, wo die gesamte Familie abgebildet war, entdeckte Kyo, dass ihre Mutter scheinbar erneut schwanger gewesen sein musste, denn der stattliche Bauch deutete drauf hin. Das machte es natürlich nicht gerade besser und er musste zunächst tief durchatmen. Nachdem er sich wieder halbwegs im Griff hatte, suchte er sich ein Foto aus, was alle drei freudig strahlend zeigte, die anderen steckte er wieder in den Briefumschlag, mit dem Vorhaben daraus ein Fotobuch zu machen, das andere würde er einrahmen und das nächste Mal Natsuki geben, damit sie wenigstens etwas zum Anfassen hatte und da war es ihm egal was das Kinderheim dazu sagte, denn einem Kind schöne Erinnerungen wegzunehmen empfand er als Folter, schlimmer noch als jegliche körperliche Gewalt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)