Für die Freiheit... von shino-girl ================================================================================ Kapitel 2: 2 ------------ Ich höre gedämpfte Stimmen. Sie scheinen hunderte Meter weit entfernt. Doch ich spüre auch meine warme Bettdecke über mir und das weiche Kissen an welches ich mich kuschle. Noch vor wenigen Minuten konnte ich mir ausmalen wie ich mich nicht daran, sondern an Naruto schmiege. Ich spüre jede Sekunde wie ich wacher werde, die Stimmen gefühlt näher kommen. Sie waren wohl bereits vorher schon so nah. Müde blinzle ich mir den Schlaf aus den Augen, gähne und strecke mich dabei. Durch mein Fenster sehe ich wie hoch die Sonne bereits steht. Sie scheint nicht mehr direkt in den Raum, dafür ist sie schon zu weit gewandert. Es muss also schon fast Mittag sein. „Habt Ihr gut geschlafen, Hoheit?“ Ein strahlendes Lächeln empfängt mich als ich mich nach denjenigen umschaue, die mich aus meinem Schlaf gerissen haben. TenTen, sie ist eine meiner Zofen und hat als Erste bemerkt, wie ich mich bewege. Eine junge Frau, drei Jahre älter als ich, und ich mag sie. Sie ist die Freundlichkeit in Person und hat immer gute Laune. Gerade bückt sie sich zum Boden und hebt das Kleid auf, welches ich in der Nacht einfach habe liegen lassen. Darum sind die Beiden also hier. Sie räumen meine Unordnung auf, vielleicht haben sie auch den Auftrag bekommen mich zu wecken, wollten mir aber noch etwas Ruhe gönnen. Stumm nicke ich auf ihre Frage, setze mich dabei auf. „Wie war es gestern? Habt Ihr romantisch mit einem Prinzen getanzt?“ Verträumt hält sie mein Kleid vor sich, greift den Stoff am Rock, hält den Arm etwas von sich und versucht sich mit einigen Tanzschritten. Sie bringt mich damit zum Lächeln. Ihre Frage verneine ich allerdings. Denn schließlich war es kein Prinz mit dem ich getanzt habe. Es war Naruto und ich fand es sehr schön. Romantisch? Ja, für mich war es das schon. Doch sicher würde es nicht jeder so empfinden wie ich. Außerdem weiß ich nicht ob es Naruto ebenfalls gefallen hat. Manchmal wünsche ich mir in seinen Kopf sehen zu können. Einfach nur um zu wissen was er über mich denkt. Naja, und um herauszufinden, was er für mich fühlt. Ich weiß, dass er Gefühle für mich hat. Doch welche und wie stark, das kann ich nicht abschätzen. Dazu ist er viel zu verschlossen. Früher war es einfacher, er hat sie einfach gezeigt. Wieder rufe ich sein Lachen in meinem Gedächtnis ab. Er sieht dabei so entspannt und wunderschön aus. Mit seinen strahlenden blonden Haaren und den leuchtend blauen Augen fast wie die Sonne selbst. Für mich gibt es niemand anderen, der mich den Rest meines Lebens begleiten soll. Keinen Grafen, keinen Prinzen, keinen König. Nein, es gibt nur ihn. Nur Naruto. „Ich verstehe nicht warum Ihr diesen Bällen nichts abgewinnen könnt. Was würde ich dafür geben nur einmal in so einem Kleid mit einem Prinzen zu tanzen?“ Die andere Zofe mischt jetzt auch mit und reist mich damit aus meinen Gedanken. Ino Yamanaka. Sie ist ebenfalls ein paar Jahre älter als ich und hat wunderschöne, lange blonde Haare. Sie sprüht vor Energie und hat meistens genauso gute Laune wie ihre Kollegin TenTen. „Wenn Vater euch beide nicht erkennen würde, hätte ich euch schon längst als meine Vertretungen hingeschickt.“ Ich seufze. Ja, wie gern würde ich die Beiden einfach vorschicken und ein entspanntes Leben im Hintergrund führen. Sie scheinen sichtlich Spaß an dem ganzen Theater zu haben. „Aber vielleicht kann ich euch das nächste Mal als meine Anstandsdamen mitnehmen. Dann lässt der widerliche Grafensohn ja eventuell seine Finger von mir.“ Mit Schwung schlage ich die Bettdecke beiseite und krieche zur Bettkante. Sofort kommt Ino mir mit einem wärmenden Morgenmantel entgegen, den sie mir über die Schulter legt. „Wen meint Ihr?“ Neugierig schauen mich beide an. TenTen, die gerade das Kleid auf einen Bügel hängen will unterbricht ihre Tätigkeit. „Diesen Kabuto. Der mit den weißen Haaren.“ Auch wenn sie nie mit auf den Festen sind, sind sie doch erstaunlich gut aufgeklärt. Sie kennen die meisten der anwesenden Gäste mit Namen, Titel und Herkunft. Noch erstaunlicher ist, wie sie auch immer über Details des letzten Abends verfügen. Wie sie das machen, behalten sie für sich. Es gibt allerdings nur wenige Möglichkeiten. Entweder die herumlaufenden Diener, welche die Getränke und die kleinen Häppchen verteilen, sind gar nicht so desinteressiert wie sie immer scheinen und geben alles was sie sehen weiter. Oder die Mädchen stehen hinter den Türen und spitzen durch die Schlüssellöcher in den Saal. Soviel zu meinen Theorien, es kann natürlich auch ganz anders sein. Ob sie sich vielleicht sogar unter die Gäste mischen? „Stimmt, der hat Euch wieder zum Tanzen aufgefordert. Naruto hat ihn abgelöst, nicht wahr?“ Ino hat ganz schön mit meinen Haaren zu kämpfen, was ich auch an ihrem abwesenden Tonfall hören kann. Erst das klebrige Zeug, was sie mir in die Haare schmieren um meine feinen, glatten Haare in der Flechtfrisur an Ort und Stelle zu halten und dann noch die übliche Sturmfrisur, die ich nach dem Aufstehen immer habe. Jetzt muss sie versuchen die Knoten wieder heraus zu bekommen. Am einfachsten ist es wohl wenn ich sie waschen würde. „Ja, zum Glück. Ich will nicht wissen wie weit der Typ noch gegangen wäre.“ Mit einer leichten Handbewegung bringe ich sie dazu aufzuhören. Das tut echt weh, wie sie an meinen Haaren zieht. „Ich nehme ein Bad. Dann geht das mit den Haaren auch besser.“, kündige ich an, stehe vom Bett auf. Ein Blick in den Spiegel an der Wand verrät mir, dass ich ein Haarknäul auf dem Hinterkopf habe. Nein, den bekommt sie definitiv nicht mehr gelöst. „TenTen, machst du das Bad? Dann hol ich schon mal das Frühstück.“ Ich höre wie sie sich untereinander absprechen. Gleich darauf ist Ino aus dem Zimmer verschwunden und die Braunhaarige ins angrenzende Badezimmer gegangen. Gemütlich gehe ich an meinen riesigen Kleiderschrank. Die aufgebauschten Kleider brauchen Platz, dementsprechend groß muss er also sein. Zum Glück habe ich auch eine kleine Reihe mit anderen Kleidungsstücken. Hier liegen ein paar Hosen und Shirts. Mein Vater sieht mich nicht gern darin. Eine Prinzessin hat feine Kleider zu tragen. Doch zum ausreiten finde ich nichts angenehmer wie eine Hose. Und das habe ich nach dem Frühstück vor. Ein paar Stunden auf dem Pferderücken verbringen. Das Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde. Wie passend dieser Spruch doch ist. Ich lächle verhalten als ich daran denke. Ich greife mir einen Satz Klamotten und gehe TenTen hinterher. Sie hat die Wanne bereits zur Hälfte mir warmen Wasser gefüllt. Es fehlen allerdings noch ein paar Eimer, bis es genug ist. Wieder und wieder verschwindet sie in dem Dienstgang, einem Gang alleinig für die Angestellten, und holt das benötigte Nass. Bis sie fertig ist versuche ich mich selbst nochmal an dem Knäul auf meinem Kopf. Es klappt sogar. Ich schaffe es ihn zu lösen und meine Haarpacht nun endlich ohne schmerzliches Ziepen durchzukämmen. Nachdem ich höre wie eine Türe geschlossen wird schaue ich mich kurz um. Das war die zu dem Gang. „Ist die Temperatur für Euch angenehm?“ Auf die Frage hin gehe ich zu der Wanne aus geschmiedetem Kupfer und halte meine Hand hinein, nicke dann. Perfekt. Sie weiß einfach wie ich es gern habe. Ich bedanke mich lächelnd bei ihr und warte, dass sie das Bad in Richtung meines Schlafgemachs verlässt. Erst dann ziehe ich mir mein Schlafgewand über den Kopf und steige in das wohltemperierte Wasser. Es entspannt mich und ich genieße es. Lasse mir Zeit beim Waschen und steige erst wieder heraus als es mir zu kalt wird. Ich trockne mich ab und schlüpfe in meine Kleidung. Um die Haare wird sich Ino kümmern während ich etwas esse. Deshalb lege ich nur notdürftig ein Handtuch um die langen Strähnen damit das Shirt nicht nass wird. Die Beiden warten schon auf mich. Ich setzte mich auf mein Bett, wo das Tablett steht. Mit einem Brötchen und einer Tasse warmer Milch mit Honig bin ich nach dem Aufstehen mehr als nur zufrieden gestellt. Und das steht auch so für mich bereit. Fachmännisch werden meine Haare trockengerubbelt. Sorgfältig durchgekämmt und mit Pflegeprodukten versehen. Das alles während ich etwas esse. Am Ende legt sich ein Flechtzopf über meine linke Schulter. Ich lächle dankbar, jetzt kann ich mich auf den Weg machen. Im Stall steht mein Pferd bereits gesattelt am Waschplatz, nur die Trense fehlt noch. Daneben steht ein weiteres. Ich erkenne es sofort und weiß wer mich auf meinem Ritt am heutigen Morgen begleitet. Lächelnd begrüße ich die Beiden mit kleinen Streicheleinheiten. Danach greife ich mir die Trense die bereits auf einem Haken bereithängt und ziehe sie Tekehro, so heißt mein Pferd, auf. Ich weiß nicht wo mein Begleiter steckt aber in der Zwischenzeit gehe ich eben im Schritt auf den Sandplatz. „Guten Morgen, Hoheit.“ Lee, ebenfalls Mitglied meiner Leibgarde, sitzt endlich im Sattel seines Pferdes und holt mich ab. Ich begebe mich an seine Seite, erwidere seinen Gruß und wir reiten aus dem Schlosstor Querfeldein. Kaum sind wir nicht mehr in der Sichtweite zieht Tekehro das Tempo an. Egal mit wem ich unterwegs bin, sobald uns keiner mehr beobachten kann ist das erste Wettrennen voll im Gange. Im gestreckten Galopp jagen Lee und ich uns gegenseitig. Das macht solchen Spaß. Ich sehe den umgefallenen Baumstamm vor mir dem wir uns rasant nähern. Derjenige, der zuerst springt hat das erste Rennen gewonnen. Ich brauche mein Pferd nicht mehr darauf aufmerksam machen. Er kennt es bereits und springt routiniert darüber. Ich habe gewonnen und grinse triumphierend. „Glückwunsch Hoheit. Beim nächsten Rennen mache ich es Euch nicht mehr so einfach.“ Wir lassen den Beiden eine Verschnaufpause und reiten im Schritt weiter. „Willst du mir sagen du hast mich gewinnen lassen?“ Ich gehe auf seine Stichelei ein. Weiß genau, dass er blufft. Er hat gerade schon sein Bestes gegeben und es nicht geschafft. „Natürlich.“ Wir lachen beide darüber. „Lee? Können wir an der Gedenkstelle vorbei?“ Ich genieße die Ausritte und schweige dabei gerne. Ziehe die frische Luft in meine Lungen, lasse die wärmenden Sonnenstrahlen meine Haut verwöhnen und präge mir die atemberaubende Landschaft ein. Auch wenn es immer eine ähnliche Route ist, die wir reiten, es ist immer so schön friedlich und unberührt. „Klar.“ Er weiß genau wovon ich rede und schlägt bereits die Richtung ein. Wir müssen ein Stück durch den Wald um dort hin zu kommen, wo ich hin will. Am Rande der Lichtung halten wir an und ich steige aus dem Sattel. Die Zügel übergebe ich meinem Begleiter, der sitzen bleibt. Ich pflücke ein paar der wilden Blumen, binde sie mit etwas Gras zu einem Blumenstrauß zusammen. Damit gehe ich weiter in die Mitte der Wiese. Für außenstehende ist es vielleicht nur ein riesiger Findling, der dort liegt. Für mich allerdings ist es ein Gedenkstein. Ich war mit meiner Mutter beinahe täglich hier. Sie hat mich immer vor sich auf ihr Pferd gesetzt und ist mit mir hierher geritten. Im Sommer ließen wir sogar einfach die Decke hier liegen, am nächsten Tag brauchten wir sie ja schließlich wieder. Ich komme gerne hierher zurück. Hier habe ich das Gefühl ihr nah zu sein. Näher als an ihrem Grab, wo sie nur bestattet wurde. Dort haben wir keine gemeinsamen Erinnerungen. Hier schon. Sehr viele sogar. Wir sind über die Wiese gerannt und haben fangen gespielt. Später brachte sie mir bei wie die ganzen Blumen hier heißen. Hier hat sie mir gesagt, dass ich ein Schwesterchen bekomme, irgendwann auch, dass ich ohne sie auskommen muss. Daran erinnere ich mich nur selten. Die guten Erinnerungen überwiegen und nur die sind wirklich wichtig. Ich knie mich vor den Stein und lege den kleinen Strauß davor, sehe lächelnd auf den Findling hinunter. Automatisch begrüße ich sie in Gedanken, fange an ihr von den letzten Tagen zu erzählen. Sie soll weiter an meinem Leben teilnehmen. Soll wissen wie sich ihre Tochter fühlt, was sie denkt und was sie macht. `Gestern hat Vater wieder ein Fest gegeben und dieser schmierige Kabuto hat mich wieder angefasst. Du weißt, dass ich ihn nicht ausstehen kann. Aber Naruto hat mich dort rausgeholt. Siehst du ihn von da oben? Wenn ja, dann weißt du ja was für ein gutaussehender Mann aus ihm geworden ist. Ich bin so froh, dass er für mich da ist und auf mich aufpasst. Warte, wenn du uns sehen kannst, weißt du bestimmt auch was letzte Nacht passiert ist, oder? Es war so schön. Solche Gefühle hatte ich noch nie. Mein Herz ist mir fast aus der Brust gesprungen und es hat überall gekribbelt. Ich bin total verliebt in ihn. Zu gern wüsste ich ob er auch in mich verliebt ist. Was meinst du? Ist er es? Aber was mache ich wenn er es ist? Soll ich dann mit Vater sprechen? Er wird es bestimmt nicht akzeptieren. Schließlich will er die ganze Zeit, dass ich mir einen Prinzen suche. Damit der das Königreich übernehmen kann. Aber ich will nicht einfach an der Seite von irgendjemandem stehen und als Dekoration dienen. Ich will geliebt werden. Ich-´ Lees Schrei unterbricht mich und ich sehe verwirrt zu ihm. Er deutet mir hektisch sofort zu ihm zu kommen. Irgendetwas scheint nicht zu stimmen. Ebenfalls alarmiert stoße ich mich vom Boden ab, laufe los. So schnell ich kann renne ich auf Lee zu, komme aber nicht weit. Ich weiß nicht wo es herkommt, doch es wickelt sich zielsicher um meine Knöchel und bringt mich zu Fall. Ein Seil an dessen Enden jeweils ein kleines Gewicht hängt und geworfen wird. Trifft es auf sein Ziel sorgen die Gewichte dafür, dass es einen fesselt. Ich kann es aufmachen, doch das kostet Zeit. Panisch sehe ich wie Männer sich von den Bäumen fallen lassen und mit lautem Geschrei auf mich zu rennen. Zittrig befreie ich mich, bin wieder auf den Beinen. Ich schaue zu Lee. Sie haben ihn vom Pferd gerissen, doch er verteidigt sich mit seinem Schwert gegen sie. Ich laufe los, muss zu ihm. Er kann mich auch beschützen. „Nein, lauft weg.“, höre ich ihn schreien, als er bemerkt, wie ich zu ihm will. Mit denen, die auf mich zu laufen sind es fünf Angreifer. Gegen so viele kommt er auf Dauer auch nicht an, das weiß er. Und er hofft ich kann entkommen, wenn er einige von ihnen hier aufhält. Ich zögere. Es widerstrebt sich mir mich von ihm zu trennen. Ohne ihn habe ich niemanden der mir helfen kann. Trotzdem höre ich auf ihn, er weiß was er tut. Außer Atem versuche ich einen Pfiff. Es gelingt mir nicht beim ersten Mal. Der Zweite wird besser, der Dritte ist deutlich zu hören. Sofort sehe ich wie sich Tekehros Ohren in meine Richtung bewegen und er angaloppiert. Er kommt in einem Bogen auf mich zu. Reduziert seine Geschwindigkeit neben mir etwas damit ich in den Sattel greifen kann. Ich trete erneut auf, stoße mich aber nicht nach vorne ab um weiter zu rennen, sondern nach oben. Gleichzeitig ziehe ich mich mit den Armen nach oben, nehme den Schwung mit und komme holprig auf seinem Rücken auf. Ein Glück bestand Naruto darauf das mit mir und meinem Vierbeiner zu üben. Als ob er gewusst hatte, dass ich das einmal benötigen würde. Noch zwei Galoppsprünge gibt mein Pferd mir um mich zu sammeln und beschleunigt wieder. Ich suche Deckung zwischen den Bäumen. Hier können sie nicht mit Pfeil und Bogen auf mich schießen, aber ich bin auch langsamer. Muss aufpassen nicht von einem herunterhängenden Ast getroffen zu werden. Und es ist kein Ast der mich trifft. Es ist ein Seil, welches plötzlich gespannt wird und Tekehro ins straucheln bringt. Er knickt mit den Vorderbeinen ein, stürzt zu Boden. Ich mit ihm. Rutsche aus dem Sattel und knalle gegen einen Baum. Der Rappe richtet sich wieder auf. In dem kurzen Moment den ich noch bei Bewusstsein bin sehe ich sein verletztes Vorderbein. Erkenne seine Schmerzen in den Augen und wie er es nicht belastet. Mir fallen meine Augen zu. Ich habe auch Schmerzen. Mein Rücken tut weh, damit bin ich gegen den Baum geschleudert worden. Mein Kopf pocht heftig, ich muss ihn mir irgendwo angeschlagen haben. Bei meinem letzten verschwommenen Blick sehe ich einen riesigen Hund wie er mit gefletschten Zähnen auf mich zukommt. Hinter ihm erfasse ich verschwommen die Beine eines Menschen. Er bleibt vor mir stehen und geht in die Knie. Langsam schaue ich hinauf zu seinem Gesicht. Erkenne nur noch rote Dreiecke auf seinen Wangen. Es kommt mir seltsam vor aber weiter kann ich nicht darüber nachdenken. Mein Blick verschwimmt, ich merke wie die Schmerzen schwinden und meine Augen zugleiten. ¬¬¬¬¬¬¬¬¬__________________________________________________________________________ Stimmen dringen an mein Ohr. Sie sind leise und ich kann nicht verstehen was sie sagen. Das muss ich auch nicht. Je mehr ich aus der Bewusstlosigkeit komme, desto stärker drängen sich die Schmerzen in den Vordergrund. Das oberflächige Pochen an meiner Stirn zieht sich ins Innere meines Kopfes und bleibt dort als stetiger unangenehmer Druck. Mir ist übel und ich habe das Gefühl nicht atmen zu können. Ich hole nur noch flach Luft, bloß nicht zu tief, das tut weh. Und auch mein Rücken macht sich zusätzlich bemerkbar. Die Matratze ist nicht unbedingt weich und drückt schmerzhaft. Ich gehe meine letzten Erinnerungen durch, frage mich warum ich all diese Qualen empfinde. Doch sie verraten mir gar nichts. Mehr, als dass ich mit Lee zusammen vom Hof geritten bin, weiß ich nicht mehr. Das macht mir Angst. Wie bin ich nur hierhergekommen? Panik ergreift mich, ich will wissen was passiert ist. Ungeachtet meines protestierenden Kopfes bewege ich mich. Will meinen Rücken entlasten, der sich unangenehm anfühlte. Ich drehe mich auf meine linke Seite und somit den Stimmen zu. Weit komme ich nicht, schreie erstickt auf und lasse mich wieder auf den Rücken zurück gleiten. Tränen schießen mir in die Augen, die ich krampfhaft zusammen presse. Es tut so verdammt weh. Vorsichtig taste ich mit den Fingerspitzen meinen Oberkörper ab. Spüre jetzt deutlich die Schwellung an meinem linken Rippenbogen. Ist wohl vorerst keine gute Idee sich darauf zu legen. Eine Hand an meiner Schulter bringt mich dazu reflexartig meine Augen aufzureißen. Ich will wissen wer mich anfasst, wer eine Gefahr für mich darstellt. Zeitgleich schaltet mein Körper auf Abwehr, jeder noch verfügbare Muskel spannt sich an. Aber ich sehe nur in ein freundliches Gesicht. Eine junge Frau. Sie lächelt mich an und drückt bestimmend an meiner Schulter, sodass ich mich nicht aufrichten kann, selbst wenn ich es wollte. „Ganz ruhig. Entspann dich, dann tut es nicht mehr so weh.“, redet sie auf mich ein und ich nicke nur ganz leicht. Von ihr geht keine Bedrohung aus, sagt mir mein Unterbewusstsein und ich fange tatsächlich an meine Muskeln zu entspannen. Ich lasse sie nicht mehr aus den Augen, doch dann fällt mir ein, vorhin waren es doch mindestens zwei. Mein Blick huscht an ihr vorbei, sucht die kleine Fläche ab, die ich noch einsehen kann. Dabei stelle ich fest, dass ich in einem kleinen Zelt liege. Viel ist hier nicht. Neben der Liegestätte, wo ich mich befinde, gibt es noch einen winzigen Tisch auf dem kaum etwas liegt. Was es ist, erkenne ich trotzdem nicht. „Den anderen hab ich rausgeschickt.“ Sie hat wohl gemerkt wonach ich suche. Ihre Hand löst sich von meiner Schulter, als sie merkt, dass ich auch ohne sie liegen bleibe. Stattdessen greift sie nach etwas schräg hinter meinem Kopf. Ich kann ihr nicht mit meinem Blick folgen, das macht mich nervös. „Trink das.“ Ein töpferner Becher schwebt vor mir und ihre andere Hand stützt meinen Kopf nachdem ich ihn aus eigener Kraft etwas angehoben habe. Ich gehe davon aus, dass es Wasser ist, was sie mir einflößt. Kaum habe ich allerdings etwas von der Flüssigkeit im Mund drehe ich meinen Kopf weg. Das Zeug schmeckt widerlich. Tapfer schlucke ich es, weil ich es nicht ausspucken will. „Was ist das?“ Mit einer Hand wische ich mir über den Mund um die Reste wegzuwischen, die mir übers Kinn laufen. „Das lindert die Schmerzen.“ Sie hält mir das Zeug erneut an die Lippen, doch ich presse sie zusammen und schüttle leicht mit dem Kopf. „Komm schon. Noch zwei, drei Schlucke. Dann wird es besser.“ Sie wartet meine Reaktion ab und schaut mich aufmunternd an nachdem ich keine Anstalten mache einen weiteren Schluck zu nehmen. Ich kann ihrem Blick nicht mehr standhalten, verziehe sofort mein Gesicht. Nach drei Schlucken ist mein Martyrium allerdings vorbei. Ich kann mich wieder zurücklegen und sie stellt das Gefäß dorthin zurück, wo sie es her hat. „Wie heißt du?“, frage ich leise. „Sakura.“ Kniend sitzt sie vor mir und lächelt mich freundlich an. „Du hast eine Gehirnerschütterung und eine Platzwunde an der Stirn. Zwei Rippen sind geprellt und angebrochen und dein Rücken hat auch was abbekommen.“ Seelenruhig klärt sie mich auf, was an meinem Körper im Moment nicht so ist, wie es eigentlich sein sollte. „Aber das wird schon wieder!“ Jetzt muss ich leise auflachen. Ihre positive Art ist wirklich erfrischend. „Wenn du dich anders hinlegen willst am besten auf deine rechte Seite, die ist in Ordnung. Und jetzt ruh dich etwas aus.“ Mir fallen die Augen mittlerweile fast zu und es ist schwer ihren Worten weiter zu folgen. Ich will Sakura noch einiges Fragen, aber meine Lider werden immer schwerer und kaum gebe ich nach merke ich wie ich wegdrifte. Erleichtert merke ich wie ich alles nur gedämpft wahrnehme, als ich das nächste Mal aufwache. Dieser ekelhafte Trank scheint wirklich gut zu wirken. Ich bin alleine in dem Zelt, allerdings höre ich von draußen leise Stimmen heftig diskutieren. Im ersten Moment verstehe ich kein Wort, es geht wild durcheinander. Doch dann erkenne ich eine der Stimmen. Sie ist mir bereits bekannt. Sakura. Sie scheint sich mit jemandem direkt vor dem Zelteingang zu streiten. Ich rappele mich auf. Es dauert ungewohnt lange, das merke ich selbst. Auf wackeligen Beinen trete ich an den Zelteingang, der durch einen lockeren Stoff verhängt ist. Ich schiebe ihn etwas beiseite und schaue direkt auf Sakura und einen jungen Mann. Doch ich erkenne sie fast nicht, die Sonne blendet mich und schnell halte ich mir den Arm schützend vor die Augen. Langsam gewöhne ich mich an das grelle Licht. Sie verstummen beide und sehen mich überrascht an, haben wohl nicht mit mir gerechnet. „Hinata… du solltest liegen bleiben!“ Streng ermahnt Sakura mich und ich kann nicht anders als sie anzustarren. Woher kennt sie meinen Namen? Ich habe ihn ihr nicht gesagt. Langsam wandert mein Blick zu dem anderen. Meine Augen bleiben an diesen roten Dreiecken auf seinen Wangen hängen. Vor meinem inneren Auge tauchen bei diesem Anblick Bilder auf. Ein riesiger weißer Hund mit gefletschten Zähnen. Ein Gesicht mit eben diesen Dreiecken. Ich stolpere erschrocken einen Schritt zurück. Woher kommen diese Erinnerungen an ihn? Wieso habe ich ihn schon einmal gesehen? Und wo? Wieso kennen sie meinen Namen? Wo bin ich eigentlich? Wo ist Lee? Naruto? Wieso bin ich hier? Verwirrt weiche ich weiter zurück als beide mir folgen. Warum bleiben sie nicht stehen. Ich habe Angst. Am Rande bekomme ich mit, wie Sakura beruhigend auf mich einredet. Ihre Wörter kommen bei mir allerdings nicht an. Ich fühle mich wie in Watte gepackt und nichts dringt zu mir durch. Ich will hier weg, ich will zu Naruto. Wo ist er? Warum ist er nicht hier und beschützt mich? Der Gedanke, dass er mich gar nicht beschützen möchte ist zu viel. Vor meinen Augen verschwimmen die Beiden zu einer undeutlichen Masse. Wieder trete ich einen Schritt zurück, bringe mich damit selbst aus dem Gleichgewicht. Ich falle, doch der von mir erwartete schmerzhafte Aufprall bleibt aus. In der Dunkelheit dich mich umgibt spüre ich Arme die mich auffangen und mich schweben lassen. Ich werde auf die Matratze gelegt und sanfte Finger fühlen den Puls an meinem Handgelenk. „Sie ist bewusstlos.“, stellt Sakura fest. Ob sie es an meinem schwachen Puls festmacht? Für sie muss es wohl so aussehen, doch ich bekomme alles um mich herum mit. „Warum hat sie solche Angst vor dir?“, stellt sie den andere zur Rede, ziemlich erbost, so wie sich ihre Stimme anhört. „Woher soll ich das wissen?“ Seine Stimme hört sich an wie das Knurren eines wilden Hundes. „Liegt es vielleicht daran, dass du sie unsanft vom Pferd geholt hast? Ich hab dir gesagt du sollst das nicht mehr machen!“ Was hat er gemacht? Ich bin doch eine gute Reiterin, so einfach falle ich nicht vom Pferd. Was ist nur passiert? Ein nasser, kalter Lappen wird mir auf die Stirn gelegt. Habe ich etwa Fieber? „Könnte wirklich sein. Sie hat mich noch kurz angeschaut bevor sie vollkommen weggetreten war.“ Ich höre ein dumpfes Geräusch. Schlägt sie ihn etwa? „Raus hier! Du kommst ihr nicht mehr zu nahe bevor es ihr nicht besser geht!“ Wieder ein dumpfes Geräusch und das Rascheln des Vorhangs. Kurz darauf merke ich wie der Lappen von meiner Stirn verschwindet und nachgekühlt erneut aufgelegt wird. Das wiederholt Sakura noch zwei weitere Male, wahrscheinlich sogar häufiger, doch das bekomme ich nicht mehr mit. Die Dunkelheit zieht mich immer weiter in ihren Bann, raubt mir alle Sinne. Als ich das nächste Mal die Augen aufschlage bleibe ich liegen. Mein Kopf pocht unangenehm. Und auch der Rest meines Körpers macht mich auf sein Unwohlsein aufmerksam. Leise ächzend drehe ich mich auf meine rechte Seite, das hat Sakura mir doch erlaubt, oder? Erleichtert stelle ich fest, dass es wirklich nicht schmerzt. Allerdings liege ich nun mit dem Rücken zum Eingang, das macht mich nervös. Lange halte ich es deshalb nicht so aus, lege mich wieder auf den Rücken. Wo ist nur dieser verdammte Schmerztrank? Ich renke mir fast meine Hals aus bis ich den Krug und den Becher schräg hinter meinem Kopf entdecke. Ich greife nach dem Trinkgefäß, in der Hoffnung, dass sich noch ein kleiner Rest darin befindet. Das Glück scheint mit mir zu sein. Ich zwinge mich dazu drei Schlucke zu nehmen, in dem Wissen um die Wirkung des widerlichen Gebräus. Und während ich mit offenen Augen so daliege kann ich schon wenige Minuten später die angehende Linderung spüren. Das tut so gut! Doch die vergehenden Schmerzen machen Platz für Gedanken. Sie schwirren mir Kopf herum ohne Antworten zu bekommen. Es macht mich fast wahnsinnig auf nichts antworten zu können. Erschrocken blicke ich zum Eingang als ich merke, dass jemand eintritt. Es ist Sakura, sie hat etwas zu Essen dabei. Ich setze mich auf und in den Schneidersitz, sie stellt den Teller vor mir ab. „Du hast nochmal etwas gegen die Schmerzen genommen?!“ Es war weniger eine Frage als eine Feststellung, nachdem sie den fast geleerten Becher registriert hat. Ich nicke zur Zustimmung. „Gut… iss jetzt etwas. Du brauchst deine Kräfte.“ „Beantwortest du mir ein paar Fragen?“, erwidere ich nur, ohne das Essen anzufassen oder gar zu beachten. „Wenn du dabei etwas isst.“ Ich nicke und greife zu dem frischen, noch dampfenden Fladenbrot. Nach dem ersten Bissen stelle ich meine erste Frage. „Wo bin ich hier?“ „In unserem Lager.“ „Wo ist das?“ „Im Wald.“ „Und wo genau?“ Sie setzte sich, ebenfalls im Schneidersitz, auf den Boden und schmunzelt etwas, antwortet nicht. Etwas sagt mir, dass sie immer so antworten wird, dass ich nicht herausfinden kann wo genau ich bin. Doch anstatt mich mit der Frage aufzuhalten, warum ich es nicht wissen soll, frage ich weiter. „Warum bin ich hier?“ „Die Jungs haben dich hergebracht.“ „Aber wieso?“ „Das musst du Kiba fragen.“ „Warum?“ „Er ist der Anführer.“ Sie respektiert ihn anscheinend. „Ist das der mit den Dreiecken?“ „Ja, der vor dem du Angst zu haben scheinst. Was hat er dir getan?“ Ich kann auf die Frage nicht antworten, ich weiß es schließlich nicht. Deshalb frage ich einfach weiter, in der Hoffnung sie vergisst ihre Frage. „Wo ist Lee?“ „Wer ist das?“ Sie wird neugierig. „Der, mit dem ich ausreiten war. Ist er nicht hier?“ „Nein, sie haben nur dich mitgebracht.“ „Wann kann ich wieder nach Hause?“ Ihr Blick wirkt verändert. Verschlossen. Sie will mir keine Antwort geben. „Iss dein Essen auf…“, trägt sie mir auf und erhebt sich. „Das muss ich auch Kiba fragen, nicht wahr?“ Sie ignoriert die Frage und verlässt das Zelt, doch ich weiß jetzt, dass dieser Kiba die Antworten auf meine Fragen hat. Ich nehme den Rest des Brotes, stelle den Teller mit der Suppe aus undefinierbaren Zutaten neben das Bett. Auch wenn ich jetzt schon zwei oder drei Tage kaum etwas gegessen habe verspüre ich keinen Hunger. Dennoch esse ich auf um etwas im Magen zu haben. Ich habe nicht viele Antworten bekommen, trotzdem fühle ich mich etwas besser. Und das lässt mich auch besser schlafen. Auch die nächsten drei Tage bekomme ich nur Sakura zu Gesicht. Sie hat mir Bettruhe verordnet. Laut ihrer Aussage habe ich ja eine Gehirnerschütterung. Von meinem Gedächtnisverlust erzähle ich ihr aber nichts. Die Angst, was sie mit diesem Wissen anstellt, hält mich davon ab es ihr zu sagen. Ich langweile mich schrecklich. Den ganzen Tag allein in diesem kleinen Zelt ist die Hölle. Es gibt nichts mit dem ich mich ablenken könnte. Stattdessen versuche ich weiter aus meiner Situation schlau zu werden. Ich mache mir Sorgen um Lee. Nachdem ich von Sakura erfahren habe, dass er nicht hier ist, mache ich mir noch größere Sorgen. Was ist wenn sie ihn verletzt haben und er es nicht mehr nach Hause geschafft hat? Oder wenn sie ihn gar… getötet haben? Unbewusst laufen mir einzelne Tränen über die Wange. Ihm darf nichts passiert sein. Nicht wegen mir. Ich fühle mich schuldig. Am nächsten Morgen nach dem spärlichen Frühstück in Form von Maisbrei und einem letzten bestandenen Test darf ich endlich aufstehen. Jetzt lerne ich auch zum ersten Mal die andere Frau kennen. Temari. Sie und ihre zwei jüngeren Brüder, Gaara und Kankuro – ich kenne sie noch nicht - gehören ebenfalls zu den Streunern bei denen ich nun bin. Allgemein sind in diesem Moment nicht viele im Lager. Nur ein gewisser Choji sitzt gemütlich vor einem der vier aufgeschlagenen Zelte und verleibt sich genüsslich eine Zwischenmahlzeit ein. Die Anderen sind auf ´Beutezug` erzählt mir Temari, als sie mich zu einem nahegelegenen Fluss mitnimmt um frisches Wasser zu holen. Tatsächlich sind die beiden einzigen Mädels dafür zuständig den chaotischen Jungs hinterher zu räumen. Sie waschen das wenige Geschirr nach jeder Mahlzeit, kochen und räumen auf. Und ich werde ihnen in Zukunft wohl dabei helfen. Schweigend gehe ich neben der Blonden her und trage den schweren Krug zum Lager zurück. Ich stelle ihn gerade dort ab wo er hin soll, da kommen die restlichen Mitglieder in vollem Galopp aus dem umliegenden Wald geprescht. Ich schaffe es gerade noch das Gefäß vor dem umfallen zu bewahren, sonst hätte sich meine geleistete Arbeit in den Staub ergossen. Sie präsentieren noch hoch zu Ross stolz ihre Beute. Zum Glück waren sie anscheinend nur jagen. Und haben nicht, wie ich befürchtet habe, jemanden ausgeraubt. Leichtfüßig landen alle auf dem Boden, machen ihre Pferde fest, während ich hier verloren herumstehe. „Hinata, hilfst du uns beim Essen?“ Sakura hat es wohl bemerkt und gibt mir eine Aufgabe der ich gerne nachkomme. So habe ich wenigstens etwas zu tun. Ich weigere mich allerdings die erlegten Tiere anzufassen, ich esse kein Fleisch und möchte es daher auch nicht anfassen. Deswegen knete ich gerade den Teig für das Fladenbrot, sehe mich dabei verstohlen um, beobachte den ein oder anderen. Nach und nach muss ich mir nun ihre Namen merken. Shikamaru ist der Erste, der sich etwas vom Brotteig klaut und sich vorstellt. Er wirkt sehr ruhig, gelangweilt und irgendwie genervt. Ich weiß nicht genau, was ich von ihm halten soll. Danach kommen Gaara und Kankuro gleichzeitig und stellen sich als Temaris Brüder vor. Ich finde nicht, dass sie sich irgendwie ähnlich sehen. Niemals hätte ich sie als Geschwister wahrgenommen, wenn ich es nicht wüsste. Der Braunhaarige, Kiba, den ich vom Sehen schon kenne stellt sich als nächstes kurz zu mir. Er ist angespannt und wahrt auch eine gewisse Distanz. Ob er Angst hat, dass ich wieder Reis-Aus nehme? Dank Sakura weiß ich ja wie er heißt. Doch er stellt sich mir trotzdem kurz vor. Auch seinen Hund, er heißt Akamaru, stellt er mir vor. Während des Beobachtens habe ich schon festgestellt, dass dieser ihm kaum von der Seite weicht. Abermals flackert kurz das Bild des zähnefletschenden Hundes in meinen Erinnerungen auf, hat allerdings keine Gemeinsamkeit mit dem Hund der gerade vor mir steht. Geduldig lässt er sich von mir über den Kopf streicheln ohne eine Spur der Aggression zu zeigen. Als ich fertig bin nehme ich die Tonschüssel mit dem übrig gebliebenen Inhalt und übergebe sie Sakura. Sie wird daraus über dem Feuer die Fladen backen. Kiba und Kankuro sind gerade dabei die Flammen ordentlich zum Lodern zu bringen. Verloren setzte ich mich um die Feuerstelle, wie einige der anderen auch, die gerade nichts zu tun haben. Dabei sehe ich noch ein weiteres Gesicht. Er hat sich mir noch nicht vorgestellt. Allgemein scheint er eine sehr zurückhaltende Persönlichkeit zu besitzen. Ich beobachte auch die anderen. Kiba, der nachdem das Feuer endlich prasselt und knistert sich mit seinem Hund beschäftigt. Gaara und Kankuro unterhalten sich miteinander. Shikamaru hat sich ins Gras gelegt und schaut auf in den blauen Himmel. Choji sitzt weiterhin vor dem Zelt. Es interessiert ihn wenig, dass die anderen wieder da sind. Sakura und Temari kümmern sich noch um das Abendessen. Mein Blick bleibt noch einmal bei Kiba hängen. Er streichelt Akamaru gedankenverloren. Mit meinen Augen wandere ich weiter nach oben, über seinen Oberkörper zu seinem Gesicht. Erschrocken zucke ich zusammen. Er beobachtet mich mit Argusaugen. Scheint sich sogar über meine Reaktion zu amüsieren. Verlegen wende ich den Blick schnell ab, kaue auf meiner Unterlippe. Noch nie bin ich dabei erwischt worden, während ich jemanden angestarrt habe. Ich ziehe meine Beine an und schlinge die Arme darum, starre in die heißen Flammen. Noch einmal zu ihm zu schauen traue ich mich nicht. Stattdessen mache ich mir stumm Vorwürfe. Erst als ich etwas Kaltes an meinem Arm spüre tauche ich aus meinem inneren Monolog auf. Akamaru sitzt neben mir und stupst mich immer wieder an. Automatisch löse ich meine angespannte Haltung um ihm über den Kopf zu streicheln. Noch immer etwas verschüchtert werfe ich Kiba einen Blick zu, doch der nickt nur aufmunternd. Ist das etwa eine Art Versöhnungsversuch? Ein kurzer Seitenblick auf Sakura zeigt mir, dass auch sie uns skeptisch beobachtet. Hechelnd genießt der riesige Hund sichtlich die leichten Berührungen die ich ihm zukommen lasse. Und als er sich langsam niederlässt und sich sogar auf die Seite legt, werde ich etwas mutiger. Kraule ihm lächelnd den Bauch. Sein Fell umschmeichelt weich meine Finger. Kiba pflegt es wohl sehr sorgfältig. Ganz vorsichtig fahre ich von der Schulter abwärts über Akamarus Vorderbein. Spüre die starken Muskeln und auch hier ist das Fell sauber und gepflegt. Ich lächle verträumt. Bei Tekehro habe ich das auch oft gemacht. Bei ihm ist das Muskelspiel jedoch deutlich zu sehen, kein langes Fell versteckt es. Bilder tauchen in meinem Kopf auf. Tekehro, wie er vor mir steht. Seine Vorderbeine aufgeschrammt. Sein Blick voller Schmerz. Entsetzt ziehe ich meine Hand von Akamaru weg, starre Kiba mit Tränen in den Augen an. Was hat er ihm nur angetan? Ohne einen Ton springe ich auf und renne in das Zelt in dem ich bisher untergekommen bin. Ich muss nicht lange warten, bis mir jemand folgt. Idealerweise ist es Kiba. Doch als ich mich umdrehe erkenne ich Sakura vor mir. Sie sieht besorgt aus. „Was verheimlicht ihr zwei mir?“ Ich hole zitternd Luft. Woher weiß sie, dass ich ihr das mit den fehlenden Erinnerungen verheimliche? „Was hat Kiba gemacht, dass du solche Angst vor ihm hast?“ Erleichtert entlasse ich die angehaltene Luft wieder. Sie meint etwas anderes. Doch im Prinzip gehört beides zusammen. Ich erinnere mich in Bezug auf Kiba nur an schreckliche Bilder. Wie soll ich da keine Angst vor ihm haben? Aber wenn ich ehrlich bin, bin ich einfach nur verwirrt und möchte wissen wie es Lee und Tekehro geht. Wenn ich das weiß, werde ich auch bestimmt nicht mehr so überreagieren und Sakura wird es nicht mehr als Angst interpretieren. „I-ich will mit ihm sprechen.“ Wie lange habe ich schon nicht mehr gestottert? Und wieso kommt es ausgerechnet jetzt erneut zurück? Ich schlinge meine Arme schützend um mich. „Das halte ich für keine gute Idee.“ Erstaunt blicke ich sie an. Das ist mir neu. Mir hat noch nie jemand widersprochen. Wie reagiert man auf so eine offensichtliche Zurückweisung? „Bitte?!“ Verunsichert wird daraus mehr eine Frage als eine Aufforderung. Es scheint dennoch zu wirken. Die Pinkhaarige wirkt kurz nachdenklich ehe sie nickt. „Na gut.“ Widerwillig geht sie nach draußen, holt Kiba. Er wirkt wie ein geprügelter Hund, als er nach Sakura eintritt. Schuldbewusst starrt er stur gen Boden. „Kann ich alleine mit ihm reden?“, frage ich leise, nachdem Sakura keine Anstalten macht zu gehen. Im gleichen Moment kommt mir etwas in den Sinn. ´Er ist der Anführer´ Das hat sie doch vor ein paar Tagen gesagt, wo ich sie ausgefragt habe. Wieso verhalten sie sich dann gerade genau anders herum? „Ich warte draußen.“, murrt Sakura, nachdem sie uns beide mit langen Blicken bedacht hatte und verlässt das Zelt. „Was habt ihr mit Lee gemacht? Habt ihr ihn…“ Ich breche ab. Das kann ich nicht aussprechen. Und Kibas erschrockener Ausdruck beruhigt mich, als er versteht was ich zu sagen versucht habe. „Nein! Wir bringen doch niemanden um!“, entrüstet er sich. „Wir haben ihn niedergeschlagen. Außer ein paar Stunden Bewusstlosigkeit und einem brummenden Schädel dürfte ihm nichts fehlen.“ Beruhigt schließe ich kurz meine Augen. Lee geht es gut. Und Tekehro? „Und mein Pferd?“ Kiba lacht verächtlich auf. „Dieses Biest? Keine Ahnung. Ich wollte mir sein Bein anschauen, aber es hat nur nach mir getreten. Wir mussten dem Gaul sogar die Beine fesseln, damit wir abhauen konnten.“ Erneut treten mir Tränen in die Augen. Die Erinnerungsfetzen sind also wahr. Seine Beine sind verletzt und jetzt liegt er gefesselt auf dem kalten Waldboden. Und Kiba zeigt überhaupt kein Mitgefühl, es lässt ihn kalt. Mein Anblick scheint jedoch nicht einfach so an ihm vorbei zu gehen. „Keine Sorge. Wir haben deinen Aufpasser ganz in der Nähe abgelegt. Er wird dein Pferd gefunden und befreit haben.“ Er zuckt gelassen mit den Schultern, als ob das alles nicht so schlimm wäre. „Das heißt beide überleben?“, vergewissere ich mich leise. „Natürlich. Wie gesagt, wir bringen niemanden um.“ Seine Stimme ist besänftigend und ich akzeptiere das. „Und warum entführt ihr mich?“ Sein aufrichtiges Lächeln macht mich stutzig. „Wir wollen dir die Möglichkeit auf ein neues, freies Leben geben.“ Auf meinen ratlosen Blick hin redet er weiter. „Kommen dir ein paar der anderen nicht bekannt vor?“, fragt er mich, ich schüttele verneinend den Kopf. „Gaara, Shikamaru und Shino sind wie du. Sie sind Würdenträger und wollten es nicht sein.“ Er macht eine Pause, vielleicht wartet er auf eine Reaktion meinerseits. Nachdem ich nichts erwidere redet er weiter. „Wir haben dich lange beobachtet. Eigentlich wollten wir dich schon vor zwei, drei Jahren zu uns holen, aber du warst auf einmal sehr lange weg. Auf keinem Anlass mehr, hast keinen Ausritt mehr gemacht. Auch danach warst du sehr selten außerhalb und immer gut bewacht. Und dieser Blonde macht seine Sache wirklich gut. Seit er für deine Leibgarde zuständig ist bist du nicht mehr alleine. Deine Ausritte sind besser geplant, jedes Mal ein anderer Weg und so gut wie immer auf offenem Feld. Und euch im Wald zu folgen ist fast unmöglich. Es war reiner Zufall die Stelle zu finden, zu der ihr immer reitet. Und der einzige Ort der konstant bleibt.“ Aufmerksam folge ich seinen Erklärungen. „Ihr plant das schon seit Jahren?“ Das schockiert mich. Gibt mir gleichzeitig auch die Erkenntnis, hier wohl nie wieder weg zu kommen. „Es ist nicht einfach an Thronerben heranzukommen. Sie werden gut bewacht. Aber jetzt bist du ja hier. Es wird dir gefallen.“ Er grinst von Ohr zu Ohr. „Warum glaubst du das?“ Wie kann er nur so naiv sein? „Die anderen sind auch alle geblieben. Haben sogar noch andere überredet zu bleiben. Sprich am besten mal mit Gaara und Shikamaru. Und jetzt komm, es gibt bestimmt schon essen und ich habe einen Bärenhunger.“ Er lässt mich stehen und geht zurück zum Lagerfeuer. Und tatsächlich sitzen bereits alle ringsherum und essen in gemütlicher Runde. Kiba schnappt sich einen Stock auf dem ein Stück Fleisch über dem Feuer gebraten wird, sowie ein Stück Brot und macht es sich auf dem Boden bequem. Zögerlich lasse ich mich auch nieder. Zwischen Sakura und Temari. Lächelnd hält mir die Blonde ebenfalls ein Stück Fleisch hin, welches ich misstrauisch ablehne. Nur etwas Brot nehme ich aus einem anderen Gefäß. Lautstark erzählen die Männer über ihren heutigen Ritt, die Missgeschicke bei der Jagd, lustige Anekdoten. Selbst ich muss dabei schmunzeln. Wir sitzen lange hier. Das Feuer wärmt uns angenehm und die Gesprächsthemen reißen nicht ab. Ich beobachte nun besonders Shikamaru und Gaara. Shino musste der Stille sein, der sich mir noch nicht persönlich vorgestellt hatte. Auch ihn beobachte ich. Sie sind wie ich. Wurden ebenfalls entführt. Bleiben jedoch freiwillig hier. Und nachdem Gaaras Geschwister hier sind, sind das anscheinend diejenigen die auf seinen Wunsch geblieben sind. Kankuro und Temari, auch sie sehen glücklich aus und fühlen sich wohl. Vor allem Temari. Sie lehnt vertrauensvoll an Shikamaru, der einen Arm um sie gelegt hat. Sie gehören eindeutig zusammen, auch wenn nichts weiter darauf hindeutet. Ich versuche nicht weiter jemanden anzustarren, lausche lieber aufmerksam den Geschichten die kundgegeben werden. Erst als die Asche nur noch vor sich hin glimmt, es muss schon kurz vor Mitternacht sein, löst die Gruppe sich auf. Sakura nimmt mich mit sich in ein anderes Zelt. Hier stehen in einigem Abstand zueinander drei Liegestätten. Zwischen jeder eine kleine Abtrennung um für ein wenig Privatsphäre zu sorgen. Hier schlafe ich ab sofort. Ich erkenne schnell, welche bereits belegt sind und welche nicht. Mir gehört wohl nun die mittlere Matratze. Dort liegt fein säuberlich eine zusammengefaltete Decke und noch keinerlei persönliche Habe. Das sammelt sich anscheinend erst im Laufe der Zeit an. „Ich habe dir ein paar Kleidungsstücke von mir hingelegt. Damit du was zum Wechseln hast. Kiba wird dir in nächster Zeit aber bestimmt etwas Eigenes besorgen.“ Sie tritt an eine Art Kommode und zieht die oberste Schublade auf. „Deine Sachen sind in der Untersten.“, erklärt sie, holt dabei eine bequem aussehende lange Hose und ein langes Shirt heraus. Nachdem sie die Schublade wieder geschlossen hat zieht sie sich ohne Scham ihr Shirt über den Kopf. Verlegen sehe ich weg. „Du brauchst dich nicht zu zieren. Die Jungs kommen hier nicht rein und Temari und ich kennen das schon. Wenn es dir aber zu unangenehm sein sollte, kannst du natürlich hinter die Abtrennung gehen.“ Ich werde rot. Sie hat es bemerkt. Natürlich ist es mir unangenehm. Ich habe mich noch vor niemandem ausgezogen. Geduldig warte ich bis sie fertig ist und sich auf ihr Bett setzt. Erst dann hebe ich meinen Blick und gehe neugierig auf die Kommode zu. Was sie mir wohl abgegeben hat? Ich ziehe mein Schubfach auf und werfe einen Blick hinein. Ich erkenne zwei Ausfertigungen von Unterkleidung, eine Hose wie Sakura sie sich gerade angezogen hat, und ebenfalls ein langes Shirt. Dazu noch eine lange schwarze Hose für den Tag, ein ärmelloses Shirt und eine graue Jacke. Sie sieht warm aus. Ich greife mir die Schlafhose und das Schlafshirt, sowie die Jacke. Mit diesen Sachen gehe ich zu der Abtrennung, stelle mich dahinter. Noch kann ich mich nicht vor ihr ausziehen. Vielleicht kommt das mit der Zeit. Ungeschickt ziehe ich mich auf dem engen Raum um. Die Kleidung vom Tag lege ich ordentlich zusammen neben das Bett. Sakura hat sich in der Zwischenzeit bereits hingelegt, ich tue es ihr gleich. „Gute Nacht.“, wünscht mir Sakura, pustet dann die kleine Öllampe aus, die sie mitgenommen hatte. „Was ist mit Temari?“, frage ich verwirrt. Sie ist noch nicht da, wird sie im Dunkeln ins Bett finden? „Die wird heute bei Shikamaru schlafen.“, werde ich aufgeklärt. Ich lächle. Es ist so schön neben jemandem zu liegen, denke dabei an Naruto. Ob er vielleicht auch gerade an mich denkt? Sich eventuell sogar Sorgen macht? Mir kommt unser letzter Abend in den Sinn. Seine zärtlichen Berührungen, unser Kuss. Und mit dem Gefühl ihn wirklich spüren zu können, wünsche auch ich Sakura eine `Gute Nacht´ und schließe meine Augen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)