Kaufhausheld von Storyteller_Inc (Weblog-Challenge Februar '16) ================================================================================ One Shot -------- Suchend sah er sich um. Um zwei vorm Bahnhof, hatten sie ausgemacht. Gut und schön, pünktlich war er schon einmal. Jetzt musste er sie nur noch finden. „Shizuku-chan!“, rief er aus und hob den Arm, als er sie gefunden hatte. Wild winkend eilte er auf das Mädchen zu. „Yo, da bin ich. Der Held des Tages betritt die Bühne!“ „Ah, Leo-kun!“ Lächelnd sah sie auf und drehte sich ihm zu. Heute trug sie ein weißes Kleid mit gelber Strickjacke, was gut an ihr aussah. In ihrem langen, rosafarbenen Haar zierte eine geflochtene Strähne, wie ihm sofort auffiel. Sie lachte kurz. „Du bist voller Energie, wie immer. Das ist gut, nicht?“ „Selbstverständlich“, euphorierte er und nickte bekräftigend. „Wie sagt man so schön: »Ein guter Tag beginnt mit der richtigen Einstellung.« Nicht wahr, Shizuku-chan?“ „Hihi. Ja, da hast du recht.“ Sie erwiderte sein Grinsen mit einem leisen Kichern. „Also, wohin geht es? Shoppingmall? Elektroland? Hoffentlich nicht in ein Dessous-Geschäft.“ „Ähm, nein, eigentlich“, begann sie zu stammeln. „Ich brauche etwas für meine Freundin Mikoto-chan zum Geburtstag. Und Shampoo für mich. Und etwas für Kei-chan, worüber er sich freuen würde.“ „Hm. Verstehe, verstehe.“ Mehrmals nickte er. „Ein Großeinkauf also, ich verstehe. Das wird nicht einfach. Du hast dir viel vorgenommen, Shizuku-chan.“ „Ach ja?“, fragte sie und legte den Kopf seitlich. „Oh ja. Es ist nicht einfach, etwas für Kei zu finden. Glaub mir, das weiß ich aus erster Hand. Dabei brauchst du unbedingt meine Hilfe.“ Sein ernster Ausdruck wich einem neuen verschmitzten Grinsen, als er sie ansah. „Ist das der Grund, wieso du mich gefragt hast?“ „Uhm. Also eigentlich … hatte ich Kei-chan gefragt, mitzukommen“, gestand sie zögerlich. Ein vorsichtiges Lächeln folgte. „Aber er kann heute nicht. Er hat gesagt, dass ich dich fragen soll.“ „Waaas?“, stieß er gestreckt aus. Niedergeschlagen ließ er die Schultern nach vorn fallen und senkte den Kopf. „Heißt das, ich bin nur Keis Ersatz? Ah, tu mir das nicht an, Shizuku-chan! Womit habe ich das nur verdient?“ „Tut mir leid, Leo-kun.“ „Ist es wegen neulich? Ich habe doch nur ‘nen kleinen Aussetzer gehabt.“ „Leo-kun … ich …“ „Die anderen sind jetzt in der Innenwelt.“ Er stieß ein langes Stöhnen aus. Indem er die Schultern straffte, richtete er sich gerade und winkelte entschieden den Arm. „Na schön. Wenn die anderen mich nicht dabeihaben wollen, werden sie schon sehen, was sie davon haben. Ich werde eben nicht da sein, um ihnen wieder aus der Patsche zu helfen. Machen wir uns einen schönen Tag, ja, Shizuku-chan?“ „Du bist mir also nicht böse?“ „Wie kommst du nur darauf?“, entgegnete er breit strahlend. „Du hast mich gefragt, egal aus welchen Gründen. Und ich habe versprochen, dass ich mitkommen werde. Ein wahrer Held ist immer zur Stelle, wenn er gebraucht wird. Lass uns gehen, okay?“ Sie atmete erleichtert aus, bevor sie nickte. „Okay.“   Das Einkaufscenter von Amamiya war gut besucht. Familien unternahmen einen Shoppingausflug und Pärchen trafen sich auf ein Date. Das bunte Treiben war alltäglich. Genau die richtige Auszeit von finsteren Dungeons und skurrilen Monstern, wie Leo sie gebrauchen konnte. „Was steht als Nächstes auf der Liste?“ „Also …“ Prüfend entfaltete Shizuku den kleinen Zettel, den sie in ihrer Hand hielt. „Schulmappen und Buntstifte. Kei-chan hat gesagt, dass ich welche brauche.“ „Kei hat das gesagt? Er kennt deine Schulmaterialien wohl besser als du selbst.“ Sie lächelte verlegen. „Neulich hat er mich daran erinnert, dass ich einen neuen Taschenrechner brauche. Meiner ist mir heruntergefallen und ist kaputt gegangen.“ „Er ist wirklich sehr aufmerksam, wenn es um dich geht“, bemerkte er. Kurz überdachte er es, bevor er breit grinsend zu ihr heruntersah. „Oder er weiß nur, dass du sehr schusselig sein kannst.“ „Ja, das wird es sein! … Moment, was soll das heißen?“ „Ah, nichts, nichts! Ähm … dann gehen wir am besten in den Schreibwarenladen. Der ist unten. Wobei, hast du gewusst, dass man diese Dinge online besser bekommt? Du könntest sie mit einem süßen Aufdruck ordern und meist gibt es dazu ein Extra.“ Während er großzügig ausholte, welche Vorteile das Onlineshopping brachte, nahmen sie die Rolltreppe. Zu dieser Zeit war im Center hoher Betrieb. Menschen schoben sich aneinander vorbei und hatten es eilig, von einem Geschäft ins nächste zu kommen. „Ah!“ „Vorsicht!“ Shizukus heller Ausruf ließ Leo schnell reagieren. Gerade noch rechtzeitig streckte er seinen linken Arm aus und bekam sie an der Taille zu fassen, bevor sie die gerillten Stufen hinunterfallen konnte. Eisern hielt er sie fest und drückte sie an sich, dem ruppigen Jungspund ein verärgertes „Pass doch auf, Idiot!“ nachrufend. „Wow, Leo-kun. Du hast mich gerettet!“ „Hm?“ Fragend sah er das Mädchen an, das vorn über seinem Arm hing. Mit der freien Hand fasste er sich an den Hinterkopf und lachte verlegen. „Ach das, ich … Ich habe nur gute Reflexe.“ „Und du bist echt stark, nicht?“ „Hm? Schätze schon, aber wie kommst du …?“ Da erst bemerkte er es. Shizuku hing über seinem Arm. Ihre Füße berührten nicht den Boden. Sie hing da wie eine Regenjacke, die er sich flüchtig übergeworfen hatte. Als trüge sie keinerlei Gewicht. „Cool, nicht? Dein MIND macht dich echt stark. Er hat dir geholfen, mich zu retten.“ „Was? Nein, was redest du da? Das war ich! Ich ganz allein.“ Er setzte sie behutsam neben sich ab. Prüfend hob er den Arm und musterte ihn ausgiebig. Deutlich erkannte er die blaue Farbe und die Pranke mit den roten Klauen. Der Arm eines Dämons, seines MINDs. Er konnte spüren, wie die Kraft ihn durchströmte wie das Blut, das durch seine Adern floss. „Außerdem, rede bitte nicht darüber. Du weißt …“ „Ja, ich weiß“, sagte sie süßlich. In einer heimlichtuenden Geste legte sie sich den Finger auf die Lippen und lächelte ihn an. „Kein Wort, ja?“ „Menno“, murmelte Leo und seufzte. „Da bin ich einmal ein Held und man rechnet es mir nicht zu. Wieso müssen immer andere dafür abkassieren? Das ist nicht fair.“ „Aber du bist doch mein Held?“, blinzelte Shizuku zu ihm hoch. Ihr Gesicht erhellte sich in kindlicher Bewunderung. „Mein Kaufhausheld. Und stark!“ „Kaufhausheld?“ Skeptisch legte er die Stirn in Falten. „Das klingt aber nicht wirklich cool. Wie wäre es mit ‚Retter der Damen‘ oder ‚Rächer der Gestoßenen‘? Hm … Leo, Beschützer der Kleinen und Schwachen im Namen der Gerechtigkeit! Das klingt cool, findest du nicht?“ „Hm, das ist aber lang“, zweifelte Shizuku. „Außerdem stimmt es doch. Du hast mich ins Kaufhaus begleitet und mich beschützt. Du hast mir geholfen und mich gerettet. Du bist mein Kaufhausheld.“ „Shizuku-chan …“ Leo war nicht zufrieden. Lang sah er ihr in die Augen, die voller Überzeugung waren. Er seufzte geschlagen. „War ich denn cool?“ „Ja! Wie ein richtiger Held.“ „Und stark?“ „Mhm.“ Sie nickte kräftig. „Na gut. Weil du es bist … bin ich eben dein Kaufhausheld.“ „Der Größte, den es gibt!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)