New Ragnarök von Kiewara (Die Sage wird Realität) ================================================================================ Es war dunkel als wir ankamen. Wir, mein Bruder und ich, die Söhne von Fenrir und Gyge, geboren und gekommen um das zu tun, was uns als Aufgebe prophezeit wurde. "Ich bin ein Sohn der Riesin Gyge, ich werde mich nicht zu dieser minderwertigen Gestalt Mensch ordnen.", schrie mein Bruder. Ich hörte seine Stimme ganz klar in meinem Kopf. "So sagen wir es, so tust du es.", donnerte der Befehl eines Riesen hinterher. Mein Bruder jaulte vor Schmerzen, löste den Widerstand aus seinem Körper und ließ seine Knochen knacken, seine Muskeln spannen und verschwinden und innerhalb wenigen Sekunden verwandelte er sich ebenfalls in einen Menschen. Angewidert musterte er mich. "Scheußlich sehen wir aus. Unsere Leiber ohne Schutz und Schönheit.", seine Stimme war immer noch ein halbes Knurren. Ich lächelte ihn an und warf ihm einen Stapel Klamotten entgegen. Mir war die Menschlichkeit schon eine Weile vertraut, da ich die Schönheit der Menschenwelt kannte und schätzte, mein Bruder Hati hingegen verabscheute die Welt so sehr wie unsere Eltern. Sofort sprang er in Kampfposition, da ein zähnzeigender Wolf eine Bedrohung darstellte. Ruhig ging ich, Skalli, auf ihn zu, streichelte ihm über seinen Kopf und nahm mit der anderen Hand seine. Und so gingen wir in das Leben, das uns eigentlich vergönnt bleiben sollte. "Woher kommt ihr denn?" "Wie alt seid ihr?" "Was bedeuten eure Namen?" "Habt ihr eine Freundin?" "Seid ihr Zwillinge?" So viele Stimmen, so viele Fragen. Ich spürte, wie Hati Kopfschmerzen bekam. Ich hingegen begann es zu genießen. Der Schuldirektor hatte uns persönlich begrüßt und unserer neuen Klassenlehrerin übergeben. Diese stellte uns rasch der Klasse vor und nun, wo die pause eingetroffen war, überschwemmten sie uns mit Fragen. Ich setzte mein Lachen auf und beantwortete die Fragen geduldig: "Wir kommen aus Norwegen, aus einer kleinen Stadt nahe eines Waldes." erklärte ich "Genauer gesagt wurden wir in dem skandinavischen Wald Jarnwid geboren.", verschwieg ich jedoch. "Wir sind 17 Jahre." "Unsere menschlichen Hüllen genauer gesagt. Geboren wurden wir jedoch schon lange vor Christi" "Die Namen wurden uns traditionell von unseren Großvätern vererbt." Dies war eine Lüge, aber ich wusste, dass das manche Menschen wohl wirklich machten. Für die nächste Frage lachte ich noch mehr: "Nein, wir beide sind noch verfügbar.", ich zwinkerte zu den Mädchen, die sich um uns sammelten und erntete Gekreische. "Und ja, wir sind zweieiige Zwillinge" Zweiteres stimmte wirklich, ersteres konnte ich anders nicht behaupten. Unsere menschlichen Hüllen sahen verschieden aus. Hati war braun gebrannt, hatte dunkelbraune Augen und strohblondes Haar, welches er kurz geschnitten hatte. Ich hingegen war blass, meine dunkelbraunen Haare waren länger, zeigten in alle Richtungen und meine blauen Augen und roten Lippen ließen mich unwirklicher erscheinen. Bald schon zogen sich unsere neuen Mitschüler zurück, doch die Blicke ruhten weiterhin auf uns. Hati versteckte seinen Unmut nicht, oder merkte nur ich, wie angewidert er war? Ich schickte ihm einen Gedanken: "Das hier ist unsere Aufgabe, erfülle sie so, wie sie verlangt wurde." Der erste Schultag ging rasch vorbei. Hati war nach der dritten Stunde verschwunden. Lehrern und Schülern sagte ich, ihm würde es nicht gut gehen, da er sehr schüchtern sei und von neuen Situationen Bauchschmerzen bekäme. Die Sonne ruhte auf meiner Haut, wie sehr ich sie doch hasste, der Wind stach wütend durch mein Haar. Ich würde mich rechen. Ob der Krieg wohl schon ausgebrochen war? Und wie lange ich noch warten müsste? Ich hörte etwas nach Luft hohlen, ein Schluchzen. Instinktiv lief ich dem Geräusch hinterher. Und da saß sie. Einsam mit einer Klinge in ihrer Hand, einem blutüberströmten Arm, ihren Kopf an der Wand lehnend. Ich ging auf das weinende Mädchen zu, bückte mich zu ihr hinunter und sah sie an. "Verpiss dich.", sagte sie böse. Ich jedoch antwortete nicht, fischte ein Taschentuch aus meiner Jackentasche und wickelte es um ihren Arm. Erst wollte sie sich herauswinden, dann ließ sie es sich gefallen. Und als ich in ihre Augen sah, wusste ich, das der Krieg schon lange vorbei war und die Eiszeit bald vorbei. Das Herz dieser Menschen war kalt und vereist. Es wird nicht schwierig werden die Menschen zu vernichten. Sie sah mich mit klugen Augen an und sagte: "Du musst das nicht tun." Fragend sah ich sie an. "Dein Leben lang bist du mit dem Strom eingeflossen, hast das getan was andere dir sagten, aber du musst das nicht tun." "Was soll ich dann tun? Hinter der Schule sitzen und mir das Fleisch aufschneiden?" Sie überspielte ihren Schmerz, den ich mit diesen Worten in ihr ausgelöst hatte, gekonnt mit einem Lächeln. "Wehre dich.", sagte sie. Diese zwei Worte rauschten mir durch den Kopf, während ich begann die Sonne zu jagen. Ich hetzte sie als Wolf Skalli bis zu unser beider Erschöpfung. Mein durch die Sonnenstrahlen zerfetztes Fleisch brennt und meine Augen erkennen nichts mehr. Doch es ist meine Bestimmung. Wehre dich. Ein dummer Mensch ist sie. Oder? Ich fand sie wieder hinter der Schule - ihre Arme waren vernarbt aber keine weitere Wunde wurde hinzugefügt - als die Sterne auf die Erde fielen. Wir sahen sie nicht, aber die Erde fing an zu beben. Sie schrie vor Schreck als das Schulgebäude einstürzte Es brach unter der bebenden Erde und versuchte das Mädchen zu begraben. Ihre Augen, ihre Worte... ich konnte das nicht. Ohne nachzudenken, schützte mein Körper ihren und ich sah, wie ihre glänzenden Augen mich fassungslos musterten. "Was bist du?", fragte sie verwirrt. Ich wollte ihr antworten, aber nur ein animalisches Schnauben brach den Lärm der sterbenden Erde. Ich bin der Wolf Skalli. Ich bin ein Sagenwesen und ich werde mich nicht meinem Schicksal beugen. Ich spüre, wie sich ihre Hand in meinem Fell vergräbt. "Ich will dir Helfen.", flüstert sie. Die Welt wird dunkel, sie stirbt. Ragnarök hat schon begonnen, doch wer sagt, dass es so auch laufen muss, wie es die Sage verspricht? Wer sagt, man soll sich dem Schicksal beugen? Ich ziehe in den Krieg. Mit ihr.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)