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Stormpaw's Destiny

Warrior Cats - New Clans, New Stories
von

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Die Blattfrische verdrängte endgültig die Blattleere und ihr folgte die Blattgrüne. Der Juli brach heran. Die Temperaturen waren angenehm und Frischbeute war im Überfluss vorhanden. Noch ein, zwei Monde und die Blattgrüne würde die sommerliche Hitze in voller Stärke mit sich bringen – genau dann, wenn die Krieger vom Heiligen Berg ihre Heimat endgültig verlassen würden.

Zwei ganze Monde hatten sie beim SeelenClan verbracht, doch nun brach eine Veränderung heran.

Rauchsturm war endlich vollständig genesen.

Sie saßen auf der Spitze des Bergkamms, blickten hinunter auf das Tal mit dem See, auf dessen Oberfläche sich der Sonnenaufgang spiegelte.

Lichtblut nickte ihnen ein letztes Mal aufmunternd zu. „Eure Zeit ist gekommen. Möge der SternenClan euch auf allen Wegen behüten. Wir werden jeden Tag auf eure Rückkehr warten, damit alle fünf Clans endlich wieder vereint sein können.“ Sie pausierte kurz, ehe sie fortfuhr: „Ich sehe vier tapfere Krieger vor mir. Sturmherz, in dir steckt das Herz eines wahren Anführers. Schneewolke, in deinem Herz schlägt die Liebe in voller Stärke. Hummelschatten, in deinem Herzen haben Loyalität und Freundschaft einen besonderen Platz. Und Rauchsturm, in deiner Brust schlagen zwei Herzen, das eines Kriegers und das eines Heilers.“ Wieder pausierte sie für einen Moment. „Ich kann euer Schicksal vor mir sehen, doch ihr müsst euren Weg alleine finden. Geht nun und kehrt wohlbehalten zurück.“

„Wir danken dem SeelenClan für seine Gastfreundschaft.“ Sturmherz verneigte höflich den Kopf vor der Heilerin. Schneewolke, Rauchsturm und Hummelschatten folgten seinem Beispiel. „Dann wenn die Blattgrüne am stärksten ist, werden wir uns wiedersehen.“

Lichtblut wartete nicht, bis sie losgingen, sondern drehte ihnen den Rücken zu, um sich an den Abstieg zu machen.

Zeitgleich drehten auch sie sich um und steuerten in Richtung Süden, wo irgendwo der Fluss mit dem Wasserfall auf sie wartete.

Schneewolke und Sturmherz liefen Seite an Seite. Dahinter folgten Hummelschatten und Rauchsturm – und dahinter vier Krieger aus dem SeelenClan, die Lichtblut ihnen zur Seite gestellt hatte: Seestein, Graszunge, Minzläufer und Blaufeder. Sie alle hatten sich freiwillig gemeldet und im Laufe der letzten zwei Monde war zwischen ihnen ein Band der Freundschaft entstanden.

Einen weiteren Mond lang würden sie unterwegs sein, ehe sie den Heiligen Berg wieder erreichten. Vier Monde waren sie dann von ihren Clans getrennt. Vier Monde, in denen sich viel verändert haben konnte. Die Junge aus dem ErdClan und dem LuftClan konnten bereits Schüler sein und Fleckennases Junge würden bei ihrer Rückkehr etwa drei Monde alt sein. Sie würden Sturmherz gar nicht als ihren Zweiten Anführer erkennen. Und ging es Falkenherz und Schneeflügel, den Ältesten, weiterhin gut? Fragen über Fragen – und Sturmherz sehnte sich nach seinem Clan und den Antworten.
 

***
 

„Wenn wir einen Anführer hätten, wäre das wohl Bisonmähne“, spekulierte Minzläufer nachdenklich. Während der ersten Woche ihrer gemeinsamen Reise hatten sie sich zunächst viel unterhalten, doch von Tag zu Tag verfielen sie stärker in einen schweigsamen Gleichschritt. „Und er würde Goldstreif zu seinem Zweiten Anführer ernennen, damit sie gemeinsam über alles entscheiden können. Wobei ich finde, dass unser guter Seestein hier auch einen ausgezeichneten Zweiten Anführer abgeben würde.“

Seestein brummte belustigt. „Ich? Nein, das ist nichts für mich.“

„Dir fehlen lediglich die Ambitionen“, stimmte Blaufeder mit ein. „Aber Minzläufer hat Recht, alle im SeelenClan vertrauen dir und kommen gut mit dir aus. Du warst noch nie in Streitereien verwickelt.“

„Weil ich mich aus dem Privatleben der anderen raushalte.“

„Weil du ein guter Zweiter Anführer wärst“, beharrte Blaufeder.

Wieder brummte Seestein vor sich hin. „Fragen wir doch lieber unseren richtigen Zweiten Anführer, was er davon hält. Sturmherz?“

„Hm?“ Sturmherz drehte zuerst seine Ohren mit den kleinen Pinseln, dann den ganzen Kopf zu den Kriegern aus dem SeelenClan um. „Oh. Ich weiß es nicht. Bisonmähne ist sehr autoritär. Es würde ihm gut tun, jemanden zum Ausgleich zu haben, der einen weicheren Charakter hat. Da bist du wirklich die bessere Wahl als Goldstreif.“ Der Name seines Vaters fühlte sich noch immer bitter auf seiner Zunge an.

„Mag sein“, sagte Seestein seufzend. „Aber Goldstreif würde sich mir wohl kaum unterordnen. Ich kann mir sowieso nur schwer vorstellen, dass sich auch Bisonmähne einfach damit abfinden wird, plötzlich einem Anführer vom Heiligen Berg zu gehorchen. Auf Lichtblut hört er, ja, aber sie ist auch die Einzige, die ihn auf dem Boden halten kann. Goldstreif ist nur unwesentlich umgänglicher.“

Wieder versetzte der Name ihm einen Stich.

Goldstreif hatte sich während der vergangenen zwei Monde häufig von Sturmherz ferngehalten. Es war schnell deutlich geworden, dass er kein Interesse daran hatte, eine familiäre Beziehung zu seinem Sohn aufzubauen. Graszunge hatte es mit seinen Kommentaren nicht besser gemacht, denn er hatte Sturmherz erzählt, dass Goldstreif ein Draufgänger war, der zu keiner Liebelei nein sagen konnte und vermutlich noch andernorts bei den Zweibeinern Junge hatte, von denen er nicht einmal etwas wusste. Goldstreif verließ regelmäßig für ausgedehnte Patrouillen das Tal des SeelenClans und trieb sich in der Nähe des Zweibeinerortes herum, um Einzelläufer für den SeelenClan aufzugabeln. Zumindest das würde ein Ende haben, wenn die Clans erst einmal vom Heiligen Berg an den See mit der Otterinsel gezogen waren.

Sturmherz brauchte keinen Vater. Er brauchte nur sich selbst, seinen Clan und seine Freunde. Immer wieder redete er sich das ein und übertönte damit den bohrenden Schmerz der Enttäuschung. Hätte er doch nur niemals erfahren, dass Goldstreif sein Vater war.

Die anderen rissen ihn wieder auf seinen trüben Gedanken. Graszunge gähnte ungehalten. „Was bringt es, darüber zu spekulieren, wer unser Anführer wäre? Der SternenClan hat doch schon längst entschieden, dass wir uns den Clans vom Heiligen Berg anschließen müssen. Silberstern, Schwarzstern, Wacholderstern und Löwenzahnstern, die vier stehen zur Auswahl und keiner von uns aus dem SeelenClan. Fair finde ich das nicht.“

Minzläufer wiegte nachdenklich seinen Kopf hin und her. „Stimmt. Es sollten die vier Anführer werden, die von allen fünf Clans akzeptiert werden können. Aber das sehen wir, wenn es soweit ist. Wenn die Clans vom Heiligen Berg zu uns an den See kommen, wird jeder einzelne frei entscheiden können, wem er sich anschließen möchte.“

Blaufeder nickte. „Auf diese Weise vermischt sich das Blut aller Clans und Seelenstern kann endlich im SternenClan seinen endgültigen Frieden finden. Ich vertraue darauf, dass Lichtblut weiß, was zu tun ist.“

„Sie wäre auch eine gute Anführerin“, kommentierte Graszunge aus dem Hintergrund. „Sie ist alt und weise. Aber Heiler stehen ja leider nicht zur Auswahl.“

„Alt und weise und störrisch und kauzig“, witzelte Hummelschatten. „Aber ich kenne keinen Heiler, der in diesem Alter nicht irgendwelche Eigenarten entwickelt hätte. Selbst Nessellicht fängt schon so an und sie ist definitiv einige Jahre jünger als Lichtblut.“

„So viele Heiler kennst du doch gar nicht.“ Schneewolke schnaubte.

„Ist doch egal.“ Hummelschatten stöhnte genervt auf. „Und hör auf, jedes meiner Worte so genau zu nehmen.“

Sie verzog das Maul zu einer Grimasse, doch aus den Augenwinkeln konnte Sturmherz genau erkennen, dass in ihren Augen der Schalk aufblitzte.
 

***
 

Eine weitere Woche näherte sich dem Ende, was bedeutete, dass sie die halbe Strecke hinter sich gebracht hatten. Seit zwei, drei Tagen liefen sie am Ufer flussaufwärts, nachdem sie den Fluss an einer flachen Stelle überquert haten, und warteten darauf, dass der Wasserfall in Sicht kam, der damals Rauchsturm zum Verhängnis geworden war. Es konnte nicht mehr lange dauern.

Rauchsturms Schwanz zuckte bei der Erinnerung an seinen Sturz und das folgende Martyrium unruhig umher. „Ich bin froh, wenn wir wieder zu Hause sind. Wobei es mir schon reicht, wenn wir diesen blöden Fluss hinter uns haben.“

Schneewolke seufzte mitfühlend. „Bald, Rauchsturm. Diese Gegend kommt mir schon bekannt vor. Vielleicht noch einen halben Tag.“

„Weniger, wette ich“, sagte Hummelschatten sofort. „Bis Sonnenhoch sind wir da.“

„Ich wette nicht mit dir.“

„Weil du eine Spaßbremse bist.“

Schneewolke knurrte ihn leise an, doch Hummelschatten lachte nur und lief einige Schritte voraus. „Ich bin keine Spaßbremse“, konstatierte Schneewolke beleidigt. „Man kann viel Spaß mit mir haben. Ich bin lediglich ein Freund von niveauvoller Unterhaltung. Deine unterirdischen Späße kannst du dir sparen.“

„Ach komm schon, das meinst du doch gar nicht so.“ Wieder keckerte Hummelschatten amüsiert und tänzelte vor ihnen herum.

Sturmherz konnte sich ein leises Hüsteln nicht verkneifen. Zu Beginn ihrer Reise hatte er noch gedacht, dass Schneewolke und Hummelschatten sich gegenseitig das Fell über die Ohren ziehen würden, doch im Laufe der Zeit waren sie immer enger zusammengewachsen. Aus ihnen waren enge Freunde gewesen und so unterschiedlich sie auch sein mochten, jeder akzeptierte die anderen mit allen Eigenarten. Sogar Schneewolke lachte dann und wann über Hummelschattens Späße, auch wenn sie die meiste Zeit über so tat, als wäre sie über seinen Humor erhaben.

Rauchsturm schnalzte mit der Zunge. „Dass ihr euch immer wieder miteinander anlegen müsst.“ In seinen Worten schwang kein Tadel mit, lediglich eine Feststellung. „Ich bin froh, dass uns der SternenClan gemeinsam auf diese Reise geschickt hat, denn so konnten wir lernen, dass alle Clans zusammenarbeiten können. Egal wie verschieden wir sind, am Ende halten wir zusammen.“ Der junge Heiler sah zufrieden aus. „Ich bin sehr froh, wenn wir wieder am Heiligen Berg sind. Es wird Zeit, dass wir wieder mit unseren Clans vereint sind.“

Sturmherz merkte, wie alleine die Vorstellung, den Heiligen Berg zu erreichen, dafür sorgte, dass ihre Pfoten zu schweben schienen. Es war, als würden sie wie von selbst laufen. Aber sagte man nicht sowieso immer, dass ein Rückweg schneller verging als ein Hinweg? Auch ihn beflügelte der Gedanke an den FeuerClan, seine Freunde und Schwarzstern. Was sein Anführer wohl dazu sagen würde, dass sie das riesige Tal mit dem großen See gefunden hatten? Und dass seine Eltern es ebenfalls bis dahin geschafft hatten? Leider waren Schlangentöter und Silbermelodie bereits verstorben, doch die Gewissheit, dass seine Eltern nicht in der Wildnis ums Leben gekommen waren, beruhigte Schwarzstern mit Sicherheit. Außerdem würde er seine Brüder kennen lernen.

Sie liefen weiter, bis das Rauschen des Wasserfalls zu hören war. Zunächst nur ein leises Gluckern in weiter Ferne, dann immer lauter, bis auch das Wasser neben ihnen unruhiger wurde. Hummelschatten lief siegessicher voraus, Sturmherz und die anderen folgten ihm. Sie wollten bis zum Wasserfall, dann parallel dazu weiter laufen und den Höhenunterschied an einer angenehmeren Stelle überwinden als beim letzten Mal.

„Ich kann ihn schon sehen!“, rief Hummelschatten ihnen über die Schulter zu.

Sturmherz beschleunigte seinen Schritt, überholte Hummelschatten, brach durch die Baumreihen hindurch.

Wie aus dem Nichts lag der Wasserfall in all seiner tödlichen Schönheit vor ihm, brüllte ihnen entgegen, dass sie die Hälfte der Strecke bereits geschafft hatten.

Aus dem Augenwinkel glaubte er Flohnacken dort oben sitzen zu sehen, doch als er genauer nachschauen wollte, war die schattige Gestalt bereits wieder verschwunden. Sturmherz machte sich keine weiteren Gedanken darüber. Flohnacken tat sowieso, was er wollte.

Was jetzt zählte, war einzig und alleine, dass sie möglichst schnell nach Hause kamen.
 

***
 

Keiner wartete auf ihre Rückkehr. Zu acht saßen sie im Halbkreis nur einige Fuchslängen von der gemeinsamen Grenze von WasserClan und FeuerClan entfernt. Es waren anstrengende eineinhalb Wochen gewesen, denn sie hatten ihr Tempo noch einmal erhöht und auf diese Weise eine halbe Woche herausgeschlagen. Doch diese Anstrengung hatte ihre Opfer gefordert.

Sturmherz‘ Pfoten waren wund, seine Beine schmerzten und auch die letzten Fettreserven waren drahtigen, harten Muskeln gewichen, die von seinem langen Fell überdeckt wurden. Hummelschatten sah man diese Veränderung deutlicher an. Aus dem kleinen, leicht rundlichen Kater mit dem frechen Mundwerk war durch die Reise ein geformter Krieger geworden, der genau wusste, dass er sich jederzeit auf seine Gefährten verlassen konnte – und sie sich auf ihn.

„Egal wie das hier enden wird, meine Freundschaft zu euch wird alles andere überstehen“, versicherte er den anderen feierlich. „Es wird nicht leicht für mich werden, dass Wacholderstern mir überhaupt Gehör schenken wird, aber ich gebe mein Bestes.“

„Diese Reise hat uns zusammengeschweißt und das können uns unsere Anführer niemals mehr nehmen“, stimmte auch Rauchsturm zu. Auch er war muskulöser geworden und wirkte nun mehr wie ein Krieger als ein Heiler. „Der SternenClan wollte, dass wir lernen, dass der Zusammenhalt aller Clans wichtiger ist als die Feindseligkeiten, die zwischen uns herrschen. Nur gemeinsam können wir den Heiligen Berg hinter uns lassen und in unsere neue Heimat am See ziehen. Wir werden die Verantwortung dafür tragen, doch das letzte Wort haben unsere Anführer. Ich vertraue darauf, dass sie einsehen, dass es der Wille des SternenClans ist.“

„Hoffen wir, dass diese Einsicht ausreichen wird“, sagte Schneewolke gähnend. Als einzige der auserwählten Krieger hatte sich ihre Figur nicht großartig verändert. Sie sah müde und erschöpft aus, erschöpfter als die anderen, und kämpfte sich jeden einzelnen Schritt vorwärts.

Sturmherz hoffte, dass sie nicht krank wurde und einfach nur ein paar Tage Ruhe brauchte. „Silberstern hat es sich schon einmal fast mit dem SternenClan verscherzt, dieses Risiko wird sie bestimmt kein zweites Mal eingehen wollen. Außerdem ist Dornstachel nicht mehr da. Ich gehe davon aus, dass du gemeinsam mit Muschelzahn gute Chancen haben wirst, sie davon zu überzeugen, den Heiligen Berg endgültig zu verlassen.“

„Und wenn eure Anführer euch nicht glauben, gibt es immer noch uns“, sprach Blaufeder munter.

Seestein, Graszunge und Minzläufer nickten ihr zustimmend zu.

„Es klingt so, dass Silberstern zuerst überzeugt werden sollte“, meinte Seestein. „Deshalb schlage ich vor, dass wir Schneewolke begleiten und anschließend gemeinsam auch die anderen Anführer besuchen. Wenn sie euch kein Gehör schenken, müssen sie es bei uns tun. Eure Heiler werden erkennen, woher wir kommen und dass wir die Wahrheit sagen.“

„Ganz abgesehen davon, dass eure Heiler wissen, worauf es ankommt.“ Graszunge verzog das schlanke Gesicht. „Je schneller wir das hier alles erledigt bekommen, desto eher können wir nach Hause zurückkehren. Ich habe nichts gegen euren Heiligen Berg, aber mir sind das weite Tal und der See lieber.“

Sturmherz blinzelte den SeelenClan-Krieger mitfühlend an. Für sie war das Gebiet rund um den Heiligen Berg fremdes Land. Sie waren nur mit ihnen gegangen, weil Lichtblut sie in weiser Voraussicht darum gebeten hatte. Sie musste geahnt haben, dass die Worte der Clan-Katzen alleine vielleicht nicht ausreichten. Ihre Anführer mussten Vertreter des SeelenClans mit eigenen Augen sehen, um ihnen wirklich zu glauben.

Seufzend stand Rauchsturm auf und streckte nacheinander alle vier Beine. „Wir sind nicht so weit gekommen, um hier sitzen zu bleiben. Morgen Nacht ist Vollmond. Versuchen wir, bis dahin unsere Anführer zu überzeugen. Wir werden uns bei der Versammlung wiedersehen und mit allen Clans besprechen, wie es nun weitergehen soll.“

„Das ist ein guter Plan.“ Schneewolke stand ebenfalls auf, schwankte für einen Augenblick kurz, dann stand sie fest und trabte auf ihre Clangrenze zu. „Wir müssen uns nun voneinander verabschieden.“

Hummelschatten nickte. „Bis zur Versammlung!“ Er zwinkerte ihnen ein letztes Mal keck zu, dann flitzte er los, spurtete über den Waldboden in Richtung des LuftClans. Es dauerte nur wenige Herzschläge, bis Hummelschatten im sattgrünen Dickicht verschwunden war.

Rauchsturm verabschiedete sich mit einem freundlichen Nasenstupser von Sturmherz, ging dann zu Schneewolke und tat dasselbe bei ihr. Doch anstatt sich direkt abzuwenden, tuschelte er einen Moment mit ihr.

Schneewolke verspannte sich. Ihre himmelblauen Augen weiteten sich kurz, dann kniff sie sie zusammen und schüttelte sanft den Kopf.

Rauchsturm verzog das Gesicht, flüsterte ihr wieder etwas zu und drehte sich anschließend von ihr Weg. Er blieb erneut vor Sturmherz stehen, seufzte dann jedoch und schüttelte ebenfalls leicht mit dem Kopf. „Wir sehen uns morgen Nacht wieder. Viel Erfolg mit Schwarzstern.“

„Danke, dir auch viel Erfolg mit Löwenzahnstern.“

Schneewolke schaute Sturmherz aus großen, treuen Augen an. „Da sind wir also.“

„Da sind wir also.“

Sie schien mit sich zu ringen, fand nicht die passenden Abschiedsworte und senkte den Blick. „Sturmherz, ich … Diese Reise … sie hat mir viel bedeutet. Genau wie unsere gemeinsame Zeit.“

Ein sehnsüchtiges Brennen machte sich in seinem Herzen breit. „Schneewolke, ich …“

Sie erwiderte seinen Blick. „Wir … Ich … muss dir etwas sagen. Also …“

Graszunge räusperte sich genervt. „Wir sind auch noch da. Klärt eure privaten Angelegenheiten, wenn wir erledigt haben, wofür wir hier sind.“ Er stapfte an Schneewolke vorbei in das Gebiet des WasserClans hinein. „Geht es hier entlang zu deiner Silberstern?“

Schneewolke blickte ihm verdattert hinterher, hatte sich jedoch schnell wieder unter Kontrolle. Sie warf Sturmherz einen letzten, flüchtigen Blick zu. „Wir müssen morgen bei der Versammlung miteinander reden.“

„Ist gut.“ Er nickte ihr zu. „Ich werde dort auf dich warten.“ Er sah zu, wie Schneewolke mit den vier SeelenClan-Kriegern in ihrem eigenen Clangebiet verschwand, dann schlug er die entgegengesetzte Richtung ein und ließ sich vollkommen von dem Geruch des FeuerClans umfangen.

Endlich wieder zu Hause.

Sturmherz verlangsamte seine aus Gewohnheit schnellen Schritte, atmete bewusst tief durch und sog den Geruch des Waldes tief in seine Lungen. Der FeuerClan hatte ihn aufgenommen, das hier war seine Heimat, aber er musste sie schon bald für immer verlassen. Wenn die Clans hier bleiben würden, würden sie sich nur weiter zerstreiten, was das Ende für die alle bedeuten würde, wenn man dem SternenClan Glauben schenkte. Und wann hatte sich der SternenClan schon einmal geirrt?

Ein Teil von ihm hoffte, dass er auf dem Weg zum Lager vielleicht schon jemandem begegnen würde, doch ein anderer Teil von ihm wollte noch die letzten Minuten der Ruhe genießen. Es war später Abend, aber zu dieser Jahreszeit blieb es vergleichsweise lange hell, weswegen er keine Mühe hatte, seinen Weg zu finden – nicht, dass er es nicht auch problemlos in der Dunkelheit der Nacht gekonnt hätte. Die Patrouillen waren vermutlich schon alle ins Lager zurückgekehrt und seine Clangefährten genossen die Reste der Frischbeute des Tages, während sie sich in kleine Grüppchen zurückzogen, um sich zu putzen und sich miteinander zu unterhalten. Wie Milchkralle, Fleckennase, Flockenpfote und Schwarzstern wohl reagieren würden, wenn sie ihn mitten im Lager auftauchen sahen?

Sturmherz blieb stehen. Sein Herz pochte vor Aufregung, doch wovor hatte er Angst? Der SternenClan hatte ihn auf eine wichtige Mission geschickt. Er hatte seinem Clan gedient, indem er fortgegangen war, dennoch war er sich auf einmal sicher, dass man ihn dafür kritisieren würde. Er war der Zweite Anführer, er hätte beim FeuerClan bleiben sollen, auch wenn es der Wunsch des SternenClans war. Blaukralle würde ihn noch immer nicht respektieren – oder vielleicht doch? Unsicherheit machte sich in ihm breit und er sehnte sich nach Schneewolke, Hummelschatten und Rauchsturm. Sie hatten in den letzten vier Monden so viel miteinander durchgemacht, sodass er sie sich auch jetzt an seiner Seite wünschte.

Nein, da musste er alleine durch.

Er schüttelte sich und setzte sich wieder in Bewegung. Schwarzstern hatte ihm gesagt, dass jeder zukünftige Anführer eigene Prüfungen bewältigen musste, um ein wahrer Anführer sein zu können. Es gehörte einfach dazu, dass Sturmherz sich gegen Blaukralle und die anderen Kritiker aus seinem Clan durchsetzte. Sollten sie doch ruhig wagen, weiterhin an ihm zu zweifeln. Niemand konnte bestreiten, dass er auf Befehl des SternenClans fortgegangen war – und niemand hatte das Recht, den SternenClan für seine Entscheidungen zu verurteilen.

Diese Einstellung verschaffte ihm zu neuem Mut. Er straffte seine Schultern und steuerte geradewegs quer durch das Revier auf das Lager zu. Keine Umwege mehr. Kein Zögern. Er war der Zweite Anführer des FeuerClans und er hatte jedes Recht, voller Stolz zu seinem Clan zurückzukommen.

Als die Senke in Sicht kam, hörte er bereits das allabendliche Stimmengewirr, das undeutlich durch das dichte Gestrüpp und die Luft den Hang hinaufgetragen wurde. Noch einmal blieb er kurz am oberen Ende stehen, dann sprang er mit drei, vier leichtfüßigen Sprüngen zum Eingang des Lagers hinab.

Er ging durch den Blättertunnel, mitten in das Herz des FeuerClans.

Dort war er, sein Clan, sein Zuhause.

Flockenpfote erblickte ihn zuerst. Seine Augen weiteten sich, zuerst voller Ungläubigkeit, dann traten Überraschung und Freude in seinen Blick. „Sturmherz! Du bist zurück!“

Augenblicklich drehten sich auch alle anderen Anwesenden zu ihm um, schnappten nach Luft, sprangen auf, unterbrachen ihre Gespräche. Sie tuschelten miteinander, warfen ihm Blicke zu. Freude. Zorn. Hoffnung. Ablehnung. Erleichterung. Wut.

Sturmherz konnte nicht einordnen, was um ihn herum geschah. Er hatte eine andere Begrüßung erwartet.

Flockenpfote rannte auf ihn zu, blieb mit einer Vollbremsung vor ihm stehen, tänzelte um ihn herum. „Sturmherz! Du lebst und du bist zurück! Dem SternenClan sei Dank!“ Dann drehte Flockenpfote sich zu dem restlichen Clan um. „Ich habe es euch die ganze Zeit gesagt, aber ihr wolltet mir ja nicht glauben, dass Sturmherz uns nicht im Stich lässt!“

Verwirrt schaute Sturmherz umher. „Wieso sollte ich euch im Stich lassen?“

Milchkralle trat aus den hinteren Reihen nach vorne. Sie wirkte säuerlich, aber auch froh. „Es ist viel passiert, Sturmherz. Wir müssen dir alles in Ruhe erzählen. Der Clan hätte dich gebraucht. Dich, den Zweiten Anführer.“

Nun war er noch verwirrter.

Aus dem Bau der Königinnen kam Fleckennase gestürmt. „Sturmherz!“ Er begrüßte seinen besten Freund mit einer stürmischen Geste, leckte ihm einmal freudig über die Flanke und stellte sich schräg neben ihn. „Wieso hat das so lange gedauert? Ihr wart vier Monde lang weg!“

Rosentau verzog ihr Gesicht. Eisbart saß neben ihr und sah ebenso wenig begeistert aus.

Flockenpfote drängelte sich wieder an Fleckennase vorbei, setzte sich direkt neben Sturmherz wie ein großer, fluffiger Wächter. „Unser Zweiter Anführer ist zurückgekehrt, nun wird alles gut.“

Rosentau bleckte die Zähne. „Halt dich da raus, HalbClan-Blut!“, zischte sie wütend.

Sturmherz zuckte zusammen und sah Flockenpfote von der Seite her an, der jedoch keine Miene verzog. „HalbClan-Blut? Woher … Flockenpfote, woher wissen die anderen davon? Woher weißt du davon?“

In den Augen seines Schülers lag eine so tiefe Zuversicht, die einem Urvertrauen in das Gute gleichkam. „Nach deiner Abreise ist so viel geschehen. Nachdem –“

Ein einziger warnender Blick von Milchkralle brachte ihn zum Schweigen. „Wie ich bereits sagte, müssen wir uns ganz dringend über alles unterhalten, Sturmherz. Und wir sollten uns beeilen, damit du auf dem neuesten Stand bist.“

Unentschlossen blickte er zwischen Milchkralle und Flockenpfote hin und her. Selbstverständlich fiel ihm auf, was für eine Anspannung im FeuerClan herrschte. Nervöse Blicke wurden ausgetauscht, hier und dort knurrte jemand leise vor sich hin. „Ich möchte zuerst mit Schwarzstern reden.“

„Nein, alles der Reihe nach. Es ist wichtig, Sturmherz.“

Flockenpfote nickte ihm zu. „Milchkralle hat Recht. Sie muss dir alles der Reihe nach erzählen.“ Sein Blick wanderte zum restlichen Clan. „Und dann werdet ihr alle sehen, was ihr davon habt.“

Sturmherz bohrte seine Krallen tief in die Erde hinein. „Flockenpfote, was ist los?“

Sein Schüler ließ sich davon nicht aus dem Konzept bringen. „Du darfst mich übrigens auch Flockenherz nennen.“

„Oh.“ Der schnelle Themenwechsel zeigte Wirkung. Für einen Augenblick war Sturmherz abgelenkt und fühlte ehrliche Freude für seinen Schüler. „Ich gratuliere dir. Du hast es verdient.“

Stolz reckte Flockenherz das Kinn in die Höhe. „Danke, dein Lob bedeutet mir viel. Ich habe jeden Tag fleißig trainiert, damit ich dich bei deiner Rückkehr stolz machen kann.“

„Und das hast du. Ich bin stolz auf dich. Wie lange bist du schon ein Krieger?“

„Seit zwei Monden, ein bisschen länger.“

„Dafür habt ihr später noch genügend Zeit“, drängte Milchkralle und schaute nervös hin und her. „Suchen wir uns eine ruhige Ecke und bereden alles, bevor er zurück ist.“

Sturmherz ließ sich von seinen Freunden nur widerwillig an den Rand des Lagers drängen. „Bevor wer zurück ist?“

Fleckennase rollte mit den Augen. „Er.“

Er blinzelte kurz, kniff dann die Augen ein Stück zusammen und schaute sich verstohlen im Lager um. Alle tuschelten miteinander, steckten die Köpfe zusammen und warfen ihm immer wieder seltsame Blicke zu. Sturmherz‘ Herz zog sich tief in seiner Brust schmerzhaft zusammen. „Ich will jetzt auf der Stelle wissen, wieso sich alle so merkwürdig verhalten.“ Dann ließ er seinen Blick zum zweiten Mal durch das Lager gleiten. „Blaukralle fehlt. Es geht um Blaukralle, nicht wahr? Das hätte ich mir denken können, dass er in meiner Abwesenheit gegen mich gewettert hat.“ Sturmherz streckte seine Schultern durch, um seine Position als Zweiter Anführer zu unterstreichen. „Fleckennase, Milchkralle, Flockenherz, erzählt mir alles, sofort.“

Noch immer tauschten sie nervöse Blicke miteinander aus, ehe Milchkralle sich räusperte. „Wir sollten es ihm sagen.“

Fleckennases Ohren zuckten unruhig hin und her, fixierten erst die eine Richtung, dann die andere. „Ich weiß nicht …“

Milchkralle rollte mit den Augen, fasste sich ein Herz und wollte gerade zu sprechen ansetzen, als die Luft schlagartig aus dem Lager zu weichen schien. Einige hielten den Atem an, andere rissen gespannt die Augen auf.

Sturmherz drehte sich um, sah den blauen Kater auf sich zukommen, wie er stolzierte, den Schwanz in freudiger Erwartung steil nach oben gereckt, in den Augen ein siegessicheres Funkeln. Sturmherz konnte ein leises Knurren nicht unterdrücken, ging ihm entgegen, blieb nur eine Mauslänge entfernt stehen und baute sich vor ihm zu seiner vollen Größe auf. Einige Herzschläge lang starrten sie sich einfach nur an. „Blaukralle.“

In Blaukralles Blick blitzte etwas auf. Betont langsam reckte er das Kinn in die Höhe, war fast auf Augenhöhe mit Sturmherz. Ihn umgab eine Aura der Macht und ein einziges Wort brachte Sturmherz‘ Welt zum Einsturz: „Blaustern.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  BlackSpark
2017-09-02T13:09:56+00:00 02.09.2017 15:09
WTF? Was....Wie...HÄ?😨😱😵
Warum mussten sich meine schlimsten Beführchtungen bewarheiten? So wie der Clan sich verhällt, war Blaustern bisher nicht der beste Anführer, diese ganze Aura schreit: "Tyrann!" Und was zum Wald der Finsterniss ist mit Schwarzstern passiert?????
Nächstes Kapitel bitte! SCHNELL!!!! O.O
Antwort von:  Kalliope
02.09.2017 15:28
Das nächste Kapitel klärt das alles auf :) Da musst du dich aber noch bis nächsten Freitag gedulden. Ich schreibe derweil gerade am letzten Kapitel, es geht so schnell vorbei >.<
Antwort von:  BlackSpark
02.09.2017 20:06
Huh, ob ich bis dahin überlebe? X3
Kenn ich Dude, kenn ich ^^
Antwort von:  Kalliope
02.09.2017 23:19
Ach bestimmt, die Zeit geht bis dahin bestimmt ganz schnell rum ;)
Von:  Wolfsfeuer
2017-09-01T13:55:50+00:00 01.09.2017 15:55
Ich hatte schon geahnt, dass Schwarzstern nicht mehr unter den Lebenden weilt. Nur dass der SternenClan Blaukralle die neun Leben gewährt, habe ich nicht für sehr wahrscheinlich gehalten. Immerhin ist der Zweite Anführer immer noch am Leben. Vlt wusste der SternenClan nicht mehr, ob Sturmherz noch am Leben ist oder nicht, weil er außerhalb ihrer Reichweite war. Stellt sich nur die Frage, ob es inzwischen auch einen neuen Zweiten Anführer gibt.
Antwort von:  Kalliope
01.09.2017 17:13
Das klärt sich im nächsten Kapitel noch auf, wieso und weshalb Blaustern Anführer geworden ist :) Außerhalb der Reichweite war Sturmherz nur indirekt, Mondstern hat ihn ja begleitet. Einen neuen Zweiten Anführer nenne ich namentlich nicht, das spielt aber auch keine so große Rolle mehr, wie du im nächsten Kapitel lesen wirst :-)
Antwort von:  Wolfsfeuer
01.09.2017 19:40
Ich kann es kaum noch erwarten :)
Antwort von:  Kalliope
02.09.2017 00:26
Es ist ja auch nicht mehr viel, nur noch drei Kapitel und der Epilog 🙈


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