Urlaubsreif^3 von flower_in_sunlight (Die Zwei machen mich fertig!) ================================================================================ Kapitel 21: Freitag 5.8. ------------------------ Als er die Augen aufschlug, war es deutlich später als am Vortag. Die Sonne war bereits aufgegangen und Joe hatte sich im Bett neben ihm aufgerichtet und schien ihn im Schlaf beobachtet zu haben. „Willst du etwas schon aufstehen?“, grummelte Seto noch etwas verschlafen. „Nein, nicht solange du noch schlummernd im Bett liegst. Ich bin einfach nur nicht so ein Langschläfer wie du.“ Diese Beleidigung konnte Seto so nicht auf sich sitzen lassen und stürzte sich knurrend auf seinen Kontrahenten. Dieser schien seine neue Position, in die Kissen gedrückt und mit ihm rittlings auf sich, allerdings eher zu genießen. Denn er kniff Seto frech in den Hintern. „Nächstes Mal kaufe ich wohl besser Handschellen für dich statt eines Armbands.“ „Weißt du denn überhaupt wie man richtig damit umgeht“, spottete Joe weiter und schnappte sich die Arme seines Reiters, bevor dieser auf die Idee kommen konnte, ihn noch bewegungsunfähiger zu machen. „Ich kann es mir ja mal von dir zeigen lassen“, kam die überraschend neckische Antwort. „Aber nicht jetzt. Momentan hab ich eher Lust auf etwas anderes...“ Sehr verspätet standen sie schließlich doch auf und Joe begann das Frühstück zu richten, während Seto ins Badezimmer verschwand. Beim Händewaschen fiel ihm ein Lied aus „My Fair Lady“ ein und während er die Zähne putzte, bekam er es einfach nicht mehr aus dem Kopf. Das Summen verkniff er sich gerade noch, doch als er in die Küche ging, hätte er sich am liebsten Joe geschnappt und wäre mit ihm durchs Wohnzimmer getanzt. Da stand sein Hündchen, den Rücken zu ihm, schnitt Obst klein und war in diesem Moment einfach alles, was er brauchte. „Was wird das Leckeres?“, gurrte er in sein Ohr, während er sich von hinten an ihn anschmiegte. Der kurze Moment, in dem sich der andere versteifte, schob er auf den Überraschungseffekt und daher schnell beiseite. „Nur etwas Obstsalat mit Quark. Yuki sollte in einer Stunde das Mittagessen bringen. Aber nach gestern Nacht bin ich einfach hungrig.“ Er reichte ihm ein Stück Apfel nach hinten und schnitt weiter. „Wenn du magst, kannst du schon mal den Tisch decken.“ Seto gehorchte, stellte die Tassen hin, goss den Kaffee ein, suchte bereits das Geschirr für das Mittagessen zusammen und stellte es auf das entfernte Ende des Tisches. Endlich kam Joe und setzte sich mit zwei großen Müslischalen zu ihm. „Und, was willst du heute machen? Es ist schließlich dein letzter Tag“, fragte er gut gelaunt. Nachdenklich stocherte Seto in seiner Schale herum. Da gab es diese eine Sache, die er noch ansprechen wollte, aber das konnte noch warten. Schließlich antwortete er zögernd: „Ich würde gerne noch mal mit dir im Meer schwimmen. Vielleicht etwas spazieren gehen und dann... Mal schauen, wofür die Zeit noch reicht. Mokuba wollte heute Nacht nochmal im Drachenzimmer schlafen. Er hat gestern gemeint, er käme nach dem Abendessen mit.“ „Das klingt noch nach einem ziemlich vernünftigen Plan. Allerdings sollten wir dann das Mittagessen nach hinten verlegen und spätestens in einer halben Stunde im Wasser sein, sonst ist die Strömung wieder zu stark.“ Schnell aßen sie fertig und schlüpften in ihre Badehosen. Joe musste seine mit seiner Wechselkleidung mitgebracht haben, dachte Seto und freute sich heimlich über diese Weitsicht. Wobei die eigentliche Aussicht auch nicht schlecht war. Sie schwammen wieder hinaus bis zur Sandbank. „Meine Muskulatur ist noch müde von gestern!“, beteuerte Seto, der ihr Wettschwimmen wieder verloren hatte. „Du meinst wohl heute morgen“, grinste Joe ihn frech an und entzog sich mit flinken Bewegungen seinem Griff. Irgendwann tauchte er komplett unter, schnappte sich Seto von hinten und ließ sich mit ihm ins Wasser zurückfallen. Unter Wasser ließ er ihn wieder los und fuhr mit den Händen an seinen Seiten entlang. Geschüttelt von wohligen Schauern kämpfte sich Seto wieder an die Oberfläche und in eine stehende Position. „So viel zu den Geschichten über Sirenen.“ „Meinst du denn nicht, ich würde einen guten Meermann abgeben?“ „Bestimmt. Aber gewisse deiner Vorzüge würden mir dann doch fehlen.“ Er überbrückte die kurze Distanz zwischen sich und zog Joe zu einem Kuss heran. Doch dieser ließ sich wieder nach unten fallen und war erneut verschwunden. In einigen Metern Entfernung durchbrach sein Blondschopf die Wasseroberfläche und er rief: „Verlegen wir das lieber in den Pool. Wer als erster dort ist!“ „Das ist unfair! Du hast bereits einen Vorsprung!“ „Ich will dich nur motivieren“, erwiderte Joe ganz unschuldig, bevor er sich umdrehte und los schwamm. Während die Terrasse zurückfuhr, befreiten sie sich gegenseitig vom Sand und kamen auf die Idee, dass sie vielleicht erst einmal duschen sollten, um das Salz von der Haut zu bekommen. Yuki war wohl inzwischen da gewesen, denn die Kiste mit ihrem Mittagessen stand auf dem Tisch, als sie das Wohnzimmer durchquerten. Sie gaben es nur ungern zu, aber irgendwie hatten sie beide Hunger auf etwas Nahrhafteres. Sie beschlossen den Pool zunächst zu streichen, dafür die warme, gemeinsame Dusche zu genießen, aber auch nicht zu sehr in die Länge zu ziehen. Mit trockener Kleidung setzten sie sich schließlich an den Esstisch und teilten den Salat, das gegrillte Gemüse und das Hähnchenfleisch zwischen sich auf. „Das werde ich wirklich vermissen. Meine Kantinenköche sind nicht mal halb so gut wie deine“, stellte Seto fest. Joe blickte ihn erstaunt an. „Du weißt wie das Kantinenessen ein der Kaiba Corp schmeckt?“ „Natürlich.“ „Ich hatte dich eigentlich immer so eingeschätzt, dass du teuer auswärts essen gehst oder dir zumindest etwas liefern lässt.“ „Hab ich auch. Wenn ich mittags überhaupt etwas gegessen habe. Aber seit Februar brauche ich in der Regel doch eine richtige Mahlzeit und da war es in der Anfangszeit einfach schneller, mir was aus der Kantine kommen zu lassen.“ Leicht ungläubig sah Joe ihn an. „Und das Küchenpersonal durfte seine Jobs behalten?“ „Schau nicht so. Und ja, durften sie. Ich hatte eben Hunger.“ „Aber unters gemeine Volk hast du dich nicht gemischt, oder?“ Setos Blick sprach Bände. „Gut. Alles andere hätte mich dann doch zu sehr überrascht.“ Es war nicht so, dass er nicht das ein oder andere Mal darüber nachgedacht hatte, aber dann war ihm wieder eingefallen, wie wichtig es war, dass zumindest ein Teil seiner Mitarbeiter nicht nur Respekt, sondern Angst vor ihm hatten, und sein Ruf wäre unweigerlich dahin gewesen, wenn er sich mit ihnen in die Schlange gestellt hätte. Außerdem wollte er nicht etwas verloren nach einem freien Tisch Ausschau halten. Natürlich könnte er sich auch einen reservieren lassen, säße dort aber doch nur allein und würde von allen beobachtet werden. Nein, danke. Er verzichtete. Nach dem Essen wuschen sie gemeinsam ab, Joe stellte die Kiste in den Flur und schlug vor, ihren Spaziergang doch jetzt zu machen, wo sie für alles andere eh zu träge waren. Seto stimmte ihm zu und fragte beim Schuheanziehen, ob es einen ruhigen Weg durch den Wald gebe, den sie als Runde einer Stunde lang folgen konnten. „So was in der Art. Ich hab da schon eine Idee.“ Im angenehmen Halbschatten der Bäume gingen sie Seite an Seite und unterhielten sich. Seto überlegte, wie er am Besten das gewisse Thema ansprechen könnte. Nach einer Weile gab er es auf und ließ Joe frei den Gesprächsverlauf bestimmen. Dieser erzählte ihm davon, wo er schon überall scheußliches Kantinenessen hatte „probieren“ dürfen und gab ihm Tipps, wie man es dann doch einigermaßen überlebte. Bei einigen der Schilderungen grauste es Seto so sehr, dass er froh war, von seinen Geschäftspartnern immer außerhalb der Firmen in ein entsprechendes Restaurant geladen zu werden. Er musste wohl ziemlich das Gesicht verzogen haben, denn Joe stupste ihn in die Seite und meinte: „Keine Angst, ich übertreibe nur. Das Schulessen früher war meistens schlimmer. Auch wenn ich das natürlich damals nicht so genau wusste.“ Eine Steilvorlage, auf die Seto jedoch nicht einging. „Aber was mich wirklich umgehauen hat war, wie gut das Essen in Weinregionen ist. In den meisten kann man sich einfach so in kleine Lokale verirren und bekommt richtig leckere Sachen vorgesetzt, auch wenn das meiste als 'Hausmannskost' bezeichnet wird. Shin ist schier durchgedreht, als er mich mal begleitet hat.“ Joe schien nicht sonderlich auf den Weg zu achten, während er sprach, doch er fand die richtige Stelle, um quer durchs Unterholz auf einen schmalen Trampelpfad zu einem anderen Weg zu gelangen, der sie zurück führen würde. Mit jedem Schritt wurde Seto nervöser und dennoch sprach er mit dem Hotelmanager über Weine und Essen und lauschte, wie dieser anfangs zwischen Shin und Hans in der Küche hatte vermitteln müssen. Zurück im Haus ließen sie sich auf das Sofa fallen und streckten die Beine aus. „Willst du zum Abkühlen etwas in den Pool?“ Joe hatte sich leicht gedreht und war so nah, dass er in bequemer Kussreichweite war. Blinzelnd sah Seto ihn an und da kapierte er es. So sehr wie er versucht hatte ihr Gespräch in eine bestimmte Richtung zu bringen, so sehr hatte sich Joe bemüht das Thema im Keim zu ersticken. Hatte er im Gespräch Andeutungen gemacht, dass sie zu zweit ja mal das ein oder andere Nachkochen konnten, den bestimmten Wein probierten oder auch nur überhaupt in der Zukunft zusammen Zeit verbrachten, war Joe ihm ausgewichen. Es war nicht sehr offensichtlich gewesen, geschickt getarnt hinter einem „vielleicht“ oder einem kaum merklichen Themenwechsel. Aber er war ihm rigoros ausgewichen. „Lieber später. Ich würde vorher gerne noch etwas anderes machen.“ „Oho!“ Joe kam noch näher und legte ihm die Hand in den Nacken. „Und was?“ Es war schwer für Seto einen kühlen Kopf zu bewahren, aber er wollte es einfach geklärt haben. „Wie du weißt, fahre ich morgen zurück nach Domino“, fing er zögerlich an. „Das weiß ich.“ „Ich will einfach nur wissen, wie es mit uns weitergeht.“ „Was meinst du mit 'Es mit uns weitergeht'?“ Joe zog sich ein Stück zurück. „Was soll da weiter gehen?“ „Das mit uns.“ Joe seufzte tief und fing an mit dem Armband um sein Handgelenk zu spielen. Seto hatte sich gefreut wie selbstverständlich er es wieder angezogen hatte, doch jetzt überkam ihn Verunsicherung. „Hör zu“, sagte Joe schließlich. „Ich glaube nicht, dass das mit uns eine Zukunft hat. Klar, es wäre toll. Aber seien wir ehrlich. Du hast deinen Job, ich habe meinen. Wenn du erst einmal zurück in Domino bist, wirst du kaum aus der Firma kommen und in jeder freien Minute am Telefon hängen. Bei mir ist das ähnlich. Wir werden kaum Zeit haben, um zum jeweils anderen zu fahren. Und wenn doch, würden wir zur Hälfte doch immer noch in der Arbeit stecken. Ich hab außerdem schon eine Fernbeziehung hinter mir und ich will das einfach nicht mehr. Ich weiß, du hast damit keine Erfahrung, aber glaub mir einfach, dass ich weiß, wovon ich rede. Das wird so einfach nicht funktionieren.“ Währenddessen war Seto in sich zusammen gesunken. Eigentlich hätte er es wissen müssen, doch es ausgesprochen zu hören, traf ihn härter als erwartet. Aber Joe saß immer noch neben ihm, was er zumindest als Zeichen deutete, dass noch nicht alles verloren war. „Aber du würdest es mit mir versuchen?“, traute er sich schließlich etwas zu sagen. Schweigen. „Aber du würdest es mit mir versuchen, wenn es keine Fernbeziehung wäre?“ „Seto, wie stellst du dir das vor? Ich werde das Hotel nicht allein lassen!“ „Das weiß ich. Aber im Gegensatz zu dir, bin ich was das Räumliche angeht etwas flexibler. Ich könnte beispielsweise in Haus 4 dauerhaft einziehen, wenn du mir dort Internet erlaubst. Ich hab den Abzweig zum Flugplatz gestern gesehen. Wenn ich fliege, wäre ich super schnell in Domino, wenn es sein muss. Ich wollte Mokuba eh etwas mehr Verantwortung in der Firma übertragen. Und wie gesagt, das meiste könnte ich mit Telefon und Laptop von hier aus regeln. Du könntest ganz normal das Hotel leiten. Morgens und abends und zu den Mahlzeiten würden wir uns sehen. Wir könnten das doch so machen, oder? Was sagst du?“ Hoffnungsvoll sah er Joe an, dessen Gesicht keinerlei Regung verriet. „Ich muss in Ruhe darüber nachdenken“, sagte er nach einer Weile. Steif küsste er ihn auf die Wange und ging. „Achtung! Kleiner Bruder im Anmarsch!“, rief Mokuba. Er wartete noch einige Augenblicke im Flur und lauschte, ob er von drinnen hektische Bewegungen hörte, die daraufhin deuteten, dass er bei etwas Bestimmten gestört hatte. Da war aber nichts als Stille. Zur Sicherheit schloss er trotzdem die Augen, als er das Wohnzimmer betrat. Vorsichtig öffnete er sie, sah aber nur seinen Bruder allein auf dem Sofa sitzen. „Du bist schon allein? Weil ihr zwei nicht zum Abendessen kamt, dachten wir, ihr hättet euch umentschieden und lieber noch was zu zweit gemacht.“ Er durchquerte den Raum und sah ihn sich aus der Nähe an. Dass Seto der Abschied so mitnehmen würde, hätte er nicht gedacht. „Hey, ihr seht euch morgen früh doch nochmal. Und wenn ihr mir Ohrenstöpsel gebt und mir versprecht nicht zu laut zu sein, darf Joey gerne heute Nacht auch noch hier schlafen.“ Er ging vor ihm in die Hocke und jetzt endlich schreckte Seto hoch. „Oh, Mokuba. Ich hab dich gar nicht reinkommen hören. Wir sollten dann mal Koffer packen.“ Ungelenk erhob er sich und ging hinüber zum Kleiderschrank. Irgendetwas musste vorgefallen sein. Das wurde Mokuba allmählich klar. Anstandslos packte auch er seine Sachen ein und stellte das fertige Gepäck in den Flur. Mehrmals hatte er versucht Seto darauf anzusprechen, was geschehen war. Doch der brummte nur, dass er nicht drüber reden wolle. Als er bald darauf verkündete, früh schlafen gehen zu wollen, gehorchte Mokuba und legte sich ebenfalls in das Stockbett. Mit Blick auf den weißen Drachen mit eiskaltem Blick lag er noch eine Weile wach und lauschte dem gezwungen gleichmäßigem Atmen im Bett unter ihm. Er würde hoffentlich mit ihm reden, wenn er soweit war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)