Promotion von Storyteller_Inc ================================================================================ One Shot -------- „Willkommen zu einer neuen Sendung von »Sweet Eat«! Hier ist wieder eure Yusarin und heute habe ich die Ehre, ganz besondere Gäste in meinem Studio zu haben!“ Die junge Frau mit den beiden gedrehten rosa Seitenzöpfen gestikulierte zur Seite, bevor sie in Applaus ausbrach. „Bitte begrüßt ganz herzlich mit mir: Quartet Night!“ Darauf richtete sich die Kamera auf das vierer Männergespann, welches hinter einer weißen Küchenzeile stand. Ihre Aufmerksamkeit ruhte auf ihrer Gastgeberin, der eine mehr oder weniger begeistert. „Wie schön, dass ihr die Zeit finden konntet. Ich freue mich sehr, dass ihr hier seid!“, sagte sie und fiel in eine höfliche Verbeugung vor. Als sie in ihren Stand zurückkehrte, übertönte ein dunkler Rotschimmer das Rouge ihrer Wangen. „Um ehrlich zu sein, bin ich ein wenig nervös.“ „Nicht doch, Yusarin-chan“, strahlte Reiji heiter und hob beschwichtigend die Hand. „Wir beißen nicht, versprochen. Und wir freuen uns, hier zu sein. Ne?“ Sein Blick ging zur Seite, wo der Rest von ihrer Gruppe Stellung bezogen hatte. Von Ai und Ranmaru folgte keine Resonanz, so war es an Camus, seine Pflicht zu tun. „Ich bin voller Erwartung auf das, was kommen wird“, sprach er samten und lächelte lieblich. Der Wink eines Engels könnte kaum beflügelnder sein. „Das bin ich auch“, nickte Yusarin zur Bestätigung. Darauf wandte sie sich offen der Kamera zu und strahlte ihr hell entgegen. „Und ihr da draußen hoffentlich auch, denn wir haben uns etwas ganz Tolles überlegt! Heute ist Valentinstag, und was gehört zu diesem Tag dazu? Ganz recht, Schokolade natürlich! Von Liebe selbstgemacht, wird sie an unsere Liebsten verschenkt. Aber wie macht man das eigentlich?“ Erneut drehte sie sich der Gruppe zu. „Lasst es uns heute gemeinsam probieren. Quartet Night haben sich bereiterklärt, uns dabei tatkräftig zu unterstützen. Sagt, habt ihr schon einmal selbst Schokolade hergestellt?“ „Ich habe die letzte Zeit viel geübt“, erzählte Reiji, wobei er sich einen Finger ans Kinn hob und lachte. „Ich wollte mich nicht blamieren. Es ist gar nicht so einfach, wie es aussieht.“ „Das Wichtigste ist, die richtige Temperatur zu halten und eine glatte Masse zu haben“, dozierte Ai zielgerichtet. Sein glattes Gesicht zeigte keine Gefühlsregung. „Wenn man bei der Vorbereitung aufpasst und die Schokolade während des Prozesses nicht anbrennen lässt, gibt es nicht viel zu beachten. Es ist keine sonderlich große Herausforderung.“ „Beeindruckend, Mikaze-san“, jauchzte Yusarin begeistert. „Ich wusste gar nicht, dass Idole so gut informiert sind. Ihr traut euch vermutlich alles zu, oder?“ „Man wächst an der Herausforderung und lernt vom Neuen. Das gilt für ein Idol ebenso wie für jeden anderen“, kommentierte Camus, seine Stimme geschmeidig. Die Moderatorin nickte zustimmend. „Sehr schön gesagt, Camus-san. Nun, dann würde ich sagen, packen wir es an!“ Sie gesellte sich zu den Jungs hinter die lange Arbeitsfläche. Höflich traten sie auseinander, sodass die zierlich wirkende Frau in ihrer Mitte Platz fand. „Ich habe euch alles, was ihr für die Zubereitung braucht, zur Verfügung gestellt. Von Zutaten bis zu Arbeitsmaterialien. Ich schlage vor, wir teilen die Gruppe in zwei Teams auf. Vielleicht machen wir einen kleinen Wettbewerb daraus?“ „Wirst du mitmachen, Yusarin-chan?“, wollte Reiji wissen. Sie nickte zu ihm hoch. „Ja, natürlich.“ „Wie wäre es dann, wenn das Gewinnerteam deine selbstgemachte Schokolade bekommt?“, schlug er vor und zwinkerte schelmisch. Vor laufender Kamera unterlag sie der Verlegenheit. „Wenn das so gewünscht ist. Dann muss ich mich ja richtig anstrengen.“ „Gib dein Bestes“, ermunterte er sie. Anschließend sah er zu dem Rest der Gruppe, breit grinsend wie ein Kind auf einem Geburtstagsfest. „Lasst uns alle gemeinsam unser Bestes geben. Das wird eine ganz tolle Erfahrung für uns alle!“   Kurz darauf waren alle Vorkehrungen getroffen. Die Gruppe stand zu Zweierteams hinter der Küchenzeile aufgestellt und ordnete sich, was sie benötigten. Kurz warf Ranmaru einen Blick zu Ai hinüber. Er war höchstkonzentriert dabei, Schüsseln und Hilfsmittel zu platzieren, wie er sie benötigte. Den Blickkontakt erwiderte er nicht. „Tch. Hey, Reiji“, zischte Ranmaru zu seinem Teamkollegen, zu dem er aufgeteilt worden war. „Matsch nicht wieder so ‘n Mist zusammen wie beim letzten Mal. Kapiert?“ „Eh? Wieso sagst du das, RanRan?“, hinterfragte er und sah ihn verständnislos an. Ranmaru stöhnte genervt. „Das fragst du noch? Ich warne dich: Wehe, du blamierst uns!“ „Nur keine Sorge, RanRan“, flötete er. Hochmotiviert langte er nach einer der Schüsseln und stellte sie vor sich, bevor er zu Kakao- und Milchpulver griff. „Wie ich sagte, ich habe fleißig geübt. Keine Sorge, keine Sorge! Ich habe alles im Griff, sei ganz unbesorgt.“ „Je mehr du mir sagst, ich solle mir keine Sorgen machen, umso mehr mache ich sie mir.“ Noch einmal warf er einen Blick auf das Gegnerteam, während er etwas Pflanzenmargarine in einen der Töpfe gab. Für den Anfang waren sie in der Aufgabenverteilung auf gleichem Stand. Doch er hatte keinen Zweifel, dass sich das sehr bald ändern würde. „AiAi ist gut“, meinte Reiji, was Ranmarus Aufmerksamkeit zu ihm zurückführte. „Er hat nur einen Probelauf gebraucht, um die Abfolge zu meistern. Er ist wirklich gut darin, sich Dinge schnell zu merken. Machst du dir Sorgen?“ „Hmpf, wozu?“ Ungerührt machte er sich daran, das Fett auf dem Herd leicht zu erhitzen. Dieser Part war weniger anspruchsvoll, noch. „Mir egal, wer gewinnt. Ist doch eh alles nur Show und Promotion.“ „Heh? Auf einmal?“ „Was ‚auf einmal‘?“ „Sagtest du nicht eben noch, du willst nicht, dass wir verlieren?“ „Ich sagte, du sollst uns nicht blamieren! Hör richtig hin, Depp!“ „Mengo, mengo.“ Ein leises Kichern drang aus ihm hervor. Dass Reiji an der ganzen Aktion seinen Spaß hatte, war nicht zu übersehen. „Schon in Ordnung. Verlass dich ganz auf mich.“ „Als ob.“ Missmutig beobachtete Ranmaru die Gegenseite. Ai und Camus in einem Team, das schmeckte ihm nicht. Nicht nur, weil mit Reiji in einem Team zu sein so ziemlich das Gleiche war, wie im Poker den Schwarzen Peter zu ziehen. Die beiden ergaben eine Kombination, gegen die man nicht anstinken konnte. Ai, der Informationen speicherte und abrief wie ein moderner Hochleistungsrechner. Und Camus, der in jedem Job eine gute Figur machte. Diese Aufstellung war alles andere als ausgeglichen. Dummerweise war genau das der Grund. Alles diente der reinen Zurschaustellung. Präsenz zeigen durch Eventunterhaltung. Reine Promotion, mehr nicht. Ranmaru entließ einen abfälligen Laut. Während er den Topf schwenkte, bemerkte er nicht, wie Ai ihm einen prüfenden Blick zuwarf.   Unter der begleitenden Kommentierung Yusarins und beäugender Kamera nahm das Event seinen Lauf. Alles verlief in geordneten Bahnen, bis … „Was ist das, bitte?!“ Ranmarus friedstörender Ausruf ließ die Blicke aller Anwesenden zu ihm gehen. Er selbst stand am Herd, den kleinen Topf in seinen Händen haltend und die Augen ungläubig auf den Inhalt gerichtet. Impulsiv drehte er sich zu Reiji herum. „Was hast du gemacht? Erklär mir das bitte! Wie konnte das Zeug so extrem klumpen?!“ „Oh, wirklich?“, entgegnete Reiji unschuldig. Er mimte den Unwissenden, als er sich nach vorn beugte und in den Topf hineinlugte, welchen Ranmaru ihm auffordernd entgegenhielt. „Das ist das reinste Müsli da drin! Das Zeug kannst du in die Tonne schmeißen!“ „Sieht so aus, als hätte da jemand beim Sieben nicht richtig aufgepasst“, kommentierte Yusarin und winkte die Kamera zu sich heran. Widerwillig präsentierte Ranmaru das braune Massaker, während sie erklärte: „Für eine glatte Schokomasse ist es wichtig, das Bilden von Klümpchen im Vorfeld zu vermeiden. Beim Sieben muss daher ganz behutsam vorgegangen werden. Beim Hinzugeben der anderen Zutaten darf das Rühren keinen Moment vernachlässigt werden. Haben sich einmal die Klümpchen gebildet, ist es schwer, sie wieder loszuwerden, bevor sie zu dicken Klumpen herangewachsen sind.“ „Depp“, knirschte Ranmaru in Reijis Richtung. Er warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Geübt, ach ja? Von wegen, du hast alles im Griff. Nichts hast du, meine Fresse!“ „Hm, dabei war ich vorsichtig. Sicher, dass du ausreichend gerührt hast?“ „Wa…? Ich habe gerührt, die ganze Zeit! Das hast du ja wohl gesehen!“ „Es könnte ja sein –“ „Ganz bestimmt nicht!“ Schnell hob Reiji die Hände und spielte ein schiefes Lächeln auf. „Na, na. Wie heißt es: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Probieren wir’s einfach nochmal, ja, RanRan?“ „Reiji, ich schwöre …“ Mühsam unterdrückte er ein Knurren. „Wenn du es noch einmal vergeigst, setzt’s was!“ „Yes, Sir! Verstanden.“   Mit getauschten Rollen ging es in die zweite Runde. Ranmaru übernahm es dieses Mal selbst, die Masse zuzubereiten, während Reiji den Herd hütete. Dank ihres ersten Fehlschlags war ihr Team im Verzug. Ai und Camus befanden sich derweil im Finalakt ihrer Schokoladenherstellung. Gerade bereiteten sie ihre Formen vor und besprachen mit Yusarin, welche Gestaltung sie anzuwenden gedachten. „Mh, süß!“, schwärmte Reiji, wobei er witternd die Nase in die Höhe reckte. „Von da drüben riecht’s echt gut. Ah, ich will nicht mehr warten! Da bekommt man richtig Lust auf Schokolade. Wie lange dauert das denn noch?“ „Klappe halten und rühren!“, kommandierte Ranmaru wenig tolerant. Das Sieben und Mengen der Schokoladenmasse hatte eine Sauerei auf seinem Platz hinterlassen, welche er mit bekleckerten Händen zu bereinigen versuchte. „Es ist deine Schuld, dass es so lange dauert. Wage es ja nicht, jetzt noch etwas zu vermasseln.“ „Das sieht echt gut aus. AiAi und Myu-chan haben’s drauf.“ „Guck auf deinen eigenen Topf! Konzentrier dich!“ Ranmaru stöhnte genervt. Das war ja schlimmer, als erwartet. Nicht nur, dass sie sich vor laufender Kamera blamiert hatten und ihnen die Zeit im Genick saß, Reiji ging ihm auf den Keks. Was hatte sich Saotome nur dabei gedacht, sie in diese Kochshow zu stecken? „Beim Aufgießen muss man besonders vorsichtig sein“, kommentierte Yusarin indes. Im Augenblick war die Aufmerksam auf das Gegenteam zentriert, verständlich. Dort drüben gab es wesentlich mehr vorzuzeigen und Zeit mit Smalltalk zu überbrücken, damit die Nachzügler in Ruhe aufholen konnten. „Auch wenn wir sie unter Rühren ein wenig abkühlen lassen haben, ist sie noch warm. Gleichmäßig auf die Form aufteilen und bitte schaut, dass so wenig wie möglich danebengeht. Es wäre doch schade um eure tolle Arbeit, oder?“ „Lasst sehen, lasst sehen!“ „Verdammt, Reiji!“, fluchte Ranmaru ihm nach und eilte an den Herd. Gewissenhaft übernahm er die Arbeit, die sein Kollege einfach liegen gelassen hatte. Er warf ihm einen niederringenden Blick zu. „Idiot! Willst du das Zeug anbrennen lassen? Ich sagte doch, kümmere dich um deinen eigenen Kram!“ „‘tschuldige bitte, RanRan. Wieso bist du so wütend?“ „Kotobuki-san“, meldete sich Yusarin neben ihm zu Wort. „Man sollte im Erhitzungsprozess den Herd keine Sekunde aus den Augen lassen. Schokolade hat einen hohen Milch- und Zuckeranteil und kann daher sehr leicht anbrennen.“ „Oh, verstehe.“ Er nickte einsichtig, bevor er sich eine Hand an den Kopf hob und beklommen lächelte. „Ich wollte nur kurz zusehen. Entschuldigt bitte.“ „Tch.“ Ranmaru drehte den Kopf ab und wandte sich wieder seiner Arbeit zu. Er ließ sich davon auch nicht beirren, als die Frau an seine Seite trat und prüfend an ihm vorbeilinste. „Ist die Temperatur nicht etwas zu hoch?“ „Was?“ Angehalten setzte er aus und beugte den Oberkörper zur Seite. Am Rande des Topfes steckte ein Wärmemesser, und tatsächlich. „Reiji!“ „Was denn? Habe ich etwas falsch gemacht? Ich dachte, so ginge es ein wenig schneller.“ „Bist du verrückt geworden?!“ Schnell nahm er den Topf vom Herd und stellte ihn auf eine freie Fläche. Unter größter Vorsicht rührte er am Rand entlang, prüfte sorgfältig den Boden. Als er kurz darauf den Löffel fallen ließ und sich ruppig herumdrehte, war klar, welche Erfahrung er gemacht hatte. „Angebrannt“, raunte er gefährlich. Im nächsten Moment schlug er auf die Platte und machte einen Schritt nach vorn, direkt auf Reiji zu. „Wie kommt man auf so eine bescheuerte Idee? Wie oft soll’n wir diesen Dreck denn noch machen? Kannst du dich nicht mal an die einfachsten Anweisungen halten, Reiji?!“ „Ah, mein größtes Bedauern“, sagte er schnell und hob die Hände schützend vor sich. Mit einem tapferen Lächeln versuchte er, die aufbrodelnden Wellen zu besänftigen. „Ich mach’s nicht noch einmal, versprochen. Dieses Mal passe ich auf. Ehrlich, dieses Mal wird es –“ Ranmaru platzte die Hutschnur. Er machte einen weiteren Schritt auf den Kollegen zu, wild entschlossen, ihn beim Schlafittchen zu packen. „Ranmaru“, war es Ai, der ihm mit fester Stimme entgegentrat. Es benötigte nur dieses einzige Wort, um ihn zu einem Stopp zu bringen. Unverändert stand er an seinem Platz, den Blick unverwandt auf Ranmaru gerichtet. „Es reicht jetzt.“ Missfällig verzog Ranmaru das Gesicht. Einen Moment noch hielt er diesem Blick stand, bevor er einen abfälligen Laut entließ und sich abdrehte. Reiji, der sich schutzsuchend zwischen Ai und Camus gedrängt hatte, atmete erleichtert aus. „Und genauso verhält es sich mit Schokolade“, durchbrach Camus mit samtweicher Stimme die angestaute Spannung im Filmstudio. „Erhitzt sie sich zu sehr, fängt sie an zu bröckeln und verbittert. Es ist daher nicht ratsam, die Dinge übereilen zu wollen.“   Nach einer kurzen Pause nahm das Programm seinen Lauf. Ranmaru begnügte sich damit, Reiji mit Schweigen zu strafen, während er seinen Frust fürs Erste überspielte. Als Idole erwartete man von ihnen, sich in jeder Situation professionell zu verhalten. Es war Voraussetzung, dass sie sich im Griff hatten, ob vor oder hinter der Kamera. Ranmaru wusste das, wenn es ihm auch nicht schmeckte. Jetzt noch weniger, da er seinem Ärger keine Luft machen konnte. Ai und Camus überzeugten mit ihrem Handwerk und auch Reiji war es irgendwie gelungen, das traurige Dilemma zu retten. Etwas dunkel, aber immerhin glatt und glänzend war die Schokolade, die er Yusarin und der Kamera präsentierte. Ranmaru wusste nicht, wie er das gemacht hatte. Es musste ein Wunder geschehen sein, anders war es nicht zu erklären. „Schade, es hat nichts genützt. Dabei wollte ich Yusarin-chans Schokolade kosten“, jammerte Reiji im anschließenden Backstage. Wehleidig ließ er die Schultern nach vorn fallen und ließ ein langes Seufzen frei. „Ne, AiAi. Wollen wir sie nicht unter uns aufteilen?“ „Mir egal. Du kannst sie meinetwegen haben, wenn du magst“, gab er wenig interessiert zurück. Mit einem einfachen Griff löste er Haarspangen und den Pferdeschwanz, mit welchen er das türkisfarbene Haar zurückgehalten hatte. „Wirklich? Ist das okay, Myu-chan?“ Ohne eine Antwort hielt Camus die Hand aus und überreichte Reiji die kleine, mit rosa Schleife verzierte Schachtel. Er erntete einen fröhlichen Ausruf und überschwänglichen Dank, derer er sich nicht kümmerte. Stattdessen ging sein Blick hinüber zu Ranmaru, der gerade dabei war, seine Sachen aus dem Spind zu holen. „Ist dein Gemüt wieder heruntergekühlt?“ „Schnauze“, schmetterte Ranmaru ab. Auf der Bank machte er sich daran, seine Schuhe zu wechseln, ohne zu einem der anderen aufzusehen. „Das war unprofessionell“, fuhr Camus fort. Von dem weichen Klang in seiner Stimme war nichts mehr geblieben. Sein Augenmerk lag frostig auf Ranmarus Rücken. „So die Kontrolle über sich zu verlieren. Wie beschämend. Ich hoffe, du lernst deine Lektion daraus.“ „Lektion? Was für eine Lektion?“, brummte er kehlig. Nur kurz warf er einen Blick über seine Schulter, bevor er sich abdrehte und bedeutend in Reijis Richtung nickte. „Er ist doch derjenige, der es verkackt hat. Wenn du deinen Frust an jemandem ablassen magst, nimm doch ihn.“ „Was? Aber wieso denn?“ „Wieso?“ Ranmaru erhob sich fließend. Mit wenigen Schritten war er bei Reiji und packte ihn bedrohlich am Kragen. „Willst du mich verarschen?! Was war das für eine Scheiße, die du da draußen fabriziert hast?“ „Ruhig, RanRan, ganz ruhig. Du machst mir Angst“, versuchte Reiji auf ihn einzuwirken. Schief lächelnd legte er ihm die Hände an die Schultern, um ihn zu besänftigen. „Du hast mich wie den letzten Deppen aussehen lassen“, fuhr Ranmaru fort. In seinen Augen blitzte es gefährlich. „Geübt, ach ja? Was hast du bitte geübt? Wie man die einfachsten Dinge in den Sand setzt? Wie man sich und andere am besten lächerlich macht? Rede! War das etwa Absicht?!“ „Was regst du dich so auf?“, warf Ai von der Seite ein. Vor dem Spiegel legte er die letzten Strähnen zurecht, ehe er sich nach den anderen umdrehte. „Natürlich war es das. Hast du das etwa vergessen?“ „Tch.“ Nur widerwillig ließ Ranmaru von dem Kragen ab und stieß Reiji ein Stück von sich. Offen wandte er sich Ai zu. „Ich will mit dir reden.“ „Dann rede.“ „Nicht hier. Lass uns rausgehen.“ „Wenn es Quartet Night betrifft, können wir es hier tun. Es besteht kein Grund, sich abzuzweigen.“ „Nein“, widersprach Ranmaru fest. „Das ist ‘ne Sache zwischen uns beiden. Komm mit.“ Ohne ihm weitere Zeit für irgendwelche Einwände zu lassen, packte Ranmaru ihn an der Hand. Er drehte sich noch einmal herum, während er Ai mit sich aus dem Zimmer zerrte. Reiji und Camus vollkommen unbeachtet, fiel die Tür hinter ihnen zu. „Oh weh“, durchbrach Reiji die plötzliche Stille und seufzte einmal lang. „Da haben wir ja etwas angerichtet. RanRan ist richtig sauer. AiAi tut mir leid.“ Camus sah zu Reiji, dann zur Tür. Einen kurzen Moment später wandte er sich den Spinden zu. „Ziehen wir uns um.“   „Erklärst du mir mal, was das sollte?“ Derweil hatte Ranmaru Ai mit sich in ein leerstehendes Nebenzimmer gezerrt. Dort, nicht ganz mittig des Raumes, hatte er von ihm abgelassen und stellte ihn zur Rede. Ai begegnete ihm mit verständnisloser Haltung. „Was meinst du?“ „Raffst du’s noch? Du hast dich auf die Seite dieses Idioten gestellt!“ „Nein“, widersprach Ai mit einem Kopfschütteln. „Ich denke, da hast du etwas missverstanden. Ich habe mich auf niemandes Seite gestellt. Ich habe nur für Ordnung gesorgt, das ist alles.“ „Ach ja?“, schnippte Ranmaru zurück. Seine Augen wurden schmal. „Dann bist du dabei aber gründlich falsch vorgegangen. Nicht ich bin derjenige, den man zusammenfalten muss, sondern dieser Depp!“ „Reiji hat nichts falsch gemacht“, machte Ai ihm deutlich. Ungerührt hielt er dem finsteren Blick stand. „Er hat genau das getan, was von ihm verlangt war. Wir haben uns alle an das Konzept gehalten, welches man uns vorgegeben hat. Hast du das etwa vergessen?“ Uneinsichtig knirschte Ranmaru mit den Zähnen. „Wo stand da bitte, dass man sich lächerlich machen soll?“ „Das ist eben Reiji“, konterte Ai. „Du kennst seine Art. Was hast du anderes erwartet?“ „Meinetwegen kann er sich lächerlich machen, wie er will. Aber ich bin nicht bereit, dafür die Kosten zu tragen.“ „Es war ein Auftrag an Quartet Night. Es gibt keinen Einzelnen, der das Ergebnis allein trägt. Oder die Verantwortung dafür.“ „Ach ja? Wo hast du denn diese Weisheit wieder aufgeschnappt?“ Ai erwiderte nichts darauf. Schweigend wartete er, bis Ranmaru abließ und hörbar den Atem ausstieß. „Du willst also sagen, es kümmert dich nicht?“ „Nicht wirklich.“ „Und dass es okay ist, was dieser Trottel da abzieht?“ „Es ist nervig“, räumte Ai ihm ein. „Aber solange es den Zweck erfüllt, soll es mir recht sein.“ „Im Fazit: Es ist meine Schuld?“ Ai sagte nichts. Er wartete einen Moment, bevor er zu einer Antwort ausholte. „Du kanntest die Anweisung: ein Team gewinnt, ein Team verliert. Es ging in erster Linie darum, den Leuten etwas zu zeigen und beizubringen. Dieser Zweck wurde erfüllt. Wie spielt dabei keine Rolle.“ Er setzte darauf eine Pause ein, ehe er schloss: „Du hast die Beherrschung verloren, das ist alles.“ Ranmaru zischte abfällig. Er nahm sich die Zeit, die er brauchte, um diese Worte auf sich wirken zu lassen und atmete im Anschluss einmal tief durch. „Verstehe. Promotion also.“ Ai nickte. Es lockte Ranmaru ein dünnes Grinsen auf die Lippen. „Wer auch immer sich so ein bescheuertes Konzept ausgedacht hat.“ Damit war das Thema für ihn beendet. Bestimmt streckte die Arme aus und legte sie dem Kleineren um die schmale Taille. In einem stummen Anspruch, den er erhob, zog er ihn dicht an sich heran, bis er ihn Körper an Körper an sich spürte. „Weißt du, Prinzessin“, raunte er tief und beugte sich nah an sein Ohr, „fast hätte ich es persönlich genommen. Du warst gefährlich nah dran, es dir mit mir zu verscherzen.“ „Ach ja?“, gab Ai unbeeindruckt zurück. „Ich wüsste nicht, wie ich das angestellt haben soll.“ „Ich mag es nicht, wenn du dich gegen mich stellst“, machte Ranmaru deutlich. Er wich ein Stück zurück, um ihm offen ins Gesicht blicken zu können. Er betrachtete es ernst, seine Hände legten sich um die Konturen. „Überhaupt nicht.“ Ai antwortete nicht. Akzeptierend schloss er die Augen und nahm die Lippen in Empfang, die sich heiß und fordernd auf seine legten. An der Brust des anderen fand er Halt, wo sich seine Finger in dem Stoff versenkten. Als sie sich voneinander gelöst hatten, stand Ai ihm gegenüber, unnachgiebig wie eh und je. „Solange du ein Idiot bleibst, wird sich das nicht vermeiden lassen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)