Find your own way von Kokoro-Tamashi ================================================================================ Kapitel 18: Einsicht -------------------- Lernt einsehen, daß man bei Entschlüssen mit der Tat anfangen muß. Franz Grillparzer   *.: 。✿*゚‘゚・✿.。.: *Joe*.: 。✿*゚’゚・✿.。.: *   Joe arbeitete überreichlich, das Studium hatte schon eine ganze Menge von ihm abverlangt, aber der neue Job als Assistenzarzt im Universitätsklinikum verlangte noch mehr Zeit von ihm. Wobei er auch seine Freizeit im Klinikum verbrachte. Das letzte Mal hatte er seine Freunde an Mimis Einweihungsparty gesehen. Sporadisch hielt er Kontakt zu ihr, da nicht viele von Mimis Drogensucht wussten, doch auch diese Party lag nun eine Woche zurück. Der gewissenhafte junge Mann hatte Ziele, konkrete Ziele. Er hatte einen Fünf-Jahres-Plan für berufliche und private Ziele erstellt und verfolgte diesen konsequent. Er war noch Anfänger, Assistenzarzt im ersten Jahr, er hatte noch viel zu lernen, vor allen Dingen da es dieses Mal die Praxis und weniger die Theorie war, die er lernte. Jetzt behandelte er Patienten, keine Leichen. Noch immer wusste er nicht genau, welche Fachrichtung er anstrebte. Denn auch die Zwischenprüfung stand schneller auf dem Programm, als er wahrhaben wollte. Immerhin blieb ihm nur noch ein Jahr. Das positive war, dass er als Anfänger in allen Fachbereichen eingesetzt wurde, er hoffte, dass er dann erkennen würde, in welchem Bereich er sich am wohlsten fühlte.   Heute wurde der Blauhaarige in der Notfallambulanz eingesetzt, hier war es besonders wichtig auch in stressigen und chaotischen Situation, stets die Ruhe zu bewahren. Etwas das ihm lag, etwas worauf er sich freute. Ein weiterer Vorteil bestand darin, dass man in der Notfallambulanz zunächst auch ohne Oberarzt behandeln durfte, soweit die Notfälle nicht gleich weiter in den Operationssaal geschoben wurden. Bisher war der Tag unspektakulär, keine wirklich interessanten Fälle. Er entließ gerade eine Patientin die lediglich einen verstauchten Knöchel hatte und keine weiteren stationären Aufenthalt benötigte, als sein Blick auf die Türe der Notfallambulanz fiel, indem gerade eine junge Frau auf einer Trage eingeliefert wurde. Schnell unterschrieb er die Entlassungspapiere, überreichte der Patientin ein Rezept und reichte ihr seine Hand. Danach richtete er seine Aufmerksamkeit auf seinem neuesten Patienten und erschrak augenblicklich, als er feststellte, dass er diese junge Frau nur zu gut kannte. Die junge Frau, war keine andere als Mimi. Er schüttelte rasch seinen Kopf, bemühte sich um Professionalität. „Was haben Sie für mich?“, bat er die Herren des Rettungsdienstes, die Mimi reinschoben um Informationen. „Das Mädchen war an der Mode Gakuen kollabiert und musste von uns wiederbelebt werden.“, erklärte einer der Rettungssanitäter. „Sie war eben kurz bei Bewusstsein und ansprechbar. Ihr Name ist Mimi Tachikawa“, erklärte der zweite und Kleinere der Rettungssanitäter. „So genau, konnte keiner der Zeugen sagen, was geschehen war. In einem Moment ging es ihr gut und im nächsten fiel sie wohl um. Wir vermuten Alkoholmissbrauch!“ „Bringen sie mir sofort ein Antitoxikum!“, wand er bestimmend an eine der Krankenschwester, während Mimi in ein Krankenzimmer weitergeschoben wurde.   Nach drei Minuten tauchte Yuri auf und überreichte dem jungen Arzt das Gegengift. „Ich habe mitbekommen, dass sie eingeliefert wurde. Ist sie schon wieder kollabiert?“, fragte diese besorgt nach. Jou hatte keine Zeit ihr zu antworten, zügig führte er das Medikament in eine Spritzte, desinfizierte die Stelle an Mimis Unterarm und injizierte das Gegengift intravenös ein. Die Kanüle samt Spritze warf er dann in den dazugehörigen Abwurfbehälter und kontrollierte schnell ihre Vitalzeichen. „Mimi? Mimi? Kannst du mich hören?“, rief der junge Arzt und berührte sie an beiden Schultern, nahm sich danach eine kleine Taschenlampe, öffnete ein Auge der jungen Frau und kontrollierte die Pupille, da diese gleich reagierte, atmete er erleichtert aus. Anschließend nahm er das Handgelenk der Jüngeren und überprüfte ihren Puls. „Schwach aber vorhanden!“, sagte er, gleich nahm sich Yuri ein Patientenblatt und füllte diese nach Joes Anweisungen aus. „Sollen wir vielleicht jemanden anrufen?“, fragte die blonde Frau bei ihrem Freund nach. Jou sah zu Yuri rüber, ehe er seinen Kopf in den Nacken legte und zur Decke blickte. „Hmmm...na...vielleicht Taichi-kun oder Koushiro-kun?“ Yuri nickte „Ich erledige das, mal sehen wer von den Beiden zu erreichen ist.“    Jou war zwischenzeitlich bei anderen Patienten, während er Yuri darum bat, immer mal wieder ein Auge auf die Jüngere zu werfen und ihn zu kontaktieren, sobald diese wieder bei Bewusstsein sei. Nach knapp dreißig Minuten erklang sein Pieper und er entschuldigte sich kurz bei einem seiner Vorgesetzten, ehe er zügig in Mimis Krankenzimmer zurückeilte. „Möchtest du was trinken?“, hörte er seine Freundin fragen, ehe er ans Krankenbett eilte. „Hallo Mimi-chan, wie geht es dir?“, fragte er vorsichtig nach. Die Brünette wirkte blass, aber zwang sich dennoch zu einem Lächeln. „Ganz gut...was ist passiert? Warum bin ich hier?“ „Weißt du das denn gar nicht?“, hakte der junge Arzt nach, doch die Jüngere verneinte „Du bist wohl an der Universität kollabiert und sogar noch an Ort und Stelle reanimiert worden“, erklärte er der Jüngeren sachlich. Tränen schossen in die Augen der Tachikawa. Jou wand sein Blick kurz von Mimi ab und sah zu seiner Freundin. „Yuri-chan würdest du mir eine Beruhigungstablette holen?“ Die blonde Frau nickte und verabschiedete sich. Er war froh, dass er auf der Arbeit selten mit seiner Freundin diskutieren musste. Er war Arzt und sie Krankenschwester und als solche erkannte sie seine Arbeit an, auch wenn sie sich in letzter Zeit mehr und mehr Sorgen machte, da sie ihn nur noch auf der Arbeit traf. „Du hast weiterhin Drogen konsumiert oder? Hast du wenigstens einen Tag ohne geschafft?“, hakte der Ältere besorgt nach. „Ich habe es versucht, wirklich Jou-kun, aber ich...ich...“ Sie brach mitten im Satz ab, als erneut Tränen über ihre Wangen liefen. Jou setzte sich an die Bettkante und nahm ihre Hand in seine. „Ich muss mich bei dir entschuldigen...“, fing er sanft zu reden an. Irritiert blickte die Jüngere zu dem Blauhaarigen. „Dir vorzuschlagen, einfach keine zu nehmen um zu sehen wie es läuft, war wirklich ein saublöder Rat von mir!“ „Aber nein...war es nicht, es hätte ja klappen können, wenn ich nicht so schwach wäre“, entgegnete die Brünette, während sie sich ihre Tränen wegwischte. „Das hat mit Schwäche nichts zu tun, Mimi-chan. Die Idee vom einfachen "Aufhören" bleibt eine Illusion. Wer abhängig ist und aus der Sucht ausbrechen will, braucht Unterstützung. Bei vielen Drogen geht es dabei nicht mehr um Abstinenz in erster Linie, sondern um einen schrittweise Rückgewinn von Kontrolle und die Reduzierung von Schäden“, erklärte der junge Arzt seiner Patienten. „Du glaubst also, dass ich es ohne Therapie nicht schaffe?“, murmelte die Brünette, während Jou nickte.   In diesem Moment tauchten Yuri samt Koushiro auf. „Ich habe da wen auf dem Flur aufgegabelt.“ „Koushiro-kun?“, fragte die Brünette und blickte überrascht in die Augen ihres besten Freundes. „Hey...Mimi-chan, was machst du denn für Sachen?“, fragte der Rothaarige besorgt und stellte sich auf die andere Seite des Bettes. Mimi schielte kurz zu dem Blauhaarigen, suchte nach Hilfe. Sollte er ihm auch gestehen, wie schwach sie war? Sanft lächelte der Ältere ihr tapfer zu. „Mimi....hat versehentlich eine Überdosis zu sich genommen“, erklärte er dem Jüngeren. Ungläubig sah der Informatiker zwischen Jou und Mimi hin und her. Mimi erzählte Koushiro schließlich alles und dieser hörte ihr aufmerksam zu, während seine Gesichtsfarbe sich immer wieder veränderte, ebenso wie der Ausdruck darin.   Zwischendurch hatte sich Jou und Yuri zurückgezogen und hielten sich im Gemeinschaftsraum auf. Sanft legte die blonde Frau ihre Lippen, auf denen des Blauhaarigen. „Kommst du heute nach der Schicht nach Hause?“, fragte diese ungeduldig nach. „Ich kann es dir nicht sagen, Yuri-chan, ich weiß nicht mal, wann ich Dienstschluss habe, da ist es einfacher in einem der Bereitschaftszimmer zu schlafen“ erklärte der Blauhaarige ihr. „Das ist mir egal, ich habe dich seit einer Woche nur hier im Krankenhaus gesehen und ich möchte dich auch außerhalb des Krankenhauses zu Gesicht bekommen“, klärte sie ihn auf und entfernte sich einen Schritt von ihm, um den Älteren einen feindseligen Blick zu schenken. „Ja...in Ordnung, ich werde heute nach Hause kommen“, versprach er dann und biss in seinen Apfel, den Yuri für ihn mitgebracht hatte. Ja...beruflich akzeptierte sie jede Anweisung, privat nicht eine Einzige. „Dann ist gut“, erwiderte die Krankenschwester. „Hast du Taichi-kun nicht erreicht?“, hakte er bei seiner Freundin nach. Yuri schüttelte den Kopf „Nein, er hat mich weggedrückt und daraufhin habe ich Koushiro-kun angerufen und der war wirklich mal schnell hier...“, entgegnete die blonde Frau. „Hmmm....komisch, das ist so gar nicht Taichis Art, gerade wenn es um Mimi-chan geht“, überlegte er laut, während er die Reste seines Apfel in dem Mülleimer entsorgte. „Hast du die Therapiebroschüren für mich rausgesucht?“, hakte er bei seiner Freundin nach. „Ja...einen Moment“, erwiderte die blonde Frau und kramte im Schwesternzimmer nach den Unterlagen. „Hier“ Jou nahm die Broschüren entgegen und drückte seiner Freundin einen kurzen Kuss auf die Lippen. „Achso und versuche doch bitte nochmal Taichi-kun zu erreichen. Sicher würde Mimi sich freuen.“   Jou schritt nach seiner kurzen Pause zurück zu Mimis ans Krankenbett, während Koushiro weiterhin an ihrem Bett stand und nicht mehr von ihrer Seite wich. „Mimi-chan...ich habe hier was für dich.“ Kraftlos griff sie nach der Broschüre, als sie die verschiedenen Überschriften las, rollte sie instinktiv mit ihren Augen. „Stationärer Aufenthalt?“, schrie sie hysterisch, als sie genauer las. „Das wäre wirklich das Beste für dich, ein ambulanter Aufenthalt wird dir nichts bringen, dafür bist du viel zu instabil“, erklärte der junge Arzt der Brünetten. „Ja...aber...die Uni...Ich kann doch nicht gleich zu Beginn fehlen und wie lange überhaupt? Was wenn sie mich da nie wieder raus lassen?“, rief sie laut, legte die Broschüre weg und verschränkte demonstrativ ihre Arme vor dir Brust. Jou und Koushiro lächelten sich kurz an. Da war sie wieder `unsere kleine Dramaquee´ „Also erstens, hast du doch zurzeit nur Vorbereitungskurse, zweitens dauert einen Therapieplatz meistens vier Wochen und drittens gegen deinen Willen kann dich sowieso keiner da behalten“, erklärte der Ältere mit einem schiefen Lächeln. Mimi runzelte die Stirn. „Na okay...“, murmelte sie schließlich. „Ich versuchs.“ „Das ist mein Mädchen“, lachte der Rothaarige, während er ebenfalls die Broschüre in die Hand nahm, um sich Informationen über die Einrichtung zu beschaffen. „Ich habe übrigens schon da angerufen. Denn wenn man als Arzt da anruft, bekommt man schneller einen Therapieplatz, du kannst Donnerstag schon anfangen“, klärte er die beiden Freunde auf. „Das ist ja super, umso schneller dir geholfen wird, umso besser“, strahlte der Computerfreak. Mimi nickte gedankenverloren. „Meine Güte, mit zwanzig Jahren muss ich in eine Entzugsklinik, wie peinlich ist das denn?!“, seufzte die Jüngere und vergrub ihre Hände in ihrem Gesicht, während sie erneut begann zu weinen. „Ja... na und? Du bist reingelegt worden, du hast jemanden vertraut der dir nah stand und dieser Jemand hat es schamlos ausgenutzt, das ist absolut unverzeihlich, aber du bist stark und du schaffst das!“, sagte Koushiro mit fester Stimme und legte eine Hand auf ihren Kopf ab. „Genau, lass dich nicht unter kriegen. Wichtig ist wie wir mit Schicksalsschlägen umgehen, das wir uns ihnen mutig entgegen stellen und nicht in die Knie zwingen lassen“, versuchte auch der junge Assistenzarzt, der jungen Frau Kraft zu schenken. Mit traurigen Augen sah Mimi zu ihrem Exfreund und dann zu Jou. Sie wischte sich ihre tränen mit ihrem Handrücken weg und schenkte ihren beiden Freunden ein zaghaftes Lächeln. „Danke...euch beiden...für alles...Ihr seid toll!“ *.: 。✿*゚‘゚・✿.。.: *Sora*.: 。✿*゚’゚・✿.。.: *   „Mach es schnell, ich hab wenig Zeit.“ Unbehagen machte sich in der Takenouchi breit, während ihr bester Freund – wohl eher ihr ehemaliger bester Freund – mit einem solch ruppigen Unterton mit ihr sprach. Als seine beste Freundin kannte sie die Trainingszeiten des Universitätssportes und damit verbunden auch, wann sie auf den Yagami treffen würde. Seit der Feier hatte sich alles verändert. Taichi sprach nicht mehr mit ihr, Yamato nur das Nötigste und Mimi ging ihr aus dem Weg. Auch Koushiro wirkte enttäuscht und von Hikari und Takeru wollte sie gar nicht erst anfangen. Wie immer war Joe mit seinem Studium verheiratet. Sora sah ein, dass sie Mist gebaute hatte. Was sie jedoch nicht verstand, dass keiner für sie Verständnis hatte. Schließlich machte jeder Fehler. Ihre Fehler schienen aber unverzeihlich…   „Hör zu Taichi…es tut mir wirklich leid, was passiert ist. Ich wollte keinem von euch weh tun. Aber du hast mich nicht beachtet, du hast immer zu Mimi gesehen oder anderen Mädchen den Hof gemacht. Ich war einfach verzweifelt…“, erklärte sie aufgebracht. Erneut bildeten sich Tränen in ihren Augen, doch Taichi sah sie einfach nur kalt und herablassend an. Sie ertrug kaum den Blick ihres besten Freundes. Wahrscheinlich wich sie diesem auch aus. Sie biss sich auf die Unterlippe. „Es tut mir leid, dass ich behauptet habe, wir hätten miteinander geschlafen und dass ich dir diese Mittel untergeschoben habe…“, ergänzte sie ihre vorangegangenen. Schweigend spürte sie das Mustern von Taichi. Er verschränkte die Arme vor der Brust und sah zur Seite. „Ich kann dir das nicht so einfach verzeihen. Weißt du. Deine Gefühle kann ich nicht erwidern. Wollte ich auch nie. Früher fand ich dich toll, aber du bist meine beste Freundin und kein billiges Flittchen, dass ich für eine Nacht Vergnügen haben will. Aber dein Handeln, damals wie heute, hat mich wahnsinnig enttäuscht. Unter normalen Umständen hätten wir sicher eine andere Lösung gefunden, aber ich will dich im Moment weder sehen, noch sprechen!“, kam es reumütig, aber ehrlich von dem Brünetten.   Insgeheim war ihr das schon von Vornherein klar. Sie hatte gänzlich entgegen ihre Prinzipien gehandelt, war einen falschen Weg gegangen und hatte andere mit ins Unglück gezogen. „Meinst du, du kannst mir irgendwann verzeihen?“, fragte sie vorsichtig. Taichi schüttelte den Kopf. Er wirkte auch betrübt. „Ganz ehrlich? Ich weiß es nicht“, sagte er wahrheitsgemäß. Sora spürte die brennenden Tränen in ihren Augenwinkeln. Hätte sie es sich aussuchen können, hätte sie sich niemals in den Yagami verliebt. Niemals hätte sie so gehandelt und nie einen ihrer Freunde verletzt. Damals war ihr nie klar gewesen, was sie für ihn empfand. Schon immer war Taichi ihr wichtig, genauso wie Mimi und Yamato. Einfache Freunde eben. Doch nach und nach fühlte sie sich immer mehr zu dem Yagami hingezogen, fühlte sich bei ihm geborgen und wohl. Bis zu dem Tag, an welchem Yamato ihr seine Liebe gestand. Sora war damit so überfordert, gleichzeitig aber auch geschmeichelt, dass sie prompt eine Beziehung mit ihm einging. Bis Dato hatte Taichi sie immer wieder abgelehnt, sie aber wollte auch ihre Erfahrungen machen. Trotz der Beziehung zu Yamato ertrug sie es nie, den Yagami mit anderen Mädchen zu sehen. Besonderes Mimi war ihr ein Dorn im Auge. Es war so hart, dies auszudrücken. Aber die Rothaarige wusste als Erste davon, dass die Tachikawa für ihn schwärmte. Etwas, dass Sora gar nicht gefiel. Heute schämte sie sich dafür, doch damals hatte sie nichts unversucht gelassen, sie von dem Yagami fernzuhalten. Jedes treffen konnte sie nicht verhindern, dafür aber, dass die beiden zusammenkamen. Deshalb erfand sie auch die Geschichte mit Serena. Wenn sie darüber nachdachte, wurde ihr unwohler als je zuvor. Sie hatte gleich zwei Herzen gebrochen.    „Was hast du mir eigentlich damals gegeben?“, fragte der Yagami, nachdem er widerholt auf seinem Handy tippte. Sora seufze. „Sowas Ähnliches wie K.O.-Pillen.“ „Vergewaltigungs-Drogen?!“ Empört sah er Sora an, welche zaghaft nickte. „Hast du die von Michael bekommen?“, halte er gezielt nach und verwundert sah Sora auf. „Ja, warum?“ „Er hat Mimi auch was…Ups!“ Sofort drückte er sich die Hände auf die Lippen, um zu verhindern, dass er weitersprach. Doch Sora verstand sofort und hob besorgt die Augenbrauen. „Hat er Mimi etwa verge“ „Nein!“ „Was dann?!“, fragte sie erschüttert. Taichi schob seine Hände in die Hosentaschen seiner Jeans uns sah zur Seite. Er zuckte mit den Schultern. „Ich kann dir das nicht sagen… Ehrlich gesagt, will ich das auch gar nicht.“ „Taichi. Du konntest mir bisher immer vertrauen!“, beteuerte sie. Er seufze. „Ja, aber du hast mich jetzt schon mehrmals angelogen. Mimi auch. Ich hab keine Ahnung, ob ich dir vertrauen kann. Aber im Moment möchte ich es nicht.“ Das brauchte er nicht. Auch wenn Sora wirklich link gehandelt hatte, bedeutete das nicht, dass sie bescheuert war. Die Rothaarige war durchaus in der Lage eins und eins zusammenzuzählen. „Nimmt sie etwa Drogen?“, fragte sie daher ganz direkt. Taichi verzog das Gesicht. Wenn der Yagami eines nicht gut konnte, dann war es lügen. „Du willst mich gerade verarschen, oder?!“, fragte sie erneut. Innerlich machte sich Sorge in der Älteren breit. Auch wenn Mimi den gleichen Mann wie sie selbst liebte, liebte sie Mimi genauso. Sie war für sie die kleine Schwester, die sie nie hatte. Dass es dieser scheinbar nicht gut ging, war selbst der Takenouchi die letzten Tage aufgefallen. Schließlich war sie bei der Tachikawa gewesen, als sie das erste Mal zusammengebrochen war. Da hieß es jedoch lediglich, sie habe zu wenig gegessen und getrunken. Doch mit der Tatsache, dass sie Drogen konsumierte, machte alles weitaus mehr Sinn.   „Sora. Ich hab doch schon gesagt, dass ich dir nichts erzählen werde!“ „Ach verdammt, Taichi! Du kannst mir nichts verbergen. Vor allem aber das. Das ist wichtig, verdammt! Mimi wohnt bei mir und ist letzte Woche zusammengebrochen. Vielleicht lag das an einen erhöhten Konsum!“, rief sie nun direkt aus und ließ Taichi verdutzt dastehen. „Wie zusammengebrochen?“ „Wir waren zusammen einkaufen und in der Wohnung ist sie dann zusammengebrochen. Die Sanitäter haben zwar gesagt, dass sie wohlmöglich nur zu wenig getrunken und gegessen hat, aber, wenn ich davon ausgehen muss, dass sie Drogen konsumiert, dann ist ihr da nur wenig geholfen!“, kam es aufgebracht von der Älteren. Nun brach Taichi endgültig in sich zusammen. Die Sorge und Angst um Mimi stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. In diesem Moment wurde ihr das erste Mal klar, was sie getan hatte. Sie hatte nicht nur Taichi verletzt und Mimi das Herz gebrochen. Sie hatte die Jüngere auch in die Arme von Michael getrieben. Aus den schützenden Armen des Yagami. Sora presste die Lippen aufeinander und sah zu Boden. Sie kickte mit ihrem Fuß leicht einen Stein vor sich, während erneut die Tränen in ihren Augen brannten. „Ich bin so eine dumme Kuh. Die ganze Zeit habe ich nur an mich gedacht und habe gar nicht gemerkt, dass sie mich braucht und kurz vorm zerbrechen ist! Ich habe nicht nur dir weh getan, ich habe Mimi womöglich direkt in die Arme von Michael gedrängt.“ Stumm tropften die Tränen der Rothaarigen zu Boden. Sie war wirklich verzweifelt. Mimi war ihr wichtig. Genauso wie Taichi und Yamato. Nichts auf der Welt – noch nicht mal die Liebe – war es wert, ihre kostbaren Freundschaften zu gefährden. Absolut nichts.   Erneut war es der Klingelton des Yagamis, der sie aus den Gedanken riss. Genervt verrollte sie die Augen. „Nun geh schon endlich ran!“, murrte sie und sah ich eindringlich an. Sie begann am Nagel ihres Daums zu knabbern, während sich Taichi von ihr wegdrehte. Es bei Taichi wieder gut zu machen, war eine Sache. Viel wichtiger war es jedoch, ihrer besten Freundin zu helfen und nebenbei bemerkt auch bei ihr den Schaden wieder gut zu machen. Sie hatte der Jüngeren nur Steine in den Weg gelegt. Niemand Geringeres als sie selbst, sprich Mimi, musste nun die Konsequenzen von Soras Handeln tragen. Die Trägerin der Liebe war intelligent genug zu wissen, dass Mimi ihr niemals dafür die Schuld geben würde. Aber sie wollte sie zurück. Als Freundin. Als kleine Schwester. Als das lebensfrohe und muntere Mädchen von damals. Denn davon war die letzten Tage nur wenig zu sehen. Und Sora trug ihren Teil dazu bei. Irgendwie wollte sie das wieder gut machen. Und das ging womöglich nur, indem sie für sie da war.   „Ich muss los, Sora“, war es die Stimme von Taichi, die sie einmal mehr aus ihren Gedanken holte. Er wirkte blass und ziemlich besorgt. Ein Gesichtsausdruck, den er meistens auflegte, wenn irgendwas mit seinen Freunden oder seiner Familie war. Oder vielleicht…? „Geht es um Mimi-chan?“, fragte sie daher ganz direkt. Sein erstauntes Gesicht war bereits Antwort genug. „Wie kommst du darauf?“ Es könnte auch was mit Hikari-chan sein…“, gestand sie. Taichi sah sie verwirrt an. „Ich kenne dich. Auch wenn du gerade nicht besonders auf mich zu sprechen bist. Bis dato war ich immer eine gute Freundin.“ Er musste ihr zustimmen. Das war sie. Genau aus diesem Grund verletzte es ihn auch so sehr, dass sie so heimtückisch und falsch agiert hatte. Trotzdem nickte er. Ein Lächeln zeigte sich auf den Lippen der Rothaarigen. Sie bekam eine weitere Chance. „Ja, Mimi scheint in der Universität zusammengebrochen zu sein“, erläuterte er. Ihrer Erleichterung folgte blankes Entsetzen. „Was?! Wie geht es ihr?“ „Scheinbar besser. Joe hatte Dienst. Yuri-chan hat mich gerade angerufen…“, knurrte er. Sie bemerkte einmal mehr, dass ihn etwas wurmte. „Was hast du?“, fragte sie daher ganz direkt. „Koushiro ist auch bei ihr.“ „Und?“ „Ich bin mit ihm verstritten…“ „Na und?“ „Was soll das heißen, Na und?“ Sora zuckte mit den Schultern. „Ich bin auch mit Mimi-chan verstritten. Trotzdem werde ich jetzt ins Krankenhaus fahren und für sie da sein. Sie brauch uns jetzt. Es gibt wichtigeres als ein verletztes Ego.“   Die junge Frau sah ihre besten Freund in die Augen. Dieser haderte etwas mit sich selbst, nickte dann aber. Es würde Mimi sicher nicht gefallen, dass auch Sora von dem Ganzen Bescheid wusste und mitkam. Doch sie hatte Recht. Mimi brauchte sie alle. Als Team. Als geschlossene Gesellschaft. Aus diesem Grund setzte sich der Yagami auch ohne zu zögern in den Wagen von Sora und fuhr mit ihr gemeinsam ins Universitätsklinikum. Während der Fahr unterhielten sich die beiden kaum. Es gab schließlich nichts zu besprechen und alles Wichtige war geklärt. Sora wusste, dass es Zeit benötigen würde, bis man ihr verzieh. Vergessen würde man ihre Taten sicher niemals. Sie wusste auch nicht, ob sie getane Handlungen wieder gut machen konnte. Doch das Wichtigste war für sie im Moment, für ihre beste Freundin da zu sein und das Beste für sie zu wollen. Traurig sah sie rüber zu ihrem Sitznachbarn. Sie kannte seine Gefühle. Genauso wie die Gefühle von Mimi. Sora biss sich auf die Unterlippe und zog die Haut dieser vor und zurück. Ja, sie wollte für Mimi nur das Beste. Und ja, sie wollte, dass Taichi glücklich wurde. Das bedeutete aber auch, ihr eigenes Glück und die Hoffnung auf Liebe aufzugeben. Ein notwendiger Schritt, der schmerzlicher nicht sein konnte. Aber sie hatte keine andere Wahl. Ihre Freundschaft zu allen war ihr wichtiger als die Liebe zu Taichi…   Das erkannte sie nun. Reichlich zu spät. Aber immerhin.   Im Krankenhaus angekommen schritten sie direkt zur Rezeption und ließen sich die Zimmernummer von Mimi geben. In der Station angekommen liefen die beiden jungen Erwachsenen den Ganz entlang und suchten nach dem Zimmer der Tachikawa. Es dauerte nicht lang, bis sie es fanden. Doch es war Joe, der zunächst aus dem Zimmer kam. Überrascht sah er zuerst zu Taichi, dann zu Sora. „Ist sie da drin?!“, fragte Taichi aufgeregt und wollte direkt reinstürmen. Joe lächelte nur schwach. „Willst du nicht lieber warten, bis Koushiro-kun fertig ist?“, fragte er besorgt. „Mimi brauch wirklich Ruhe“, mahnte der Brillenträger an. „Ich hab nicht vor, mich mit ihm zu streiten!“, erwiderte Taichi, kurz bevor er zur Türklinke griff. Er hielt inne, bevor er diese runterdrückte und sah zu Sora. „Willst du mit reinkommen?“   Die Angesprochene lächelte schwach, schüttelte dann aber den Kopf. „Ich werde uns mal Kaffee organisieren und komme dann nach“, log sie. Ehrlich gestanden fühlte sie sich nicht glücklich dabei, Taichi dabei zusehen zu müssen, wie er besorgt die Tachikawa betrachtete. Zumal aus seinem Gesicht jedes Gefühl der Liebe zu sehen war. Außerdem reichte es schon aus, hier zu sein und zu wissen, dass Mimi ihre zwei wichtigsten Menschen an ihrer Seite hatte. „Okay…wenn du meinst…“, flüsterte er und Sora lächelte schwach, kurz bevor er in das Zimmer verschwand. Danach seufze sie. „Ich finde es schön, dass du hier bist“, erklang die Stimme von Joe. Sora verschränkte nur die Arme vor der Brust und sah auf die geschlossene Zimmertüre. „Nur, dass sie mich nicht sehen möchte…“, flüsterte sie. „Joe…ich hab so viel Mist gebaut. Dabei hab ich nicht einmal bemerkt, dass es ihr so schlecht geht…“, hauchte sie und fuhr sich mit einer Hand durch die rotorangen Haare. „Ihr ging es die ganzen Jahre schlecht und alles woran ich gedacht habe, war, dass ich unbedingt Taichi für mich haben will. Was bin ich doch für ein schrecklicher Mensch!“, machte sie sich Selbstvorwürfe. Der Blauhaarige sah sie mitleidig an. Wiedersprechen konnte er nicht. Doch er konnte ihr Mut machen. „Dann sei jetzt für sie da. Schließlich ist es nicht zu spät. Du kannst dich noch immer bei ihr entschuldigen… Irgendwann verblassen die Worte und es ist zu spät für eine Entschuldigung…“, erklärte er. Sora schüttelte den Kopf. „Ich möchte nicht, dass sie sich aufregt…“, erwiderte sie. Doch sie zuckte im folgenden Moment zusammen, als sich die Türe von Mimis Zimmer öffnete und Koushiro rausschau.   „Sora?“, fragte er nach ihr. Die Angesprochene sah ihn verwirrt an. „W-Was denn?“ „Mimi möchte, dass du reinkommst.“ „Was…a-aber…aber ich…“ „Verdammt Sora! Halt die Klappe und komm rein! Du bist meine beste Freundin und ich will dich bei mir haben! Reicht schon, dass ich von diesem Scheiß abhängig bin! Da muss ich meine beste Freundin nicht auch noch verlieren!!!“, schrie die Tachikawa durch das Zimmer, so, dass es auch entlang des Gangs zu hören war. Noch immer stand Sora mit geweiteten Augen in besagten Gang. „Hat sie Medikamente bekommen?“, fragte sie unschlüssig. Joe zuckte mit den Schultern. „Anscheinend nicht genug, wenn sie noch so gut schreien kann“, erwiderte er lässig. „Man endlich! Es zieht! Außerdem wirst du mich hübsch zum Essen einladen, um das alles wieder gut zu machen. Und wenn du jetzt nicht endlich reinkommst, lad ich Serena zum Essen gleich mit ein!“, kam es aufgebracht von Mimi. „Mensch, jetzt beruhig dich mal!“, hörte man die mahnende Stimme von Taichi. „SORA!“, schrie Mimi erneut.   Die Angesprochene lächelte. Vielleicht war es nicht zu spät, um die Freundschaft zu kämpfen und sich zu entschuldigen. Zu spät war es erst, wenn keiner mehr dazu fähig war, zuzuhören… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)