Sturm & Drang von die-in-darkness ================================================================================ Kapitel 39: Vorspann -------------------- Kapitel 39 Während Kai im Wohnzimmer, leicht nervös, auf und ab lief, gesellte sich Mila zu ihm. Grinsend sah sie ihren Neffen an. „Bist du etwa aufgeregt?“ „Nein. Ich will nur nichts durcheinander bringen.“ „Ha ha ha! Daran ist doch nichts durcheinander zu bringen!“ Der junge Mann drehte sich von ihr weg und sah aus dem Fenster. Wollte er das wirklich tun? Noch nie hatte er so ein ungutes Gefühl. Aber jetzt musste er dabei bleiben. Um jetzt einen Rückzieher zu machen, war es zu spät. „Dir steht der Anzug übrigens sehr gut.“, bemerkte sie nebenbei. „Danke. Dass weiß ich selbst.“ „Nur...das Krawatte binden, solltest du noch üben.“, widerwillig ließ er sich von seiner Tante die schwarze Krawatte binden. „Wie sieht sie aus?“ „Oh...Kate lag noch im Bett, sie ist noch nicht mal geschminkt.“, darauf erntete sie einen mahnenden Blick. „Ach, du meintest Hilary! Das Kleid steht ihr ausgezeichnet!“, sein Gesicht sah zufrieden aus, als sie ihm das berichtete. Die junge Japanerin stand oben noch einen Moment vor dem Spiegel. Sie konnte den Blick nicht von ihrem Kleid lassen. Es stand ihr so gut. Verlegen lächelte sie ihr Spiegelbild an. Für einen Augenblick verschwand die junge Frau vom Spiegel, aber nur um ihre Kosmetiktasche zu holen und ein dezentes Make-Up aufzutragen. Nachdem sie nochmal einen sicheren Blick über ihre Schultern warf, schloss sie die Zimmertür und ging nach unten. Im Obergeschoss geriet Kate so langsam in Panik. In nicht einmal drei Stunden würde sie mit ihrem Kai verheiratet sein. Sie versuchte sich zu beruhigen, bevor sie den Kajalstift ansetzte und tief ausatmete. Ihr Herz pochte so schnell gegen ihre Brust, dass sie glaube, es würde jeden Moment heraus springen. Trotz des enormen Drucks, den sie sich machte, gelang ihr das Make-Up sehr gut. Kate war eben geübt darin. In Unterwäsche lief sie durch das Zimmer und rief nach Ludmila. „MILAAAAA!“ Kai verdrehte seine Augen, als er das Gebrüll seiner Verlobten hörte. Mila hatte wieder nur ein Lächeln auf den Lippen, entschuldigte sich und ging aus dem Raum, den Hilary gerade betrat. „Entschuldige mich, Kind. Ich muss Kate jetzt beim Anziehen helfen.“, Mila eilte an ihr vorbei und gab somit den Blick auf Kai frei. Er wollte noch eine Beruhigungszigarette rauchen, doch als er Hilary sah, stockte sein Atem. Fasziniert von ihrem Anblick, musste er grinsen. „Du siehst gut aus.“ „Danke...Der Anzug steht dir auch sehr gut.“, wieder verdrehte er die Augen. Was konnte an diesem Anzug so toll sein? Eigentlich sah der aus, wie jeder normale Anzug. Nichts besonderes oder auffälliges. Nur ein schwarzer Anzug unter dem er ein weißes, blickdichtes Hemd trug. „Hm. Ich wollte noch...“, er hielt die kleine rechteckige Packung hoch und Hilary wusste schon Bescheid. „...kommst du mit?“ Mit einem Nicken folgte sie ihm nach draußen. Schnell griff die junge Frau noch nach ihrer Jacke, denn es war höllisch kalt draußen. So empfand sie es. Kai hingegen, ging nach draußen, ohne sich noch etwas überzuziehen. Kaum stand er mit einem Fuß draußen, qualmte der Glimmstängel bereits. Hilary wedelte mit der Hand den Rauch weg, der ihr mitten ins Gesicht wehte. „Du rauchst ziemlich viel.“ „Das sieht nur so aus.“ „Natürlich... Wie läuft der Tag heute eigentlich ab?“, ganz grob sagte Mila ihr ja schon wie sie zur Kirche kommen sollte, aber den restlichen Ablauf wusste sie nicht. „Ich rauch die noch auf und dann geht’s los.“ „Okay!“ Er nahm noch einen Zug und schmiss des Rest zu Boden. Nur um drauf zu treten und die Kippe in den kleinen Mülleimer zu schmeißen. Von drinnen kam der Fahrer heraus. Das Auto stand bereit, und so konnten sie losfahren. Pünktlich kamen sie nach einer längeren Fahrt an. Vor dem Eingang stand schon eine große Masse an Menschen. Wohl Kate's Verwandte und Freunde. Von seiner Familie sah Kai niemanden. So wie er es wollte. Die dummen Sprüche seines Vaters brauchte er eh nicht. Das Auto hielt am Geländeeingang. Kai stieg aus und hielt Hilary die Tür auf. „Ich bin total aufgeregt!“ „Das solltest du auch...“ „Was?“ „Nichts...“, mit einem kräftigen Ruck warf er die Tür zu. Je näher sie den Gästen kamen, umso mehr neugierige Blicke lagen auf den beiden. Hilary war das alles sehr unangenehm. Dann wurden sie an der Tür von einem älteren Mann angesprochen. „Kai! Schön dich zu sehen!“ „Stanislav. Hallo.“, der ältere Herr packte den jungen Russen an den Schultern und drückte ihn fest. „Na, bist du aufgeregt, Junge? Immerhin bin ich nachher dein Schwiegervater!“, darauf lachte er laut los. Stanislav war also Kate's Vater. Er war schon Mitte 50. Ihm ragten auf dem Kopf kurze graue Haare hervor, die er aber mit Stolz trug. Genau, wie den weißen Schnauzbart, den er zwirbelte. In einer Hand hielt er einen schwarz-glänzenden Gehstock, der mit vielen goldenen Ornamenten versehen war. Hilary stand nur teilnahmslos neben Kai und verstand nur Bahnhof. Die beiden unterhielten sich auf Russisch. Stanislav konnte ja nicht wissen, dass Hilary kein Wort davon verstand. Irgendwann fiel dem blau-haarigen auch ein, dass er vielleicht seine Begleitung vorstellen sollte. Höflich verbeugte sich die junge Frau und der ältere Herr im Anzug lächelte sie im Gegenzug freundlich an. „So, du bist also eine Freundin von Kai? Dann wirst du mit meiner Tochter wohl weniger Glück gehabt haben, oder?“, er fragte Hilary ruhig und gelassen danach, denn er wusste wie seine Tochter zu anderen Frauen sein konnte. Und die braunhaarige konnte ihn verstehen. Er sprach Japanisch. Durch seinen engen Kontakt zu Kai und deren Geschäfte, eignete er sich die japanische Sprache doch noch an. Hilary grinste den Herren verlegen an und bejahte seine, eher scherzhaft, gemeinte Frage. Dann kamen auch schon die nächsten aus Kate's Bekanntenkreis auf Kai zu. „Ich suche mir schon mal einen Platz.“, rief sie Kai zu, als sie in die Kirche ging. Was sollte sie die ganze Zeit bei Leuten stehen, die sie nicht kannte und auch nicht verstand? Außerdem würde das Kai nur in längere Gespräche verwickeln, was er nicht mochte. Sie betrat den großen Raum, der wundervoll geschmückt wurde. Die Bänke hatten an den inneren Enden jeweils eine rote und eine weiße Rose gebunden, an denen rot-weiße Bändchen herunterhingen. Dazu weißer geraffter Stoff, um die Bänke hübscher zu gestalten. Die Sitze wurden weich gepolstert, denn die Gesellschaft wollte sich dort nicht den Hintern verkühlen. Hilary nahm ziemlich weit hinten Platz. Die wichtigen Personen sollten lieber vorn sitzen, damit die alles gut sehen konnten. Die brünette würde wahrscheinlich wieder kein Wort verstehen. Vielleicht ein Wort, 'ja'. Den Rest eher nicht. Vor dem Altar standen zwei Stühle, über denen jeweils eine weiße Stuhlhusse gelegt wurde. Hinten wurde sie zusammengebunden und mit rot-weißen Bändern verziert. Im Hintergrund erstreckte sich im oberen Bereich, eine beeindruckende Orgel. Als sie sich setzte, fiel ihr ein kleiner bedruckter Zettel auf. Sie schaute drauf, doch wieder nur russische Schriftzeichen. Anhand der Schreibweise, konnte sie aber erahnen, dass es sich um die Programmpunkte handeln müsste. Kai konnte sie jetzt schlecht fragen. Nach und nach füllte sich die kleine Kirche mehr und mehr. Und auch Kai kam nun herein. Kurz kam er noch zu Hilary. Irgendwie wirkte er jetzt sehr nervös und sah aus, als bräuchte er jemanden, der ihm jetzt Sicherheit gab. Die junge Frau fragte ihn gleich nach dem Zettel und er erklärte ihr schnell, dass es sich um das Programm handelte. Nur für den Ablauf hatte er keine Zeit mehr, denn Stanislav gab ihm zu verstehen, dass Kate jeden Moment ankommen würde. Beim Weggehen, schenkte ihm Hilary noch ein zuversichtliches Lächeln. Es würde schon schiefgehen, dachte sie sich. Es wurde leise unter den Gästen und die schwere Holztür, öffnete sich kurz. Schnell huschte Mila, die gerade angekommen war, herein. Sie fand Hilary in der hinteren Reihe und winkte ihr lächelnd zu. Dann ging sie nach vorn zu ihrem Neffen. Der fuhr sich bereits zum dritten Mal nervös durch das Haar. Mila versuchte ihn etwas zu beruhigen, doch erfolglos. Ein weiteres Mal griff er in die Haare, um sie zu richten. Nun stand er ganz allein vor dem Altar. Mila hatte sich in die erste Reihe gesetzt und wartete nun, wie jeder, auf die Hauptperson. Plötzlich ertönte ein lautes Glockenklingen. Es war 09:00 Uhr. Auf die Sekunde genau. Und genau nach dem ersten Glockenschlag, öffnete sich die schwere Tür erneut. In dem, etwas dunklen Raum, strahlte das Tageslicht nun durch den Eingang herein. Dort konnte man nach einigen Sekunden eine Frau im Kleid erkennen. Es war Kate. Als sie die ersten Schritte über den ausgelegten roten Teppich machte, setzte das Orgelspiel ein. Kate trug ein langes rot-weißes Brautkleid. Es schmiegte sich an ihren Körper, wie eine zweite Haut. Es war ein trägerloses Kleid, dass nur durch die rote Korsage zum Schnüren an ihrem Leib gehalten wurde. Vorne hatte die Korsage eine Art Bordüre, die glänzend weiß bestickt wurde. Hilary konnte nicht erkennen, ob es Pailletten oder Edelsteine waren. Der breite weiße füllige Rock, lag ganz knapp auf dem Boden. Am unteren Ende waren auch wieder rötliche Stickmuster in verschiedenen Tönen. Auf ihrem Kopf und vor ihrem Gesicht hing ein leicht durchsichtiger weißer Schleier. Darunter konnte man nur erahnen wie schön sie aussah. Sie hielt in den Händen einen kleinen Brautstrauß, der aus vielen roten Rosen bestand. In jede Rose wurde eine weiße Perlmutt-perle gesteckt. Außen herum wurde etwas Grün gebunden, um das Blumengebinde abzurunden. Anmutig, wie eine Prinzessin, schritt sie nach vorn. Kai's anfangs desinteressierter Blick, änderte schnell je näher Kate kam, und je mehr er an ihr erkennen konnte. Aber mit den Tränen kämpfte er nicht. Dafür Hilary, in der letzten Reihe, umso mehr. Sie nahm das total mit. Das Orgelspiel, das Glockenspiel, das mittlerweile verstummt war, und Kate, die in einem wunderschönen Kleid hereinlief. Sie hatte genau das erzielt, was sie beabsichtigte. Auf der Braut ruhten alle Blicke. Freudestrahlend kam sie bei ihrem Bald-Ehemann an. Sie warf einen überglücklichen Blick zu ihrem Vater und danach zu Ludmila auf der anderen Seite. Dann sah sie Kai an, der regungslos vor ihr stand. „Du musst mir den Schleier abnehmen!“, zischte sie ihren Verlobten ungeduldig an. Der schien nicht zu wissen, was Gang und Gebe war, bei einer Hochzeit. Er nahm ihr darauf den Schleier vom Gesicht hoch und legte ihn nach hinten ab. Dann begann der Priester zu sprechen. Sie mussten beide Platz nehmen auf den hübsch verzierten Stühlen. Der Priester erzählte von ihrem Kennenlernen, ihrer letzten Zeit und dass Kate nun ein Kind erwartete. Und die jetzige Hochzeit sollte die Krönung ihrer Liebe sein. Während der Rede musste sich Kai zusammenreißen nicht zu gähnen. Wer dachte sich so etwas unglaublich langweiliges aus? Wen interessierte das? Und wer wollte das überhaupt wissen? Nach einer, schier endlosen Rede, über die Vergangenheit und Zukunft, kam der eigentliche Teil der Zeremonie. Der Priester forderte nun beide auf, sich zu erheben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)