Seduce Me Again! von Sky- ================================================================================ Kapitel 6: Saruhikos Vorschlag ------------------------------ Hinata war später als erwartet zurückgekehrt und wurde noch von Saruhiko begleitet, während Yusuke schon mal nach Hause fuhr. Nachdem sie trotz des unangenehmen Zwischenfalls trotzdem noch einen schönen Abend zusammen verbracht hatten, sah Saruhiko es als Ehrensache an, Hinata nach Hause zu begleiten. Sie redeten viel und lachten zusammen und dieser Schreck, den Hinata bei Saruhikos Anfall erlitten hatte, war auch wieder vergessen. „Es hat mir echt Spaß gemacht, Senpai“, sagte der 21-jährige gut gelaunt. „Das sollten wir definitiv noch mal machen, was denkst du?“ Hinata nahm das Angebot gerne an und fühlte sich richtig glücklich. Er hatte jetzt einen richtigen Freund, der ihn so nahm wie er war und der richtig nett war. Und mit Saruhikos Hilfe würde er endlich dieses alte, einsame Leben hinter sich lassen und nicht weiterhin dieser einsame und langweilige Hinata Amano sein, der er vor seiner Amnesie gewesen war. Als sie das Haus betraten, in dem Hinata wohnte, brannte noch Licht und sie hörten Geräusche aus dem Wohnzimmer. Offenbar waren die Zwillinge noch wach. Hinata überlegte einen kurzen Augenblick und wandte sich dann Saruhiko zu. „Möchtest du noch kurz reinkommen?“ „Na gerne doch!“ Als sie in Richtung Küche gingen, wo Hinata Getränke holen wollte, hörten sie Schritte und dann kam auch schon Katsuya auf den Flur, gefolgt von Takashi. Hinata fiel sogleich auf, dass Katsuya einen etwas verstimmten Eindruck machte. Als hätte er irgendwie schlechte Laune. Takashi hingegen schien normal so wie immer zu sein und grüßte sie mit seinem freundlichen Lächeln. Takashi grüßte seinerseits, wohl weil er nicht unhöflich erscheinen wollte, doch Katsuya enthielt sich dieser Floskeln und als Hinata in die Küche verschwand, blieb Saruhiko mit den Zwillingen zurück. „Ich hoffe, ihr seid mir nicht allzu böse, wenn ich euren Mitbewohner etwas länger als geplant in Anspruch genommen habe. Es war ein sehr ereignisreicher Abend gewesen.“ „Na Hauptsache, er hat seinen Spaß gehabt“, meinte Takashi dazu nur und versuchte Katsuyas miese Laune zu überspielen, um Hinatas Gast nicht zu vergraulen. „Im Moment braucht Hinata das am allermeisten.“ „Ach ich denke er hat sich gut amüsiert. Ihr habt wirklich einen süßen Mitbewohner.“ Hierauf verfinsterte sich Katsuyas Miene und augenblicklich verschränkte der jüngere Zwilling die Arme. Er sah nun aus wie ein angriffslustiger Hund, der die Zähne gefletscht hatte und ein bedrohliches Knurren von sich gab. „Was willst du damit andeuten?“ fragte er in einem Ton, der mehr war als nur eine einfache Frage. Es klang tatsächlich wie Drohgebärden. „Wenn du mit ihm befreundet sein willst, ist das eine Sache. Aber Hinata ist mit uns beiden zusammen also lass die Finger von ihm, kapiert?“ „Katsuya!“ ermahnte Takashi ihn. „Reiß dich mal ein bisschen zusammen.“ „Nein, jetzt wird mal Tacheles geredet!“ Saruhiko sah abwechselnd zu den Zwillingen, die gerade dabei waren, in einen Streit zu geraten. Er ahnte, dass die Stimmung allgemein sehr angespannt war und beschloss, besser von Anfang an mit offenen Karten zu spielen, um ein unnötiges Kriegsszenario zwischen ihnen dreien zu vermeiden. Außerdem hatte er es ohnehin lieber ehrlich und fair, wenn es schon um einen Kampf um die Liebe ging. „Es ist tatsächlich so, dass ich ein Auge auf ihn geworfen habe“, gab er ohne weiteres zu und da hielt sogar Takashi teils erschrocken, teils fassungslos inne, als diese Worte fielen. „Ich habe mich in ihn verliebt und ich weiß natürlich auch davon, dass ihr ebenfalls Gefühle für ihn habt. Allerdings habt ihr das Problem, dass er sich nicht an euch erinnert und deshalb auch seine Gefühle für euch unklar sind. Streng genommen seid ihr gar kein Paar mehr, wenn er euch nicht mehr kennt und auch nichts für euch empfindet. Ich erwarte nicht, dass ihr mit Begeisterung reagiert, dass ich etwas für Senpai empfinde, aber ich will auch nicht, dass wir uns gegenseitig die Köpfe einschlagen. Letzten Endes wird Senpai der Leidtragende unseres Streits sein. Deshalb will ich es lieber fair lösen: wir kämpfen nach den Bro-Regeln um Hinata Amanos Herz.“ „Was erzählst du da für einen Müll?“ rief Katsuya. „Und was interessieren mich deine scheiß Regeln? Du lässt gefälligst deine Pfoten von Hinata, oder ich…“ Doch da ging Takashi dazwischen, der zwar auch alles andere als begeistert war, aber wesentlich vernünftiger reagierte als Katsuya, der seinerseits auf 180 war und Saruhiko wohl noch in der Luft zerrissen hätte, wenn er die Chance dazu gehabt hätte. „Was meinst du mit den Bro-Regeln?“ wollte er wissen und als Katsuya protestieren wollte, brachte er ihn zum Schweigen, damit er Saruhikos Erklärung hören konnte. „Wenn zwei Bros in dasselbe Mädchen verliebt sind, dann daten sie es beide so lange, bis sich das Mädchen auf einen festlegt und der andere, der den Kürzeren zieht, räumt freiwillig das Feld. Ich kann eure Gefühle verstehen, aber ich will ebenso seine Liebe wie ihr beide. Wir können uns um ihn streiten, aber das wird nur dazu führen, dass er alles abbekommt und der Leidtragende ist und das will ich vermeiden. Ich hasse einen unfairen und schmutzigen Kampf, auch wenn es heißt, dass in der Liebe alles erlaubt sei. Ich möchte es lieber fair haben und schlage deswegen vor, dass wir ihn daten, bis er sich entweder in mich oder in euch verliebt. Wenn er sich wieder in euch verliebt ganz egal ob mit oder ohne Erinnerungen, dann gebe ich mich geschlagen und werde auch nicht versuchen, euch in die Parade zu fahren. Aber wenn er sich in mich statt in euch verliebt und mit mir zusammen sein will, dann müsst ihr ihn gehen lassen.“ Einen Moment lang schwiegen die beiden Brüder und es war erst schwer zu sagen, was sie darüber dachten. Doch dann verfinsterte sich Katsuyas Miene noch weiter und er warf Saruhiko einen tödlichen Blick zu. „Du erwartest doch nicht etwa allen Ernstes…“ Doch bevor er weitersprechen konnte, hatte Takashi ihn mit einer Handgeste zum Schweigen gebracht. Er trat nun vor und sein Gesichtsausdruck wirkte ernst. „Dann läuft das also auf eine Art Wettkampf hinaus, wer Hinatas Herz erobert?“ „So ist es“, bestätigte der 21-jährige. „Und der Verlierer wird ihn aufgeben müssen. Denkt über meinen Vorschlag nach, es ist kein Muss. Ich möchte nur, dass jeder die gleichen Chancen bekommt und wir fair um ihn kämpfen, ohne uns gegenseitig den Hals umzudrehen und die Augen auszukratzen. Es würde nur darauf hinauslaufen, dass Senpai darunter leidet und sich schlecht fühlt. Damit wäre niemandem geholfen und so kriegt jeder eine faire Chance.“ Als Hinata zurückkam, war das Gespräch damit beendet und als dieser zusammen mit Saruhiko in sein Zimmer ging, um noch ein bisschen mit ihm zu reden, zogen sich die Zwillinge ins Wohnzimmer zurück, wo sie gerade zusammen Highschool DxD ansahen. Doch keiner von ihnen konnte sich so wirklich auf die Handlung konzentrieren, vor allem nicht Katsuya. Er war immer noch wütend und funkelte seinen älteren Bruder finster an. „Du denkst doch nicht im Ernst darüber nach, auf diesen Penner zu hören, Takashi. Hinata ist mit uns zusammen und wir waren zuerst mit ihm zusammen.“ „Sieh doch endlich mal den Tatsachen ins Auge, Katsuya. Er hat Recht. Wir sind nicht mehr mit Hinata zusammen. Zwar wohnt er noch mit uns unter einem Dach und isst zusammen mit uns, aber er erinnert sich nicht an uns und er hat auch seine Gefühle zu uns vergessen. Was willst du schon machen?“ „Dafür sorgen, dass er Hinata in Ruhe lässt.“ „Und darin liegt das Problem: Hinata mag ihn und er wünscht sich so sehr einen Freund. Sollen wir ihm das verbieten und ihm die Chance nehmen, Freunde zu finden? Wären wir da nicht besser als sein Vater? Nein, Katsuya. Wenn wir das tun, wird sich Hinata nur noch mehr von uns abwenden und das können wir nicht riskieren. Stell dir mal vor, du gehst Saruhiko an den Kragen und Hinata wird dann an seinen Vater erinnert. Dann hat er Angst vor uns und wir kommen gar nicht mehr an ihn heran. Mir gefällt es ja auch nicht, aber was sollen wir machen, wenn wir Hinata nicht verlieren wollen?“ „Aber das ist nicht fair!“ rief Katsuya. „Wir waren zuerst mit Hinata zusammen und wir haben so viel gemeinsam erlebt. Und dann taucht plötzlich dieser Saruhiko Yagi auf und drängt sich plötzlich dazwischen. Was sollen wir denn jetzt machen, Takashi? So wie sich Hinata mit ihm versteht, werden wir noch diejenigen sein, die verlieren werden. Scheiße!“ Takashi legte eine Hand auf Katsuyas Schulter und nickte verständnisvoll. Zwar war er derjenige, der ruhig blieb, aber das bedeutete nicht, dass ihn nicht dieselben Ängste quälten. Auch er wollte Hinata nicht verlieren und er wollte auch nicht so leicht aufgeben. „Wir machen es so, wie wir es am Anfang gemacht haben“, schlug er deshalb vor. „Wir beide daten Hinata einzeln und geben ihm die Möglichkeit, uns besser kennen zu lernen. Wir halten uns zurück und gehen es langsam und mit Fingerspitzengefühl an. Guck du für heute erst mal deinen Ecchi weiter und überlege dir, was du mit Hinata unternehmen willst und ich setze mich gleich mal an meinen Computer und schau mal nach, ob es eine Möglichkeit gibt, dass Erinnerungen leichter zurückholen kann. Vielleicht haben wir ja eine Chance und können das als Vorteil gegenüber Hinatas Kohai nutzen.“ Dieser Vorschlag munterte Katsuya wesentlich auf und er war von dem Vorschlag begeistert. Damit war die Stimmung etwas gerettet und so ließ er seinen Bruder erst mal alleine im Zimmer und wollte dann in sein eigenes Zimmer gehen, doch vorher beschloss er, wenigstens einmal kurz bei Hinata vorbeizuschauen. Vorsichtig klopfte er an die Tür und als er eintrat, sah er, dass der 20-jährige auf seinem Bett saß und gerade einen Stapel Fotos durchschaute. Er wirkte sehr nachdenklich. „Hinata?“ fragte Takashi. „Alles in Ordnung bei dir?“ „Ich weiß nicht“, gestand der Kunststudent und schaute von seinen Fotos auf. „Irgendwie scheint alles so durcheinander in meinem Kopf zu sein.“ „Ja, das ist aber auch mehr als verständlich“, bestätigte Takashi und trat langsam näher. „Und das kann dir auch leider niemand abnehmen. Aber versuche dich nicht allzu sehr unter Druck zu setzen.“ „Ja das sagen mir alle“, seufzte Hinata niedergeschlagen. „Aber wenn ich mir diese vielen Fotos ansehe… Ich sehe darauf so glücklich aus und nun wirkt das alles so fremd und unwirklich auf mich, als wäre das niemals passiert. Und als ich heute mir Saru auf dem Fest war und wir so viel Spaß zusammen hatten, da hatte ich irgendwie das Gefühl, das alles schon mal erlebt zu haben.“ „Es kam dir bekannt vor, ohne dass du dich direkt erinnert hast.“ Hinata nickte und seufzte niedergeschlagen. „Und ich weiß einfach nicht, was ich jetzt tun soll. Auf der einen Seite möchte ich mich an diese glücklichen Momente erinnern und dieses Glück erleben, das ich vergessen habe. Aber auf der anderen Seite habe ich Angst vor den schlimmen Dingen. Ich meine, es muss doch einen Grund haben, wieso ich nicht nur einen Teil, sondern all meine Erinnerungen verloren habe.“ Takashi bemerkte, dass Hinata jetzt dringend emotionalen Halt brauchte und setzte sich deshalb zu ihm. Zuerst wollte er einen Arm um ihn legen, entschied sich aber dann doch lieber für eine etwas diskretere Geste, um den Kunststudenten nicht noch mehr zu verunsichern und nahm stattdessen nur seine Hand. „Du hast eine sehr schwere Kopfverletzung erlitten, das ist der einzige Grund, warum du das alles vergessen hast. Und dass du Angst hast, verstehe ich sehr gut. Du hast in deiner Vergangenheit viel durchgemacht und dass du dich nicht an diese Dinge erinnern willst, würde jeder andere verstehen. Und selbst wenn du dich erinnerst, kannst du immer noch einen Neuanfang machen. Es liegt ganz allein bei dir was du willst. Katsuya und ich werden dich auf jeden Fall unterstützen, wenn wir können. Und wir stehen dir auch bei, wenn du mit bestimmten Erinnerungen nicht umgehen kannst.“ Doch Hinata war in dem Moment so durcheinander, dass er gar nicht wusste, was er wollte. Also bedrängte Takashi ihn auch nicht weiter und ließ ihn für heute erst einmal in Ruhe, damit er in Ruhe darüber schlafen konnte. Also wünschte der ältere Zwilling ihm eine gute Nacht und ging dann in sein eigenes Zimmer und setzte sich sogleich an seinen Computer und schaltete ihn ein. Zwar war er sich nicht hundertprozentig sicher, dass er etwas finden würde, aber er wollte es zumindest nicht unversucht lassen. Irgendwo hatte er auch mal aufgeschnappt gehabt, dass es Methoden gab, um Erinnerungen zu fördern. Und vielleicht konnte er diese Möglichkeiten in seinen Plan einbauen, Hinata auf dieselbe Weise noch mal zu erobern wie beim ersten Mal. Takashi durchsuchte knapp zwei Stunden das Internet nach verschiedenen Möglichkeiten und wurde auch tatsächlich fündig. Wie er erfuhr, konnten Erinnerungen mithilfe von Musik gefördert werden. Musik oder Geräusche wurden oft mit bestimmten Sinneseindrücken oder Erinnerungen verbunden und so konnten sich Menschen leichter erinnern. Nun galt es nur noch zu überlegen, was für eine Musik Hinata helfen würde. Tatsache war, dass er nicht so wirklich der Typ Mensch war, der sehr viel Musik hörte, er war eher der Zeichner und Leser. Aber einen Versuch war es ja wert. Und wo er schon etwas zu Geräuschen las, musste er wieder an die Orte denken, an denen er und Katsuya ihren jeweiligen besonderen Moment mit Hinata erlebt hatten. Der Onsen ihrer Familie, wo nachts die Zikaden zu hören waren… und der Strand von Kamakura. Zwar war die Saison inzwischen vorbei, aber vielleicht klappte es ja. Es war zumindest einen Versuch wert, auf jeden Fall würden sie beide alle Register ziehen, um Hinatas Erinnerungen zurückzuholen und sein Herz ein zweites Mal zu gewinnen. Leicht würde es vielleicht nicht werden, aber es war die Mühe wert. Nachdem es langsam spät wurde, schaltete Takashi den Computer aus, zog sich um und legte sich ins Bett. Doch so wirklich kam er nicht zur Ruhe. Seine Gedanken kreisten um Hinata und diesem Saruhiko, aber vor allem auch um Katsuya. Er wusste, dass Katsuya am allermeisten unter dieser Situation litt und sich immer noch schwere Vorwürfe machte, dass er Hinata an diesem Morgen nicht aufgehalten hatte, als dieser nach Fukuoka zurückgekehrt war, um seinen Vater zu sehen. Und nun wusste er einfach nicht, wie er damit umgehen sollte, dass Hinata sich an rein gar nichts erinnerte. Er war ziemlich überfordert und die Sache mit Saruhiko verunsicherte ihn noch obendrein. Und wenn er sich weiterhin so verkrampft verhielt, würde es nur darauf hinauslaufen, dass er sich absolut danebenbenahm und Hinata dann umso mehr abgeschreckt von ihm war. Er musste morgen auf jeden Fall noch mal in aller Ruhe mit ihm reden und mit ihm seinen Plan besprechen. Vielleicht würde Katsuya dann wenigstens ein bisschen entspannter werden, nachdem er schon in den letzten Tagen so verkrampft gewesen war. Hinata war schließlich auch zu Bett gegangen, doch er hatte immer noch die Fotos bei sich und betrachtete sie die ganze Zeit in der Hoffnung, dass ihm irgendetwas wieder einfallen würde. Doch egal wie sehr er sich auch anstrengte, sein gesamtes Gedächtnis war immer noch wie eine leere, weiße Leinwand. Schließlich gab er es auf und legte die Bilder auf das kleine Nachtschränkchen neben dem Bett. Es hatte eh keinen Sinn, sich das Hirn zu zermartern. Also legte er sich hin, doch nach Einschlafen war ihm nicht wirklich zumute. Er war einfach zu unruhig und musste an das Fest denken. Ihn ließ einfach dieses Gefühl nicht los, was er gehabt hatte, als er zusammen mit Saruhiko dagesessen und das Feuerwerk betrachtet hatte. Diese Stimmung, die zwischen ihnen geherrscht hatte, war ihm so vertraut vorgekommen. Es hatte so ein angenehmes Gefühl der Geborgenheit bei ihm ausgelöst und er wollte sich so sehr daran erinnern, wann er dieses Gefühl verspürt hatte, doch da war einfach nichts. Seine Brust schnürte sich zusammen und Tränen sammelten sich in seinen Augen. Er fühlte sich in diesem Moment furchtbar einsam und eine furchtbare Angst überkam ihn, dass er sich vielleicht niemals wieder an sein altes Leben erinnern konnte. Er hatte schon von einem Mann gehört, der ohne Gedächtnis aufgewacht war, von niemandem vermisst wurde und sich selbst nach knapp zehn Jahren an nichts erinnern konnte. Was, wenn mit ihm dasselbe passieren würde und er sich nie wieder erinnerte, nicht einmal an seinen eigenen Namen? Was sollte er dann machen? Nichts über die eigene Vergangenheit zu wissen, war beängstigend und hinterließ ein furchtbares Gefühl der Hilflosigkeit. Es war ja schon schlimm genug, dass er sich in Tokyo verirrt hatte und nicht einmal mehr wusste, wo die Uni war. Stattdessen war er die ganze Zeit auf andere angewiesen, weil er sich nicht mal selber helfen konnte. Und das war schon beschämend genug und ließ bei ihm ein schlechtes Gewissen zurück. Insbesondere weil vor allem die Zwillinge ihm immer im Krankenhaus besuchen kamen und ihn auch noch bei sich wohnen ließen. Er wusste, dass sie Gefühle für ihn hatten und hielt sie auch noch hin. Irgendwie kam er sich vor, als würde er sie nur ausnutzen, ohne es wirklich zu wollen. Aber die Frage war, was er machen sollte. Sich einen Aushilfsjob suchen und ausziehen? Das war leicht gesagt, aber realistisch schwierig umzusetzen. Und was genau sollte er stattdessen tun? Er dachte wieder an die Zwillinge und fragte sich, was ihn eigentlich genau davon abhielt, ihnen zumindest eine Chance zu geben. Immerhin waren sie wirklich nett zu ihm und taten alles Mögliche, um ihm zu helfen. Nun gut, Takashi konnte sich ein wenig wie eine Mutter aufführen und Katsuya war pervers, aber sie waren die ganze Zeit für ihn da gewesen. War es da nicht fair, wenn er ihnen zumindest eine Chance gab, sie näher kennen zu lernen? Eigentlich schon, aber ihm machte die Vorstellung Angst, dass er mit den beiden tatsächlich in einer Dreierbeziehung gewesen sein sollte. Wie sollte das denn überhaupt funktionieren? Die beiden waren doch Zwillingsbrüder, normalerweise war es da doch mehr als seltsam, wenn sie sich denselben Partner teilten. Wechselten sie sich da etwa jedes Mal ab, oder wie? In diesem Moment kam Hinata wieder der Kalender in den Sinn. Innerhalb der Woche hatten sich die beiden tatsächlich abgewechselt, aber Sonntag und Montag hieß es eindeutig „beide“. War es dann etwa wirklich auf einen Dreier im Bett hinausgelaufen? Hinata versuchte sich das irgendwie vorzustellen, doch es endete nur damit, dass er es lieber nicht wissen wollte. Aber da drängte sich etwas in seinen Kopf. Eine vage Erinnerung, in welcher er vor Angst geheult hatte, als die Zwillinge mit ihm schlafen wollten. Doch wie passte das mit den Fotos zusammen? Hinata wusste nicht weiter und zog die Decke über den Kopf. Er wusste überhaupt nicht, was er tun sollte und wünschte sich, irgendjemand könnte ihm diese Entscheidung abnehmen und ihm helfen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)