The story of happiness von Black-Starshine (Manchmal muss man sein Glück selbst suchen, um es zu finden.) ================================================================================ Kapitel 12: Ein neuer Schritt ----------------------------- Tief in den Wäldern des Aokigahara hatte sich eine tiefschwarze Masse gebildet, die Eindringlinge vom Mittelpunkt des Waldes fernhalten sollte. Durch die finsteren und trübseligen Gedanken der Menschen, welche diesen Wald aufsuchten, war dieser Ort der perfekte Stützpunkt für die dunklen Wesen. Dunkle Wurzeln hatten inmitten der finsteren Wolke einen riesigen Gebäudekomplex erbaut, welcher den Digimon Schutz vor Witterung und anderem zu gewähren konnte. Fast täglich gaben Menschen mit depressiven Selbstmordgedanken in den Wald und gaben die notwendige Energie, um den Stützpunkt aufrecht zu halten. Doch genug war es noch nicht. Ziel war es, die Finsternis auf dem Erdball zu verteilen, Digimon den Weg auf diesen Planeten zu zeigen, die nur durch die Finsternis den Weg von Welt zur Welt fanden. Dafür war es notwendig, die Wurzeln der dunklen Energie zu verteilen und verschiedene Punkte der Erde zu infizieren. Das Problem dahinter war der größte Feind der Dunkelheit: Das Licht. Dafür versammelten sich die Feinde der Digiritter und fanden nochmals in einer Runde zusammen, um ihr weiteres Vorgehen zu besprechen.   „Wie gedenkt ihr die Digiritterin aus dem Weg zu räumen. Der Hüter der Hoffnung scheint stets in ihrer Nähe zu sein. Außerdem ist der Ritter des Mutes der große Bruder des Mädchens“, erläuterte Barbamon, das Digimon, welches sich der Informationsbeschaffung verpflichtet und wichtige Informationen der Digiritter zusammengetragen hatte. Daemon nickte bei den Ausführungen, schließlich kannte das Digimon bereits die Digiritter. „Nun, es wird womöglich kein leichtes Unterfangen. Auch der Hüter der Hoffnung trägt ein starkes Licht in seinem Herzen. Zudem hat er eine starke Verbindung zu dem Mädchen, womit es womöglich seine Kraft verstärkt…“, stimmte das Digimon zu. Nur ein verächtliches Schnauben bekamen die Ausführungen jedoch von Beelzemon. „Wir sind alle auf dem Mega-Level, während die Digiritter noch nicht mal auf das Ultra-Level digitieren können, da ihre Wappen doch gar nicht mehr funktionieren!“, mischte sich das Digimon in der Motorradkluft ein. „Das mag sein, Beelzemon. Doch nicht nur einmal kam es vor, dass die Digiritter die Kräfte der Wappen auch ohne das Amulett nutzen konnten. Zwar opferten sie die Macht vor einigen Jahren, doch das ändert nichts daran, dass sie diese Macht bei starken, emotionalen Schwankungen noch aktivieren könnten und das würde uns nicht gerade in die Karten spielen…!“, wand nun wieder Barbamon ein. „So ein Schwachsinn. Selbst wenn, wirklich gefährlich können uns nur die Lichtträger werden. Wir sind auf dem Mega-Level… Wir können die Bälger leicht auslöschen!“ Motiviert hob das Digimon die Faust in die Luft, um seinen Ehrgeiz Ausdruck zu verleihen. „Du bist noch immer so naiv wie damals, mein Freund… Die Digimon der Digiritter waren schon häufiger mächtiger als es das Level aussagt. Wir müssen vorsichtig sein und mit Bedacht an die Sache herangehen…“ Nachdenklich beobachtete Daemon die Diskussion zwischen seinen Kameraden. Leviamon sowie Belphemon hielten sich aus der Konversation heraus, waren sie doch nicht die Digimon, die die Entscheidungen trafen. Zumal sich Belphemon noch immer im Sleep-Modus befand.   „Es wäre doch wesentlich einfacher, jemanden anderen für uns arbeiten zu lassen… Warum sich selbst die Finger schmutzig machen?“, fragte nun Lucemon, welches sich bisher zurückgehalten hatte. Argwöhnisch blickte Daemon zu dem Digimon. Auch unter ihnen herrschte eine gewisse Anspannung, besonders zwischen Lucemon und Daemon, beides mächtige Wesen, die gerne an der Spitze standen. „Was schwebt dir vor?“, fragte Daemon. Lucemon jedoch schüttelte nur den Kopf und deutete auf Lilithmon, welches sich dezent aus der Diskussion herausgehalten hatte. „Nun… Die Digiritter vertrauen einander, doch sie sind auch geschwächt. Zwei der Ritter haben ihre Digivices verloren, da sie sich entgegen ihrer Wappen verhalten haben. Leichte Beute für uns“, informierte erneut Barbamon seine Kameraden. „Und sie haben einen Schatten in der Gruppe…“, kicherte Lilithmon. Nachdenklich sah Lucemon zu Lilithmon. „Du meinst die Trägerin der Reinheit?“, fragte das Digimon. Lilithmon nickte. „Lasst mich einen Vorschlag machen. Die Wurzeln der Finsternis lassen sich einfacher verteilen, wenn es aus dem Kern der Gruppe kommt. Wenn das Mädchen ihre Freunde angreift, dann wird das Misstrauen schüren und die Kinder auseinandertreiben.“ Knurrend sah Beelzemon zu Lilithmon. „Was für eine naive Idee. Als ob die Kinder sich gegenseitig angreifen würden! Selbst, wenn sich Dunkelheit in ihrem Herzen befindet, würden sie niemals freiwillig einander verletzen!“ Wieder kicherte das weiblich wirkende Digimon. „Niemand hat etwas von freiwillig gesprochen. Aber Schmerz und Kummer machen Menschen angreifbar und leicht zu manipulieren… Ich brauch‘ noch ein wenig Zeit, um meine Fäden gänzlich zu spinnen, doch sind sie reif, werden sie jedes Wesen verschlingen…“, erklärte das Digimon. „Ich bin dagegen! Das wird uns noch ins Verderben stürzen!“, erwiderte Beelzemon erneut wütend. Daemon sah zu Lilithmon, auch Lucemon schien dem Vorschlag wohlgesonnen zu sein. Eine Diskussion mit den Digimon wollte sich Daemon nicht antun, zumal es selbst davon überzeugt war, dass ein solcher Plan durchaus funktionieren könnte. „Probieren wird unseren Plänen nicht im Weg stehen. Wir überlassen es zunächst Lilithmon, einen Keil zwischen die Digiritter zu treiben. Währenddessen verteilen sich die anderen auf dem Planeten. Diese Welt besteht nicht nur aus diesem Ort, sondern auch aus anderen Teilen der Länder. Lichtschimmer, die die Finsternis zurückhalten, sammeln sich in den Herzen auserwählter Kinder. Sie sind nicht so stark wie die hiesigen Digiritter, doch sie schützen ihre Heimat. Bringt sie her!“, forderte Daemon seine Partner streng auf. Man konnte Beelzemon deutlich ansehen, wie sehr es ihm gegen den Strich ging, Befehle andere auszuführen. Doch er war es selbst, der sich als erstes in einer finsteren Wolke auflöste, gefolgt von Barbamon wie auch Leviamon. Lucemon nahm das noch schlafende Belphemon aus den Arm. „Wir Zeit, dass du langsam wach wirst…“, hauchte das Digimon kichernd, bevor auch Lucemon sich buchstäblich in Luft auflöste. Lilithmon zog sich ebenfalls zurück.   Daemon blieb jedoch zurück und betrachtete das mächtige Bauwerk, den Stützpunkt der Digimon. Sie alle hassten es, ihr Leben in Finsternis und Einsamkeit zu verbringen. Die Digimon wünschten sich Freiheit, die sie sich jedoch nur selbst erkämpfen konnten. Ihr Wesen war finster und gefährlich, doch sie hatten ebenso das Recht auf ein Leben wie jedes andere digitale Wesen. Daher würden sie sich nicht von den Wesen des Lichts vertreiben lassen. Sie würden ihren Weg zurück in die Digiwelt finden und eine neue Welt für sich gewinnen. Das waren sie den Digirittern schuldig geblieben.   Mit diesen finsteren Gedanken verschwand auch Daemon in der Finsternis. Zurück blieben die dunklen Striemen, die sich zitternd um die Bäume schlängelten. Alles was sie berührten, erstarrte zu Eis, wirkte leblos, verwelkt, letztlich sogar tot. Doch es waren nicht nur die leblosen Pflanzen, die den Wald behausten. Mittlerweile tummelten sich Lichter, die ihren Glanz verloren hatten. Lichter, die einst zu den mächtigsten Herzenswesen dieser Welt gehört hatten, doch in ihrer drohenden Gefahr den leuchtenden Schimmer verloren hatten. Es waren die Lichter von Freunden…   _____________________   „Möchtest du einen Tee?“   Noch immer vollkommen aufgewühlt hatte Koushiro sich seine beste Freundin geschnappt und sie, wie auch Palmon, mit zu sich genommen. Er konnte nicht fassen, dass sie zu solchen Mitteln Griff, um Herr über ihre Gefühle zu werden. Das erklärte auch, warum sie in einer doch recht kurzen Zeit so viel hatte abnehmen können und warum sie die gesamte Zeit so blass wirkte. Koushiro machte sich Vorwürfe, wenn er bedachte, dass er sich die ganze Zeit nur um die Probleme der Digiwelt und das Wiederherstellen der Digivices von zwei anderen Freunden gekümmert hatte. Er wusste, dass Mimi einen starken Charakter hatte, doch im Moment war es einfach zu viel, um es allein bewältigen zu können. Der Izumi machte sich Vorwürfe, während Mimi nur zaghaft auf seine Frage hin nickte.   Mimi selbst fühlte sich ertappt und schämte sich. Die gesamte Zeit hatte sie gute Miene zum bösen Spiel gemacht und nun war sie aufgeflogen. Natürlich konnte sie Palmon deswegen nicht böse sein. Schließlich wusste sie und konnte sich auch vorstellen, wie verzweifelt das Digimon gewesen sein musste. Koushiro wusste nun, dass sie regelmäßig von Fressattacken heimgesucht wurde und sich daraufhin übergab. Dass ihr dieser Umstand unangenehm war, war wohl die Untertreibung schlechthin. Die junge Frau folgte ihrem Freund in die Küche und rieb sich dabei den Oberarm. Palmon schwieg die gesamte Zeit und wirkte dabei sehr traurig. Womöglich glaubte das Digimon, versagt in der Aufgabe zu haben, Mimi richtig zu beschützen. Doch wie sollte sie den Schmerz im Herzen der Tachikawa auch verringern und zum Schweigen bringen? Innerlich lag sie in tausend Splittern und wusste weder ein noch aus. Sie wusste nicht, wo sie mit dem Schmerz hinsollte. Koushiro war für sie da und sie wusste, dass ihr das gewissermaßen Halt geben würde, doch den Schmerz konnte er nicht lindern. Die junge Frau wusste nicht, ob sie über den Tod ihrer Mutter hinwegkommen würde. Sie und Satoe waren immer ein Team gewesen. Nun war Satoe weg und würde nie wieder zu ihr zurückkommen. Diese Gedanken spielten sich immer und immer wieder in ihrem Kopf ab. Sie hatte keine Mutter mehr und gewissermaßen hatte sie auch ihren Vater verloren. Er lebte für sie beide weiter. Für Satoe und ihn. Mimi akzeptierte und respektierte diese Entscheidung, schließlich tat er dies für ihre Mutter und auch für sich selbst, um nicht gänzlich den Verstand zu verlieren. Doch für Mimi starben mit dieser Entscheidung beide Elternteile. Sie verlor sie gemeinsam.   Koushiro schob der Jüngeren den Tee hin und sah sie vielsagend an. Man sah dem Älteren an, dass er um Worte rang und genauso überfordert wie sie selbst war. „Mimi-chan… du weißt, dass du damit immer zu mir kommen kannst. Das, was du tust, ist gefährlich…“, flüsterte er und verbrannte sich dabei glatt an seinem Tee. Etwas hektisch stellte er die Tasse zurück auf ihren Platz und nahm sich ein Glas Wasser, ihr Blick blieb jedoch an der Tasse hängen. Nach den vergangenen Geschehnissen traute sie sich nicht, ihm in die Augen zu sehen. „Ich weiß doch, dass du andere Sorgen hast…“, erwiderte sie monoton. „Und du weißt, dass ich deswegen trotzdem immer für dich da bin!“, konterte er und wirkte dabei gar ein wenig wütend. Daher zuckte die Braunhaarige auch zusammen und wich etwas zurück. Ihre Augen wirkten noch immer traurig, leer und emotionslos. Sie schien ihren Kummer wirklich nur auf diese Art loszuwerden. Doch das ständige Übergeben und Essen würde sie nur krankmachen – wenn sie es nicht schon war. Daher ging Koushiro auf sie zu und nahm ihre Hand. „Ich weiß, dass du es im Moment nicht leicht hast und es tut mir leid, dass ich dich die gesamte Zeit alleine gelassen habe. Du hast Recht, ich hatte wirklich wenig Zeit und mein Fokus lag definitiv an falscher Stelle. Mimi! Du bist meine beste Freundin und ich mach mir Sorgen um dich.“ Koushiro klang wahnsinnig verzweifelt, doch was sollte sie ihm sagen? Dass sie es nicht mehr machen würde? Es war ja nicht so, dass sie es gerne tat. Aber sie kam auch nicht gegen den innerlichen Drang an. Es verschaffte ihr Befriedigung und das war alles, was sie wollte. Sie wollte sich wohl und lebendig fühlen. Doch nach jedem Übergeben fühlte sie sich wieder leer und alles verschwamm. „Wenn du dich wieder so fühlst, dann ruf‘ mich an, anstatt dir den Finger in den Hals zu stecken!“, forderte er sie auf und drückte ihre Hände fest. Sie selbst sah ihn mitleidig an und hatte ein schlechtes Gewissen. Koushiro hätte niemals herausfinden sollen, dass sie zu solchen Taten griff.   „A-Aber… du hast zu viel zu tun… wir haben im Moment doch ganz andere Sorgen. Wir müssen Gennai und der Digiwelt helfen. Da sind meine Probleme nichts dagegen. Es gibt wirklich Wichtigeres. Ich will nicht dafür verantwortlich sein, dass Sora und Yamato ihre Digivices nicht mehr zurückbekommen oder dass der Welt von Palmon irgendetwas Schlimmeres geschieht. Du solltest andere Prioritäten haben!“, stammelte die Tachikawa und spürte dabei, wie ihr erneut die Tränen kamen. Es zerriss Koushiro das Herz, sie so zu sehen. Seit Jahren war er verliebt in sie und hatte sich nie getraut, ihr die Wahrheit zu sagen. Genau das war auch der Grund, warum er so dringend wollte, dass sie mit ihm sprach. Ihm war nichts wichtiger als ihr Wohlergehen. Doch genau das schien er in dieser Zeit gravierend vernachlässigt zu haben.   Rasch nahm er ihr Handgelenk und zog Mimi an seine Brust. Seine Hand legte sich an ihren Hinterkopf. Er bemerkte, dass sie zu Beginn zögerte, doch schnell gab dies nach und ihr Körper bebte. Nach nur wenigen Augenblicken begann sie zu schluchzen und krallte sich in sein Oberteil. Es war eine Wohltat, dass sie alles raus ließ und ihn somit in ihr Herz ließ. Auch ihm brannten die Tränen in den Augen, denn er wollte sich nicht ausmalen, was sie gerade durchmachte. Mimi hatte ihre Mutter verloren, was auch ihn unsagbar traurig machte. Er konnte ihr diese nicht zurückgeben, Satoe würde nie wieder zu ihrer Tochter zurückkehren. Es schmerzte ihn selbst, war Mimis Mutter doch auch immer für ihn dagewesen. Aber die Zeit war nicht zurückzudrehen. Ihnen blieb keine Wahl, als sich damit abzufinden. Selbstverständlich war es keine Überraschung, dass Mimi allein mit dem Umstand überfordert war. Deshalb würde er sie auch nicht mehr alleine lassen. Ihm war bewusst, dass die Gefühle von ihm wohl immer unerwidert bleiben würden, doch das bedeutete nicht, dass er sie nicht beschützen würde. Mimi war seine beste Freundin, er hatte sie die gesamte Zeit vermisst und nun würde er ihr helfen, mit den Gegebenheiten zurecht zu kommen. „Ich bin für dich da Mimi-chan… Wir werden das meistern. Gemeinsam… Du bist nicht alleine!“, sagte er, zweifelnd, ob sie seine Worte wirklich wahrnahm. Mimi nickte einfach nur stumm und gab sich nochmal ganz ihren Tränen hin. Vielleicht war es besser, endlich alles rauszulassen. Schon immer war er ihr Fels in der Brandung gewesen und diesmal war es genau das, was sie benötigte.   Irgendwann hatten es die beiden Freunde geschafft, sich hinzusetzen und ein wenig von dem Tee zu trinken. Koushiro gab der Tachikawa weiter, dass es ihm gelungen war, die Digivices von Sora und Yamato zu reparieren. Jedoch wusste er nicht, ob diese auch funktionierten. Die Mechanik der kleinen Gerätschaften war äußerst kompliziert und schon der kleinste Fehler konnte die gesamte Konstruktion zu Nichte machen. Ursprünglich hatte sich Mimi vorgenommen, vor der Ankunft der beiden die Wohnung des Izumis zu verlassen, doch ihre Erschöpfung machte ihr einen deutlichen Strich durch die Rechnung. Als Koushiro bemerkte, dass Mimi eingeschlafen war, nahm er sie vorsichtig auf die Arme und trug sie in sein Zimmer, wo er sie in sein Bett legte und zudeckte. Leise griff er nach seinem Laptop wie auch nach den Digivices seiner Freunde und ging aus dem Zimmer. Es gab ihm ein gutes Gefühl, zu wissen, dass Mimi in seinem Zimmer schlief und wieder neue Energie auftankte.   Leise ließ er die Türe ins Schloss fallen, bevor er sich auf den Küchentisch seiner kleinen Wohnung ausbreitete. Seine Gedanken hingen noch lang an der Problematik der Tachikawa, so dass er das erste Mal seit Langem an etwas andere dachte, als die Probleme der Digiwelt. Die Klingel riss ihn aus den Gedanken und erschrocken hob der Rothaarige seinen Blick. Palmon war unterdessen ebenfalls eingeschlafen und lag eingerollt auf der Couch. Koushiro fuhr sich selbst über die Stirn, bevor er den beiden anderen die Türe öffnete. „Hey Koushiro!“, schlug Yamato ein, dicht gefolgt von einer Umarmung Soras. Sie wirkten beide erschöpft und ausgelaugt, was Koushiro jedoch nicht wunderte. „Wie geht’s euch?“, fragte Koushiro in die Runde. „Wie solls uns schon gehen?“, zynisch beantworte Yamato die Frage, Sora seufze nur. Ihr Blick ging zum Boden, wo ihr direkt die Schuhe ihrer besten Freundin auffielen. „Mimi-chan ist hier?“, fragte sie überrascht und sah zurück zu dem Izumi. Er nickte verunsichert. „Ja…“ Soras Augen wurden ein wenig größer. Aktuell hatte sie so viel um die Ohren, dass ihr die Gelegenheit entgangen war, sich um ihre beste Freundin zu kümmern. Die Situation rund um Taichi und Yamato, die Digiwelt, das alles stand im Vordergrund und hatte die Situation zu Mimi in den Hintergrund gerückt. Daher sah sie neugierig zu Koushiro. „Wie geht es ihr?“   „I-Ich…“ Tja, was sollte er nun sagen? Die Wahrheit konnte er den beiden nicht einfach reindrücken, würde das doch viel zu tief in die Persönlichkeit der Tachikawa dringen. Er konnte sich vorstellen, dass sie sicherlich nicht wollte, dass man ihre Probleme nach außen trug. Doch Koushiro war auch kein besonders guter Lügner. „Ihr ging es nicht gut…“, gestand der Jüngere. In Soras Augen blitzte das schlechte Gewissen auf. Dass es Mimi schlecht ging, war keine Überraschung, wenn man ihre aktuelle Situation betrachtete. Sie fühlte sich augenblicklich schlecht, nicht für ihre Freundin dagewesen zu sein. Scheinbar hatte die Verzweiflung Mimi eher zu Koushiro getrieben, als sie zu Sora zu führen. Daher sah sie nur zu Boden und betrachtete die Schuhe der Jüngeren. „Mach‘ dir keine Vorwürfe. Wir haben im Moment alle viel um die Ohren…“, erklärte Yamato und strich der Rothaarigen über die Schulter. Koushiro verzog leicht das Gesicht. Ähnlich ging es auch ihm. „Ist sie im Wohnzimmer oder in der Küche?“ Koushiro schüttelte auf die Frage hin nur den Kopf: „Weder noch. Sie ist vorhin auf der Couch eingeschlafen und ich hab‘ sie in mein Bett gelegt…“, erörterte der Angesprochene. „In deinem Bett?“, fragte Yamato gleich, jedoch zuckte Koushiro nur mit den Schultern. „Sie wirkte nicht so, als habe sie besonders viel geschlafen… Daher dachte ich, dass es erholsamer wäre, sie in mein Bett zu bringen. Wir sollten allgemein leise sein, Palmon ist auf dem Sofa kurz darauf auch eingeschlafen…“ Besorgt sah Sora auf Koushiros Rücken. Sie bereute, sich die gesamte Zeit nur auf sich konzentriert zu haben. „Hoffentlich kann sie sich erholen…“, murmelte sie daher nur. „Mach dir nicht so viele Sorgen. Du weißt doch, wie stark Mimi-chan ist“, versuchte Yamato sie aufzumuntern. Ein schwaches Lächeln schlich sich über die Lippen der Takenouchi, doch nur ein Schweigen folgte.   Koushiro führte die Freunde in seine spärlich eingerichtete Küche. „Ich habe es geschafft, eure Digivices wieder zusammenzusetzen, allerding weiß ich nicht, ob sie auch funktionieren…“, erklärte er gleich und reichte den beiden den jeweiligen kleinen Gegenstand. „Das werden wir wohl rausfinden müssen…“, flüsterte Yamato. Er bewegte das Digivice in seiner Hand, während er es betrachtete. Unsicherheit stand ihm ins Gesicht geschrieben. Auch er machte sich seine Gedanken, trotz der Aussprache mit seinem besten Freund. Seine Handlungen sprachen für sich. Er betrog den besten Freund mit dessen Freundin. Nichts, was dem Wappen der Freundschaft entsprach. Etwas, dass nicht der inneren Eigenschaft von Sora entsprach. Sie hatten nur nach ihren Gefühlen agiert, ohne die Konsequenzen zu bedenken. Die Quittung folgte schnell, viel zu schnell und erschreckend. „Vielen Dank, Koushiro-kun!“, sagte Sora schnell und verbeugte sich. „Können wir jetzt wieder digitieren?“, fragte Biyomon gleich. „Das müssen wir herausfinden…“, murmelte Gabumon und sah zu seinem Freund empor. Das Digimon konnte noch immer nicht glauben, dass ausgerechnet Yamato sowas heraufbeschworen hatte. Schließlich bewunderte das Digimon seinen Partner sehr. Doch sie beide waren nur Menschen und genau wie Digimon, machten sie Fehler, deren Konsequenzen sie tragen mussten. Gabumon hoffte nur, dass sie die Konsequenzen nicht weiterhin tragen mussten.   _____________________   Emotionslos starrte Mimi an die Decke, fixierte willkürlich irgendeinen Punkt und dachte an den heutigen Tag zurück. Kurz nachdem Koushiro von ihr abgelassen hatte und die Türe ins Schloss gefallen war, erhoben sich ihre Lider. Sie war nur kurz weggedöst, doch viel zu oberflächlich, um dies wirklich schlafen nennen zu können. Zwar war sie müde und ausgelaugt, doch sie wollte nicht schlafen. So würde sie nicht immer und immer wieder mit den Bildern ihrer sterbenden Mutter konfrontiert zu werden. Es war schließlich nicht so, als wären das die einzigen Ereignisse, die sie in ihren Gedanken heimsuchten. Da waren die Erinnerungen an Taichi, Sora und den ganzen Rest. Die Gründe, warum sie sich wirklich nicht regelmäßig bei Sora gemeldet hatte.   Mimi schloss traurig die Augen, als sie an die Vergangenheit zurückdachte. Ob es anders gekommen wäre, wenn sie nicht nach Amerika gegangen wäre? Nicht, dass sie eine andere Wahl gehabt hatte. Denn zu dieser Zeit waren Sora und Taichi bereits ein Paar gewesen. Doch mit ehrlicher, reiner Liebe, hatte das nur wenig zu tun.   „Du kannst nicht einfach wieder verschwinden!“, forderte sie Taichi auf, der sie am Handgelenk packte. Wütend sah Mimi ihn an. „Lass mich los, Taichi! Das hier kann nicht funktionieren. Du bist mit Sora-chan zusammen! Was soll das überhaupt?!“ Wütend versuchte sich Mimi aus seinem Griff zu befreien. Noch immer konnte sie nicht fassen, was gerade zwischen ihnen geschehen war. Sie hatte sich hinreißen lassen, obwohl sie das gar nicht durfte. „Du weißt ganz genau, dass Sora und ich gerade eine Pause machen!“, konterte er. „Na und?! Bin ich jetzt die Lückenbüßerin oder was?!“, bissig wand sich Mimi von dem Braunhaarigen ab. Wie jedes Jahr war sie zum ersten August nach Japan gegangen. Nach einem ausgiebigen Picknick gemeinsam mit den Digimon, waren die Älteren noch in eine Diskothek gegangen, um den Abend gemeinsam ausklinken zu lassen. Mimi wusste, dass Taichi und Sora gerade ihre Beziehung pausierte, da sie viel Arbeit mit den Abschlussprüfungen hatten und ihnen einfach die Zeit fehlte. Ein Umstand, der ihres Erachtens keine Pause rechtfertigte. Schließlich besuchten sie beide die gleiche Schule und konnten daher auch ihre Beziehung aufrecht halten. Da sie jedoch den Abend mit ihren Freunden genießen wollte, hatte Mimi beschlossen, dies auch umzusetzen. Auch Taichi schien sehr ausgelassen zu feiern, während Sora und Yamato eher zurückhaltend wirkten. Nach einigen Stunden waren es der Alkohol und sie, die Joe einerseits zum Schlafen brachten und Koushiro andererseits auf die Tanzfläche lockten. Taichi amüsierte sich dabei mit anderen Frauen, tanzte ausgelassen mit ihnen oder stieß mit seinem besten Freund an. Es machte Mimi wütend, Taichi mit anderen Frauen zu sehen, während Sora eher unbeteiligt danebenstand.   „Natürlich bist du keine Lückenbüßerin!“, konterte Taichi. Mimi war aufgrund der Wärme aus der Diskothek geschritten, um frische Luft zu schnappen, da war Taichi ihr gefolgt. Sie hatten sich gut unterhalten und noch immer bemerkte sie, dass die Gefühle zu ihm nicht vergessen waren. Wie hypnotisiert war sie von seinen braunen Augen, von seiner Ausstrahlung und seinem Wesen, so dass sie gegen das aufkommende Verlangen nichts hatte unternehmen können. Ihre Lippen trafen sich und Schmerz durchströmte ihren Körper, als sie ihn wieder wegdrückte.   „Was bin ich dann?! Warum küsst du mich einfach? Schon mal darüber nachgedacht, weniger Alkohol zu trinken?! Du hast sie doch nicht mehr alle!“, schrie sie ihn hysterisch an. Taichi schien nicht zu verstehen, wo das Problem lag. Schließlich waren sie beide Single und die innerliche Anspannung herrschte zwischen ihnen beiden. Nun jedoch zweifelte er daran, dass es auch der Jüngeren so ging. Vielleicht waren seine Gefühle auch einseitig. „M-Mimi… Du bist keine Lückenbüßerin… Es ist einfach über mich gekommen…“, gab er schuldbewusst von sich. Die Jüngere jedoch musste sich zunächst sammeln, fuhr sich durch das lockige Haar und kämpfte mit den aufkommenden Tränen. Verdammt. Sie durfte nicht zeigen, dass sie noch immer ein pochendes Herz hatte, wenn sie den Yagami sah. Dass er sie küsste, brachte sie vollkommen aus dem Konzept. Dabei hatte sie sich so angestrengt, nichts zu zeigen. „Warum…? Sowas kann doch nicht einfach so… Du…und Sora… ihr…“ Taichi schnaubte und ging auf die Jüngere zu. „Kannst du Sora nicht einfach mal aus dem Spiel lassen?“ Wie sollte sie? Sora war ihre beste Freundin, eigentlich befand er sich in einer Beziehung zu ihr. Alles, was weitergehen würde, würde einem Betrug gleichgehen. „Das geht nicht…“   Taichi kam Mimi immer näher, während sie weiterhin zurückwich. „Was geht nicht?“ Mimi schluckte und spürte die kalte Wand im Rücken. „Dass du mich einfach küsst. Du hast doch Sora-chan…“, flüsterte sie. Er hatte sicherlich nicht dieses Herzschlagen wie sie, das sich anfühlte, als würde ihr Herz gleich aus der Brust springen. „Im Moment will ich Sora aber nicht, deshalb auch die Pause… um herauszufinden, was ich will! Mimi… sieh‘ mich endlich an!“, forderte sie auf. Mimi spürte seine Präsenz nah an ihrer. Seine Finger spielten mit einer ihrer Haarsträhnen. Wie hypnotisiert hob sie den Blick und sah in seine Augen. „Das… Taichi… das dürfen wir nicht…“ Immer mehr beugte er sich zu ihr runter. „Du bist etwas Besonderes, Mimi-chan…“, hauchte er. Mimi wusste nicht, was sie tun sollte. Ihr Herz ging ihr auf Grundeis und ihre Beine wurden weich. Nur einmal. Spüren, was es bedeutete, nur ihm zu gehören.   Nur ein einziges Mal.   „Lass mich herausfinden, was ich wirklich will…“   Dann verschloss er seine Lippen mit den Ihren…   Wieder öffnete Mimi ihre Augen und sah gen Decke. In dieser Nacht erlebte sie ihr erstes Mal, was schöner nicht hätte sein konnte. Taichi und sie küssten sich noch lang in der kleinen Gasse, bevor er sie in seine WG entführte. Damals war er erst frisch ausgezogen, um möglichst vor seinem Abschluss und seinen Prüfungen Ruhe zum Lernen zu haben. Als Mimi am nächsten Morgen aufgewacht war, schlug das schlechte Gewissen ein wie eine Bombe. Doch sie verschwand nicht einfach. Beide hatten sie Alkohol am Abend zuvor getrunken und nicht Herr ihrer Sinne gewesen. Sie beide beschlossen, dass dieses Ereignis eine absolute Ausnahme war und nie wieder geschehen würde. Auch Taichi entschuldigte sich bei ihr und gab an, er wollte Sora aufgrund dessen nicht verlieren. Damals brach es ihr das Herz und auch heute daran zu denken, trug nicht zu ihrer innerlichen Genesung bei. Auch, wenn Taichi nun wirklich getrennt war, würde sie ihm womöglich nie wieder vertrauen können. Automatisch glitten ihre Finger zu ihren Lippen. Trotz der Geschehnisse zwischen ihnen, hatte er sie geküsst, ohne groß darüber nachzudenken. Taichi hatte sie nicht nur geküsst, ohne sie zu fragen, was dies in ihr auslöste, sondern Koushiro auch erklärt, es sei nichts Besonderes. War auch ihre gemeinsame Nacht nichts Besonderes? Schließlich erfuhr sie nur wenige Wochen danach von Koushiro, dass es Sora und er wieder versuchten. Der Schmerz fuhr ihr durch den Körper. Sie würde für ihn wohl nie etwas derart besonderes wie Sora sein. Niemals.   Willkürlich tropften erneut Tränen über ihre Wangen. Der Schmerz brannte in ihrer Seele und schien nicht verebben zu wollen. Sie wollte, dass es aufhörte. Mimi war an den Punkt gelangt, einfach nichts mehr fühlen zu wollen. Es sollte einfach still werden. Lieber war da eine Leere, als der stetig währende Schmerz.   >Soll ich dafür sorgen, dass der Schmerz aufhört?<   Erschrocken fuhr Mimi hoch, doch sie wich augenblicklich zurück, als ihr Lilithmon genau gegenübersaß. Eine grinsende Fratze sah ihr entgegen.   >Ich kann dir den Schmerz nehmen…< Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)