The story of happiness von Black-Starshine (Manchmal muss man sein Glück selbst suchen, um es zu finden.) ================================================================================ Kapitel 4: - zorɴ - -------------------   Jedermann kann zornig werden. Das geht leicht. Aber der richtigen Person gegenüber zornig werden, im richtigen Maß, zur rechten Zeit, zum rechten Zweck und auf die richtige Weise – das liegt nicht in der Macht des einzelnen. Aristoteles (384 - 322 v. Chr.), griechischer Philosoph, Schüler Platos, Lehrer Alexanders des Großen von Makedonien   ____________________   „Sora-chan, Hawaii war großartig! Das nächste Mal musst du unbedingt mitkommen!“, trällerte eine gutgelaunte, 12-Jährige Mimi, die gerade ihre beste Freundin in Empfang nahm. „Meinst du denn unsere Eltern würden das erlauben?“, erwiderte Sora unsicher, die nervös an ihren Haaren spielte. Mimi hob verwundert die Augenbrauen. „Warum nicht? Wenn meine Eltern dabei sind, kannst du sicherlich mitkommen!“ Ein Grinsen zeigte sich auf den Lippen der Tachikawa, groß, breit und aufrichtig. Die Vorstellung, mit ihrer besten Freundin am Strand zu liegen und zu entspannen war einfach wunderbar.   „Sag Mal. Du hast aber eine schöne Haarspange! Wo hast du die denn her?“ Neugierig begutachtete die Tachikawa das kleine, goldene Spängchen in den Haaren der Rothaarigen. Die grünen Applikationen passten perfekt zu dem Farbton ihrer kurzen Haare. Augenblick färbten sich die Wangen der Takenouchi in ein glühendes Rot und ihr Blick ging gen Boden. Schüchtern sah sie hoch zu ihrer Freundin. „Die hat mir Tai zum Geburtstag geschenkt…“ „Taichi-kun? Der Tai?“ Unglaubwürdig starrte Mimi ihre Freundin an. Dann allerdings spürte sie den stechenden Schmerz in ihrer Brust. Seit der Digiwelt hatte sie ein Auge auf den Älteren geworfen. Die Tatsache, dass er als Einziger verbal gegen sie ankam, hatte ihr stets imponiert. Außerdem war es sein Mut, der sie schon immer beeindruckt hatte. Doch je länger sie die Haarspange musterte, umso schmerzlicher wurde ihr klar, dass er sich um dieses Geschenk richtige Gedanken gemacht haben musste. Dass er Sora mochte war schließlich kein Geheimnis. Aber irgendwie spürte sie, dass da mehr zwischen den beiden war. Allein Soras Verhalten war ein eindeutiges Indiz dafür.   „Wow, wirklich schön…“, meinte Mimi dann mit einer aufgesetzten, lächelnden Miene. „Uhm…ja, ich habe mich auch sehr darüber gefreut… auch wenn ich Taichi erstmal zur Sau gemacht habe…“ Mimi hob verwundert die Augenbrauen. „Warum zur Sau gemacht?“ „Naja… Ich habe erstmal angenommen, dass er mir die Haarspange nur geschenkt hat, weil ihm meine Frisur oder mein Hut nicht gefällt. Und dann haben wir uns gestritten…“, murmelte sie. Mimi verdrehte nur die Augen. „Oh Man, du bist manchmal noch sensibler als ich. Das soll schon was heißen…“ Sora lächelte selig vor sich her. „Aber er hat mit eine E-Mail geschrieben… wo er sich entschuldigt hat… und naja…i-ich…“   Nein…Sag es nicht…Sag es bitte nicht!   Die Gedanken der Tachikawa überschlugen sich förmlich. Panik, Angst, Mutlosigkeit machten sich in ihr breit. Doch sie sprach es aus: „Ich…glaub ich habe mich verliebt…“   ____________________   Eine bedrückende Stille machte sich unter ihnen breit. Es schien, als wären sie in einer Schockstarre gefangen, nicht fähig auch nur einen Schritt nach vorn zu machen. Sora und Yamato blickten schockiert zu Taichi, dem sämtliche Gesichtszüge entglitten waren. Koushiro stand unsicher dazwischen, wusste nicht, was er machen sollte. Mimi blieb versteckt. Warum eigentlich? Diese Atmosphäre war einfach grauenhaft. Wut, Trauer, Schmerz… das alles war zu spüren. Doch am meisten spürte man die Präsenz des Zornes.   In einem Bruchteil einer Sekunde begann die Zeit wieder zu laufen. Aus Taichis Mund vernahm man ein wütendes Knurren, dicht gefolgt von einem direkten Schlag in die Visage des blonden Sängers. „TAICHI! NICHT!!!“, erklang das hilflose Schreien von Sora, die direkt neben Yamato in die Knie ging, um ihn zu stützen. Blut lief ihm den Mundwinkel herab. „Okay…das habe ich wohl verdient…“, kam es trocken über die Lippen von Yamato, der sich das Blut am Ärmel seiner Jacke abwischte. Über ihn stand Taichi, der rasend vor Zorn war. Koushiro handelte sofort, indem er seinen brünetten Freund packte und zurückzog. Agumon versuchte ihm zu helfen, doch riss sich die Ältere los. „Erklärt es mir!“, brachte er zähneknirschend über die Lippen und sah hasserfüllt zu seinen ehemaligen besten Freunden herunter. „Und kommt mir ja nicht damit: Es sei nicht so, wie es aussieht!“, fügte er hinzu.   Man sah die Unsicherheit den beiden Angesprochenen an. Die Digimon hielten sich zurück, schienen gar ein wenig verängstigt. Auch Koushiro hielt es für besser, sich in das Ganze nicht einzumischen. Doch auch ihm stand der Schock ins Gesicht geschrieben. Niemals hätte er angenommen, dass die beiden Taichi betrügen würden. Wenn man merkte, dass man einander nicht mehr so liebte, wie es einst war, dann war das eine Sache. Hinter dem Rücken des Leidenden aber ein falsches Spiel zu spielen, eine ganz andere.   Sora half Yamato wieder auf die Beine und sah ihren Freund schuldbewusst an. „W-Wir…wir wollten mit dir reden… Aber es ergab sich nie die richtige Gelegenheit…E-Es tut mir so leid, Taichi…“ „Für sowas gibt es nie die richtige Gelegenheit. Aber du hättest mit mir sprechen und mir sagen können, dass du neuerdings auf blonde Möchtegernmusiker stehst!“, erwiderte er. „Schnauz Sora nicht so an. Für dich war die Beziehung doch auch am Rande des Abgrundes!“ Taichi sah wütend zu Yamato und packte ihm am Kragen. „Ja, aber ich habe nicht hinter ihrem Rücken was mit ihrer besten Freundin angefangen!“ Der Braunhaarige war drauf und dran erneut zum Schlag auszuholen.   Schon damals hatten sich die beiden geprügelt. Doch waren die Gründe dafür Meinungsverschiedenheiten, Konflikte, die man auch anderes hätte lösen können. Taichi so rasend vor Wut zu sehen, machte selbst Mimi Angst. Noch nie war sie ein Fan davon gewesen, dabei zusehen zu müssen, wie sich Freunde schlugen. Aber im Moment konnte sie es Taichi nicht einmal verdenken. Nicht nur, dass Sora seine feste Freundin war, so war sie auch stets seine beste Freundin gewesen. Mit ihrer Aktion hatte sie dieser Freundschaft in ihren Grundzügen erschüttert. Mimi verstand die Welt nicht mehr. Die junge Frau ertrug es nicht, mit ansehen zu müssen, wie man sich gegenseitig emotional vernichtete. Hass, Gewalt und Zorn lagen in der Luft.   Nein! Das alles war nicht richtig und sicher nicht die Lösung für das Problem. Also beschloss die junge Frau, aus ihrem Versteck zu schreiten und einzugreifen.   „Hör auf damit!!!“   Entschlossen drängte sich die junge Frau zwischen die beiden jungen Männer. Kurz vor ihrem Gesicht stoppte Taichi in seiner Bewegung und hatte den Griff um Yamatos Kragen gelöst. Einen Teufel würde er tun, diese zierliche Persönlichkeit zwischen ihnen irgendwie zu verletzen. Trotzdem brodelte der Zorn in den Tiefen des Yagami. Seine Hände ballten sich zu Fäusten, sein Blick ging gen Boden. Mimi war erleichtert darüber, ihn von einer weiteren unüberlegten Tat abgehalten zu haben. Trotzdem hatte sie ein ungutes Gefühl. Die Atmosphäre um sie herum wurde immer düsterer und kälter. Auch Palmon, Agumon un die anderen Digimon bemerkten dies und zitterten am ganzen Leib. Tentomon klammerte sich zitternd am Rücken von Koushiro fest. „Tentomon, was hast du denn?“, fragte dieser. Auch Biyomon flatterte nervös umher und zog sich mehr und mehr zurück. Gabumon stand bereit zum Kampf neben Yamato. „Es ist das gleiche Gefühl…“, hauchte das wolfsähnliche Digimon neben dem Blonden. Sora sah verunsichert und verwirrt zwischen Gabumon, den anderen Digimon und Taichi hin und her. Nicht nur sie, sondern auch die anderen bemerkten, dass Taichi der Jenige war, von welchem diese kalte und angsteinflössende Atmosphäre ausging.   „Was starrt ihr mich alle so an?!“, murrte der Brünette und verschränkte genervt die Arme vor der Brust. Er schien die Veränderung der Umgebung gar nicht zu bemerken. Palmon selbst klammerten sich an den Saum von Mimis Rockes und sah zu dieser auf. „Es ist wie in der Digiwelt…“, flüsterte das Digimon. Mimis Blick suchte die braunen Augen von Taichi. Man sah ganz deutlich, dass sich eine dunkle Aura um ihn herum manifestierte. Eine erdrückende und luftraubende Aura. Dieselbe Aura, die sie auch in der Digiwelt kennen lernen durften, als sie mit der Macht der Dunkelheit konfrontiert worden waren.   „Taichi! Du musst dich beruhigen!“, rief dann Koushiro, der bereits ahnte, was das alles zu bedeuten hatte. Mimi sah ihren besten Freund unsicher an, dann ging ihr Blick wieder zu dem Angesprochenen. Sie ging einen Schritt auf Taichi zu. Noch immer schien er wütend und enttäuscht. Aber auch die verletzenden Augen zeigten das Gefühlschaos in seinem Inneren. Wie leid es ihr doch tat. Sie wusste, wie sehr es schmerzte, von jemanden betrogen zu werden. „Bitte, du musst dich beruhigen…“, hauchte die Tachikawa einfühlsam. Taichi wirkte trotzig, ließ sich von ihrer Stimme jedoch ein wenig besänftigen. „Ich ertrag das hier nicht mehr…Lasst uns verschwinden!“, flüsterte er daher nur bitter. Mimi nickte zaghaft und sah unsicher zu ihrer besten Freundin und Yamato zurück.   Die Augen von Sora weiteten sich, Tränen bildeten sich in den Winkeln dieser. „T-Taichi…n-nein… Ich…ich will dich doch nicht verlieren. Wir haben doch so viel miteinander erlebt! Lass uns nochmal darüber reden!“, schluchzend sah Sora ihren besten Freund an, doch Taichi erwiderte den Blick nur voller Zorn. „Es gibt nichts mehr zu reden!“ Ihre Worte weckten erneut die Wut und den Schmerz in seinem Inneren. Er bemerkte gar nicht, wie er Dunkelheit ausströmte. Dafür bemerkten es Koushiro und Mimi. „D-Das ist die gleiche Aura, wie sie in der Digiwelt ist…“, hauchte Palmon ehrfürchtig. Verwundert sah Mimi zwischen ihrem Digimon und Taichi hin und her. „Wir müssen was unternehmen!“, ergänzte auch Tentomon. Koushiro nickte und ging direkt zu Taichi hin. „Wir sollten wirklich gehen und runterfahren…“, versuchte er so ruhig wie möglich auf seinen Freund einzureden. Dieser sah Koushiro nur wütend an. Folglich stieß er den Rothaarigen nur zurück. „Lass mich! Das geht dich alles gar nichts an!“, erklärte er wütend   Immer deutlicher materialisierte sich hinter dem jungen Mann die Dunkelheit, immer schwerer wurde die Luft zum Atmen. Die Digimon wichen fast zeitgleich einige Schritte zurück. Nun bemerkte auch Taichi, das irgendwas nicht stimmte. Er wand seinen Körper um und sah direkt in die dunkle Ödnis, die sich hinter ihm gebildet hatte. „W-Was ist das?“   Nur wenige Sekunden später begann sich die dunkle Materie zu bewegen, formte Rundungen und Kurven, bis letztlich ein Wesen erschien. Die fünf Digiritter wichen ehrfürchtig zurück, als sich die Dunkelheit in Demon verwandelte. Einem gefährlichen Digimon, welches einst versuchte, sich die Saat der Finsternis zu eigen zu machen. „Demon…a-aber…wie kann das sein?“, flüsterte Sora. Auch Mimi war schockiert. Yamato stattdessen trat nach vorne. „Du!! Verschwinde aus unserer Welt!“, rief dieser aus und packte sein Digivice in seine Hand. Demon lachte trocken. „Das ist aber nicht nett. Schließlich war es dein Freund, der mich gerufen hat…“ „Bitte was?“ Nun war es Taichi, der schockiert zu dem feindlichen Digimon sah. „Was meinst du damit?“, entwich Mimi die Frage. Demon lachte nur.   Dessen Blick ging zu Taichi, welcher merklich zusammenzuckte. Ein schlechtes Gewissen war aus seiner Mimik herauszulesen. „Dein Zorn…“, erwiderte das Digimon trocken und sah amüsiert in die Runde. „Dein Zorn hat mir den Weg in eure Welt geführt. Und ich danke euch dafür. Ich hätte nicht angenommen, dass es so leicht werden würde, nachdem wir diese Ratte von Gennai aus dem Weg geräumt haben…“   Schockiert wurden die Augen der fünf Jugendlichen größer. „Gennai?! Was meinst du damit?“, fragte Koushiro unsicher. Auch die anderen wirkten verängstigt. Noch gut konnten sie sich daran erinnern, wie sie aus der Zwischenwelt entkommen waren. Sie hatten Gennai zurücklassen müssen, ohne zu wissen, ob er dies überlebte. „Nun…er hat sich zu sehr eingemischt…also haben wir ihn ausgelöscht…!“ Mimi presste ihre Hände gegen ihre Lippen, Sora schrie kurz auf. Das Knirschen von Yamato war zu hören, Taichi biss sich auf die Unterlippen und Koushiro war zu keiner Handlung fähig. Gennai sollte ausgelöscht sein? Sprich tot? Nein! Das konnte nicht wahr sein. „Du lügst doch!“, kam es von Taichi, der in seiner Hand sein Digivice fest umklammerte. „Warum sollte ich euch belügen…?“ „Um uns zu schwächen und daran zu hindern, dir in den Arsch zu treten!!“, rief nun Mimi wütend aus. Sie wollte sich nicht verunsichern lassen. Auch, wenn sie den Kampf hasste, dieses Digimon durfte nicht in ihre Welt. „Sie hat Recht! Wir glauben dir kein Wort!“, stand Koushiro ihr bei. Beide hatten ihre Digivice in den Händen. Palmon und Tentomon traten neben die beiden. Bereit zum Kampf. Auch Taichi war drauf und dran, seinen Fehler wett zu machen. „Egal, was du vorhast! Wir werden es verhindern!“, erklärte der Anführer der Digiritter.   „Palmon digitiert zuuu… Togemon…“ „Tentomon digitiert zu…Kabuterimon…“ „Agumon digitiert zuuu Greymon…!“   Schnell waren die Digiritter weitere Schritte nach hinten zurückgewichen, während ihre Digimon versuchten, dem Feind standzuhalten. Auch Sora und Yamato waren bereit zum Kampf. Sie holten beide ihre Digivices heraus und hielten sie fest umschlungen in ihren Händen. Die Rothaarige sah ihrem gegenüber in die Augen und nickte. Allein dies zu sehen, brach Taichi förmlich das Herz. Es war nicht so, dass er eifersüchtig war. Doch Sora war drei Jahre seine Freundin gewesen. Gemeinsam hatten sie viel durchgemacht und einander lieben und schätzen gelernt. Sie hatte ihn hintergangen. Mit seinem besten Freund. Einfach so. Ohne Rücksicht auf seine Gefühle zu nehmen.   Sie beide verbanden Eigenschaften, die für sein Leben essentiell waren.   Freundschaft und Liebe   Und beides hatten sie ihm entrissen…   Licht klang aus den Digivices der beiden heraus, hüllte ihre Digimon ein. Doch es dauerte nur einen Augenaufschlag, als die Digivices der beiden jungen Erwachsenen ihren in tausend kleine Teile zerbrachen. Schockiert richteten Mimi, Koushiro und Taichi den Blick auf Sora und Yamato. Noch schockierter sahen Yamato und Sora auf die Überreste ihrer Digivices in ihren Händen. Das Licht klang ab und Biyomon und Gabumon blieben in ihrer ursprünglichen Gestalt.   „W-Was…?“ Vergleichbar mit einer blassen Kalk-Wand blickte Sora auf ihr Digivice. Sie verstand das alles nicht. Der Schock der beiden Digiritter war nicht in Worte zu fassen. Auch die Fassungslosigkeit von den anderen nicht. Gabumon und Biyomon waren sprachlos. „A-Aber…Aber warum…?“ Die Digivices der beiden waren weg, hatten sich in tausend kleine Teile verwandelt und lagen nun glitzernd am Boden.   Ein lautes Krachen riss die anderen aus ihrer Schockstarre. Togemon und Greymon wurden mit einem Fingerschnipsen gegen die Wand der Mode Gakuen geschleudert. Lautes Schreien von Menschen war zu hören, als Greymon zu Agumon und Togemon zu Palmon zurück digitierten. In der Zwischenzeit wand sich Demon Kabuterimon zu, packte das Digimon und schleuderte es in ein Gebäude, nahe des Cocoon Towers. Auch dieses Digimon digitierte zurück auf sein Rookie-Level. „Tentomon!!!“, rief Koushiro, der kurz darauf seinen Körper in Bewegung setzte und zu seinem Digimon hinlief. Auf den Straßen rund des Cocoon Towers entstand eine Massen-Hysterie. Panisch und aufgeregt rannten die Menschen über die Straßen und versuchten sich in Sicherheit zu bringen. Von der Wand des Cocoon Towers perlten Einzelteile herunter und es entstanden Rauchschwaden. Das Gebäude, welches Kabuterimons Fall zum Opfer geworden war, lag in Trümmern.   Die Geschehnisse überschlugen sich. Mimi wie auch Taichi rannten zu ihren Digimon. Yamato und Sora starrten noch immer schockiert auf die Überreste ihrer Digivices. Gabumon und Biyomon versuchten auf sie einzureden, doch man erkannte, dass auch diese überfragt waren. Aber vor allem lag die Verzweiflung in der Luft. Demon war sichtlich zufrieden. Den schwächlichen Anblick der Digiritter zu sehen, schien ihn förmlich zu beflügeln. „Ich bin begeistert. Zwei von euch sind kampfunfähig und der Rest ist zu schwach, um mich zu besiegen. Geradezu langweilig, gegen euch zu kämpfen…!“, lachte das Digimon. „Ich werde dich beschützen, Mimi-chan!“ Die gebrochene Stimme von Palmon ließ Mimis Herz laut aufschlagen. Tränen bildeten sich in den Augen der Tachikawa. In der Zwischenzeit war Sora in die Knie gesunken. Yamato kniete sich neben sie. „Wir…wir sind vollkommen handlungsunfähig…wir sind verloren…“, flüsterte die Rothaarige immer und immer wieder. Yamato legte seine Hand auf ihre Schulter und sah zu Boden. Was war nur passiert? Sie waren stets ein Team gewesen und hatten einen Weg gefunden ihre Feinde zu bezwingen. Nun standen sie kurz vor dem Abgrund.   „Ihr seid es nicht wert, dass ich mich mit weiterhin mit euch beschäftige!“, erklang der schallende Ruf des Feindes, kurz bevor das Digimon ein weiteres Wesen entstehen ließ. Schockiert erkannte Taichi das bereits besiegte Devimon. Mit einem widerlichen Lachen verschwand Demon und überließ die jungen Erwachsenen ihrem Schicksal.   Mit einem solchen Ausgang der Situation hatten sie alle nicht gerechnet. Auch nicht, dass sich Taichi in seinem Zorn in den Strängen der Finsternis verfangen würde. Durch seine ausgelassene Emotionalität hatte er den Feind direkt zu ihnen geführt. Einen Feind, der nun die Lust verloren hatte, sich mit ihnen zu beschäftigen. „Devimon…“, hallte Taichis Stimme tief in seinem Rachen wieder. Agumon richtete sich auf und baute sich vor dem Yagami auf. Sichtlich geschwächt versuche sich das Digimon auf den Beinen zu halten und seinen Partner zu beschützen. Ebenso wie Palmon.   „Hah! Lächerlich! Noch einmal werdet ihr mich nicht besiegen. Ihr habt mich gedemütigt und erniedrigt. Nun werde ich eurem unnützen Leben ein Ende bereiten!“, hörte man die dunkle Stimme des Digimons, welches seine Flügel ausbreitete. Doch anderes als erwartet, schien es nicht Taichi und Mimi, sondern Sora und Yamato angreifen zu wollen. Schockiert sah Mimi zu dem Digimon. Sein bösartiges Grinsen verwandelte sich in eine bedrohliche Fratze. Sora und Yamato schienen im Moment nicht einmal mitzubekommen, was um sie herum geschah. Auch Taichi bemerkte, in welche Richtung der Angriff erfolgen würde. Beide – er und Mimi – handelten schnell, setzten sich in Bewegung und rannten zu ihren Freunden rüber. Zeitgleich folgte auch der Angriff von Devimon: „Dunkle Flügel!“, rief es seine Attacke aus und feuerte mittels seiner Flügel dunkle Schwingen ab. Mimi und Taichi schafften es knapp, Sora wie auch Yamato zu Boden zu reißen und somit dem Angriff auszuweichen. Wütend sah Taichi seinen besten Freund an. „Was soll der Scheiß! Wir werden hier sicherlich nicht aufgeben!“, brüllte er den blonden Mann an. Dieser schnaubte nur verächtlich. „Was sollen wir denn tun? Unsere Digimon können nicht digitieren!“   „Wir können überhaupt nichts machen!“, flüsterte Sora weiter. Ihr Ausdruck wirkte niedergeschlagen, deprimiert und verzweifelt. Zumal man auch ganz deutlich die Trauer in ihren Zügen erkennen konnte, die noch immer von der Auseinandersetzung mit Taichi herrührten. Mimi selbst seufze. Sora hatte wirklich Mist gebaut, aber das war noch lange kein Grund, aufzugeben. „Na und?! Aufgeben ist trotzdem keine Lösung. Stell dich deinen Problemen, anstatt einfach den Schwanz einzuziehen!“ „Biyomon, Gabumon…! Bringt die beiden in Sicherheit!“ Taichi sah die beiden Digimon eindringlich an, diese nickten jedoch. Auch sie waren niedergeschlagen. Doch genauso wenig wie Taichi und Mimi wollten sie aufgeben. Es musste einen Grund geben, warum die Digivices der beiden zerstört worden waren.   Das war es wieder… Ein Funken „Hoffnung“, der in jedem von ihnen lebte. Hoffnung, die den Weg ins Licht führen sollte. Weder Mimi, noch Taichi wollten sich der Hoffnungslosigkeit hingeben. Es würde auch keine Lösung daraus resultieren. Denn ihre Aufgabe war es, nicht nur die Digiwelt, sondern auch ihre eigene Welt zu beschützen. Allein zu sehen, welche schwerwiegende Folgen aus dem Kampf der Digimon entstanden waren, zeigte ihnen deutlich, dass sie weder Devimon, noch Demon einfach so in ihrer Welt wüten lassen durften. Auch wenn Takeru und Hikari nicht da waren. Hoffnung und Licht waren zwei Eigenschaften, die im Herzen eines Jeden zu finden waren. Es war für niemanden gut, sich der Dunkelheit oder der Hoffnungslosigkeit hinzugeben.   Mimi wollte nicht aufgeben. Sie hatte Angst, wahnsinnige Angst. Aber anders als früher würde sie sich diesmal nicht so einfach aus dem Staub machen. Manchmal hatte man keine andere Wahl, als zu kämpfen. Besonders wenn es um Dinge ging, die einem im Leben wichtig waren. Würden sie nicht handeln, war ihre Welt dem Untergang geweiht. Nicht nur ihre, sondern auch das digitale Ebenbild würde im Sumpf der Dunkelheit versinken.   Gott. Taichi war so froh, dass seine Schwester im Moment nicht da war. Überall an seinem Körper spürte er die Spuren der Finsternis. Besonders, weil er wusste, dass er dies zu verschulden hatte. In seinem Schmerz hatte er dem Zorn in seinem Herzen Platz gemacht und Demon den Weg in die Welt der Menschen gezeigt. Er war schuld an dieser ganzen Misere. Denn er hatte seine eigenen Gefühle nicht unter Kontrolle gehabt. Nun standen sie hier. Einem Feind gegenüber, der ihnen haushoch überlegen war.   Mimi und er. Eine seltsame Konstellation.   Yamato und Sora waren am Rand des Nervenzusammenbruchs, während Koushiro womöglich noch immer nach seinem Digimonpartner suchte. Ihre Chancen standen schlecht. Richtig schlecht. Trotzdem weigerten sich Mimi und Taichi dagegen, ihre Hoffnung aufzugeben. All die Dunkelheit beherbergte auch einen Funken des Lichts. Diesen musste man einfach nur finden. Sie Beide waren nicht die Typen dafür, aufzugeben, ohne es überhaupt probiert zu haben. Trotzdem fürchtete sich Mimi. Seit jeher war es Yamato, der gemeinsam mit Taichi an der Front stand und sich in den Kampf stürzte. Mimi selbst war dafür nicht geschaffen. Noch nie hatte sie es gemocht zu kämpfen. Doch auch sie sah das Ausmaß. Es würde sich ausweiten, wenn sie nicht handelten. Devimon würde Unschuldige verletzen, vielleicht sogar töten… schnell schüttelte sie den Kopf. Nein! Das wollte sie sich nicht einmal vorstellen. Das Zittern ihres Körpers konnte sie trotzdem nicht verbergen. Das Schlimme dabei war viel mehr, dass es auch Devimon bemerkte.   „Haha…! Erbärmliche kleine Menschen! Wie wollt ihr mich mit euren mickrigen Digimon besiegen?! Die Eine von euch zittert ja bereits wie Espenlaub!“, lachte das Digimon. Es schien sich sichtlich daran zu ergötzen, die Jugendlichen so zu sehen. Taichi folgte dem Blick der dunklen Bestie und musterte Mimi. Er verstand augenblicklich. Noch gut konnte er sich an bestimmte Situationen in der Digiwelt erinnern. Die Tachikawa hatte sich förmlich dagegen verweigert, gegen die Meister der Dunkelheit zu kämpfen und hatte einen anderen Weg gefunden, ihren Freunden zur Seite zu stehen. Damals hatte er ihr Denken nicht nachvollziehen können. Heute tat er es. Die Konsequenzen aus Kampf und Gewalt waren verheerend. Noch immer fiel der Schutt von den Gebäuden und Menschen suchten nach ihren Freunden oder Verwandten.   „Mimi…“, flüsterte der junge Mann. Die Angesprochene erwiderte zaghaft seinen Blick, doch ihre Angst verschwand nicht aus ihrer Mimik. Taichi lächelte sie leicht an und griff nach der Hand der Tachikawa. Diese sah verwundert zu Taichi. Die Wärme und Geborgenheit – das Gefühl, beschützt zu werden – durchströmten ihren Körper. Allein diese kleine Geste machte ihr Mut. Sie lächelte leicht.   „Jetzt beenden wir diese Phrase! Wenn ich euch vernichtet habe, hole ich mir den kleinen Takeru!“   Das Schreien des Digimons hallte durch die Gassen. Agumon und Palmon bauten sich geschwächt vor Mimi und Taichi auf. Just in diesem Moment wurden auch Sora und Yamato von der Wirklichkeit ergriffen. Liebe und Freundschaft. Gebrechliche Konstrukte, die leicht zu beschädigen waren. Emotionen, Eigenschaften, die in einem jedem lebten. Verwundert sahen der Blonde und die Rothaarige zu den Einzelteilen ihrer zerstörten Digivices. Nach und nach zogen sich kleine Teile gegenseitig an und formten sich zu zwei kleinen Kugeln. Verwundert betrachtete Sora die Konstruktion dieser…dieser Perlen…   Diese bewegten sich in die Richtung von Mimi und Taichi, hoben sich bei ihnen angelangt in die Luft und erreichten ihre Blickrichtung. Diese Perlen strahlten Macht aus. Eine Macht, die sich im nächsten Augenblick mit ihren Digivices verbündete. Taichi spürte ein Glühen an seiner Handfläche, kurz bevor ihn ein euphorisches Gefühl übermahnte. Auch Mimi sah verwundert zu ihrem Digivice, welches eine ungewöhnliche Hitze ausstrahlte. Ihre andere Hand hielt noch immer die von Taichi, der sie mit einem Lächeln auf den Lippen ansah. Ein Nicken folgte. Dicht gefolgt von dem Nicken der Tachikawa und einem ehrlichen Grinsen.   Daraufhin erstrahlten die Digivices der beiden in helles Licht und umhüllten ihre Digimonpartner. ____________________     Der Zorn und Kummer, den wir durch die Handlungen der Menschen empfinden, sind härter für uns als diese Handlungen selbst, über die wir uns erzürnen und betrüben. Marc Aurel (121 - 180), römischer Kaiser und Philosoph   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)