I Shall Rise von robin-chan ================================================================================ [Su] - I say I'm okay --------------------- IV Summer Samantha Nishimura schlug die Augen auf. Ein Blitz erhellte das Zimmer - ihr Zimmer. Ein Donnergrollen folgte, aber ihr Schlaf wurde anderweitig durchbrochen. Gewitter hielten sie nie auf Trapp, viele waren bereits ungehört an ihr vorbei gezogen. In Nächten wie diesen, in denen sie putzmunter aber desorientiert erwachte, plagten sie Albträume. Sonderbare Albträume über ihr unbekannte Erlebnisse, die sich doch real anfühlten, als hätte sie all das persönlich erlebt. Wie uralte Erinnerungen – Absurd. Ihre Handfläche strich über das Laken, es war – wie auch ihre Kleidung, die an ihrem Körper klebte, durchgeschwitzt. Ein Schweißfilm verblieb noch hartnäckig auf ihrer Haut und ein kalter Schauer bescherte ihr eine unliebsame Gänsehaut. Kurzweilig schlossen sich ihre Augenlider und ein schweres, verzweifeltes Seufzen verließ ihre Lippen. Minuten verstrichen und Sam versuchte wieder einzuschlafen, aber empfand sie keinen Funken Müdigkeit und so sah sie im Liegenbleiben keine passable Option. Sam brauchte Bewegung. Etwas zu trinken. Aufgewühlt schlurfte sie Richtung Küche. Nur kurz blieb ihr Blick an der zweiten Schlafzimmertür hängen, dem persönlichen Reich des Croft-Sprösslings. Lara war fort, befand sich irgendwo in der Ukraine und suchte nach Alex‘ Schwester. Wann ihre Freundin zurückkehrte, blieb ungewiss und das störte Sam sehr. Obwohl sie darauf gehofft hatte ihr ins Gewissen reden zu können, hatte Lara ihren Standpunkt deutlich gemacht – Sie verreiste ohne Begleitung und so blieb Sam allein. Nach allem, das sie durchgemacht hatten, hatte sie anderes erhofft, aber wie änderte man die Meinung einer Croft? Generell zog es Lara vermehrt aus der Stadt, irgendwohin. War das ihre Art des Vergessens? Möglich. Sam musste es in gewissen Maßen akzeptieren, doch hieß es nicht, dass ihr das auch gefiel. Denn irgendwie, und den Gedanken konnte sie nicht verwerfen, erhielt Samantha das Gefühl, dass sie sich mehr und mehr voneinander entfernten. Sie war müde. Müde von den Erinnerungen. Müde von den Albträumen. Müde von den Ängsten. Müde von Laras ständigem Verschwinden. Das Alleinsein war das Schlimmste. Es brachte ihre Gedanken in Fahrt und nichts und niemand befand sich in der Nähe um eine Ablenkung zu erfahren. Sam brauchte eine Ablenkung. Egal welcher Natur. Denn Samantha hatte ein Problem; eines das sie nicht in Worte fassen konnte, da es sich zu verrückt anhörte. Und obwohl sie Lara normalerweise alles anvertrauen konnte, hatte sie große Angst davor ihr diese Gedanken zu erzählen. Rasch leerte Sam zwei Gläser Wasser. Nicht gerade beruhigend, aber besser als nach Alkohol zu greifen. Ein weiterer Schauer überkam ihren Körper. Vorsichtig spähte sie im Raum umher; schüttelte anschließend den Kopf. Sie verlor ihren Verstand. Sie drehte den Hahn auf und befeuchtete ihr Gesicht. Das kühle Nass auf ihrer Haut half ein bisschen; nahm ihr das unangenehme Gefühl, doch nicht alleine zu sein. Etwas, das in letzter Zeit recht häufig vorkam. Immer wieder glaubte sie, jemand war in direkter Nähe und die Erinnerungen, die sie in diesen verworrenen Träumen durchlebten, bestärkten dieses. Minuten später kauerte Samantha auf dem Sofa im Wohnzimmer. Unschlüssig entsperrte sie ihr Smartphone; noch immer war die Kontaktliste geöffnet und wieder fand sich ihr Daumen zitternd über Laras Nummer. Sie brauchte die andere, ihre Stimme, aber auch ihre körperliche Nähe. Wie so oft hielt sie sich davon ab, legte das Smartphone zur Seite. Es war mitten in der Nacht und vermutlich hatte Lara ihres gar nicht erst eingeschalten. Besser sie machte weiter, so wie sie es seit Wochen tat und irgendwann hörte es eben von alleine auf oder sie belog sich selbst einmal mehr. Vielleicht hätten sie sich doch an den Plan halten sollen, den sie vor der Forschungsreise aufgestellt hatten. ●๑۩۩๑● »Die Flüge, das Hotel … ist sofort erledigt. Wir könnten in ein paar Tagen los, sogar heute noch!«, bemerkte Sam energischer. Sie wollte eine Auszeit, fort aus London. Ein Tapetenwechsel, der sie in ihr altes Leben zurückbrachte. So wie sie es Jahre über taten. Wieder für zwei, drei Wochen verschwinden, in eine andere Kultur eintauchen, aber auch einen gewöhnlichen Urlaub erleben. »Ich weiß nicht so recht, Sam«, antwortete die junge Archäologin zum wiederholten Male und hörte ein entnervtes Brummen. »Momentan kann ich nicht fort, das Museum hat mir einen Job angeboten. Hört sich nicht schlecht an und wäre ein Anfang zurück in den Alltag zu finden.« Außerdem war sie gerade erst unterwegs und nachdem es dort wieder zu Auseinandersetzungen gekommen war, brauchte sie durchaus ein bisschen Ruhe. »Und Kaz habe ich versprochen bei der Wohnungssuche zu helfen.« »Dann verreise ich eben alleine!« »Was?!«, stieß Lara laut aus und hörte Alarmglocken schrillen. Ihr war nicht wohl dabei, wenn sie wusste Sam war alleine unterwegs, irgendwo, wo sie nicht in der Nähe war. Denn dort konnte sie ihr nicht helfen, zumal sie ja gesehen hatten, was alles geschehen konnte. »Was? Ich bin kein kleines Mädchen mehr!« Sam wurde sauer, denn sie sah sehr wohl in den Augen der anderen, was vermutlich gerade in dieser vor sich ging. Wieder fand sie sich bei dem Gedanken, wie sehr sie sich voneinander trennten. Denn während es eine Zeit gab, in der sie gleich aufstanden, glaubte Lara mittlerweile sie war eine Frau, die es zu beschützen galt und die alleine aufgeschmissen war. Ja, sie unterschied sich von ihrer Freundin, die allem Anschein nach keine Probleme damit hatte, sich mit allen erdenklichen Waffen bestückt, durch Horden zu schießen. Das war sie nicht, aber hieß es nicht, dass sich Sam nicht doch zu verteidigen wusste. »Sam, das habe ich nie gesagt! Worüber diskutieren wir hier eigentlich? Du hast nie etwas gesagt und von einer Sekunde zur nächsten beharrst du darauf, unsere Sachen zu packen und abzureisen.« Lara war vom Sofa aufgestanden und trat an Samantha heran, die gegen mit verschränkten Armen gegen die Fensterbank lehnte und rigoros jedem Blickkontakt auswich. Sanft umfasste Lara ihre Arme. »Was ist passiert, Sam?«, flüsterte sie und ihre Gesichtszüge trugen die Beunruhigung, die erwachte, nach außen. »Yamatai ist passiert«, murmelte Sam und ein trauriges Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. Sie brach. Nach und nach, stückchenweise. »Wir verändern uns … in eine Richtung, die mir nicht gefällt.« »Nach einem Erlebnis wie diesem … was erwartest du? Sam, noch ist alles so frisch, aber wir haben uns.« »Bist du dir sicher?« Sam biss sich auf die Zunge; sie durfte nicht mehr aussprechen, denn sonst würde das Gespräch in eine Richtung verlaufen, die sie partout verhindern wollte. Noch war sie nicht bereit dafür, noch hoffte sie auf eine eigenständige Besserung. Aber ein Teil in ihr sah darin bloß leere Worte. Dass dieses »uns« nichts retten würde. »Was meinst du?«, fragte die Brünette besorgt nach und für einen Moment sackte ihr Herz nach unten. Woher kamen die Zweifel? Für Lara würde sich dieser eine Punkt niemals ändern, egal was geschah. Dafür hatte sie gekämpft, ihr Leben aufs Spiel gesetzt. Sam lachte verzweifelt auf, als sie die aufkommenden Tränen spürte und fuhr sich durchs Gesicht. »Tut mir leid, Lara, vergiss den Blödsinn«, suchte sie einen Ausweg aus der unangenehmen Situation, »ist heute einfach ein miserabler Tag.« Lächelnd löste sie sich von Lara, küsste sie auf die Wange und zog sich zurück. ●๑۩۩๑● »Ihr seid ein merkwürdiges Duo«, flötete Kaz kopfschüttelnd und spielte mit dem Strohhalm ihres Cocktails. Als sie einen Abstecher in die Bar machte, hatte sie Samantha an der Theke vorgefunden. Das erste Mal, dass sie die junge Frau ohne Lara Croft antraf. »Inwiefern?« Sam hatte sich erneut aus dem Staub gemacht, als ihr die Luft in der Wohnung zu dick geworden war. Ganzgleich, wie sehr sie danach noch darauf beharrt hatte, dass das lediglich dummes Gerede gewesen war, Lara glaubte ihr nicht. »Ich verstehe euch einfach nicht«, begann Kaz sich räuspernd und lächelte vergnügt, »ich bin seit zwei Wochen hier und begreifen nicht, wie ihr so aneinander vorbei rennen könnt.« Beim Kennenlernen mit Sam und den gemeinsamen Treffen danach, da hatte sie stets das Gefühl erhalten, zwei Verliebte vorzufinden und keine einfachen Freundinnen. »Ihr solltet definitiv einen Schritt nach vorne machen.« »Red‘ keinen Stuss!« Sam begriff sofort. Musste Kaz ausgerechnet hiermit anfangen? Eine Thematik, die sowieso komplizierte war als manch einer vermutete? »Deshalb sage ich ja, ihr seid ein merkwürdiges Duo«, wiederholte die Blondine nochmals. »Ich erkenne Lüge«, säuselte sie und lehnte zurück. »Also, du bist alleine hier, deshalb schätze ich, ihr hatte mehr oder weniger Zoff?« »Nicht direkt«, murrte Sam als knappe Antwort. Vielleicht sollte sie aufstehen und gehen. Einen Sparziergang machen und hoffen, er würde ihr gut tun. Oder die Gelegenheit dankbar annehmen, mit jemanden reden zu können, der nicht dort war. »Kannst du ein Geheimnis bewahren? Wirklich dicht halten, egal was kommt?« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)