Der Gesang eines Vogels von Finnyan ================================================================================ Kapitel 6: Willkommen! ---------------------- Vorgaben der Göttin: - Leb dich ein - Du triffst auf Erza - Eine Party findet statt _________________________________ Der Wecker war heute morgen meine Erlösung gewesen. Das nervige Klingeln hallte in meinem Ohren, sodass ich mich mit müden Gliedern aufraffen musste und mit einem Griff zum Nachttisch die Uhr endlich zum Schweigen brachte. Ich hatte in dieser Nacht ziemlich schlecht geschlafen. Oft, wenn ich an einem fremden Ort schlief und zu aufgeregt war, konnte ich nachts nicht ruhig unter der Decke liegen. Immer wieder hatte ich mich herumgewälzt, versucht meinen Kopf zu beruhigen, oder etwas Wasser getrunken. Doch nichts hatte geholfen. Somit saß ich nun wie ein zerrupftes Huhn auf der Bettkante und gähnte ausgiebig. Nach kurzem Strecken stand ich schließlich auf, schritt zum Vorhang und zog ihn hoffnungsvoll beiseite, um von warmen Sonnenstrahlen umhüllt zu werden. Der Nieselregen vermischte sich mit dem blassen Neben am Hafen zu einer melancholischen, grauen Masse. Dunkle Wolken verdeckten den Himmel wie abgelaufene Zuckerwatte und ließen keinen einzigen Lichtstrahl hindurch, wodurch der Tag noch wie ein kalter Wintermorgen wirkte. "Na toll...Dir auch einen guten Morgen, liebes Shit-Wetter", grummelte ich und seufzte leise auf. Vielleicht würde der Tag noch besser werden, wenn ich erst mal in der Gilde sein würde. Nachdem ich mich kurz geduscht und gefrühstückt hatte, machte ich mich fertig für meinen ersten Arbeitstag und verließ mein Zimmer mit leisen Schritten, um niemanden zu wecken. Da ich weder eine Jacke, noch einen Regenschirm besaß, musste ich wohl oder übel durch den Regen rennen. Das Wasser klebte an meiner Haut, wie ein dünner Film aus Seife. Schon zum zweiten Mal in dieser Welt kam ich nass und außer Atem bei Fairy Tail an. Dieses Mal zum Glück aber nicht allzu hilflos und vom Wasser getränkt wie gestern. "Guten Morgen!" Eine freundliche Stimme begrüßte mich und ich sah die weißhaarige Mirajane durch die Halle gehend und die Tische säubern. Ich erwiderte das Lächeln, das sie mir entgegen brachte und ging zu ihr. "Guten Morgen. Kann ich dir helfen?" "Nicht nötig, Finny. Am besten bereitest du hinter der Bar den Kaffee vor und spülst die restlichen Tassen und Gläser. Wenn die anderen kommen, wollen sie meistens einen schönen starken Kaffee zum wach werden", erklärte sie mir und wischte mit einem grauen Tuch, das mit Sicherheit einmal weiß gewesen war, über die Oberfläche des Holztisches. Etwas peinlich berührt lächelte ich, da ich kein Kaffee trank und somit auch nicht genau wusste, wie man eine Kaffeemaschine überhaupt bediente. Mirajane schien meinen Blick direkt verstanden zu haben und kicherte leicht. "Tut mir Leid", sagte ich, doch die Weißhaarige winkte ab und zeigte mir geduldig, wie man Kaffee kochte. Ich verstand und begann damit, zwei Maschinen mit Kaffeepulver und Wasser zu füllen und den Kaffee kochen zu lassen. Währenddessen war Mirajane mit dem Putzen fertig und kam auf mich zu. "Du bist also gestern in einem Wald aufgewacht?", fragte sie mich neugierig und setzte sich auf einen der Barhocker, die an der Theke standen. Zuerst wunderte ich mich über die plötzliche Frage, konnte es aber auch verstehen, dass man meine Geschichte sehr seltsam fand und nachhaken wollte. Ich nickte und begann damit, nebenbei ein paar Tassen zu spülen. Das heiße Wasser wärmte meine Hände und ließen mich etwas entspannen. "Ja. Ich hatte gerade einen Vogel auf einem Baum fotografiert, als der Ast unter mir brach und ich nach unten gefallen bin. Doch statt auf den Boden zu knallen, wachte ich hier auf. Keine Ahnung, wie das passieren konnte." "Woher wusstest du, dass du hier bei Fairy Tail Hilfe bekommen kannst? Es wirkte so, als ob du uns kennen würdest. Normalerweise würde man sich doch viel vorsichtiger in einer fremden Welt bewegen, oder nicht?" Ihre Worte und aufmerksamen Augen brachten mich in Verlegenheit. Sie ahnte, dass mehr hinter dieser Geschichte steckten musste. Sollte ich ihr die Wahrheit sagen? Doch es würde mit Sicherheit nur noch mehr Fragen aufwerfen. Aber wenn ich log, könnte mir auch nicht richtig geholfen werden. Ich atmete einmal tief durch und stellte eine gewaschene Tasse neben die Spüle. Der restliche Schaum rutschte langsam das Porzellan herunter. "Nun ja... Stell dir vor, du liest ein sehr langes und ausführliches Buch, sodass die Charaktere immer lebendiger werden und man richtig in das Geschehen eintauchen kann. Und plötzlich befindest du dich inmitten dieser Geschichte, bevor du das Ende herausfinden konntest." Es war der erste Vergleich, der mir eingefallen war. Denn wenn ich von Manga und Anime anfangen würde zu sprechen, gäbe es nur unnötige Erklärungen und ich wollte nicht, dass sich diese Geschichte hier wegen mir ändern würde. Wenn sie es nicht schon getan hatte... Mirajane schwieg eine Weile und stand schließlich auf. "Du kennst diese Welt hier, aber in deiner Welt ist sie nur...eine Geschichte?" "Genau", antwortete ich und räumte den erledigten Abwasch in ein Regal hinter mir, "In meiner Welt gibt es keine Magie. Und deswegen frage ich mich, wie zum Teufel mir etwas 'magisches' passieren konnte. Vielleicht ist die Geschichte von Fairy Tail irgendwie mit meiner Welt verknüpft. Ich weiß es nicht..." Ich senkte meinen Blick und sah zu Boden, als mir die Weißhaarige auf einmal eine Kellnerschürze um die Taille band. Verwundert drehte ich mich um und sah in das lächelnde Gesicht von Mirajane. Danach schien unser Gespräch beendet. Ich wusste nicht, ob sie mir die Erzählung glaubte, oder nicht, aber solange ich hier bleiben konnte, war ich zufrieden. Die Tür schwang auf und nach und nach kamen die Gildenmitglieder herein. Und an der Spitze Erza Scarett. Die stärkste Kriegerin Fairy Tails mit leuchtend roten Haaren und einem selbstbewussten, eisernen Blick, der jedem das Fürchten lehren konnte, wenn man sie als Feind hatte. Sie trug ihre weiße Bluse mit dem marineblauen Rock und dunklen Stiefeln. Mirajane begrüßte sie und wünschte allen Kommenden einen guten Morgen. Erza erwiderte die Geste und fasste mich dann ins Visier. Ein dicker Kloß machte sich in meiner Kehle breit und als ich versuchte zu schlucken, schnürte es mir fast die Kehle zu. Jetzt verstand ich, warum Natsu und die anderen so viel Respekt vor ihr hatten. Noch nie hatte ich so eine starke Ausstrahlung gesehen. Als sie auf mich zu kam, übergoss sich ein kalter Schauer über mir und verpasste mir eine Gänsehaut, die sich über meinen ganzen Körper verteilte. Ich versuchte zu lächeln, merkte jedoch schnell, dass meine Mundwinkel nervös zuckten und beließ es bei einer kurzen Verbeugung. "Guten Morgen", sagte ich, wobei sich meine Stimme am Ende überschlug und ich mich wie ein eingekesseltes Kaninchen fühlte, das gleich von einem Wolf verspeist werden würde. Ihre Augen musterten mich von oben bis unten, während ich wie ein Rekrut stocksteif hinter der Theke stand und mich nicht wagte zu bewegen. Der Saal füllte sich nach einer Weile und alle sammelten sich im Halbkreis um Erza, als ob sie etwas Wichtiges zu sagen hatte. Warteten sie etwa auf ihre Reaktion bei mir? Wie bei einem Testobjekt, ob es gut oder schlecht war? Aus den Augenwinkeln erkannte ich Gray und die anderen, wobei Lucy, Natsu und Happy noch fehlten. "Wie alt bist du?" Erzas Stimme war sachlich und ich hatte das Gefühl, dass ihre Autorität im Moment noch stärker zu sein schien, als sonst. Kein Wunder, dass ich sie immer bewundert hatte. So eine Stärke war echt der Wahnsinn! "Einundzwanzig." Froh darüber, nicht ins Stottern gekommen zu sein und noch einen relativ klaren Kopf behalten zu haben, entspannte ich mich ein wenig. Sie war kein Wolf, der hungrig seine Beute fang, sondern ein Wolf, der das neue Lebewesen in seinem Revier kennen lernen wollte. Ich hoffte es zumindest. Erza hob etwas überrascht eine Augenbraue, was ich ihr nicht verdenken konnte. Ich sah jünger aus, als ich es in Wirklichkeit war. "Der Meister hatte mir gestern Abend erzählt, dass wir ein neues Mitglied haben. Du bist also Finny?" "Ja. Aber ich kellnere ab heute nur hier. Ein richtiges Mitglied bin ich also nicht", erklärte ich ihr kurz, woraufhin sie nickte und mir ihre Hand hinhielt. Ich schüttelte ihre Hand und schaffte es endlich wieder zu lächeln. "Freut mich!" "Ebenfalls. Willkommen bei Fairy Tail", begrüßte sie mich und erwiderte das Lächeln. Daraufhin fingen auf einmal alle an zu jubeln, als ob ich einen schwierigen Test bestanden hätte. Anscheinend wollte Erza sich vergewissern, dass ich keine Gefahr darstellte. Und solange ich nichts verdächtiges machen würde, könnte ich hier bestimmt ein paar Freunde finden. Der Andrang an der Theke war heftiger, als ich gedacht hätte und innerhalb weniger Minuten waren schon zwanzig Tassen Kaffee über den Tisch gegangen. Mirajane war dann so freundlich, mit mir den Platz zu tauschen, sodass ich nun mit dem Tablett in der einen und einer vollen Kanne Kaffee in der anderen Hand durch die Gilde schritt, Kaffee nachfüllte und leere Tassen auf mein Tablett stellte. Eine wirkliche Routine hatte ich nicht, aber es machte mir Spaß zu sehen, wie von verrückten Träumen erzählt wurde, einige laute Stimmen lachend die Halle erfüllten und mir ab und zu ein freundliches Lächeln geschenkt wurde. Die Stimmung ließ auf einmal einen warmen Schauer durch meinen Körper fließen. Meine alten Probleme waren so fern, dass ich sie vergaß und für einige Augenblicke genoss ich diese Freiheit, weit weg von meiner Welt zu sein...nie wieder zurückzukehren... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)