Pride (abgebrochen) von Artem ================================================================================ Kapitel 43: Kae --------------- Vor drei Wochen… „Also, mal ehrlich: was war da eigentlich bei dir los, als ich angerufen habe?“ Anastasiya durchbohrte mich mit ihrem fragenden Blick. „Ach, du, das, äh…“ Ich suchte panisch nach einer Ausrede, da ich ihr im Leben nicht gesagt hätte, was zwischen Adrian und mir lief. Vor allem hätte ich ihr nie gesagt was passiert war, als sie in der Leitung gehangen hatte. Nur fiel mir leider keine passende Ausrede ein, egal wie lange ich nachdachte. „Das ist glaube ich nicht so wichtig. War eben einfach… ein schlechter Zeitpunkt“, erklärte ich wahrheitsgemäß und lächelte. Vor ein paar Tagen hatte ich mich aus Adrians Wohnung geschlichen und kam höchstens nachts wieder, um zu schlafen. Ich wollte Adrian nicht mehr sehen, ich hatte zu sehr Angst, mehr Gefühle für ihn zu entwickeln. Es war gefährlich. Wenn ich ihm aus dem Weg ging, würde sich alles schon wieder mäßigen. Das hatte ich mir immer gesagt, doch bisher hatte sich nicht viel gebessert. Es war sogar noch schlimmer als vorher, ich musste immerzu an Adrian denken. An seinen wunderbaren Körper, wie gut er sich anfühlte. Und seine Art, mich zu ärgern. Es war schon irgendwie etwas besonderes, dass er mich nicht gleich nach dem ersten Sex fallen gelassen hatte. Doch… Ich hatte mich zu fangen. Wenn ich mich auf ihn einließ, auf die Gefühle, die ich für ihn empfand, würde es schlechte Folgen haben. Also musste ich ihm weiter aus dem Weg gehen, bis ich ihn endlich vergaß. „Ja, schon klar, Süße. Ich weiß genau, dass du am Telefon Sex hattest“, lachte An und schob sich auf ihrem Kantinenstuhl zurecht, während sie ihr Essen verschlang. Verdutzt sah ich sie an, vielleicht auch verwundert, oder verschämt. „Fragt sich nur… mit wem?“ An grinste und schaufelte mit ihrer Gabel ein paar Nudeln in ihren Mund. Es war niedlich, ihr zuzusehen, weil sie aß wie ein Kleinkind. Und vor allem aß sie so viel wie ein Kleinkind. „Mit wem…“, murmelte ich und blickte den weißen Tisch an, an dem wir saßen. Ich betete, dass An nicht herausfinden würde, mit wem ich es wirklich getrieben hatte. Wenn sie wüsste, dass ich mich Adrian hingegeben hatte… Vielleicht würde es dann ja bald die ganze Haupteinheit wissen? Ich wollte gar nicht daran denken. „Oh, ich weiß es! Du sahst mit diesem Ethan so vertraut aus, war er es?“, schmatzte An aufgeregt durch ihre Nudeln. Ich hob den Kopf. „Ja! Ja, genau der! Ethan!“ Ethan, er war meine Rettung. Im Gegensatz zu Adrian hätte ich ja lieber mit ihm zusammengewohnt, hätte ich es mir aussuchen können. Wobei, Adrian… Auf irgendeine Weise hatte ich das Gefühl, er wollte ein wenig mehr als nur meinen Körper. Es wäre zwar undenkbar gewesen aber trotzdem, wenn ich mich nicht irrte, hatte ich da ein kleines bisschen vernommen. Ach, Quatsch. Adrian und Gefühle, dann auch noch bei mir? Nicht in tausend Jahren. „Uh, Ethan. Ja, der heiße Ethan. Solche Kerle hätte ich auch gerne mal im Bett aber… dafür bin ich wohl nicht sexy genug“, seufzte Anastasiya, auch wenn sie es nicht ganz ernst meinte. „Mach dir darüber mal keine Sorgen.“ Ich setzte meinen Eistee, an dem ich eben noch getrunken hatte, auf dem Tisch ab. „Auch wenn ich Männer wie Ethan im Bett habe, wirst du etwas viel Besseres bekommen können“, versicherte ich. Argwohn breitete sich auf Ans Gesicht aus. „Was meinst du? Bist du sicher, heißere Typen als Ethan wollen mich vögeln?“, maulte sie und legte ihre Plastikgabel auf den Teller, der schon fast leer gegessen war. Ich lächelte. „Nein. Das meine ich nicht.“ Noch mehr Argwohn füllte ihren Gesichtsausdruck, doch bevor sie etwas sagen konnte fasste ich das Wort. „Du kannst Liebe bekommen, Anastasiya. Sex ist nichts dagegen.“ Ein kurzes Schweigen folgte. „Liebe?“, wiederholte sie, als verstehe sie es nicht ganz. „An. Du bist ein schönes, süßes, nettes Mädchen mit großem Herz. Selbst wenn du keinen Kerl wie Ethan kriegst – du wirst einen Besseren bekommen, der dir etwas Besseres geben kann. Aber ich… werde gehasst. Von vielen, da bist du ein Ausnahmefall. Kein Mann wird sich entsinnen, für mich zu fühlen, weil ich verdreckt bin. Hast du das nie gelernt?“, sagte ich und griff wieder nach meinem Eistee, doch An nahm riss ihn mir aus der Hand. „So etwas Dämliches habe ich doch noch nie gehört! Du bist großartig, Kae! Ich bewundere dich, echt. Du bist stark, charakteristisch und körperlich. Außerdem hast du ein genauso großes Herz, das weiß ich! Du bist hübsch, intelligent, talentiert. Ist das nicht genug?“ Kopfschüttelnd blickte ich in ihre großen, hellblauen Augen, die sie weit aufgerissen hatte. „Du verstehst es nicht. Den anderen ist es egal, was ich bin. Ich habe verschmutztes Blut, und daran lässt sich nichts ändern. Das kann keine Charaktereigenschaft wieder gut machen.“ Betrübt drückte sie mir den Becher zurück in die Hand. „Das ist doch sinnlos. Warum sind die alle so?“, fragte sie, wahrscheinlich sich selbst. Ich zuckte mit den Achseln. „Das ist die Gesellschaft. So, wie die Schönheitsideale Untergewichtige oder Anabolika-Muskelprotze sind, ist verdrecktes Blut eine Sünde. An, alles davon ist sinnlos. Aber niemand macht sich Gedanken darum, weil es feststeht.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)