Die Konkurrenz schläft von Hotepneith (Der 29. Fall Lord Sesshoumarus) ================================================================================ Kapitel 12: Des Rätsels Lösung ------------------------------ Als der Dämonenprinz das Zimmer seines Vaters betrat, sah er, dass dieser ihn bereits erwartete. So neigte er höflich den Kopf, nicht, ohne festzustellen, dass Sakura noch neben der Tür lag und offenkundig tief und fest schlief. Er trat an das Fenster in der Hoffnung, dass ihn der Fürst gut genug kannte, um zu wissen, dass er nachdenken wollte – bei Weitem jedoch sich keine Impertinenz gegen seinen Herrn und Vater erlauben wollte. Wo sollte man in diesem Wirrwarr anfangen? Nun, warum nicht bei dem Mord an Akira. Yoshifumi hatte gemeint – und Sakura ihm nicht widersprochen – dass es ein kopfloser Amateurmörder gewesen war. Es war dem Täter allerdings möglich gewesen in das Zimmer des Bauern zu gehen, mit dem zu reden, ohne dass dieser misstrauisch wurde, und dem ein Seil um den Hals zu schlingen. Soweit so gut. Im zweiten Anlauf brachte er sein Opfer dann tatsächlich um. Es musste also jemand sein, bei dem Akira nicht auf Ärger gefasst war. Masa, der dicke Beamte? Sein Fürst? Nun, wenn Shinichi einen Bauern loswerden wollte, bräuchte er nur zuhause dem eine Anklage aufhalsen und konnte ihn hinrichten lassen. Es wäre unsinnig das so unter dem Dach des Daimyo zu tun. Überdies wollte der Fürst ja Akiras zustehendes Geld und war extra deswegen mitgereist. Shinichi wäre unlogisch. Masa? Der war schlau, wollte Geld verdienen, ohne selbst groß dafür etwas zu tun. Shinichi hatte ihm ja angeboten, sich an sie dranzuhängen, das wäre der einfachste Weg für Masa. Dann wurde das Geld zwar halbiert, aber er bekäme sicher etwas. Überdies war der ihm nicht gerade wie ein Mörder erscheinen. Obwohl ... Wenn es ein derartiger Anfänger wäre, dass der nicht wusste, wie mühselig für einen Menschen solch ein Mord war? Wer blieb noch? Kiyoshi? Möglich. Er hatte zugegeben, dass er auf Hitori eingestochen hatte und hatte sich um eine Aussage zu Akira gedrückt. Aber er hätte doch eher Masa umbringen sollen oder auch Hitori. Hm. War es das? Er ging zurück und brachte den bereits verletzten Ingenieur um, der ihm Position und Erfindung genommen hatte? Aber er hatte deutliche Schmerzen und Hitori war jünger. Einstich hin oder her – der hätte eigentlich bei dem zweiten Angriff sich doch noch wehren können. Warum hatte auch Hitori keine Abwehrverletzungen? War der zweite Angriff so überraschend gekommen? War er gar bewusstlos gewesen nach dieser blinden Abwehr von Kiyoshi? Der hatte sich verteidigen wollen und unüberlegt zugestochen. Noch so ein Amateurmörder. . Warum war Hitori überhaupt so brutal gegenüber seinem ehemaligen Lehrer gewesen? Ja, sie konnten sich nicht leiden, aber Kiyoshi hatte gesagt, dass ihn Hitori zwar schon auf der Reise schlug, aber nie so, ohne Begründung. Warum? Was war so wichtig, dass er den Diener extra angeblich mit dem Abendessen kommen ließ, um ihn so hart und genau zu diesem Zeitpunkt zu schlagen?   Dann lief hier noch dieser Daichi, der zweite Sohn, herum, der sich offenkundig redliche Mühe gab seinen älteren Bruder auszustechen. Nun ja, kleine Brüder machten dem Erben immer nur Probleme und er war wirklich nicht böse darum, dass seine verehrten Eltern sich mit ihm zufrieden gegeben hatten. Das Leben als einziger Sohn, auf dem alle Erwartungen ruhten, war manchmal nicht angenehm, aber besser als so einen nicht nur nervtötenden sondern auch noch ehrgeizigen kleinen Bruder, der einen umbringen wollte. Aber warum sollte Daichi auf die Idee kommen die Erfinder auszurotten? Und wieso sollte der in Hitoris Zimmer gelangen, er war doch eher auf Shinichis und damit Akiras Seite?   Nein, falsch gedacht. Der Zeitablauf und die Aussagen ...   Sesshoumaru drehte sich langsam um, nicht überrascht, dass ihn der Herr der westlichen Länder beobachtete. „Du kennst den Mörder?“ „Ich weiß, was geschehen ist, verehrter Vater.“ Er sah, wie die Heilerschülerin bei dem kurzen Gespräch sofort aus dem Schlaf schrak, in der lebenslangen Übung als Dienerin kniete, noch ehe sie ganz wach war. „Sakura.“ „Lord Sesshoumaru?“ Ach ihr Götter, der Fürst war auch da, sie hatte die Beiden nicht kommen gehört. Hoffentlich zürnten ihr die Herren nicht, dass sie einfach weitergeschlafen hatte. Sie musste wirklich müde gewesen sein, auch, wenn die Hundedämonen praktisch lautlos gehen konnten. „Kannst du oder Yoshifumi sagen, wer zuerst starb? Akira oder Hitori?“ „Das wäre geraten, Lord Sesshoumaru. Wir können nur angeben, dass die Todeszeitpunkte nicht lange auseinander lagen.“ Glaubte er an den gleichen Mörder bei beiden Fällen? „Ungefähr eine Stunde?“ „Vielleicht auch zwei, aber sicher nicht länger. Hitori war nur schon ... weiter, da wir ihn erst später fanden.“ „Setz dich“, befahl der Inu no Taishou, der keine Lust verspürte dauernd zu seinem Sohn aufblicken zu müssen. Sesshoumaru gehorchte sofort und ließ sich rechts neben dem Fürsten nieder. „Mit Verlaub, verehrter Vater, man sollte Fürst Takahashi davon in Kenntnis setzen, dass Prinz Daichi gegen seinen Bruder und dessen Familie intrigiert. Und womöglich nicht nur das.“ Mehr musste er bestimmt nicht erwähnen, das war seinem verehrten Vater klar. Prompt nickte der Herr der westlichen Ländern. „Da gibt es eine ihm sehr gelegene Fehlgeburt – und die Entführung der kleinen Prinzessin.“ Unwillkürlich stieg in dem Inu no Taishou das Bild des kleinen Mädchens auf, das zugesehen hatte, wie er in seiner Hundeform ihren dämonischen Entführer umbrachte – und ihm nur entgegengeblickt hatte, als er zu ihr zurückkehrte, behutsam die Pfoten setzend, damit er sie nicht umwarf. Um sie zu beruhigen hatte er sich nicht verwandelt, sondern, noch immer in seiner Hundeform, niedergelegt, und mit dem Schwanz gewedelt. Und zum ersten Mal in seinem Leben hatte er winzige Arme um seine wahrlich große Schnauze mit messerscharfen Zähnen gefühlt, und einen Kuss auf seine doch riesige Nasenspitze gedrückt bekommen. Danke, Hundi, hatte sie geflüstert. Das würde er wohl nie vergessen. Izayoi, ja. „Ich kann nicht immer da sein, um sie zu beschützen. Ein Hinweis zur Vorsicht ist wohl angebracht, auch, wenn ich mich in der Regel nicht in derartige menschliche Dinge mische. - Und die Morde?“ „Es begann vor Jahren bereits. Masa, der Beamte, machte Kiyoshi, der sich auf einer Studienreise befand, betrunken, und ließ sich von ihm das Gestell zeichnen. Zu einem passenden Zeitpunkt legte er es seinem Fürsten als seine eigene Erfindung vor. Kiyoshi gibt an, das sei ihm damals ziemlich gleich gewesen, da er anerkannter Lehrer an der Schule war. Ja, verehrter Vater, an der Ingenieurschule des Shogun. Hitori war sein Schüler. Als die Anfrage des Fürsten Takahashi kam, stahl Hitori die Zeichnungen Kiyoshis, der als Lügner dargestellt wurde, der sich auf Kosten seines intelligenten Schülers besser darstellen wollte. Für mich besteht kein Zweifel daran, dass Kiyoshi auf seiner Reise das Gestell selbst entwickelte, aber die Schraube von Akira und seinem Vater sah. Er fügte das zusammen und erweiterte damit die Erfindungen. Alles wäre legal gewesen – aber Hitoris Streich führte zu Kiyoshis Degradierung und Schande. Hitori hatte jedoch keine Ahnung von Akira oder Masa und wurde sehr unangenehm überrascht, als diese hier anreisten und ihre Rechte geltend machten. Vor allem Masa war seinerseits wohl etwas überrascht, dass die Zeichnungen, die er erschlichen hatte, nun von einem so jungen Mann dargebracht wurden, den er nicht kannte. Er erkannte auch Kiyoshi nicht wieder, übrigens. Akira hätte Anspruch auf das Geld des Daimyo, denn die Schraube war seine Erfindung oder die seines Vaters, Kiyoshi jedoch Anspruch auf das Gestell und die Kombination.“ Sesshoumaru sah beiseite. „Aber Hitori war ein Dieb, Masa ebenso, Fürst Shinichi wollte an Akiras Geld … Ich nehme an, dass Hitori sich mit einem großen Schlag von allen seinen Konkurrenten befreien wollte. Akira war im Verhältnis zu Masa das leichtere Opfer – sein Zimmer lag im Gang weiter hinten, es bestand weniger Risiko eines zufälligen Passanten. Überdies war der ein einfacher Bauer und verließ sich auf seinen Fürsten – Masa wäre misstrauischer gewesen, wenn Konkurrent Hitori in sein Zimmer gekommen wäre. Hitori hatte gestohlen, aber bislang nicht gemordet, und benötigte zwei Anläufe, um Akira zu erwürgen. Dann kehrte er in sein Zimmer zurück und suchte sich ein Alibi zu verschaffen. Darum prügelte er Kiyoshi, der so sicher nicht vergessen würde, dass er in seinem Zimmer gewesen war. Damit hätte Masa durch den Zimmerarrest kein Alibi – und wäre der Hauptverdächtige an Akiras Tod. Beide Konkurrenten wären so ausgeschaltet, denn Hitori war klar, dass Fürst Shinichi auf eine Bestrafung des Täters dringen würde.“ „Die Samurai standen noch nicht vor den Türen.“ „Ja, verehrter Vater. Und dann lief Hitoris Plan schief. Kiyoshi wusste sich nicht anders zu helfen, er dachte wohl, Hitori wolle ihn umbringen, und nahm das Küchenmesser, das er mit dem Abendessen mitgebracht hatte, und stach zu. Der erste Stich von unten, da er unter seinem Angreifer lag. Er floh, in Panik, vor Schmerzen. Hitori blutete, hatte Schmerzen, aber lebte ziemlich sicher noch. Dann kam ein Unbeteiligter, bislang. Fürst Shinichi sagte mir gegenüber aus, dass er bereits einmal in Hitoris Zimmer gewesen war, um mit diesem erneut zu reden, als dieser seinen Diener schlug, aber niemand habe ihn gesehen. Ich gehe davon aus, dass er erneut auftauchte, Hitori blutend fand, und seine Chance sah. Er gab vor ihm helfen zu wollen, ihn verarzten zu wollen – und stach zu, ohne dass der Ingenieur Verdacht schöpfte. Es gab keine Abwehrverletzungen. Shinichi ist ein Fürst, ein Krieger, er kann mit Waffen umgehen. Es wäre erstaunlich, wüsste er nicht wie man einen tödlichen Stich setzt. Und er konnte sich sicher fühlen. Er wusste nicht, dass Akira tot war, aber er sah, dass Hitori bereits angegriffen wurde. Falls der nun tot aufgefunden wurde, würde Kiyoshi auch dank seiner eigenen Aussage verdächtigt werden. Und sich kaum herausreden können. Damit wären Akira und Masa die einzigen Anspruchsberechtigten, und folglich er als Vorgesetzter Akiras. Shinichi erfuhr erst durch mich von dem Mord an Akira. Und er war alles andere als begeistert. - Wünscht Ihr, dass ich diesen Bericht an den Daimyo gebe, oder plant Ihr selbst mit ihm zu reden?“ Hoffentlich letzteres. Er wollte nur raus. Menschenschlösser im Allgemeinen bedeuteten schon eine Qual für seine Nase, aber hier schien ihm alles nach diesem unglückseligen Johannisbeersaft zu riechen. Alles. „Ich werde mit Hidemaru selbst sprechen.“ Schon, weil er seinen Sohn kannte, und dessen Selbstbeherrschung in diesem Fall tatsächlich belohnen sollte. Überdies wollte er sichergehen, dass der Daimyo seine einzige Enkelin und ihre Mutter besser schützte – am besten, indem er Daichi von hier entfernte. Da gab es doch so eine jahrhundertelang schon treu dienende Familie namens Setsuna, ja. Womöglich konnte Daichi da ein wenig Zucht beigebracht werden. „Du kannst gehen. Nimm Sakura mit.“ „Danke, mein Herr und Vater.“ Nur schön höflich bleiben, auch, wenn man sein Ziel erreicht hatte. Vater wäre in der Lage, besaß das Recht und die Macht, ihn stundenlang in Johannisbeersaft baden zu lassen.   Auch Sakura war begeistert. Nach Hause zu kommen bedeutete ja auch, immerhin ihren Lehrer nach etwas Schlaf fragen zu dürfen. Allerdings, so stellte sie auf dem Heimweg fest, den der Hundeprinz schweigend durch den Wald nahm, da käme noch etwas zuvor. Hoffentlich würde sie das bestehen. Aber, was blieb ihr schon anderes übrig als abzuwarten. Es dauerte fast zwei Stunden, ehe die Frage gestellt wurde, die das Menschenmädchen befürchtet hatte. Kühl und weich wie eine Schneeflocke: „Was würdest du denken, wenn du einen rosa Hund siehst?“ Na, bitte, dachte sie. Zum Glück hatte sie damit gerechnet und sich mehrere Antworten auf mehrere Fragen zurecht gelegt. Natürlich keine Lüge, das würde er merken und sehr übel zur Kenntnis nehmen. „Ich würde denken, dass mich meine Augen täuschen, Lord Sesshoumaru. Ich sah nie zuvor in meinem Leben einen rosa Hund.“ Nun ja, sie hatte einen HundeDÄMON gesehen, aber es war klüger, das so zu formulieren. Nein, sie würde nicht darüber sprechen, was immer sie gesehen hatte, dachte Sesshoumaru zufrieden. Hoffentlich fand er auch einmal einen schweigsamen dämonischen Diener, der nicht über Dinge tratschte, die ihn nichts angingen. Das und kein kleiner Bruder, keine Mordermittlungen – dann wäre sein Leben doch perfekt.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)