Die Konkurrenz schläft von Hotepneith (Der 29. Fall Lord Sesshoumarus) ================================================================================ Kapitel 11: Die Aussage des Dieners ----------------------------------- Sesshoumaru dachte einen Moment nach. Shinichi konnte sich relativ frei bewegen – zumal, wenn er angab, dass er zu Akira wollte. Gelegenheit hätte er gehabt. Nur, warum sollte er den Mann umbringen, der sozusagen seine Geldquelle war. Als einfacher Bauer hätte Akira keinerlei Möglichkeit besessen dem Kleinfürsten auch nur den Wunsch nach einem Teil des Geldes, geschweige denn alles, abzuschlagen. Und das zweifache Erwürgen sah auch nicht nach einem emotionalen Streit aus, in dem dem Mörder die Gefühle durchgegangen waren. Das war geplant gewesen. Keiner schleppte ein Seil mit sich herum, selbst als nichtsnutziger Mensch. Shinichi hatte Akira wohl eher nicht getötet, schon, um kein Nachteile zu haben. Angenommen, Hitoris Diener wäre der Ingenieur, den Masa bestohlen hatte – das musste er noch überprüfen – dann hätte doch eigentlich Masa in Lebensgefahr schweben sollen und nicht Akira? Konnte dieser Kiyoshi nach wohl einem Jahrzehnt die Beiden verwechselt haben? Unwahrscheinlich. Unterschiedliche Herkunft aus verschiedenen Fürstentümern, unterschiedliche Berufe ... Wieso musste ausgerechnet der Bauer, der am wenigsten selbst etwas zu sagen hatte, sterben? Und Hitori? Warum der? Und wieso nicht auch erwürgt, sondern zwei Mal mit einem Messer angestochen? Doch Selbstmord? Ein zweiter, unabhängiger Mörder? Irgendwie drehte sich alles um diese Papiere – nur wer war hinter wem her gewesen? Hinter dem Geld alle, das war klar. Verworren, diese ganze Sache. Er musste noch einmal mit diesem Diener sprechen und dann versuchen einen vernünftigen Zeitablauf zu konzipieren. War Akira vor Hitori gestorben oder umgekehrt? Sakura würde ihm sicher hilfreich sein. „Habt Ihr mit Hitori gesprochen? Wann das letzte Mal?“ „Äh, ja, ich habe mit ihm geredet, vorgestern Nachmittag, nach der Audienz bei dem mächtigen Daimyo. Ich … ich machte ihn darauf aufmerksam, dass er uns allen eine Menge Aufwand und Ärger ersparen würde, wenn er Akira einen gewissen Anteil des Geldes zukommen ließe. Und, ich erwähnte, dass ich kaum glauben könne, dass er nie in der Provinz gewesen war – zwei Männer, eben Akira und Masa, aus zwei unterschiedlichen Fürstentümern .... Er war sehr kühl, Lord Sesshoumaru, aber er ging eindeutig lebendig weg. Dafür gibt es gewiss Zeugen. Dieser Masa zum Beispiel stand auch in der Nähe.“ „Danach habt Ihr ihn nicht mehr gesehen.“ Sesshoumaru bemerkte das Zögern. „Nun?“ „Ich war bei ihm, in seinem Zimmer, ja, gestern Nachmittag, kurz nach diesem, sehr unbefriedigenden, Gespräch. Ich wollte ihn nochmals darauf aufmerksam machen, dass er meinen Zorn und den des Fürsten Takahashi auf sich lädt … Nun ja. Es kam zu keinem zweiten Gespräch.“ Fürst Shinichi überlegte, wie er das sagen sollte. „Ich trat, zugegeben unangemeldet, ein. Er war gerade dabei seinen Diener zu verprügeln und zu treten. Ich weiß nicht, was der Mann getan hat, aber Hitori schien sehr wütend zu sein. Ich ging dann und glaube nicht, dass einer der Beiden mitbekommen hat, dass ich in der Tür stand.“ „Das war am späten Nachmittag, aber noch vor dem Abendessen.“ „Ja, genau. Ich meine, ja, Euer Lordschaft.“ Dieser Dämon tat ganz so als ob er höherrangiger als ein Fürst wäre. Leider bestand kaum ein Grund zu der Annahme, dass Fürst Takahashi das nicht ebenso sah. Hoffentlich war dieses Verhör jetzt beendet. Akiras Tod bedeutete ja leider auch, dass er selbst kein Geld sehen würde – und abreisen konnte. Ärgerlich. Das hatte er sich anders vorgestellt. Welcher Narr hatte nur seinen Bauern umgebracht? Da Hitori tot war: vielleicht könnte er den Daimyo als Erbe Akiras um Geld bitten? Auf jeden Fall sollte er noch einmal mit dem jüngeren Prinzen sprechen. Daichi war ehrgeizig – nun, er selbst auch, da könnte man sich doch verständigen.   Es half nichts, er musste noch einmal mit diesem Kiyoshi reden. Ob Sakura schon wach war, eher wohl nicht. Lieber also noch nicht wieder in Vaters Zimmer gehen ... Kiyoshi fuhr zusammen, als er den jungen Dämon erkannte, und kniete sich eilig ordnungsgemäß in, wieder eindeutig gutes Benehmen verratend. Der Hundeprinz blieb stehen. Anscheinend hatten die Schmerzen etwas nachgelassen. „Du warst nicht immer ein Diener.“ Kiyoshi blickte kurz verwundert auf, senkte aber eilig wieder den Kopf. „Ja, woher auch immer ....“ „War es Masa, der deine Erfindung stahl?“ „Daher“, murmelte der Mann. „Ich schwöre Euer Lordschaft, dass ich ihn nicht wiedererkannte – aber meine eigene Zeichnung sehr wohl.“ „Berichte ausführlich diesmal. Meine Geduld nähert sich dem Ende.“ „Ja, natürlich, ich … ich möchte Euer gnädige Lordschaft nicht langweilen mit meinen Problemen vergangener Zeiten … Ich war auf Reisen durch das Land. Ich bin ausgebildeter Ingenieur und so war es eine Studienreise. Ich war zu diesem Zeitpunkt auch Lehrer.“ „An der Schule des Shogun. Und du trafst Masa.“ „Ja. Wir redeten und tranken und ich skizzierte ihm dieses Gestell. Ich war ziemlich betrunken, ja. Das letzte Mal.“ „Wusstest du später noch, dass du es ihm gezeichnet hattest?“ „Ja, Lord Sesshoumaru. Und ehe Ihr fragt: ich war nicht wütend auf ihn. Ich dachte, er sitzt da in der Provinz, ich bin geachteter Lehrer, erfinde dauernd Neues ... Es hätte mir kaum etwas ausgemacht.“ „Du warst Lehrer. Was geschah dann?“ Kiyoshi starrte zu Boden. „Ich hatte natürlich von dieser Anfrage des mächtigen Daimyo Takahashi gehört. Ich hatte schon seit Jahren die Zeichnungen – sowohl von dem Gestell, das ich auch Masa aufschrieb, als auch von einem Brunnenbauer. Ich vermute jetzt, dass es sich um den Vater von diesem Akira handelte.“ Er atmete durch, stöhnte dann und griff sich an die Rippen. „Setzt dich aufrechter hin“, befahl Sesshoumaru, durchaus in der Erkenntnis, es könne hier gleich den nächsten Bewusstlosen oder gar Toten geben. Und immerhin redete der Kerl einigermaßen vernünftig. „Danke, Euer überaus gnädige Lordschaft. - Äh, ich hatte diese Bilder, wie auch andere, zu neuen, eigenen Erfindungen zusammengestellt, suchte natürlich aber nun die für den Brunnenbau. Ihr könnt Euch mein Entsetzen vorstellen, als ich die Zeichnung nicht mehr fand. Und nur zwei Stunden später wurde ich in den Rat gerufen, wo Hitori stolz das als seine eigene Erfindung präsentierte. Ich wurde wirklich wütend.“ „Hitori hatte sie dir gestohlen.“ „Er war mein bester Schüler, nun, nicht nur der meine, und hatte natürlich Zugang ... Das Ärgste jedoch war, Lord Sesshoumaru, dass mir keiner meiner Kollegen glaubte. Ich hatte diese Zeichnungen ihnen nie gezeigt, Hitori galt als hervorragend, intelligent und Schützling des Shogun. So … sie nahmen mir den Lehrertitel und schickten mich als seinen Diener hierher.“ „Um hier dann auf Akira und Masa zu treffen.“ „Ja. Es … Den Diener des Diebes spielen zu müssen war überaus demütigend, das versichere ich Euch, Lord Sesshoumaru, aber da … Ich glaubte an ausgleichende Gerechtigkeit. Ich hoffte, der Daimyo würde sehen, dass es nicht Hitoris Idee gewesen war, nun, zumindest nicht allein, und das das seinen Ruhm schmälern würde, ja, vielleicht mich in die Lage versetzen würde, anzugeben, dass ich diese Ideen zusammengefügt hatte. Denn, das kann ich Eurer Lordschaft schwören: ich hätte immer, wie es sich gehört, auch Akiras Namen, oder eher den seines Vaters, erwähnt, wenn meine Schöpfung je unter die Leute gekommen wäre. So gehört sich das unter Erfindern.“ „Hitori genoss es dich als seinen Diener zu sehen.“ „Ja.“ „Schlug er dich öfter?“ „Auf der Reise ja, aber nie so wie gestern, vorgestern.“ „Was war zuvor geschehen?“ „Ich weiß es nicht. Er war in Audienz bei dem mächtigen Daimyo, womöglich hat er sich mit Masa oder Fürst Shinichi anschließend gestritten.“ „Oder mit Akira?“ „Mit dem redete er nie. Ein einfacher Bauer.“ „Weiter. Er ließ dich in sein Zimmer kommen.“ „Ja, mit dem Essen. Er wirkte sehr ... unruhig, aufgeregt. Und. ohne etwas zu sagen, schlug er mich.“ Der ältere Mann blickte zu der Brust des vor ihm Stehenden auf. „Es tat sehr weh, Lord Sesshoumaru. Und als ich auf dem Boden lag, trat er auch noch zu. Ich fürchtete, mehrere Rippen sind angebrochen. Es schmerzt noch immer. Obwohl der Trank Eurer Heilerin wirklich hilft. Danke dafür, auch an Euren mächtigen Herrn und Vater.“ „Du hast dich nicht gewehrt?“ Nun ja, Hitori war deutlich jünger, aber man sollte doch auch bei Menschen so etwas wie einen Überlebensinstinkt erwarten – wobei, er selbst zweifelte ja schon manchmal daran. Kiyoshi senkte den Kopf. „Ich lag auf dem Boden, Lord Sesshoumaru ....Ich ... ich weiß nicht genau, was ich dann tat, aber ich muss wohl das Messer, das ich in der Hand hielt, da ich ihm ja das Abendessen bringen wollte, in ihn gestoßen haben.“ Ah! Ein Geständnis. Vor lauter Erleichterung fragte der Hundeprinz: „Hitori taumelte zurück, das Messer in der Brust ...?“ „Äh, nein, das hatte ich in der Hand, also, es fiel mir dann aus der Hand. Ich … ich war entsetzt, und auch erschrocken, dass er schrecklich blutete. Aber dann raffte ich mich auf und rannte eilig weg, so gut ich es konnte.“ „Samt dem Messer?“ „Nein. Ich ... ich glaube, es lag auf dem Boden. Ich erinnere mich fast an nichts, Lord Sesshoumaru.“ Schön, einmal zugestochen. Und dann? „Das Messer blieb also bei Hitori zurück. Was tat der?“ „Er schrie nicht.“ Kiyoshi klang fast verwundert. „Aber er blutete … und er fiel rückwärts auf die Matte.“ „Mit den Kissen, mitten im Raum.“ „Ja. Aber er lebte!“ „Hat dich jemand gesehen, als du von Hitori weg in dein Zimmer gingst?“ „Nein, ich hoffte ja auch, nicht gesehen zu werden. Nun ja, irgendwelche Dienstboten werden mich schon gesehen haben. Und natürlich Fürst Shinichi, der wohl gerade zu Akira wollte oder von dem kam. Es sind ja die anderen Flure, je nach Rang des Gastes.“ „Du gibst also zu auf deinen Herrn eingestochen zu haben, der das zwar überlebte, aber nicht für lange. Wie sieht es mit Akira aus?“ Kiyoshi überhörte in seiner Panik diese Frage. „Ich ... Es war Notwehr! Er hätte mich sonst wirklich erschlagen. Ich weiß nicht, was er hatte, wirklich nicht, aber ...“ Ja, aber. Das war ein Mordversuch am eigenen Herrn – kaum zu erwarten, das sich das nicht negativ für ihn auswirken würde.     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)