Die Konkurrenz schläft von Hotepneith (Der 29. Fall Lord Sesshoumarus) ================================================================================ Kapitel 9: Die Ausssage des Kanzleibeamten ------------------------------------------ Während sich die beiden Fürsten aufmachten um Prinzessin Izayoi und ihre Brauteskorte zeremoniell zu verabschieden - und das so, dass kein Unberufener etwas von den seltsamen Vorfällen mitbekam - , und Yoshifumi in seine Räume zurückkehrte, um Hitori für eine Beerdigung vorzubereiten, wartete Sakura notgedrungen ab, ob Seine Lordschaft noch etwas von ihr benötigte. Der Hundeprinz hätte sie zwar gern dabeigehabt, aber da war die Autorisation seines Vaters. „Hole dir zu essen und zu trinken. - Hast du ein anderes Zimmer?“ „Nein, Lord Sesshoumaru. Danke für die Erlaubnis.“ Das klang so, als ob sie schlafen dürfte. Vielleicht konnte sie den freundlichen Heiler fragen, ob er ein Plätzchen am Kamin für sie hätte und eine Decke. Die Sonne würde bald aufgehen, aber sie war nur noch müde. Er nickte nur. „Dann komm nach dem Essen her und leg dich neben die Tür.“ Und ging. Dann musste er eben die Verhöre von Masa und diesem Kleinfürsten in deren Räumen abhalten. Lästig, aber sonst könnte sie kaum schlafen, aufmerksam, wie sie nun einmal war. Und keine Erholung für sie bedeutete für ihn mindestens einen Tadel, eher deutlich mehr, des Herrn der westlichen Länder, der das als flegelhafte, ja, grobe, Missachtung eines betonten Wunsches durch seinen Sohn ansehen würde. Das brauchte er wirklich nicht. Dieses unmögliche Schloss würde er sowieso nie wieder betreten, dessen war er sicher. Und wehe dem, der ihm gegenüber den Namen Takahashi je wieder erwähnen würde. Er wollte weder Hidemaru noch Izayoi in seinem gesamten Leben mehr hören. Hoffentlich lebten die anderen beiden Menschen noch. Naja, dieser Shinichi wohl schon, der war gestern auf dem Empfang gewesen, definitiv lebend, und wurde inzwischen von einem Samurai bewacht. Hm. Der Kleinfürst war hier im Flur untergebracht. Da vorn stand auch der Krieger. Nun, zuerst einmal war Masa zu befragen, der Letzte der drei Männer, die sich diese Erfindung zuschrieben oder wenigstens einen Teil davon. Vielleicht konnte der etwas Sinnvolles beitragen. Obwohl: Mensch, noch dazu Mann, und sinnvoll in einem Satz?   Der Samurai des Daimyo verneigte sich nur, als er den Dämonenprinzen sah, und öffnete wortlos die Tür. Wie jeder im Takahashi-Schloss wusste er, wer und was die Besucher waren Immerhin lebte der Kerl noch, dachte Sesshoumaru unwillkürlich, als er den in einen dunkelblauen Kimono gehüllten, schwarzhaarigen Mann von vielleicht Mitte Vierzig erkannte, der bei seinem Eintritt überrascht von seiner frühmorgendlichen Schreibarbeit aufsah, diese dann allerdings hastig beiseite schob und sich verneigte, so tief es ihm mit seiner Rundlichkeit möglich war. Hm. Vor dem Dämon oder dem Prinzen? Der Mensch konnte kaum wissen was passiert war. Und, da Sakura sich ja erholen sollte, musste er diesem Kerl das auch noch selbst sagen. Lästig. „Ich bin Lord Sesshoumaru. Der Daimyo Takahashi bat mich um Hilfe. Kannst du dir vorstellen, warum?“ Hoffentlich, dann musste er nicht von Anfang an beginnen. Masa war Beamter eines Kleinfürsten und schüttelte sich innerlich die Hände, dass er in dem Unbekannten sofort einen hochrangigen, wenngleich recht jungen, Herrn erkannt hatte, der Anspruch auf Höflichkeit besaß. Erst auf einen vorsichtigen, erhobenen, zweiten Blick erkannte er die viel zu langen und weichen Haare, die Klauen, dieses seltsame Fellteil. Das war ein Dämon! Nun ja, es hieß ja, dass die Takahashis es mit Dämonen hielten. Aber er sollte vorsichtig sein. „Ich vermute, es geht um diesen geistigen Diebstahl meiner Arbeit.“ „Du hast davon erfahren, als ...?“ Irgendetwas in der eigentlich ruhigen Stimme dieses Prinzen wirkte wie eine weiche Drohung. Masa schluckte und blickte lieber betont höfisch zu Boden, musterte nur mehr die schwarzen Schuhe des vor ihm Stehenden. „Ja, Lord Sesshoumaru. Es erging der Befehl des Daimyo künftig in all seinen Ländern diese Brunnenbaummethode zu nutzen. Ich arbeite in der Kanzlei meines verehrten Fürsten und so öffnete ich diesen Brief. Ich erkannte auf der Zeichnung sofort meinen eigenen Oberbau. Darf ich ausführlicher sprechen?“ Wenn etwas Sinnvolles dabei herauskam … Überdies konnte er sowieso nicht in Vaters Zimmer zurück. Nicht, ohne Sakura aufzuwecken – mit allen Konsequenzen für ihn selbst. Sie würde sich kaum beschweren, aber sein verehrter Vater würde es merken. Es war unmöglich vor dem Inu no Taishou etwas zu verheimlichen, das hatte er schon in Welpentagen begriffen. „Nun?“ „Vielen Dank, Lord Sesshoumaru.“ Schön höflich bleiben. Ärger mit dem Daimyo wäre weder für ihn noch für seinen Herrn förderlich. Zum einen könnte er seine Belohnung abschreiben, zum zweiten … Nun ja. Strafen wurden oft und gern verhängt und er hing an seinem Kopf. „Ich habe dieses Gestell eigentlich für den Bergbau entwickelt. Mein Fürst verfügt über mehrere Stellen an denen man Metallerze finden kann. Gewöhnlich graben die Männer mühsam ein Loch, über das sie jeweils ein hölzernes Gestell aufbauen, um mit Eimern Erde und Steine entfernen zu können. Der Vorteil meiner Erfindung war nun, dass man ein und dasselbe Holzgestell mehrfach verwenden kann. Man kann es zusammenklappen und mit einem Ochsengespann zu einer anderen Stelle transportieren, wo man es rasch wieder aufstellen kann. Es spart Zeit und Holz. Mein Fürst war sehr zufrieden mit mir – und ebenso empört wie ich, dass dieser Hitori sich anmaßte das erfunden zu haben. Daher erhielt ich die Erlaubnis herzureisen und den Daimyo davon in Kenntnis zu setzen. Mein Fürst bestätigte mir auch schriftlich, dass ich dieses Gestell bereits vor fünf Jahren entwickelt hatte. Und ich war nie an dieser Schule oder was auch immer ...“ Er war jetzt noch aufgeregt, stellte Sesshoumaru fest. „Du hattest Hitori auch nie zuvor gesehen.“ „Nein. Ich … ich kann mir nicht vorstellen, Euer Lordschaft, wie er an meine Pläne gekommen ist,“ gab der Beamte zu. „Sie lagern ja bei meinem Fürsten im Archiv.“ „Und, dass ihr beide es zufällig gleich erfunden habt?“ Masa schüttelte ein wenig den Kopf. „Das fragte der Daimyo auch, Lord Sesshoumaru, aber, da ist ja auch dieser Bauer mit dem unteren Teil. Da er weniger .... Kenntnis von höfischem Benehmen hat, begleitet den sein Fürst ja sogar.“ „Du gehst also davon aus, dass Hitori, wie auch immer, Kenntnis von den jeweiligen Bauteilen bekam und sie nur zusammenfügte. Nun, auch das wäre eine neue Erfindung.“ „Ja, Lord Sesshoumaru.“ Masa wollte etwas ergänzen, schwieg jedoch lieber. Mehr war nicht gefragt gewesen. „Rede.“ Immerhin kam er hier noch an Informationen, die Hitori oder Akira ja nicht mehr liefern konnten. „Danke, Euer Lordschaft. Es … es wäre eine neue Erfindung, ja, und alles wäre in Ordnung – hätte Hitori erwähnt, dass er die Teile von mir und diesem Bauern hat. Dann stünde uns auch eine Belohnung zu, anteilig, natürlich.“ „Daher kamst du.“ „Ja. Es ist mein Recht und, nun ja, wohl auch das dieses Bauern.“ „Sein Name war Akira.“ „War?“ Masa zuckte sichtlich zusammen, ehe er unwillkürlich an seine Stirn fasste, daran rieb. „Das ... Ich habe nichts damit zu tun, Lord Sesshoumaru!“ „Du gehst also von Mord aus.“ Der Beamte hätte um ein Haar aufgesehen. „Oh, war es das nicht? Ich bitte um untertänigst um Verzeihung, Euer gnädige Lordschaft, ich war vorlaut.“ Und darauf zu erfahren, wie sich ein Schlag von einem Dämon auswirkte, konnte er verzichten. Sesshoumaru dachte nach. Masa hatte sofort verstanden, was die Vergangenheitsform bedeutete, war unverzüglich in Schweiß ausgebrochen – hatte er oder hatte er nichts damit zu tun? Er war Kanzleibeamter, also sollte man selbst bei dieser minderen Art ein wenig Intelligenz erwarten. Ergo, dass der wusste, was es für ihn bedeuten würde des Mordes angeklagt zu werden. Umgekehrt: der hatte wohl nicht gelogen, auch, wenn diese Hitzewallung ebenso bei einer Lüge vorkommen mochte. Aber wenn Masa, der doch ein geradezu mustergültiges Motiv hatte, nichts mit Akiras Tod zu tun hatte – wer dann? Und schloss ihn das von dem Mord an Hitori aus? Sein Kimono zeigte keine Blutspuren, aber der Messerstich war bereits gestern, mittlerweile vorgestern, passiert, da konnte er sich schon längst gereinigt haben oder auch umgezogen. Hinter ihm befand sich eine kleine hölzerne Kiste, sicher seine Reisekiste. „Wie viele Kimonos hast du dabei?“ „Äh, ich verstehe nicht. Zwei, Euer Lordschaft.“ „Zeig den anderen.“ Masa gehorchte eilig, wenn auch sichtlich verwirrt. Ihm war jedoch klar, dass er einem Lord, noch dazu im Auftrag des Daimyo, nichts entgegenzusetzen hatte. Klagte der ermittelnde Dämon ihn an, beschuldigte ihn Akira getötet zu haben, auch, wenn das offenbar ein natürlicher Tod gewesen war ... Oh, daran wollte der Kanzleibeamte gar nicht denken. Als er den hellen, deutlich kostbareren, Stoff präsentierte, war Sesshoumaru klar, dass er diesen nur bei der Audienz mit dem Daimyo trug. Tja, was nun? „Du hast mit Akira gesprochen?“ „Äh, ja, Lord Sesshoumaru, etwas. Fürst Shinichi war immer dabei, dieser kann Euer Lordschaft gewiss bestätigen, dass ich nichts gegen den Mann hatte.“ „Er war aber eben nur ein einfacher Bauer.“ „Ja. Und er wirkte auch nicht krank ...“ verteidigte sich der Beamte mehr instinktiv als nützlich. „Kaum. Er wurde erdrosselt.“ Masa ließ förmlich seinen Kimono fallen. Das war dann doch Mord? Oh du je. „Ich schwöre Euch ...“ Der Schritt auf ihn zu ließ ihn abbrechen. „Hast du auch mit Hitori gesprochen.“ „Ja.“ „Und?“ „Er verwies auf die Entscheidung des Daimyo. Er ist … höfisch aber nicht höflich, Euer Lordschaft.“ Was sollte das denn? Und Sakura schlief, die ihm das Gestammel vernünftig hätte übersetzen können. Ach, war das Leben ungerecht! „Erkläre.“ „Er ist nicht unhöflich, Euer Lordschaft, aber man merkt, dass er trotz seiner Jugend sehr von sich eingenommen ist. Ich denke, im Umgang mit Eurer Lordschaft wird er das nicht sein.“ Vorsicht, Masa, dachte er. Das war auch ein sehr junger Herr. „Und, soweit ich hörte, hatte er soeben erst die Schule abgeschlossen. Überdies: wenn er wirklich meine Erfindung und die des Bauern, ich meine, Akiras, genommen hat, so wäre eine gewisser Respekt angebracht.“ Überdies war er fast doppelt so alt wie dieser Jungspund und hatte an einem Fürstenhof, wenn auch einem kleinen, Karriere gemacht – Hitori hatte außer dieser ominösen Erfindung noch nichts vorzuweisen. Sehr von sich eingenommen? „Gab es Ärger wegen einer Frau?“ probierte der Hundeprinz seine in diversen Fällen gewonnenen Erkenntnisse aus. „Nicht, das ich wüsste, Lord Sesshoumaru. Ihr ... Ihr glaubt, dass Hitori und Akira … Nein, Hitori hat nach dem Empfang nur mit Fürst Shinichi gesprochen, nicht mit dem Bauern.“ Das schloss allerdings nicht aus, dass Hitori Akira erwürgt hatte. War das kompliziert. Dieser Masa redete viel, aber kaum etwas Brauchbares. Darüber musste er erst noch einmal nachdenken. Nun gut. „Selbst, wenn du nichts mit dem Mord an Akira zu tun hast, wie steht es mit dem an Hitori?“ Der wohlbeleibte Kanzleibeamte keuchte auf, ehe er mit beiden Händen an seine Brust fasste, die Finger darin verkrallte und umfiel. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)