Die Konkurrenz schläft von Hotepneith (Der 29. Fall Lord Sesshoumarus) ================================================================================ Kapitel 7: Erste Aussagen ------------------------- Sakura wandte sich eilig wieder den beiden Männern zu, die sie beobachten sollte, aber Fürst Shinichi plauderte nun mit einem anderen Mann, der sichtlich auch aus gutem Hause stammte, während sich Prinz Daichi in eine andere Ecke der Halle zurückzog. „Heilerin.“ Das Flüstern ließ sie sich umsehen. „Prinzessin Reika?“ Diese warf einen hastigen Blick über ihre Schulter, ehe sie leise sagte: „Ich hoffe, mein Gemahl … Er war ein wenig ungehalten, dass jemand in unsere Ehe ...“ „Er wollte nur nachfragen, ob Ihr das richtig verstanden habt“, beruhigte Sakura sofort. „Keine Sorge, er zürnt weder Euch noch mir.“ Nun, Hidemaru Takahashi, der Erbprinz, wollte es sich kaum mit dem Inu no Taishou verscherzen. Was natürlich die Frage offen ließ, wie das sein jüngerer Bruder sah. Immerhin schützte der Hundefürst seit Jahrzehnten, um nicht zu sagen, Jahrhunderten diese Familie – und deren Stellung als Daimyo war gewiss auch dieser Tatsache geschuldet. Das Bild auf dem Teppich in der Eingangshalle war schon sehr alt und zeigte eindeutig den Herrn der Hunde, wie sie ja erst heute gesehen hatte. Daichi ignorierte den Schutz offenbar, oder eher, hielt das für vernachlässigbar. Falls der Daimyo würde, gäbe es nur Ärger – für ihn.   Nach dem Empfang zogen sich der Inu no Taishou und Seine Lordschaft in das „Zimmer des Herrn der westlichen Gebiete“ zurück, um Sakuras Bericht zu hören. Sie erwähnte auch kurz das Gespräch mit dem Erbprinzen und schloss: „Ich beruhigte Prinzessin Reika, dass er ihr nicht zürne, aber natürlich empfand er meine Einmischung wohl als unpassend.“ „Er akzeptierte deine medizinische Meinung jedoch“, meinte der Hundefürst gütig. „Und Daichi – hm.“ „Ich möchte den Haushofmeister sprechen, falls Ihr nichts dagegen habt, verehrter Vater“, warf Sesshoumaru ein. „Nein. Ermittle nur.“ „Sakura.“ Sie erhob sich, nur innerlich seufzend. Uveda hatte sicher noch mit den Aufräumarbeiten nach dem Empfang zu tun und würde kaum begeistert sein. Überdies wurde sie müde. Der Tag heute war sehr lang für sie gewesen. Aber das zählte selbstverständlich nicht, zumal bei dämonischen Herren, die selbst so gut wie nie Schlaf benötigten.   Tatsächlich folgte ihr der Haushofmeister ohne weiteres Wort. Er wusste, dass sie nur im Auftrag handelte – und wer der wahre Herr des Westens war, wie jeder hier im Schloss. Als die beiden Menschen niederknieten und Sakura die Tür schloss, sah der Inu no Taishou zu seinem Sohn. Dieser sagte daher: „Du hast in Erfahrung gebracht, dass Akira offenbar noch zu Abend aß. Gesehen hat ihn jedoch niemand mehr.“ „Nein, Euer Lordschaft. Der Befehl Fürst Hidemarus lautet, das er, wie auch die Anderen, nicht das Zimmer verlassen durfte.“ „Diese Anweisung gilt nicht für Fürst Shinichi.“ „Im Prinzip schon, aber er wurde heute ausdrücklich zu der Verabschiedung der Prinzessin eingeladen.“ „Die Braut und ihre Eskorte werden morgen früh das Schloss verlassen.“ „Ja, Euer Lordschaft.“ „Soweit dir bekannt ist, weiß niemand von ihnen von der .... kleinen Schwierigkeit um Hitori und seine Erfindung.“ Eine erstaunlich umsichtige Anfrage eines Dämons, zumal, wenn man doch so manches Gerücht um den Erbprinzen gehört hatte. „Ja. Es galt eine strikte Anweisung dies nicht zu erwähnen. Mit Verlaub, Lord Sesshoumaru, alle hier im Schloss sind unserem Herrn gegenüber loyal und würden ihn nie gegenüber Außenstehenden in Schwierigkeiten bringen.“ „Hitori hat ebenso Zimmerarrest wie Masa oder Akira.“ „Ja. Und wie eben auch Fürst Shinichi, der jedoch zu Akira durfte, und der Diener zu Hitori.“ Also war deren Zimmerarrest schon mal aufgeweicht. „Name des Dieners?“ Uveda zögerte. Leute, die nicht ihm unterstanden, merkte er sich nicht gerade gut. „Kiyoshi, Lord Sesshoumaru.“ „Hitori kam mit ihm aus der Hauptstadt?“ „Ja. Er hat jedoch ein kleines Zimmer im Dienstbotentrakt erhalten, so dass Hitori allein in seinem Zimmer ist. Dieser bat den Herrn anscheinend darum.“ Eigenartig, dachte der Hundeprinz. Wenn dieser Hitori schon mit einem Diener anreiste, wieso wollte der den nicht in Rufweite haben? Genauer: warum wollte der allein sein? Und aus welchem Grund hatte ein junger Absolvent eines Studiums schon einen eigenen Diener? War Hitori nicht nur ein Günstling des Shogun aufgrund seiner guten Leistungen, sondern auch oder ausschließlich aufgrund seines familiären Hintergrunds? „Ich will diesen Kiyoshi sprechen.“ „Ja, Lord Sesshoumaru.“ Der Haushofmeister verneigte sich, da er das zu Recht als Entlassung wertete – und als neue Anweisung. So war er nicht überrascht, dass ihn die Heilerschülerin begleitete, um den Diener zu den Hundedämonen zu holen.   Kiyoshi war ein Mann an die Sechzig, die schütteren grauen Haare zu einem Zopf gebunden. Er seufzte etwas, aber da der Haushofmeister ihm sagte, dass Lord Sesshoumaru auf Wunsch des Daimyo ermittele, erhob er sich ein wenig mühsam, erkundigte sich jedoch nur, ob das Mädchen ihn begleiten solle und ob es lange dauere, weil er nicht frei habe. Er schien überrascht, als er vor seiner Tür einen Samurai stehen sah, schwieg allerdings dazu. Sakura, vermutete, dass er erhebliche Schmerzen im Brustkorb haben musste, so, wie er auch die Arme an sich drückte. Er trug einfachen Kittel und Hose, aber seine Ausdrucksweise war die eines durchaus gebildeten Mannes. Hatte er sich das an der Akademie abgeschaut? Arbeitete er da länger schon?   Sesshoumaru wartete, bis beide Menschen vor ihm und natürlich seinem Vater knieten, Sakura die Tür schloss. „Kiyoshi.“ Der Diener verneigte sich eilig, ohne ein unwillkürliches Aufstöhnen nur halb verschlucken zu können. Hm. Der kannte Höflichkeit, aber ... „Hitori war unzufrieden mit dir.“ Und hatte ihn wohl verprügelt. „Äh, ja, Lord .... Sesshoumaru.“ Das kam vor. Hausangestellter zu sein war oft ein hartes Los – wobei sich Seine Lordschaft da ausnahm. Er misshandelte schließlich keine Dienstboten, er strafte nur bei Fehlern. „Du kamst mit Hitori her. Dienst du schon lange bei ihm?“ „Nein. Ich … ich wurde ihm für diese Reise zugewiesen.“ „Von eurer Familie?“ „Nein, von der Akademie.“ „Die Anforderung des Daimyo für einen Ingenieur scheint der Akademie geschmeichelt zu haben.“ „Ja.“ Kurze Antworten waren ja schön und gut, aber das war eindeutig zu wenig. „Etwas ausführlicher.“ Kiyoshi deutete trotz seiner Unerfahrenheit mit Dämonen, aber aus Kenntnis hoher Herren den knappen Satz richtig. „Ja, die … die Leitung der Akademie war unglaublich geschmeichelt, zumal der Daimyo so freundlich war, bereits bei der Anfrage kundzutun, dass er einen erfolgreichen Brunnenbauer auch in seinem gesamten Machtbereich empfehlen würde. Und natürlich gegenüber dem Shogun.“ „Und sie wollten repräsentieren und sandten dich mit ihrem Absolventen.“ „Ja, so ungefähr, ich meine, ja, Euer Lordschaft.“ „War Hitori bereits einmal hier in der Gegend oder warum schickte man ausgerechnet ihn?“ „Nein, Lord Sesshoumaru. Hitori lebte seit Jahren, ich glaube, acht, in der Akademie und hat dieses Studium nicht verlassen. Er wurde jedoch geschickt, weil er der beste Absolvent seit langen Jahren war, sehr gute Noten hatte.“ Kiyoshi starrte zu Boden. Er vermutete, dass den beiden Hundedämonen seine Aufregung nicht entging. Aber, wann sah man sich schon einmal solchen Wesen gegenüber, noch dazu in seiner Lage? Dieser junge Herr hatte sofort bemerkt, dass er Schmerzen hatte und die Ursache benannt. Lügen war da wohl unmöglich. Ihn tröstete nur, dass die junge Heilerin sich knapp hinter ihm befand, wenigstens noch ein Mensch anwesend war. „Soweit dir bekannt ist, kannte Hitori weder den Bauern noch den Beamten, die nun Anspruch auf die Erfindung erheben.“ „Ja. - Also, nein, er kannte sie zuvor sicher nicht. Und, mit Verlaub, Euer Lordschaft, er war sehr wütend, als Fürst Shinichi mit seinem Bauern anreiste, und die Belohnung wollte.“ „Und dieser Masa dann.“ „Äh, ja, wenn Euer Lordschaft den Beamten meint.“ „Warum schläfst du nicht bei Hitori?“ Kiyoshi holte, so gut es mit seinen geprellten Rippen ging, tief Atem: „Es ...Wir beide sind uns sehr unähnlich. Und obwohl er einen Diener in seiner Nähe schätzt, schätzt er es nicht mich dauernd um sich zu haben.“ Ja, wie sollte man das nennen. Er hatte ihm mit seinen Tritten einige Rippen zumindest angebrochen. Es konnte einem Herrn doch gleich sein, wie ähnlich sein Diener ihm war – der hatte zu parieren und den Mund zu halten. Aber anscheinend neigte Kiyoshi dazu seinen augenblicklichen Gebieter erziehen oder belehren zu wollen. Nun, das konnte er verstehen, wenn einem da die Hand ausrutschte. „Wann rief er dich das letzte Mal zu sich?“ „Gestern Nachmittag, Euer Lordschaft.“ Und da hatte er ihn wohl verprügelt. „Du warst jedoch nicht in dem Trakt, in dem Akira und Masa untergebracht sind.“ „Nein.“ Die ältere Mann klang hörbar erstaunt: „Der Befehl des Daimyo befreit mich von dem Zimmerarrest nur, wenn Hitori etwas wünscht. Oder Ihr“, ergänzte er eilig. Das hörte sich nicht so an, als ob Hitori seinen Diener auch nur bei sich duldete, geschweige denn, den ins Vertrauen gezogen hatte. „Weißt du, wann Hitori seine Brunnenerfindung machte?“ „Er legte sie der Leitung der Akademie wohl vor, als die Anfrage des Daimyo kam.“ Das war nicht die Frage gewesen, aber natürlich kannte ein einfacher Diener nicht die Interna der Professoren. „Gut. Du kannst einstweilen gehen.“ Einstweilen? Aber Kiyoshi neigte sich nur. Was sollte er schon bitten? Er zuckte jedoch förmlich zusammen, als der Ältere der Dämonen zum ersten Mal sprach. „Sakura, gib ihm Kräuter, die seine Schmerzen lindern.“ „Ja, Herr“, erwiderte diese hastig und drehte sich, um zu dem Heilerkoffer zu greifen. „Danke, edler Herr.“ Kiyoshi war erstaunt, dass ausgerechnet ein Dämon an so etwas dachte. Aber ja, das musste der so ehrenvoll behandelte Gast des Daimyo sein, der Inu no Taishou. Andere Diener hatten ihm schon berichtet, dass der sehr menschenfreundlich sei.   Als Kiyoshi mit einigen, hörbar ehrlichen, Dankesworten – und Teekräutern - verschwunden war, hoffte Sakura eigentlich sich endlich hinlegen zu dürfen. Es war schon nach Mitternacht und sie war bei Sonnenaufgang aufgestanden. Überdies hatte sie Hunger und Durst. „Hole Hitori“, befahl Sesshoumaru jedoch nur, der noch immer neben seinem Vater saß. Er wollte aus diesem Menschenschloss der Schrecken weg, aber das ging erst, wenn er die Fälschungssache und den Mord aufgeklärt hatte. Sie gehorchte, was blieb ihr schon anderes übrig. Natürlich schlief der junge Ingenieur schon, dachte sie, als er auf das leise Klopfen nicht reagierte. Der Wächter hatte sie sofort erkannt und ließ sie gewähren. Das Abendessen war jedenfalls abgeräumt und nur der Samurai stand vor der Tür, als sie sie beiseiteschob – und erstarrte. Das würde Seine Lordschaft nicht freuen. Und es wäre vermutlich auch nicht sonderlich intelligent von ihr ihn zu bitten, dass sie die nächste Leiche finden würde, ehe die ins Stadium der Verwesung übergegangen war. Das wäre dann wohl sie selbst. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)