Kirschblüten im November von Sakuran ================================================================================ Kapitel 4: Sternenkinder (Tai) ------------------------------ Zum gefühlten hundertsten Mal starrte ich auf meine Armbanduhr und konnte dem Gerede meines Vorgesetzten in unserer Wochenabschluss-Konferenz überhaupt nicht mehr folgen. Nach diesem ereignisreichen Wochenende kehrte der eintönige Alltag meines gewöhnlichen Lebens viel zu schnell wieder ein. Ich musste ständig an den letzten Samstag im Haus des Klienten denken. An das, was diese Mädchen zu Mimi sagten, ihre verletzten Augen, den Kuss zwischen uns und wie sehr mich die Erinnerungen an unsere Vergangenheit doch noch schmerzten. Eigentlich dachte ich wirklich, dass ich dieses tiefe Tal der Traurigkeit längst überwunden und meinen Preis dafür bezahlt hatte, doch diese Tage, die ich mit Mimi verbracht hatte zeigten mir, dass ich weit davon entfernt war irgendwas zu vergessen. Am Mittwoch traf ich mich mit Izzy und Mimi zum Abendessen. Ich war sehr gespannt auf das, was Mimi von ihrem neuen Job in der Redaktion eines bekannten Modemagazins zu berichten hatte. Sie wirkte sehr glücklich, denn offenbar erhielt sie gleich zu Beginn den Auftrag, über ein neu aufstrebendes japanisches Modelabel zu berichten. Nachdem wir unsere Freundin nach Hause gebracht hatten, erzählte mir Izzy, dass er etwas für ihren Geburtstag planen würde. Niemals hätte ich vergessen können, dass meine kleine verwöhnte Prinzessin am siebten Tag des siebten Monats, am Tanabata, Geburtstag hatte. In diesem Jahr fiel der 07. Juli auf einen Samstag und Izzy wollte sie mit einer Reise nach Kyoto überraschen. Er erzählte mir, dass Mimi sich schon immer wünschte, einmal in die kulturell bedeutendste Stadt Japans zu reisen. Ihr Vater hätte niemals etwas für die eigene japanische Identität und somit auch die Geschichte und Kultur des Landes übrig gehabt. Es gab dabei wohl nur ein Problem, in der gesamten Stadt gab es zum berühmten Sternenfest kein einziges Hotelzimmer mehr, weswegen mein rothaariger Freund angestrengt überlegte, wie und wo er mit Mimi hätte übernachten können. Schließlich schlug ich ihm vor, dass ich mich um ein Hotelzimmer kümmern könnte. In was hatte ich mich da nur rein geritten? Eigentlich wollte er sicherlich mit ihr alleine fahren und ich drängte mich provokant dazwischen. Aber zu meiner Verwunderung hörte ich keine Widerrede von meinem besten Freund. Ganz im Gegenteil. Izzy sagte mir, dass sie sich sicherlich freuen würde, wenn ich mit käme und wir zu dritt das Sternenfest in Kyoto besuchen könnten. Seine entspannte Reaktion verwirrte mich und ließ meine Theorie, dass er womöglich mehr als nur freundschaftliche Gefühle für sie empfand, ein wenig verblassen. Also organisierte ich das letzte Hotelzimmer in der Stadt. Meine Finger tippten inzwischen immer nervöser auf meiner Uhr herum, als ich den mahnenden Blick meines Chefs auf mir spürte und entschuldigend grinste. Es war inzwischen weit nach Mitternacht und wir saßen immer noch in der Kanzlei. Es ging um einen sehr brisanten Fall und mit meinen vierzehn Kollegen berieten wir jetzt seit Stunden, wie es weiter gehen könnte. Ich wollte nur noch in mein Bett und ein paar Klamotten für das Wochenende sollte ich auch noch zusammen packen. Ein Geschenk für Mimi hatte ich auch noch nicht besorgen können. Vielleicht wollte ich es auch nicht, denn alles was mir einfiel schrie förmlich: »Ich steh voll auf dich!«. Keine Ahnung wann ich endlich in mein Bett fiel, aber ich konnte verdammt schlecht einschlafen. Wie bereits die letzten Tage zuvor. In mir fühlte sich alles so chaotisch und unruhig an. Immer wieder sah ich wirre und unsortierte Bilder der vergangenen Jahre vor mir. Von alten Freunden, die zu Feinden wurden. Von meinen Eltern, die sich jeden Abend stritten. Von meiner kleinen Schwester, die stundenlang heulend im Bett lag und von mir in den wohl dunkelsten Stunden meines Lebens, mit den falschen Freunden an meiner Seite und auf einem schmalen Grat zwischen Leben und Tod. Ich überlegte kurz nach vier Uhr morgens tatsächlich, ob mir etwas Sex beim Einschlafen helfen könnte und hatte die Nummer von Anna schon gewählt, als ich mich dann doch dagegen entschied. Stattdessen tippte ich eine Nachricht für Mimi und überlegte geschlagene dreißig Minuten, ob ich sie senden sollte oder nicht. »Ich wünsche dir alles erdenklich Gute zu deinem 25. Geburtstag! Willkommen im Kreis der Vierteljahrhundert-Jährigen. Vielleicht können wir irgendwann mit dem selben Lächeln auf das zurück blicken was hinter uns liegt, wie auf das was noch vor uns ist. Wir sehen uns in ein paar Stunden wegen deiner geheimen Geburtstagsüberraschung. Bis nachher, Tai.« Gegen sieben Uhr morgens drängten sich die ersten Sonnenstrahlen durch mein Fenster und mir war klar, dass ich jetzt sowieso nicht mehr einschlafen konnte. Der Zug würde um zehn Uhr abfahren und bis dahin müsste ich sowieso am Bahnhof sein. Vollkommen erschöpft quälte ich mich aus meinem Bett und stellte mich unter die Dusche. In einer kleinen Reisetasche packte ich einige Klamotten zusammen und zog mir eine schlichte Jeans mit einem weißen Hemd an. Mein reichhaltiges Frühstück bestand aus vier Zigaretten und zwei Tassen Kaffee, bevor ich mich schließlich in die U-Bahn setzte und zum Hauptbahnhof aufbrach. Irgendwie ärgerte es mich, dass mein bester Freund Mimi viel besser kannte als ich. Er wusste ganz genau, was er ihr zum Geburtstag schenken könnte. Er kannte ihre sehnlichsten Wünsche und überraschte sie mit einer ganz besonderen Reise. Wie hätte ich da mithalten können? Als ich am Bahnsteig eintraf, waren beide noch nicht zu sehen. An einem Samstagmorgen drängten sich unzählige Menschen auf dem Bahnhof aneinander vorbei. Die beiden müssten sich beeilen, denn in knapp zehn Minuten würde der Shinkansen abfahren. Ungeduldig zündete ich mir eine Zigarette an, als ich plötzlich eine Stimme hinter mir hörte. „In allen Bereichen des Hauptbahnhofes ist das Rauchen strengstens untersagt. Du als Rechtsanwalt solltest dir deiner Vorbildfunktion bewusst sein.“ Mit einem schiefen Grinsen drehte ich mich um und drückte die Zigarette auf dem Boden des Bahnsteiges aus. „Kann man deine »Klugscheiß-Funktion« nicht einmal am Samstag abstellen?“ Ich blickte in die Augen meines rothaarigen Freundes. Er grinste freudig und zeigte auf die junge Frau, die neben ihm stand. Sie wirkte ein kleines bisschen aufgeregt und verschlafen zu gleich. Ihre goldbraunen Haare waren zu einem eiligen Zopf gebunden und sie schien keine Zeit dafür gehabt zu haben, sich zu schminken. Wobei mir Mimi mit wenig bis gar keinem Make-Up sowieso am aller besten gefiel. Ich lachte, als ich ihre kleine Reisetasche sah und fuhr mir lässig durchs Haar. Mimi seufzte leise und blickte verdrossen auf die Anzeigetafel des Bahnsteiges und plötzlich weiteten sich ihre haselnussbraunen Augen. Ich konnte deutlich sehen, wie sie die Schriftzüge las und ihr bewusst wurde, wohin die Reise gehen würde. „Kyoto?“ fragte sie leise und sah abwechselnd zwischen mir und Izzy hin und her. „Alles Gute zum Geburtstag...“ murmelte mein bester Freund, als sie ihm mit einem Mal hastig um den Hals fiel. Die Röte schoss ihm unaufhaltsam ins Gesicht und völlig unbeholfen, legte er seine Arme um Mimi. Es fiel mir schwer meinen lässigen Gesichtsausdruck zu wahren und doch konnte ich meinen eifersüchtigen Blick nicht von den beiden abwenden. Sie löste sich von ihm und hauchte ihm einige Worte des Dankes ins Ohr, bevor sie ihm zärtlich einen Kuss auf die Wange gab. Danach sah sie zu mir und neigte ihren Kopf schüchtern. Warum denn das? Weshalb reagierte sie so verlegen und warum bekam ich keine Umarmung? „Vielen Dank für deine Glückwünsche heute Nacht und für diese Reise nach Kyoto.“ Mir war bewusst, dass ihre Verlegenheit etwas mit meiner nächtlichen SMS zu tun haben musste. Offenbar hatte sie genauso wenig Schlaf gefunden wie ich, zumindest sah sie so aus. Der ohrenbetäubende Lärm des einfahrenden Zuges erschütterte die peinliche Stille zwischen uns. Die Menschen drängten sich an uns vorbei und strömten in die einzelnen Abteile des schier endlos langen Zuges. „Schon gut. Die Idee für diese Reise als Geburtstagsgeschenk hatte Izzy. Ich habe nur das Hotelzimmer organisiert. Ein richtiges Geschenk habe ich also überhaupt nicht.“ Mimi lächelte und setzte sich als erste auf einen der vier Sitzplätze. „Dann kannst du mir ja einen schicken Kimono kaufen. Schließlich trägt man doch traditionelle Kleidung auf einem traditionell japanischen Fest in der Heimatstadt aller Japaner?“ Irgendwie mussten Izzy und ich über ihre Frage lächeln. Ich hätte ihr gottverdammt alles auf diesem Planeten gekauft, wenn sie mir dafür eine einzige Umarmung geschenkt hätte. Ich ließ mich auf dem Platz ihr gegenüber nieder und schlug meine Beine übereinander, nachdem sich mein bester Freund direkt neben Mimi gesetzt hatte. „Einverstanden. Dann steht neben dem Sightseeing als erstes Shopping auf dem Plan und heute Abend das Sternenfest?“ sagte ich und erhielt ein bestätigendes Nicken von den beiden. „Wie lange werden wir fahren?“ fragte Mimi und lehnte ihren Kopf sachte gegen die Schulter von Izzy. „Mit dem Shinkansen sind es nur dreieinhalb Stunden von Tokio bis Kyoto.“ Seine Antwort klang weder nervös, noch schien er über die Nähe zu ihr verwundert zu sein. „Mit der U-Bahn sind es noch mal zwanzig Minuten bis zum Hotel. Es ist das letzte Zimmer, was ich ergattern konnte und das auch nur über einige Kontakte. Keine Ahnung was es für ein Zimmer ist, hoffentlich keine miese Absteige.“ Ich grinste und lehnte meinen Kopf gegen den weichen Sitz. „Das ist mir völlig egal. Hauptsache wir drei sind zusammen und ich kann endlich Kyoto besuchen. Das ist das beste Geburtstagsgeschenk überhaupt!“ Sie freute sich wirklich wahnsinnig und verdammt, ich fühlte mich wirklich beschissen weil nicht ich es war, der sie damit überrascht hatte. Trotz meiner Müdigkeit konnte ich nicht aufhören, meine beiden Freunde zu beobachten. Vollkommen vertraut schmiegte sie sich an ihn. Die Art wie sie ihre Hand auf seine legte, wie sie ihn ansah, wie sie ihm ein Lächeln schenkte, ihm zärtlich über den Arm streichelte. Ich hätte kotzen können. Irgendwann wurden ihre Augen schwer und sie schlief an seiner Seite langsam ein. Mein Augenmerk wanderte ein wenig zur Seite und ich sah zu Izzy, der mich ebenfalls anstarrte. Erschrocken wendete ich meinen neugierigen Blick sofort von ihm ab. Hatte er etwa bemerkt, dass ich die beiden die gesamte Zeit beobachtet hatte? Ich fühlte mich ertappt und peinlich berührt zugleich. Nachdem er nichts zu mir sagte, lehnte ich meinen Kopf träge gegen das Fenster. Die vorbeiziehende Landschaft langweilte mich ungemein und irgendwann musste wohl auch ich eingeschlafen sein, denn ein kräftiges Rütteln weckte mich etwas unsanft. „Tai! Taichi, wir sind da. Wach auf!“ hörte ich Izzy zu mir sagten, während ich mir verschlafen die Augen rieb. Mimi stand bereits im Gang und hielt ihre Reisetasche in den Händen. Mit einem verschmitzten Grinsen sah sie mich an und zwinkerte mir zu. Allem Anschein nach gab mein schlafendes Gesicht allen Anlass, um sich über mich lustig zu machen. Meine Freundin war so unruhig und aufgeregt wie ein kleines Kind. Irgendwie konnte ich ihre Begeisterung für Kyoto überhaupt nicht nachvollziehen. Ich selbst hatte diese Stadt bereits ein paar Mal zuvor besucht. Natürlich war es eine besondere Stadt, eine Stadt zwischen Tradition und Moderne und alle Mal besser als Tokio. Aber so richtig konnte der Funke bei mir nicht überspringen. Die Straßen der Stadt waren unfassbar überfüllt. Wir erreichten irgendwann endlich das Hotel und nach einigen hitzigen Diskussionen an der Rezeption bekamen wir den Schlüssel für das letzte verfügbare Zimmer. Es war ein Doppelzimmer. Uns Dreien stockte der Atem. Wie sollten wir zu dritt in einem Doppelzimmer übernachten? Genau diese Frage galt es dann mit dem Rezeptionisten zu diskutieren, bis ich schließlich sagte, dass wir zu dritt in dem Bett schlafen würden. Als wir in dem winzigen Zimmer standen und uns darüber bewusst wurden, dass nicht einmal die Klimaanlage funktionierte und es wohl eine sehr heiße und beengte Nacht werden würde, war es Mimi die lautstark anfing zu lachen. Izzy und mir war irgendwie überhaupt nicht zum lachen zumute, aber als wir ihr unbeschwertes Gesicht sahen, kamen wir nicht umhin die Situation ebenfalls mit Humor zunehmen. „Wie im Ferienlager. Da mussten wir auch zu viert in winzigen Zelten übernachten.“ sagte Mimi als sie das Badezimmer verließ. Ihre wunderschönen Haare fielen offen über ihre Schultern und ihre Wimpern hatte sie dezent mit etwas Mascara betont. Sie trug ein gelbes Sommerkleid, welches verdammt eng war und ihre Kurven reizvoll betonte. „Damals im Ferienlager waren wir selbst aber nur halb so groß wie jetzt. Da passten wir zu viert in ein Zelt. Wie sollen wir denn zu dritt in diesem Bett schlafen?“ fragte mein Freund und ließ sich mit einem lauten Seufzen nach hinten auf die Matratze fallen. „In dem wir uns einfach ganz eng zusammen kuscheln.“ erwiderte Mimi grinsend und sah plötzlich zu mir rüber. „Gegen kuscheln habe ich grundsätzlich nichts, aber wir haben da draußen 36℃ und die Klimaanlage funktioniert nicht. Ich glaube, da will ich heute Nacht lieber nicht kuscheln.“ Ich sah zu ihr und bekam als Antwort nur ihre rosafarbene Zunge herausgestreckt. „Ihr seid so richtig alte, verbitterte Männer. Jetzt seid halt flexibel und nehmt die Dinge so, wie sie kommen. Es ist nur eine Nacht und die werden wir schon überleben. Ich habe heute Geburtstag und will nicht solche mürrischen Gesichter sehen!“ Wenn sie nur wüsste, wie recht sie damit hatte. Ich grinste in mich hinein und beobachtete, wie sich mein bester Freund auf dem Bett aufsetzte. Mimi legte ihre Hände auf seine Schultern und lehnte ihre Stirn gegen seine. Mir schnürte es den Hals zu. „Lasst uns los gehen.“ raunte ich mit brüchiger Stimme und drängte mich an den beiden vorbei. Ich musste raus hier. Diesen Anblick konnte ich nicht länger ertragen. Wenige Minuten später befanden wir uns zwischen all den Menschen im Gedränge der Straßen. Izzy spielte den Reiseführer und Mimi kam nicht aus dem Staunen heraus. Nach der furchtbar langweiligen Teezeremonie, fünf Tempelanlagen und drei Schlössern später waren wir endlich in der Einkaufsstraße und suchten nach einem Kimono für Mimi. Wir Männer gaben letztlich auf und setzten uns an den Bordstein, während unsere Freundin wie wild mit meiner Kreditkarte die Läden plünderte. Schließlich kam sie mit einer großen Schachtel zu uns zurück und schenkte mir ein breites Grinsen. „Dein Geld ist definitiv gut investiert! Lasst uns zurück zum Hotel gehen, damit ich mich umziehen kann. Das Fest beginnt bald und ich habe keine Ahnung wie man einen Kimono bindet.“ Mimi setzte sich in Bewegung und wir folgten ihr. „Ist das dein Ernst? Du kannst keinen Kimono binden?“ fragte ich erstaunt und musterte ihren schmalen Rücken. „Irgendwie bekomme ich das schon hin. So schwer kann es ja nicht sein.“ antwortete sie unbekümmert. Mit einem ungläubigen Grinsen sah ich zu meinem Freund rüber. Ich wusste nämlich ganz genau wie beschissen schwierig es war, diese Klamotten anzuziehen. Ich hatte eine kleine Schwester und musste ihr ständig dabei helfen einen Obi zu binden. Ich stieß die Tür zum Hotelzimmer auf und völlig erschöpft ließ ich mich auf dem großen Doppelbett nieder. Izzy setzte sich neben mich, während Mimi im Badezimmer verschwand. „Alles in Ordnung?“ seine Worte ließen mich zu ihm aufsehen und ich seufzte leise. „Ja, was soll denn sein?“ „Mir sind deine Blicke nicht entgangen. Müssen wir beide irgendwas miteinander klären?“ Ich hätte nie gedacht, dass mich Izzy einmal so direkt auf einen Konflikt ansprechen würde. Langsam schob ich meine Ellenbogen unter meinen Rücken und richtete mich auf. Zögerlich sah ich in seine dunkelbraunen Augen und überlegte tatsächlich ihn zu fragen, was da zwischen ihm und Mimi lief, doch dann öffnete sich die Badezimmertür. „Ich kann es nicht! Was zieht man denn zu erst an? Und wie bindet man es zusammen?“ völlig verzweifelt suchten ihre Augen nach Antworten in unseren Gesichtern. Mein müder Körper erhob sich vom Bett und ich ging zu ihr rüber. Vielleicht war es ganz gut, dass Mimi dazwischen kam. Wahrscheinlich wäre dieses Gespräch zwischen mir und Izzy nicht gut verlaufen. Ich drängte Mimi zurück ins Badezimmer und schob die Tür mit meinem Fuß hinter mir zu. „Zeig mal her….“ murmelte ich und manövrierte sie vor den Spiegel. Ich selbst stand hinter ihr und band den Nagajuban mit dem Datejime zusammen. Hoffentlich würde niemals jemand erfahren, dass ich genau wusste was ich da tat. Neugierig musterten mich ihre glänzenden Augen. Mimi schien sehr erstaunt darüber zu sein, dass ich völlig schweigsam ihren Kimono binden konnte. Als letztes packte ich den Obi aus der Verpackung aus und legte ihn vorsichtig um ihre Taille. Sie hatte einen wunderschönen Kimono gekauft. Es war elfenbeinfarbene Seide mit aufgestickten Schmetterlingen. Der Obi hatte eine seidig glänzende altrosane Färbung. Unsere Blicke trafen sich im Spiegel und meine Hände ruhten kurz oberhalb des gebundenen Obis auf ihrem Rücken. „Tai….“ sie stockte kurz und strich sich einige Haarsträhnen hinters Ohr. „...warum kannst du einen Kimono binden?“ „Ich habe eine kleine Schwester mit zwei linken Händen.“ Ich grinste beiläufig und fuhr mit meinen Händen langsam durch ihr Haar. „Weißt du denn nicht, dass ein elfenbeinfarbener Kimono ein Hochzeitskimono ist?“ sagte ich leise und beobachtete, wie sie unter meinen Berührungen langsam ihre Augen schloss. „Nein, das wusste ich nicht.“ Mimi legte ihren Kopf in den Nacken, sodass sie gegen meine Schulter stieß. „Du wärst ganz bestimmt eine wunderschöne Braut. Zumindest siehst du jetzt in diesem Kimono unglaublich elegant aus.“ Was redete ich denn da? Das hörte sich ja total bescheuert an. Wahrscheinlich war mein Hirn total vernebelt von ihrem süßlichen Jasminduft, der sich in meine Nase drängte. „Vielen Dank für dieses schöne Geschenk.“ sie öffnete ihre Augen und schenkte mir ein freches Grinsen. „Das du dir selbst gekauft hast?“ erwiderte ich ebenso grinsend und legte meine Hände auf ihren Bauch. „Ich meinte nicht den Kimono.“ sagte sie unerwartet und löste sich aus meinen Armen. Wie ein begossener Pudel stand ich im Badezimmer und starrte ihr hinterher. Meinem rothaarigen Freund fielen fast die Augen aus dem Kopf, als er Mimi so sah. Sie packte den Inhalt ihrer Handtasche in einen kleinen Stoffbeutel und schlüpfte in ihre Schuhe. Gemeinsam brachen wir schließlich zum Fest auf. Ganz Kyoto war mit Papierlampions und Fackeln geschmückt. Junge Mädchen und Frauen waren in farbenfrohe Kimonos gekleidet und stolzierten auf ihren Holzsandalen an uns vorbei. Auf unserem Weg durchquerten wir natürlich eines der berüchtigsten Rotlichtviertel, das Pontochô. Einige Maikos und Geishas standen vor den Teehäusern und machten uns schöne Augen. Mimi war völlig fasziniert und griff im Gedränge der Menschen nach meiner Hand. „Sag mal, bist du schon einmal in einem solchen Teehaus gewesen?“ Auf ihre Frage hin blickte ich sie verwundert an und zog sie dichter zu mir. „Wie kommst du denn jetzt darauf?“ erwiderte ich und konnte das schadenfrohe Grinsen meines besten Freundes deutlich erkennen. „Mit Klienten geht man doch sicherlich auch mal in so ein Etablissement, oder etwa nicht?“ Völlig entrüstet zog ich meine Augenbrauen nach oben und starrte in ihr neugieriges Gesicht. „Du meinst jawohl mit deinem zweideutigen Ausdruck von »Etablissement« kein Teehaus, sondern ein Bordell! Meine Liebe, ich habe noch nie für Sex bezahlt und habe es auch in Zukunft nicht vor.“ Wie kam sie denn auf solche Ideen? Außerdem waren Geishas doch keine Prostituierten im engeren Sinn. „Aber in einem Teehaus sind wir tatsächlich schon mit Klienten gewesen und wurden dort auch von einer Geisha bedient. Das hatte aber überhaupt nichts mit Prostitution zu tun.“ ergänzte Izzy und schob sich die Hände in seine Hosentaschen. Blöder Scheißkerl, ließ mich erst auflaufen, um mich dann doch gnädiger Weise zu retten? Da hatte er ja noch einmal Glück gehabt, sonst hätte ich ihm diese Nacht das Kissen aufs Gesicht gedrückt. Am Ende der Straßen kamen wir auf den großen Festplatz am Ufer des Kamogawa. Die untergehende Sonne tauchte die Silhouetten der umliegenden Restaurants und Terrassen in eine blutrote Farbe. In den Bäumen hingen unzählige Lampions und Kinder trugen kleine Bambuszweige, an denen ihre Wunschzettel befestigt waren. An einem Imbiss-Stand kauften wir einige Okonomiyaki und stießen standesgemäß mit etwas Sake auf Mimis Geburtstag an. Ich hatte einen Bärenhunger und stopfte die kleinen köstlichen Pfannkuchen förmlich in mich rein. Als wir weiter gingen, zog Mimi plötzlich an meinem Ärmel und bat mich und Izzy darum, mit ihr einen Goldfisch zu fangen. Wir waren die einzigen Erwachsenen an diesem Stand. Um uns herum hockten nur kleine Kinder an den Wasserbecken und versuchten mit einem winzigen Papiersieb einen Goldfisch zu ergattern. Natürlich stellte ich mich völlig grobmotorisch an und hätte nicht einmal mit dem Nudelsieb meiner Mutter einen Fisch fangen können. Selbst mein bester Freund schien kein Glück zu haben. Aber Mimi gelang es nach nur drei Versuchen tatsächlich einen kleinen Goldfisch zu erhaschen. Nachdem eines der Mädchen neben ihr anfing vor Verzweiflung zu weinen, schenkte Mimi dem Mädchen ihren Goldfisch. „Du bist einfach zu gütig.“ sagte ich bissig und streckte ihr meine Zunge heraus. „Die Kleine tat mir leid. Sie hatte es sooft probiert und doch keinen Fisch gefangen.“ Mimi war wirklich zu süß. Manchmal hatte sie diese liebevolle Seite an sich, die sie aber leider viel zu selten zeigte und sich lieber hinter der Maske der verwöhnten Prinzessin versteckte. Wir liefen am Ufer des Flusses entlang und entdeckten einige schwimmende Papierboote in deren Mitte eine kleine Kerze brannte. Mimi blieb neben einigen jungen Frauen stehen und beobachtete sie dabei, wie sie die Papierboote falteten und mit Tinte einige Schriftzeichen drauf pinselten. „Sternenkind? Was bedeutet das?“ murmelte sie fragend und eine der jungen Frauen schenkte ihr ein höfliches Lächeln. „Als Sternenkinder werden die Kinder bezeichnet, die während oder nach der Geburt versterben. Oder jene Kinder, die die Sterne erreicht haben, noch bevor sie das Licht der Welt erblicken durften.“ Ich und Izzy blieben wie angewurzelt hinter Mimi stehen und hörten den Worten dieser jungen Frau ebenfalls zu. „Selbst wenn die Eltern oftmals ihr Kind nicht in den Armen halten konnten und die Zeit mit diesem nur sehr kurz war, so besteht dennoch eine intensive Bindung. Der Tod des Kindes verursacht deshalb ein tiefgreifendes und langanhaltendes Gefühl von Trauer bei den Müttern und Vätern. Deswegen treffen sich Eltern jedes Jahr zum Sternenfest hier am Fluss und lassen als Andenken an ihre Sternenkinder eines dieser Lichterschiffchen zu Wasser.“ Im Bruchteil einer Sekunde schien meine Welt zu erstarren. Alles um mich herum verschwand. Unfähig irgendetwas in meinem Herzen zu fühlen, wanderte mein verschwommener Blick zu Mimi. Ein eisiges Gefühl von Kälte stieg in mir empor und ich hätte zur gleichen Zeit schreien und weinen können. Mimi hockte sich ans Ufer und betrachtete die einzelnen tanzenden Lichter auf der Wasseroberfläche. Sie sagte kein Wort, aber ich konnte sehen, dass sie am ganzen Körper zitterte. Es war, als stünde ich neben mir. Ich griff nach einem der Papierschiffchen und hockte mich neben meine Freundin. Schweigend legte ich ihr das kleine Boot in die Hand und platzierte die Kerze in dessen Mitte. Als der Docht brannte, sah ich in ihr Gesicht. Ihre Augen waren leer und Tränen hatten sichtliche Spuren auf ihren Wangen hinterlassen. Ich führte unsere beiden Hände langsam zum Wasser. Gemeinsam gaben wir das Schiffchen frei und ließen es treiben. Ihre langen Haarsträhnen fielen über ihre Schultern und Tränen verfingen sich darin. Es war ein leises Schluchzen was mir verriet, dass sie tatsächlich weinte. Mein Herz schmerzte so unsagbar, dass ich das Gefühl hatte, ich müsste jede Sekunde sterben. Es kostete mich soviel Kraft, dass ich nicht selbst in Tränen ausbrach. Ich griff hastig nach Mimi und zog sie in meine Arme. Auf den Knien saßen wir am Ufer des Flusses und ich drückte sie fest an meine Brust. Im Schutze meiner Arme ließ sie ihrer Trauer freien Lauf. Ich spürte ihre bebende Brust dicht an meinem Herzen. So viele Tränen hatte ich vergossen, ich konnte einfach nicht mehr darum weinen. Es war zu spät. Irgendwann, vor langer Zeit, hätten wir eine Familie sein können. Irgendwann, vor langer Zeit, hätte ich das ungeborene Leben, welches sie unter ihrem Herzen trug bewahren müssen. Irgendwann, vor langer Zeit, hätte ich diese Frau in meinen Armen beschützen müssen. Doch ich ließ sie alleine, ließ zu, dass andere Menschen Entscheidungen trafen und uns entzweiten. Als sich Mimi weinend an mich schmiegte wurde mir zum ersten Mal bewusst, dass wir beide noch nie darüber gesprochen hatten. Einsam und alleine versuchten wir mit dem Schmerz, der ein riesiges Loch in unsere Herzen gerissen hatte, zu leben. Jeden Tag aufs Neue aufzuwachen, zu lächeln, weiter zu leben. „So ist es nicht gewesen. Es ist kein Sternenkind...“ ihre brüchige Stimme ließ mich erzittern. „...es ist tot, weil ich es hab weg machen lassen.“ Ich hörte wie ein gequältes Keuchen meine Lippen verließ und ich sie unweigerlich fester an mich drückte. Verzweifelt presste ich meine Augenlider zusammen und spürte, wie eine heiße Träne über meine Wange kroch. „Du hast diese Entscheidung aber nicht selbstständig getroffen. Dir blieb keine andere Wahl, andere Menschen drängten dich dazu. Dieses Kind hat die Sterne erreicht, noch bevor es das Licht der Welt erblicken konnte. Ganz egal unter welchen Umständen. Deshalb ist es ein Sternenkind.“ meine Stimme erschauderte unter meinem ungleichmäßigen Atem. „Ich kann damit nicht leben. Es frisst mich auf, es tut so weh und ich kann es einfach nicht vergessen. Es war ein Teil von mir und jetzt ist da nichts mehr.“ Ihre Fingernägel bohrten sich durch den dünnen Stoff meines Hemdes und meine Haut fing an wie Feuer zu brennen. „Mimi, damals ist nicht nur ein Teil von dir gestorben, sondern auch von mir. Es muss wehtun, denn sonst vergessen wir. Ich will es nicht vergessen. Niemals.“ Ich konnte nicht weiter sprechen, da meine Stimme unter meinen Tränen brach. Zärtlich streichelte ich ihr einige Haarsträhnen aus dem Gesicht und küsste liebevoll ihre Stirn. Wenn sie nur wüsste, wie sehr ich gelitten habe. Wenn ich nur sagen könnte, dass es über all die Jahre niemals besser geworden ist. Aber wie könnte ich es ihr sagen, jetzt wo ich sie so zerbrochen in meinen Armen hielt? „Ich bin nicht bei dir gewesen und dabei hätte ich es sein müssen, der dich davor bewahrt diesen Weg alleine zu gehen. Ich werde dich irgendwann um Verzeihung bitten, aber erst dann, wenn ich mir selbst vergeben kann.“ Als ich diese Worte gegen ihre Stirn flüsterte, wurde ihr Griff lockerer und ihr Schluchzen verebbte langsam. Nach einer schier endlosen Zeit, die wir ineinander verschlungen am Ufer des Flusses knieten, wurde es unbeschreiblich still zwischen uns. Einzig die gedämpften Geräusche der Menschen um uns herum, weckten ab und an mein Gehör. Mimi löste sich langsam aus meinen Armen und blickte schweigend auf die beständige Strömung der schimmernden Wasseroberfläche. Zögerlich legte ich meine Hand auf ihre. Unsere Finger verflochten sich miteinander und Mimi wischte sich mit der anderen Hand über ihr verweintes Gesicht. Danach zog sie mich langsam nach oben und wir drängten uns durch die Menschen zurück auf das Fest. In diesem intensiven Moment zwischen uns, hatte ich meinen besten Freund völlig aus den Augen verloren. Angestrengt sah ich mich nach ihm um, konnte ihn aber nirgends erkennen. Mimi selbst schien auch nach Izzy zu suchen, doch noch bevor sie ihr Telefon aus ihrem kleinen Stoffbeutel erhaschen konnte, sah ich ihn abseits des Gedränges auf einer Parkbank sitzen. Einige brennende Lampions hingen über ihm und erhellten die Dunkelheit der Nacht. Ohne ein Wort miteinander zu wechseln, gingen Mimi und ich zu ihm. Etwas überrascht sah er zunächst Mimi und dann mich an. Danach tat er etwas, wofür ich ihm wohl ewig dankbar sein werde. Er lächelte. Es war ein Moment, in dem wir drei wohl keiner Worte bedurften. Stumm erhob sich Izzy und legte seine Hand fürsorglich auf meine Schulter. Sein Blick stellte keine Fragen und verurteilte mich nicht. Manchmal gab es einfach nicht genügend Worte, um zu beschreiben was man fühlte. Ein Blick, eine zärtliche Geste oder ein sanftmütiges Lächeln konnten soviel mehr sagen als alle Sprachen dieser Welt. Wir kehrten allmählich zurück ins Hotel. Als wir den endlosen Flur entlang gingen, packte mich Izzy plötzlich am Arm und zog mich etwas zurück. „Ich glaube, dass ich euch besser alleine lassen sollte. Dieser Moment ist etwas ganz besonderes für euch. Es ist euer Moment und ich denke, dass ihr endlich darüber sprechen solltet.“ Völlig entgeistert starrte ich in seine dunkelbraunen Augen. „Wie bitte? Wo willst du denn schlafen, auf dem Gang? Es gibt in der ganzen Stadt keine Zimmer mehr und….“ doch er unterbrach mich harsch. „Ich werde den Nachtbus zurück nach Tokio nehmen.“ Jetzt wurde es mir aber zu blöd. Ärgerlich packte ich seinen Arm und zerrte ihn unsanft zu mir. „Bist du bescheuert oder was? Du lässt sie hier nicht sitzen. Sie hat heute Geburtstag und ich werde ganz bestimmt nicht mit dieser verdammten Scheiße von damals anfangen und heute mit ihr darüber sprechen. Du bleibst hier!“ Eigentlich klang meine Stimme verdammt sauer, doch gegen Ende hin wurde ich immer flehender. Ich wollte nicht, dass er ging. Möglicherweise weil ich Angst davor hatte mit ihr alleine zu sein. Ich konnte dieses Gespräch nicht führen, nicht heute, nicht jetzt, nicht mit ihr. Auf einmal konnte ich ein Lächeln auf seinen Lippen erkennen und deshalb zog ich meine Augenbrauen erstaunt nach oben. Ohne noch etwas zu sagen, ging er an mir vorbei und folgte Mimi in das Zimmer. Manchmal wurde ich wirklich nicht schlau aus diesem Kerl. Es war wirklich wie im Ferienlager. Erst mussten wir alle nacheinander duschen und dann standen wir, wie die drei von der Tankstelle, vorm Spiegel und putzten uns unsere Zähne. Plötzlich fing Mimi an zu lachen und prustete dabei die gesamte Zahnpasta gegen die glatte Oberfläche des Spiegels. Selbstverständlich musste ich ebenso lachen und besabberte dabei mein Shirt, woraufhin mich Izzy und Mimi lautstark auslachten. Ich drehte den Wasserhahn auf und spritzte achtlos mit kaltem Wasser nach den beiden. Izzy wollte sich damit zur Wehr setzen, indem er Mimi als Schutzschild benutzte, woraufhin diese schrill quietschte. Ich sah zu meinem besten Freund und deutete ihm mit meinem Blick, dass wir Mimi unter die eiskalte Dusche stellen sollten. Ohne Einwände packte er sie von hinten und ich griff nach ihren Fußgelenken. Unter lautem Protest und zugegebenermaßen heftigen Tritten beförderten wir sie in die Duschkabine. „Ihr Schweine! Wenn ihr jetzt das kalte Wasser anstellt werde ich nackt schlafen! Ich schwöre euch, dass ich schreckliche Rache nehmen werde!“ kreischte sie lachend und versuchte immer wieder meine Hände abzuwehren. „Du nackt in diesem Bett, das wäre wirklich eine schreckliche Strafe für uns beide!“ sagte ich nur hämisch grinsend und stellte das kalte Wasser an. Ich weiß nicht, wann ich zuletzt so unglaublich lachen musste. Es war wirklich beinahe soweit, dass ich mir in die Hose gepinkelt hätte. Mimi erkämpfte sich schlussendlich den Brausekopf zurück und richtete diesen fluchend auf Izzy und mich. Klitschnass zogen wir uns unsere Shirts aus. Mein Freund reichte Mimi schließlich ein frisches von seinen, womit sie im Badezimmer verschwand und sich umzog. „Ich dachte du willst nackt schlafen?“ sagte ich provokant und legte mich mit meiner nassen Unterhose auf die rechte Seite des Bettes. „Da wir in einem Bett schlafen, möchte ich feuchte Träume unbedingt vermeiden!“ sagte sie kess und sprang direkt vom Badezimmer ins Bett. „Also ich weiß ja nicht mit was für Milchbubis du dich umgibst. Aber feuchte Träume hatte ich das letzte mal mit 15 Jahren.“ gurgelte ich kichernd und betrachtete ihren zierlichen Körper, der so dicht neben mir lag. Izzy zog die Vorhänge zu und platzierte sich auf der linken Seite des Bettest, sodass Mimi zwischen uns in der Mitte lag. Im Zimmer war es so unerträglich heiß, dass wir die Laken mit unseren Füßen nach unten schoben. Die Dunkelheit umhüllte uns und völlig erschöpft platzierte ich meine Arme unter meinem Kopf. Mein Ellenbogen stieß gegen den meines besten Freundes und verschämt rückte ich etwas mehr an die äußere Kante des Bettes. Also ich hatte ja wirklich nichts gegen einen Dreier, aber dann doch bitte mit zwei Frauen und nicht meinem besten Freund. „Wenn wir Kinder wären, wäre es wohl völlig normal zu dritt in einem Bett zu schlafen, aber jetzt hat es echt was versautes an sich.“ sagte ich kichernd. „Irgendwie tatsächlich eine merkwürdige Situation. Da könnten einem Typen wie dir schon wirklich schmutzige Gedanken kommen.“ erwiderte Izzy rotzfrech und streckte mir seine Zunge raus. „Weshalb sollte nur Tai diese schmutzigen Fantasien haben. Findest du mich etwa nicht attraktiv oder bist du schwul?“ als Mimi diese Frage formulierte musste ich insgeheim so bösartig lachen, weil ich das hilflose und beschämte Gesicht meines Freundes sah. Mimi erlöste ihn meines Erachtens viel zu schnell aus dieser misslichen Lage und sprach weiter. „Am Ende seid ihr beide Männer und damit perverse Dreckschweine. Trotz aller Liebe, würde ich mit euch beiden niemals einen Dreier schieben. Also wenn ihr später in der Nacht aufwacht und nicht mehr auf dem Bauch liegen könnt, dann solltet ihr vielleicht eine kalte Dusche nehmen.“ Wer war denn jetzt versaut von uns? Mimi konnte ja sehr gut in Worte fassen, was physisch mit einem Mann geschah, wenn er erregt war. Sie war wirklich ein unglaublich freches Biest und wusste gezielt ihre Reize einzusetzen. Izzy und ich nahmen es ihr keinesfalls übel, sondern grinsten verschmitzt und ließen ihre Aussagen unkommentiert. „Ich danke euch beiden für diesen wundervollen Tag. Gute Nacht.“ flüsterte Mimi in die Stille zwischen uns und drehte sich auf die Seite. Ich spürte ihr Gesicht an meiner Brust und wie ihr Atem gleichmäßig meine nackte Haut streifte. Ein raschelndes Geräusch verriet mir, dass sie nach Izzys Arm griff und ihn um sich legte. Im selben Moment schob sie ihre Hand sanft über meine Brust. Mein Herz raste und in wenigen Sekunden war meine Müdigkeit völlig weggeblasen. Wie konnte sie sich so dicht an mich schmiegen? Ich würde niemals ein Auge zu bekommen. Schweiß perlte über meine nackte Haut. Ihre Haarsträhnen kitzelten auf meiner Brust, während ihre Lippen sich fordernd von meinem Schlüsselbein hinauf zu meinem Hals arbeiteten. Ihre Finger glitten ohne Umschweife über meinen Bauchnabel und fuhren unter meine Unterhose. Perplex starrte ich in ihre lustverhangenen Augen, als sie sich aufrichtete und sich rittlings auf mich setzte. Ihre Schenkel pressten sich an meine Hüfte und ihre Finger wanderten neugierig über meine Brust. Ihre Lippen berührten die meinen nur flüchtig. Sie küsste mich nicht, ließ ihre Zunge jedoch über mein Kinn, hinab zu meiner Brust und dann weiter über meinen Bauch gleiten. Ein ersticktes Keuchen verließ meinen Mund und ich presste genüsslich meinen Kopf ins Kissen, als ihre Lippen langsam am Bund meiner Unterhose ankamen. Ich spürte ihre kühlen Finger, wie sie den Stoff langsam nach unten schoben und ihre Zunge neugierig weiter hinab glitt. Kurz bevor sie meine empfindlichste Stelle erreichte, hielt sie Inne und sah mit ihren goldbraunen Augen zu mir rauf. Ein verschmitztes Lächeln zeichnete sich auf ihrem grazilen Gesicht ab und sie richtete ihren Oberkörper langsam wieder auf. Das weiße Shirt klebte auf ihre schweißnassen Haut und zeigte die darunter liegenden wohlgeformten weiblichen Rundungen schonungslos. Mein Mund wurde staubtrocken und ich leckte mir genießerisch über meine Lippen. Plötzlich bewegte sich ihr Arm nach links und meine müden Augen folgten ihrer Bewegung. Sie griff nach seinem Kragen und zog ihn dicht an sich. Es war ein anderer Mann den sie nun leidenschaftlich küsste und ihre Lippen mit den seinen vereinte. Während Mimi auf meinem Schoß saß, war es Izzy den sie brennend in einen wilden Kuss zog. Sie küsste nicht mich. Mit einem lauten Keuchen riss ich meine Augen auf und rang hilflos nach Atem. Die Hitze in diesem Zimmer war unerträglich und es dauerte einige Sekunden bis ich begriff, dass ich soeben nur geträumt hatte. Ich sah neben mich und erblickte eine schlafende Mimi, die noch immer dicht an mich gekuschelt lag. Hinter ihr ruhte mein bester Freund und hatte seinen Arm um ihre Taille gelegt. Ich fuhr mir mit beiden Händen über mein schweißnasses Gesicht. Offensichtlich hatte ich vorhin den Mund zu voll genommen und die Zeit meiner feuchten Träume war noch längst nicht vorbei. Ich benötigte unbedingt eine kalte Dusche. Als ich im Badezimmer stand und mich wieder etwas runter reguliert hatte, betrachtete ich mein müdes Gesicht im Spiegel. Auch wenn wir vorhin wieder miteinander lachen konnten, ging mir der heutige Abend nicht aus dem Kopf. Mein Freund hatte recht, ich müsste mit Mimi über unsere Vergangenheit sprechen. Doch auch ich hatte Angst davor, dass alte Wunden aufreißen und ich erneut die Kontrolle verlieren könnte. Denn ich würde niemals vergessen können, wie sehr der Verrat eines Freundes schmerzte. Jedes Jahr dachte ich daran. Ich dachte daran wie es wäre ein Vater zu sein, ein Kind zu haben, ein gemeinsames Leben zu führen mit der Frau die ich liebe. Doch alles was letztlich übrig geblieben ist, war ein kleines Papierschiffchen mit einer Kerze darauf und dem Gedenken an ein Sternenkind. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)