Chasing Demons von yezz ================================================================================ Kapitel 5: Of Pride and Weakness -------------------------------- Byakuya hing kraftlos an seinem Hausverwalter, Eishirō, und versuchte nicht zu schreien. All diese Mühe. Und das nur für eine so abgründig demütigende Körperfunktion. Er wollte sterben. Nein, er wollte jemanden töten. Dieses Wiesel Gin Ichimaru zerquetschen und dieses giftspuckende Shinsō in tausende Splitter zerschlagen. „Euer… Reiatsu, mein Herr“, keuchte Eishirō. Nun war Byakuya noch verlegener als zuvor. Er nahm einen tiefen Atemzug, beruhigte seine Atemzüge und übernahm wieder die Kontrolle über sich. Zumindest gab der Schwall spiritueller Energie Byakuya die körperliche Kraft, sich zu säubern, während Eishirō einen Moment brauchte, um seine zitternden Muskeln zu beruhigen und wieder zu Atem zu kommen. „Bitte entschuldige“, sagte der Schwarzhaarige, während der Hausverwalter ihm zurück ins Bett half. Dieser schien jedoch unbeeindruckt, als er Byakuya half, aufrecht zu sitzen und die Decken um dessen Schoß legte. „Denken sie nicht darüber nach. Es ist nicht überraschend, dass Schwäche einen Mann wie sie frustriert, mein Herr.“ Er trat einen Schritt zurück und lächelte Byakuya an, danach verbeugte er sich leicht. „Wenn überhaupt bringen solche Gelegenheiten schöne Erinnerungen an ihre Jugend zurück, mein Herr.“ Byakuya schnaubte leise. Als wenn er noch so eine Rotzgöre war, dass ihm eine solche Demonstration seiner Macht über andere gefiel? Natürlich. „Soll ich Frau Kuchiki hereinlassen? Sie ist besorgt über ihr heutiges Wohlbefinden.“ „Natürlich“, sagte Byakuya, auch wenn er spürte, wie ihn die Kraft wieder verließ. Er lehnte den Kopf gegen das Kopfende des Bettes und wartete. Direkt über ihm konnte er die Gegenwart von Senbonzakura spüren. Seine Lieder füllten seinen Kopf, gaben ihm Kraft und Ruhe. Vertraue Renji, dass er den heiligen Ort des Zanpakutō völlig missachtet, um es näher zu bringen. Doch noch immer konnte Byakuya es nur schwer leugnen, dass es geholfen hatte. Seine Träume hatten sich geändert, seit das Zanpakutō bei ihm war. Sie bestanden nicht mehr aus Schmerz und zusammenhanglosen Gedanken. Stattdessen träumte Byakuya nun vom Senbonzakuras Erscheinung, einem mysteriösen Samurai in voller Kampfmontur inklusive Oni-Maske mit Fangzähnen. Sie sprachen nicht, blickten sich nur an und standen auf dem staubigen Schlachtfeld, auf dem sie gegen Ichigo Kurosaki gekämpft hatten. In dem Traum kniete sich Senbonzakura, um seine Maske vom Boden aufzuheben. Im Ärger hatte es Senbonzakura kraftvoll zur Seite geworfen. Das Gefühl, dass sie wie ein Bumerang zurückkam, um anzugreifen, weckte ihn mit einem kleinen Schock. Das Schwert schob ihre Niederlage offensichtlich auf Ichigos Hollow. Byakuya war sich nicht sicher. Er berührte den Punkt über seinem Herzen, an dem Zabimarus Fangzahn ihn scheinbar durchbohrt hatte. Byakuya hatte sein Herz in diesem Kampf verloren. Sein unerschütterlicher Fokus und Bestimmtheit hatten bereits angefangen zu bröckeln, als er Renji gegenüber getreten war. Renjis Leidenschaft Rukia zu retten, seine Vorstellung, dass Familie wichtiger war, als das Gesetz, hatte sich bereits seinen Weg unter Byakuyas Verteidigung gegraben. Nachdem er Renji besiegt hatte, war Byakuya nicht gewillt gewesen, ihm den Todesstoß zu versetzen… Seine Entschlossenheit war bereits geschwächt. Ichigos Beharrlichkeit hatte ihm dann den Rest gegeben. Byakuya war sich nicht sicher, ob er ohne den ersten Kampf den zweiten verloren hätte. Über ihn machte Senbonzakura ein widersprechendes, schon fast schmollendes, Geräusch. Es war offensichtlich, dass dem Zanpakutō die Idee nicht gefiel, dass seinem Träger der Wille zum Töten fehlte. "Was hättest du gewollt, was wir tun?“, fragte er Senbonzakura. „Wenn wir den Kampf gewonnen hätten, hätten wir noch so vieles mehr verloren.“ Nur Sekunden später blickte Rukia vorsichtig um die Ecke zum Schlafzimmer. Ihre großen, violetten Augen glänzten mit einer Mischung aus Hoffnung und Sorge. Ihr Lächeln war scheu. Er winkte sie herein. Es machte Byakuya traurig, wie ängstlich sie immer noch in seiner Gegenwart war. Doch auch wenn er ihr Leben gerettet hatte, hatte er sich noch nicht ihr vollkommenes Vertrauen verdient. Sie hatte keinen Grund, eine bessere Behandlung zu erwarten, als sie bisher erhalten hatte. Denn immerhin hatte sie nicht aufgehört, wie Hisana auszusehen. Der einzige Unterschied war, dass sie nun auch die Geschichte kannte, die er ihr von Beginn an hätte erzählen müssen. Sie kniete sich auf den Boden und nahm seine Hand. „Wie fühlst du dich heute Morgen, Bruder?“ „Wach“, sagte er. „Was beeindruckend ist, da ich noch keinen Tee hatte.“ „Oh! Soll ich nach einem Diener klingeln?“, sie sah aus, als wolle sie aufspringen, doch Byakuya drückte ihre Hand leicht. „Nein. Ich bin mir sicher, dass das Frühstück bereits auf dem Weg ist“, sagte er. „Das Personal stopft Essen und Getränke seit der Sekunde meines Erwachens in mich hinein.“ Sie schien endlich zu merken, dass er Schroffheit nicht vollkommen ernst gemeint war und schimpfte leicht mit ihm. „Du solltest essen, wenn du kannst. Wie willst du sonst wieder gesund werden?“ Er grunzte. „Mit schierer Willenskraft?“ Sie lächelte über seine Grantigkeit. Es war schwierig, in diesem zärtlichen Blick nicht Hisana zu sehen, doch Byakuya versuchte sich auf die kleinen Unterschiede zu fokussieren. Da gab es nicht viel, vielleicht das etwas spitzere Kinn oder die dickeren Wimpern. Normalerweise fühlte er sich gezwungen, wegzuschauen. „Du siehst ihr so ähnlich. Manchmal tut das weh“, sagte er stattdessen. Rukia zuckte ein bisschen wegen seiner Ehrlichkeit zusammen und ließ ihren Blick zu Boden gleiten. „Du hast sie sehr geliebt.“ „Das habe ich“, sagte Byakuya. „Mit meinem ganzen Herzen.“ „Erzählst du mir von ihr? Wie habt ihr euch kennengelernt?“ Das Dienstmädchen kam mit dem Frühstück herein. Byakuya konnte den starken, fast käsigen Geruck von Natto unter den Abdeckhauben riechen. Als er geduldig darauf wartete, dass das Mädchen den Tee ausschenkte, bedeutete er Rukia, ihm auf dem Bett Gesellschaft zu leisten. Rukia schien über eine solch informeller Einladung überrascht zu sein, doch wenn sie darüber reden würden, sollte sie nicht so lange auf dem Boden knien. Er wusste, dass Rukia immer noch nicht so lange aushalten konnte, auch wenn sie über die Jahre viel besser darin geworden war, im Seiza zu sitzen. Sobald das Mädchen den Raum verlassen hatte, ließ Byakuya Rukia das Essen unter den beiden aufteilen. „Wir haben uns getroffen, bevor ich auf die Akademie gegangen bin“, sagte Byakuya und nippte an seinem Tee. Der nächste Teil der Geschichte war etwas… taktlos. Er musste es ihr irgendwie erklären, ohne dass es so offensichtlich unehrenhaft war, daher begann er mit ein paar Hintergründen. „Du musst wissen, dass ich zu dieser Zeit gerade vor ein paar Monaten meine Eltern verloren habe und mein bester Freund als Verräter gebrandmarkt wurde und aus der Soul Society floh. Ich habe mich sehr einsam und beraubt gefühlt. Ich hatte gerade das Genpuku, das Fest zur Volljährigkeit, hinter mir und war mir meiner Berechtigung nur allzu bewusst, die damit einhergingen, das Oberhaupt einer mächtigen Familie zu sein. Deine Schwester war ein verzweifeltes und armes Mädchen aus Inuzuri mit nur wenigen Möglichkeiten. Sie arbeitete als Orian.“ Byakuya wartete, ob Rukia begriff, was er ihr damit sagen wollte. Rukias Augen wurden groß und bebten. „Du meinst, sie war eine…?“ „Bezahlte Begleitung“, sagte Byakuya, bevor sie etwas Unhöfliches sagen konnte. Aus Rukias Gesicht wich die Farbe, als fühlte sich Byakuya genötigt, etwas klarzustellen. „Ich habe niemals mehr als ihre Gesellschaft erworben. Es begann als eine falsche, materielle Beziehung, doch mit der Zeit habe ich sie sehr lieb gewonnen. Als ich herausfand, dass sie recht ähnlich für mich fühlte, habe ich ihr ein Haus in der Nähe der Akademie errichtet. Ich habe sie aus ihrem Vertrag gekauft und sie wurde zu meiner Dame.“ Byakuya hielt inne um zu schauen, ob Rukia irgendetwas dazu zu sagen hatte. Es hörte sich viel erbärmlicher an, wenn es ausgesprochen wurde, als es tatsächlich war. Rukia schien etwas blass zu sein und sie hielt ihr Atem etwas an, als wollte sie ihr Urteil zurückhalten, bis sie die ganze Geschichte gehört hatte. Er blickte aus dem Fenster, während er sich an die Zeiten erinnerte. Es waren einige der besten Tage seinen Lebens gewesen, wenn auch gleichzeitig die turbulentesten. „Natürlich war ich seit meiner Geburt mit jemand anderem verlobt. Eine gutsituierte Frau, kein Mitglied der großen ersten Adelshäuser, aber mit Verbindungen, die sie zu einem mächtigen Verbündeten gemacht hätte. Meine Familie hatte mir erlaubt, Hisana zu behalten, wenn ich wie vorgeschrieben, die andere Frau geheiratet hätte, doch ich habe abgelehnt. Da ich mich Hals über Kopf in Hisana verliebt hatte, konnte ich den Gedanken an einer Hochzeit ohne Liebe nicht ertragen. Es gab Tausende Streitereien über den Winter und ich hätte beinahe unter dem Druck und der Tradition aufgegeben. Doch ich konnte Tante Masa überzeugen, für mich Partei zu ergreifen. Ich sagte ihr, dass ich entschlossen war, niemals bei der anderen Frau zu liegen und ich der Meinung bin, dass Kinder, die in Liebe empfangen wurden, stärkere und loyalere Erben seien. Tante Masa hatte immer eine Schwäche für Babies und ich habe ihr mit Freuden eine Schar an Nichten und Neffen versprochen, die sie anhimmeln konnte. Danach hatte sie schnell ihre Einflüsse geltend gemacht und mir war es erlaubt, trotz weiterer Widerstände, Hisana zu meiner offiziellen Frau zu machen.“ Rukia hatte ihre Teeschale fest umschlossen. Sie schien nun vollkommen an seinen Lippen zu hängen. „Aber… ihr hattet niemals Kinder, oder? Wie lange wart ihr verheiratet, bis Hisana krank wurde?“ „6 Jahre. Jede Menge Zeit für Kinder, doch keiner von uns hatte realisiert, dass uns auch in dieser Hinsicht ihre Vergangenheit verfolgte. Eine vorherige, abgebrochene Schwangerschaft ließ meine Frau unfruchtbar werden“, Byakuya nippte wieder an seinem Tee. Hisana war so beschämt gewesen, als sie herausgefunden hatten, was der Grund war. Er hatte ihr niemals die Schuld gegeben. Er hatte sogar seine Familie belogen, gesagt, dass es an ihm lag. Er hatte sie in dem Glauben gelassen, dass er in dieser Hinsicht unzulänglich war. Sie hatten ihm niemals wirklich geglaubt, denn sonst hätten sie ihm als Familienoberhaupt entfernt, doch wenn sie die Wahrheit gewusst hätten, hätten sie die Annullierung der Ehe verlangt. Dies war ein weiterer Nagel in Hisanas Sarg gewesen. Hätten sie Kinder gehabt, wären die Herzen ihr gegenüber geschmolzen oder zumindest gewärmt worden. Doch so wie es gewesen war, war sie als nutzlos angesehen worden. Noch nicht einmal in der Lage, die einfachste Aufgabe einer Ehefrau zu vollführen. Es half nicht, dass sie neben alledem weiterhin davon besessen war, Rukia zu finden. Hisanas ständiges Verschwinden nach Rukongai ließ die Gerüchteküche auf Hochtouren laufen, dass sie nicht in der Lage wäre eine frühere Liebschaft zu vergessen und würde Byakuya bei jeder Gelegenheit hintergehen. Doch ihre Liebe hatte all das ertragen. Byakuya hatte wirklich geglaubt, dass nichts zwischen ihnen kommen könnte. Und das stimmte auch. Außer der Tod. „Es tut mir so leid“, sagte Rukia endlich. „Das brauch es dir nicht“, versicherte er ihr. „Ich bereue keinen Augenblick davon. Kinder wären ein Segen gewesen, doch Hisanas Liebe war die größte Freude meines Lebens. Wenn mir etwas leid tut, dann dass ich sie nicht früher geheiratet habe.“ „Ich wünschte, ich hätte sie kennenlernen können“, sagte Rukia sehnsüchtig. Byakuya nahm einen Bissen von den Sojabohnen. „Das tue ich auch. Sie hatte einen verrückten, verwegenen Sinn für Humor, der mich immer überrascht hat. Sie war sehr belesen und hatte eine Vorliebe für Kabuki, also haben wir viele Auftritte besucht. Tatsächlich waren wir sogar sehr aktiv in dieser Szene und hatten zu vielen Schauspielern und Artisten Kontakt“, Byakuya lachte über diese Erinnerung ein wenig. „Die Kuchikis wurden innerhalb kürzester Zeit berühmte Förderer der Künste, kannst du das glauben? Es ist immer etwas auf dem Anwesen passiert. Sie hatte diesen riesigen, leeren Ort mit so viel Gelächter und Energie gefüllt. Ich war immer stolz, sie an meiner Seite zu haben. Sie war genauso charmant wie wunderschön.“ Rukia lächelte nun. „Ich… liebe es, mir vorzustellen, dass du der Akteur in der Partyszene warst. Doch es ist schwierig, es sich auszumalen.“ Byakuya stimmte zu. „Es war eine andere Zeit. Sie hat mich zu einem besseren Mann gemacht.“ Rukia schob einige Sojabohnen auf dem Teller vor sich her. „Glaubst du, dass du noch einmal heiraten wirst?“ „Nun klingst du wie Tante Masa“, sagte Byakuya mit einem spöttischen Schnauben und leichtem Augenrollen. Rukia guckte darauf erschrocken. Dann schüttelte sie den Kopf, um den Gedanken zu verbannen und nahm gedankenverloren einen Schluck Tee. „Ich möchte dich nur wieder glücklich sehen.“ Byakuya schüttelte den Kopf. „Ich kann vielleicht wieder lieben, aber niemals wieder in dieser Weise.“ Rukia blickte ihn eine ganze Weile an. Er konnte die Frage in ihren Augen lesen. Was ist mit Renji? Wie konnte Byakuya erklären, dass alleine die Anmerkung, dass er vielleicht wieder lieben kann, ein großer Schritt für ihn war? Er legte seine Stäbchen in die Halterung. „Ich befürchte, dass all das Reden mich erschöpft hat.“ Sie bemerkte den Hinweis und stand vom Bett auf, um sich zu verabschieden. An der Tür hielt sie noch einmal inne. „Danke, dass du mir all das über meine Schwester erzählt hast, Bruder. Ich weiß, dass es hart für dich ist.“ „Das ist es, aber es erinnert mich auch an die guten Tage, die wir gemeinsam hatten.“ Sie verbeugte sich, als sie ihn verließ. Byakuya schlief danach eine Weile, träumte von Theateraufführungen und Hallen getränkt in Musik. Er träumte von warmen Lippen, sanften Händen und den weichen Kurven, die er so geliebt hatte. Hisana veränderte sich auch in seinen Träumen. Sie war glücklicher, nicht so bedrückt und von Kummer zerfressen. Das machte es hart, aufzuwachen und sich ohne sie wiederzufinden. Alleine. Doch als er seine Räumlichkeiten genauer betrachtete, bemerkte er, dass es nicht wahr war. Er war keineswegs alleine. Renji saß auf einer Bank unter dem Fenster und klang, als würde er schlafen. Sein Kopf war nach hinten gegen die Fensterbank gelehnt und sein Mund war leicht geöffnet. Er schnarchte laut und sein Körper war ausgebreitet. Er sah mehr nach einem vollkommenen Trampel von einem Schläger aus. In diesem Moment war es für Byakuya absolut unfassbar, dass er solch einen Pavian in irgendeiner Weise attraktiv fand. Außer, dass Byakuya seine Augen nicht von den sichtbaren Tattoos an Renjis Nacken lassen konnte oder anhimmelte, wie sich die breite, muskulöse Brust hob und senkte, bei jedem schnaubenden Atemzug. Augen glitten über eine schlanke, trainierte Taille zu diesen unglaublich langen Beinen. Renji war nicht so viel größer als Byakuya, vielleicht 8 Zentimeter, doch manchmal schienen sie so riesig. Und dann das Sonnenlicht auf seinen Haaren, ließ sie fast wie Feuer leuchten… Zauberhaft. Byakuya könnte ihn den ganzen Tag anschauen. Doch leider musste Renji wohl den Blick von Byakuya auf sich gespürt haben, denn er regte sich etwas. „Kommandant?“ Stets sein Kommandant. Es freute Byakuya immer, dass Renji ihn so nannte. „Du hast geschnarcht.“ Renji streckte sich, ließ seine Schultern kreisen und seinen Nacken knacksen. „Ich muss eingeschlafen sein. Hätte ich gewusst, dass das passiert, wäre ich zu ihnen ins Bett gekrabbelt.“ Byakuya nickte, war genauso enttäuscht wie sein gegenüber. Es war eine seltsame, neue Angewohnheit von ihnen, doch Byakuya fand sie überraschend angenehm. Er war vielleicht ein Deckenklauer, doch Renji Abarai war Liebkoser erster Klasse. Renji stand auf und setzte sich auf die Ecke des Bettes. „Der 3. Offizier hat alles mit Sasakibe geregelt. Er wird am Nachmittag hier sein.“ „Und der 3. Offizier kann mir das weswegen nicht selbst sagen?“ Renji küsste ihn leicht auf die Lippen und grinste breit. „Weil er ein Feigling ist“, der Rothaarige setzte sich zurück. „Er hat Angst, einen Fuß ins Anwesen zu setzen, hat Angst, sich zu verlaufen, vermute ich. Oder sich nicht tief genug vor deinem Hausverwalter zu verbeugen.“ Nicht so wie du, dachte Byakuya anerkennend. So kühn, wie du in letzter Zeit bei jeder Gelegenheit Küsse stiehlst. Stattdessen hob er nur eine Augenbraue und sagte trocken: „Durchaus.“ Renji gähnte und kratzte sich den Bauch. „Rukia schaut mich schon den ganzen Morgen böse an. Hast du ihr irgendetwas über… ähm, ‚uns‘ gesagt?“ „Ganz sicher nicht“, sagte Byakuya. Renji sah sofort bei der schnellen Antwort Byakuyas unbehaglich aus. Byakuya verengte seine Augen missbilligend. „Hast du?“ „Uh, nun ja…“ Niemals ein guter Start mit Renji. „Ich bin nicht wirklich ein Meister der Subtilität, ja?“, gab Renji zu, wurde schnell wieder angriffslustig. „Aber weißt du, es liegt nicht nur an mir, dass sie es herausgefunden hat. Sie hat bemerkt, dass du mein Oberteil behalten hast.“ Byakuya hatte immer noch Renjis Kosode unter seinem Kissen. Es störte ihn, dass er zugeben musste, wie sehr es ihn tröstete, Renjis Geruch bei sich im Bett zu haben. Es war, als würden sich Renjis animalische Eigenschaften bei ihm abnutzen. Er ist sogar einmal aufgewacht, wie er die Kosode in sein Gesicht gepresst hat, fast wie einen Teddybär. Byakuya seufzte. „Es ist in Ordnung. Rukia sollte es wissen. Sie ist uns beiden wichtig.“ „Oh“, Renji schien überrascht und lehnte sich ein wenig zurück. Dann, wie bei einem Kind, dass plötzlich etwas erlaubt bekam, von dem es glaubte, es sei verboten, fragte er „Wirklich?“ Byakuya biss die Zähne aufeinander. Warum hatte das Schicksal veranlasst, dass er sich so einem schwärmenden Idioten hingezogen fühlte? „Ja, Renji. Wirklich. Wenn es so weitergehen soll, können wir es wohl kaum von deiner besten Freundin und meiner Schwester geheim halten.“ Nun sah sein Lächeln wirklich dämlich aus. „Also… wird es ‚weitergehen‘?“ Könnte Renji noch herzergreifend hoffnungsvoller klingen? „Natürlich, du Idiot“, sagte Byakuya. „Glaubst du, ich würde dich mich sonst weiter küssen lassen?“ Es war nicht überraschend, dass Renji diesen Kommentar als Aufforderung sah, ihn ein weiteres Mal zu küssen. Byakuya musste zugeben, dass er sich langsam an diese… Zuneigung gewöhnte. Es war ihm jedoch noch immer nicht vollkommen angenehm. Die Intimität von Lippen an Lippen und Gesicht an Gesicht änderte ihre Dynamik ihrer Beziehung tiefgreifend. Es hatte sie zu Gleichgestellten gemacht. Renji musste Byakuyas Zögern gespürt haben, denn als er ihren Kuss unterbrach, blickte er finster. Natürlich ließen ihn diese lächerlichen Tattoos auf Augenbrauen und Stirn immer missmutig gucken. Doch sein Gesicht war ganz klar besorgt, als er sanft über die Seite von Byakuyas Gesicht strich. Schwielige Fingerspitzen gegen weiche Haut. Das Gefühl sendete Schauer Byakuyas Rücken hinunter. „Stimmt etwas nicht, Kommandant?“ „Nein“, sagte er ehrlich, denn zu hören, dass Renji ihn nach einem solch privaten, angreifbaren Moment ‚Kommandant‘ nannte, machte alles wieder gut. „Doch du solltest vielleicht gehen. Ich muss mich für den Vizekommandant der 1.Division fertig machen.“ Renji nickte ernst. „Richtig. Ich sollte dir da nicht im Weg stehen.“ „Kommst du zurück?“ Renji nickte. „Natürlich. Immer.“ Byakuya hatte sich von Eishirō in seine Uniform kleiden lassen. Es war ein langer und schmerzhafter Vorgang, doch er schaffte es, nicht aus Versehen seinen Hausverwalter oder sich dabei zu verletzen. Er bedauerte nur, dass er nicht in der Lage war, außerhalb des Bettes richtig zu sitzen. Das bedeutete, dass sie einen Stuhl für den Vizekommandanten hereinbringen mussten. Es ging einfach nicht, dass er die ganze Zeit über stand. Sasakibe war ein starker Mann. Seine weißen Haare und fast pupillenlosen Augen ließen ihn mehr nach einem Wolf, als einem Shinigami aussehen. Dennoch verbrachte er viel Zeit damit, harmlos und bescheiden zu wirken. Ein Wolf im Schafspelz vielleicht? Auch das Reiatsu, welches sich auf dem Niveau eines Kommandanten befand, verfestigte diesen Eindruck. Anstatt, dass sie beiden Höflichkeiten miteinander austauschten, ging Byakuya sofort zum Thema über. „Ich akzeptiere die Wiedereinstellung meines Vizekommandanten. Ich widerrufe mein offizielles Protestschreiben.“ Eine dünne Augenbraue hob sich, doch der Vizekommandant notierte pflichtbewusst. „Wir werden Abarais Beurlaubung aus gesundheitlichen Gründen aufheben.“ Byakuya nickte. „Ich werde die Bestrafung für seinen Ungehorsam und den Punkten bezüglich seines Ausbruchs aus dem Gewahrsam und Angriff der eigenen Truppen intern regeln.“ Der Vizekommandant machte seine Notizen, aber keinen weiteren Kommentar. „Wie dem auch sei. Ich frage mich, was der Generalkommandant plant, was die gestandenen Verbrechen meiner Schwester in der Welt der Lebenden angeht.“ Sasakibe blickte irritiert auf. „Rukia hat illegaler Weise ihre Kräfte an einen Menschen übergeben. Das ist immer noch ein Verbrechen, oder nicht?“ „Ich glaube, sie hat genug gelitten. Oder sind sie anderer Meinung?“ Byakuya konnte nur knapp widerstehen, mit den Augen zu rollen. „Das tue ich ebenso. Doch deine Meinung beantwortet nicht meine Frage, Vizekommandant. Sind die Anklagepunkte gegen sie fallen gelassen worden oder nur aufgeschoben?“ „Fallen gelassen“, sagte er bestimmt. „Die Verbrechen sind ganz klar Aizen zuzuschreiben.“ Byakuya runzelte die Stirn. Er bezweifelte dies in hohem Maße, schon alleine aufgrund der Existenz von Ichigo Kurosaki. Doch Byakuya würde da niemals drüber diskutieren. „Gut“, sagte er stattdessen. „Ich möchte nicht, dass dieser Vorfall ihre militärische Akte befleckt.“ „Verständlich“, sagte Sasakibe nickend und notierte weiterhin. „Und ich?“, fragte Byakuya. „Wird es Anklage wegen Behinderung der Justiz gegen mich oder andere involvierte Kommandanten geben?“ „Natürlich nicht“, sagte Sasakibe. „Soldaten ist es erlaubt, sich einem illegalen Befehl zu widersetzen. Alle Befehle von Central, die nach dem Moment angeordnet wurden, in dem sie und Vizekommandant Abarai in die Welt der Lebenden geschickt worden, sind nun als illegal klassifiziert worden.“ Schlau. Das ließ fast jeden sofort vom Haken. Außer vielleicht Kenpachi wegen seiner zufälligen Angriffe auf einige Kommandanten, doch es war immer noch Kenpachi. Es war sinnlos, ihn wegen kopfloser Angriffe zu belangen, immerhin war dies das Motto der kompletten Division. „Sehr gut“, sagte Byakuya. „Das wäre dann alles.“ Byakuya versuchte streng zu klingen, als er Renjis Verbrechen aufzählte und die Bestrafungen nannte. Renji jedoch sah richtig nervös aus. Der 3. Offizier hingegen war ein angemessen ernster Zeuge. „… 6 Monate Gehaltskürzung“, fuhr Byakuya fort. Er war nicht überrascht, zu sehen, dass Renji zusammenzuckte. Es war eine der Dinge, in denen sich Byakuya sicher war, dass dies Renji tatsächlich ein wenig wehtat. „Zudem 2 Monate Doppelschicht, nachdem er 21 Tage unter Hausarrest gestellt wird.“ Es war auf dem Papier ziemlich streng. Niemand in der Division konnte darüber meckern. Tatsächlich bemerkte Byakuya, dass der 3. Offizier Renji mitleidig anschaute. Da die Sitzung damit beendet war, begannen sie, hinauszugehen. „Einen Moment noch, Vizekommandant“, sagte Byakuya in seinem eisigsten Ton. Renji zuckte ein wenig im Türrahmen zusammen, doch er drehte sich schnell auf dem Absatz um und nahm Haltung an. „Kommandant?“ „Hmmm, 3 Wochen Hausarrest“, Byakuya nickte ernst, als würde er etwas in Erwägung ziehen. „Doch ich habe nicht festgelegt in wo…“ Langsam sah man, wie Renji ein Licht aufging. „Wo? Uh…“ „Ja, Renji. Ich erwarte dich hier.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)