Ein Jahr von szymzickeonee-sama ================================================================================ März - dritte Woche ------------------- Wie ein kleines Kind freute sich Tenten über ihren Derby-Sieg. Nach dem Kyudo-Training hatten sie und Neji sich in sein Zimmer zurück gezogen, und nach der anfänglichen Unsicherheit, was denn jetzt nun von Freund und Freundin erwartet wurde, waren sie ohne Absprache einfach dazu übergegangen, so weiter zu machen wie bisher. Jetzt strahlte sie Neji an, den Controller hoch erhoben. »Gewonnen!« Neji lächelte, überhaupt nicht unglücklich darüber, dass er geschlagen worden war. Dieses leise Prickeln, dass seine haut in Tentens Nähe überzog, machte ihn schließlich aus einem sehr angenehmen Grund nervös. Und brachte ihn dazu, komische Sachen zu sagen. »Bekomme ich einen Trostpreis?«, fragte er eine Spur zu unschuldig und brachte sie damit zum erröten. Fast hätte er sich auf die Zunge gebissen. Er wollte sie doch nicht drängen! Dann aber stotterte sie ihre Antwort mit einer zauberhaften Unschuld, und es war um ihn geschehen. »W-was meinst du?« Neji beugte sich zu ihr und Tentens Herz machte einen Hüpfer, wie jedes Mal, wenn er ihr so nahe kam. Sie schloss die Augen und lehnte sich ihm entgegen, drückte ihre Lippen auf seine und seufzte leise, als er eine Hand in ihren Haaren vergrub. Seine Zunge schob sich in ihrem Mund und stupste ihre an. Ihre Finger strichen über die feinen Haare in seinem Nacken, als sie ihn näher zog. Vorsichtig drückte er sie nach hinten, eine Hand auf ihrem Rücken und ließ sich mit ihr zu Boden sinken. Im Liegen waren die Gefühle so viel überwältigender. Die kribbelnde Wärme, die sich von ihren Lippen aus ausbreitete, entflammte jetzt auch an jeder Stelle, die Neji berührte. Ihre Arme, ihre Taille – dann ballte er plötzlich die Hand zur Faust und stützte sie neben ihrem Kopf ab, löste dabei den Kuss. »Ten …«, hauchte er mit kratziger Stimme. Aus großen Augen sah sie ihn an. Hatte sie etwas falsch gemacht? Ihr Herz hämmerte wie ein Presslufthammer und sie hatte Probleme damit, den Schwindel in ihrem Kopf niederzukämpfen, weil sie nur gehetzt atmen konnte. Neji starrte auf ihre weichen, warmen, feuchten Lippen. Er musste sich zusammenreißen um seinen Mund nicht wieder auf ihren zu pressen, mehr von ihrem exquisiten Geschmack zu erkunden. »Habe ich was falsch gemacht?«, brachte sie flüsternd hervor. »Nein! Nein. Ich … Ich will nichts tun, was du nicht willst.« Sie errötete. »Ich vertraue dir«, hauchte sie. Aber ich vertraue mir nicht, wenn es um dich geht, dachte er bitter und unterdrückte ein gequältes Lächeln, während er sich vollständig von ihr löste. Tenten war irritiert. Wollte er etwa nicht-? Also, sie waren ja noch nicht so lange zusammen, aber sie musste zugeben, dass die Idee, der Gedanke allein, mit ihm- hui, schon wurde sie wieder krebsrot. Vielleicht wollte er nur Gentlemen sein, und ihr Zeit lassen. Und das machte ihn in ihren Augen nur noch perfekter. Sie lächelte ihn an und lehnte ihre Stirn gegen seine Schulter, genoss es, als er zögernd den Arm um sie legte und sie an sich zog. Mit einem donnernden Krachen fiel die Haustür ins Schloss. Temari und Kankuro, die beide in der Küche waren und sich Knabberkram für ihren Freitagabend besorgten, zuckten erschrocken zusammen, als nun auch die Küchentür gegen die Wand geschmissen wurde, und ihr jüngerer Bruder den Raum betrat. Beim Anblick seiner beiden Geschwister hielt er inne, einen unleserlichen Ausdruck auf dem Gesicht. »Wolltest du nicht ausgehen?«, fragte Kankuro, und versuchte die Neugier aus seinem Tonfall zu verbannen. Gaara sagte nichts, sondern fixierte seien Schwester, die ihrerseits mit erhobener Augenbraue begutachtete, was er in der Hand hielt. »Ein Kaktus?« Sie hätte schwören können, dass Gaara für einen Augenblick rot anlief, aber er hatte sich sofort wieder unter Kontrolle. »Hn«, machte er, setzte den Kaktus hart auf die Anrichte und floh dann aus dem Raum. Temari und Kankuro wechselten einen irritierten Blick. »Was zum Geier ist los mit ihm?« Schulterzuckend zog Kankuro den Kühlschrank auf und nahm sich eine Falsche Cola heraus. Temari reichte er den Eistee. »Vielleicht will er nicht, dass wir über sein geheimes Hobby Bescheid wissen – eine Kakteenfarm!« Prompt wieherten sie beide los. Ino räkelte sich lasziv auf den vielen Kissen, die Sai in seinem Malkeller für sie ausgebreitet hatte. Dieses Mal hatte sie erst gar keine Bikini dabei, sondern hatte sich ohne Umschweife nackt ausgezogen. »Mit der Beule in der Hose kannst du aber nicht vernünftig malen«, zog sie Sai verspielt auf, als er, vollkommen in ihre Betrachtung versunken, nach mehreren Minuten immer noch nicht angefangen hatte, etwas zu skizzieren. Sai räusperte sich und fing dann mit ernster Miene an, weswegen sie hier waren. Strich um Strich wuchs auf dem Blütenweißen, rauen Papier die schlanke Gestalt Inos auf den Kissen. Er widmete ihren Brüsten, ihrer Hüfte am meisten Zeit, wollte unbedingt den Schwung der Rundungen richtig hinbekommen, wollte seine Muse auf Papier einfangen. Als er schließlich zufrieden war, ließ er den Stift sinken und hörte auf, Ino mit dem Blick des Künstlers zu bedenken. Prompt wurde ihm seine Hose eng. Ein leises Kichern zeigte ihm, dass es auch ihr aufgefallen war. »Vielleicht solltest du mal eine Pause machen«, schlug sie schelmisch vor und legte ihren Zeigefinger gespielt nachdenklich an ihre Lippen. »Hm, was könnten wir tun, um dich zu entspannen?« Die Fingerspitze verschwand zwischen ihren Lippen und sie biss ganz sanft hinein. Sai hatte seine Hose noch nie schneller ausgezogen. Das Gelände des Hyuuga-Anwesens war wirklich riesig, das war Tenten bisher nicht in dem Maße klar geworden, wie es heute wurde. Weil die Nacht lau und war und die Sterne am Himmel hier abseits der Innenstadt nur so funkelten hatte Neji sie zu einem Spaziergang durch den Garten eingeladen. Hand in Hand hatten sie das große Hauptgebäude umrundet und waren dabei über zwei Brücken und durch drei Tore gegangen, die die Gärten miteinander verbanden und teilten. An einem der größeren Teiche (es gab fünf, wie Neji mit gewissem Stolz erzählte), blieben sie stehen und betrachteten im Schein der Lampions zwei silberne Kois, die unter dem Abbild der Sterne auf der Wasseroberfläche fangen zu spielen schienen. Nicht unweit von ihnen saß Hanabi mit einem kleinen Late-Night-Snack in Form eines Wassereises auf der Veranda, die einen Großteil des Hauses umschloss. Mit einem Mal wurde die Stille der Nacht von zwei zornigen Stimmen durchschnitten. Aller Köpfe ruckten zum Haus herum, denn obwohl keiner verstand, was gesagt wurde, waren die Stimmen klar erkennbar. »Ich hab Hinata noch nie so wütend gehört.« Hanabi wirkte ehrlich verdutzt und wandte sich suchend an ihren Cousin, der die Stirn runzelte. »Was meinst du, worüber die beiden streiten?« Neji zuckte langsam mit den Schultern. »Weder Hinata noch dein Vater sind gewöhnlich streitlustig, also muss es etwas Ernstes sein.« Leise schniefte Temari in ihre fünftes Papiertaschentuch. Dieser Film brachte sie aber auch jedes Mal zum Heulen! Aber er war so schön … Sie seufzte und wandte den Kopf zur Seite. Das Seufzen wiederholte sich, diesmal genervt. War der Mistkerl schon wieder eingeschlafen! Im Schneidersitz und mit verschränkten Armen saß Shikamaru neben ihr auf der kleinen Couch, den Kopf zurückgelehnt, den Mund leicht geöffnet und, wenn Temari nicht alles täuschte, am schnarchen. Zu seiner Verteidigung musste man sagen, dass er es vorher angekündigt hatte. Seine Mutter hatte ihn tagsüber nämlich dazu genötigt, ihr bei der Gartenarbeit zu helfen, und der Garten der Naras war schlicht riesig. Shikamaru war erschöpft und ausgelaugt bei Temari angekommen, nur eben frisch geduscht, damit er nach dem Tag mit harter Arbeit nicht stank wie ein Iltis. Liebevoll betrachtete Temari das Gesicht ihres Liebsten, und riss sich dann nur von ihm los, um den Fernseher auszuschalten und die Jalousie herunter zu ziehen. In der Ferne vernahm sie die Sirene eines Krankenwagens und die winzigen blau-roten Lichter. Was da wohl passiert war? Ganz vorsichtig stupste sie Shikamaru an, der Gott sei Dank vorausschauend genug gewesen war und schon einen Pyjama anhatte, und dirigierte den Schlaftrunkenen dann zum Bett. »Mir tut alles weh«, murrte er leise. »Ich hasse meine Mutter.« »Wenn du magst, kann ich dir noch ein bisschen den Rücken massieren.« Ihr Angebot wurde mit einem zufriedenen Grunzen quittiert, und Shikamaru entledigte sich mehr schlecht als recht und schließlich mit Temaris Hilfe seines Oberteils und ließ sich bäuchlings auf ihr Bett fallen. Mit einem bisschen Lotion zwischen den Fingern begann Temari mit zupfenden, kreisenden Bewegungen und arbeitete sich schließlich zu den verspannten Nackenmuskeln vor, die sie sanft durchknetete. Shikamaru schnurrte zufrieden. Er liebte dieses Mädchen. Sie lagen nebeneinander auf den Kissen, und Sai spielte geistesabwesend mit einer von Inos langen goldenen Haarsträhnen, betrachtete sie so eindringlich, als wollte er jeden Farbreflex auseinandernehmen. Mit einem wohligen Seufzen gähnte Ino und streckte sich. »Ich könnte was zu trinken vertragen.« »Sofort, mein Engel.« Sai schmunzelte, als er das glückliche Strahlen auf ihrem Gesicht sah, dass dort immer dann auftauchte, wenn er sie mit diesem Kosenamen bedachte. Natürlich tat er das nur, wenn sie alleine waren. Rasch zog er sich Boxershorts und Hose über, und Ino genoss den Anblick seines sehnigen Oberkörpers. »Vielleicht bringst du noch ein paar Extra-Eiswürfel mit«, schlug sie mit verruchter Stimme vor, und Sai hob amüsiert die Augenbraue. »Sie sind unersättlich, Miss«, neckte er sie, schon halb auf dem Weg zur Treppe. Dieses eigenartige, wundervolle Gefühl, dass er in letzter Zeit hatte, brachte ihn viel zu oft zum lächeln. Er konnte es nicht anders beschreiben als dass Ino ihm einfach gut tat. Und der Sex natürlich auch. Sie war sehr abenteuerlustig und experimentierfreudig, und bis jetzt hatte er an ihren Vorschlägen immer Gefallen gefunden. Sehr sogar. Beflügelt vor sich her summend suchte Sai zwei Gläser aus dem Schrank und öffnete dann den Kühlschrank, um dessen Inhalt zu inspizieren. Zeitgleich vernahm er, wie etwas Schweres gegen die Haustür wummerte, und daran kratzte. Schlagartig war seine gute Laune verschwunden. Wenn Danzo um diese Uhrzeit heim kam, bedeutete das, dass er aus der Bar heraus geschmissen worden war, weil er zu viel getrunken hatte. Und ein Rausschmiss wirkte sich sehr negativ auf seine Laune aus. Sai machte sich keine Gedanken darum, was sein Vater ihm dieses Mal entgegenschleudern würde – Worte oder Gegenstände – aber ihn ergriff die Panik beim Gedanken daran, dass Ino, von dem Lärm aufgeschreckt, den Danzo jetzt fabrizierte, nach oben kommen würde. »BUASCHE!«, grölte Danzo und torkelte durch den kurzen Flur Richtung Küche, als wüsste er instinktiv, wo Sai anzutreffen war. »Wo is main- wieso bissn du naggisch?« Die ausladende Bewegung seiner Hand brachte ihn kurzzeitig aus dem Gleichgewicht, aber Danzo fing sich wieder, und starrte mit trüben Augen und ärgerlich zusammengezogenen Augenbrauen den Jungen an, den er vor so vielen Jahren als seinen Sohn angenommen hatte. »Guten Abend«, grüßte Sai höflich, aber immer auf der Hut. Er wusste nie, was Danzo aufregen konnte, wenn er in diesem Zustand war. Der Betrunkene schien vergessen zu haben, dass er eine Frage gestellt hatte, und schwankte jetzt an Sai vorbei zu dem Schrank, in dem er seinen Vorrat verstaut hatte. »Wo is der W-W-Wokda?!«, blaffte er den Mülleimer an, als er das Gesuchte nicht zu finden vermochte. Blitzschnell drehte er sich um, schwankend, und wiederholte seine Frage, dieses Mal an Sai gerichtet. »Wo is mein Wodka, Bursche?!« »Ich weiß es nicht.« Sai zwang sich, ganz ruhig zu bleiben und betete dafür, dass Ino blieb wo sie war. Bis jetzt hörte es sich für sie hoffentlich nur nach einem volltrunkenen Vater an – nichts allzu ungewöhnliches, wenn es Sai gelang, ihr später klar zu machen, dass es etwas einmaliges war. Schwieriger würde es werden, wenn Danzo ihn erneut verletzte. Und im Grunde war es seine Schuld, dass Danzo jetzt so wütend wurde. Sai hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, den Spirituosen Schrank mindestens einmal die Woche zu kontrollieren und gegebenenfalls aufzufüllen. Aber in seiner Glückseligkeit mit Ino hatte er es diese Woche vergessen. Danzo stampfte wütend mit dem Fuß auf und packte die Lehne eines Stuhls, hob ihn hoch, ganz gewiss mit der Absicht, ihn auf Sai zu schleudern – als er plötzlich inne hielt. Ein dümmlicher Ausdruck trat auf sein Gesicht, und der Stuhl fiel polternd zu Boden, als er Danzos Händen entglitt. Sein linker Arm zitterte, und mit einem Röcheln packte er sich mit rechts an die Brust. Ohne, dass er ein weiteres Wort sagen konnte, sank er in sich zusammen und schlug rücklings auf dem Küchenfußboden auf. Sai rührte sich nicht, viel zu überrascht und geschockt von der plötzlichen Wendung. Er starrte den Mann an, den er Vater nannte, so lange er denken konnte. Den Mann, der seine Mutter bis zu ihrem Tod glücklich gemacht hatte, der ihn in seiner Malerei unterstützt hatte. Den Mann, dem in seinem alkoholischen Wahn so oft die Hand ausgerutscht war, der einen unerbittlichen Hass gegenüber Fremden entwickelt hatte. Er wusste nicht, was er tun sollte, sondern blieb einfach stehen, sah auf Danzo hinab und doch durch ihn hindurch. In seinem Kopf wirbelte es nur so vor guten wie auch schlechten und den schlimmsten Erinnerungen. Wenn er ihn einfach dort liegen ließ … aber was sollte er Ino erzählen? Was … was sollte er tun? Das Bild entsprang ungebeten seinen ältesten Erinnerungen: Danzo, der nach dem Tod von Sais Mutter an ihrem Krankenbett weinte, und Sai in den Arm zog, den kleinen Jungen, der noch gar nicht verstand, dass seine Mutter nicht wieder kommen würde - »INO!«, brüllte Sai, und stürzte nach vorn, kniete sich neben seinen Vater und presste die Hände auf seinen Brustkorb. Nur Sekunden später kam Ino außer Atem die Treppe hinauf, das Haar zerzaust und ihre Bluse in Windeseile schief zusammen geknöpft. »Ich habe Streit gehört-« »Ruf einen Krankenwagen!«, herrschte er sie an, und spürte gleichzeitig, wie seine Augen brannten. Rhythmisch drückte er seine Hände nieder, zehn mal, zwanzig mal, dann holte er tief Atem, überstreckte Danzos Kopf und blies ihm alle Luft in den schlaffen Körper. Er bekam nicht mehr mit, was Ino tat, verrichtete wie auf Autopilot seine Arbeit, dass, was ihm durch das Adrenalin von seinem Erstehilfekurs wieder einfiel. Irgendwann wurde er sanft von Danzo weg gezogen, und erst da bemerkte er die Sanitäter, das rote und blaue Licht, das abwechselnd durch die Fenster der Küche flackerte. Ino zog ihn in ihre Arme, die Augen rot und die Wangen nass. Er konnte immer noch nur seinen Vater anstarren, wie er dort auf dem Boden lag, wo jetzt die Sanitäter das versuchten, was Sai in seinem Innern schon als sinnlos zu beschreiben wusste. Danzo Shimura war tot. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)