Ein Jahr von szymzickeonee-sama ================================================================================ Dezember - fünfte Woche (Teil 3) -------------------------------- 30. Dezember, 10:24, Mädchenwohnheim Tenten räkelte sich gelangweilt auf ihrem Bett. Nach einem ausgiebigen Frühstück mit einigen der gleichaltrigen Mädchen, darunter ihre Zimmernachbarin Tayuya, hatte sie sich zurück auf ihr Zimmer verzogen, in der Hoffnung, irgendetwas Produktives zu tun. Nur fiel ihr nichts ein. Sie könnte noch weitere Bewerbungen für einen Studienplatz abschicken – abgesehen von ihrem Dolmetscher-Wunsch hatte sie sich auch für einen Studiengang als Fitnesstrainerin und Ernährungscoach beworben. Darauf gebracht hatte sie Lee, der ebenfalls Interesse an diesem Gebiet hatte, und mit dem sie seit dem zufälligen Zusammentreffen hin und wieder schrieb. Vom Rücken auf den Bauch rollend angelte Tenten nach ihrem Handy und tippte eine rasche Nachricht. Mit zusammengezogenen Augenbrauen wartete sie auf die Antwort. Tenten: Sag mal, was hast du eigentlich nach der Schule vor? Seltsam. Sie sah doch genau, dass Neji die Nachricht bekommen hatte, aber er schrieb nicht zurück. Bestimmt war er beschäftigt. Tenten seufzte tief. Wenn doch nur schon morgen wäre. Aber heute hatte sie einfach nichts zu tun. Sie schmiss ihr Handy in das Kopfkissen und raffte sich auf, um ihre vom vor-frühstücklichen Duschen noch feuchten Haare rasch durchzukämmen. Wie eine Erlösung ertönte plötzlich das gedämpfte Brummen ihres Handys, und mit einem Lächeln legte sie die Bürste weg. Aber es war nicht Neji, der ihr geschrieben hatte. [Unbekannte Nummer]: Hey, Tenten, hier ist Amaya – Ich bin grade in der Stadt, hast du Lust dich auf einen Kaffee zu treffen? Tentens Herz, das erst enttäuscht geziept hatte, hüpfte nun vor Freude auf. Tenten: Sicher, gib mir 20 Minuten. Wo wollen wir uns treffen? Amaya: Beim Lá-Tee? Setze mich nach drinnen, komm dann einfach rein, ich halte uns 'nen Platz frei. Tenten: Alles klar, bis gleich! :) Das hippe kleine Café, welches Amaya vorgeschlagen hatte, war fast randvoll mit jungen Menschen besetzt. Tenten sah sich unsicher um, erkannten ein paar Gesichter aus der Schule und nickte freundlich, grüßte, und schob sich dann zu dem Tisch am Fenster durch, den Amaya besetzte. Das dunkelhaarige Mädchen winkte mit einem strahlenden Grinsen, und Tenten ließ sich entspannt in das Polster der Sitzbank gegenüber sinken. »Hey, schön dich zu sehen. Wie waren deine Ferien bisher?« »Och, ging so«, winkte Amaya ab. »Meine Eltern fahren mit mir über die Feiertage immer zum Ski-fahren. War ganz nett, aber ich konnte noch nicht mal auf den Weihnachtsball gehen.« Sie war immer noch verstimmt, weil Kaoru ihr gesteckt hatte, dass Tenten mit Neji hingegangen war – und fast die Hälfte des Abends mit ihm getanzt hatte. Aber das durfte sie das Mädchen ja nicht spüren lassen. Also setzte sie hinterher: »Und, was hast du Schönes gemacht?« Tenten lächelte unverbindlich. »Der Ball war ganz gut, aber meins sind solche Veranstaltungen glaube ich nicht. Weihnachten habe ich im Heim verbracht, wie die meisten dort. Unsere Heimleiterin hat für Programm gesorgt.« »Aha«, machte Amaya gedehnt, abgelenkt durch den Kellner, der jetzt an ihren Tisch herantrat. »Guten Tag. Haben Sie schon gewählt?« »Hmhm«, stimmte Amaya zu, »Ich nehme einen Latte Macchiato. Und du, Tenten?« »Uhm- einen grünen Tee, wenn sie haben?« »Aber sicher. Kommt sofort.« Und damit war der Kellner schon zum nächsten Tisch gehuscht. »Hier ist aber ganz schön viel los«, murmelte Tenten leise. Amaya musterte ihre Gesprächspartnerin. »Trinkst du keinen Kaffee?« »Hm? Nein, eigentlich nicht. Grüner Tee schmeckt mir besser. Mittlerweile trinke ich den sogar ziemlich oft. Bei den Hyuugas scheint es nichts anderes zu geben«, lachte sie, und verpasste so das Zucken von Amayas Augenlid. Die Art, wie Tenten 'bei den Hyuugas' sagte… Sie war also oft da. So ein Mist. »Und was planst du so für den Rest der Ferien?«, fragte Amaya unschuldig. »Oh, hm, Silvester feiern wir alle zusammen bei Neji und Hinata. Danach steht eigentlich nichts besonderes an…« »Achso- Schade. Ich hätte dich auch gerne zu meiner Silvesterfeier eingeladen, aber damit bin ich wohl etwas zu spät, was?« Tenten errötete vor Freude. Amaya hatte sie einladen wollen? Es fühlte sich einfach schön an, gemocht zu werden. »Tut mir Leid- aber danke für das Angebot.« Innerlich grübelte Amaya. Konnte sie es wagen, Tenten jetzt schon auf Neji anzusprechen? Speziell auf das Thema Beziehungen? »Sag mal…«, setzte sie gespielt zögerlich an, wurde aber vom Kellner unterbrochen, der die bestellten Heißgetränke vor ihnen abstellte. Also, prompt war der Service ja. Nachdem beides bezahlt war (getrennt wohlgemerkt), rührte Amaya taktisch verzögernd in ihrem Latte Macchiato herum. Tenten nippte an ihrem Tee und ihr Blick huschte zu Amaya, die nachdenklich wirkte. »Was wolltest du sagen?«, fragte sie leise und schüchtern. Amaya tat verlegen und sah auf den Tisch. Was hatte Kaoru noch gesagt? Tenten bei der Frage nicht ansehen, und ihr nur einen kurzen Blick zuwerfen, um die Reaktion abzuchecken. »… Hat… hat Neji eine feste Freundin?« Unweigerlich wurde Tenten rot und starrte Amaya mit großen Augen an. »Uhm… nein«, sagte sie dann zögerlich. »Oh. Gut.« Danach war es eine Weile still, bis Amaya ihr Spiel erneut abzog, den Tisch ansah und hastig sagte (sie kam sich so albern dabei vor): »Und… hat er an jemandem Interesse?« »N-Nicht, dass ich wüsste«, erwiderte Tenten und nahm einen weiteren Schluck von ihrem Tee. Oh du meine Güte. Das hörte sich ja fast so an, als ob Amaya Interesse hatte. Was Neji wohl dazu sagen würde? Ungeschickt, wie Tenten in sozialer Kommunikation nun mal war, schwieg sie und vermied Amayas Blick. Über Jungs reden… Definitiv nicht ihr Thema. Mit Hinata, die ja noch schüchterner war – kein Problem. Oder vielleicht war auch Naruto einfach 'kein Problem'? Wo war der Unterschied zu Neji? Richtig. Er war nicht ihr bester Freund. Wenn Neji allerdings irgendwann eine feste Freundin haben würde… wäre sie dann abgeschrieben? Das musste es sein, was Tenten innerlich aufwühlte, ganz klar. Aber deswegen hatte sich ja nicht das Recht, irgendwas zu sabotieren, oder? Naja, aber fördern musste man ja auch nichts… Amaya runzelte genervt die Stirn. Aus der war aber auch echt nichts rauszukriegen, was? Nun gut, die Reaktion ließ zumindest darauf hoffen, dass Tenten nicht selber Interesse hatte. Soviel dazu. Geschickt, aber vollkommen durchschaubar (wie auch sonst?), wechselte Amaya das Thema und fing an, Tenten über das Bogenschießen auszufragen. Die meiste Zeit heuchelte sie Interesse, und versuchte mehrmals, ob Tenten auch auf ihr geläufigere Themen wie Mode und Kosmetik ansprach. Leider hatte sie da Pech, und somit war das Treffen insgesamt für Amaya sehr unbefriedigend ausgefallen. Sie hatte sich wirklich anstrengen müssen, sich mit Tenten zu unterhalten, obwohl das andere Mädchen durchaus als nett und aufgeweckt zu beschreiben war. Aber sie hatten einfach keine gemeinsamen Vorlieben. Nun gut, das musste ja auch nicht sein. Allerdings war Amaya ziemlich froh, sich nach etwa einer Stunde endlich verabschieden zu können. Hoffentlich hatte sie einen guten Eindruck bei Tenten hinterlassen, und diese würde Neji auf geeignete Weise (oder auch erst mal gar nicht), über Amayas Interesse informieren. Sie umarmte Tenten zum Abschied, und das andere Mädchen erwiderte die Geste linkisch. Dabei stieg Tenten ein bekannter Geruch in die Nase. »Hey, ist das nicht-?« »Das Granatapfel-Shampoo? Doch. Ich muss gestehen, ich fand den Duft so toll, da habe ich es dir nachgemacht. Sorry.« Tenten war erneut vor Freude errötet. Ihre neue Freundin mochte ihren Geschmack. Noch ein Ego-Boost. »Ach, das macht doch nichts. Freut mich, dass es dir so gut gefallen hat.« Amaya lächelte zuckersüß und verabschiedete sich dieses Mal endgültig. Kaum hatte sie Tenten den Rücken zugedreht, rollte sie mit den Augen. Die war aber auch naiv. Und nett, ja. Aber trotzdem musste sie sie irgendwie und irgendwann loswerden. Naja, gleich erst mal mit Kaoru über das Treffen reden. Ihre blonde Freundin hatte am Nachbartisch gesessen und so getan, als hätte sie gelesen – es war schon praktisch, Unterstützung zu haben. Innerlich fluchte Neji wie ein Rohrspatz. Er kam und kam einfach nicht zur Ruhe. Und er wusste genau warum. In einem verzweifelten Versuch sich zu konzentrieren verbannte er wieder einmal alle Gedanken an schokoladenbraune Augen und weiche Lippen aus seinem Kopf. Mit mäßigem Erfolg. Der Pfeil, den er eingelegt hatte, zischte zwar vollkommen kontrolliert von der Sehne, verfehlte die Zielscheibe aber um fast einen Meter. Was zum Teufel war nur los mit ihm?! Immer wieder schweiften seine Gedanken zu Tenten. Einen Pfeil nach dem anderen versenkte er neben der Zielscheibe. Frustriert bis zum geht-nicht-mehr stapfte Neji den Trampelpfad bis zu den Zielscheiben entlang und rupfte die Pfeile aus der mit leichtem Schnee bedeckten Böschung. Zurück auf seinem Platz ließ er die Pfeile klappernd in den Köcher gleiten, nahm dann einen wieder heraus und legte erneut an. Tief ein- und ausatmen. Seine innere Mitte finden, sich ins Gleichgewicht bringen. Nicht an nassen, roten Stoff in unzureichender Menge denken. Der Pfeil entglitt ihm und surrte durch die Luft, fand sein Ziel im zweiten Ring von außen. Nur nicht in der angepeilten Zielscheibe. Neji war kurz davor, einen Wutschrei auszustoßen, als ihn die ruhige Stimme seines Onkels heftig zusammenfahren ließ. »Du wirkst etwas angespannt, Neji.« Kühle, helle Augen musterten den Jungen, der seine rechte Hand zur Faust ballte und still blieb. »Wobei das wohl noch untertrieben ist«, murmelte Hiashi leise, und trat näher. »Was liegt dir auf dem Herzen?« Neji zog es vor zu schweigen. Hiashi seufzte tonlos, weil sein Neffe ihn noch nicht einmal ansah. »Wenn du nicht mit mir reden möchtest, dann solltest du vielleicht Tenten her bitten?« Neji zog scharf die Luft ein, hätte aber ansonsten in diesem Moment eine Salzstatue sein können, und Hiashi hob milde überrascht eine Augenbraue. Voll ins Wespennest getroffen, was? Woher wusste sein Onkel das? War es so offensichtlich?! »Habt ihr… euch gestritten?« Die Hand um den Bogen wurde weiß, als Neji fester zudrückte. »Nein«, knirschte er. Das wäre seine geringste Sorge. Was er wirklich brauchte, war ein Rat, wie er mit seinen amoklaufenden Hormonen umgehen sollte, aber ihm lief der kalte Schweiß den Rücken herunter, wenn er auch nur daran dachte, seinen Onkel danach zu fragen. Da konnte er sich ja gleich das nächste 'Bienchen-und-Blümchen'-Gespräch abholen. »Und Tenten ist die letzte, mit der ich darüber reden will«, setzte er unwillkürlich hinterher. »Hn«, machte Hiashi, und ließ den Blick schweifen, bis er an dem verirrten Pfeil hängen blieb. »Nun, Neji… was auch immer es ist… Du solltest dir darüber klar werden, was es für dich bedeutet, bevor du ihr wieder gegenüber trittst.« Darüber klar werden?! Er wollte es so schnell und so gut wie möglich vergessen, bevor sie morgen Abend hier aufkreuzte, ein Glas Wein zu viel trank, und er irgendeine fürchterliche Dummheit anstellte! »Es ist immer wichtig, den Sachen auf den Grund zu gehen, den Ursprung von Zorn und Wut und all den anderen negativen Gefühlen aufzuspüren, bevor man daran arbeiten kann, sie aufzulösen. Wenn du das tust, wirst du auch wieder deine innere Mitte finden«, erklärte Hiashi ruhig, und trat einen Schritt zurück. Neji starrte einen Moment auf die Zielscheiben vor ihm, bevor er einen neuen Pfeil aus dem Köcher nahm. Zwei tiefe Atemzüge, in denen er darüber nachdachte, was sein Onkel gesagt hatte, dann legte er an. Der Ursache auf den Grund gehen? Gut, rein logisch, was war sein Problem? - Seine Hormone. Tenten betreffend. Der Grund dafür? - Ganz klar Tenten selber, die ihre subtilen Kurven bisher immer unter zu weiter Kleidung versteckt, und ihn so in die Irre geführt hatte! Zack. Der Pfeil steckte schon wieder neben der Zielscheibe. Tenten. Seine engste Vertraute, seine beste Freundin. Das Mädchen, das mit ihrem Lächeln seine ganze Welt erhellte. Sie war nett, fröhlich, hilfsbereit. Er fühlte sich wohl in ihrer Nähe. Wohler als bei jedem anderen Mädchen. Mit ihr war er ausgelassener, nicht so verschlossen wie früher. Zack. Nur um Haaresbreite verfehlte der nächste Pfeil sein Ziel. Frustriert schnappte Neji sich einen weiteren und legte ungeduldig an, versuchte erneut tief einzuatmen. Die Erinnerung an einen Duft kam in ihm auf. Ihr Duft. Wenn sie beim Kyudo neben ihm stand. Ihr Lächeln, wenn sie ihn ansah. Und ihre wunderschönen Augen. Irritiert stellte er fest, wie viele Bilder von ihr in seinem Kopf waren. Tenten beim essen, beim lachen, beim Filmabend, und immer wieder ihre Lippen, die ihn schon so oft wie magisch angezogen hatten, deren Geschmack er unbedingt erforschen wollte. Er senkte den Bogen einen Moment. Was-? Dann schüttelte er den Kopf, zog die Sehne wieder an. Seine Wut auf Kankuro, der beim Training um sie herumscharwenzelte; auf die Art und Weise, wie Kiba sich an sie herangeschmissen hatte. Itachi, der sie auf dem Ball mit einem so süffisanten Lächeln von ihm weggeführt, und ihr einen vermaledeiten Handkuss gegeben hatte! Neji knirschte mit den Zähnen, und seine Hand verkrampfte sich kurz um den Pfeil, ließ ihn nicht los, obwohl er die Sehne sogar etwas überspannt hatte, und daher gegen einen enormen Druck ankämpfte. Mit einem Mal war es still in seinem Herzen, und Neji hatte plötzlich das Gefühl, zum ersten Mal seit langem wieder mit offenen Augen durch die Welt zu gehen. Er hatte sich in Tenten verliebt. Zack. Mitten ins Schwarze. Ungläubig starrte Neji auf den Pfeil und sah ihn doch nicht. Er war verliebt. In Tenten. In seine beste Freundin. »Es scheint, du hast die Ursache gefunden, Neji«, sagte Hiashi sanft. Ein leises Lächeln lag auf seinen Lippen, aber Neji sah es nicht, weil er sich nicht umdrehte, weil er immer noch wie hypnotisiert den Pfeil in der Zielscheibe anstarrte. »Zu welchem Schluss bist du gekommen?« »Ich bin ein verdammter Idiot«, gab Neji verblüfft zu. Wie hatte das passieren können? »Und was gedenkst du jetzt zu tun?« Gedankenverloren legte Neji erneut an, und wieder fand der Pfeil sein Ziel, direkt neben dem anderen in der Mitte. »Wie es scheint, hat allein das finden deiner… Ursache deine innere Mitte wieder hergestellt. Ich hoffe, du sorgst dafür, dass es so bleibt.« Nicht mal ein Taubstummer hätte das Amüsement in Hiashis Stimme überhören können. Neji warf einen raschen Blick auf seinen Onkel, und Hiashi wurde das unglaubliche Vergnügen zuteil, seinen Neffen erröten zu sehen. »Hn«, machte der Junge leise. Hiashi lächelte, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, in den mit strahlend weißen Wolken bedeckten Himmel. Na, Hizashi? Habe ich dir nicht versprochen, dass ich mich um deinen Sohn kümmern werde? Ein einzelner Sonnenstrahl durchbrach die dünne Wolkendecke und fiel direkt auf das Trainingsfeld, beleuchtete für einen Moment die Zielscheiben und ließ den Schnee wie magisch aufblitzen, kroch gar bis zu den beiden Männern heran, die mit geschlossenen Augen die Wärme in ihren Gesichtern willkommen hießen. Wenn das mal kein Zeichen war. Kaum, dass der Sonnenstrahl wieder verblasste, zog Neji den letzten Pfeil aus dem Köcher und legte an. Eigenartig. Er war nun wieder ganz ruhig. Zack. Erneut mitten ins Schwarze. Ein zufriedenes Lächeln trat auf seine Lippen. Jetzt musste er sich nur noch überlegen, was er mit diesem neu erworbenen Wissen anstellte… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)