24 Nights - Adventskalender von Daelis (Diabolik Lovers x Reader) ================================================================================ Kapitel 9: Neunte Nacht: Reiji ------------------------------ Du wusstest nicht, ob du jemals so dankbar warst, einen Vampir zu sehen, wie jetzt und hier Reiji. Mit sachlichen Worten, aber harschem Klang, wies er Ayato zurecht. Dieser benehme sich nicht adäquat, bringe ihnen Schande und übertreibe es natürlich mal wieder völlig. Offenbar warst du also nicht die erste Beute, die unter Ayato derart zu leiden hatte, wenn du Reijis Worte richtig deutetest. Nicht sehr beruhigend, fandest du. Auf der anderen Seite aber war es gut, dass Reiji so mit Ayato sprach, gönntest du es ihm doch, zurechtgewiesen zu werden, besonders so direkt vor deiner Nase. Der Rothaarige sah allerdings mehr beleidigt als zerknirscht aus. Leid tat ihm offenkundig nicht, was er getan hatte, doch das hattest du auch nicht erwartet. Nicht, nachdem er sich SO aufgeführt hatte. So ein reißzahnbewährter Arsch! Jetzt zog sich eben dieser zurück. Wenn auch nicht, ohne dir vorher einen vernichtenden Blick zuzuwerfen, der dir klar zu verstehen gab, dass das hier ein Nachspiel haben würde, das dir nicht gefallen würde. Wenn du ganz ehrlich warst, graute dich schon jetzt davor, aber vielleicht hattest du ja Glück und Reiji stellte sich wider aller Erwartungen als ein halbwegs normal denkender junger Mann heraus. Nach allem, was du bei Vampiren bisher erlebt hattest, hattest du daran allerdings deine Zweifel. Die Frage war nicht, ob er irgendwie verrückt und gefährlich war, sondern nur, auf welche Weise er es war. Und natürlich auch, wie gefährlich er damit für dich wäre. Bisher gab es da doch gewisse Abstufungen zu erkennen. Während du die Sakamakis Ayato und Laito als 'sehr gefährlich' einstufen würdest, erschien dir Azusa noch vergleichsweise harmlos und auch Kou recht umgänglich. Zumindest wurdest du von ihnen nicht behandelt, wie ein Stück Fleisch oder so demonstrativ gedemütigt. Reiji machte einen ernsten, eigentlich eher wohl gesitteten Eindruck auf dich. Seine Kleidung war schon fast penibel korrekt, ebenso wie seine ganze Haltung, als er Ayato nachsah, als dieser das Zimmer verließ und die Tür hinter sich zuschlug, dass es krachte. Du zucktest ob des lauten Knallens zusammen, doch Reiji, der damit wohl gerechnet hatte, seufzte lediglich, ehe er sich dir zuwandte. „Kein sehr erbauender Anblick.“ In deine Erleichterung, ihn zu sehen, mischte sich gleich wieder Sarkasmus. Ach nee, was er nicht sagte. War ja nicht so, als hättest du darum gebeten - zumindest nicht direkt, auch wenn Ayato das sicherlich anders sah als du. Der dunkelhaarige Vampir schob seine Brille zurecht, umrundete das Bett und für einen kurzen Augenblick fürchtetest du, dass er dich nicht losbinden, sondern ebenfalls verletzten würde. Doch er trat tatsächlich nur heran, um die rote Krawatte zu entknoten, mit der Ayato dich am Gestänge der Kopfseite des Bettes festgebunden hatte. „Danke“, seufztest du erleichtert, als du deine Arme frei hattest und dir die Handgelenke riebst, die gerötet waren und schmerzten. Reiji hatte die Krawatte ordentlich aufgerollt und auf den Nachttisch gelegt, bevor er sich wieder dir zuwandte. „Nun, ich denke, es wurde höchste Zeit, einzugreifen.“ Er klang ein wenig verärgert und du warst dir nicht ganz sicher, wie er das meinte, doch du fragtest nicht nach. Der Vampir fuhr fort. „Da du für eine ganze Weile bei uns leben wirst, wirst du zunächst adäquates Benehmen lernen müssen.“ Das klang gar nicht gut. Deiner Meinung nach war dein Benehmen tadellos, doch Ayato und Laito hatten so etwas doch auch schon erwähnt oder irrtest du dich? Dich zu benehmen wie ein braves Opfer lag jedoch so gar nicht in deinem Interesse und wenn Reiji glaubte, das ändern zu können, irrte er sich gewaltig. Vorerst jedoch würdest du mitspielen, denn wieder knurrte dein Magen fordernd und erinnerte dich daran, dass du heute noch nichts gegessen hattest. Kein guter Start, wenn man so wollte. Reiji hob eine Augenbraue und seufzte erneut. „Nachdem du gegessen hast natürlich.“ Sein Blick wanderte an dir entlang und am liebsten hättest du gleich wieder nach der Bettdecke gegriffen, um dich vor seinem prüfenden Blick zu schützen. Zwar sah er dich nicht auf Laitos Weise lüstern an, sondern vielmehr, als wollte er einfach analysieren, wer oder was du warst, doch das war beinahe genauso unangenehm. Du fühltest dich wie ein Auto beim TÜV, auf dem Prüfstand. „Ich werde dir etwas zum Anziehen bringen. Deine Kleider haben selbstredend nicht hier. Welche Größe hast du?“ Leise gabst du eine Antwort und er nickte. „Warte hier“, wies dich Reiji an und verließ gemessenen Schrittes den Raum. Es dauerte einige Minuten, ehe er wiederkam. Nun sah er erst recht aus wie ein Butler, denn über seinen linken Arm hingen mehrere Kleidungsstücke, die er sorgfältig über einen Stuhl hängte, der zusammen mit einem weiteren Stuhl und einem kleinen Tischchen in dem Raum stand. „Wo das Bad ist, weißt du ja bereits, nehme ich an“, wandte er sich dir zu, als er damit fertig war und du nicktest nur. Ja, das wusstest du. Laito hatte es dir ja gezeigt, wenn auch nicht in einer Weise, die dir gefallen hatte. Für Reiji schien das zu genügen. „Ich hole dich in 20 Minuten hier ab. Sei bis dahin fertig. Es gibt einiges hier im Haushalt, an das du dich halten wirst und ich erwarte dann deine volle Aufmerksamkeit.“ Wieder nicktest du nur. Schon wieder neue Regeln. Vampirregeln. Wie gern wärst du einfach bei deinen Eltern geblieben und hättest ihnen geholfen, die Praxis herzurichten. Das wäre um einiges spaßiger und vor allem weniger gefährlich gewesen als dieses Hin und Her als Spielball von Blut trinkenden Vampiren. Ohne ein weiteres Wort ging der dunkelhaarige Vampir wieder und ließ dich allein. Du seufztest leise. 20 Minuten. Immerhin. 20 Minuten für dich. Du tratest an den Stuhl heran, auf dem du neben noch neuer und etikettierter Unterwäsche und Socken gleich zwei Outfits fandest, zwischen denen du wählen konntest. Entweder du bliebst bei gemütlicher Jeans mit dunkelgrünem Pullover, der allerdings einen weiten Kragen hatte und die Schulter kaum bedeckte oder du zogst den Look mit Rock über Strumpfhose mit Bluse und Top darunter vor. Eilig zogst du dich an. Du hättest nicht gedacht, dass Reiji sogar für eine Wahl sorgen würde. Vielleicht war er ja doch die Ausnahme der Ausnahmen und ein wirklich nur netter Vampir? Eine innere Stimme mahnte dich sofort, dich lieber nicht darauf zu verlassen, immerhin hattest du dich diesbezüglich schon mehr als einmal geirrt. Reiji hatte entweder das bemerkenswerteste Zeitgefühl überhaupt oder aber er hatte eine Uhr gestellt, denn er kam tatsächlich exakt 20 Minuten später wieder herein, um dich wie angekündigt abzuholen. Er musterte dich knapp, doch schien dann mit dem, was er sah zufrieden und bat dich höflich, ihm zu folgen. Er führte dich durch mehrere Flure des Hauses, das wirklich gigantisch sein musste. Und alt. Überall lagen dicke Teppiche auf dem Boden, die Decken waren hoch und alle Möbel und das Dekor wirkten wie aus einer vergangenen Epoche. Es war auf eine altmodische, schon fast märchenhafte Weise schön. Doch auf der anderen Seite hieß es auch, dass diese Sakamakis ziemlich reich sein mussten, wenn sie so ein großes Haus mit antikem Innendekor unterhielten. Arbeiteten die etwa? Verdienten ihre Eltern so gut? Du warst gespannt, wie Vampireltern wohl drauf waren. Vermutlich wie Ruki, überlegtest du. Ihr erreichtet ein Zimmer, das so penibel ordentlich war, dass du sofort annahmst, es wäre Reijis. Irgendwie passte es einfach zu ihm. Er hatte schon diese überkorrekte Art zu sprechen, zu gehen und irgendwie... zu sein, dass das hier einfach sein Zimmer war. „Nimm doch Platz“, bot er galant an. Dabei deutete Reiji auf eine Sitzgruppe mit dunkel bezogenen Stühlen. Auf dem Tisch davor stand ein Teller, der mit einer silbernen Speiseglocke abgedeckt war. „Sicherlich hast du Hunger und Fragen.“ Du nicktest ihm zu und folgtest der indirekten Aufforderung, dich dem Essen zuzuwenden sogleich. Es schmeckte hervorragend, doch so hungrig wie du warst, war das nicht einmal der Punkt. Während du aßest, beobachtete Reiji, der dir gegenüber Platz genommen hatte, dich aus Argusaugen. Schon allein deshalb nahmst du dich zusammen und erinnertest dich an deiner Eltern oft vergebliche Mühen, die 'Manieren zu Tisch' beizubringen und aßest gesittet, so gut es dein Hunger erlaubte. Die Miene des Vampirs gab keinen Aufschluss darüber, was er dachte, sah er doch völlig unbewegt und streng drein. Immerhin nicht wütend oder lüstern. Nach seinen rothaarigen Brüdern, fandest du, war das schon eine ganze Menge wert. Er selbst aß nicht mit, sondern trank lediglich einen Tee, der auch für dich ebenfalls bereit stand, den du jedoch nicht zum Essen trankst. Selbst du wusstest, dass sich das nicht gehörte und man Tee genießen sollte. Vielleicht nicht den Beuteltee aus dem Supermarkt, doch du ahntest irgendwie, dass Reiji ganz sicher keinen Tee aus dem Supermarkt hier hatte. Es hätte selbst dann nicht zu ihm gepasst, hätten die verschiedenen, altmodischen und sicherlich wertvollen Teeservices in den nahen Vitrinen dir nicht verraten, dass er für Tee offenbar eine gewisse Zuneigung hegte. Erst nach dem Essen, für das du dich höflich bedanktest, und einigen Minuten, in denen du erst einmal ein wenig Zeit zum verdauen brauchtest. Der Tee war noch immer sehr warm, als du schließlich die Tasse behutsam in beide Hände nahmst und daran nipptest. Er war wirklich gut, nicht so süß und nicht zu herb. Obendrein war er noch schön warm und allein das tat einfach gut. Der Tee beruhigte nicht nur deine Nerven sondern auch deinen etwas aufgewühlten Magen. „Deine Manieren sind zwar erkennbar, aber weisen ihre Schwächen auf. Ebenso wie deine Haltung.“ Du hobst verwundert eine Augenbraue über deinem Tee. Du fandest deine Haltung völlig in Ordnung und deine Manieren waren doch wohl auch in Ordnung. Immerhin hattest du dich extra benommen, hattest du doch geahnt, dass Reiji auf so etwas Wert legte. Alles hier schrie immerhin förmlich 'Ich bin ein Ordnungsfreak und habe altmodische Wertvorstellungen!'. Ruhig nahm er noch einen Schluck von dem Tee und du tatest es ihm gleich. Eigentlich wusstest du nicht einmal selbst, wieso du dich überhaupt benahmst, denn du hättest ja allen Grund genau das Gegenteil zu tun. Schließlich hatten dich seine Brüder und er einfach entführt und zwei von ihnen hatten dich auch schon belästigt und gebissen, verletzt und obendrein beleidigt. Da fielen dir auf Anhieb eine Menge guter Gründe ein, weshalb du eigentlich viel lieber herumlaufen und Dinge kaputt werfen würdest. Am liebsten auf den Köpfen der Brüder. Schließlich war es ja nicht so, als wolltest du hier sein. Du warst gezwungen worden und allein die Erinnerung daran genügte, um dich doch sehr in die Versuchung zu führen, Reiji die Teetasse in deiner Hand einfach an den Kopf zu werfen. Natürlich tatest du es nicht. Bisher war er der Einzige hier, der so wirkte, als könne man mit ihm vernünftig argumentieren und somit deine beste Chance, von hier wegzukommen. Die wolltest du dir nicht durch einen kleinlichen Racheakt verbauen. Abgesehen davon... war dir schwindelig und du blinzeltest mehrfach, doch das verwischende Bild vor deinen Augen wollte sich einfach nicht klären, als bräuchtest du auf einmal eine Brille. Du konntet ein leises Lachen von Reiji hören, der nun aufstand. Seine Stimme zumindest blieb klar und verständlich, während dein Körper immer mehr an Präzision verlor. Ein unangenehmes Kribbeln zog sich durch deine Arme und Beine, die sich bleiern und schwer anfühlten. Noch ehe du Reiji fragen konntest, was in aller Welt er dir ins Essen getan hatte, erzählte er schon selbst davon. „Ich nehme an, deine Arme und Beine werden sich schwer anfühlen und dir ist ein wenig schwindelig, doch das lässt bald nach. Bis dahin wirst du eine Form partieller Lähmung erfahren, die zwar deine Glieder von üblichen Bewegungen abhält, doch deinen Verstand und dein Schmerzempfinden völlig intakt lässt.“ Wie beruhigend, dachtest du sarkastisch und wolltest ihm das auch sagen, doch du brachtest keinen Ton heraus. Doch zumindest deine Sicht klärte sich nun langsam wieder und du konntest sehen, wie Reiji an dich herantrat und eine Hand unter dein Kinn legte. „Doch zumindest muss ich dir nicht alles von Grund auf beibringen. Du hast gute Voraussetzungen mitgebracht“, wisperte er und du erschaudertest. „Ich möchte, dass du...“ Er grinste sinister und sah auf die Tasse, die du noch immer in der Hand hieltest. „Dass du diese Tasse nicht loslässt. Ich schätze es gar nicht, wenn man mein Eigentum beschädigt und diese Tasse ist ein außergewöhnlich seltenes und wertvolles Sammlerstück“, ließ er dich wissen und erhob sich vor dir. Du konntest gerade so den Kopf heben, um ihn weiter anzusehen. 'Warum?', wolltest du ihn fragen, doch nur ein heiseres Krächzen kam aus deiner Kehle. Der Vampir lächelte darüber nur. Offenbar war ihm klar, was du wissen wolltest, denn er antwortete auf die ungestellte Frage, nachdem er sich die Brille hoch geschoben hatte. „Du bist die perfekte Möglichkeit, meine neue Droge auszutesten und zu sehen, wie intensiv die lähmende Wirkung ausfällt und ob...es Nebenwirkungen gibt.“ Während er eher amüsiert wirkte, drehte sich dir der Magen um. Nebenwirkungen? War das etwa sein Ernst? Was warst du für ihn? Ein Versuchskaninchen? Und wie in aller Welt solltest du mit gelähmten Händen die Tasse festhalten? Dein Blick wanderte zu der weißen Tasse mit Goldrand und Efeumuster. Sie war wirklich hübsch und sah tatsächlich antik aus, soweit du es beurteilen konntest. Da selbst deine Finger kribbelten und sich einfach nicht bewegen wollten, konntest du nicht einmal das Porzellan unter deinen Fingern spüren, geschweige denn die Tasse bewusst festhalten. Reiji hatte wieder dir gegenüber Platz genommen und trank seelenruhig weiter seinen Tee, als hätte er dich nicht unter irgendeine ominöse Droge gesetzt. „Wenn du die Tasse fallen lässt, werde ich dich selbstverständlich bestrafen.“ Hättest du gekonnt, hättest du spätestens jetzt protestiert. Wollte dieser Kerl dich eigentlich veräppeln? Nicht nur, dass er dir ohne sicher zu sein, was die Droge bewirkte, so eine unterjubelte, nein, er stellte auch noch irrsinnig widersinnige Aufgaben, die er auch noch bestrafen wollte? So viel zu deiner Überlegung, er könnte möglicherweise der einzig vernünftige Vampir sein. Da hattest du dir eindeutig zu viel erhofft. Die Minuten krochen so dahin und erschienen dir wie Stunden. Nur langsam ließ das unangenehme Kribbeln in deinen Gliedern nach, die dennoch gefühllos und taub blieben. Du konntest dich nicht regen, doch immerhin konntest du noch deine Augen normal bewegen und dich umsehen. Viel zu sehen gab es allerdings nicht. Das Zimmer war täuschend friedlich und Reiji völlig unberührt von deiner misslichen Lage. In dir stieg derweil Panik auf. Du hattest Angst und wolltest einfach nur hier heraus. Belästigt, gebissen, beleidigt, gefesselt und nun auch noch unter Drogen gesetzt. Die Liste der unglaublichen und beängstigenden Dinge, die dir widerfuhren, wurde immer länger. Dich nicht bewegen zu können war nun allerdings der bisherige Höhepunkt und du hofftest schon jetzt inständig, es würde so bleiben. Es fühlte sich an, als wärst du gefangen in deinem eigenen Körper. So mussten sich Wachkomapatienten fühlen. Es war furchteinflößend und am liebsten hättest du geweint und geschrien, doch nur eines gelang dir. Tränen bildeten sich in deinen Augen, doch schreien konntest du nicht und auch fortlaufen blieb dir verwehrt. Mit einem dumpfen Geräusch fiel die Tasse aus deiner tauben Hand und fiel auf den Teppich. Reijis Augen verengten sich, dann stand er auf und hob die Tasse auf. „Wie erwartet mangelt es dir an Selbstbeherrschung.“ Da du dich noch immer nicht regen konntest, blieb dir nichts anderes übrig, als ihn finster anzustarren. Reiji stellte die Tasse auf den Tisch zurück. „Welch ein Glück, dass die Tasse keinen Schaden genommen hat. Natürlich muss ich dich dennoch bestrafen.“ Er klang absolut unberührt davon, eher vielleicht ein klein wenig schadenfroh, wenn dich nicht alles täuschte. Was er sich unter deiner 'Bestrafung' vorstellte, fiel dir leicht zu erraten. Er war ein Vampir, er trank Blut. Na was könnte es wohl sein? Wieder siegte die sarkastische Stimme in deinem Inneren, die schon nicht mehr glaubte, dass du allem hier, dieser ganzen Vampirfamilienfehde, entkommen könntest. Du warst einfach unerwartet so tief in eine Sache gerutscht, die zu groß für dich war, dass du lediglich Kollateralschaden warst, wenn es auf Kosten deiner Freiheit und deines Verstandes ging. Verrieten das nicht schon die wenig schmeichelhaften Spitznamen, die du in so kurzer Zeit reichlich bekommen hattest? M-neko-chan, Mesubuta, Bitch-chan, Chichinashi. Wirklich kein Grund, sich in irgendeiner Form geehrt zu fühlen. Aus den Augenwinkeln konntest du resigniert beobachten, wie Reiji dich umrundete, bis er aus deinem Blickfeld verschwand, weil du den Kopf nicht wenden konntest. Er musste nun in etwa hinter dir stehen und du erwartetest bereits den Biss an deinem Hals. Er würde dich beißen, daran hattest du nicht den geringsten Zweifel. Vorerst jedoch geschah nichts. Vielleicht kam es dir auch nur so vor, doch dir schien es, als vergingen Minuten, in denen Reiji lediglich stumm hinter dir stand und keinen Laut verursachte. Gerade, als du dich fragtest, ob er dich vielleicht doch nicht beißen würdest, berührten seine Lippen deinen Nacken und sogleich durchbohrten scharfe Zähne deine Haut und schließlich dein Fleisch. Es schmerzte nicht so sehr wie sonst und nun warst du beinahe froh für die betäubende Droge, die wohl nicht ganz so funktionierte, wie es Reiji sich erhofft hatte. Schwindel suchte dich heim, während immer mehr Blut aus deinem Körper in seinen floss, doch du bliebst bei dir. Reiji ließ von dir ab und umrundete dich schließlich erneut bis er neben dir stand. „Wirklich überaus köstlich“, hauchte er mit einem zufriedenen Grinsen in deine Richtung. 'Na toll, schön für dich', gabst du in Gedanken zurück. Nach außen blieb es allerdings bei einem vernichtenden Blick, der den Vampir wenig zu stören schien, denn gentlemanlike hob er dich nun vom Stuhl und trug dich durch den Raum. „Es wäre höchst unansehnlich, solltest du in diesem Zustand durch das Haus kriechen. Du kannst gehen, wenn du dich ausgeruht hast. Dann zeige ich dir auch dein Zimmer.“ Er schmunzelte finster. Also war das Zimmer, in dem du erwachtest, nicht das Zimmer gewesen, dass die die Sakamakis zuweisen wollten. Dabei lag es deiner Meinung nach genau richtig. Weit weg von Reijis Zimmer zumindest. Und vielleicht auch weit weg von den Zimmern seiner Brüder. Sanft, schon beinahe liebevoll legte Reiji dich ab und zog sogar die Decke über dich, nachdem er dir die Schuhe ausgezogen hatte. Wenn man sah, wie er sich nun um dich sorgte, während er dich zu Bett brachte und sogar ein weiteres Kissen aufschüttelte und es stützend neben dich legte, hätte man niemals glauben mögen, was er dir eben noch angetan hatte. Mehr und mehr erschien es dir, als wären diese Vampire sich alle nicht ganz einig, was sie eigentlich wollten und wo die Grenze lag zwischen 'richtig' und 'falsch', wobei Azusa da jeden anderen ausstach, während einige die Grenze nur zu gern zu überschreiten schienen. Seien sie verflucht. Sei dieser ganze Dezember verflucht! Und dabei war gerade erst der 9. Dezember. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)